Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Autor: Clemens Heni Seite 50 von 70

Amerikas 1933 und die “identitäre Demokratie” (=Faschismus)

Von Dr. phil. Clemens Heni, 20. Januar 2017

Die Rede Donald Trumps bei seiner Inauguration zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika war eine faschistische Rede. Warum? Weil sie, wie die Politikwissenschaft es nennt, die “identitäre Demokratie” beschwor, die Einheit von Führer und Volk.

Es gibt keine Parteien, Eliten und Kompromisse mehr. Nur noch den Willen des Führers, der sich im vorgeblichen Apriori des Volkes widerspiegelt. Das meint heute “identitäre Demokratie”.

Alles was er tut, der Führer, macht er nur für das Volk. Trump sieht sich nicht als Politiker, Elite oder Establishment. Sondern er ist identitisch mit dem Volk, keine Vermittlung ist nötig oder möglich. Das ist die Ideologie. Eine antidemokratische, faschistische Ideologie.

Das kennen wir aus der Geschichte, allerdings niemals aus der amerikanischen, aber der deutschen.

Der Größenwahn und der Minderwertigkeitskomplex, der aus jeder Silbe dieses narzisstischen Fanatikers spricht, sind Ausdruck wahlweise eines präbubertären oder postpubertären Entwicklungsstadiums. Darüber kann man aber nicht lachen, denn die Lobpreisung der faschistoiden bzw. faschistischen und nazistischen “identitären Demokratie” in Reinform ist das Programm von Donald Trump.

Führer und Volk als amerikanische Volksgemeinschaft, “America First” – Deutschland den Deutschen, sagt die AfD, und gegen Krieg sind auch viele linke Trumpgegner, am absurdesten in Berlin war die Teilnahme der Anti-NATO-Gruppe am Anti-AfD-Anti-Trump-Protest, die ja vielmehr Brüder und Schwestern im Geiste Trumps zu sein scheinen.

America First war die Bewegung, die einen Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg unter allen Umständen verhindern wollte. Kein Krieg gegen die Nazis und die Deutschen. Das sind die pro-nazistischen Vorbilder für Trump.

Dagegen war George W. Bush ein Freiheitskämpfer, der Freiheit und Demokratie verbreiten wollte (auch wenn das, logisch, primär die Freiheit des Kapitals ist).

Die Wortwahl und der Wortschatz des neuen US-Präsidenten sind an Primitivität nicht zu überbieten, es sind nicht mal Floskeln, eher Kampfbegriffe und Repetitionen oder das Schreien eines kleinen Jungen, der viel zu viel Macht hat. Unzivilisierter, ungebildeter, grotesker als dieser über 70jährige Mann kann man gar nicht reden. Er badet in seiner eigenen vulgären oder platten, verkümmerten Sprache und brutalen Ideologie. Er sieht sich als ersten wahren Vertreter des Volkes in Amerika jemals. Dieser Größenwahnsinn ist beängstigend, ja vollkommen schockierend.

Eine Schande für Amerika und ca. 60 Millionen Amerikaner sind für diese Schande jeweils persönlich verantwortlich. Das war zwar keine demokratische Mehrheit, aber Amerika hat eben kein demokratisches Wahlsystem.

Trumps Inaugurationsrede ist eine faschistische Rede.

Die vielleicht noch viel größere Schande oder Peinlichkeit – hier: für die Juden Amerikas und das Pro-Israel-Lager weltweit, nicht zuletzt in Deutschland – an diesem Tag war das Gebet von Rabbiner Marvin Hier vom Simon Wiesenthal Center, der Trump fast als eine Art Messias feiert, der “Zion” und “Jerusalem” retten würde.

Da hätte David Ben-Gurion aber losgeschlagen, das wäre Rabbi Hier nicht gut bekommen, auf so eine Weise den Zionismus zu diffamieren und ihn mit einem Fascho zu identifizieren und für den Faschisten zu beten. Es kam also wie erwartet.

Der neue US-Präsident ist die größte Gefahr für Amerika jemals und für den Westen und die Welt seit vielen Jahrzehnten. Trump hat von repräsentativer Demokratie nie etwas gehört, er verabscheut sie (da wird er sich mit den legalen Islamisten prima verstehen, by the way).

Er ist ein unpolitischer Kapitalist, der gerne Frauen missbraucht, Rassismus promotet und vor allem “America First” promotet. Das läuft den deutschen und europäischen Nationalisten natürlich runter wie Honig.

Trump kennt nur sich, den Führer, und die Bewegung, das Volk. Das ist Amerikas 1933.

©ClemensHeni

Der Trumpismus, die Fratze des Philoisraelismus und die Chance des säkularen Zionismus

Von Dr. phil. Clemens Heni, 19. Januar 2017

Das Simon Wiesenthal Center (SWC) aus Los Angeles wird am Freitag, den 20. Januar 2017, das Andenken an Simon Wiesenthal auf die perfideste und widerlichste Art und Weise beschmutzen. Rabbiner Marvin Hier, Gründer und Leiter des Zentrums, wird für Donald Trump auf dessen Inauguration als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sprechen und für den narzisstischen Fanatiker, sexuellen Gewalttäter, Rassisten und Superhelden amerikanischer Neonazis beten.

Simon Wiesenthal kämpfte sein Leben lang gegen Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus in Österreich. Trump ist nun ein Vorbild für die Nazis in Österreich, Deutschland, England und weiten Teilen des Westens. Wiesenthal wäre ein Hauptredner gegen Trump gewesen.

Das sehen auch viele amerikanische Rabbinerinnen und Rabbiner so und werden gegen das SWC protestieren, wie zum Beispiel der konservative Rabbiner Brent Sprodek der populären New Yorker Beacon Hebrew Alliance Synagogengemeinde. Sprodek schrieb vor wenigen Tagen einen Brief an Marvin Hier und fasste seinen Schock in Worte, dass das Simon Wiesenthal Center, das doch angeblich für Toleranz stehe, nun der puren Intoleranz, Hetze und Bigotterie den jüdischen Segen erteilen möchte. Rabbiner Sprodek kann es nicht fassen.

Die ganze Sache ist auch eine persönliche für mich als Rechtsextremismus-, Demokratie-, Antisemitismus- und Israelforscher. Ich habe Fehler gemacht und mit den falschen Leuten jahrelang gesprochen und kooperiert, ohne zu merken, was für ein falschen Spiel sie spielen. Seit 2008 habe ich die führenden Repräsentanten (alles Männer) des SWC auf vielen Konferenzen zu Israel und Antisemitismus weltweit getroffen, vom Global Forum for Combating Antisemitism, veranstaltet vom israelischen Außenministerium in Jerusalem, über Konferenzen von SPME (Scholars for Peace in the Middle East), dem Journal for the Study of Antisemitism (JSA) hin zu vielen anderen Gruppen und Initiativen, von Miami, über New York City, London, Riga, Kiew, Jerusalem, Berlin etc.

Viele Redner aus dieser Szene, der selbsternannten Pro-Israel-Szene, sprachen fast immer im klischeehaften Duktus davon, „es beginnt mit den Juden, aber es hört nicht mit ihnen auf“. Abgesehen davon, dass dies das Spezifische des Antisemitismus und nie dagewesene der Shoah kaum erfasst und zudem historisch falsch ist, da der deutsche Nationalsozialismus zuerst die Arbeiterklasse, die organisierte Arbeiterklasse ausschaltete, es also mit den Linken begann, nahm ich das mehr oder weniger ernst. Ich dachte, diese Gruppen seien tatsächlich gegen Hass, Diskriminierung, Rassismus, Sexismus, Verschwörungsmythen und natürlich gegen jede Form des Antisemitismus.

Doch diese Gruppen haben überhaupt gar kein Problem mit sexueller Gewalt gegen Frauen, mit Rassismus gegen Mexikaner, Agitation gegen Angela Merkel und ihre Flüchtlingspolitik im Herbst 2015 oder der auf die „Purifikation des Volkskörpers“ zielenden Ideologie von Trump, der Prostituierte mit „Keimen“ assoziiert oder sich über einen „stark schwitzenden“ Konkurrenten wie den Republikaner Rubio auslässt. Trump liebt Reinheit so sehr wie „Ordnung“ und „Deutschland“ und findet Merkels Flüchtlingspolitik „katastrophal“, wie er seinem Bruder im Geiste Kai Diekmann ins Mikrofon plauderte, der den Superhelden der US-Alt-Right im Trump-Tower für die BILD-Zeitung interviewte.

Trump zeigte die Fratze eines auf die Vernichtung von Behinderten zielenden Faschos, als er einen körperlich Behinderten, den Journalisten Serge Kovaleksy von der New York Times, nachmachte und dem Gespött preisgab und mit seinen Händen in der Luft herumfuchtelte. Das war der Moment, der nicht nur der Schauspielerin Meryl Streep das Herz brach. Ein unverzeihlicher Moment, weil er so „wahr“ war, so authentisch, der Kern des Trumpismus. Mehr survival of the fittest gab es seit 1945 nie. Das ist Faschismus in Amerika und die Punk-Rock Band Green Day protestierte kurz nach der Wahl Trumps auf dem American Music Awards 2016 mit einer Zeile „No Trump, No KKK, No fascist USA“.

Wiener Marxisten wie Gerhard Scheit und sein deutscher Adlatus Alex Feuerherdt vermögen hingegen in Trumps Wahlkampf und Wahlsieg einen möglichen Erfolg von Hegels „List der Vernunft“ zu sehen, was der Politikwissenschaftler Lars Rensmann so kommentierte:

„Dass Trump zwischenzeitlich eine härtere Politik gegen das iranische Regime angekündigt hat, nehmen selbst einige proisraelische Linke wie Gerhard Scheit zum Anlass, in dem vulgären Pöbler aus Queens potentiell einen »neuen Roosevelt« zu sehen und auf die ‚List der Vernunft‘ zu hoffen. Es ist der Wunsch nach Versöhnung einer unversöhnten Welt, in der der von Adorno und Horkheimer diagnostizierte herrschende Weltungeist mit Trump als designiertem US-Präsidenten sicher nicht kleiner geworden ist. (…) Die Verharmlosung eines autoritären Bullies zeugt von einer konformistischen Sehnsucht, der starke Mann werde es schon richten.“

Diese Sehnsucht nach dem starken Mann scheinen auch manche Juden zu haben, wie der israelische Innenminister Arye Deri, der in Trumps Wahlsieg den Beginn des messianischen Zeitalters am Horizont aufleuchten sieht. Die Teilnahme des Simon Wiesenthal Centers an Trumps Inauguration zeigt ebenso das Einverständnis weiter Teile der amerikanischen Pro-Israel-Szene mit dem Sexismus, Rassismus, Narzissmus und turbokapitalistischen Fanatismus wie kaum verstecken Faschismus des neuen US-Präsidenten.

Mehr noch: Die jährliche Liste der angeblich zehn schlimmsten antisemitischen und antiisraelischen Beleidigungen oder Beschuldigungen, die vom SWC seit einigen Jahren am Ende des Jahres publiziert wird, zeigt wie fanatisch dort agiert wird. Die Liste von 2016 hat auf Platz eins die Obama-Administration. Warum? Weil Obama sich bei einer Abstimmung im UN-Sicherheitsrat, bei der Resolution 2334 enthalten habe. In dieser Resolution wird Israel explizit anerkannt. Hingegen werden die Siedlungen im Westjordanland attackiert und als Friedenshindernis betrachtet.

Nun ist bekannt, dass die UN auf obsessive Weise Israel und den arabisch-israelischen bzw. israelisch-palästinensischen Konflikt thematisieren, während andere Konflikte kaum beachtet werden. Dieser doppelte Standard ist bekannt und zu kritisieren. Aber diese spezielle Resolution 2334 soll auf Platz 1 der antisemitischsten und antiisraelischsten Ausfälle des Jahres 2016 stehen – das Cover der Broschüre des SWC mit dieser Top-Ten-Liste zeigt ein Graffiti, das „Kill the Jews“ zeigt. Möchte eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, die Israel mehrfach und explizit anerkannt, wie der Journallist J.J. Goldberg vom Forward unterstreicht, Juden ermorden? Nein, das will sie natürlich nicht. Das ist ausschließlich dem Fanatismus des SWC und weiter Teile der selbst-ernannten Pro-Israel-Szene in USA, Europa und Israel geschuldet.

Die israelische Intellektuelle und Politologin Einat Wilf bringt das am 17. Januar 2017 in einem Kommentar glasklar auf den Punkt: Exakt diese Resolution 2334 zeigt an, was die Welt bereit ist, zu akzeptieren, und was nicht. Israel als souveräner jüdischer Staat wird bejaht, die Verneinung eines palästinensischen Staates wird nicht toleriert. Einat Wilf geht noch einen entscheidenden analytischen Schritt weiter: Gerade diese Resolution bekräftigt den säkularen Zionismus, den Zionismus von David Ben-Gurion und der Gründergeneration des jüdischen Staates.

Es geht um jüdische Souveränität, nicht um das Land. Die Zionisten stimmten dem Teilungsplan der UN vom 29. November 1947 zu, obwohl der Plan nur gut die Hälfte des Landes den Juden geben wollte, ohne Jerusalem. Aber der Kern für den Zionismus war eben gerade nicht die Größe des Landes oder Jerusalem, sondern die jüdische Souveränität. Juden sollten endlich einen eigenen Staat haben und nicht mehr von dem Wohlwollen der Nicht-Juden abhängig oder den Vernichtungsaktionen ausgesetzt sein. Wilf betont, es gebe derzeit einen massiven Kampf in Israel zwischen der „Zionismus-für-das-Volk“-Fraktion versus der „Zionismus-des-Landes“-Fraktion, also zwischen den weltlichen und den religiösen jüdischen Israelis. Die UN steht weiterhin hinter Israel als jüdischem Staat, wie schon am 29.11.1947. Das als Antisemitismus zu diffamieren, wie es das SWC tut, zeugt von einem Realitätsverlust.

Israel wurde in der ersten hebräischen Stadt ausgerufen, Tel Aviv.

Wie Einat Wilf nachdrücklich betont, geht es dem säkularen Zionismus, den sie selbst als ehemalige Knessetabgeordnete auch außerhalb des Parlaments lautstark vertritt, um das Land und nicht die Religion oder „heilige“ Stätten. Israel zeigt doch gerade, dass Juden eine Nation sind, und nicht primär eine Religionsgemeinschaft. Ben-Gurion und viele andere Gründerinnen und Gründer des Staates waren völlig ungläubig. Ben-Gurion hatte keine Mezuzah an seiner Tür.

Insofern war gerade die von Fanatikern wie dem Simon Wiesenthal Center und seinen Sprachrohren auch in Deutschland oder der Jerusalem Post als „antisemitische Beleidigung“ disqualifizierte Enthaltung der Obama-Administration bei der Resolution 2334 kein Fall von Antisemitismus, sondern ein Beispiel für die Bejahung des säkularen Zionismus!

Die Feinde Israels heißen Trumpismus und Philoisraelismus, wo noch jeder Nazi, alle Trumpwähler*innen oder die AfD und Politically Incorrect (PI) mit der Israelfahne wedeln können, da Israel nicht als Zeichen jüdischer Souveränität, säkular-zionistisch, sondern als Bollwerk gegen „den“ Islam gesehen wird. Viele lechzen geradezu danach, Muslime zu provozieren, den Konflikt zu einem Religionskrieg auszweiten und außer Kontrolle geraten zu lassen. Das betrifft die extrem rechten Agitatoren in Europa wie USA, aber auch die Siedler wie die Islamisten.

Es geht in Israel um jüdische Souveränität, um einen jüdischen und demokratischen Staat, nicht um die Größe des Landes und nicht um die Religion. Das zeigt die Geschichte der Gründung des Judenstaates, die weltoffene und demokratische Idee des säkularen Zionismus.

Nie wurde das Gedenken an Simon Wiesenthal so beschmutzt wie durch die Teilnahme an Trumps Inauguration von Rabbi Marvin Hier vom Simon Wiesenthal Center aus Los Angeles am 20. Januar 2017 in Washington, D.C.

Das ist ein Wendepunkt der Israelsolidarität. Entweder wir kämpfen für jüdische Souveränität und den säkularen Zionismus oder wir diffamieren pro-israelische Resolutionen und beten für sexuelle Gewalttäter und Faschisten.

©ClemensHeni

Was Hitler anti-capitalist? Are liberals fascists? Fantasies by contemporary scholars, politicians and journalists

Von Dr. phil. Clemens Heni, 29. Dezember 2016

Times of Israel (Blogs)

October 3, 2016, the German “Re-Unification Day” was held in the Saxony capital Dresden. Dresden is infamous for the right-wing extremist Pegida movement (“Patriots against the Islamization of the Occident”). On that day, one of the most pro-Nazi and anti-establishment rallies in recent decades took place in Dresden, with hundreds of aggressive “protesters,” verbally attacking and threatening the entire political and cultural elite that had gathered in that city.

One “protester” had a sign with a Nazi Party quote from Joseph Goebbels, indicating that the Nazi movement is left and against the “bourgeois national bloc.” Goebbels, in his 1929 fiction “Michael,” promoted Nazi ideology, based on anti-Semitism and unity. Self-sacrifice was a core element for him, and he wrote, “the Jew has no understanding [for the self-sacrifice for a goal].”[i] In his 1925 pamphlet “Nazi-Sozi”, Goebbels wrote, “Marxism will die, for nationalism to prosper.”[ii]

After the Holocaust, many people are eager to distort German anti-Semitism. Post-colonial theory is one crucial aspect, equating colonialism, imperialism, capitalism, and their cui bono to the senselessness of the Shoah. This Holocaust universalization is common among many people and scholars.

Others equate red and brown, like the infamous Prague Declaration, as Professor Dovid Katz from Lithuania has shown in uncounted pieces and lectures since 2008. Most recently, some people equated the horrible situation in Aleppo, Syria, to the Holocaust. Among those who did so, is the Muslim Brotherhood, like its Mahmoud Ezzat, but also the leading German-Jewish weekly Jüdische Allgemeine and its author Michael Wuliger. Leading German daily Süddeutsche Zeitung compared Stalingrad to Aleppo – Stalingrad is THE Second World War trauma for all proud ordinary German families.

Today, we can find the trope that Hitler, Stalin and Putin are equal by a leading German revisionist politician, Erika Steinbach, former head of the “Federation of Expellees,” who has not too many friends in Poland. Until the 1990s, if not later, she rejected Poland’s western border, the Oder-Neisse border. She is known for obfuscating Nazi Germany and right-wing extremism. For her, Hitler, Stalin and Putin were “socialists,” as she once tweeted. Before, Steinbach already argued that Hitler and the Nazis were “socialist” and “left.” Several scholars and authors of course rejected this absurd trope in 2012 and 2014.[iii] But Steinbach, who since 1990 is a member of Parliament (the German Bundestag) and a member of a leading body of Angela Merkel’s Christian Democratic Union, has followers in the UK and the US, or she is following them, directly or indirectly.

Take Jonah Goldberg as an example, a senior editor at the National Review. In 2008, I have seen his New York Times #1 Bestseller “Liberal Fascism” at an airport bookstore in New York.[iv] Airport bookstores usually just offer a tiny amount of books, most often bestsellers. For Goldberg, Hitler was a “man of the left” as one chapter reads. Here is a quote from the promotion for the book on the cover by the publisher Doubleday, which is a company of the world leading publishing house Random House:

“The quintessential liberal fascist isn’t an SS storm trooper; it is a female grade-school teacher with an education degree from Brown or Swarthmore.”

This sounds like Breitbart News, Trump or Frontpage Magazine, but the quote is from Goldberg. This outrageous statement is a trivialization of the Shoah. It is also a typical misogynist or antifeminist trope. It indicates that misogynist ideology has a very long history in America (and around the world) and was not an invention by Donald Trump. Comparing a female liberal to the SS is not criticism of supposedly liberal anti-Zionism or the failure to deal with jihad after 9/11 – this is claptrap and male propaganda. It obfuscates intentionally what happened in Auschwitz and Sobibor in order to defame liberals. Goldberg and his followers have done huge damage to the pro-Israel and anti-Islamism camp in our post-9/11 world by distorting Nazi Germany and the Holocaust for political, extreme right-wing purposes.

For him and many of his allies the left is more or less fascist and even Hitler and the Nazi Party were leftist, despite facts and historical accuracy. There was no party more on the extreme right-wing than the NSDAP (Nazi Party) in the Weimar Republic. If Goldberg was interested in the politics of the Nazis in Weimar Germany, he could now read the doctoral dissertation by historian Susanne Wein at Free University Berlin.[v] This groundbreaking study shows the antidemocratic, anti-Semitic and anti-leftist policies of the Nazis, particularly aiming at the Social Democrats and Democrats.

Historian Brendan Simms from Cambridge in the UK is a book author, academic advisory board member of the Human Security Center in London and is President of the Henry Jackson Society in London. He argues in a similar vein than Erika Steinbach or Jonah Goldberg. For Simms, anti-Semitism was not the core of Hitler’s ideology, but a result of his “anti-capitalism.”[vi]  In an article in International Affairs in March 2014, he wrote a summary of his approach.[vii] His outdated research becomes obvious at the beginning of his article, on page three:

“Very little is certain about Hitler’s political views before he left for the war. Given his cordial childhood personal relations in Linz with the family’s Jewish doctor Eduard Bloch, whom Hitler respected—and with several Jews in Vienna—and the absence of any other contemporary evidence, it is unlikely that he was particularly anti-Semitic.”[viii]

In another piece in 2014, Simms writes:

“Adolf Hitler, for example, came to anti-Semitism via anti-capitalism, particularly of the ‘international’ Anglo-American variety, which he accused of reducing post-First World War Germany to the status of a ‘colony’. Senior figures on the Left saw the connection to anti-capitalism: the German Social Democrat leader August Bebel referred to anti-Semitism as a form of socialism, albeit ‘a socialism of fools’.”

