Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Monat: April 2010

Taz missbraucht Gastfreundschaft der Jüdischen Gemeinde zu Berlin für antizionistische Propaganda

Antidemokratischer, antisemitischer Mob der taz

Zum Auftritt der taz-Chefredakteurin Ines Pohl bei der Jüdischen Gemeinde zu Berlin am 27. April 2010

von Dr. phil. Clemens Heni, New Haven, CT, USA

Es ist wieder soweit: Nicht-jüdische Deutsche (und ihre antizionistischen jüdischen Kameraden) wollen Juden vorschreiben, wie sie sich verhalten und mit wem sie in einer Synagoge diskutieren sollen und worüber. Wadinet hat den Skandal dokumentiert und achgut titelt treffend: „Sieg Heil, Frau Pohl!

Iris Hefets hat am 9. März einen antiisraelischen Artikel in der taz schreiben dürfen, worin sie Auschwitz als „Pilgerfahrt“ und die Shoah als „Religion“ für Israeli bezeichnet. Besonders ihr vulgärer, obszön-widerlicher Stil (wie die Verbindung von Sex und Auschwitz-Besuch als jugendliche ‚Pflicht‘ für heutige Israeli) erinnerte viele Intellektuelle und Kritiker des Antisemitismus an Texte von Rechtsextremen, Nazis und anderen Antisemiten.

Aufhänger ihres auch in rechtsextremen Kreisen gelobten Hetzartikels war die Ausladung des Politologen Norman Finkelstein u.a. von mehreren deutschen Stiftungen. Finkelstein hat jüngst die israelische Armee mit der SS gleichgesetzt. Diese Art antisemitischer Volksverhetzung ist in USA zumeist straffrei, in Deutschland sieht das aus historischen Gründen etwas anders aus.

Am 27. April 2010 sollte also in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zu viert diskutiert werden: es war die Podiumsdiskussion „Pilgerfahrt nach Auschwitz“. Zum Umgang deutscher Medien mit Erinnerungskultur, Israelkritik und Antisemitismus angekündigt, mit Ines Pohl, Chefredakteurin der Tageszeitung taz, Thomas Schmid, Herausgeber der Welt und Stephan-Andreas Casdorff, Chefredakteur des Tagesspiegel unter der Moderation von Thierry Chervel, Mitbegründer und Chefredakteur des Onlinemagazins Perlentaucher. Levi Salomon Beauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin für die Bekämpfung des Antisemitismus Vorsitzender des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) hatte zu dieser Veranstaltung eingeladen.

Nach dem freundlichen, aber politisch scharfen Grußwort von Süsskind im überfüllten Saal im Centrum Judaicum sollte die Podiumsdiskussion beginnen. Doch dann erhob sich ein Stoßtrupp antizionistischer Aktivisten, welche Parolen wie „Wir sind alle Iris Hefets“ hochhielten, in Deutsch und Hebräisch.

Das ist bereits ein beachtlicher Indikator der politischen Kultur in diesem Land, 2010: viele Leute sind stolz Antisemiten zu sein, ob jüdische oder ‚arische‘. Die nicht-jüdische Chefredakteurin der taz, eine Frau Pohl, hat sodann unverschämterweise das Mikrofon ergriffen und mit bebender Stimme gefordert, dass Iris Hefets, die ihre gegen Juden in Israel gerichtete Hetze ja bereits in der taz verbreiten durfte, auf dem Podium mitreden dürfen solle. Dabei war die Zusammensetzung des Podiums mit allen eingeladenen Gästen, also auch mit Frau Pohl, abgesprochen.

Pohl war Sprachrohr des antidemokratischen und antizionistischen, extremistischen Volksmundes. Eine Diskussionsteilnehmerin nannte später den Mob Ausdruck des „Linksfaschismus“, wie in den 1970er Jahren, treffender wäre wohl schlicht „stalinistisch“.

