Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Monat: Januar 2023

27. Januar 2023: Mit Leopard 2 Panzern Denkmäler in der Ukraine schützen, die nach Holocausttätern benannt sind

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Heute ist der 27. Januar, der Tag, an dem die Rote Armee 1945 die wenigen Überlebenden des KZ und Vernichtungslagers Auschwitz befreite. Alle Medien tun betroffen und bringen irgendwas mit Juden, KZs, Vergeben, Versöhung, Tränen und Blumen.

Doch wie wird mit deutscher Hilfe in anderen Ländern an die Shoah gedacht?

Folgende Beispiele sind Teil einer umfassenden investigativen Recherche des Journalisten Lev Golinkin, die er am 27. Januar 2021 im jüdischen Forward publizierte.

In der westukrainischen Stadt L’viv wurde 2007 ein Monument zum Gedenken an Stepan Bandera eingeweiht, dem antisemitischen Nazi-Kollaborateur und Anführer der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B). Man kann ein Bild der Einweihungszeremonie hier sehen, rechts ist ein Denkmal für Bandera in der Stadt Ivano-Frankivsk abgebildet:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

In der Stadt Zhovkva gab es 1941 auf einem Tor die Aufschrift „Heil Hitler“ und „Glory to Bandera“ (auf ukrainisch):

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Golinkin führt eine riesige Zahl von Orten auf, die eine Straße, einen Platz oder Monument haben, die nach Bandera benannt sind:

Im Oktober 2022 hat die Redaktion des Forward die Benennung einer Straße nach Stepan Bandera in den Städten Dnipro und Tatariv hinzugefügt. Es gehört also zur ukrainischen Kriegspolitik, auch heute Straßen nach Nazi-Kollaborateuren zu benennen.

Jaroslav Stetsko schrieb am 9. Juli 1941 in einem Lebenslauf:

Ich unterstütze daher die Vernichtung der Juden und die Zweckmäßigkeit, deutsche Methoden der Judenvernichtung in die Ukraine zu bringen, unter Ausschluss ihrer Assimilation und dergleichen.

[I therefore support the destruction of the Jews and the expedience of bringing German methods of exterminating Jewry to Ukraine, barring their assimilation and the like.]

Darauf weist ein wissenschaftlicher Artikel in den Harvard Ukrainian Studies im Jahr 1999 hin.

Screenshot, https://www.academia.edu/2469365/The_Organization_of_Ukrainian_Nationalists_and_Its_Attitude_toward_Germans_and_Jews?auto=download (27.01.2023)

 

Screenshot, https://www.academia.edu/2469365/The_Organization_of_Ukrainian_Nationalists_and_Its_Attitude_toward_Germans_and_Jews?auto=download

Es gibt unter anderem in den Städten Stryi und Velykyi Hlybochok in der Ukraine Statuen zu Ehren Stetskos.

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Es ist kein Zufall, dass die USA so obsessiv und fanatisch die Ukraine unterstützen, der Antikommunismus ist in den USA eine Art Staatsreligion. Hier sieht man den damaligen US-Vizepräsidenten George W. H. Bush (1924-2018) mit Jaroslav Stetsko im Jahr 1983:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Dmytro Paliiv (1896–1944), SS-Hauptsturmführer der 14. Waffen-Grenadier Division (1. SS Division Galizien). Ein Kritiker und ehemaliger Soldat der Roten Armee, der sich gegen die Benennung einer Straße nach dem SS-Mann Paliiv in Kalush unweit von Lviv aussprach, bekam 2017 Morddrohungen.

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.02.2023)

Die OUN-M, benannt nach Andryi Melnyk, feierte in einer ihrer Postillen das größte Massaker im Holocaust, den Mord an 33.000 Juden in Babi Yar am 29. und 30. September 1941 in der Nähe von Kiew. In Volya Yakubova gibt es ein Monument für Melnyk:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Am 1. August 1941 begrüßte der Bürgermeister von L’viv den Generalgouverneur Hans Frank, einen ganz typischen deutschen Juristen aus Karlsruhe, der frühzeitig NSDAP-Mitglied wurde und 1946 für seine Verbrechen gehängt wurde. Yuri Polyanskiy lebte bis 1986 und wird bis heute in der Ukraine verehrt wie mit solchen Plaketten, unten rechts zu sehen:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

 

Lev Golinkin und der jüdische Forward bringen noch Dutzende weitere Beispiele, wie heute Holocausttäter in der Ukraine gefeiert und geehrt werden.

Das ist das Land, dem Deutschland jetzt 14 Kampfpanzer Leopard 2 schenken wird.