Brendan Simms is not just a follower of the very old fashioned Great Man Theory, which dates back to the 19th century and was never ever really fascinating, as it ignores that a society is based on much more than just one person, regardless if it is someone like Hitler or not. However, Simms completely fails to understand anti-Semitism when he claims that Hitler cannot have been too much an anti-Semite prior to 1914 because of the Jewish doctor of his family. This is ridiculous, as scholarship has shown. Ignoring the entire scholarship on German anti-Semitism and Nazi anti-Semitism — take Robert Wistrich,[ix] Daniel Goldhagen,[x] Saul Friedländer,[xi] Yehuda Bauer[xii] or Jeffrey Herf[xiii] as examples who dealt extensively with the topic of Nazi anti-Semitism – Brendan Simms writes the following:

“The ‘Gemlich letter,’ which is the first surviving political text of any length by Hitler, has been picked over by generations of historians, but they have almost invariably focused on Hitler’s presentation of the Jewish problem as a racial  issue — a ‘racial tuberculosis of the peoples’ (Rassentuberkulose der Völker) — rather than a question of mere personal distaste. They have also emphasized his belief that the Jews had been ‘driving forces of the revolution’ (die treibenden Kräfte der Revolution) that had laid Germany low. What has been almost entirely missed is the fact that Hitler’s initial anti-Semitism was profoundly anti-capitalistic, rather than anti-communist, in origin.”[xiv]

That kind of downplaying and obfuscating of anti-Semitism is remarkable. Jew-hatred and genocidal anti-Semitism as form of “personal distaste”? This is bordering to a complete denial of the genocidal dimension of anti-Semitism, the lethal obsession – for Simms just a personal distaste of Hitler?

This obfuscation of anti-Semitism might be the reason why Brendan Simms has so many fans in Germany, including daily newspapers who praised his article, like Die Welt[xv], the Frankfurter Allgemeine Zeitung[xvi] and Der Tagesspiegel[xvii]. Simms thanks several colleagues for their advice, the best known among them is German historian Wolfram Pyta. Again, Brendan Simms wants to rewrite history and to indoctrinate his students with foolish arguments like the one, Hitler was anti-capitalist, anti-British/anti-American and then anti-Semitic:

“In short, Hitler became an enemy of the British — and probably also of their American cognates — before he became an enemy of the Jews. Indeed, he became an enemy of the Jews because of his hostility to the Anglo-American capitalist powers.“[xviii]

This is not true and is again bordering to the denial of anti-Semitism as an ideology sui generis. Brendan Simms represents a substantial part of UK and America based conservatism and neo-conservatism that is so extremely full of hatred of the left that they ignore scholarship and promote the most absurd theories. Downplaying of anti-Semitism as central element of German (and Hitler’s) ideology is at the core of that right-wing ideology and a master example of how not to study anti-Semitism.

Brendan Simms‘ fantasy about England, America and capitalism being at the core of Hitler’s and therefore the National Socialist movement’s ideology can also be rejected if we look at the debates in the Weimar Reichstag in the 1920s. Susanne Wein has shown the importance of all kinds of anti-Semitic speech, whether open or coded, by the nationalist parties, the conservatives, the German National People Party (DNVP) and the Nazi Party itself (NSDAP). She has no blind eye on anti-Semitic speech and tendencies in some parts of the left-wing parties like the Communist Party (KPD) and the Social Democrats (SPD). She emphasizes, though, that the Nazis and DNVP, were the main enemy of Jews, democracy, and that Hitler was a man of the Far Right.[xix]

At the time, Social Democrats were considered and considered themselves as socialist, by the way.  The quote from the cover of Goldberg’s book indicates that he has no idea what he is talking about: the term “SS storm trooper” is a misnomer. SS storm troopers did not exist. He confuses “Sturmabteilung” (SA storm troopers) with the SS, which means “Schutzstaffel” or protection unit.

Every historian who ever studied Nazi Germany knows the difference between the SA and the SS during National Socialism. Of course this might just be a linguistic problem and Goldberg confused SA and SS — but a serious writer, let alone a historian, should not confuse the both of them, although both were of course core elements of the Nazis, before and after 1933. While the SA was imperative to kill leftists and the political enemy prior to 1933, the SS became a core opponent of the SA after 1933 and the leading organization for the Holocaust.

The SS wanted to ‘protect’ the Germans from ‘the Jew’, and Nazis indeed feared in a pathological way that “the” Jew rules the world, both capitalism and communism, and Germans and Nazis to some degree even feared that they were Jewish inside (!). Just read one of the leading Nazi anti-Semites, who later became an Egypt based Muslim, Johann von Leers, who wrote about the necessity to ‘dejudaize Germany from within’, including the mind of Nazi Germans.[xx] All this was based on a long history or extreme right-wing German and Austrian anti-Semitic and nationalistic ideology, going back to the 19th century if not before. Von Leers liked America but saw ‘the Jew’ behind all evil in America and Roosevelt driven by Jewish power.[xxi] So much about Goldberg’s fantasy that Hitler and the Germans were driven by hatred of the West, England and America, and therefore became anti-Semitic. It is vice versa.

For those interested in a serious analysis of the origins of National Socialism, I’d like to remind you to the concept of “German Socialism.” “German Socialism” was based on capitalism, private property and small business (and sometimes big German business as well, take Mercedes, Deutsche Bank, IG Farben, Krupp, Thyssen etc.) and a strong state. An essential component was anti-Semitic resentment against the international big trusts and ‘finance capital’ while embracing the “German worker” and in particular the German middle class and the German peasants of course. National Socialism was about capitalism, German way, based on anti-Marxism as Klaus Fritzsche has shown in 1976 in his study of the “Tat-Kreis” around Hans Zehrer.[xxii] One could also analyze the völkisch concept of socialism and anti-Roman thinking by Ernst Niekisch and his German-Protestant national revolutionaries, whose main enemy was ‘the Jew’ and the working class likewise.[xxiii]

In my doctoral dissertation in 2007 about today’s New Right, German political culture and Henning Eichberg, a leading theorist of the New Right since the late 1960s, I myself [xxiv] dealt with the anti-Semitic ideology of Joseph Goebbels in his Nazi pamphlet Der Nazi-Sozi from 1926, which was a major anti-Semitic booklet and portrayed Jews as “flea.”[xxv] Here you can find the eliminationist Nazi ideology even prior to National Socialism as a state.

As already said, Hitler grew up politically in his Vienna years prior to World War I. As book authors Friedrich Paul Heller and Anton Maegerle have shown in 1995,[xxvi] the völkisch occultism was a core element of Nazi ideology. Just think of people like Guido von List, who once buried several bottles in the form of a swastika at a place dedicated to remember the Germanic victory over the Romans in the year 9 CE (the Varus Battle).[xxvii] Capitalists like the owner of a Prague metal cooperation, Friedrich Oskar Wannieck, were members of the 1908 established Guido-von-List-Society. No meat, no alcohol and no smoking were essential components of Hitler and parts of the völkisch movement.[xxviii] Or recall Jörg Lanz von Liebenfels, who founded the racist Ostara journal. Hitler himself admitted in Mein Kampf that he bought one of his first anti-Semitic pamphlets during his Vienna time.[xxix] Hitler was also joining meetings of the “Ordi novi templi,” which was founded by Lanz von Liebenfels in 1900. Members were not allowed to even touch Jews without using a sword.[xxx]

This gives you a first insight view of Hitler’s anti-Semitic circles, friends, allies and ideological points of departure. Before the First World War Hitler was an anti-Semite. Brendan Simms ignores scholarship in that respect, which is remarkable for a professor at Cambridge. Looking at people like Erika Steinbach or Jonah Goldberg, though, Simms indicates a trend in contemporary distortions of anti-Semitism and the rise of anti-Semitism, Hitler’s ideology and the Nazi movement.

[i] Joseph Goebbels (1929): Michael. Ein deutsches Schicksal in Tagebuchblätter, quoted after Claus-Ekkehard Bärsch (1995): Der junge Goebbels. Erlösung und Vernichtung, Munich (Klaus Boer), 126.

[ii] Joseph Goebbels (1926)/1930: Der Nazi-Sozi. Fragen und Antworten für den Nationalsozialisten, Munich (Verlag Frz. Eher Nachf.), 23.

[iii] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/steinbach-eklat-auf-twitter-die-nazis-waren-eine-linke-partei-a-812950.html (accessed December 27, 2016).

[iv] Jonah Goldberg (2007): Liberal Fascism. The Secret History of the American Left from Mussolini to the Politics of Meaning, New York: DoubleDay (Random House).

[v] Susanne Wein (2014): Antisemitismus im Reichstag. Judenfeindliche Sprache in Politik und Gesellschaft der Weimarer Republik, Frankfurt/Main: Peter Lang.

[vi] http://www.standard.co.uk/comment/brendan-simms-antisemitism-is-an-international-threat-once-again-9087757.html (accessed May 13, 2014).

[vii] Brendan Simms (2014): Against a ‘world of enemies’: the impact of the First World War on the development of Hitler’s ideology, International Affairs, 90: 2 (2014), 317–336.

[viii] Simms 2014, 320.

[ix] Robert S. Wistrich (2016): Der antisemitische Wahn, Berlin (Edition Critic); Robert S. Wistrich (2001): Hitler and the Holocaust, New York: Modern Library Chronicles Book.

[x] Daniel Jonah Goldhagen (1996): Hitler’s Willing Executioners: Ordinary Germans and the Holocaust, New York: Knopf.

[xi] Saul Friedländer (2007): The Years of Extermination. Nazi Germany and the Jews, 1939–1945, New York: HarperCollins.

[xii] Yehuda Bauer (1978): The Holocaust in Historical Perspective. The Samuel and Althea Stroum Lectures in Jewish Studies, Seattle: University of Washington Press; Yehuda Bauer (2001): Rethinking the Holocaust, New Haven: Yale University Press; Yehuda Bauer (2010): “Remembering accurately on International Holocaust Remembrance Day,” January 25, Jerusalem Post, http://www.jpost.com/Features/InThespotlight/Article.aspx?id=166776 (accessed August 29, 2012)

[xiii] Jeffrey Herf (2006): The Jewish Enemy. Nazi Propaganda during World War II and the Holocaust, Cambridge (MA)/London: The Belknap Press of Harvard University Press.

[xiv] Simms 2014, 329–330.

[xv] Sven Felix Kellerhoff (2014): Hasste Hitler “den” Westen mehr als “die” Juden?, 14 March 2014, http://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article125813854/Hasste-Hitler-den-Westen-mehr-als-die-Juden.html (accessed December 27, 2016). Kellerhof insinuates, „it might time for new questions“ concerning Hitler and antisemitism: „Thomas Weber ist denn auch vorsichtig: ‚Ob sich Simms’ Forschungsergebnisse und Hypothesen nun teilweise oder ganz bestätigen‘, schreibt er in der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘, sei nicht entscheidend: ‚Sie werden grundlegend und bahnbrechend die Art und Weise verändern, wie wir über Hitler denken.‘ Gut möglich, dass sich daraus ein neuer veritabler Historikerstreit entwickelt. Denn Hitler und speziell die Ursachen seines Antisemitismus sind von entscheidender Bedeutung für die Gesamtgeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. Eine halbe Generation nach Ian Kershaws zweibändiger Hitler-Biografie könnte es Zeit sein für neue Fragen.“

[xvi] Thomas Weber (2014): Die Quellen seines Hasses, 14 March 2014, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/die-quellen-seines-hasses-woher-kam-hitlers-antikapitalismus-12845914.html (accessed December 27, 2016).

[xvii] Malte Lehming (2014): Über links, rechts, Klassen und Rassen hinweg, 14 April 2014, http://www.tagesspiegel.de/meinung/
antiamerikanismus-und-antisemitismus-ueber-links-rechts-klassen-und-rassen-hinweg/9747690.html (accessed December 27, 2016).

[xviii] Simms 2014, 330.

[xix] Wein 2014.

[xx] Johann von Leers (1941)4: Rassische Geschichtsbetrachtung. Was muß der Lehrer davon wissen, Langensalza/Berlin/Leipzig: Verlag von Julius Beltz.

[xxi] Johann von Leers (1942)3: Kräfte hinter Roosevelt, Berlin: Theodor Fritsch Verlag (first edition 1940).

[xxii] Klaus Fritzsche (1976): Politische Romantik und Gegenrevolution. Fluchtwege in der Krise der bürgerlichen Gesellschaft: Das Beispiel des ‚Tat‘-Kreises, Frankfurt/Main: Suhrkamp.

[xxiii] Michael Pittwald (2002): Ernst Niekisch. Völkischer Sozialismus, nationale Revolution, deutsches Endimperium, Cologne: PapyRossa.

[xxiv] Clemens Heni (2007): Salonfähigkeit der Neuen Rechten. ‚Nationale Identität‘, Antisemitismus und Antiamerikanismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland 1970–2005: Henning Eichberg als Exempel, Marburg: Tectum, 135–150.

[xxv] Joseph Goebbels (1930): Der Nazi-Sozi. Fragen und Antworten für den Nationalsozialisten, Munich: Frz. Eher Nachf. (first edition 1926).

[xxvi] Friedrich Paul Heller/Anton Maegerle (1995): THULE. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten, Stuttgart: Schmetterling.

[xxvii] Heller/Maegerle 1995, 20.

[xxviii] Heller/Maegerle 1995, 20.

[xxix] Heller/Maegerle 1995, 22–23.

[xxx] Heller/Maegerle 1995, 23–26.

©ClemensHeni

Stalingrad, #Aleppoholocaust, „Putins Vernichtungskrieg“, „monströser Zivilisationsbruch“ – Süddeutsche Zeitung, Muslimbrüder, Volker Schlöndorff und die Jüdische Allgemeine hyperventilieren oder: Die Wiedergutwerdung der Deutschen in Aleppo

 

Am 15. Dezember 2016 schreibt der Publizist Michael Wuliger in der Wochenzeitung des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Jüdischen Allgemeinen:

„Genozid. Die »Weltgemeinschaft« hat in Aleppo wieder einmal bewiesen, dass sie zu nichts nutze ist. Für Juden ist das keine Überraschung. 1938 fand im französischen Évian eine internationale Konferenz statt, um die verfolgten Juden aus Hitler-Deutschland zu retten. Es kam dabei dasselbe heraus wie jetzt bei den internationalen Syrien-Gesprächen in Genf und Paris: erst nichts und dann ein Genozid. Israel hat diese Lektion gelernt. Es weiß, dass es alleine auf sich selbst vertrauen kann. Nach Aleppo werden das vielleicht einige Menschen mehr verstehen.“

Ein führendes Mitglied der Muslimbruderschaft oder Ikhwan, Mahmoud Ezzat, wendet sich am 3. Oktober 2016 gegen den „Aleppo holocaust“ und bezeichnet Israel bzw. „die Zionisten als die perfideste der kolonialistischen Mächte der Welt“ und preist alle Feinde Assads in Syrien als Revolutionäre, das Paradies sei sicher, Gott sei bei und die Muslimbrüder hinter ihnen. Es gibt auch einen Hashtag mit #Aleppoholocaust.

Der „Diplom-Journalist“ und Korrespondent der Süddeutschen Zeitung (SZ) im Nahen Osten aus Kairo, Paul-Anton Krüger, schreibt in der SZ vom 29.11.2016 (Online schon am Abend zuvor): „In Aleppo steht ein monströser Zivilisationsbruch bevor“. Nicht nur ein „Zivilisationsbruch“, wie es Auschwitz und die Shoah war, nein, adjektivisch überhöht, ein „monströser Zivilisationsbruch“. Demnach ist ein Zivilisationsbruch an sich nicht unbedingt oder gar nicht monströs. Die SZ legt mit Joachim Käppner nach und redet auch von „Belagerungen von Stalingrad bis Aleppo“. Da kennen sich die Deutschen natürlich hervorragend aus und werden besonders traurig, nachdenklich und einfühlsam.

Es ist schrecklich und unerträglich, was im syrischen Aleppo die letzten Tage, Wochen und Monate passiert. Eine Übermacht an russischen Kriegsflugzeugen und syrischen wie iranischen bzw. iranisch finanzierten Bodentruppen bekämpft sog. „Rebellen“, Anti-Assad-Kämpfer, worunter auch Islamisten und Jihadisten sind (sunnitische). Da der syrische Präsident Assad ein Verbündeter des islamistischen Regimes in Teheran ist, ist dieser Krieg auch ein Krieg des führenden antisemitischen Regimes unserer heutigen Welt. Die jüngsten Massaker an dutzenden Zivilist*innen durch Truppen Assads schockieren die Welt.

Was jetzt aber passiert ist ein typisches 2.0.-Phänomen: angesichts der Gleichzeitigkeit von Verbrechen und Zuschauen wächst die Wut, Hilflosigkeit und Rage. Und da sind dann die spontanen Reaktionen bezeichnend. Da wird nicht etwa gegen den Krieg Putins demonstriert, sondern es muss gleich „Putins Vernichtungskrieg“ sein. So heißt es in einem Aufruf zu einer Kundgebung vor der Russischen Botschaft in Berlin:

Schluss mit dem Massenmord in Aleppo!

Ungeheuerliches geschieht ihn Syrien.
Für seinen Traum von neuer imperialer Größe überzieht Präsident Putin die Stadt Aleppo mit einem mörderischen Bombenkrieg. Ganze Stadtteile liegen in Schutt und Asche, gezielt werden Krankenhäuser und Schulen bombardiert und die Lebensadern der Stadt blockiert. Für Putin und den Schlächter Assad sind Hunderttausende von Menschen, die noch im Ostteil Aleppos leben – Frauen, Kinder, Alte, Schwerverletzte und auch Rebellen, die einmal friedlich für mehr Freiheit und Demokratie in Syrien demonstrierten – nichts als Terroristen und Isis-Kämpfer. Ganz offen werden sie jetzt mit „Vernichtung“ bedroht, falls sie sich nicht fügen und die Stadt verlassen.
Die Welt schaut entsetzt und tatenlos zu. Friedensfreunde aller Fraktionen, wo bleibt ihr? Warum redet ihr nicht von Putins Schande? Wo ist die Linke, die den Pazifismus wie eine Monstranz vor sich herträgt und jeden Kriegseinsatz der NATO scharf verurteilt? Wie erträgt die AfD, die inzwischen ihr Herz für den „großen Führer“ Putin entdeckt hat, ihre Blindheit? Verbrechen gegen die Menschlichkeit bleiben Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auch wenn sie von russischer Seite begangen werden. Putins Vernichtungskrieg gegen Aleppo ist „lupenreiner“ Massenmord!
Bürger Europas! Tragt eure Empörung vor die russischen Botschaften, bevor Aleppo endgültig dem Erdboden gleichgemacht ist.

Kundgebung: Schluss mit dem Massenmord in Aleppo!
Mittwoch, 7. Dezember 2016, 13 Uhr, Russische Botschaft, Unter den Linden 63-65, 10017 Berlin

Isabelle Azoulay
Ava Azoulay
Friedrich Christian Delius
Frank Herterich
Horst Mergener
Reinhard Mohr
Isabell Serauky
Michael Naumann
Volker Schlöndorff
Peter Schneider
Ulrich Schreiber
Beate Wendenburg
(alle Berlin)

Was war nochmal der „Vernichtungskrieg“, jener der Deutschen und der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg? Richtig, das war der größte Feldzug aller Zeiten, das „Unternehmen Barbarossa“, das am 22. Juni 1941 mit dem Überfall der Deutschen auf die Sowjetunion startete.

Dieser Aufruf hingegen trieft nur so von Reinwaschung der deutschen Verbrechen. Der Ausdruck „Putins Vernichtungskrieg“ kommt aus dem tiefsten Inneren der deutschen Seele. Wenn Hitler und Putin ähnliche schlimme Vernichtungskriege führten, ja heute sogar, so die SZ, die größte Tageszeitung im Land muss es doch wissen, ein „monströser Zivilisationsbruch“ drohe, dann war also die Shoah nicht einzigartig und unfassbar, sondern womöglich nur ein Holocaust unter anderen. Wir kennen das aus postkolonialer Ideologie („Kaisers Holocaust“, der geschichtsrevisionistischen, abstoßenden Ideologie sind da kaum Grenzen gesetzt), reaktionären Familienideologen („Abtreibungsholocaust“), Trends bei Publizisten, Neonazis und besorgten Bürgern („Bombenholocaust“, „Vertreibungsholocaust“) und so weiter und so fort.

Heute werden Kriegsvorgänge und Kriegsverbrechen in Echtzeit übermittelt und die Weltgemeinschaft schaut tatenlos zu. Das ist schrecklich. Es handelt sich aber um einen politischen Kampf um die Macht in Syrien, seit über fünf Jahren wird er militärisch geführt.

In den letzten Tagen passierten offenbar auch fürchterliche Massaker, wo dutzende Menschen ermordet wurden. Das – ist – kein – Genozid. Nicht jedes Verbrechen ist ein Genozid. Doch das will niemand hören. Die Aufregung ist brüllend und jeder, der mal nachdenkt und innehält, ist ein Verbrecher im Geiste. Doch nicht jeder, der diese unerträglichen Übertreibungen und Lügen kritisiert, ist deshalb Ken Jebsen, Jürgen Todenhöfer oder auch nur ansatzweise auf der Seite Putins oder Assads, neben den Jihadisten die beiden Haupt-Verbrecher in diesem blutigen Konflikt.

Im Fernsehen werden junge verschleierte Frauen gezeigt, die auf Englisch in nachvollziehbarer Panik reden, aber in nicht nachvollziehbarer Weise davon fabulieren, es würde ein „Genozid“ in Aleppo passieren. Das ist nicht der Fall. Möchte sie insinuieren, Muslime seien Opfer eines Genozids? Wie das? Auf beiden Seiten stehen Muslime und Assad kämpft und mordet gegen politische Gegner. Wir haben es mit Millionen von syrischen Flüchtlingen zu tun, alleine in Deutschland kamen schon Hunderttausende an.

Während des Krieges der Wehrmacht konnten so gut wie keine Juden Deutschland und Europa noch verlassen. Und jene, die es verließen, wurden nicht selten wieder abgewiesen, von Amerika oder England (in Palästina). Wir reden hier über Flüchtlinge, syrische, die zu Millionen weltweit Aufnahme und Zuflucht finden, in der Türkei, Deutschland, Jordanien, und vielen anderen Ländern. Und hier dann von Nazis, Pegida, der AfD und den sie befeuernden Blogs attackiert werden. Es sind schreckliche Zustände für die Flüchtlinge, in Syrien, auf der Reise und dann auch noch hier. Sehr viele sind traumatisiert aus Syrien hierhergekommen (und viele Sozialarbeiter oder „Fallbetreuer*innen“ merken das gar nicht, von Ausnahmen abgesehen).