Besonders krass war geradezu die Geilheit der Pöbler (das sah man an deren Gesichtsausdrücken), unbedingt Bilder von der Staatsgewalt zu bekommen, wie Zuschauer gewaltsam aus dem Saal gebracht werden. Dazu kam es nicht, denn fast alle Aufgeforderten gingen umgehend. Einige der Störer wollten offenbar einen Polizeieinsatz provozieren, um danach schreien zu können „Polizeistaat“ etc. Das ist eine bekannte Methode von K-Gruppen, Stalinisten, Maoisten, Trotzkisten und  Faschisten und Nazis.

Es ist nach 1945 unüblich geworden, dass ordinary Germans Juden vorschreiben, mit wem sie was diskutieren, zumal in einer Synagoge. Doch Pohl, schamlos wie die Linke, der sie entstammt, maßregelte die jüdischen Organisatoren. Nachdem sich u.a. die Vorsitzende Süsskind vehement für die Durchführung der Veranstaltung im geplanten Rahmen aussprach verließ die taz-Chefin die Veranstaltung. Die Veranstalter betonten nachdrücklich ihr Hausrecht und einige der besonders widerlichen Störer verließen den Saal. Zu viele weitere Hetzer blieben jedoch im Raum, mussten sich aber weitgehend ruhig verhalten, wobei eine Frau mit ihren Zwischenrufen, welche die Hamas mit Israel gleich setzten, besonders übel auffiel.

Die Diskussion war geprägt vom Improvisieren des Moderators, der seine kritischen Fragen an die taz nun ja nicht stellen konnte. Besonders Thomas Schmid zeigte sich geschockt ob des Verhaltens seiner journalistischen Kollegin von der taz. Den linken Antisemitismus hat jedoch nur Chervel attackiert, während Casdorff dieser Frage auswich (wie auch Schmid), der Tagesspiegel-Chefredakteur aber wenigstens sachte und viel zu freundlich darauf hinwies, dass es auch einen islamischen Antisemitismus gibt.

In Herrenmenschenmanier wollte Ines Pohl den Juden zeigen, wo’s langgeht. Sie, ein Gast der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, wollte bestimmen, dass auch eine Antisemitin wie die taz – Autorin des inkriminierten Textes auf das Podium darf. Dabei war im Vorfeld und noch am Abend vor Beginn der Veranstaltung demokratisch, kollegial und professionell besprochen worden, wie die Podiumsdiskussion ablaufen wird.

Doch Demokratie und Respekt sind natürlich nicht die Hauptstärken von Leuten, welche den sekundären Antisemitismus, die Erinnerungsabwehr an Auschwitz, stärken, indem sie Texte über eine „Pilgerfahrt nach Auschwitz“ drucken. Der pöbelhafte und antisemitische Auftritt der Chefredakteurin einer großen, bundesweiten Tageszeitung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 65 nach dem Ende des Nationalsozialismus ist ein unfassbarer Skandal.

Früher wurden Synagogen angezündet, verwüstet und entweiht. Heute (wie am 27.04.2010 in Berlin) wird in ehemaligen Synagogen in Deutschland von eingeladenen Gästen und ihren antizionistisch-jüdischen, muslimischen und sonstigen Kameraden gegen Israel gehetzt, Israel wahlweise mit dem Apartheidregime Südafrikas oder der Hamas gleich gesetzt und eine nicht-jüdische deutsche Journalistin heizt den Mob gegen die Jüdische Gemeinde zu Berlin auch noch an und missbraucht die Gastfreundschaft von Juden.

„Lebensfrische“ auf der Alm – deutsche Ideologie und Geschichtswissenschaft seit 1933

In einer Kolumne in der taz vom 6. April 2010 wird Wolfgang Benz von Micha Brumlik scharf attackiert. Wenngleich Brumlik weiterhin in der Diskussion über „Islamophobie“ treu an der Seite von Benz steht (wie nicht nur der letzte Satz der Kolumne zeigt), kommen ihm doch ganz offensichtlich erhebliche Zweifel an der wissenschaftlichen und politischen Integrität seines Kollegen Benz.

