Wissenschaft und Publizistik als Kritik

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100 Jahre Balfour-Deklaration und ihre Feinde – der Marc Jongen der Palästinenser: Rashid Khalidi

Von Dr. Clemens Heni, 3. November 2017

Ein Gegenintellektueller ist eine Person, die sich gerade nicht die Mühe der Analyse und Kritik von Mythen, Traditionen, alten wie bestehenden Herrschaftsstrukturen macht. Der Soziologe Siegfried Kracauer (1899–1966) definierte sehr präzise, was „Intellekt“ ist: „Nichts anderes ist der Intellekt als das Instrument der Zerstörung aller mythischen Bestände in und um uns.“

Bis heute sind somit die Intellektuellen die Erzfeinde der AfD, von Nazis, weiten Teilen des Mainstreams, und nicht wenigen Linken. Jene, die als „rechte Intellektuelle“ bezeichnet werden, sind in Wahrheit Gegenintellektuelle, sie möchten ja gerade nicht die „mythischen Bestände“ wie die Wartburg-, Luther- wie Burschenschaftstraditionen zerstören, sondern reaktivieren. Sie sind reaktionäre Gegenintellektuelle.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem palästinensischen Agitator Rashid Khalidi aus New York City. Auch er ist ein als Intellektueller vorgestellter Gegenintellektueller. Er hält die „Edward Said“ Professur „of Modern Arab Studies“ and der Columbia University. Vor wenigen Wochen sprach er dort in der ihm typischen Diktion über die „Opfer“ der Balfour-Deklaration, die am 2. November 1917 Lord Rothschild in London übergeben wurde.

Der Deutschlandfunk, der sicher nicht Staatsfunk genannt werden möchte (das hörte sich nach Ideologie und DDR an), berichtet völlig euphorisch über Khalidi und zitiert dessen Ideologie exzessiv. Demnach sei die Balfour-Deklaration ein koloniales Projekt der Briten gewesen und der Deutschlandfunk in Person von Ruth Kinet resümiert in antiisraelischer Diktion: „Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist lösbar: Israelis und Palästinenser könnten mit einander ins Gespräch kommen. Sie könnten lernen, die Geschichte des anderen nicht länger zu leugnen – lernen, das Erbe des anderen anzuerkennen und zu respektieren. Sie müssten Abschied nehmen von dem Geist, den die Balfour-Erklärung atmet und der mit dem Schicksal anderer auf größtmöglichen eigenen Gewinn spekuliert.“

Das ist natürlich kitschig gesagt und die Autorin widerlegt ihren Willen zur Verständigung in ihrem eigenen Artikel, indem sie sich auf einen der übelsten und berüchtigtsten Agitatoren gegen Israel überhaupt bezieht, Rashid Khalidi.

Kinet hat 2003 an der Freien Universität Berlin mit einer kleinen Studie über Kolonialpolitik in Kongo promoviert. Die wissenschaftliche Analyse von Antisemitismus und Antizionismus scheint nicht zu ihrem Schwerpunkt zu gehören. Denn wie kommt sie darauf, den Hörer*innen den Hardcore-Israelfeind Rashid Khalidi, der 2017 in einem so unwissenschaftlichen wie aggressiv antiisraelischen Buch[1] mit dem BDS-Gründer Omar Barghouti als Autor auftaucht, als seriösen Gewährsmann zu präsentieren? Khalidi erwähnt doch nie, wer für den Nahostkonflikt primär verantwortlich zeichnet: jene Araber, die später Palästinenser genannt werden, die sich 1937 (Peel-Commission) und 1947 und bis heute weigern, einen jüdischen Staat im Nahen Osten zu akzeptieren und auch keinen arabischen Staat, wie er ihnen 1937, 1947 und später angeboten wurde, zu akzeptieren.