Juden brauchten keine Sozialarbeiter mehr, keine Hilfslieferungen und keine Hashtags. Der Holocaust hat unfassbare Quoten von Ermordeten, 95% der Juden Litauens wurden ermordet. In Syrien wird überhaupt gar keine spezifische Gruppe von Menschen aus ethnischen Gründen selektiert, deportiert und deshalb massakriert. Der Holocaust war kein Bevölkerungstransfer, wie er jetzt womöglich in Teilen in Aleppo passiert, wo Tausende Kämpfer und Zivilisten freies Geleit in andere Gegenden bekommen, aber somit auch Aleppo den Assad-Truppen überlassen müssen. Das ist schrecklich, aber kein Genozid.

Dass es in Kriegen Kriegsverbrechen gibt, ist schockierende Wirklichkeit seit Tausenden von Jahren. Der Krieg der Wehrmacht, der tatsächlich ein Vernichtungskrieg war und wahllos ganze Dörfer hinmetzelte und den Rahmen für die Shoah gab, ist in einer völlig anderen Kategorie. Das erwähnen, ja betonen zu müssen angesichts solch unfassbarer Propagandalügen wie sie die Muslimbrüder, Hashtags und selbst die Jüdische Allgemeine in den Raum werfen, zeigt an, in was für einer wahnwitzigen Welt wir leben.

Die Bewohner*innen im Osten konnten sich auch nicht entscheiden, für oder gegen die Wehrmacht zu sein, sie wurden so oder so ermordet, wie der Chefhistoriker und Ausstellungsleiter der „Wehrmachtsausstellung“, Hannes Heer, 1995 schrieb.[i]

Assad und Putin sind Machtmenschen, wie der Iran, ohne den irrationalen Zug des islamistischen iranischen Regimes außer Acht zu lassen. Assad und Putin wollen Gebietsgewinne und politische Stabilität. Das ist nicht mal annähernd mit dem zu vergleichen, was im Holocaust passierte.

Der Historiker Dan Diner hat das Wort „Zivilisationsbruch“ geprägt und 1988 einen Band in der schwarzen Reihe bei Fischer dazu herausgegeben:

„Das Ereignis Auschwitz rührt an Schichten zivilisatorischer Gewißheit, die zu den Grundvoraussetzungen zwischenmenschlichen Verhaltens gehören. Die bürokratisch organisierte und industriell durchgeführte Massenvernichtung bedeutet so etwas wie die Widerlegung einer Zivilisation, deren Denken und Handeln einer Rationalität folgt, die ein Mindestmaß antizipatorischen Vertrauens voraussetzt; ein utilitaristisch geprägtes Vertrauen, das eine gleichsam grundlose Massentötung, gar noch in Gestalt rationaler Organisation, schon aus Gründen von Interessenkalkül und Selbsterhaltung der Täter ausschließt.“[ii]

Das bekannte Blog EldersofZion wendet sich vehement gegen die Holocaust verharmlosende These eines „Holocaust“ in Aleppo, wie auch eine Leserbriefautorin in der New York Times, was angesichts von Artikeln wie aus der Jüdischen Allgemeinen umso bemerkenswerter ist.

In Syrien passiert kein „monströser Zivilisationsbruch“, wie die SZ fantasiert, aus jedem Gewehrlauf, jeder Granate und jeder Bombe spricht das politische Kalkül. Es ist eine mörderische Ratio, keine Irratio und kein Zivilisationsbruch wie Auschwitz.

„Und indem Menschen der bloßen Vernichtung wegen vernichtet werden konnten, wurden auch im Bewußtsein verankerte Grundfesten unserer Zivilisation tiefgreifend erschüttert – ja gleichsam dementiert.“[iii]

 

[i] Hannes Heer (1995): Die Logik des Vernichtungskrieges. Wehrmacht und Partisanenkampf, in: Hannes Heer/Klaus Naumann (Hg.), Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944, Hamburg: Hamburger Edition (Lizenzausgabe: Zweitausendeins), 104–155.

[ii] Dan Diner (1988): Vorwort des Herausgebers, in : ders. (1988a), Zivilisationsbruch. Denken nach Auschwitz, Frankfurt am Main: Fischer, 7–13, 7. Ich hab mir mein Exemplar am 3. Dezember 1991 im Theaterhaus Wangen in Stuttgart am Büchertisch der legendären Buchhandlung Niedlich nach einer Lesung von Lea Fleischmanns Buch „Gas. Tagebuch einer Bedrohung“ gekauft.

[iii] Diner 1988, 8.

„Recht und Ordnung“

Von Dr. phil. Clemens Heni, 13. Dezember 2016

„Das bißchen Totschlag bringt uns nicht gleich um“ (Die Goldenen Zitronen)

 

 „Ich bin der Recht-und-Ordnung-Kandidat“ (Trump)

Sicherheit durch Recht und Ordnung“ (NPD)

„Recht und Ordnung“ (Zeitschrift der „Aktion Neue Rechte“, 1972)

„Es ist kein Makel, rechts zu sein, so wie es kein Makel ist, für Recht und Ordnung zu sein.“ (Broder, Achgut)

 

Die konformistische Revolte, die der sexistische, rassistische Megakapitalist Donald J. Trump vulgär intoniert, bekommt tagtäglich ein lauteres Echo auch in Europa, Deutschland vorneweg. Noch nie seit 1945 hatten Nazis so viele Möglichkeiten, ihre antisemitische, rassistische, völkische, deutschnationale und Kinder-Küche-Mutterkreuz Ideologie heraus zu schreien. Grenzen zu und Migranten raus, Hirn raus für die Dumpfdeutschen, nur noch Alt-Yuppie-Fatzkes mit Abitur haben das Recht, Politiker oder Kolumnist zu werden und alles wird gut. Das ist die Message.

Als am 3. Oktober 2016 Pegida-Aktivist*innen, inklusive einem besonders auffälligen Nazi (einem ganz normalen „besorgten Bürger“) in Dresden die versammelte Elite des Landes empfing, die zu den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag in die sächsische Landeshauptstadt kommen musste, war die Stimmung kurz vor einem Pogrom. Politiker*innen wie Angela Merkel, Claudia Roth oder Norbert Lammert wurden mit „Volksverräter“, „Fotze“ und einem NSDAP-Plakat mit einem Goebbels-Spruch darauf empfangen, wie die Journalistin Katja Bauer in der Stuttgarter Zeitung berichtete.

Dresden, 03.10.2016, Foto: Katja Bauer, Stuttgarter Zeitung

Das Goebbels-Zitat zeigt gerade den antibürgerlichen Kern des Nationalsozialismus und heutiger Nazis. Und nun spielen sich Achgut-Betreiber Henryk M. Broder und Dirk Maxeiner als Retter des „deutschen“ Bürgertums auf. Bekanntlich waren die deutschen Bürger 1933 voll auf Nazilinie, der antibürgerliche Mob der SA paktierte mit der Elite von Thyssen, Krupp, Oetker, IG Farben usw. usf. Und heute? Wir werden es weiter unten sehen.

Dieser Nazimob vom 3. Oktober 2016 in Dresden wurde im Fernsehen auf N24 vom Publizisten Henryk M. Broder in Schutz genommen. Broder verhöhnte den jüdischen Dichter Heinrich Heine, indem er dessen Worte benutzte und sagte „Das Volk schuldet der Regierung keinen Dank“. Da lacht die NPD und die Aktion Neue Rechte (ANR), die 1972 eine Zeitung mit dem Titel „Recht und Ordnung“ publizierte, bekommt Jahrzehnte später von einem ihrer damaligen Erzfeinde nachträglich Applaus. So ändern sich die Zeiten. Wer hätte das gedacht? Früher war Broder gegen Nazis und Deutschland, aber sicher. Wenn das Pegida wüsste.

Der NPD-Landesverband Bayern warb auf seiner Homepage im Internet am 14.09.2010 in seiner Rubrik „Zitat der Woche“ mit einem alten Spruch von Franz-Josef Strauß (1915–1988), dem langjährigen Vorsitzenden der CSU (1961–1988) und bayerischen Ministerpräsidenten (1978–1988), der 1969 sagte: „‚Ein Volk, das diese wirtschaftlichen Leistungen vollbracht hat, hat ein Recht darauf, von Auschwitz nichts mehr hören zu wollen‘“. Da toben AfD und Pegida vor Freude! Ein echter Schenkelklopfer, der alte Strauß, Gott hab ihn selig.

Broder hatte Strauß schon vor Jahrzehnten auch wegen eines weiteren Zitats kritisiert, das bezeichnenderweise in einer ägyptischen Zeitung publiziert worden war, wie Broder und René Böll in einem am 16. Dezember 1978 von der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Leserbrief schrieben: „‚Wir wollen von niemand mehr … an unsere Vergangenheit erinnert werden.‘ Verglichen mit dem Auschwitz-Zitat von 1969 ist dies eine ganz frische Äußerung. Sie stammt aus einem Interview, das Strauß dem Korrespondenten der Kairoer Zeitung Al Ahram, Hassan Suliak, im Oktober 1977 gegeben hat“.[i]

Und noch ein Zitat dieses „antideutschen Volksverräters“, der heute der Neuen Rechten Nahrung gibt, aber früher so schrieb:

„In einer Erklärung zum 40. Jahrestag der ‚Reichskristallnacht‘ sagte Walter Scheel[ii] über Funk und Fernsehen unter anderem auch den folgenden Satz: ‚Das deutsche Volk wurde zum Instrument nationalsozialistischer Gewalt erniedrigt.‘ Zum gleichen Anlaß erschien in der Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung eine Reihe von Gedenkartikeln. In einem dieser Artikel hieß es: ‚Die Masse des deutschen Volkes verabscheute die Ausschreitungen der Parteiorgane … Der Haß gegen das Judentum wurde von den nationalsozialistischen Diktatoren entfesselt und geschürt. Die Deutschen sahen keinen Anlaß, ihren jüdischen Mitbürgern, die deutsch fühlten und dachten und denen sie viel verdankten, Feindseligkeiten entgegenzubringen.‘ Die beiden Parteien sind sich also einig. Die Nazis fielen über Deutschland her wie eine Rockertruppe über ein friedliches Dorf, ‚erniedrigten‘ das deutsche Volk, das ein willenloses ‚Instrument‘ war und alles mit sich machen ließ; aber immerhin, das Volk ‚verabscheute‘, was die ‚Parteiorgane‘ anstellten, die ‚Ausschreitungen‘ wurden nicht von Menschen begangen, sie fanden auch fern vom deutschen Volk statt. Den Judenhaß hat es vor der NS-Zeit nicht gegeben, er wurde erst von den Diktatoren ‚entfesselt und geschürt‘, auch damit hatten die Deutschen nichts zu tun, denn erstens ‚verdankten‘ sie den Juden viel, und zweitens dachten und fühlten die Juden genauso deutsch wie die eigentlichen Deutschen. Dieses Gewebe aus Schwachsinn und Lüge ist die Grundlage der deutsch-jüdischen Nachkriegsmesalliance.“[iii]

Wären obige Zitate zum Beispiel von Anetta Kahane, der Vorsitzenden der Amadeu Antonio Stiftung (AAS), würde es einen weiteren Shitstorm gegen eine „antideutsche Volksverräterin“ geben. Seit Monaten läuft eine Medienkampagne gegen die AAS und Kahane, federführend von Achgut und Broder ausgehend.

Die obigen Zitate sind nun aber nicht von Kahane, sondern von Henryk M. Broder, der sich selbst und seine frühere Kritik an Deutschland verleugnet. Heute paktiert er ganz offen mit dem Mob. Die Neue Rechte ist im wirklichen oder eingebildeten Salon (N24, Welt, Achgut etc.) angekommen. N24 ist neben der Jungen Freiheit, dem russischen Propagandasender RT Deutsch oder Focus Online eines der beliebtesten Medienportale für die Facebook-Gruppe Pegida Nürnberg, wie eine Recherche des Bayerischen Rundfunks ergeben hat. Das mag pars pro toto für die postfaktische, von antisemitisch konnotierten Verschwörungsmythen und rassistischer Agitation gespeiste, nationalistische Neue Rechte in diesem Land stehen.

Broder sieht offenbar seit Langem die Zeit gekommen, wieder NSDAP-Plakate in Kauf zu nehmen, wenn es doch gegen Gendermainstreaming, Flüchtlinge, Linke, ‚den‘ Islam (und nicht etwa den islamistischen Faschismus), selbstbestimmte Frauen und für Nationalismus, Vaterland, Kinder, Küche, Kirche, Dackel und antisemitische Verschwörungsmythen, postfaktische Agitation und Rassismus geht. Schon 2007 wurde er für sein Liebäugeln mit der Neuen Rechten (wie mit Eva Herman) kritisiert.

Broder möchte den grünen, islamistischen Faschismus mit dem braunen bekämpfen, dabei wird er von beiden Faschismen ins Visier genommen werden. Eine antifaschistische Haltung sollte sich gegen den Jihad richten, gegen den Iran, islamistischen Antisemitismus und dessen linken Freund*innen und BDS, die säkular, ‚post-orientalistisch‘ oder kosmopolitisch-universalistisch gegen den Judenstaat agitieren – und ebenso gegen braune Nazis, AfD, Pegida und „besorgte Bürger“ aktiv werden.

Spätestens wenn der Pegida-Volkszorn wieder das Thema (nicht nur der Zeitung für Deutschland, FAZ) Beschneidung entdeckt, wird der Antisemitismus seine alte brutale Kraft entwickeln, auch verwirrte pro-israelische aber antijüdische Leute werden mit dabei sein, wir haben das ja schon 2012 erlebt.

Nun gibt es eine Medienkampagne des neuen Politaktivisten und PR-Strategen Gerald Hensel. Er möchte, dass die rechtsextreme Agitationsplattform Breitbart, die Trump mit zum Wahlsieg verholfen hat und die ein Medium der neonazistischen Alt-Right-Bewegung in USA ist, in Deutschland massiv Gegenwind bekommt, sollte sie hier an den Start gehen. Unter dem Hashtag #KeinGeldfuerRechts geht es gegen die Neue Rechte. Hensel hat eine Blacklist erarbeitet mit neu-rechten Seiten, an Hand derer Firmen sich zweimal überlegen könnten, dort Werbung schalten zu wollen. Das Vorbild sind die USA. Dort hat allen voran der Cornflakesriese Kellogg sich bereits gegen Breitbart positioniert.

Im Internet läuft Online-Werbung heutzutage in Echtzeit („Real-Time Advertising“), sprich: Computer berechnen nach bestimmten Parametern, auf welcher Seite welche Werbung am besten ankommt und dann werden Werbeplätze „versteigert“, vollautomatisch. Doch natürlich werden nicht alle Seiten für Werbung genutzt, Blacklists gibt’s schon lange. Jetzt auch Blacklists gegen die Neue Rechte wie Breitbart et al., die die wahren bürgerlichen Bürger Bürger sein lässt. Motto: keine antidemokratische und völkische Hetze, nicht schon wieder.

Never is Now, wie die Anti Defamation League (ADL) in USA unter ihrem neuen Präsidenten Jonathan Greenblatt vor wenigen Wochen in New York City sagte. Die ADL ist die einzige große jüdische Organisation, die sich eindeutig gegen den Antisemitismus und Rassismus von Trump und Breitbart stellt.

Das wirklich Bemerkenswerte oder Paradoxe an der Aktion von Gerald Hensel ist: diese Aktion ist immanent, sie ist kapitalistisch und spielt zudem gerade mit dem anonymen System der heutigen Onlinewerbung, die super schnell agiert, aber auch nicht auf dem direkten Kontakt von Werbekunden und Werbeseite basiert.

Es gibt eine Ironie an der Sache: Man erkennt bei den Werbekampagnen der Firma Scholz & Friends, für die Hensel arbeit, wenn er nicht als Politikaktivist gegen die Neue Rechte aktiv ist, vielmehr einen sehr pro-deutschen Drive, vor allem Stolz auf das deutsche „Handwerk“ („Ich braue kein Bier. Ich verteidige den Ruf Deutschlands“) und auf Mercedes-Benz und viele andere allzu deutsche Marken ist dort angesagt. Das ist Affirmation pur und müsste der stolzdeutschen Achse des Guten eigentlich gefallen.

Das nationale Apriori des unerträglichen, fanatischen, schwarzrotgoldenen Sommers 2006 wird gerade durch solche Werbekampagnen mit evoziert – und ein solcher PR-Fritze ist jetzt gegen den von anderen PR-Fritzen und Normaldeutschen aus der Flasche gelassenen nationalistischen Ungeist. Ohne 2006 keinen Matussek, keinen Sarrazin, kein Pegida und keine AfD.

Aber angesichts eines Neonationalsozialismus, Rechtsextremismus und der Neuen Rechten, von Brexit, Orban und vor allem Trump, dessen Bruder-im-Geiste Putin und den Trumpianern hierzulande kann offenbar auch eine solche Werbefirma ein bürgerlicher Schutzschild vor der extremen Rechten sein. Das zeigt sich an den Aktivitäten Hensels (angenommen dessen politische Einstellung deckt sich an diesem Punkt mit jener von Scholz & Friends), der gleichwohl als Privatperson und nicht im Namen dieser Werbefirma aktiv ist.

Angesichts der vielen Firmen, die auch auf Achgut oder Breitbart etc. Werbung geschalten haben, indirekt via Real-Time Advertising: Ob diesmal tatsächlich das kleine, mittelgroße und große Kapital gegen die Nazis und Neuen Rechten sich einsetzt? Trump  ganz sicher nicht, und ExxonMobil auch nicht.

Doch andere Firmen? So wie Kellogg? In Germany wäre das wirklich mal was Neues. Bürger für die Demokratie und nicht für das dumpfe Danebenstehen, Mitlaufen und Klatschen. Das wäre wirklich neu in diesem Land, jenseits von Lichterkette und Wohlfühlgottesdiensten da anpacken, wo es wehtun kann, vorne reingehen, in den Strafraum, den Sechzehner. Attackieren. Einen Shitstorm riskieren und sich nicht abwenden ins innere, konsumistische oder mallorquinische Exil.

Viele meinen, es sei schon eine Rettung des ach-so-tollen Abendlandes („deutsch-jüdische Symbiose, Auschwitz, Theresienstadt, Majdanek“), das „Wacken der Bürofachangestellten“ (Weihnachtsmärkte) vor der Scharia zu retten und sehen gar nicht, dass einem Isolationisten wie Trump der Jihad in Europa oder der muslimischen Welt völlig egal ist. Schließlich behandeln Islamisten und die Scharia Frauen auf ihre Weise auch nicht schlechter als Trump („grap her by the pussy“).

Oberschlaule sehen in Trump möglicherweise Hegel’s „List der Vernunft“, was der Politologe Lars Rensmann luzide zerpflückt und resümiert: „Die Verharmlosung eines autoritären Bullies zeugt von einer konformistischen Sehnsucht, der starke Mann werde es schon richten.“

Es gibt viele Ähnlichkeiten von Islamisten und Trump(isten), wie der Islamforscher Shadi Hamid analysiert, namentlich das Sich-zum-Opfer-Stilisieren des armen Trump-, Brexit- oder Pegida-Volkes. Täter seien die böse „Elite“, das „Establishment“ oder „die da oben“, in Berlin, D.C. oder Brüssel. Wir kennen das, jeder „besorgte“ Nazi meint, ihm oder ihr sei es nicht erlaubt, seine oder ihre reaktionäre Ideologie kundzutun, weshalb gleich mehrfach pro Woche AfDler oder Pegidisten und ihre Wortführer*innen in den TV-Talkshows sitzen. Sarrazins Agitationsband „Deutschland schafft sich ab“ wurde so massiv unterdrückt und der Autor so sehr isoliert, dass er zum Millionenbestseller wurde.

Die bürgerliche Kritik der antibürgerlichen Reaktion, die bürgerliche Kritik so antibürgerlicher Medien wie Achgut ist was Neues. Der Publizist Michael Miersch machte den Anfang, als der Mitbegründer von Achgut das immer unerträglicher werdende Autorenblog im Januar 2015 endlich verließ.

Diese Kritik wie von Miersch oder heutzutage von Hensel wäre keine Revolution, sondern Konservieren des Bestehenden. Es geht wieder darum eine braune Revolution zu verhindern, das Undenkbare ist denkbar geworden. Also wäre das Konservieren in diesen Zeiten schon ungeheuerlich viel, wenn die Chancen für eine Emanzipation geringer als schwindend sind. Wer heute von der sozialen Frage redet, meint die nationale, also die AfD im Original oder in Kopie (Linkspartei).

In USA wurde die Reaktion und Konterrevolution à la Trump gewählt. Das darf sich in Europa nicht wiederholen. Ein Brexit war schon zuviel. Die Niederlage des FPÖlers Hofer ist wunderbar, aber die Tatsache, dass fast 50% der Wähler*innern in Österreich einen extrem rechten, völkischen Hetzer gewählt haben, bedeutet die absolute Katastrophe für die politische Kultur. Aber die Macht haben die Völkischen in Österreich diesmal eben nicht bekommen. Und in Deutschland geht es darum, alles zu tun, damit die AfD nicht in den Bundestag kommt bzw. mit einem niedrigen Ergebnis. Wer von „völkisch“ redet, von „Schießbefehlen“ an der Grenze und Politiker in seinen Reihen hat, die wie Goebbels das Volk aufwiegeln, ist jenseits des demokratischen Spektrums.

Die heutige zutiefst bürgerliche und deshalb so Erfolg versprechende Medienkampagne von Hensel ist also interessant. Er hat Achgut gar nicht mal auf eine solche Liste bzw. Blacklist für Werbeabteilungen von Unternehmen gesetzt, aber deutlich gemacht, dass Broder und Achgut Multiplikatoren im neu-rechten Diskurs sind. Offenbar hat das nicht wenige Firmen, deren Werbung auch auf Achgut erschien, massiv irritiert, so dass der Mitbetreiber von Achgut, Dirk Maxeiner, einen massiven Kontrollverslust erleidet und das „deutsche Bürgertum“ in Gefahr sieht. Achgut hat Werbekunden verloren und das ist auch gut so. Auch die ähnlich weit rechts wie Achgut stehende Seite „Tichys Einblick“ hat einen Verlust ihrer Werbeeinnahmen zu beklagen.

