Von Dr. phil. Clemens Heni, 30. Jänner 2022
In Österreich ist jetzt passiert, was in der Bundesrepublik Deutschland undenkbar scheint: die obersten Richter stellen kritische Fragen bezüglich der Coronapolitik der Bundesregierung. Am 26. Jänner 2022 stellte der Verfassungsgerichtshof in Wien dem Gesundheitsminister Mückstein eine lange Reihe von Fragen bezüglich der Gefahr, die angeblich oder tatsächlich von einem aktuellen Virus – SARS-CoV-2 und einer von ihm auslösbaren Krankheit – Covid-19 – ausgehe.
So geht der österreichische Verfassungsgerichtshof davon aus, basierend auf den offiziellen Zahlen der AGES – Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit -, dem Pendant zum Robert Koch-Institut (RKI) -, dass die Sterblichkeit von Covid-19 bei 0,1516 liege. Wie stark könnte da eine Impfpflicht diesen enorm niedrigen Wert noch weiter senken? Wie viele Menschen starben tatsächlich „an“ Covid-19 und nicht nur mit einem positiven Testergebnis? Kann man wissenschaftlich beweisen, dass eine FFP2-Maske einen Nutzen für die Allgemeinheit hat im Alltag?
Weiter fragen die Richter*innen, inwiefern und wie stark sich die Ausbreitung eines Virus verringern würde, wenn es wissenschaftlicher Stand ist, dass auch Geimpfte (oder Geboosterte) sich infizieren, das Virus weitertragen (und daran versterben) können?
Das österreichische Newsportal Exxpress hat die Anfrage veröffentlicht, nachdem sie geleakt worden war.
Unterschrieben ist die Anfrage an die Bundesregierung bzw. den österreichischen Gesundheitsminister von Dr. Hauer, einem der 14 Verfassungsrichter*innen.
Doch Manfred Haimbuchner ist die Welt dort ohnehin schon zu klein geworden, er strebte nach höheren Weihen, derer er auch schon recht jung anteilig wurde. 2006, gerade mal 28, zog er in den Nationalrat ein. Dort war Haimbuchner u. a. als »Vertriebenensprecher« tätig. Ein Thema, das den Sohn einer Volksdeutschen auch privat umtrieb, so war er stellvertretender Vorsitzender des am äußersten rechten Rand der »Heimatvertriebenen« angesiedelten »Witikobundes«. 2009 wurde er Spitzenkandidat der FPÖ für den Landtag, dem er daraufhin sechs Jahre als Landesrat angehörte. Als eine seiner ersten Amtshandlungen als Wohnbaulandesrat ließ er die Anträge auf Wohnbeihilfe in türkischer und serbokroatischer Sprache aus dem Netz nehmen. Der Kampf der FPÖ gegen Sozialleistungen für Menschen »südländischer Zunge« hatte begonnen und blieb seither eine Konstante im Wirken Haimbuchners. 2010 übernahm Haimbuchner von seinem »väterlichen Freund«[2] Lutz Weinzinger (Scardonia Schärding/Bruna Sudetia Wien) auch den Landesparteivorsitz.
Die drei Burschen
»Heil‘ge Treu‘ dem Vaterlande, Heil‘ge Treu dem Bruderbande« steht am Wappen des Corps Alemannia Wien zu Linz. Gleich zwei Mitglieder der oberösterreichischen Landesregierung stammen aus dem Männerbund, in dem die Mensur noch Pflicht ist: Manfred Haimbuchner und Günther Steinkellner. Ebenso wie der ehemalige Linzer Vizebürgermeister, heutige EU-Abgeordnete und Präsident des Trägervereines des Burschenbundballes Franz Obermayr – oder einst SA-Mann Horst Wessel.
Es gab Diskussionen über die Nominierung von Andreas Hauer zum Richter am Verfassungsgerichtshof. Der ORF schrieb 2018:
Umstrittene Äußerungen
Hauer unterrichtet an der Universität Linz öffentliches Recht und ist an sich fachlich unumstritten. Allerdings hat der Burschenschafter in der Vergangenheit mehrfach mit umstrittenen Äußerungen von sich reden gemacht. Unter anderem hatte Hauer den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vor mehreren Jahren als „mitverantwortlich für die multikriminelle Gesellschaft“ bezeichnet.
Vor allem in der FPÖ gilt Hauer als gut vernetzt. Er ist Mitglied bei der schlagenden Verbindung Corps Alemannia Wien zu Linz. Bei dieser sind auch die oberösterreichischen Landesräte Manfred Haimbuchner und Günther Steinkellner Mitglieder.
Eine linke Seite hat mehr Kritik an Haimbuchner, dem Verbindungs-‚Bruder‘ von Hauer:
Manfred Haimbuchner, selbst seit 2007 stellvertretender Vorsitzender des Witikobund Österreichs und Mitglied der Studentenverbindung Corps Alemannia Wien zu Linz, ehrt das NSDAP-Mitglied Reinthaller, das 1938 der SS beitrat, zuletzt den Ehrentitel SS-Brigadeführer trug und von April 1938 bis Kriegsende Reichstagsabgeordneter war.
Es ist eine ganz bittere Ironie, dass sich die Kritik an der Coronapolitik auf Leute stützen muss, die in Verbindungen bzw. deutsch-nationalen Burschenschaften Mitglied sind wie Hauer und wichtige Fragen zur irrationalen und nicht evidenzbasierten Coronapolitik stellen.