Wie kommt Kinet darauf, Khalidi so positiv einzuführen? Khalidi war immerhin Sprecher in Beirut der damals (in den 1970er und 1980er Jahren) als Terrororganisation eingestuften PLO. Sein Vorbild, nach dem sein Lehrstuhl an der Columbia University benannt ist, Edward Said, war ein antizionistischer Antisemit, wie die Forschung gezeigt hat. Der Staatsfunk, wenn wir ihn mal so nennen wollen, sekundiert damit nur die Bundesregierung, die in Berlin eine pompöse Barenboim-Said-Akademie bauen ließ, wie Thomas Weidauer und ich kritisieren:

„Schon 1969 bezeichnete Edward Said (1935–2003) die Araber als ‚die neuen Juden‘. 1979 setzte er Israel mit dem südafrikanischen Apartheidstaat gleich. In seinem bekanntesten Buch Orientalismus von 1978, denunzierte er Israel als das letzte orientalistische, also imperialistische, westliche und rassistische Land. 1987 sagte Said in einem Interview, die Juden hätten die Lehren aus ihrem eigenen Leiden unter Nazi-Deutschland nicht gezogen. Für ihn verhalten sich die Juden/Israeli gegenüber den Palästinensern heute so, wie die Nazis sich gegenüber den Juden verhalten haben. Diese Ideologie wird nun offenbar sehenden Auges von der deutschen Bundesregierung mit 20 Millionen Euro Baukosten plus Teilen der laufenden Kosten nach Eröffnung der Akademie unterstützt. Deutschland, Deutschland, du tüchtiges Land.“

Juden gingen schon 1947 Kompromisse ein, aber die Araber verweigerten sich. Darüber spricht Khalidi nicht. Und da sind wir beim Thema Antisemitismus, islamistisch[2] wie arabisch-sozialistisch-nationalistisch[3].

Kinet führt Khalidi für die Hörer*innen als angeblich seriöse Quelle der Columbia Universität ein. So wie kürzlich das Bard College in New York den AfDler Marc Jongen zu einer Hannah-Arendt-Tagung einlud, wohl wissend wie rechtsextrem Jongen agitiert und für was die AfD steht. Es gab Proteste gegen diese Einladung, aber da waren dann so obskure und selbst höchst problematische Figuren wie Judith Butler mit dabei. Butler ist ja bekanntlich eine führende antizionistische Jüdin, quasi eine Art Kumpel von Khalidi, beide delegitimieren den jüdischen Staat, mal aus jüdischer, mal aus arabischer Perspektive.

Die Deutschlandfunk-Autorin zitiert auch Mahmoud Abbas, der fordert, England solle sich für die Balfour-Deklaration entschuldigen. Für eine solche „Entschuldigung“ führt Kinet noch weitere angeblich seriöse Stimmen an. Doch vielmehr sollte sich Abbas mal entschuldigen dafür, dass in den palästinensischen Autonomiegebieten Massenmördern wie Saddam Hussein (der im März 1988 bis zu 5000 Kurden mit deutschem Giftgas in der irakischen Stadt Halabdscha ermorden ließ) mit Denkmälern gedacht wird, wie vor kurzem in der Stadt Kalkilia geschehen.

Die Balfour-Deklaration ist ein historisches Dokument, das die ungeheure Bedeutung von Diplomatie zeigt und das auch beurkundet, wie international Israel schon Jahrzehnte vor Staatsgründung anerkannt war. Die einzigen, die Juden das Recht in ihrem alten Land zu leben bestreiten – egal wie groß dieses Land nun ist –, sind die Palästinenser, die damals noch gar nicht so hießen, sondern Araber genannt wurden.

Wie der israelisch-amerikanische Historiker Martin Kramer im Juni 2017 in einem langen Beitrag im Mosaic Magazine en detail zeigt, war die Balfour-Deklaration ein diplomatisches Meisterstück, das primär dem zionistischen Politiker Chaim Weizmann und dem zionistischen Diplomaten und Historiker Nahum Sokolov zu verdanken ist. Sokolov schaffte es im Vorfeld, sowohl Frankreich, den Vatikan und Italien zu pro-zionistischen Stellungnahmen, wenn auch unverbindlichen, zu bewegen.