Dabei ist Achgut gerade Ausdruck und Sprachrohr der antibürgerlichen Internationale und kein bürgerliches Medium, wie Maxeiner fantasiert. Der vulgärste Führer der antibürgerlichen und antiwestlichen Internationale ist Trump. Wer Trump verehrt und schätzt ist zutiefst antibürgerlich und verlässt jeden zivilisatorischen und demokratischen Grundkonsens. Hierzulande wird dieses antidemokratische Spektrum von Frauke Petry, Alexander Gauland oder Björn Höcke und der AfD sowie Pegida, Tichy, oder der Jungen Freiheit repräsentiert. Oder vom Compact Magazin des Ex-Linken Jürgen Elsässer, der bis vor kurzem noch strammer Antiamerikaner war (wie nicht nur Compact-Poster auf der AfD-Demo in Berlin am 7.11.2015 zeigten), aber wenn die Alt-Right im Weißen Haus mit Steve Bannon Einzug erhält, traut der völkisch-deutsche Agitator kaum mehr seinen Augen. Mit Amerika gegen den Westen.

Schon Anfang der 1990er Jahre erkannte der Publizist Eike Geisel Ressentiments gegen Holocausterinnerung wie gegen Amerika. Broder hatte einen Artikel im Spiegel geschrieben (16/93) und Geisel wollte gar nicht wahrhaben, dass dieser deutschnationale Text von seinem alten Freund Broder stammte. Geisel nahm sich also den Spiegel-Autor Broder und dessen deutsche Volksgenossen vor und schrieb in Konkret, Heft 6/1993 (S. 38):

„Für Otto Normalvergaser ist die Welt von gestern noch in Ordnung gewesen. (…) Anläßlich der Eröffnung zweier Museen (im Februar 1993 das ‚Museum of Tolerance – Beit Hashoah‘ in Los Angeles und Mitte April das ‚Holocaust Memorial Museum‘ in Washington), die ohne deutsche Vorarbeiten nie entstanden wären, zeigte sich das bekannte Dilemma. Man grollte den Amerikanern und der amerikanischen Judenheit. Die Museen seien antideutsch, das ‚andere Deutschland‘ werde ignoriert; die Nachkriegszeit werde ausgeblendet, die Wiedergutmachung verschwiegen. Doch statt erleichtert darüber zu sein, daß die Museen nicht zeigen, wie das ‚andere Deutschland‘ über die Juden dachte, nämlich gar nicht so sehr viel anders; statt froh zu sein, daß die Museen keine Wendehalsgalerien der Nachkriegszeit enthalten; statt von Herzen dankbar zu sein, daß es dort keine Abteilung mit dem Thema ‚Wiedergutmachung‘ gibt, wo die Pensionszahlungen an alte Nazis mit den Entschädigungen der KZ-Häftlinge verglichen werden; statt also rundum zufrieden zu sein, ignorierte das bessere Deutschland in Gestalt seines Bundespräsidenten die Einweihungsfeierlichkeiten. Zu Recht, schrieb der Spiegel, der meinte, deutsche Politiker hätten dabei mit einem ‚Spießrutenlauf‘ rechnen und sich innerlich ‚ducken‘ müssen.“

Broder wiederum macht sich heute vollends zum koscheren Wortführer der Neuen Rechten, er bedient mit Achgut und seinem eigenen Auftreten den „Code der Neuen Rechten“ und die AfD wird zudem von Anne Will, Sandra Maischberger oder Frank Plasberg vermutlich weit in den Bundestag katapultiert werden im September 2017. Die Achgut-Autorin Vera Lengsfeld kann im Fernsehen bei Sandra Maischberger ungestraft Unwahrheiten behaupten, wie der Medienkritiker und Rechtsextremismusexperte Patrick Gensing kritisierte; Spiegel Online und Stefan Niggemeier analysierten auch andere Mythen und Lügen der Achgut-Autorin wie jene über eine Unterstützung Hillary Clintons im US-Wahlkampf durch die „Clinton Foundation“ oder deutsche Ministerien. Dabei ist alleine schon die Übernahme des Naziwortes „Lügenpresse“ von Maischbergers Team in jener Sendung ein medienpolitischer Skandal. Das Wort ist so angesagt, dass selbst in Washington D.C. die Nazis um Richard Spencer vom National Policy Institute das Wort auf Deutsch verwenden und mit dem Hitlergruß feiern.

Hensel fordert nun Agenturen und Werbefirmen auf, nicht mehr „unpolitisch“ zu sein. Wir leben in sehr krassen Zeiten und wegschauen ist der exakt falsche Weg.

Der Redaktionsleiter Online Frank Zimmer von „Werben und Verkaufen“ (W & V), einem offenbar völlig angepassten bürgerlichen Portal, das aber eben ein Problem mit Agitation und Diffamierung hat (und keineswegs mit spezifisch politischen, rechten Inhalten, by the way!), stellt sich hinter seinen Autor Gerald Hensel. Zimmer schreibt: „Achse des Guten: Wie sich ein Blog zu Tode empört“ und resümiert:

„Und selbst ein geschätzter Kollege, der für die Achse schreibt [Ben Krischke, CH], muss dort persönlich werden:

‚Ich glaube – reine Spekulation! –, dass es ihm (Gerald Hensel, d. Red.) eigentlich darum geht, sich ein wenig zu profilieren und so ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen, die er anderswo ganz doll vermisst. Der Arme‘.

Ich glaube – reine Spekulation! –, dass dieser Sound Werbungtreibende abschreckt. Und nicht die inhaltliche Ausrichtung. Broders gepflegte Aggressivität wirkte in den 90er Jahren noch originell und erfrischend. Heute, im Zeitalter der vernetzten Hysterie, empört er sich und seine Seite zu Tode.“

Broders Kontrollverlust ob der offenbar ausbleibenden Werbekunden ist mit Freud zu analysieren: Nicht seine prospektiven Opfer (die ja auch im Visier der Nazis der Identitären Bewegung sind) werden bald „fertig“ sein, sondern er selbst ist fertig, mit sich und Achgut. In seiner Suada gegen Hensel und die (damit offenbar überhaupt gar nicht in Verbindung stehende) Amadeu Antonio Stiftung heißt es:

„Es sind drei Beispiele, ein Beitrag von Thilo Sarrazin, einer von Gunnar Heinsohn und einer von Vera Lengsfeld. Mehr hat Simone Rafael nicht gefunden. Nicht einmal was Rassistisch-Völkisches von mir. Dafür gibt sie unserer Autorin den Rat, ‚Ihre Zeit in sinnvollere Aktivitäten zu investieren‘, statt Fragen an die Kahane-Truppe zu stellen.

Was mich angeht, kann ich ihr, ihrer ungustiösen Chefin und auch dem genialen Strategen von Scholz & Friends nur einen Rat geben. Seht Euch vor, ihr seid an den Falschen geraten. Euch mache ich, wenn es sein muss, am frühen Morgen fertig, noch bevor ich meinen Hund Gassi geführt habe.“

Wer weiß, wie kritisch Broder früher einmal denken konnte, versteht die idiosynkratischen Abwehrreaktionen auf jedwede Kritik an Deutschland, die dieser wildgewordene stolzdeutsche Kleinbürger seit Jahren schamlos öffentlich zeigt. Es ist auch die Abwehr gegen das Über-Ich, gegen den Broder der 1970er und 1980er Jahre. Broder erträgt es nicht, einmal Broder gewesen zu sein, „Ich liebe Karstadt“[iv].

 

Der Verfasser, Dr. phil. Clemens Heni, ist Politikwissenschaftler, Chefredakteur des Journal of Contemporary Antisemitism (JCA, Academic Studies Press, Boston, USA), Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Verleger (Edition Critic), Publizist und hat 2006 über die „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ an der Universität Innsbruck promoviert.

 

 

[i] Henryk M. Broder (1978): Deutschland erwache. Die neuen Nazis. Aktionen und Provokationen. Mit Beiträgen von Ossip K. Flechtheim, Heiner Lichtenstein, Warner J. Poelchau, Klaus Thüsing. 3. Auflage, Köln: Lamuv Verlag, ohne Paginierung.

[ii] Altbundespräsident (1974–1979) und Ex-Bundesaußenminister (1969–1974) Walter Scheel (Jg. 1919) war Mitglied der NSDAP und später der FDP wie der langjährige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (Jg. 1927), „FDP soll Nazi-Aufklärung behindert haben“, Spiegel Online, 29.10.2010, http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,725900,00.html; – deutsche Karrieren.

[iii] Henryk M. Broder (1980)/1982: Zur Demokratie angetreten – ein Volk macht Dienst nach Vorschrift, in: Lea Fleischmann (1982): Dies ist nicht mein Land. Eine Jüdin verläßt die Bundesrepublik. Mit einem Nachwort von Henryk M. Broder, 4. Auflage, Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag, 251–272, 255f.

[iv] Henryk M. Broder (1987): Ich liebe Karstadt und andere Lobreden, Augsburg: Ölbaum-Verlag.

©ClemensHeni

Da lacht der Horst. Die neue Querfront? Mit Hegels „List der Vernunft“ für Trump…

Von Dr. phil. Clemens Heni, 28.11.2016

Die Wahl von Donald J. Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ist eine Katastrophe für den Westen und die liberale Demokratie. Sie ist der negative Höhepunkt einer langen Veränderung politischer Kultur in westlichen Staaten. Als „Vergessene“, „Abgehängte“ oder „Verlierer“ getätschelte antidemokratische Pöbler, Rassisten, Hetzer, Sexisten, Lügner, Anhänger von Verschwörungsmythen aller Art, Antisemiten und Schläger haben nun einen von ihnen als mächtigsten Politiker der Welt. Das Weiße Haus wird zum Stammtisch und der Stammtisch zum Weißen Haus. Einen solchen Angriff auf die Demokratie hat der Westen seit 1945 nicht erlebt.

Der Jihad, Putin und Erdogan sehen sich einem zerbröselnden liberalen Westen gegenüber und können ihr Glück kaum fassen.

Erwartungsgemäß bricht die extreme Rechte von Achgut über Politically Incorrect hin zu weiten Teilen des Mainstream-Journalismus und natürlich der AfD, FPÖ, FN in Frankreich, Geert Wilders (PVV) in Holland oder Victor Orbán in Ungarn oder Horst in Freudentränen aus. Viele unabhängige Linke und Liberale sind völlig konsterniert. Es gibt aber selbst jetzt ausgewiesene linke Publizisten, die pro-israelisch sind und antijihadistisch, die nun angesichts von Trumps Wahlsieg Hoffnung verspüren. WTF?

***

Bevor ich auf diese linken Publizisten näher eingehe, bringt die Publizistin Verena Weidenbach die derzeitige politische Lage wie folgt auf den Punkt:

„Der rassistische, aggressiv-tabubrechende, menschenverachtend-populistische Bulldozer Trump wird dagegen kaum verhohlen als chaosstiftender trickster god bewundert. Als Political-Correctness-Terminator und Exekutor einer längst überfälligen link(sliberal)en Meinungsgötterdämmerung, die Trumps neurechte Nacheiferer in Deutschland mit noch größerer Leidenschaft herbeisehen: als erste Stufe ihres Fundamentalangriffs auf den Liberalismus schlechthin. Der Westen ist noch lange nicht tot, doch er wird gerade mit durchschlagendem Erfolg totgeredet, oder besser: mit ritualisierten Gebetsformeln totgebrüllt. Es wird Zeit, dagegenzuhalten und den neuen, antifreiheitlichen Gottesdienst mit allem zu stören, was das liberal-pluralistische Selbstbewusstsein an Gegenwehr zu bieten hat. Messdiener hat der rechtspopulistische Kultus weiß Gott genug.“

***

Ein ganz grundlegendes marxistisches Apriori verunmöglicht es nun vielen (und in absoluten Zahlen natürlich einer super mini kleinen Anzahl von) linken Autor*innen derzeit, die „geistige Situation der Zeit“ zu erkennen. Sie reden vom „Hegemon“, vom Kapital und von Amerika – und nicht von der „kulturellen Hegemonie“.

Damit verpassen sie die Pointe unserer Zeit und verkennen die Gefahren für die Demokratie. Die minikleine „Pro-Israel-Szene“ in der Bundesrepublik macht sich in nicht geringen Teilen mit dem von Nazis umjubelten Trump gemein und meint ernsthaft, die schlimme Außenpolitik Obamas würde durch Trump zum Besseren gewendet. Dafür nehmen sie Sexismus und Rassismus und die gesamte neu-rechte Agenda in USA wie in Europa billigend in Kauf und verstehen gar nicht, was überhaupt passiert.

Auf „Aspekte“ im ZDF sagte am 25.11.2016 die Kolumnistin der Washington Post Anne Applebaum, dass die USA um „Jahrzehnte“ zurückgeworfen werden – damit meinte sie offenbar den Kampf um gleiche Rechte und gegen Nationalismus, Sexismus, Rassismus und Antisemitismus. Sie selbst wurde von breitbart.com, so Aspekte, „als verschmähte polnische Jüdin an den Pranger stellt“.

Der Ex-Chef von Breibart ist Steve Bannon, der nun Chefberater Trumps im Weißen Haus werden wird. Der Neonazi Richard Spencer vom „National Policy Institute“ und Miterfinder der Bezeichnung „Alt-Right“ (eine Art nazistische Neue Rechte) ist happy. Spencer spricht in seiner englischen Rede von der „Lügenpresse“ und schmiegt sich wie Pegida in Dresden an dieses Nazi-Wort an und die Neonazis in Washington auf der Konferenz des National Policy Institute erheben sich zum Hitlergruß. Breitbart.com hat ihm und seinen Neonazis als Lausprecher gedient. Für Trump ist Breitbart ein „Geschenk Gottes“. Nun möchte Breitbart nach Deutschland und Frankreich expandieren, nachdem ihre rechtsextreme Hetze schon seit einigen Jahren in Großbritannien funktioniert und sie den Brexit 2016 herbeigebrüllt haben.

Während die ökonomische Grundstruktur offenbar seit Jahrzehnten die gleiche ist in USA wie in Europa (liberal-kapitalistisch, mehr oder weniger), verändert sich seit Jahren die politische Kultur auf extreme Weise. Die Neue Rechte ist völlig im Herzen der Macht angekommen – in Amerika, und möchte auch in Europa die Macht erobern, nicht nur die kulturelle Hegemonie, sondern die politische Macht.

***

Es geht jedoch marxistischen Autoren immer nur um „Marktstrukturen“ und Einflussbereiche“. Es ist der Primat der Ökonomie. So etwas wie eine politische Kultur gibt es nicht als unabhängige Kategorie der Gesellschaftsanalyse. Und insofern ist es auch ziemlich egal, wie sich eine Gesellschaft verändert. Nach dieser Logik kann man einen Wahlkampf 2016 mit einer verstaubten Position eines Autors aus dem Jahr 2000 kommentieren, wie das Konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza in Konkret 11/2016 tut:

„Die gute alte Ideologiekritik, meinte Thomas Ebermann jüngst in einer Debatte mit Katja Kipping im Hamburger Polittbüro, sei nicht nur überflüssig. Wenn die Interessen nicht mehr in irgendwelchen »Idealen« verborgen, sondern in dicken Lettern plakatiert werden, sei sie auch nicht länger möglich. Vor sechzehn Jahren hatte Wolfgang Pohrt in konkret notiert: »Menschen ohne Gewissen, ohne Selbst, ohne Scham und ohne Würde kann man … weder bloßstellen noch kränken, weil hinter der Fassade oder der Maske nichts ist. Sie brechen nicht zusammen, und es bricht keine Welt für sie zusammen, wenn ihnen bewiesen oder wenn öffentlich bekannt wird, dass sie verächtliche kleine Schurken sind. Paradebeispiel sind die Clintons, die neuerdings wieder zu dritt Hand in Hand für die Kameras posieren. Das ist der Menschentyp, der Kinder – und nicht nur sie – zur Waffe greifen lässt.« »Mir fällt zu Hitler nichts ein«, begründete Karl Kraus 1934 auf 315 Seiten der „Fackel“ (…)“

Da bebt der Trump Tower, mit Gewalt gegen die Clinton kokettierte auch er im Wahlkampf.

Nun: Ideologiekritik ist längst passé bzw. verunmöglicht, wenn die Leute sich selbst am liebsten verblöden, das postfaktische Zeitalter eröffnet da ungeahnte Möglichkeiten. Es braucht nicht mehr böse Medien, Parteien, Bewegungen oder Rackets, die die Menschen einschüchtern, indoktrinieren, verblöden und bürgerliche Ansprüche an Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (die in Deutschland nie die Ideale waren) verraten würden. Die Internalisierung kulturindustrieller Imperative ist im Online- und postfaktischen Zeitalter gar nicht mehr der Kern der Ideologie, also notwendig falschen Bewusstseins. Die Leute verblöden, und mehr noch verhetzen sich selbst, stacheln sich selbst zum antidemokratischen Mob an.

„Deutschland den Deutschen“, „Make America Great Again“, „Let’s take back control“ (Brexit) sind die Slogans der antiwestlichen Internationale. Gerade autokratische Herrscher wie Putin und Erdogan lachen sich schief und kringelig ob der Selbstzerstörung der liberalen Welt, Großbritanniens, Amerikas und des Westens.

Es ist das erste Mal, dass in der führenden Nation der Welt, der führenden Demokratie wohlgemerkt, ein Mann gewählt wurde, der mit der Androhung von Gewalt gegen seine Gegenkandidatin, mit Lügen über Lügen, rassistischer Hetze, dem Prahlen mit sexualisierter Gewalt und einer unsagbar vulgären Sprache und dem Aufwiegeln einer „Bewegung“ von dutzenden Millionen Wähler*innen Politik macht. Die Strahlkraft dieses Nationalismus, Rassismus, Sexismus wie auch antisemitischer Verschwörungsmythen (der Jude und Multimilliardär George Soros würde NGOs darin unterstützten, Flüchtlinge nach Europa zu bringen, um europäische Nationalstaaten zu „destabilisieren“, so Orbán, Trump und extrem rechte bis Mainstream-Medien unisono) ist enorm.

Während Roosevelt den Nazismus in USA verhinderte (und es gab massiv viele Nazis in USA und auch sonst war der Antisemitismus gerade an den Hochschulen etc. weitverbreitet, siehe dazu z.B. Stephen H. Norwood, „The Third Reich in the Ivory Tower“, 2009), wird Trump ihn via Breitbart.com und dessen Steve Bannon, dem unheimlichen Führer der „Alt-Right“ eher promoten und fördern.

***

Was wir erleben ist ein präzedenzloser Wandel der politischen Kultur und kultureller Hegemonie in den USA, der gleichwohl seit vielen Jahren sich ankündigte, aber niemand rechnete jemals mit einem „Führer“ wie Trump. Wenn man so lügen, hetzen und drohen kann wie Trump, dann sind Faschisten, Nazis oder liebevoll Populisten genannten Politiker*innen Tür und Tor geöffnet. Brexit war ja quasi rückblickend die Generalprobe für diese Art Agitation und Lüge im 21. Jahrhundert in einer führenden westlichen Demokratie.

Gerade für eine „kulturelle Hegemonie“, wie Gramsci sagen würde, sind die Zeiten für die extreme Rechte in USA und Europa derzeit unfassbar gut. Um auf die oben zitierte Gremliza-Kolumne zurück zu kommen: Trump kennt tatsächlich keinerlei Scham, Würde ist ein Fremdwort und Belgien eine „schöne Stadt“ für ihn. Und vor diesem Hintergrund nun einer Frau wie Hillary Clinton (als derzeitiger Repräsentantin der Familie Clinton) jenen Verlust an Scham und Würde anzudichten, indiziert nichts als patriarchale Ignoranz und Perfidie, die nicht nur generationsbedingt ist.

***

Ausgehend von ihrer Analyse des Lebens von Anne Boleyn, der Ehefrau von König Heinrich VIII. von England, die von politischen Gegnern und katholischen Agitatoren als „eine überehrgeizige, kalkulierende, unseriöse Intrigantin“ verzeichnet wurde, analysiert Susan Bordo, Professorin für Gender and Women’s Studies an der University of Kentucky, die „Erfindung Hillary Clintons“. Es gab also zwei Anne Boleyns. Jene, die als Frau die Frechheit besaß, schon damals politisch zu sein und kein Anhängsel eines Königs und jene, die die Rolle der Königin spielte. Und es gibt auch zwei Hillarys, die reale und jene, die von den Medien seit Jahrzehnten als abschreckendes Beispiel einer kalten, arroganten, feministischen, nicht volksnahen elitären Vertreterin des „Establishments“. Ein männlicher Agitator, Multimilliardär und Gewalttäter ist natürlich nicht Teil des Establishments und die Deutsche Bank investiert sowohl in Trump wie in den Iran.

Hillary Diane Rodham wollte ihren Namen nicht ändern, auch nicht nachdem sie Bill Clinton geheiratet hatte. Später tat sie es doch, doch die patriarchalen Normen zwangen sie zu immer mehr. Souveräne Bemerkungen über blödes Keksebacken und Teeeinschenken wurden ihr nie verziehen.

Die volksferne, nicht charismatische und nicht zum Pöbeln bereite Hillary war auch bei Linken in den USA das Feindbild schlechthin. Die Medien malten über die Jahrzehnte hinweg ein Bild der kalten, abgehobenen, nicht populistischen Hillary Clinton. Ältere Feministinnen wie Bordo, die nur wenige Monate älter ist als Hillary Clinton, beide sind Jahrgang 1947, weiß nur zu gut, welche Sexismen im Leben einer Frau greifen und gegriffen haben.

