Von Dr. phil. Clemens Heni

Die Bundeszentrale für politische Bildung verlinkt kürzlich einen Artikel aus der taz von Iris Hefets, Vorstandsmitglied im Verein „Die zärtlichsten Stimmen für angewandten Israelhass“ und sieht darin offenbar Lobenswertes.

Die taz hat am 9. März 2010 einen der antisemitischsten Artikel seit dem Ende des Nationalsozialismus am 8. Mai 1945 publiziert. Er leugnet den Holocaust nicht und als Autorin ist ganz bewusst eine Jüdin gewählt worden, Iris Hefets. Gerade darin liegt das Potential für eine der modischsten, angesagtesten, ungeheuerlichsten Formen von Antisemitismus, um Meilen erfolgversprechender als jede Hetze ehemaliger SS-Männer in den 1950er und 1960er Jahren.

Diese grün-links-deutsche Mainstream-Tageszeitung aus Berlin ist bekannt für ihr Ressentiment gegen Israel und Amerika. Doch eine gleichsam pornographisch-obszöne Lächerlichmachung von Auschwitz war bislang doch eher neo-nazistischen, rechtsextremen oder rechten Medien vorbehalten. Die taz lässt eine selbst-hasserische ex-israelische Autorin schreiben:

„Mit dem hebräischen Wort ‚Schoah‘ wird in Deutschland auch die israelische Interpretation des Ereignisses übernommen. In Israel ist diese eine Art nationale Erzählung und ein Grundpfeiler des Staates, sodass sich dort jedes jüdische Kind damit identifizieren kann, selbst wenn seine Eltern ursprünglich aus dem Jemen oder aus Indien stammen. Schülerreisen nach Auschwitz, ursprünglich nur von israelischen Eliteschulen betrieben, sind heute ein fester Bestandteil jeder israelischen Postpubertätsbiografie geworden. Bevor ein junger Israeli zur Armee geht, muss er mindestens einmal Suff, Sex und eine Auschwitzreise erlebt haben. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann er seinen Armeedienst leisten und hinterher in Indien ausflippen.“

Diese autistische, im pathologischen Sinne krankhafte Abrechnung mit Israel durch die Autorin weiß irgendwie sehr wohl, welche antijüdische Bedeutung ein solcher Redeschwall für Juden und nicht-Juden hat. Zionistische Juden werden zur Treibjagd frei gegeben und die Judenhasser animiert loszuschlagen.

Der taz-Text ist ein Schenkelklopfer für Yusuf al-Qaradawi, den in Qatar residierenden Muslimbruder-Freund und Opa des islamistischen Online-Jihad, der im Januar 2009 zum Massenmord an Juden und Israeli, jedem einzelnen Juden (!) aufgerufen hat. Deutsche Nahostwissenschaftler wie Gudrun Krämer oder Bettina Gräf nennen ihn tätschelnd einen „global mufti“. Vor dem Hintergrund solcher Aufrufe zum Mord an Juden wie von al-Qaradawi am 9. Januar 2009 im arabischen Kanal von Al-Jazeera, ist die Agitation von Antizionisten im Westen zu sehen.

Die taz-Autorin hat keine Ahnung davon (oder lügt wie gedruckt), dass die Deutschen im Nationalsozialismus alle Juden ermorden wollten, auch Juden aus Jemen oder Indien, so sie derer habhaft werden konnten. Der Wahnsinn des Antisemitismus, der ihn von allen anderen Verfolgungs- und Ermordungsgeschichten der Menschheitsgeschichte trennt, ist der Mord an einem ganzen Volk. Es ist kein begrenzter Massenmord wie in Ruanda, gegen die Armenier oder in Darfur im Sudan, so unfassbar schrecklich die dortigen Morde waren und sind. Der genozidale Zug des Antisemitismus macht ihn so unvergleichlich. Genau darin liegt ein Motiv für Nazis, Neonazis, Antizionisten und deren Freunde bei der SPD in Mecklenburg-Vorpommern, der jungen Welt, der Jungen Freiheit oder eben der taz in Berlin. Es ist geradezu ein Hass auf Auschwitz, da Auschwitz das Menschheitsverbrechen darstellt und die Deutschen die Täter, Juden die Opfer waren. Erinnerungsabwehr und Israelhass Hand in Hand.

Sabine Schiffer findet wie Iris Hefets das Buch „Das Ende des Judentums“ von Hajo G. Meyer sehr gut und namentlich den Vergleich von Nationalsozialismus und Israel prima, weshalb sie mal wieder zusammen mit Prof. Wolfgang Benz, dem Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) an der Technischen Universität Berlin, auftreten wird, diesmal am 21. März 2010 in Erlangen. In Deutschland gehört nicht nur die Rede von der imaginierten „Islamophobie“ zum unverzichtbaren Bestandteil von ‚Fachtagungen‘ oder Universitätsseminaren, vielmehr wird gar der antisemitische Vergleich von Israel mit dem Nationalsozialismus von Benz goutiert, wenn er weiterhin widerspruchlos mit Schiffer auftritt. Zur Unfähigkeit ideologiekritische Antisemitismusforschung voran zu bringen kommt hinzu: Wer noch 1988 dem eigenen Doktorvater, der seinerzeit von der SS bezahlt wurde, zum Geburtstag gratuliert und bis heute den Nazi Karl Bosl nicht öffentlich abwatscht, kann sich zukünftig in der Tat sagen: „ist mein Ruf erst international ruiniert, lebt sich’s weltweit völlig ungeniert“.