Deutschland ist wieder im „Krieg gegen Russland“, wie es die Außenministerin diese Woche auf Englisch sagte.

Ganz offenkundig möchte Deutschland dafür sorgen, dass diese unzähligen Straßen, Monumente, Plaketten und so weiter, die nach SS-Männern, antisemitisch-ukrainischen Ideologen und Massenmördern benannt sind, geschützt werden.

Natürlich ist in Kiew die Enttäuschung groß, dass es wieder keine Atombomben aus Deutschland gibt, wie Friedrich Küppersbusch völlig zurecht moniert:

Wieder keine Atombombe für die Ukraine aus Deutschland. Der Grund: Seit fast 80 Jahren zögern und zaudern deutsche Reichskanzler.

Screenshot, https://youtu.be/nZIyHaK1HOo (27.01.2023)

Deutschland kämpft mit allen Mitteln dafür, dass die Ukraine so bleibt, wie sie ist und weiter Straßen, Denkmäler oder Plätze nach Antisemiten, Nationalisten und Holocausttätern benennen kann, wie im Herbst 2022 in Dnipro.

Das ist Deutschland am 27. Januar 2023.

 

Nachruf auf Karl Pfeifer (1928-2023)

Von Clemens Heni, Verleger, Edition Critic

 

Mit Karl Pfeifer verlieren wir einen wundervollen Menschen, Kämpfer für die Gründung des Staates Israel, pointierten Journalisten, witzigen Zeitgenossen und politisch weitsichtigen Gesellschaftskritiker. Am 6. Jänner 2023 schlief der am 22. August 1928 in Baden bei Wien geborene Karl Pfeifer friedlich ein.

Ich kannte Karl fast 25 Jahre und wir hatten viele faszinierende Treffen, vornehmlich in Berlin, aber auch unweit von Dresden und natürlich in Wien. Es war eine große Ehre, dass ich zwei Bücher von ihm in der Edition Critic publizieren durfte: die Neuauflage von „Einmal Palästina und zurück“ (2015) und „Immer wieder Ungarn“ (2016).

Karl Pfeifer konnte als Teenager im Januar 1943 aus Budapest nach Haifa fliehen. Sein 15 Jahre älterer Bruder Erwin trug einmal in Prag auf einem Kongress die Tasche des legendären rechtszionistischen Intellektuellen und Aktivisten Ze’ev Jabotinsky, der bis heute als einer der einflussreichsten Vordenker des jüdischen Staates Israel gilt.

In seinen Erinnerungen an die Kindheit schreibt Karl Pfeifer über den samstäglichen Synagogenbesuch, wo sie eine „Beth Haknesset“ wurde, ein „Haus der Begegnung“, es gab an Festtagen Süßigkeiten für die Kinder und die Erwachsenen diskutierten, es war eine fröhliche Stimmung, die ihn prägte, ohne dass sein Elternhaus sonderlich religiös gewesen wäre, wobei ihm der zionistische Säkularismus auch in späteren Jahren wichtig war. In der Schule wurde er von den katholischen Mitschülern angepöbelt.

1938, nach dem „Anschluss“, attackierten zwei Hitlerjungen den jungen Karl und sagten „Saujud, sag Heil Hitler“ und wollten ihm die Gurgel zudrücken, er sagte es nicht und eine adlige Frau schrie zum Fenster heraus, dass die Nazijungen verschwinden sollten, was sie auch taten.

In „Einmal Palästina und zurück“ schrieb Karl Pfeifer:

Ende Mai oder Anfang Juni 1938 – die Kirschen waren schon reif – stieg ich auf den Kirschbaum. Plötzlich war der Himmel von Wolken bedeckt, man konnte Donner aus der Ferne hören, ein Gewitter stand bevor und ich haderte mit Gott, ja stritt seine Existenz ab und forderte ihn heraus. ‚Wenn es Dich gibt, dann sende einen Blitz, der mich treffen soll‘. Doch es geschah nichts. Meine Mutter rief mich zum Mittagessen. Ich brüstete mich, etwas im Garten entdeckt zu haben. Mein Vater fragte mich lächelnd, was ich denn entdeckt hätte, und naiv wie ich war, antwortete ich: ‚Es gibt keinen Gott‘. Er gab mir eine schallende Ohrfeige und wieder sprachen meine Eltern unter sich ungarisch.
Ich träumte davon, zu meinem Bruder Erwin zu gelangen, der damals Hilfspolizist war. Er hatte mir zum neunten Geburtstag eine Karte mit den Worten ‚Sei immer stolz ein Jude zu sein‘ geschickt.