Und das sind Dimensionen, von denen ein linker Herausgeber einer Zeitschrift aus Hamburg, ein Sozialwissenschaftler und Publizist, der außer der Stuttgarter Zeitung nichts rezipiert, oder ein marxistischer Autor aus Wien wenig Ahnung haben und mit denen sie persönlich nie konfrontiert wurden:

„Es war nicht das erste und letzte Mal, dass Hillary das Ressentiment begegnete, sie würde ihren “rechten Platz” als Frau ablehnen. “Als ich zur Jura-Aufnahmeprüfung ging”, erzählte sie Henry Louis Gates, “mussten wir alle nach Harvard für den Test, und wir waren in einem großen Saal, nur ganz wenige Frauen unter uns, und wir saßen an den Tischen und warteten auf die Aufsicht und all die jungen Männer um uns herum fingen an, uns zu schikanieren. Sie sagten: ‘Was glaubt ihr, was ihr hier macht? Wenn ihr angenommen werdet, nehmt ihr mir meinen Platz weg. Ihr habt gar kein Recht dazu. Warum geht ihr nicht nach Hause und heiratet.’” Später in einem Interview mit Humans of New York erzählte Hillary mehr über ihre Reaktion: “Ich konnte mir gar keine Ablenkung erlauben, weil ich ja den Test nicht verhunzen wollte. Also blickte ich weiter zu Boden in der Hoffnung, die Aufsicht würde bald kommen. Ich weiß, dass man mich als distanziert, kalt oder gefühllos wahrnehmen kann. Aber ich musste schon als junge Frau lernen, meine Gefühle zu kontrollieren. Und das ist ein schwieriger Weg. Denn du musst dich schützen, die Dinge am Laufen halten, aber gleichzeitig möchtest du nicht wirken, als würdest du dich abschotten.” In diesem für Frauen klassischen Zwiespalt befand sich Hillary Clinton während ihrer gesamten politischen Karriere. Eine Frau, die zu emotional und verletzlich wirkt, hält man mit hoher Wahrscheinlichkeit für zu schwach oder labil für eine Führungsposition. Wenn sie hingegen zu kontrolliert und selbstständig wirkt, wird sie wahrscheinlich als kalt und männlich und deshalb abstoßend empfunden. Man nannte Golda Meir “den einzigen Mann im Kabinett”, Angela Merkel gilt als “die Eisenfrau”.

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Kritik am Sexismus und an patriarchaler Normierung ist natürlich für echte Marxisten läppisch. Der Publizist Gerhard Scheit möchte nun bei dem Blogger Alex Feuerherdt (LizasWelt) Trump eher in einer Linie zu Roosevelt und dem konservativen George W. Bush stellen, um die Gefahr, die von einem Typen wie Donald J. Trump für die Demokratie und den liberalen Westen ausgeht, zu vernebeln bzw. zu affirmieren. Als ob Trump ein ganz normaler Politiker wie Roosevelt oder George W. Bush wäre! Was für eine Groteske. Das bloggende Fußvolk inklusive der Wochenzeitung jungle world macht mit. Mann sieht das große Ganze und das verspricht eher Hoffnung:

„Das aber lässt doch auch hoffen, dass die künftige Außenpolitik der USA kein böser Alptraum wird, sondern vielmehr einen solchen beendet. Die Haltung der USA zum Deal mit der Islamischen Republik Iran, die bei Clinton sich wohl im Wesentlichen kaum verändert hätte, könnte nun theoretisch zum zentralen Bezugspunkt einer Rückgewinnung hegemonialer Politik werden.“ (G. Scheit, sans phrase)

Da glauben Hegelianer einem völlig unberechenbaren, durchgeknallten, gewalttätigen Narzissten und „Faschisten“ (so nannte ihn auch ein Senator in Irland im Parlament) und stimmen Lobgesänge auf ihn an, wissend ob des ekelhaften Wahlkampfes. Doch das bisschen Sexismus und Rassismus hatte womöglich was Gutes, sie schmiegen sich der Zeitung für Deutschland an und insinuieren ganz geschichtsphilosophisch:

„Vor diesem Hintergrund stimmt der Protest, wie er sich gegen Trump in Deutschland erhoben hat, auf paradoxe Weise optimistisch – so wie der unsägliche Wahlkampf von Trump einem Hegelianer rückblickend als »List der Vernunft« erscheinen könnte.“ (G. Scheit)

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Zu BRD-Zeiten sprach man ab den 1970er Jahren von einer Querfront, wenn Rechtsextreme sich links verkleideten, vorneweg Henning Eichberg. Der an der Uni Bochum frisch promovierte Eichberg hatte 1971 sein politisches Vorbild Arthur Ehrhardt, SS-Hauptsturmbannführer und „Bandenbekämpfungsspezialist im Führerhauptquartier“ und nach 1945 Gründer der SS-Zeitschrift „Nation Europa“, verabschiedet („Arthur Ehrhardt ist tot. Der hünenhafte Bauer (…) ist von uns gegangen. Wir, seine Freunde und Schüler, sind betroffen.“) und wenige Jahre später die Partei Die Grünen in Baden-Württemberg mitgegründet, wurde in „linken“ Zeitschriften wie Ästhetik&Kommunikation publiziert und brachte Rudi Dutschke, Joseph Beuys oder Grüne aufs Titelblatt der neu-rechten Postille „wir selbst“.

Früher war es also ein Zeichen von Querfront, wenn sich extreme Rechte als links verkleideten. Der Stern hatte seinerzeit Eichberg, dem wichtigsten Theoretiker deutscher „nationaler Identität“ (er publizierte 1978 das erste Buch mit diesem Titel, seither ist der Begriff schrittweise im Mainstream angekommen) der nationalrevolutionären Neuen Rechten die akademische Karriere in der Bundesrepublik vermasselt, weil er einen gut gewürzten Text gegen die „roten Nazis“ und Eichberg publizierte (Ulrich Völklein (1982): Die roten Nazis. Die rechte Gewalt hat ein linkes Programm: nationale Revolution und Sozialismus, in: Stern, 35. Jg. (1982), H. 10, 4.–10. März 1982, S. 98–106).

Seit Längerem gibt es nun in der Bundesrepublik auch die Variante, dass sich Linke an die Rechte ranmachen, so wie z.B. Sahra Wagenknecht an Frauke Petry und die AfD, früher Dutschke an die „nationale Frage“ oder der damalige DKP-Sympathisant Martin Walser, der sich ebenso an den nationalen Diskurs ranrobbte (»Auschwitz. Und damit hat sich’s. Verwirkt. Wenn wir Auschwitz bewältigen könnten, könnten wir uns wieder nationalen Aufgaben zuwenden«, publiziert im edition suhrkamp Band 1000, ediert von Jürgen Habermas, 1979).

Nun also 2016: Wenn Linke oder Linkshegelianer der Rechten zuarbeiten, dann handelt es wohl auch um eine Art Querfront. Mit Hegel für Trump. Damit Amerika wieder ein echter Hegemon wird und die kulturelle Hegemonie der extremen Rechten sich durchsetzen kann. Ersteres wird explizit gewollt und letztes derealisiert, aber goutiert. Der rechtsextreme Antiamerikanismus, das Nicht-Verzeihen des Sieges der Amerikaner über Nazi-Deutschland, bricht jetzt in sich zusammen, wenn ein Pro-Pegida-Mann im Weißen Haus die Macht an sich reißt. Sicher werden antiamerikanische Ressentiments weiter abrufbar bleiben, aber solange die USA nationalistisch, rassistisch, sexistisch, antisemitisch (Alt-Right) und postfaktisch regiert und beraten werden, ist der Ex-Konkret-Redakteur Jürgen Elsässer ein glücklicher Mann („Trump triumphiert, Clinton erledigt – jetzt muss Merkel weg“, Elsässer, 9.11.2016).

***

Einer der beliebtesten Mythen unserer Zeit ist die angebliche Verlassenheit oder Abgehängtheit weiter Teile der Bevölkerung in westlich-kapitalistischen Gesellschaften. Deshalb sei Trump gewählt worden und von daher kämen die Stimmen für euphemistisch „rechtspopulistisch“ oder nur „populistisch“ genannte Parteien oder Bewegungen auch in Europa. So dröhnt es monoton aus jeder einzelnen Talkshow, jedem Radiobeitrag, jedem Leitartikel, jedem Kommentar oder jeder Reportage. Und das seit Jahren.

Der Leiter des „Referats Internationale Politikanalyse in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin“, Ernst Hillebrand, bringt das 2015 in dem von ihm edierten Bändchen „Rechtspopulismus in Europa. Gefahr für die Demokratie“ exemplarisch auf den Punkt:

„Der Schlüssel zur Wiederherstellung der Vertrauensbasis liegt meines Erachtens in einer konsequenten Hinwendung zu etwas, was ich als eine ‚Politik der Anerkennung‘ bezeichnen möchte. Die Theorie Axel Honneths vom Verlangen nach Anerkennung als zentraler Triebfeder menschlichen Handelns erscheint mir nach wie vor als einer der erklärungsmächtigsten sozialwissenschaftlichen Denkansätze. Er ist auch für die Politik von zentraler Bedeutung. Eine solche Politik der Anerkennung würde die Voraussetzung dafür schaffen, dass Menschen sich respektiert und ernst genommen fühlen. Sie würde die Gefühle und Sorgen der Menschen als legitim erachten und ihr Verlangen nach einer vertrauten und beherrschbaren Welt akzeptieren und nicht verachten. (…) Erst wenn linke Politik wieder deutlich macht, dass ihr Verhältnis gegenüber den Menschen des jeweiligen Landes von Wertschätzung und Respekt getragen ist, wird sie dem Rechtspopulismus dauerhaft das Wasser abgraben können.“

Die „Puddingprobe“ („the proof of the pudding is in the eating“) hatte Honneths elaborierte Theorie schon 2012 überstanden, als er als Teil der Jury Judith Butler den Adorno-Preis der Stadt Frankfurt am Main zusprach. Butler ist so stark von Anerkennung getrieben, dass ihr Hauptanliegen die Zerstörung des jüdischen Staates Israel ist.

Und so treffen sich sozialdemokratische Volksfreunde mit elitären Antizionistinnen und gehen einen saufen oder grillen sich ein veganes Steak mit glukosefreiem Pudding zum Nachtisch.

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Die Hegelianer verachteten früher durchaus das Volk, ob in Wien oder in Doitschland, und das aus gutem Grunde. Diese Verachtung haben sie mit Hermann L. Gremliza gemein, der völlig zu Recht die elenden allzu deutschen Straßennamen in Gerlingen bei Ditzingen im Ländle vorführt. Er distanziert sich auch von Trumps Fußvolk in diesem Land, von den Sarrazins, Buschkowskys, Wagenknechts, Oettingers oder auch Broders (bei dem jetzt der Konkret-Autor Feuerherdt als „Autor“ von „Achgut“ angekommen ist).

Aber die Inkonsistenz, den Primat der Ökonomie zu behaupten und die bloße Kategorie politische Kultur oder jene kultureller Hegemonie nicht zu erkennen, bleibt bei Gremliza im Raume stehen. Er kann sie nicht auflösen. Das ist immer noch mehr als das Kokettieren mit der Hegelschen List der Vernunft angesichts eines von Rechtsextremisten umgebenen Sexisten und Rassisten im Weißen Haus.

Doch auch hier sieht Konkret, wie Marxisten oder (natürlich) orthodox-unorthodoxen Linken, nicht den Bruch, den der 8. November 2016 für den Westen, die USA und Europa bedeutet. Es ist eben nicht der immergleiche Kapitalismus, der herrscht. Es ist eine kulturelle wie politische Hegemonie extrem rechten Denkens und Handelns, das sich nun im mächtigsten Land der Welt Bahn bricht mit unvorhersehbaren Konsequenzen für Amerika, Europa und den Westen.

Und am Ende obsiegt auch bei Gremliza der Primat des Kapitals, politische Kultur, Sexismus und Patriarchat, Rassismus wie Antisemitismus sind nur Abgeleitetes.

Daher kann er auch mit einem abstrusen Zitat von vor 16 Jahren ernsthaft meinen, heute etwas zu Hillary Clinton und Trump gesagt zu haben. Mehr noch: Gremliza verkennt, was eine politische Zäsur ist, die es gar nicht geben kann, schließlich herrsche das Kapital wie eh und je bzw. seit sehr langer Zeit (seit der „ursprünglichen Akkumulation“ weiß der Marxist), wenn er einem achtelgebildeten Journalisten erklärt, dass der Sieg Trumps keine „historische Zensur“ gewesen sei und das germanistische Oberseminar im Brecht-Bau der Uni Tübingen nickt. Dass er keine Zäsur sei, das möchte Gremliza damit aber offenkundig zum Ausdruck bringen. Der Wandel der politischen Kultur, die kulturelle Hegemonie der Neuen Rechten, die politisch wird, ist ihm wurscht, weil ja das kapitalistische Apriori obsiege.

Die alltägliche Gewalt gegen Minderheiten, Latinos und Mexikaner, die LGBT Community, Schwarze, Behinderte, aber auch Mehrheiten wie Frauen, wird zunehmen, angesichts eines Typen wie Trump, und sie hat schon zugenommen, wenn man sich Nachrichten aus USA widmet.

Aber was kümmern empirische Details echte Hegelianer, unterm Strich? Ernsthaft zu meinen mit Faschisten für Israel und gegen die iranische Gefahr zu sein, wird sich als größte Unvernunft erweisen. Wer ernsthaft meint, mit einem Mann, umgeben von Neonazis, Rassisten und Antisemiten, die „Hail Trump“ schreien, sei dem Islamfaschismus aus Teheran beizukommen, sollte mal in sich gehen.

Ein Mann, der autoritäre Herrscher wie Putin und Erdogan oder Massenmörder wie Assad neidvoll betrachtet, soll die Waffe sein gegen die iranische Gefahr.

All das geht zudem nur unter Derealisierung des Rassismus und Sexismus, die als Nebenwidersprüche schon immer bei Seite gelegt wurden. Natürlich würde ein Scheit niemals so vulgär reden wie sein Hegel-sei-bei-uns im Weißen Haus ab Mitte Januar 2017. Aber es stört ihn nicht so massiv, dass er die Gefahr, die Trump für die politische Kultur in Amerika und Europa bedeutet, erkennen würde.

***

Es geht den linken Trumpianern um die Wiedereinsetzung des Hegemons USA, nicht um die Gefahr für Amerika selbst und Europa durch eine neu-rechte politische Kultur, durch eine extreme Veränderung kultureller Hegemonie. Eine Querfront ungeahnten Ausmaßes. Man kann den grünen, islamistischen Faschismus nicht mit dem braunen bekämpfen. Vielmehr sind beide Feinde des Westens und der liberalen Demokratie.

Horst lacht, klopft sich auf die Schenkel und hätte sich nie träumen lassen, mal mit Hegelianern in einem Boot zu sitzen, auf dem Chiemsee, und mit Trump Witze über Gender Studies reißen und die abstruse Idee, dass jemals eine Frau Präsidentin der USA wird. „Jetzt wird aufgeräumt“ tönt es über den See. „Lock her up“ – und diesmal ist nicht Hillary gemeint. „Diese Tretbootfahrt könnte sich als #List der Vernunft herausstellen“, wie die Genossen auf Twitter jubilieren werden.

©ClemensHeni

 

Trump, Anti-Western Ideology, Sexism, Fascism and the End of Pro-Israel Tents in Germany and Austria

Von Dr. phil. Clemens Heni, 18. November 2016

Times of Israel (Blogs)

November 8, 2016 was probably the most shocking day in the history of elections in the United States of America. It was a huge victory for the anti-Western camp all over Europe, North America and elsewhere. If you can behave and speak like Trump, every single leading neo-Nazi, right-wing extremist, New Right, Alt Right, right-wing populist or fascist politician at least in Europe can become President or Prime Minister, take Norbert Hofer in Austria as next example.

Trump lives in the post-fact world. He lied and lied and lied – and nothing happened. Like Boris Johnson lied, the people voted for Brexit and the next day he had to admit that he just – lied and agitated with purpose.

A person who behaved like a misogynist, racist fascist was elected by the majority of Americans, according to the not-so-democratic American electoral system (Clinton won the popular vote with some one million more votes, and even several million more votes for her in California, New England or New York wouldn’t have changed anything, think about that. So why should more people go voting in these areas, states or cities, if it doesn’t change anything?).

The core problem we are facing is racism, white supremacism, authoritarian personalities all over America and Europe, nationalism and hatred of “the other,” be it Muslims, immigrants, women, LGBT people, physically disabled, left-wingers, liberals. Those who share Trump’s personality and agenda are for example Islamists.

Shadi Hamid, Senior Fellow – Foreign Policy, Center for Middle East Policy, U.S. Relations with the Islamic World, writes about similarities between Trump and the Islamists:

As a minority and a Muslim, the result of this election is distressing—and perhaps the most frightening event I’ve experienced in my own country. (…) It’s almost unfair to compare Trump to the democratically elected Islamists that I normally study, since Trump’s open disrespect not just for liberal norms, but democratic ones as well, has been so unabashed. In his infamous statement during the final presidential debate, Trump refused to commit himself to democratic outcomes if his opponent won. Mainstream Islamist groups that participate in elections—whatever we think their true intentions are—have rarely gone this far. The differences between ethno-nationalist parties, such as Trump’s new Republicans, and religious parties are of course numerous, which makes the similarities all the more glaring. There is the same sense of victimization, real and imagined, at the hands of an entrenched elite, coupled with an acute sense of loss. In both cases, the leader of the movement is seen as the embodiment of the national will, representing “the people.”

However, the German pro-Israel camp is rather happy about a sexist and racist in the White House.

A leading organization, I Like Israel, run by Sacha Stawski, and organizer, for example, of the German Israel Congress and an active part of the German pro-Israel camp with their group Honestly Concerned, are not concerned at all. They are rather happy about the outcome of the American election.

ILI’s newsletter from Nov 13, 2016, links to a pro-Trump article by far right publicist Henryk M. Broder. Broder was a left-wing antifascist in the 1970s and published books about German neo-Nazi in the FRG. Later he also dealt with left wing and mainstream antisemitism in the 1980s. After 9/11, he documented German anti-Americanism and their rejection to fight jihad.

In recent years, though, he has become a mouthpiece of right-wing extremists and those who hate Islam – which must not be confused with fighting jihad and Islamism, like the author of this article who is the author of the 2011, 2013, and 2017 editions of the entry about Germany in the World Almanac of Islamism by the American Foreign Policy Council, based in Washington, D.C.

Broder was supportive of a crowd of far right and neo-Nazi people in Dresden, October, 3, 2016, the German day of “reunification.” They shouted in vulgar language against the elites of state and society, someone even hold a poster with a quote by the Nazi Party NSDAP and Goebbels. On TV, Broder supported the crowd of the “Patriots against the Islamization of the Occident” (Pegida).

Even a former ally of Broder, publicist Michael Miersch, in January 2015 left Broder’s page on the internet, Axis of the Good (Achgut or Achse des Guten), due to the nasty right-wing extremist climate on that page. Ever since, it became even worse. Broder’s page is even part of a campaign against pro-Israel, anti-antisemitism and anti-racist Amadeu Antonio Foundation, run by Anetta Kahane.

Now, two independent (former?) Marxists join the ranks of the pro-Trumpists in Germany, Alex Feuerherdt, a blogger, and Gerhard Scheit, a Vienna based scholar in literature, author of the publishing house ça ira and the journal sans phrase. Scheit wrote an article on Feuerherdt’s blog LizasWelt, where he insinuates that German philosopher Hegel might have had a play in the outcome of the election. Hegel’s “ruse of reason” was behind the election, Scheit and Feuerherdt believe.

They derealize every single sexist or racist rant, including those against Latinos as well as physically disabled. They believe, even against the intention of Trump reason did win! Reason! Never was the left so dumb or ignorant and unreasonable as in this article by Viennese Marxist Gerhard Scheit. He and his publisher Feuerherdt takes side with both fascism and antisemitism in the White House, take Bannon and breitbart.com as worst examples, but they are not the only ones. Ha’aretz left wing Zionist columnist Bradley Burston concludes:

We should have been more active in countering the preposterous but widely spread lies about Hillary Clinton being anti-Semitic and anti-Israel. Trump’s kid-gloves coddling of anti-Semites and their vicious works have served him in good stead. Now the haters will be only too happy to return the favor by stepping up their attacks. On Wednesday, the anniversary of Nazi Germany’s murderous Kristallnacht pogroms which pre-figured the Holocaust, Trump’s victory gave anti-Semites across America an additional reason to raise a glass in celebration. Within minutes of the announcement of Trump’s victory, former Klan leader David Duke – whom the ADL has called “perhaps America’s most well-known racist and anti-Semite” – tweeted, “This is one of the most exciting nights of my life – make no mistake about it, our people have played a HUGE role in electing Trump!”

It is shocking and a disgrace to scholarship and Shoah remembrance to see someone like Gerhard Scheit supporting a fascist like Donald Trump who is about to employ the Alt Right in the White House. Formerly, Scheit edited books by Holocaust survivor Jean Améry.

While the ADL’ Jonathan Greenblatt at its Nov. 17 conference “Never is Now” is shocked by Trump, Jewish historians in the US urge America to stand clear from Trump, antisemitism, racism and hatred of Muslims, the German pro-Israel camp takes side with the Far Right.

The group of Jewish historians declares:

We condemn unequivocally those agitators who have ridden Trump’s coattails to propagate their toxic ideas about Jews. More broadly, we call on all fair-minded Americans to condemn unequivocally the hateful and discriminatory language and threats that have been directed by him and his supporters against Muslims, women, Latinos, African-Americans, disabled people, LGBT people and others. Hatred of one minority leads to hatred of all. Passivity and demoralization are luxuries we cannot afford. We stand ready to wage a struggle to defend the constitutional rights and liberties of all Americans. It is not too soon to begin mobilizing in solidarity. (…) However, it is not only in defense of others that we feel called to speak out.  We witnessed repeated anti-Semitic expressions and insinuations during the Trump campaign.  Much of this anti-Semitism was directed against journalists, either Jewish or with Jewish-sounding names.  The candidate himself refused to denounce—and even retweeted–language and images that struck us as manifestly anti-Semitic.  By not doing so, his campaign gave license to haters of Jews, who truck in conspiracy theories about world Jewish domination.“

One of these anti-Semitic tropes was Trump’s and his camp’s agitation against George Soros. They insinuate, as does Hungarian President Victor Orbán, that Soros is funding NGOs in order to bring refugees into Europe and to destabilize European nation-states. Soros is Jewish and that kind of conspiracy myths are a classic in modern anti-Semitism.