Gerade für Linke kann die juristische Position von Hauer zu einem Problem werden, wie der Standard – der 2020 zu einem zentralen Teil der österreichischen, irrationalen Panikindustrie avancierte, wie fast alle herkömmlichen Medien – schon 2018 erkannte:
Der zweite Kandidat der freiheitlichen Partei ist Burschenschafter und Professor Andreas Hauer. Das Mitglied des deutschnationalen schlagenden Corps Alemannia Wien zu Linz hat in einem Internetbeitrag klar verdeutlicht, wie er sich die Judikatur von Demonstrationsrecht und Versammlungsfreiheit vorstellt: Der Anmelder einer Versammlung habe „gesetzwidrigen Äußerungen und Handlungen sofort entgegenzutreten“ oder „die Versammlung sofort aufzulösen“ wie dafür zu sorgen, dass „keine Straftaten entstehen“, andernfalls hafte er für alle „daraus entstehenden Schäden“. Formaljuristisch stimmt das und steht so im Versammlungsgesetz aus dem Jahr 1867. Stärker ins Gewicht fällt hierbei jedoch die Interpretation, die der heutigen Zeit kaum entspricht, können doch an einer Versammlung auch 100.000 Menschen teilnehmen. Die Haftung für diese will niemand mit der eigenen Existenz bezahlen.
Es wäre Aufgabe der Linken gewesen – wenn sie noch Linke wären -, nach den unglaublichen Kollateralschäden der Coronapolitik zu fragen, nach den Millionen Toten im Trikont, nach den psychischen Verwerfungen in ganz Europa (vor allem West-Europa) und Amerika. Der links-liberale schwedische Mediziner, Epidemiologe und Professor an der Harvard Universität, Martin Kulldorff, hat das in einem Tweet angesichts der Trucker-Proteste – Convoy – in Kanada auf den kritischen Punkt gebracht:
Da die linken ZeroCovid-Faschos, so gut wie alle Mainstream-Zeitungen, Fernseh- und Radiostationen, so gut wie alle demokratischen Politiker*innen sich als epidemiologische und demokratische Analphabet*innen erwiesen haben, ist die Kritik an den Zeugen Coronas auf so richtig unangenehme Protagonisten angewiesen. Das ist äußerst bitter.
Sahra Wagenknecht ist heute eine der ganz wenigen Linken, die sich kritisch, wissenschaftlich fundiert und rational mit der Coronakrise beschäftigt und sich gegen jede Impfpflicht einsetzt. Sie ist die eloquenteste Abgeordnete im Deutschen Bundestag in Zeiten der Coronakrise. Das macht aber die not-wendige Kritik an ihren früheren und sicher auch heutigen Positionen nicht vergessen. Wir erinnern uns an die „Torten für Menschenfeinde„, die jedoch womöglich aus Kreisen kam, die heute eher den ZeroCovid-Faschos anhängen – jedenfalls trifft das auf weite Teile der Antifa zu, auch auf nicht geringe Teile der Antideutschen wie Konkret oder die jungle world, die mit diesem Spektrum verbunden sind und heute eine großteils unwissenschaftliche, Anti-Arbeiterklasse Corona-Panikpolitik mittragen, ja einfordern. In Zeiten von Corona wurde Wagenknecht zur Menschenfreundin und weiteste Teile der Antifa zu Menschenfeinden.
Es gibt auch wissenschaftliche Analysen von „Tortungen“:
Im Kontext der gegenwärtigen Flüchtlingskrise sind PolitikerInnen erneut Opfer von Tortenattentaten (auch „Tortungen“ genannt) geworden: So trafen die AfD-Funktionäre Beatrix v. Storch und Albrecht Glaeser am 28. Februar 2016 in Kassel zwei Sahnetorten, während die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, am 28. Mai 2016 auf dem Magdeburger Bundesparteitag mit einer Schokoladentorte beworfen wurde. Dieser Beitrag setzt die jüngsten „Tortungen“ von PolitikerInnen in Kontext mit ihrem Protestpotenzial und blickt auf die Geschichte des „politischen Tortenwurfs“. Der Autor distanziert sich hierbei ausdrücklich von den beschriebenen Lebensmittelattentaten; Ziel dieses Beitrags ist keinesfalls, derartige Aktionen nachträglich zu legitimieren.
Auch eine antizionistisch-antisemitische Reaktionsweise von Wagenknecht ist nicht vergessen:
2010 hielt Schimon Peres im Bundestag eine Rede zum Gedenken an die Opfer der NS-Zeit. Er erinnerte dabei nicht nur an die Ermordeten, sondern wies auch auf die aktuelle Bedrohung Israels durch den Iran hin. Für Sahra Wagenknecht und zwei ihrer Genossinnen war das Grund genug, demonstrativ sitzen zu bleiben, als sich alle anderen Abgeordneten nach Peres’ Rede zu stehendem Beifall erhoben.
«Einem Staatsmann, der selbst für Krieg mitverantwortlich ist, kann ich einen solchen Respekt nicht zollen», begründete sie ihr Verhalten. Wobei sie selbstverständlich toten Juden gerne ihre Reverenz erweist: «Vor den Opfern der Schoa verneige ich mich in tiefer Demut.» Auch in der eigenen Partei sorgte das für Empörung. Zuspruch kam dafür von der NPD (die AfD gab es damals noch nicht). Deren Vorstandsmitglied Jürgen Gansel lobte den «Tabubruch» der Linken-Abgeordneten, den er als «Ersatz-Knesset» bezeichnete.
Insofern muss eine heutige Kritik am demokratie- und gesundheitsgefährdenden Coronakurs sich auf problematische, aber in Coronafragen sehr fitte Linke oder konservativ-reaktionäre Burschis stützen.
Jetzt müssen wir Linken und Liberalen also hoffen, dass ein österreichischer Burschenschaftler und sehr konservativer Jurist – um das höflich auszudrücken – der österreichischen Panikindustrie und Bundesregierung den Stecker zieht. Was für eine Welt!