Auch Amerikas Woodrow Wilson ließ sich durch Louis D. Brandeis, einem Kollegen von Sokolov in USA, von der politischen Selbstbestimmung der Juden, auf die sie ein Recht haben, überzeugen.

Der französische Außenminister Cambon ging sogar so weit, vom historischen Recht der Juden auf Rückkehr („Renaissance of the Jewish nationality“) (!) in ihr Land zu sprechen, wie Kramer betont. Kramer unterstreicht, wie wichtig es den Zionisten war, öffentlich zu argumentieren und gerade keine Geheimabsprachen zu treffen. Es war der Beginn der öffentlichen Diplomatie. Kramer bringt das in Beziehung zu jüdischer „Hasbarah“ (Erklärung). Entgegen den Arabern hatten die Juden öffentliche Diplomatie praktiziert, was ein Erklärungsfaktor sein mag, warum die Araber weniger Erfolg hatten. Im Geheimen hatten auch arabischer Diplomaten Zugeständnisse bekommen, aber es nicht geschafft, da dran zu bleiben und öffentliche Diplomatie zu betreiben.

Von all diesen diplomatischen Errungenschaften der Juden und Zionisten ist im Deutschlandfunk wenig Positives zu hören, es wird nur kurz angerissen und die zentrale diplomatische Rolle Sokolovs gerade nicht dargestellt. Dafür wird Rashid Khalidi ausführlich zitiert und behauptet, England beziehungsweise Großbritannien habe ausschließlich koloniale Politik betrieben[4] – dass gerade die Balfour Deklaration auf der Zustimmung auch Frankreichs, Italiens, des Vatikans, den USA und Japans wie Chinas basierte,[5] und diese internationale Zustimmung gerade Frankreichs, der USA, Italiens und des Vatikans zentral war für die britische Zustimmung, davon erfahren die Hörer*innen nichts.

Der Kern ist weiterhin, dass die Araber die Teilung des Landes 1937, 1947 und seither abgelehnt haben. Das rechtfertigt nicht falsche israelische Politiken, die gerade in Israel heftig umstritten sind, wie die Besatzung des Westjordanlandes. Das rechtfertigt auch keine Sekunde jüdischen Rassismus gegen Araber, den es in den letzten Jahren zunehmend gibt. Doch im Gegensatz zu den Palästinensern hat Israel eine sehr ausdifferenzierte Zivilgesellschaft. Aber ohne einen offensiven Kampf der Palästinenser selbst gegen muslimischen wie arabischen Antisemitismus wird es schwer, eine Zweistaatenlösung zu erreichen. Es muss um eine Anerkennung Israels als jüdischer Staat gehen, daran geht kein Weg vorbei.

Die Araber haben kein Problem in einem arabischen Land zu leben, auch wenn sie seit 1948 weder von Ägypten, noch Jordanien, dem Libanon oder einem anderen arabischen Land mit offenen Armen aufgenommen wurden. Vielmehr wird seit damals ein zynisches Spiel mit den palästinensischen Flüchtlingen und ihren Nachkommen gespielt und diese spielen häufig gerne mit. Juden hingegen hätten ohne eine jüdische Mehrheit im Staat Israel keine Chance im Nahen Osten zu überleben.

Das Problem mit der AfD wird von einigen Leuten sehr wohl erkannt, auch wenn jene pro-rechtsextremen Dauerschwätzer, die „Mit Rechten reden“ wollen, den Diskurs im Anne-Will-Land natürlich prägen. Es geht ja in Deutschland um Konsens, nicht um gut oder böse, sondern um das Umarmen von Nazis, die nach der Umarmung keine mehr seien. So also sei es auch mit den antisemitischen Israelhassern.