Anti-Semitism is an essential component of Trump and his camp around the world. Other outrageous quotes by Trump can be found here, including this one: “I could stand in the middle of Fifth Avenue and shoot somebody and I wouldn’t lose any voters.”

Again: Not even the most notorious argument by Trump, the influx of immigrants in Europe and the end of European nation-states, has a point. As if 1, 2 or even 5 million immigrants or refugees could topple a continent or the European Union (EU, which is just the Western part of Europe, not including Western Russia, Ukraine, Belarus) with over 450 million inhabitants, not including the UK.

Take the 20% Muslims Israel has, by the way, but the German pro-Israel camp is not really interested in what Israel really is. They are also obsessed in fighting the circumcision or “archaic rituals.” The (post?)Marxists of the journal “Bahamas” went so far and urged their few followers not to join the first ever pro-circumcision rally in Germany in August 2012. “Bahamas” pretends to be pro-Israel, but their agenda is mainly anti-Islam (and not just anti-Islamist). In addition, they have an anti-feminist, sexist agenda, like their prayer leader Justus Wertmüller, a feminist student group in Frankfurt argues against him.

The leading left wing monthly, though, Konkret and its publisher Hermann L. Gremliza, is to some degree different (not the journal as such, but at least the publisher, I assume). While Gremliza in 1976 took sides with the anti-Zionist and antisemitic hijacking of Entebbe, and had some kind of Schadenfreude on 9/11 and even published conspiracy myths after 9/11 in his paper, he changed sides and is now a leading pro-Israel voice in the small left-wing camp in the FRG. For example, Gremliza published a book by American sociologist and political scientist Professor Andrei S. Markovits from the University of Michigan (who in 2006 was the second reader of my doctoral dissertation at the University of Innsbruck, Austria, about the threat deriving from mainstreaming the “New Right” in the FRG from 1970-2005) against anti-Americanism and antisemitism in Germany. I very well recall an event with Gremliza and Markovits, promoting Markovits’ book, Nov. 19, 2004, in Café Sybille in Berlin-Friedrichshain.

Gremliza is also an outspoken antifascist, anti-racist and against the New Right like the Alternative for Germany (AfD). In 1964, he started as a student at the University city of Tübingen in the south-west of the FRG and decovered the Nazi past of “anthopologists” (Volkskunde in German) such as Gustav Bebermeyer.

Taken Feuerherdt and Scheit as examples, this stance by Gremliza against the Far Right has to be emphasized. Gremliza also rejects Germans to give Jews advice in regard to the circumcision. “After Auschwitz,” he says, “Germans should stay away from that kind of advice – at least for the next 1000 years,” he says in a book he published with Suhrkamp publishing house in 2016.

Suhrkamp was the place where Gershom Scholem and Critical Theory were published.

We need a pro-Zionist approach in Germany and Europe that is antiracist, antisexist, anti-Alt Right, anti-New Right, anti-nationalist, antifascist, anti-antisemitic and anti-Islamist, of course.

For many in Europe, it is too difficult a task to be both Zionist and anti-European nationalism. That is the history of both the 19th and 20th centuries. To promote European nationalism will lead to more antisemitism and more Trumps all over Europe. Trump supports Assad, and therefore the Iranian regime, and his admiration for Turkish Islamofascist leader Erdogan as well as Russian authoritarian regime under Putin are shocking, too. The worst case is of course the red button and nukes in the hand of a narcissist lunatic in the White House.

To embrace someone who fought the most vulgar and ugly election campaign ever in a western democracy in recent decades as substantial parts of the German pro-Israel camp does is not just suicidal for Zionism and the Jewish state. It is in itself sexist and racist. Every single sexist and racist rant during the campaign was a reminder to victims of sexism and racism. This retraumatization lies at the bottom of this campaign by the Alt Right’s superhero Donald J. Trump.

Many in Germany saw the end of public life when hundreds of criminal male Arabs or Muslims mainly from the Maghreb abused women on New Year’s Eve in Cologne, Hamburg and other cities. A man who “grabbed women by the pussy” and elsewhere, who just “kisses them” if he likes to was elected President of the United States – and this is now portrayed as a savior of the West. Read: if Muslims abuse women it is a scandal and crime, if a white American man does so, he is elected President.

Broder was the keynote speaker of the German Israel Congress 2016, Feuerherdt is a close ally of him and an author at Broder’s Blog. They represent substantial parts of the German pro-Israel tent, which no longer is a tent, as a collaboration with people who endorse Donald Trump is impossible for any antifascist, anti-racist, anti-sexist, anti-antisemitic, Zionist position.

Israel needs serious allies. The German and Austrian pro-Israel camps are done as long as they are represented by people like those criticized above.

It is a perfidious tactics to abuse Israel and the Jews and embrace Trump, as he is supposedly pro-Israel. Someone who abuses women, who promotes antisemitic conspiracy myths, who mocks Jewish journalists, who defames Muslims and Latinos, who likes Erdogan, Putin and Assad (=Iran) – a friend of Israel?

He is a vulgar sexist, racist, a fascist and an enemy of the Western world. “Make America great again” translates into “destroy the Western world.” To weaken the West and to embolden the jihadists or secular enemies of the free world like Russia. That is Donald J. Trump.

German mainstream journalists of the center-right daily Welt, Richard Herzinger and Hannes Stein, are clear about the threat deriving of Trump and the Alt Right in the White House. Trump is a hero for the anti-liberal, anti-Western international camp. Herzinger writes: “to underestimate Trump is suicidal.”

Finally, look at Aodhán Ó Ríordáin, an Irish Labor Party Senator. He spoke in the Irish Senate and said the following:

How [are we] supposed to deal with this monster who has just been elected President of America? (…) America has just elected a fascist (…) I am embarrassed by the reaction of the Irish government to what’s happened in America. Can the government not understand what is happening? We are at an ugly international crossroads. What is happening in Britain is appalling. What is happening across Europe is appalling. It has echoes from the 1930s, and America, the most powerful country in the world, has just elected a fascist. And the best you can come out with from a government spokesperson is: ‘Well, we have to talk about foreign direct investment. We have to be conscious of American investment in Ireland.’ There are 50,000 Irish people illegal in America who I am quite sure are fearful of their futures. When are we going to have the moral courage to speak in terms other than economy all the time and to realize what is happening? I am frightened. I am absolutely frightened for what’s happening to this world and what’s happening to our inability to stand up for it.”

Jamie Kirchick, fellow with the Foreign Policy Initiative, correspondent for the Daily Beast, and columnist for Tablet Magazine, puts it like this:

To put it in terms our insult-strewing president-elect can relate to: Don’t put lipstick on this pig.”

©ClemensHeni

Ein Präsident für die antiwestliche Internationale*

Von Dr. phil. Clemens Heni, 11.11.2016

* und für die AfD, alle Frauen- und Genderhasser, Abtreibungsgegner, Rassisten, Nazis, Faschos, Klimwandelleugner und antisemitischen Verschwörungsfanatiker*innen

Donald Trump hat die Idee von Amerika als Land der unbegrenzten Möglichkeiten und dem individuellen pursuit of happiness auf unabsehbare Zeit zerstört und wird dem Rechtsextremismus und Nazismus in Europa an die Macht verhelfen und autoritär-weltliche wie islamistische Regime wie jene von Putin oder Erdogan stützen.

Glücklich sein darf nur noch der, der Gewalt gegen Frauen, Einwanderer oder Transgenderpersonen befürwortet oder aktiv ausübt.

Es ist das erste Mal, dass die Vereinigten Staaten von Amerika einen Mann mit klar faschistoiden Zügen zum Präsident gewählt haben. Trump hat Frauen sexuell missbraucht und sich dafür im Kreis anderer Männer gerühmt. Einer, der damals dabei war, als Trump sich damit brüstete und nicht angeekelt sich abwendete, sondern klatschte und lachte, Billy Bush, verlor seinen Job als Fernsehmoderator – Trump wurde vom Volk dafür belohnt.

Als Trump 2015 bei der ersten Vorwahl, den Primaries, im Bundesstaat Iowa verlor, sagte er „How stupid is the people of Iowa“ – nun, das Völkchen dort ist sehr dumm, denn es hat ihn jetzt zum Präsidenten gewählt, wie der Kabarettist Bill Maher schon Mitte Oktober 2016 sarkastisch kommentierte und die Wahl antizipierte.

Wie ein Hetzer Massen aufputschen kann hat der Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno 1949 in seinem Aufsatz „Democratic Leadership and Mass Manipulation“ analysiert. So promotet sich ein Agitator in unserer Zeit als ein einsamer, völlig unabhängiger Kämpfer, der weder vom großen Geld noch den herkömmlichen Mächten unterstützt würde. Dass die Deutsche Bank zu den Hauptsponsoren von Trump gehört, ist geschenkt. Einem Milliardär zu glauben, er sei unabhängig und gerade nicht Teil des Systems ist Teil der Struktur: die Massen wollen belogen werden, sie wollen sich in ihren Führer einfühlen, der sich als einer von ihnen gibt, beim Saufen, Steak essen oder Frauen betatschen und rassistische Witze reißen.

Adorno betont, wie wichtig es ist, sich als verlassen oder alleine zu präsentieren, da sich im Zeitalter des heutigen Kapitalismus – die Unterschiede des heutigen neoliberalen zum post-liberalen des Jahres 1949 sind marginal – auch die Massen alleine fühlten. Vor allem wird der Agitator sich nicht als Politiker präsentieren, sondern als Trottel vom Stammtisch, möchte man hinzufügen. Natürlich ist er ganz und gar nicht alleine, der Trump, nicht einmal den Trump Tower hat er mit eigenen Händen Stein auf Stein gebaut. Er möchte seine Ware verkaufen, nehmen wir Trump Hotels in jedem Dorf, aber möchte nicht als Verkäufer und Kapitalist dastehen. Er weiß, so Adorno weiter, dass alle von den politischen Rackets und von Korruption sprechen, in Amerika wird man heute nur „D.C.“ sagen müssen, und er sei kein Teil davon. Das ist die Masche des Agitators. Er schreit „Haltet den Dieb!“

Schließlich, so Adorno abschließend, fleht der Agitator die Massen an, ja gibt sich als hilflos und bittet um Hilfe, und die Massen fühlen sich geschmeichelt, IHM zu helfen, Teil von ihm zu werden, eine Art Volksgemeinschaft. Nein, nicht wie 1933 mit dem Ausschluß der Juden im Nationalsozialismus. Aber eine Art amerikanischer faschistischer Führer im 21. Jahrhundert ist Trump gleichwohl. Er verabscheut die Demokratie, Aushandlungsprozesse und Kompromisse. Er hat zwar keine faschistische Parteibasis, aber sieht sich als Teil einer „Bewegung“ wie er selbst in seiner Dankesrede am 9. November 2016 sagte.

Es ist exakt diese „Bewegung“, die der Kern der Gefahr ist, da wir auch in Europa solche extrem gefährlichen, rassistischen und rechtsextremen Bewegungen haben.

Was jetzt passiert, war völlig absehbar: das amerikanische Volk, das Trump wählte, wird als Opfer präsentiert. Vulgärmarxisten wie die Zeitschrift „Das Argument“ von Wolfgang Fritz Haug reaktivieren ernsthaft die schon in den 1930er Jahren groteske „Dimitroff-These“ von „Zusammenhang zwischen den reaktionärsten Elementen des Kapitals und dem Faschismus“ (Argument 4/16).

Selbst jene jungen, kraftvollen Anti-Trump-Demonstrant*innen, über 10.000, die z.B. am Trump Tower den President elect ablehnen und bekämpfen, nehmen ihr gutes amerikanisches Volk in Schutz – die Wähler*innen seien doch auch nur Opfer des Kapitalismus, wie eine Gruppe „Sozialistische Alternative“ fabulierte. Dieser Einsatz für das Volk trifft sich 100% mit Sahra Wagenknecht, Frauke Petry und den Nazis vor und nach 1933, mit dem Unterschied dass die jungen Linken in USA Vielfalt gut finden, und sich vor allem gegen den Rassismus und Sexismus von Trump wenden, aber eben das ach-so-gute-Volk davon abspalten. Ein Widerspruch.

Aber auch die bürgerlichen Medien reden für das arme Volk und gegen den bösen Kapitalismus. So reden alle Medien, vorneweg das „linksliberale“ (was immer das sein mag) ARD-Politmagazin Monitor am 10.11.2016. Dort werden die armen „Vergessenen“ als Opfer präsentiert, Gesine Schwan und ein anderer Experte untermauern das und sehen im bösen Kapitalismus die Ursache für den Wahlerfolg und nicht in der je individuellen Entscheidung (!) einen Agitator, autoritären Führer und sexuellen Gewalttäter oder Faschisten zu wählen.

Ganz am Ende der Sendung ein bezeichnender Abspann durch Filmemacher und Moderator Georg Restle: er fühlt sich selbst ertappt, nachdem er minutenlang Trumps oder der AfD Hetze eingespielt hat und das Volk wie Trump oder die AfD als Opfer des Systems in Schutz nahm, „soziale Ungerechtigkeit“ sei zwar die „Ursache“, aber dürfe Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht „rechtfertigen“.

Doch das ist selbst gelogen. Es sind nicht die sozialen Verlierer, die Trump wählten. Darauf weist der Journalist Richard Herzinger mit Nachdruck hin und schreibt:

„Zu den hartnäckigsten Legenden, die in der Öffentlichkeit über Trump gepflegt wurden, gehört die von seiner angeblich unterprivilegierten Wählerschaft. Mit seiner Kandidatur, so wurde beharrlich wiederholt, identifizierten sich die Globalisierungsverlierer und Abgehängten, die an der eigentlich glänzenden Lage der US-Wirtschaft keinen Anteil hätten.

Doch auch wenn Trumps Sozialdemagogie zweifellos auf diese Schichten zielte, die Gesamtheit seiner Unterstützungsmilieus machen sie bei Weitem nicht aus. Neuere Studien belegen vielmehr, dass das Durchschnittseinkommen und der Bildungsgrad seiner Wählerschaft sogar über dem anderer Kandidaten liegen.“

Als überzeugter Antikommunist muss Herzinger gegen Trump sein, der ja ein erklärter Freund Putins ist. Putin ist ja in der Tat auch ein Unterstützer europäischer Rechtsextremer, vom Front National bis hin zu deutschen Verschwörungsfanatiker*innen sowie natürlich der antieuropäischen, super prodeutschen, antiamerikanischen Ideologie eines Alexander Dugin. Dugin, Putin und Trump, das wird ein Treffen der besonderen Art werden, evtl. wird der Islamofaschist Erdogan noch zum Tee hinzustoßen.

Auf die unfassbare Gefahr für Europa durch den Wandel von Dugin zum Pro-Amerikaner wegen Trump wies der Kulturwissenschaftler Claus Leggewie schon vor Monaten hin („Anti-Europäer. Breivik, Dugin, al-Suri & Co.“, Suhrkamp).

Herzinger hat als liberaler Analytiker glasklar auch die rassistischen und antisemitischen Ressentiments im Blick, die ein Kernelement der Katastrophe sind, deren Zeuge wird jetzt sind:

„Die Radikalisierung dieser Milieus liegt nicht in sozialer Not begründet, sondern in rassistischen Ressentiments und verschwörungstheoretisch aufgeladenen Affekten gegen die vermeintlich parasitären „Eliten“ – eine Stimmungslage, die ein grundsätzliches, aggressives Unbehagen gegenüber einer zunehmend diversifizierten modernen Gesellschaft ausdrückt. Die Destruktivkräfte, die es freisetzt, müssen jetzt endlich in ihrer ganzen Sprengkraft zur Kenntnis genommen werden.“

Das ist von enormer Bedeutung: die Trump wie die AfD-Wähler*innen hassen Diversität, Vielfalt, Unsicherheit und Neues, ja den Anderen schlechthin, wie auch mögliche Potentiale des je eigenen Individuums (ein typischer Reflex von Homophoben, beispielsweise).

Dass Menschen einen Mann wählen,

  • der Frauen auf kriminelle Weise sexuell benutzte und sie als zu begrapschendes Freiwild betrachtet, weil er reich, mächtig und männlich ist
  • der Latinos als „potentielle Vergewaltiger“ bezeichnete
  • und eine Mauer zu Mexiko bauen möchte, die Mexiko zu bezahlen habe
  • der bis zu 12 Millionen Menschen abschieben möchte, weil sie keinen Papiere hätten
  • Folter wieder einführen möchte
  • Atomwaffen auch Ländern wie Südkorea gewähren möchte und gegen internationale Verträge sich wendet
  • der allen Muslimen den Zutritt zu den USA verbieten wollte (das wurde zufällig am Tag seiner Wahl wieder von seiner Homepage entfernt)
  • der Kritiker auf Wahlkampfveranstaltungen „zu Brei“ schlagen lassen wollte
  • und seine Konkurrentin „eingesperrt“ und sagte, er werde einen Sonderermittler einstellen, sollte er Präsident werden, der dafür Sorge tragen werde, dass Hillary Clinton tatsächlich hinter Gitter kommt
  • ein Mann, der einen republikanischen Konkurrenten, Rubio, hinter der Bühne zu stark zu „schwitzen“ sah und das unglaublich fand und damit den sehr faschistischen Topos einer Purifizierung des Volkes und des aseptischen (Volks)Körpers intonierte
  • ein Mann, der Hillary Clinton als die „korrupteste Politikerin“ aller Zeiten bezeichnete und das mit einem roten Stern garnierte, der wie ein Davidstern aussah und als solcher in USA aufgefasst wurde
  • der mit der Tötung von Clinton kokettierte, als er meinte, evtl. könnten die „Leute des second Amendments“ sich ihrer annehmen, solle sie gewinnen
  • der den Klimawandel leugnet
  • ein Mann, der meint, nur ER könne das System gerade rücken („to fix it“), nur er alleine, keine Republikanische Partei und keine Berater, Experten oder demokratischen Gremien mit ihnen zusammen, sondern nur er – das alles indiziert das Ende Amerikas.

ist eine Katastrophe für die politische Kultur des ganzen Westens und der ganzen Welt.

Das Undenkbare, noch letztes Jahr, ist Wirklichkeit geworden. Der Faschismus, wenn auch nicht als System wie bei Mussolini, aber doch als eine Ein-Mann-Show, die Feinde aktiv bekämpfen wird und das neoliberale, Frauen als Waren betrachtende „you are fired“ von Trumps TV-SHOW The Apprentice auf die politische Ebene hebt, ist eine ungeahnte Gefahr, die gerade von Amerika ausgehen wird und Europa auch an den Rand des Abgrunds bringen wird.

Trump als eine Mischung aus Dieter Bohlen und Björn Höcke, nur um den Faktor unendlich gefährlicher, da Deutschland keine Atomwaffen hat und Wannabee Goebbels Höcke und die völkische Petry zumindest 2017 keine Mehrheit bei einer Bundestagswahl bekommen werden. Noch nicht.

All das unterscheidet Trump von früheren Rassisten in den USA wie Pat Buchanan oder Ross Perot, die beide keine wirklichen Ambitionen hatten, das ganze Land zentral und dirigistisch oder diktatorisch zu regieren, da sie das „System“ D.C. ablehnten – doch Trump lehnt es gerade nicht ab, er möchte nur ganz alleine im Oval Office über alle wichtigen politischen Fragen entscheiden können.

Entgegen Buchanan oder Perot hat er also diesen für den Faschismus (wir reden hier nicht über den Nationalsozialismus) italienischer Provenienz typischen Duce-Faktor. Darauf wies die New York Times im Dezember 2015 hin, auch wenn der Autor am Ende seine eigene Analyse aus Angst vor der eigenen Courage wieder zurücknahm – doch das im Dezember letzten Jahres und ein Hauptargument war, er würde keine faschistische Massenbewegung aufbauen.

Mittlerweile hat er das aber, eine riesige Bewegung, die sich selbst organisiert und nicht eingesetzt oder zentral geführt wird, wobei ihr Führer und Wortgeber bundesweit jedoch ein einziger Mann war und ist, keine Partei, keine Idee, nur ein Name: Trump. Das hat für Amerika nicht gekannte faschistoide Züge. Trump selbst nennt sie ja seine „Bewegung“.

Was jetzt passiert, war genau so zu erwarten: das gute amerikanische Volk wird in Schutz genommen und der einzige Böse ist? Klar, der Kapitalismus! Wie immer! Er ist schuld, dass Männer Frauen einfach an die „Pussy“ fassen oder ihre Brüste betatschen und eine Mauer gegen Mexiko bauen wollen, weil alle Latinos potentielle Vergewaltiger und Drogendealer seien. (Trump selbst würde nie im Leben Drogen nehmen, von Alkohol ganz zu schweigen.)

Auf die Idee, dass Menschen, die sich angeblich als Opfer des Kapitalismus fühlen, auch wenn sie ein Haus, ein Auto und viel zu viel zu essen haben (man schaue sich nur die großteils abgemagerten Trump-Unterstützer an), sich mit anderen zusammen schließen für eine demokratische, vielfältige, auf Kompromissen basierende Lösung von ökonomischen und sonstigen Problemen, eine freie Assoziation oder was immer, ohne andere, „DEN Anderen“, Minderheiten auszugrenzen, zu diffamieren, zum Abschuss oder der Abschiebung freizugeben – darauf kommt niemand. Und niemand fordert es ein. Man kapituliert vor dem Mob. Wie gehabt.

Exemplarisch hat eine Taz-Autorin, Deborah Feldman, dieses Umarmen des sexistischen, rassistischen und mit antisemitischen Verschwörungsmythen nur so um sich werfenden und mit Gewalt permanent kokettierenden und sie auf Veranstaltungen von Trump nicht nur verbal ausübenden Mobs so auf den Punkt gebracht (das ist keine Satire!):

„Bevor wir dem Impuls nachgeben, Leute zu beleidigen und damit aufzugeben, sollten wir uns fragen, was wir für gegeben nehmen, das andere nicht haben. Lasst uns unsere Offenheit und Toleranz nicht selektiv vergeben. Es mag sich anfühlen wie eine moralische Pflicht – aber die Pflicht, die uns nun obliegt, ist eine praktische. Lasst uns unsere Empörung und unsere Entrüstung beiseiteschieben und lernen, Menschlichkeit auch in den Menschen zu sehen, die anders denken, aussehen und handeln als wir. Und das unabhängig von ihren politischen Überzeugungen.