In Budapest schloss sich der junge Karl der linkszionistischen Gruppe Schomer Hazair an, nach seiner Rettung ins Exil in Haifa kämpfte er ab 1946 im Palmach und ab 1948 in der israelischen Armee für den neuen jüdischen Staat Israel.

Seine Erzählungen dazu sind ungeheuer abenteuerlich, politisch von enormer Bedeutung, aber Karl schaffte es immer wieder, die dramatischsten Ereignisse mit einer ironischen Note zu versehen, bei aller Ernsthaftigkeit der Situationen.

Über Umwege kam er zurück nach Österreich, Ende der 1970er Jahre wurde er mit 50+ Journalist und Redakteur des Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Dabei spielte seine Beziehung zu Ungarn eine große Rolle.

Seine Texte speziell gegen Antisemitismus sind von herausragender journalistischer Sorgfalt und Schärfe und haben viele rechte, aber auch linke oder islamistische Antisemiten zur Weißglut gebracht.

Er sagte auf Vorträgen, dass er deshalb so fit sei, weil die morgendliche Lektüre der Presse (gerade in Österreich) ihn häufig schon so aufregte, dass sein Blutdruck den Körper angeregt über den Tag begleite. In den letzten Jahren befasste sich Karl viel mit Frankreich, dem Islamismus und der Situation für die dortigen Juden.

Karl Pfeifer reiste viel und gerne, auf einer dieser Reisen lernte er seine Frau Dagmar kennen, sein „größtes Glück“, wie er immer betonte. Bei vielen Vortragsreisen war Dagmar an Karls Seite, auch beim Entstehen seiner Bücher war sie ihm eine große Unterstützung und Inspiration. Es war auch für mich eine große Freude mit den beiden Veranstaltungen zu erleben, Bücher zu planen und zu publizieren und einzukehren.

Ein Höhepunkt (jedenfalls für den Verlag Edition Critic) war die Buchvorstellung von „Immer wieder Ungarn“ im österreichischen Parlamentsgebäude im Herbst 2016.

Karl Pfeifer hat auch Preise bekommen für seine laustarke Kritik am Antisemitismus. Dabei sah er entgegen vielen Kolleginnen und Kollegen die Gefahr eben nicht nur von rechts kommend, sondern in den letzten gut 20 Jahren auch vom Islamismus und den Linken. Als ich letztes Jahr mit Karl telefonierte, erzählte er mir von ganz typischen Tendenzen in der österreichischen Szene der Holocaustforscher und Antisemitismusexperten (m/w/d), wo bekannte Personen, die er wie auch ich früher durchaus schätzten wegen ihrer Arbeit zum Beispiel gegen die FPÖ oder die Erinnerungsverweigerung bezüglich der Shoah, die in den letzten paar Jahren anfingen, mehr oder weniger offen die antisemitische BDS-Bewegung zu verharmlosen, tolerieren oder unterstützen.

Gleichzeitig wird Karls Stimme fehlen, wenn es um die Kritik an dramatischen Entwicklungen wie der aktuellen israelischen Regierungspolitik geht, die sich anschickt, die Gewaltenteilung aufzuheben und deren rechtsextreme und religiös-fanatische Kreise die Demokratie de facto abschaffen wollen.

Oft bezog Karl gerade die Position, die sein Gegenüber jetzt nicht erwartete, er war ein eigenständiger Kopf und niemals ‚Partei‘ im Sinne von ‚Partei‘, er war parteiisch, für Israel, gegen Antisemitismus, gegen Nazis und Holocaustleugnung und -verharmlosung, aber er war nie in einer Partei.

Ob wir uns im Café in Schöneberg, privat unweit von Dresden oder in einem Restaurant in Wien trafen, Karl hatte der jeweiligen kleinen Gruppe von Freundinnen und Freunden immer was zu erzählen, Anekdoten, Lustiges, immer gemischt mit seiner trocken-scharfen Analyse der Welt und des Antisemitismus.

Auf der Buchvorstellung im Nationalrat in Wien sagte der Politiker und Freund von Karl Pfeifer Karl Öllinger, dass es faszinierend sei, wie viele Jahrzehnte Karl Pfeifer widerständig und kritisch geblieben ist, nicht zuletzt angesichts der übelsten antisemitischen Attacken, die er als Kind und Jugendlicher, aber auch nach der Shoah bis in die heutige Zeit wie von ungarischen Publizisten zu ertragen hatte. Woher kam die Kraft und die Schärfe, die das Werk von Karl Pfeifer ausmachen?

