Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Es gibt Hoffnung. Heute hat die israelische Armee (IDF) vier Geiseln der Hamas, die seit dem 7. Oktober 2023 gefangengehalten wurden, befreit. Alle vier sind in guter Verfassung. Ein Freudentag:

Es ist zu hoffen, dass die IDF auch alle weiteren Geiseln befreien kann: Bring them Home Now!!!

Dazu gibt es trotz aller diplomatischen Verwerfungen auch positive Entwicklungen. So scheint sich die politische Kultur in Saudi-Arabien zu wandeln. Das autokratische Herrscherhaus hat offenkundig veranlasst, dass in Schulbüchern Juden und Israel weniger negativ und antisemitisch dargestellt werden:

Das Institute for Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education (IMPACT-se) aus London hat eine Studie über die Darstellung Israels und der Juden sowie des Zionismus in saudi-arabischen Schulbüchern publiziert. So wird jetzt in dortigen Schulbüchern Israel nicht mehr so negativ präsentiert. Der Zionismus wird in saudi-arabischen Schulbüchern nun nicht mehr als „rassistische europäische Bewegung“ vorgestellt, dessen Ziel es sei, die Palästinenser zu vertreiben:

According to IMPACT-SE, „Portrayals of Israel and Zionism have progressed further. Students no longer learn content which defined Zionism as a “racist” European movement that aims to expel Palestinians, or that Zionism’s “fundamental goal” is to expand its borders and take over Arab lands, oil wells and Islamic and Christian holy sites in Jerusalem.“

Solche kleinen Schritte sind von höchster Bedeutung und stehen in starkem Kontrast zu der in dieser Massivität, Aggressivität, Brutalität und Quantität noch nie dagewesenen Agitation gegen den Zionismus und Israel im Westen wie in der Bundesrepublik Deutschland.

Doch die Friedensverträge Israels mit Ägypten und Jordanien wie auch die diplomatischen Abkommen (Abraham Accords) mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko halten und sind stabil. Trotz der extremen Krise, der sich Israel und der Nahe Osten seit dem genozidalen Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 gegenübersehen, sind die Abraham Verträge intakt.

Ja, mehr noch: die erwähnten Änderungen in den Lehrplänen und Schulbüchern in Saudi-Arabien zeigen, dass selbst in dieser größten aller Krisen, die Israel seit 1948 international durchläuft, die Kooperation mit arabischen Staaten weiterhin ein ganz neuer und zentraler Faktor für die Unterstützung Israels ist. Israel wird von diesen arabischen Staaten als normaler Teil des Nahen Ostens betrachtet und eben nicht mehr als ‚fremd‘ oder gefährlich.

Frieden wird es geben, wenn Terrororganisationen wie Hamas oder die Hisbollah und deren Patron, die islamistische Republik Iran, ihre Waffen niederlegen beziehungsweise international isoliert sind. Eine feministische Revolution im Iran wäre dafür am besten geeignet, gegen den Schleierzwang, Homophobie, Antisemitismus und islamistische Ideologie und für ein freies Leben für alle Menschen im Iran.

Auch wenn ein Großteil der Akademiker*innen, der kulturellen Elite und der politisch linken Aktivist*innen in Deutschland sich gegen den Zionismus aussprechen und ihn übelst diffamieren, verändert sich ausgerechnet in der arabischen Welt der Fokus. Dort ist der Zionismus eben gerade nicht mehr der Feind der Muslime und Araber. Diesen Platz hat der Iran übernommen. Ja, die arabische Welte möchte aufstreben und ökonomisch sich öffnen, dazu gehört natürlich in erster Linie der Kampf für Frauenrechte, wovon Saudi-Arabien noch sehr weit entfernt ist. Aber die Öffnung hin nach Israel, was auch Tourismus beinhalten wird, wird auch das reaktionäre arabische Frauenbild verändern, früher oder später.

Selbstredend sind die arabischen Staaten auch deshalb diplomatisch auf Israel angewiesen, weil die USA der wichtigste Verbündete des einzigen Judenstaates ist und die arabischen Staaten sehr auf die militärische Unterstützung aus Washington angewiesen sind, da auch sie den gleichen Feind haben: Iran.

Hoffnung besteht in diesem arabischen Wandel hin zu mehr Kooperation mit Israel. Ob das bei den antizionistischen Agitator*innen in Deutschland, England, Spanien oder den USA ankommt, ist zweifelhaft. Die ironische Pointe jedoch ist: Die Unterstützer*innen Israels sind viel näher dran an der sich wandelnden politischen Kultur in vielen arabischen Staaten als jene antiisraelischen und oft arabischen oder muslimischen Aktivist*innen.

Der Linkszionismus wiederum versprüht wie immer die größte Hoffnung, da er sich gegen Netanyahu und die extreme Rechte in Israel wendet und gleichzeitig für eine Zweistaatenlösung ausspricht. Der Linkszionismus setzt sich für liberale Palästinenser*innen ein, die es weiterhin gibt und die selbst vor der Hamas geflohen sind oder in Gaza gegen die Hamas aktiv sind, oft unter Lebensgefahr.

Jene antizionistischen Aktivist*innen wenden sich somit auch gegen Anti-Hamas Palästinenser.

Die Hoffnung besteht darin, dass auch die Medien diese Entwicklungen zur Kenntnis nehmen.

Politikwissenschaftlich betrachtet sind die diplomatischen und tendenziell pro-zionistischen oder zumindest nicht mehr hardcore antizionistischen Entwicklungen in der arabischen Welt wie der Wandel der politischen Kultur im Bereich Bildungspolitik wie in Saudi-Arabien von großer Bedeutung.

Ironischerweise, und auch das ist eine Art Hoffnung, verorten sich somit Pro-Israel Aktivist*innen näher an Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten als arabische, islamistische und andere Antizionisten in Deutschland, Europa und dem Westen.