Ich möchte nicht von der biblischen Verpflichtung sprechen, diese Menschen lieben zu müssen, sondern davon, dass wir sie akzeptieren müssen, weil wir ein gemeinsames Schicksal teilen.“

Nicht einmal Melinda Crane, die bekannte Journalistin, kommt darauf, mal das Volk zu kritisieren und so nimmt sie das US-Wahlvolk in Schutz, als sie mal wieder bei n-tv als Expertin im Fernsehen kommentierte und von Trumps Erfolg zuerst zutiefst geschockt war (das war sie wirklich), um dann am nächsten Tag sich selbst und die Elite von promovierten und nicht promovierten AutorInnen, ExpertInnen oder KünstlerInnen etc. in Haftung zu nehmen: „Wir hätten nur mit uns selbst geredet und nicht mit dem Volk“. Das hat Crane so gesagt und so gemeint. Und sie ist noch die beste TV-Kommentatorin. Au weia!!

Und wenn man mit dem voll gefressenen motorisierten Volk nicht redet, hetzt es halt gegen jene, wirklich nicht viel haben, Einwanderer, Leute ohne Papiere oder man benutzt Frauen, weil das Recht des Stärkeren gilt. Oder man macht sich über Behinderte lustig, wie es Trump mit dem New York Times Autoren Serge Kovaleski getan hat. Da lacht das Faschistenherz!

Oder man unterstellt Frauen wie Megyn Kelly vom konservativen Sender FOX-News – eigentlich Trumps Propagandasender und seit Jahren an vorderster Front (Sean Hannity!) im Kampf gegen die Demokratie, Vielfalt, Einwanderung, Merkel und das Öffnen (für eine kurze Zeit) der Grenzen und für den Rechtsextremismus, die Waffenlobby, die Klimaleugnung oder das Ressentiment gegen „die“ Muslime etc., –, aus ihrem Mund würde Blut strömen, weil sie ihre Periode hätte und deshalb übel drauf sei.

Allen ist das Volk sakrosankt. Konservativ-liberale und antideutsche Kritik, bei allen erheblichen Unterschieden, kann sich ironischerweise an diesem entscheidenden Punkt treffen: die Menschen ernst zu nehmen, sie in Verantwortung zu nehmen für die Wahl eines autoritären oder faschistoiden Führers, dafür, die Demokratie und den Westen von innen heraus zu zerstören. Entgegen all den Verharmlosern, die noch bei der Wahl des übelsten Gewalttäters seine Wählerschaft in Schutz nimmt und sie als Opfer des Kapitalismus hinstellt, gilt es das Volk zu verachten, so wie es US Comedian Bill Maher tut.

So wie man Pegida-Demonstrationsteilnehmer wie auch AfD-Wähler*innen verachten sollte, so auch jene gut 59 Millionen Amerikaner*innen, die aus „freien“ Stücken Trump wählten, die sich ihres Ichs berauben ließen durch Massenmanipulation oder aber aus niederen Beweggründen, wie man strafrechtlich sagen würde, aus Hass auf Frauen, Latinos, Einwanderer, Transgender, Linke oder Muslime sowie Liebe zu verschwörungsfanatischen  Ideologemen und Hass auf Juden wie George Soros dazu ermutig fühlten, ihren ersten amerikanischen Führer zu wählen.

Trump wird den europäischen Rechtsextremisten von Frankreich über Holland über Deutschland, Ungarn nach Österreich und alle anderen europäischen Staaten für alle Zeiten eine Heldenfigur sein.

Liefen die Nazis und die AfD am 7. November 2015 in Berlin Unter den Linden noch mit antiamerikanischen Postern von Jürgen Elsässers Compact-Magazin, so jubeln sie jetzt Amerika zu. Der Hass auf Einwanderer, Linke, selbstbestimmte Frauen, Transgender oder Muslime überwiegt noch jedes antiamerikanische Ressentiment, auch wenn das weiterhin immer abrufbar bleiben wird.

Aber für unabsehbare Zeit sind Amerika und Donald Trump die Superhelden der gesamten europäischen und amerikanischen Naziszene, von David Duke, der eine der „glücklichsten Nächte seines Lebens genoss“ hin zu Frauke Petry, die in der Jungen Freiheit logischerweise ankündigt, dass es jetzt erst richtig los gehe.

Der Unterschied zu früher liegt zweifelsohne darin, dass diesmal tatsächlich auch Juden mitmachen dürfen bei der Zerstörung der Demokratie, da das Rassedenken kaum noch die Wirkmächtigkeit hat wie seinerzeit. Da lachen Broder und Achgut wie auch die extreme Rechte in Israel. Verlierer sind ein linker, liberaler oder seriöser Zionismus wie auch die Kritiker des Antisemitismus wie des Rechtsextremismus. Der amerikanisch-israelische Journalist Bradley Burston, sieht in Trumps Wahlsieg den „größten Sieg für den Antisemitismus im Amerika seit 1941“.

Ein Kernelement von Faschisten ist ihre Unberechenbarkeit. Das ist Trumps Charakter in Reinform. Morgen ein Treffen mit Netanyahu, dann wieder mit amerikanischen Antisemiten, die den alten Slogan „America First“ so sehen, wie er historisch gesehen wurde: als antisemitischer, Pro-Nazi-Slogan, wie Burston unterstreicht. Trump wird sich kaum retten können vor Einladungen zu antisemitischen Events von Victor Orbán, der Merkel nicht weniger verabscheut wie Trump und beide teilen auch das antijüdische Ressentiment gegen George Soros, dem beide vorwerfen, NGOs zu bezahlen, die Flüchtlinge unterstützten, nach Europa zu kommen, um die europäischen Nationalstaaten zu destabilisieren.

Amerika ist in seinem Kern bereits zerstört und Europa wird mit der Hilfe Trumps auch zerstört werden, autoritäre Großreiche, USA, Russland, Türkei, China, Iran – werden diesen Planeten verändern wie nichts seit 1945. Die antiwestliche Internationale hat erstmals das wichtigste und mächtigste Land der Welt hinter sich.

Nochmal: das amerikanische Volk ist schuld und verantwortlich für diese Wahl. Wähler eines Rassisten und Sexisten, der antisemitische Verschwörungsmythen verbreitet, gegen Behinderte hetzt und Einwanderer bekämpft, sind selbst das Problem und keine armen Opfer des Kapitalismus, die nicht anders konnten, als Trump zu wählen!

Diese Lüge von den „Vergessenen“ wird jetzt monate- und jahrelang durch alle Leitartikel, Talkshows und Reportagen herumgereicht, doch eine Lüge bleibt eine Lüge, auch wenn sie alle glauben. Pegidisten sind auch keine Opfer, sondern Täter, wie alle Nazis.

Donald Trump ist der erste Präsident der westlichen Welt und vor allem Amerikas, der das Post-Wahrheits-Zeitalter auch formal einläutet. Man kann lügen wie man will, man wird gewählt. Ein Sieg der Verschwörungsfanatiker*innen, der AfD und wie das ganze Pack, das ist es weiterhin und verschärft, sich nennt.

Das amerikanische Volk in seiner Mehrheit zu verabscheuen ob dieser Wahl ist nicht antiamerikanisch, sondern pro-westlich und antifaschistisch. Trump immer noch nicht als den gefährlichsten Mann im Westen (oder ehemaligen Westen) zu erkennen, der er ist, ist selbstmörderisch, in der Tat – Richard Herzinger mahnt:

„Dass Marine Le Pen im kommenden Jahr zur französischen Präsidentin gewählt werden könnte, ist nun alles andere als eine Utopie. Trump jetzt noch weiter zu unterschätzen und sich in vagen Hoffnungen zu ergehen, es möge irgendwie doch nicht so schlimm kommen, wäre mehr als sträflich. Es wäre selbstmörderisch.“

Als Bill Maher im TV gefragt wurde, ob er seine Äußerung, America sei ein „stupid country“ erläutern könnte, meinte er ganz trocken, er müsse da nichts klarstellen – „it is“ (ab Min. 3:40).

Als jetzt im österreichischen Fernsehen in der Sendung ZIB (Zeit im Bild) des ORF eine Moderatorin den Oscar-Preisträger und Schauspieler Christoph Waltz fragte, ob man nicht für Trump „die Unschuldsvermutung“ gelten lassen könnte, sagte Waltz sehr bestimmt und in völliger Klarheit: NEIN, Gesagtes könne man nicht als ungesagt hinstellen.

Christoph Waltz hat sich als Weltbürger gezeigt, als einer, bei dem es keine Anmaßung ist, wenn er von „ich“ redet. US-Präsident Obama hingegen meinte bei seinem Treffen mit Trump gestern, wie Waltz fassungslos festhält, er würde Trump Erfolg wünschen, weil das dann auch der Erfolg für ALLE sei.

Christoph Waltz: „Wirklich? Wenn Trump mit dem Erfolg hat, was er in dem Wahlkampf angekündigt hat, dann ist das Ende erreicht.“

 

Der Autor, Dr. phil. Clemens Heni, ist Politik- und Kulturwissenschaftler und Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA). Er lebte von 2008–2009 in New Haven, Connecticut, USA.

©ClemensHeni

The Shoah will soon be forgotten. We lost

Von Dr. phil. Clemens Heni, 8.11.2016

Times of Israel (Blogs)

The Shoah will soon be forgotten. It is already forgotten as a specific crime against the Jewish people by the Germans.

It is portrayed by many as “what people do against people.” That is one of the bottom lines of the “good ones,” like the United States Holocaust Memorial in Washington, D.C.

Of course, the Far Right, neo-Nazis and fascists are more than eager to forget it, particularly in Germany and Austria, but also elsewhere. That is why German Nazis and their European counterparts in the Netherlands, the UK, Hungary, France, Sweden, Italy etc. are so eager to see Trump win today. They want a nationalist vote, as nationalism in Germany and Europe equals forgetting if not affirming the Holocaust.

Moreover, the German and Austrian mainstream has been eager to forget, distort and whitewash their history in many, many ways. Left-wingers or liberals, though, are far from safe. They make the ugliest comparisons possible of the Jewish state to the Nazis. Then again, many left-wingers and most left-wing theories on fascism (not on National Socialism) portrayed the Shoah as just another chapter in the crimes of bourgeois society. Antisemitism did not play a big role if any in these studies.

Others deny the uniqueness of the Holocaust by comparing the Shoah to colonialism and have literally no idea what happened in any colony – regardless which one and at what time, as there was always a cui bono – and what happened in the woods of Lithuania, Ukraine, Poland, in Sobibor, Chelmno, Auschwitz, Treblinka or Majdanek. The intentional killing of an entire people, the Jews, by the Germans was a unique crime, as scholarship has shown (see my own research on that, Boston University’s Steven T. Katz’ or Dan Michman’s from Yad Vashem, for example). But the new mainstreams deny that uniqueness.

Take the Bill O’Reilly Show on FoxNews in America on October 21, 2016. In it, O’Reilly talks to the young director of the Victims of Communism Memorial in Washington DC, Marion Smith. They speak about “100 million victims of Communism,” a number that makes six million Jews and the Shoah a tiny part and nothing special. And indeed, O’Reilly literally went on to call Hitler and Stalin “the same thing.” He equated those who built Auschwitz to those who liberated it. Truth doesn’t matter these days, regardless whether you are in the pro- or anti-Trump camp sometimes. And when it comes to the Shoah “sometimes” translates into “most often.”

Holocaust historian and Yiddishist Prof. Dovid Katz, the leading fighter against Holocaust distortion, not just in Lithuania, informed the interested public about that O’Reilly TV show the following day (Oct. 22) and wrote:

“The usual savvy O’Reilly is, like most American pundits, not aware of the Double Genocide movement in Europe which seeks, among other things, to belittle the American and British sacrifices undertaken to bring down Nazism in Europe, while effectively falsifying the history of the grand alliance that defeated Hitler. No doubt that Mr. O’Reilly, on reflection, would think twice before embracing a theory that effectively diminishes the sacrifices of his own family members who fought heroically in World War II.“

That is a nice description, but I wouldn’t credit Americans that much about for their naiveté. Take historians Ben Kiernan (who is known for Holocaust distortion via genocide inflation) or Robert Gellately, who take “The Black Book of Communism” as some kind of new Bible not on the crimes of Communism, which we must of course study and expose, but as a handbook for modern downplayers of the Holocaust and adherents of the far right’s Double Genocide.

Or take Jeffrey Herf from the University of Maryland, a renowned Holocaust historian. He endorses the “Black Book of Communism,” which was first published in France in 1997 and the following year in German with a contribution by Joachim Gauck (who became German President in 2012), as follows:

“The authors of The Black Book of Communism are part of a welcome change in the moral-philosophical landscape in Paris, and one hopes elsewhere, as a result of which liberal and left-of-center intellectuals, scholars and politicians judge the crimes of communist regimes with the same severity they’ve applied to those of Nazism and fascism.”

Jeffrey Herf, The Washington Post Book World

The main person behind this “Black Book” is Stéphane Courtois, a former French leftist who became a passionate anticommunist. During an event in Berlin in 1998, in order to gain political support, Courtois accused Israel of claiming that the Holocaust is unique. This argumentation has been widespread among right-wing extremists for decades, but became mainstream during the last decade. This trend was already obvious when German historian Horst Möller, former head of the Institute for Contemporary History in Munich (“Institut für Zeitgeschichte,” IFZ) edited a book in 1999 titled The Red Holocaust. The book was a compilation of positive reviews of the Black Book of Communism. Gauck was also among the contributors to the The Red Holocaust.

Both the unprecedented and unique character of the Holocaust are denied, for example, by world-wide bestselling author and Yale historian Timothy Snyder in his book “Bloodlands.” He starts in 1932 and ends after the end of the Second World War. Auschwitz is just a small part of this fantasy “Bloodlands” (a non-existent territory, invented by Snyder himself as such) and nothing unprecedented at all.

Shortly after 1945, every specific proposal for action against Germany (e.g., the Morgenthau plan) was turned down. Instead, anticommunism and “anti-totalitarianism” became fashionable; see the work of Hannah Arendt and others of that time. After the Cold War, in the 1990s, a large revival of these old theories took place. The Black Book of Communism appeared in 1997 in France and a year later in Germany, with the intention of deleting specific commemorations of the Holocaust and replacing them with commemoration of all “genocides.“ This is substantially the same as what is written in the Prague Declaration, supported not only by Lithuania and the Baltics generally, but also several politicians and scholars of Germany and the Czech Republic, such as Vaclav Havel and Joachim Gauck. Germans often want to rid themselves of guilt for the Holocaust, but the Czechs? The Czech Republic was among the first victims of Nazi Germany. In 1945, Czechoslovakia was liberated by the Soviet Union’s Red Army.

German President Joachim Gauck signed the Prague Declaration of 2008, which equates Communism and Nazism and urges Europe to establish a “common” day of remembrance for “totalitarian crimes,” August 23, 1939, the day of the Hitler-Stalin Pact.

The same red equals brown ideology holds for the “Victims of Communism Memorial” in America, installed by President George W. Bush. A representative from that Holocaust distorting memorial, Marion Smith, agreed with O’Reilly that Hitler equals Stalin and vice versa.

Auschwitz survivor Jean Améry foresaw it decades ago. The most important prize for literature in Germany is the Büchner prize, named after the famous revolutionary Georg Büchner, who lived in the early 19th century. The prizewinner in 2007 was German writer Martin Mosebach. In his acceptance speech, he compared the French Revolutionary Saint-Just in which he threatened his rivals with violence and death, with an unprecedented address in modern world history – the speech of the chief of the SS Heinrich Himmler in Posen on October 4, 1943. There, the chief of the Schutzstaffel (SS) praised German mass murderers having “behaved themselves,” while “exterminating the Jewish people.” The Shoah is justified and for him, German perpetrators are heroes.

To compare these unprecedented crimes with a typical text of the French Revolution has two effects: first, the remembrance of the crimes Nazi Germany committed is reduced and veiled, if one can compare one of the ugliest speeches in world history with any text of the French Revolution. Second, the conservative Mosebach pleads for an aggressive anti-Utopian stance, because in his view both the French Revolution and National Socialism were results of utopian ideas. This specifically ignores the antisemitic impact of right-wing extremism before 1933 as well as between 1933–1945.

Decades ago in his Jenseits von Schuld und Sühne (Beyond Guilt and Atonement), Holocaust survivor Jean Améry foresaw this kind of antisemitism:

“Hitler’s empire…will first continue to pass as an accident in the workings of history. But, finally it will be regarded as history pure and simple, neither better nor worse than any other dramatic historical period. Even stained with blood, the empire will have had its daily life, its family life. The picture of grandfather in his SS uniform will be hung in a  place of honor, and schoolchildren will hear less about the selections that took place on the ramps [of Auschwitz] than about the surprising victory over an all-pervasive unemployment. Hitler, Himmler, Heydrich, Kaltenbrunner will become names like Napoleon, Fouché, Robespierre, and Saint-Just.”

Historian and Jewish studies scholar Alvin Rosenfeld put it aptly in his “The End of the Holocaust” (2010), where he dealt with the “good” Americans, not with what we would call today Trumpists. Fascist, sexist, racist, authoritarian, post-truth conspiracy agitator Donald Trump has to be fought with all electoral power America has and he will lose today’s election. Otherwise America is, morally speaking, history.

But let us look backward and forward, at how the “Americanization” of the Holocaust happened. Rosenfeld writes:

“It is part of the traditional, mainstream American ethos to stress the prevalence of goodness, innocence, optimism, liberty, diversity, and equality. It is part of the same ethos to downplay or at least not dwell on the dark and brutal sides of life and instead to place a preponderant emphasis on the saving power of individual moral conduct and collective deeds of redemption. (p. 60) (…)

According to Naomi Paiss, a former director of communication, ‘The [United States Holocaust Memorial] museum’s ultimate goal [is] an ‘en-masse understanding that we are not about what the Germans did to Jews but what people did to people.” (p. 68).

That universalization of the Shoah is the problem. It will be among the reasons why the Shoah will be forgotten as a specific, as the worst crime of mankind. And we will forget it with the best intentions of diversity and inclusiveness. We won’t realize the violence that is inherent to the words of someone like Naomi Paiss, who stands just pars pro toto for mainstream Holocaust and Genocide Studies, as many like to frame it these days and in the future.

Améry predicted this decades ago. And we failed to prevent it.

©ClemensHeni

Auschwitz und andere Gemeinheiten. Carolin Emcke ist gegen „Hass“ und bekommt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

Die Publizistin Carolin Emcke schreibt in ihrem Buch „Gegen den Hass“, das 2016 auf den kulturindustriellen Markt geworfen wurde (Frankfurt a.M.: S. Fischer):

„Das Thema des Zugangs zu Toiletten für Transpersonen ist jüngst vor allem in den USA kontrovers diskutiert worden.“ (S. 158)

Es ist ein Buch über Hass hier und dort, und für Emcke führt die Diskriminierung von „Transpersonen“ ohne Umschweife zu allen möglichen Formen von „Hass“.

Nehmen wir Auschwitz als Beispiel, denn mehr als ein Beispiel ist es kaum. Immerhin nimmt sie EinwanderInnen in die Pflicht, sich auch mit den nicht so tollen Kapiteln eines Landes zu befassen (S. 203) – aber bitte einfühlend, sie hat schließlich Michel Foucault, Judith Butler und Axel Honneth gelesen (siehe Anmerkungen, S. 220–240), die immer wieder herbeizitiert werden. Emcke postuliert:

„Für das Erinnern an Auschwitz gibt es keine Halbwertszeit“. (S. 203)

Puuh, das ging nochmal gut. Der Holocaust war offenbar doch kein chemisches Experiment. Weiter schreibt die Preisträgerin:

„Es wird deswegen nötig sein, mit modernen didaktischen Methoden diese Geschichte als etwas zu erzählen, das sich mit neugieriger Einfühlung selbst aneignen lässt. Die vielen wunderbaren Beispiele aus den Programmen von Museen und Kultureinrichtungen zeigen längst, dass es möglich ist, auch Jüngere anzustiften, sich so kreativ wie ernsthaft mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.“ (S. 203)

„Wunderbare Beispiele aus den Programmen von Museen und Kultureinrichtungen“, die es ohne deutsche Vorarbeit gar nicht geben könnte, hätte an dieser Stelle der Publizist Eike Geisel festgehalten.

Bislang war es ja so gut wie unmöglich für junge Menschen, sich mit dem SS-Staat zu befassen, aber, endlich, dank „moderner didaktischer Methoden“ klappt das jetzt. Vor allem nicht so staubtrocken und nüchtern (wie z.B. ein Buch lesen), sondern mit „neugieriger Einfühlung“. „Frau Emcke, wie fühlt sich das an, einen Tag nackt im Schnee zu stehen und nicht umzufallen, im KZ?“ „Bekamen die danach wenigstens einen heißen Kakao?“ Sowas könnte man als Rollenspiel durchspielen, aber sicherlich einfühlend, nicht grob und unsensibel.

Oder: „Anstiften, hey, das klingt obercool“, denken sich ein paar Teenager, „lasst uns mal schauen, was wir Spannendes oder Schockierendes entdecken, bei den Juden geht immer was Krasses ab, eh“.

Oder sich „einfühlen“ in Anne Frank, der Klassiker schlechthin. „Sich einfach nicht alles gefallen lassen!“ „Tagebuch schreiben!“

Dass Anne Frank in Bergen-Belsen qualvoll starb und alles nur kein „Vorbild“ ist, geschenkt. Diese „Amerikanisierung“ des Holocaust (so der Kritiker Alvin Rosenfeld in „The End of the Holocaust“) ist längst eingermanisiert.

Ideologisierte AnhängerInnen der antisemitischen BDS-Kampagne drucken Anne Franks Bild als Ikone mit einem Palästinensertuch um den Hals und kämpfen so ausgestattet gegen „den“ Juden im Namen „der“ Juden gegen Rassismus und Israel und fügen Juden, Holocaustüberlebenden und ihren Nachfahren damit absichtlich Schmerzen zu, von der Verhöhnung Anne Franks und der Opfer der Shoah nicht zu schweigen.