So wie Schiffer mit dem „Ende des Judentums“ kokettiert haben auch Hefets, die taz und die extrem rechte Junge Freiheit einen Hass auf Auschwitz.

Sehr deutlich wird dieser Hass in einem Artikel der Jungen Freiheit im Januar 2007. Dieser Text wendet sich gegen den Historiker Prof. Dan Diner und dessen Furcht vor einem Verschwinden der Erinnerung an den „Zivilisationsbruch Auschwitz“. Titel und Untertitel dieser neu-deutschen Agitation sprechen für sich: „Hohepriester der Holocaust-Religion. Der Jerusalemer Historiker Dan Diner und seine Versuche, den Judenmord ‚zu vermenschheitlichen‘.“ Das katholische Internetportal kreuz.net unterstützt das und schreibt 2006: „Einem Christen ist es freilich nicht möglich, der Holocaust-Zivilreligion Glauben zu schenken oder ihr gar zu opfern.“ Die taz bzw. die AIK sprechen mit Hefets von einer „Pilgerfahrt nach Auschwitz. Holocaust-Gedenken ist zu einer Art Religion geworden“.

Der taz-Text ist gleichwohl ein Tabubruch. Er geriert sich, entgegen den Nazis oder Antijudaisten/christlichen Antisemiten als hyper-kritisch, da der Text von einer Jüdin geschrieben wurde, und sie insinuieren sie seien aufklärerisch, da religionskritisch, indem die Shoah nicht als Verbrechen, sondern als Mythos oder Heiligtum zerredet wird. Martin Walser wird neidisch auf diese taz-Variante des Schlussstrichs schauen.

Auch Shraga Elam hat im Jahr 2002 seinen Antizionismus und antisemitischen Vergleich von Israel mit dem Nationalsozialismus damit erläutert, es gebe eine „Holocaust-Religion“, die Kritik an Israel verhindere.

Solche antisemitischen Fantasien hat die taz also nicht erfunden – aber sie trägt sie seit dem 9. März 2010 verschärft in den Mainstream. Die taz zeigt ganz offen, was der Kern der sogenannten „Israelkritik“ heute ist: purer Antisemitismus, so primitiv wie die Junge Freiheit.

Prof. Alvin Rosenfeld von der Indiana University hat vor einigen Jahren eine Broschüre über „progressive Juden“ und den „neuen Antisemitismus“ geschrieben. Darin heißt es:

Jacqueline „Rose symbolisiert ein erschütterndes Charakteristikum des Neuen Antisemitismus, und zwar die Beteiligung von Juden an diesem, insbesondere in seiner sich als Antizionismus gebärdenden Ausdrucksform. Ihr Buch ist ein erschreckend offenes Beispiel für diese Tendenz. The Question of Zion, mehr eine Anklage denn eine Untersuchung des Themas, gewidmet »der Erinnerung an Edward Said«, ist als Spiegelbild von Saids The Question of Palestine zu verstehen. (…)

Professor [Michael] Neumann glaubt nicht nur, sondern rät sogar, »wir sollten Antisemitismus niemals ernst nehmen, ja vielleicht sollten wir unseren Spaß damit haben«. Wie viele andere Juden, möchte man fragen, werden mit ihm nach einem solchen Spaß streben? Tatsächlich gibt es eine Menge Gleichgesinnter, wie jeder, der im Internet nach »Juden gegen Israel« sucht, sehen wird. Hunderte von Einträgen erscheinen hier, die sich anhören wie Neumann; viele repräsentieren einen Antisemitismus der aggressivsten Ausformung.“

Rosenfelds Kritik des Beitrags von Juden am neuen Antisemitismus findet ungezählte Beispiele auch in Deutschland. Die taz liefert jetzt den jüngsten Beweis dafür. Doch nur ein kranker Kopf, ein im Ressentiment gegen die Wahrheit gefangener Mensch kann sagen, dass Auschwitz „heilig“ sei. Das ist so absurd, perfide, dumm und falsch, dass noch nicht mal das Gegenteil einen Hauch von Erkenntnis verspricht.

Es ist der neue Antisemitismus.

Die taz hat den wohl schlimmsten legalen, antisemitischen Artikel seit dem Ende des Nationalsozialismus in Deutschland publiziert. Holocaustleugnung war gestern das Geschäft der alten Massenmörder der SS, des SD, der Polizeibataillone, der Wehrmacht und deren Helfer nach 1945. Heute wird Auschwitz nicht direkt geleugnet, vielmehr den Opfern des Holocaust und denen, welche die Wahrheit nicht verraten oder vergessen, mit Schaum vor dem Mund ins Gesicht geschrien, dass sie Auschwitz als Religion betrachten würden. Die Kreuzberg-Grünen fühlen sich pudelwohl, wenn sie Israel isolieren und dem auf Vernichtung von Juden zielenden antisemitischen Hass der Jihadisten der arabischen Welt und zumal des Iran preis geben. Die taz agitiert gegen die einzige Demokratie im Nahen Osten und hat keine Ahnung wie sich Journalisten in Saudi-Arabien fühlen, denen eine Hand abgehackt wurde, weil sie einen Witz über Mohammed gerissen haben.

Die taz propagiert den Wohlfühl-Antisemitismus, macht sich über Auschwitz lustig, schlägt den Shoah-Opfern ins Gesicht und möchte den jüdischen Staat Israel zerstören.