Wolfgang Benz hat bislang die fachwissenschaftliche Literatur zu seinem Nazi-Doktorvater Karl Bosl wie die Forschungen von Prof. Bernd-A. Rusinek, Dr. Anne Christine Nagel oder auch Prof. Dr. Frank-Rutger Hausmann ignoriert und auch die skeptischen Nachfragen von Prof. Michael Wolffsohn im Jahr 2010 oder von Prof. Adelheid von Saldern aus dem Jahr 1999 haben ihn gerade als Schüler von Bosl und langjährigem Leiter eines Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) überhaupt nicht interessiert; v. Saldern sagte 1999 in einem Interview im bekannten online-Medium deutschsprachiger Geschichtswissenschaft, dem Portal H-Soz-u-Kult:

„Bosls Forschungsansätze waren vor allem sozialgeschichtlich orientiert, doch ich weiß bis heute nicht, was er im Dritten Reich gemacht hat. Ich habe bei meinen Recherchen aber etwas festgestellt, was ich problematisch finde, daß nämlich Bosl als Schriftleiter einer 1964 herausgegebenen Festschrift zum 80. Geburtstag für Karl Alexander von Müller fungierte und ein Vorwort geschrieben hat, in dem nichts weiter drinsteht als hagiographischen Bemerkungen.“

Brumlik ist nun der Erste, der sich ausführlich in einer Tageszeitung zum Schweigen von Benz bezüglich Bosl äußert:

„Freilich haben seine Gegner Benz nun in einem Punkt getroffen, der auf den ersten Blick mit der erwähnten Debatte in keinem Zusammenhang steht. Benz wurde 1968 in München von dem Mediävisten Karl Bosl promoviert und steuerte zu dessen Festschrift 1983 [das war 1988, 1983 war Benz ‚nur‘ Teil der Tabula Gratulatoria, vereint mit Armin Mohler oder Theodor Schieder, C.H.] einen wohlwollenden Beitrag bei.

Durch die Recherchen von Clemens Heni ist jetzt bekannt geworden, dass der 1908 geborene Bosl nicht nur ab Mai 1933 Mitglied der NSDAP und des NS-Lehrerbundes, später wohl auch der SA war, sondern sich 1938 für eine Mitarbeit im Forschungsprojekt des SS-Instituts ‚Ahnenerbe‘ zum Thema ‚Wald und Baum in der arisch-germanischen Geistes- und Kulturgeschichte‘ bewarb und aufgenommen wurde. Bosl referierte noch im Januar 1945 auf der letzten NS-Historikertagung in Hitlers Geburtshaus in Braunau am Inn zum Thema ‚Landesausbau im baierischen Raum‘. 1964, Bosl war weit über fünfzig Jahre alt, nahm er eine Einladung der rechtsextremen Vertriebenenorganisation ‚Witikobund‘ an und beschuldigte bei einem ‚Sudetendeutschen Tag‘ die Tschechoslowakei ‚einer radikalen Endlösung des deutschen ‚Problems‘ nach hitlerschem Modell‘.

Soweit ersichtlich, hat sich Benz (…) zu diesen Vorhaltungen nie ausführlich geäußert. Bekannt sind allenfalls beiläufige Äußerungen, Bosl sei kein ‚Nazi‘ gewesen. So scheint eine erneute Debatte unerlässlich.

Dass ein ehemaliger Doktorand einem ihm freundlich gesonnenen Doktorvater die Loyalität hält, ist verständlich. Doch der Umstand, dass sich die bundesdeutsche Geschichtswissenschaft mit der nationalsozialistischen Vergangenheit ihrer Leitfiguren, etwa Theodor Schieder, der den Generalplan Ost mitentworfen hatte, oder Werner Conzes, dessen Karriere als Sozialhistoriker mit völkischen Studien zur Siedlungsgeschichte begann, auseinandersetzten, hat ihr nicht geschadet.

Wolfgang Benz‘ Schweigen, das seine anderweiten Verdienste nicht schmälern kann, stellt in dieser Hinsicht einen Rückschritt dar.“

Als Ergänzung und Weiterführung der Kritik von Brumlik an Benz seien im Folgenden noch einige Hinweise gegeben.