Doch selbst und gerade die tollen neumodischen Konzepte, die Emcke vorschweben, sind das Problem. Die „Familiarisierung“, wie es die kritische Pädagogik nennt, promotet ein Einfühlen in die Geschichte Nazideutschlands und gerade der Holocaustopfer, suggeriert, „wir“ könnten so tun, als ob wir wüssten, was Auschwitz war und wie es sich „anfühlte“[1] und tut den Opfern somit ein zweites Mal Gewalt an. Die meisten der sich gutfühlenden Erinnerer merken das gar nicht.

Aber unterm Strich, und darauf kommt es ja an, ist Emcke glücklich und fröhlich:

„Mich beglücken die verschiedenen Rituale und Feste, Praktiken und Gewohnheiten. Ob Menschen sich in Spielmannszügen oder bei den ‚Wagner-Festspielen‘ in Bayreuth, ob sie sich im Stadion von FC Union Berlin oder bei ‚Pansy Presents…‘ im ‚Südblock‘ in Kreuzberg vergnügen, ob sie an die unbefleckte Empfängnis glauben oder an die Teilung des Roten Meeres, ob sie Kippa tragen oder eine Lederhose oder Drag – die gelebte und respektierte Vielfalt der Anderen schützt nicht nur deren Individualität, sondern auch meine eigene.“ (S. 195)

„Meine eigene“ – das passt, denn das Buch wirkt wie ein narzisstisches Bekenntnis. Sie sieht sich selbst als gleich doppeltes Opfer:

„Als Homosexuelle und als Publizistin gehöre ich gleich zu zweien der in diesem Kontext besonders verhassten gesellschaftlichen Gruppierungen.“ (S. 71)

So richtig und wichtig Ihre Kritik an Pegida oder AfD, an Homophobie, Rassismus und völkischem Nationalismus, an Antiintellektualismus, an Reinheit und Einheit ist, so völlig analyselos, eklektisch, additiv ist ihre Aufzählung der „Opfer“-Gruppen, was im ganzen Buch so rüberkommt, als ob sie es nur wegen sich selbst geschrieben habe.

Im Grunde analogisiert sie permanent und obsessiv Antisemitismus mit Homophobie, Rassismus und allerlei Diskriminierungen oder auch Hass. Sie verkennt den genozidalen Charakter des Antisemitismus und hat keinen Begriff davon. Keine andere Gruppe wird in aller Welt beschuldigt, an dieser oder jener Verschwörung beteiligt zu sein.

Die „Protokolle der Weisen von Zion“ inspirierten Deutsche und Hitler dazu, den Juden zu bekämpfen. Christen agitieren bis heute in nicht wenigen Kreisen, Juden hätten Jesus auf dem Gewissen. Arabische Antisemiten wie islamistische fantasieren, Israel und die Juden würden Wasser oder Bonbons vergiften und überhaupt hätten die Juden die Medien, das Kapital und die Regierungen in der Hand.

Ressentiments und Verschwörungsmythen, die nicht wenige Araber und alle Islamisten mit vielen FanatikerInnen in Deutschland bis weit in die Mitte der Gesellschaft teilen. Man denke nur an 9/11 und die diesbezüglichen Verschwörungsmythen, eine Kopplung aus Antiamerikanismus und Antisemitismus.

Juden stünden hinter dem Kapitalismus, dem Kommunismus, den Medien, der Moderne, der großstädtischen ausschweifenden Sexualität usw. usf.: keines dieser klassischen Topoi des Antisemitismus trifft auf Frauen, Homosexuelle, Flüchtlinge, Schwarze oder neue Nachbarn zu.

Die „lethal Obsession“ (Robert S. Wistrich) des Antisemitismus oder der „longest hatred“ (Robert S. Wistrich) zeigen einen obsessiven Hass, ein irrationales Ressentiment und gerade kein x-beliebiges Vorurteil oder eine x-beliebige „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ an. Der Antisemitismus kann sich in unendlich viele Facetten kleiden, wie die Geschichte seit der Antike gezeigt hat.

Aber auch die Abwehr der Erinnerung an die Shoah ist sehr spezifisch antisemitisch konnotiert und gerade nicht Ausdruck einer x-beliebigen „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“. Für die nationale Identität in Deutschland ist ein Trivialisieren der Shoah essentiell, wie das geschieht, ist variabel. Gleichsetzende „Vergleiche“ von Nationalsozialismus und Stalinismus oder Sozialismus (Rot=Braun)  sind derzeit beliebt („Schwarzbuch des Kommunismus“, „Prager Deklaration“), postkoloniale Ideologie ist ebenfalls en vogue („Von Windhuk nach Auschwitz“) und natürlich die Pegida-Agitation mit ihren Anleihen bei Goebbels und NSDAP-Propaganda, wie sie nicht zuletzt am 3. Oktober, dem „Tag der deutschen Einheit“ zu erleben war.

Sehr beliebt sind zudem die penetranten Vergleiche von Israel und den Nazis oder der Apartheid, typische Muster der Schuldabwehr und Schuldprojektion. Sodann nicht zu vergessen die Hinweise, welche perfiden britischen oder amerikanischen Bomber diese Brücke oder jenes Haus in Dresden, Hamburg oder Wien „zerstört“ haben und welche tapferen Deutschen oder Österreicher in einem neuen Kraftakt des „wir“ sie nach dem 8. Mai 1945 wieder aufbauten (oder sie als Mahnung gegen Krieg an und für sich stehen ließen, wie in Berlin die „Gedächtniskirche“).

Oder man denke an elaboriertere Theoreme wie jenes der bösen Moderne, die ein „Lager“ und das KZ nur die vollendete bürgerliche Gesellschaft sei, das seit Jahren Teil antisemitischer Trivialisierung der Shoah ist, hier vorgetragen vom italienischen Modephilosophen Giorgio Agamben.[2] All das kommt in „Gegen den Hass“ selbstredend nicht vor, weil das Decodieren subtilen Hasses oder antisemitischer Ressentiments Emckes Geschäft nicht ist.

Das angedeutete Spezifische des Antisemitismus kommt bei der Autorin nicht vor. Für sie sind die unterschiedlichsten Gruppen gleichermaßen, ohne kategorialen Unterschied, Opfer, sie wendet sich gegen Hass auf

die Juden, die Frauen, die Ungläubigen, die Schwarzen, die Lesben, die Geflüchteten, die Muslime oder auch die USA, die Politiker, der Westen, die Polizisten, die Medien, die Intellektuellen.“

Es ist diese Aufzählung, die das genozidale Ressentiment gegen die Juden – womit sie die vernichtungsantisemitische Pointe gegen den Juden treffsicher verpasst – mit Hass gegen die Frauen gleichsetzt; als ob ein Genozid an Frauen stattgefunden habe oder in Planung sei; ganz abgesehen davon, dass natürlich auch deutsche Frauen, oder auch ungarische, österreichische, litauische Antisemitinnen waren und auf andere Weise heute wieder oder noch sind. Wer Sexismus analysieren und bekämpfen möchte, kommt mit solchen undifferenzierten Analogien nicht weiter.

Mehr noch: Wenn Emcke schon ziemlich umfassend alle ihr in den Kopf kommenden Großgruppen, denen Hass begegnet, aufzählt, fehlen, das nur am Rande, einige Gruppen, neben Behinderten, Obdachlosen, frisch Um- oder Zugezogenen vor allem auch Hartz4-Empfänger oder Arme, Opfer des Kapitalismus.

Das mit den ‚frisch Um- oder Zugezogenen‘ („Etabliertenvorrechte“) ist nicht ironisch gemeint, nein, die sind ernsthaft Teil der sogenannten „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ (GMF) und meinen auch ganz normale Deutsche, die – umziehen. Deshalb hätte auch der Erfinder des Wortungetüms „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, Wilhelm Heitmeyer, den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten müssen und nicht Carolin Emcke, das wäre ehrlicher gewesen.

Denn Emcke plappert nur nach, was Heitmeyer seit über 10 Jahren schon formuliert, und ein Kapitel in ihrem Buch heißt denn auch „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“. Um Nachfragen vorzubeugen: nein, auch der Verfasser dieses Textes ist nicht für „Menschenfeindlichkeit“, „gruppenbezogene“, wobei es gerade mit Blick auf den Deutschen schwer ist, jene nicht zu verspüren.

Auschwitz und die Shoah kommen in „Gegen den Hass“ im Kontext x-beliebiger „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ vor. Ein weiteres Beispiel ist der rassistische Mob gegen Flüchtlinge in Sachsen in Clausnitz, ein anderes Rassismus in USA. Hass auf alle möglichen Gruppen, eben auch Juden. Emcke schreibt explizit, nachdem sie „Antisemitismus“ erwähnte, „[n]och immer gibt es gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (S. 69), also war die Shoah auch eine.

In ihrer publizierten Dissertation spricht Emcke wie der des Deutschen nicht mächtige gewöhnliche Feuilletonredakteur von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, wo es doch „gegen die Menschheit“ heißen muss. Gegen die Menschlichkeit verstößt auch der ganz normale Kapitalismus der Deutschen Bank, oder jeder x-beliebige Vorstand einer Aktiengesellschaft, der Menschen als Ware betrachtet, wie es der Kapitalismus, das ökonomische a priori verlangt.

Der Holocaust hat damit gar nichts zu tun und ist ein Zivilisationsbruch gewesen, der nicht nur gegen die „Menschlichkeit“ gerichtet war, sondern gegen die Juden und die Menschheit.

Geradezu obsessiv verquickt Emcke Juden und Homosexuelle (also sich selbst), sie scheint Opfer sein zu wollen wie die Juden:

– „Es gab diesen diskreten, aber eindeutigen Vorwurf, nun sei doch seitens der Juden oder der Homosexuellen oder der Frauen auch mal etwas stille Zufriedenheit angebracht, schließlich würde ihnen so viel gestattet.“ (S. 13)

Man könnte meinen, Frauen seien Opfer einer Shoah geworden und würden nun so ressentimentgeladen attackiert werden wie Juden.

Weiter geht’s in Emckes Analogieamoklauf, dem friedfertigen, unblutigen und einfühlenden:

– „… das Geraune von einer ‚schwulen Lobby‘ oder jener Sorte Israel-Kritik, die mit einem ‚man wird ja wohl mal sagen dürfen‘ anhebt“ (S. 76)

– „…humorlos zu sein (gegenüber Feministinnen oder auch lesbischen Frauen gehört das zum Standardrepertoire), von der eigenen qualvollen Geschichte ‚profitieren‘ zu wollen (gegenüber Jüdinnen und Juden)“ (S. 102)

So als ob eines der antisemitischen Topoi nach dem Holocaust, die „Holocaustindustrie“, auch nur im Ansatz damit zu vergleichen sei, dass angeblich sehr häufig Feministinnen oder Lesben als humorlos bezeichnet würden. Was für ein additives, ohne jede Struktur mit Wörter herum fuchtelndes Gerede das ist.

Dann bringt sie besonders „surreale Beispiele“:

-„ …wenn an öffentlichen Schulen nur jüdische Feiertage gelten würden, wenn nur homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürften …“ (S. 114)

Für Emcke ist Antisemitismus, auch der sekundäre, um den es hier geht (auch wenn sie das Wort nicht kennen sollte), nicht mehr als eine „abwertende Etikette“ und „strukturelle Missachtung“ (S. 102).

Diese völlige analytische Hilflosigkeit, die weder sozialpsychologische noch politisch-kulturelle oder ideologiekritische Analysemuster kennt, kommt gut an, weil sie „uns“ alle (solange „wir“ zu einer „diskriminierten“ Gruppe gehören) zu einem „wir“ der Opfer zusammen schmiedet, das ist der Tenor hierbei, der das ganze Buch  durchzieht.

Sodann folgt eine Analogie von Morden an Transgenderpersonen mit antisemitischen und rassistischen Morden (S. 156f.), und schließlich setzt Emcke am Beispiel des sog. Islamischen Staats dessen „Hass“ gegen Frauen, Juden und Homosexuelle auf eine Stufe (S. 169).

Jede Differenz wird hier geleugnet. Niemand strebt danach einen Staat der Homosexuellen zu zerstören, niemand agitiert weltweit gegen die Protokolle der Weisen der Transgenderpersonen. Die schrecklichen Diskriminierungen und der homophobe oder transphobe Hass sind schlimm und müssen bekämpft werden. Aber nicht indem man wie Heitmeyer oder Emcke das mit dem Konzept der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ macht, indem der einzige weltweite, genozidale Hass, der Antisemitismus (und Antizionismus) völlig als solcher derealisiert wird.

Probleme über die Benutzung von Toiletten von Transgenderpersonen müssen in der Gesellschaft diskutiert und gelöst werden. Aber das auch nur in einem Atemzug mit dem genozidalen Hass auf „den ewigen“ Juden zu vergleichen ist das Ende jeder Analyse.

Es gibt widerliche Hetze gegen Schwule und Lesben oder „Transen“, nicht nur online, auch und gerade offline. Aber das homophobe Geschwätz von einer „schwulen Lobby“ ist eben lächerlich und konsequenzlos verglichen mit der auf die Auslöschung von Millionen Juden gerichteten Hetze gegen die „Israellobby“ oder die „jüdische Lobby“. Wer das nicht kapiert, hat wirklich gar nichts kapiert von der Gefahr, die vom Antisemitismus ausgeht.

Mehr noch: auch das Gendern Emckes von Jüdinnen und Juden in der Shoah ist an Absurdität und Perfidität nicht zu überbieten. Hierzu hat die Autorin Esther Dischereit schon vor über 20 Jahren geschrieben:

„Ende der achtziger Jahre schließlich – noch vor Ausbruch der Pogrom’feierlichkeiten‘ – ich meine die explosionsartig ins öffentliche Bewußtsein drängende Etablierung einer Erinnerungs’kultur‘ – war ich zu Gast bei einer kleinen radikal feministischen Gruppe, die sich vorgenommen hatte, etwas von Frauen zu erfahren, die während des Nationalsozialismus im Widerstand aktiv waren. Die Frauen wollten sich auch mit dem KZ Ravensbrück beschäftigen. Im Verlauf des Gesprächs wurde als Motiv formuliert: Die Jüdinnen seien es, mit denen sie sich befassen wollten, denn daß sie als Frauen so behandelt worden seien, sei das, was sie empörte. Ich weiß noch, daß ich wegen der feministischen Trauerbedürfnisse aufstand und wegging. Mir gelang keine Begründung, weil ich stammelte und mir die Luft wegblieb. Mit war das ganze Ansinnen der Gruppe diskreditiert. Sollte die Asche in männlich und weiblich geteilt werden? (…) Das, was mich so sprachlos machte, war wohl die Rigidität und Erbarmungslosigkeit, mit der mir der Begriff vom Mensch-Sein ersetzt schien durch Frau-Sein. Gegenüber den Lebenden in der patriarchalen Gesellschaft hätte mich solche Übertreibung nicht weiter aufgeregt, vielleicht hätte ich sie für eine Zeitlang als notwendig angesehen. Gegenüber den Toten war sie für mich von einer Grausamkeit, die ich nicht fassen konnte. (…) Der Jude war getötet worden als Jude – als non-human, als Nicht-Mensch –, es spielte vor der Geschichte keine Rolle mehr, ob er nach gender per se ein Patriarch gewesen oder nicht.“ (Esther Dischereit (1995): Übungen, jüdisch zu sein, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 168–170.)

***

Schließlich passt der Friedenspreis zu Carolin Emcke wie zu Martin Walser. Auch Emcke strebt nach einem starken „wir“ (S. 218), sie schreit danach dazugehören, ob nun als Teil einer Opfergruppe in einer Reihe mit Juden oder nicht, Hauptsache „wir“, natürlich kein fixes „wir“, ein offenes, lustiges, glückliches, nicht festgelegtes. Und wer in Buchläden geht, derzeit, sieht den Schrei nach einem „wir“ all überall, nicht nur bei Nazis und Pegidisten, grade auch bei den vorgeblich nicht so Völkischen.

Und sie gehört auch zum Kreis derjenigen um Axel Honneth und das heutige Frankfurter Institut für Sozialforschung, die Adornos Namen in den Dreck ziehen und feierte 2012 ihre alte Freundin (siehe den „Dank“ in der publizierten Fassung der Dissertation von Emcke), die antisemitisch-antiisraelische Autorin Judith Butler, die tatsächlich Adorno-Preisträgerin wurde. Emcke nahm die amerikanische Agitatorin, die nicht nur die Hamas als soziale linke Bewegung betrachtet, sondern vor allem Israel als jüdischen Staat kategorisch ablehnt, gegen Kritik in Schutz.

Emcke zitiert in „Gegen den Hass“ unkritisch die antisemitische Autorin Jacqueline Rose, die dafür berüchtigt ist, an anderer Stelle die unfassbare Lüge geschrieben und gedruckt bekommen zu haben, nach der sich womöglich Hitler und Theodor Herzl während des gleichen Konzerts mit Wagner-Musik für ihre jeweiligen Bücher „Mein Kampf“ oder „Der Judenstaat“ inspirieren hätten lassen. Das hätte bekanntermaßen spätestens im Mai 1895 stattfinden müssen, da zu diesem Zeitpunkt Herzl sein Manuskript abschloss. Hitler war da sechs Jahre alt. Und er kam erst 1940 in des Erzfeindes Land, mit der Wehrmacht.

Doch für Emcke ist das keine Erwähnung wert, für sie ist Rose zitierbar, was nicht wundert, wenn sie auch ein Fan von Butler ist oder dem antiamerikanischen und mit antisemitischen Invektiven nur so um sich werfenden Holocaustverharmloser Giorgio Agamben.

Emcke zitiert Agambens Buch „Homo Sacer“, in dem der Autor die Festsetzung illegaler Einwanderer in Italien 1991 mit der Deportation von Juden aus Vichy-Frankreich oder heutigen Warteräumen für Flüchtlinge auf internationalen Flughäfen gleichsetzt. Agamben schreibt darin auch folgenden Satz, der einer Preisträgerin für den Frieden mit dem Deutschen Buchhandel offenbar runterflutscht wie Honig:

„Jedenfalls wissen die Juden in Auschwitz, und dies wirkt wie eine grausame Selbstironie, daß sie nicht als Juden sterben werden.“

In einem seiner Bremer Vorträge von 1949 redet der deutsche Denker Martin Heidegger von der „Fabrikation von Leichen“, was Agamben im von Emcke zitierten Band ebenso unkritisch wiedergibt, ohne dieses Wort zu analysieren oder den Kontext des Zitats kenntlich zu machen. Heidegger sagt:

„Ackerbau ist jetzt motorisierte Ernährungsindustrie, im Wesen das Selbe wie die Fabrikation von Leichen in Gaskammern und Vernichtungslagern, das Selbe wie die Blockade und Aushungerung von Ländern, das Selbe wie die Fabrikation von Wasserstoffbomben.“

Die Gleichsetzung der präzedenzlosen Vernichtung der europäischen Juden in Gaskammern mit modernem Ackerbau ist ein Antisemitismus neuen Typs, eine Banalisierung des Unfassbaren wie eine Opferstilisierung der deutschen Täternation.

Für Carolin Emcke gibt es offenbar keinen kategorialen Unterschied zwischen Gaskammern und dem „Hass“, Transgenderpersonen die Benutzung dieser oder jener Toilette schwer zu machen. Sie meint es sicher nur gut, beide „Beispiele“ (für das eine steht Auschwitz) kommen im selben Buch offenkundig als Beispiele für „Hass“ vor.

Carolin Emcke ist eine würdige Preisträgerin, sie ist gegen das Differenzieren und das kritische Denken, für das Geplapper und die Affirmation der Kulturindustriemaschine. So mag es der Betrieb, und alle werden klatschen. Glück wird sich ausbreiten in der Paulskirche, langsam, aber immer stärker.

Für die Publizistin sind St.-Pauli-Fans so bescheuert oder gefährlich, deppert oder skurril wie Jihadisten, die sich 72 Jungfrauen erhoffen, nur böse „liberale Rassisten“ sehen das nicht, weshalb ich schon vor sechs Jahren schrieb:

„Heute spricht die junge und bislang kaum aufgefallene Autorin Carolin Emcke in der ZEIT in einem kulturrelativistischen Amoklauf, der zwischen islamistischen suicide bombern und den Fußball-Fans von St. Pauli keinen nennenswerten Unterschied sehen möchte, von einem ‚liberalen Rassismus‘ der Islamkritiker.“[3]

Die Preisträgerin ist „beglückt“ von den Wagner-Festspielen wie von den Dragqueens, ihre postmodern kapitalistische Offenheit lässt alles gelten. Carolin Emcke ist wirklich „beglückt“, weil nur das, diese vorgebliche Vielfalt, ihr erlaube als Lesbe und Publizistin so zu sein, wie sie ist. Ihr Beglücktsein wird von der Paulskirche ausgehend sich im ganzen Land verbreiten. Und das ist doch das Wichtigste.

 

[1] Zur Kritik an dieser Einfühlung und „Familiarisierung“ siehe die unpublizierte Dissertation von Marion Bremsteller: „Didaktik der Verfremdung. Bertolt Brechts Theater und seine Bedeutung für die Pädagogik, gezeigt am Stück Die Dreigroschenoper“.

[2] Siehe zu Agamben Clemens Heni (2013): Antisemitism: A Specific Phenomenon. Holocaust trivialization – Islamism – Post-colonial and Cosmopolitan anti-Zionism, Berlin: Edition Critic, 375–378.

[3] „[D]er männliche Blick, der junge Mädchen unter den Schleier zwingt, erscheint den einen ebenso sexistisch wie anderen der, der sie sich in High Heels quetschen und rundum entblößen lässt; die Vorstellung der Eucharistie ist den einen so befremdlich wie den anderen der Glaube an 72 Jungfrauen im Paradies; die Wagner-Begeisterten in Bayreuth wirken auf die einen so befremdend wie auf andere die St.-Pauli-Fans am Millerntor“ (Carolin Emcke (2010): Liberaler Rassismus. Die Gegner des Islams tun so, als würden sie Aufklärung und Moderne verteidigen. In Wahrheit predigen sie den Fremdenhass, in: Die Zeit, 25.02.2010).

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