Wolfgang Pohrt ist tot

 Clemens Heni 

Der bekannte, ehemalige Gesellschaftskritiker und Journalist Wolfgang Pohrt ist am Dienstag Abend im Alter von 57 in Berlin im Veranstaltungszentrum Tempodrom an seinem eigenen Wort-Müll erstickt

Pohrt war Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts im vorigen Jahrtausend – um anzuzeigen, wie weit weg diese Zeit für den toten Pohrt am Dienstag Abend erschien – bekannt geworden mit Texten über „Die Wiedergeburt der Nation“ und „Von der Endlösung zu ihrer Alternative“. Mit diesen Texten war Pohrt einer der Wegbereiter einer antideutschen Linken in der BRD.

Pohrt hatte auf der Veranstaltung des Berliner Bündnisses gegen Antizionismus und Antisemitismus zusammen mit Henryk M. Broder über Deutschland 13 Jahre nach der sogenannten Wiedervereinigung sprechen sollen. Dabei hatte Pohrt noch zu Beginn ein paar wenige Lacher auf seiner Seite, als er meinte, er hätte seinerzeit eigentlich lieber einen Nachruf auf Fischer oder Scharping verfasst. Jetzt also ein Nachruf auf den un-erhörten Nachrufer selbst. So ist das Leben.

Pohrt rülpste zuerst – en passant – ein Bonmot heraus: demnach sei der antisemitisch-islamistische Massenmord im World Trade Center von New York ein „Kollateralschaden“ gewesen, ein quasi Rülpser der Geschichte 2 ½ Jahre nach der Bombardierung Jugoslawiens durch die Nato resp. die USA als ‚Hauptverantwortlichem‘. Bin Laden und al Quaida schockierten ihn nicht im mindesten. Schlimmer findet er, dass türkische Kinder Jugendliche in Stuttgart mitunter „Eintritt [von Deutschen]verlangten, um auf den Spielplatz zu gelangen“.

Dieser ganze „Ausländerhaß“ sei von der rot-grünen Bundesregieurng „hochgepuscht worden“, so Pohrt, promovierter Marxist. Was er von der Friedensbewegung und ihrer volksgemeinschaftlichen Dimension Anfang diesen Jahres halte, wurde er gefragt. „Welche Bewegung, welche Demonstration?“ „Ich weiß nicht wovon sie reden“.

Nachdem also geklärt war, dass „Pohrt“ neben dem Denken auch das „Zeitungslesen eingestellt hat“ (Broder) konnte Pohrt die mehreren Hundert Anwesenden von der Irrelevanz eines Antisemiten Möllemann oder Walser überraschen. Das anitsemitische Flugblatt, ca. 5 Millionen Exemplare !, kannte er nicht und hat es nie gelesen. „Rechtsradikalen“ Antisemitismus vorzuwerfen, wenn sie „Synagogen angreifen“, ist doch völlig einseitig, so Pohrt.

„Diese Jugendlichen“ wollen vielleicht „nur die Bundesrepublik treffen“. Das sei alles nicht so eindeutig mit dem Antisemitismus und sowieso überhaupt nichts „spezfisch deutsches“. Schaut doch nach „Belgien“.

Pohrt lehnt es ab, schon „Kindern den Holocaust einzubläuen (!)“. „Es muß auch mal Schluß sein“ sagte er und meinte die Erinnerung an Auschwitz. Geschichte sei Geschichte.

Auch ein Zwischenrufer „typisch links“, „Renegeat ,elender“, “Schlimmer als Walser“ konnte ihn überhaupt nicht irritieren und auch die beiden ModeratorInnen unternahmen nichts, um Pohrt vorm drohenden Erstickungstod zu bewahren.

Doch viel schlimmer als diese Selbst-Demontage war sein Angriff auf Broder: „Was machst du denn ohne Antisemiten, was schreibst du dann“? wollte der linke, nichtjüdische Deutsche wissen. Broder, innerlich wohl konsterniert aber nach außen cool und freundlich ob solchen Ressentiments, meinte „da fallen mir auch noch andere ein, über die ich schreiben kann“. Das war wirklich eine starke Leistung von Broder, er hätte nämlich Pohrt auch einfach als das bezeichnen können, als das er sich mit solch einer Bemerkung outete: als ganz normaler deutscher Antisemit.

Auch die Geschichte mit einem toten Jungen in Ostdeutschland [Sebnitz] sei eine „Zeitungsente“ gewesen, ehe Broder auf die rechtsextreme Virulenz in dieser Gegend zurecht verwies. Überhaupt überzeugte Broder mit zeitgeschichtlichem und auch literaturgeschichtlichem Wissen, noch dazu sprach Broder frei, entgegen Pohrt hatte Broder auf eine „spontaneistische“ Veranstaltung spekuliert.

Doch die ModeratorInnen waren nicht nur nicht spontan, sie waren auch peinlich schlecht vorbereitet, noch nicht einmal auf die Tatsache, dass Pohrt keine Informationen, die er nicht schon weiß (also fast alle Ereignisse) mehr aufnimmt und weder regelmässig TV schaut, noch Radio hört (entgegen Broder !) und schon gar keine Literatur zu sich nimmt, von analytischen Texten wie Büchern über „The Final Insult“ oder der Berliner Insulaner aus den Bahamas ganz zu schweigen, waren die „jungen naiven Leute“ (Broder) von der BGAA vorbereitet gewesen.

Dass beim Massenmord im WTC etwas „gedreht worden sein könnte“, sei doch „offenbar“ so Pohrt. Broder wußte solche Wort-Müll-Tiraden faktenreich zu kontern und verwies auf den Antisemiten Wisniewski und auf von Bülow.

Der promovierte Marxist Pohrt konnte sich an „keine deutsche Spezifik“ erinnern und will Auschwitz „Geschichte sein lassen“ – „alles wird mal Geschichte“…

„Doch daraus wird der Jude Broder bestimmt wieder eine – gut bezahlte – Geschichte machen.“

„die jüdische“ 01.10.2003 23:01