Ein Bericht einer ehemaligen Schülerin von Bosl aus dem Jahr 1998 ist interessant und mag anzeigen, warum Benz sich bis heute so treu zu seinem Doktorvater verhält:

„Karl Bosl wollte seine Getreuen möglichst immer bei sich haben, im Doktoranden-Kolloquium selbstverständlich – das hätten wir auch nicht versäumt, denn es war spannend -, aber auch in der Vorlesung, und nur zu oft bei jenen, in Bosls eigenen späten Jahren dann bereits sagenhaften Sitzungen, die mit einem Glas Bier begannen und mit Nikolaschka-Runden [dazu die Fußnote 82: „Weinbrand mit einer Zitronenscheibe, Zucker und Kaffeepulver“, C.H.] dauern konnten bis Sonnenaufgang. Wer da bei allem mithielt, wer sich begeistern ließ, wenn ihn, der viel und schnell las, eine neue These bewegte, wer ihn nach seinen Vorträgen mit kräftigem Applaus und einem Quentchen Kritik erfreute, ohne reservatio mentalis, die er sofort spürte und die ihn reizte, wer dann noch tüchtige Aufsätze für die ZBLG schrieb und im Dienst, wenn nicht vorauseilenden, so doch nacheilenden Gehorsam bewies, der konnte auf Karl Bosl zählen, wie nur je ein Vasall oder Ministeriale auf seinen Herrn.“[i]

Dazu passt die Kritik an Bosl von Anne Christine Nagel, die Bosls herrisches Sein einbettet in seine Forschung zum Mittelalter:

„In seiner Habilitationsschrift zur Reichsministerialität im Hochmittelalter freilich bewegte sich Bosl noch ganz in den von Otto Brunner und Walter Schlesinger vorgezeichneten Bahnen. Mit ihnen definierte er Land als Rechts- und Friedensgemeinschaft, als ‚konkrete Ordnung des agrarischen Landes aus germanischen Wurzeln‘ (…).“[ii]

Bosls Herrschaftsapologetik ist eine deutsch-nationale Phrasendrescherei, die unschwer an die Herkunft der 1950 publizierten Habilschrift von Bosl aus dem SS-Staat erinnert. Für Benz alles Anzeichen für einen „hochverehrten liberalen Gelehrten“…:

„Ein reichlich idealisiertes Verständnis von Treue und Gefolgschaft als Motor des politischen Lebens im Mittelalter wurde ebenso weiter gepflegt wie an der beziehungsreichen Kategorie Volk festgehalten wurde. Noch im Schlußabsatz der Studie erinnert manche Formulierung an die hochgestimmten Phrasen gerade vergangener Zeiten, wenn Bosl die Reichsministerialität zu ‚renaissancehafte[n] Kraftmenschen‘ und ‚Bannerträger[n] deutscher Sendung im Abendland‘ stilisiert.“

Und dann hat dieser abgrundtief feige Mensch Karl Bosl nach dem 8. Mai 1945 gelogen und so getan, als sei er kein Nazi gewesen und Benz und viele andere beten das bis heute nach. 1990, drei Jahre vor seinem Tod, sagte Bosl in einem langen, biographischen Interview:

„Diese Wanderjahre habe ich eigentlich in aller Stille verbracht, ich hab mich überall zurückgezogen, denn von zu Haus aus hat die antihitleristische Haltung meines Elternhauses bei mir schon sehr stark gewirkt. Und ich hab meine Doktorarbeit gemacht. Ich war nirgends dabei damals, ich hab meine Doktorarbeit gemacht, und ich habe im Jahre 1938 dann in München promoviert und hab mich dann sofort entschlossen, nachdem das sehr gut gelang, Karl Alexander von Müller zu bitten, mich als Habilitanden anzunehmen.“[iii]

Bosl sagte wenig später in diesem Gespräch, er sei 1944 aus „politischen Gründen“ nicht zum Privatdozenten ernannt worden.“[iv] Dazu legt er jedoch keine Belege vor. Wozu es jedoch Belege gibt sind seine Aktivitäten als Nazi, dazu nochmals Nagel:

„Daß für diese Verspätung [‚erst‘ 1948 wurde er Privatdozent, und nicht schon 1944, C.H.] seine politische Mißliebigkeit im Dritten Reich der Anlaß gewesen sei, gehört freilich in das Reich der Legende.“

Bosl war ja seit Mai 1933 mit der Mitgliedsnummer 1884319 bei der NSDAP registriert, gleichzeitig war er auch in die SA eingetreten. Desweiteren:

„Wissenschaftlich bewarb er sich zudem erfolgreich um die Mitarbeit am ‚Forschungswerk Wald und Baum in der arisch-germanischen Geistes- und Kulturgeschichte‘ des Ahnenerbes der SS. Er erhielt für dieses Projekt eine monatliche Unterstützung von RM 120.- und erforschte von 1938 bis 1942 speziell die ‚Lehn- und Holzrechte im Berchtesgardener Land‘ – begleitet von ausgedehnten Waldwanderungen und Almbegehungen jeweils in den Sommerferien jener Jahre. Auf diese Weise, so beschrieb es Bosl 1939 in einem Arbeitsbericht, entstehe ein ‚farbiges, lebensfrohes Bild der Lehens- und Holzrechte‘, die wiederum versprachen, seiner ‚Arbeit Lebensfrische‘ zu geben.“[v]

Man muss sich das klar vor Augen halten: Karl Bosl schreibt ganz entzückt an seinen Arbeitgeber, die SS, am 10.08.1939 einen Brief und spricht von „Lebensfrische“ auf der Alm in Bayern. Wolfgang Benz will davon bis heute nichts wissen oder es macht ihm überhaupt nichts aus. Was sagen dazu Juden, welche mit Benz die letzten Jahrzehnte Zeitzeugengespräche führten ohne zu wissen, bei wem Benz promovierte und wie er sich bis heute dazu verhält?

Sarkastisch vermerkt hingegen Nagel zu Karl Bosls ‚Lebensfrische‘:

„Der bayrische Mediävist bewahrte sich vor allem die eigene Lebensfrische und das über den 8. Mai 1945 hinaus. Indem er es – mit welchen Mitteln auch immer – verstand, die amerikanischen Bildungskommissare auf sich aufmerksam zu machen und sie von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, gelangte er nach dem Zusammenbruch rasch wieder nach oben.“[vi]

1964 hielt Bosl einen antisemitischen Vortrag in Nürnberg auf dem „Sudetendeutschen Tag“ und sprach von einer „radikalen Endlösung des deutschen ‚Problems‘ nach hitlerschem Modell“.[vii] Hat Benz denn nicht wenigstens damals die Frankfurter Rundschau zur Kenntnis genommen? Die hatte exakt zu der Zeit als Benz bei Bosl Doktorand war (1965-1968) am 8. Januar 1966 berichtet:

„‘Schwere Vorwürfe der nazistischen Unterwanderung haben ehemalige Mitglieder und Funktionäre der deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakei gegen die Sudetendeutsche Landsmannschaft erhoben. In einer am Freitag in München veröffentlichten Erklärung heißt es, 17 ehemalige SS- und SA-Führer bekleideten gegenwärtig in der Sudetendeutschen Landsmannschaft wichtige Funktionen. (…) Unter anderem sind die Namen des über die CSU-Liste in den Bundestag gewählten Abgeordneten Dr. Walter Becher, ehemaliger Redakteur der Zeitschrift Zeit in Reichenberg, genannt sowie des ehemaligen Gauwartes und Kraft-durch-Freude-Hauptstellenleiters Dr. Victor [Viktor, C.H.] Aschenbrenner, des Vorsitzenden des Bundesvorstands der Sudetendeutschen Landsmannschaft und früheren hauptamtlichen NSDAP-Gaurichters, Dr. Franz Böhm, des Münchner Regierungsdirektors Dr. Walter Hergl, der NSDAP-Hauptstellenleiter und Verfasser einer Denkschrift an Hitler gewesen sei, in der die blutige Vernichtung des tschechischen Volkes vorgeschlagen wurde.‘“[viii]