Karl Pfeifer entkam knapp dem Holocaust. Er kämpfte im Krieg gegen die Araber für den Staat Israel, trug bis zu 100kg schwere Zementsäcke am Hafen von Haifa, verschenkte seine warme Jacke an einen Kumpel, der in Israel blieb, was Karl nicht wollte, da er eben nicht in die „Partei“ eintreten wollte und somit weniger Chancen hatte auf dem Arbeitsmarkt, um dann nach der Ankunft in Venedig die kalte Zugfahrt über die Alpen nach Zürich zu spüren. Er arbeitete dann in St. Moritz und anderen Stationen in (Luxus-)Hotels, kam eine Woche in Frankreich ins Gefängnis wegen illegalem Grenzübertritt, ging dann doch zurück nach Österreich und hat die Erinnerung in seinen Texten und Erzählungen bewahrt.

Karl Pfeifer war speziell für die Generation der jüngeren, pro-israelischen Antideutschen seit Ende der 1990er Jahre zu einem Vorbild geworden. Er stand dafür, wie kritischer Journalismus, scharf und doch immer wieder auch witzig, funktionieren kann.

Es ist ein großes Glück, Karl Pfeifer erlebt zu haben.

Wer Israel liebt, bekämpft die aktuelle Regierung mit allen Mitteln!!!

14. Januar 2023, von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Israel steht auf gegen die rechtsextreme und religiös fanatische aktuelle Regierung unter Benjamin Netanyahu. Heute Abend findet eine riesige Kundgebung auf dem Habima Square gegen die geplante Justizreform und die Regierung statt. Laut Times of Israel nehmen daran aktuell 80.000 Menschen teil.

Sehr viele Israelfahnen sind zu sehen – die Aktivist*innen kämpfen für Israel und gegen die unerträgliche, turbo aggressive, reaktionäre, patriarchale und rechtsextreme Regierung unter – wieder einmal – Benjamin Netanyahu. Diesmal könnte es sein letztes Spiel sein, denn die USA werden diesen Wahnwitz vermutlich nicht unkommentiert lassen. Und auf die Unterstützung Amerikas ist Israel im Kampf gegen den Iran angewiesen.

Diese „Justizreform“ wird nicht als Reform, sondern als Ende der Demokratie betrachtet. Geplant ist vom Justizminister Levin, der an dieser Regelung seit 20 Jahren arbeitete, dass Urteile des Obersten Gerichtshofs von der Knesset überstimmt werden können – und das mit einfacher Mehrheit von 61 Stimmen der 120 Sitze. Neue Richter*innen sollen von der Knesset aus politischen und nicht professionellen Gründen ernannt werden, was uns allerdings an die USA oder an Karlsruhe erinnert…

Dazu kommen eine Vielzahl von anderen Vorhaben, die den Religiösen noch mehr Privilegien zuspräche und den zionistischen Charakter des Landes in Frage stellt. Zionismus heißt gleiche Rechte für alle in einem demokratischen und jüdischen Staat. Und das will Netanyahu beenden.

Der Journalist Yossi Klein Halevi ist in tiefer Sorge um sein Land, in das er vor 40 Jahren einwanderte. Dabei muss man die rechtsextreme Tendenz in Israel als weltweiten Backlash sehen, die Frauen- und LGBTQ+-Rechte werden auch in den USA in Frage gestellt, Stichwort Abtreibung oder Agitation gegen Transmenschen, ich habe berichtet, dass auch in der internationalen Szene der Antisemitismusforscher (m/w/d), worunter auch deutsche und österreichische Vertreter*innen fallen, auf einer Konferenz in London im September 2022 transphobe Ideologie Thema eines Vortrags war. Die Referentin hat zudem in Journalen publiziert, die das Blockieren der American Nazi Party auf Twitter als schlimm betrachtet.

Wer sich als Freund Israels sieht, hat jetzt die Pflicht, sich gegen die aktuelle Regierung zu positionieren. Wer schweigt, stimmt zu und lässt Netanyahu den Zionismus zerstören und gefährdet die Existenz des Staates Israel, oder genauer gesagt: die Demokratie Israel. Sollte u.a. diese Justizzerstörungs-Reform durchgehen, dann wäre Israel keine Demokratie mehr. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Unabhängigkeit von Bundesrichtern auch in Deutschland wie in der Corona-Krise nicht erkennbar war.