Karl Bosl war nach dem 8. Mai 1945 weiter in rechtsextremen, antisemitischen und revanchistischen Kreisen aktiv und pflegte ohnehin seine völkischen Seilschaften zu vielen ‚treuen‘ Kollegen, namentlich zu  Karl Alexander von Müller und Theodor Mayer, letzterer war einer der Gutachter von Bosls Habilitationsschrift 1944, von Müller wie gesagt der Betreuer der Habil-Arbeit[ix]. Bosl war Mitglied in der „Aktion Ritterbusch“ und wurde zudem vom „Ahnenerbe der SS“ von 1938 bis 1942 bezahlt. Darüber hinaus war Bosl seit 1933 Mitglied in der NSDAP und der SA, seit 1934 im NS-Lehrerbund, von „1935 bis 1938 war er Mitarbeiter der Landesleitung Süd des Bundes deutscher Osten, sowie ab 1939 Kreisverbandsleiter des Reichskolonialbundes in Ansbach.“[x] Der Bund deutscher Osten war eine völkische, nationalsozialistische Organisation, der Reichskolonialbund stand unter der Führung des Kolonialisten, Rassisten, Antisemiten, Militaristen, blutiger Kämpfer gegen die Münchner Räterepublik 1919 und Nazis (Mitglied in der NSDAP ab 1928) Franz Ritter von Epp.

Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, dass Karl Bosl auch 1981 den Nationalsozialismus lobt und wörtlich schreibt:

„Die Revolution von 1918 hat die Gesellschaft nicht verändert, aber einen grundlegenden egalitären, demokratischen Gesellschaftsprozeß auf der Grundlage der Volkssouveränität eingeleitet, sie hat politisch-verfassungsrechtlich in Bayern und Deutschland überhaupt erst die parlamentarische Demokratie mit Repräsentation des ganzen Volkes begründet. Freilich muß man auch feststellen, daß das ‚Dritte Reich‘ diese egalitäre Gesellschaftspolitik fortgesetzt und vor allem endgültig die alten Elitenschichten und ihre Traditionen beseitigt hat.“

Das antisemitische, völkische Lob auf die „egalitäre Gesellschaftspolitik“ des SS-Staates von Karl Bosl ist Teil deutscher Ideologie vor und nach 1945. Für den Leiter des ZfA hingegen ist Bosl ein „hochangesehener liberaler Gelehrter“ gewesen…


[i] Wilhelm Volker/Walter Ziegler (Hg.) (1998): Im Dienst der Bayerischen Geschichte. 70 Jahre Kommission für bayerische Landesgeschichte, München: C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, S. 481f. Die zitierte Passage ist aus dem Text „‘Gründerjahre‘ – Ein Rückblick“ von Getrud Diepolder.

[ii] Anne Christine Nagel (2005): Im Schatten des Dritten Reiches. Mittelalterforschung in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1970, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 141. Das nachfolgende Zitat „Ein reichlich idealisiertes…“ ebd.: 142. Bosl hat im Nationalsozialismus promoviert und habilitiert, sprich: seine Karriere in der Bundesrepublik baut auf seinem aktiven Mittun im SS-Staat auf. „Promoviert bei Karl Alexander von Müller mit einer vorwiegend an Wirtschaftsfragen orientierten Arbeit über das ‚Nordgaukloster Kastl‘, griff seine Habilitationsschrift zur ‚Reichsministerialität der Salier und Staufer‘ weit in das Gebiet der Reichsgeschichte aus. Mit dieser Studie habilitierte sich der katholische Mediävist 1944 an der Münchner Universität, doch kam das damals zweizügige Verfahren – Habilitation  plus mehrstündige Lehrprobe mit anschließender meist verzögerter Verleihung der Venia legendi durch den Reichserziehungsminister – nicht mehr ganz bis zum Abschluß. So erhielt Bosl erst 1948 den Status eines Privatdozenten an der Ludwigs-Maximilians-Universität“ (ebd.: 137).