Yossi Klein Halevi, den ich persönlich kenne, da er seinerzeit an unserem Institut in YALE sprach (Yale Initiative for the Interdisciplinary Study of Antisemitism), ist einer der eloquentesten und schärfsten Essayisten Israels. Er vergleicht die antisemitische Attacke auf Israel und die Juden in Entebbe 1976 – wo linke deutsche Terroristen der Revolutionären Zellen beteiligt waren und bei der heroischen Rettungsaktion der Bruder von Benjamin Netanyahu, Yonathan Netanyahu getötet wurde – mit Bibis Angriff auf Israel:

Those who love Israel, who know a third destruction of Jewish sovereignty would be a decisive blow from which we as a people may not recover, are unconditionally committed to playing out this story. In honor and dishonor, whether Israel makes us proud or ashamed. When heroic commandos rescue hostages at Entebbe, and when a cowardly prime minister holds the state hostage to his own needs and ambitions.

Mehr Liebe wagen: „Make love, not babies“ – Moratorium gefordert: 5 Jahre keine neuen Kinder

Komitee für gesellschaftskritisches Schwangerenshaming

Angesichts der unaufhaltsamen Bullengewalt wie in Lützerath, der Teenagergewalt gegen Lehrerinnen – gestern ermordete ein 17-jähriger in NRW seine Klassenlehrerin -, angesichts deutscher Waffen für die antisemitische Ukraine und der Weigerung, mit Russland endlich zu verhandeln und diesen Krieg zu beenden, angesichts der OBI-Ultras, die mit Bohrmaschinen, Laubbläsern und Rasenmähern jegliches Leben in Städten und Dörfern zerstört haben, angesichts des weltweiten Backlashs und rechtsextremer, antifeministischer Politik von den USA über die AfD, Wannabee-Putschisten in Brasilien, Ungarn bis hin nach Israel, wo völlig durchgeknallte religiöse Rechtsextreme den Zionismus und die IDF zerstören wollen, über maskulinistische Schüler, die Lehrerinnen bedrohen, wenn diese als Feministin oder Coronapolitik-Kritikerinnen bekannt sind, angesichts der Klimakatastrophe, dem erzwungenen Energiesparen nicht aus ökologischen, sondern revanchistischen Gründen (Habeck und Scholz kämpfen gegen ‚den‘ Russen und wollen sich für Stalingrad rächen, darum geht es), angesichts all dieser Gewalt schrieb der Philosoph Ulrich Horstmann schon in den 1980er Jahren:

Die Apokalypse steht ins Haus. Wir Untiere wissen es längst, und wir wissen es alle. Hinter dem Parteiengezänk, den Auf- und Abrüstungsdebatten, den Militärparaden und anti-Kriegsmärschen, hinter der Fassade des Friedenswillens und der endlosen Waffenstillstände gibt es eine heimliche Übereinkunft, ein unausgesprochenes großes Einverständnis: daß wir ein Ende machen  müssen mit uns und unseresgleichen, so bald und so gründlich wie möglich – ohne Pardon, ohne Skrupel und ohne Überlebende.

Was sonst trüge das, was das Untier ‚Weltgeschichte‘ nennt, wenn nicht die Hoffnung auf die Katastrophe, den Untergang, das Auslöschen der Spuren. Wer könnte eine sich Jahrtausend und Jahrtausend fortsetzende Litanei des Hauens, Stechens, Spießens, Hackens, die Monotonie des Schlachtens und Schädelspaltens, das Om mani padmehum der Greuel ertragen, ja seinerseits nach Kräften befördern, der nicht zugleich in der Heimlichkeit seiner Vernunft gewiß wäre, daß diese rastlosen Übungen ihm und seine Gattung Gemetzel um Gemetzel, Schlacht um Schlacht, Feldzug um Feldzug, Weltkrieg um Weltkrieg unaufhaltsam jenem letzten Massaker, jenem globalen Harmageddon näherbringen, mit dem das Untier seinen Schlußstrich setzt unter die atemlose Aufrechnung sich fort- und fortzeugenden Leids.

Vor diesem Hintergrund hat jetzt das Komitee für gesellschaftskritisches Schwangerenshaming ein Moratorium von fünf Jahren für die Produktion neuer Menschen gefordert. Es orientiert sich daran an der alten Sponti-Parole:

Make Love, not babies!

Mehr Liebe, weniger Kinder, das ist die Lösung für weniger Zeugen Coronas, weniger Waffen und Soldaten für die Ukraine und Russland, den Jemen oder Äthiopien, weniger patriarchale Gewalt, weniger Kopftuchnachwuchs, weniger Jihad- und Nazi-Nachwuchs, weniger Antisemitismus, weniger Klimakatastrophe, weniger Lärm überall, weniger Windeln, weniger Scheiße und so weiter.

Dazu auch sehenswert das Browser Ballett („Schwangeren-Shaming: Wie kann man nur Kinder in diese Welt setzen??? ┃Browser Ballett„):

 

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