[iii] Karl Bosl (1990)/1996: Karl Bosl als Zeitzeuge zur bayerischen Geschichte, in: Karl Bosl. Eine Bibliographie. Materialien zur Bayerischen Geschichte und Kultur 3/96, Augsburg: Haus der Bayerischen Geschichte, S. 14-30, hier S. 19. „Die Interview-Aufnahme in zwei Teilen entstand am 11. Juli 1990 im Institut für Unterrichtsmitschau, München, im Rahmen des Projekts ‚Zeitzeugen zur bayerischen Geschichte‘ des Hauses der Bayerischen Geschichte. Die Gesamtlänge des Gesprächs beträgt 101 Minuten. Interviewer war Dr. Karl N. Renner, München. Die Textkürzung und –redaktion für den vorliegenden Abdruck stammt von Dr. Lorenz Maier, Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg. Die Bearbeitung erfolgte unter weitgehender Wahrung des Gesprächscharakters. Bereinigt wurden mit geringen Ausnahmen (…) lediglich gesprächsbedingte inhaltliche Wiederholungen und sprachliche Brüche aus dem Zusammenhang des gesprochenen Wortes heraus“ (ebd.: 14).

[iv] Ebd.: 22.

[v] Nagel 2005: 137f.

[vi] Ebd.: 138. Zum eingebildeten Widerstand von Bosl auch noch diese Stelle: in dem zitierten Interview aus dem Jahr 1990 wird Bosls „NS-Engagement“ „nicht erwähnt, statt dessen stellt sich Bosl in die Reihe des Widerstands. Auf die Frage Renners, wie denn sein ‚aktiver Widerstand‘ ausgesehen habe, antwortete Bosl: ‚Ja, das sah so aus, daß man jahrelang – wie soll ich sagen – Propaganda gegen das Dritte Reich gemacht hat, und zwar durch Flugblätter.‘ Bosl wollte diese Flugblätter handschriftlich angefertigt haben; Beweisstücke existierten aber nicht mehr“ (ebd.: 137, Anm. 139.).

[vii] Karl Bosl (1964): Nürnberg – Böhmen – Prag. Vortrag vor dem Witikobund, gehalten am 12. Mai 1964 in Nürnberg im Rahmen des Sudetendeutschen Tages, in: ders., Nünberg Böhmen Prag, München: Eigenverlag des Witikobundes e.V., S. 5-18, hier S.  6. Der zweite Text dieser kleinen Broschüre ist von einem anderen alten Nazi, Dr. Viktor Aschenbrenner (1964): Blütezeiten der Kultur in Böhmen, Mähren und Schlesien, ebd., S. 19-34, zu Aschenbrenner: Kurt Nelhiebel (1962): Die Henleins gestern und heute, Frankfurt am Main: Röderberg Verlag. „Dr. Viktor Aschenbrenner, früher: Leiter der Sudetendeutschen Kulturgesellschaft in Berlin und Leiter des sudetendeutschen Referates im VDA in Berlin bis zum Jahr 1938, Gauvolksbildungswart der NS-Gemeinschaft ‚Kraft durch Freude‘, Gauhauptstellenleiter der NSDAP; heute: Mitglied des SL-Bundesvorstandes, Kultur- und Volkstumsbeauftragter im Bundesvorstand des SL, Vorsitzender der Gesellschaft zur Förderung des ostmitteleuropäischen Schrifttums. Mitglied des kulturpolitischen Ausschusses des BHE, Herausgeber der Zeitschrift ‚Sudetenland‘, Regierungsrat im hessischen Kultusministerium (wird von der Schulabteilung für ostkundliche Arbeiten herangezogen)“, Nelhiebel 1962, S. 72.

[viii] Frankfurter Rundschau, 8. Januar 1966, zitiert nach Kurt Hirsch (1967): Kommen die Nazis wieder? Gefahren für die Bundesrepublik, München: Verlag Kurt Desch, S. 135f.

[ix] Vgl. Volkert/Ziegler (Hg.) (1998), S. 393.

[x] Volkert/Ziegler (Hg.) (1998), S. 392.

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