Man müsse nur auf sie zugehen und sie so ausführlich zitieren wie Ruth Kinet es tut, ohne zu sagen, wer Rashid Khalidi wirklich ist, und für was für eine antiisraelische Ideologie er steht. Er hat gar nicht die Absicht, Israel zu verbessern, lediglich die Besatzung zu kritisieren und Israel als jüdische Demokratie zu verteidigen. Nein, Khalidi will Israel als jüdischen Staat zerstören. Khalidi unterstützt 2017 die antisemitische BDS-Bewegung, auch dazu kein Wort vom Deutschlandfunk und seiner Autorin Ruth Kinet. Khalidi fordert das Rückkehrrecht für die 1948 vertriebenen Palästinenser, eines der zentralen Hindernisse für eine Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinensern. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel sich eindeutig gegen BDS ausspricht, scheint der DLF mit einem der weltweit einflussreichsten BDS-Protagonisten, Rashid Khalidi, kein Problem zu haben.

Der Deutschlandfunk pusht also nicht nur die Agenda der AfD, wie in einer Sendung am 1. November 2017, die der Journalist Peter Nowak zerpflückt, sondern hat auch kein Problem mit einem der führenden BDS-Aktivisten wie Khalidi.

Der Band von Edlinger von 2017, mit dem Beitrag von Deutschlandfunk-Referenz Rashid Khalidi, ist symptomatisch für den antisemitischen Antizionismus: gerade die linken Zionisten wie Peres werden diffamiert. Es geht also nicht um eine Kritik an der Besatzung, die Peres sehr wohl teilte, sondern um eine Frontalattacke auf den Zionismus und jüdisches Leben im eigenen Staat.

Die Balfour-Deklaration war ein Meilenstein in der Geschichte, eine wundervolle Erfolgsgeschichte zionistischer Politik, von öffentlicher Diplomatie und internationaler Anerkennung des jüdischen Rechts auf eine Rückkehr nach Zion. Die Balfour-Deklaration unterstützt jüdische Selbstbestimmung wie jüdische Souveränität. Die Balfour-Deklaration sei auch jenen linken Israelfreunden und vielen anderen ins Stammbuch geschrieben, weil sie wie kein zweites Dokument belegt, dass der Zionismus der Grund für den Staat Israel ist, und gerade nicht der Holocaust.

 

[1] Fritz Edlinger (2017): Palästina – 100 Jahre leere Versprechen. Geschichte eines Weltkonflikts, Wien: Promedia. Die Balfour Deklaration wird im Vorwort des Herausgebers Fritz Edlinger nicht nur abgelehnt, sondern auf den 4.11.1917 verlegt. Edlinger agitiert insbesondere gegen linke Zionisten und linke Israelis wie Shimon Peres und bezieht sich dabei auf eine Kollegin der Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, Stefanie Schüler-Springorum, die Ex-Israelin Tamar Amar-Dahl, die von Schüler-Springorum vor einigen Jahren eingeladen wurde, ihre Hetzschrift gegen Peres am Institut für die Geschichte der Deutschen Juden (!) vorzustellen.

[2] Von Hasan al-Banna, dessen euphorische Biographin Gudrun Krämer jüngst auf einer Konferenz des Jüdischen Museums Berlin auftrat, über den Mufti von Jerusalem zum Iran, Hamas und Hizbollah etc. pp. Krämer hat auch positiv über Scheich Yusuf al-Qaradawi aus Katar publiziert, einen der führenden sunnitischen Judenfeinde weltweit überhaupt.

[3] Von Nasser über die PLO bis hin zu Saddam Hussein etc.

[4] „Waren Zionisten und Araber Figuren auf dem imperialen Schachbrett der Briten? Rashid Khalidi kann diese These mit seinen Forschungen belegen:

„Ausschlaggebend für die Balfour-Erklärung war die Überzeugung der Briten, dass sie Palästina als Brückenkopf und strategischen Puffer im Osten Ägyptens brauchten. Zu dieser Erkenntnis waren sie schon vor dem Ersten Weltkrieg gekommen, zwischen 1906 und 1914. Als die osmanische Armee 1915 dann den Suez-Kanal erreichte, verschärfte sich die strategische Dringlichkeit der Absicherung Ägyptens im Osten noch. Und deshalb war die britische Regierung so überzeugt von der Idee ‚Wir müssen Palästina kontrollieren’. Das ist der eigentliche Antrieb hinter der Balfour-Erklärung. Ihr Zustandekommen hat gar nicht primär etwas mit den Zionisten zu tun. Der Weg aber, auf dem die Briten ihr strategisches Ziel erreichten, führte über die Unterstützung des Zionismus und hatte damit zu tun, dass die Briten die USA zum Eintritt in den Krieg bewegen wollten und dass manche von ihnen aus philosemitischen, andere aus antisemitischen Motiven das Entstehen einer nationalen Heimstatt für die Juden in Palästina sinnvoll fanden. Aber meiner Einschätzung nach waren das lediglich zweitrangige Überlegungen.“ Das ist für den Deutschlandfunk keine Ideologie, sondern ein „Beleg“, was nur wiederum andeutet, wie unprofessionell dort gearbeitet wird. Während in explizit „jüdischen“ Sendungen wie am 27.10.2017 pro-israelische Positionen (die wiederum sehr unprofessionell vermittelt wurden) geduldet werden, kommt der Deutschlandfunk am 2. November 2017 wieder ganz zu sich und agiert und agitiert gegen den Zionismus und zieht einen der übelsten Agitatoren gegen den jüdischen Staat Israel, Rashid Khalidi, als angeblich seriöse Quelle heran.

[5] Martin Kramer schreibt dazu: „The Zionists collected other endorsements, some outright, some with emendations. The most important came from Italy and Japan—the two states that, along with Britain and France, would participate in the San Remo conference and become permanent members of the Council of the League of Nations. In May 1918, the Italian government pledged to Sokolow to help ‘facilitate the establishment in Palestine of a Jewish national center (centro nazionale ebraico).’ In January 1919, Japan informed Weizmann that ‘the Japanese Government gladly take note of the Zionist aspirations to establish in Palestine a national home for the Jewish people and they look forward with a sympathetic interest to the realization of such desire.’ (Similar endorsements came from Siam and China, the other two then-independent states of East Asia.)”

©ClemensHeni

Wie der Deutschlandfunk den Antisemitismus klein redet, ohne es zu merken

Von Dr. Clemens Heni, 29. Oktober 2017

In einem Beitrag der Journalistin Kirsten Serup-Bilfeldt im Deutschlandfunk vom 27. Oktober 2017 in der Radiosendung „Aus der jüdischen Welt“ geht es um Antisemitismus. Titel der Sendung ist „Der ‚gebildete‘ Antisemitismus als Herausforderung“.

Völlig zurecht geht es gegen Pfarrer, die sich für die 2005 gegründete Boykottbewegung gegen Israel, BDS – Boykott Divestment Sanctions, engagieren, oder gegen muslimische Antisemiten, die 2014 massenhaft auf Demonstrationen antijüdische und antiisraelische Parolen riefen (auch wenn die jetzt sicher nicht unter „gebildet“ fallen) und das in einer extremen Aggressivität. Ergänzen könnte man: BDS war z.B. gern gesehen auf den Berliner Festspielen 2017, dem internationalen literaturfestival.

Sodann geht es in dem DLF Beitrag um den Wandel der Studentenorganisationen wie dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und vieler anderer Gruppierungen von einer pro-israelischen Haltung vor 1967 zu einer antiisraelischen Position nach dem Sechstagekrieg von Juni 1967.

Schockierend war die Geiselnahme und Selektion von Juden während der Flugzeugentführung nach Entebbe im Juni 1976, als linke Terroristen der Revolutionären Zellen Israelis und Passagiere mit jüdischen Namen von den anderen Passagieren selektierten. Das ist zwar alles nichts Neues – ich selbst habe den Antizionismus der deutschen Linken, Entebbe 1976 und die RZ in einer Broschüre Anfang 2001 als Teil einer kleinen autonomen Gruppe in Bremen analysiert –, wenn auch weiterhin wichtig zu bemerken.

Die Absurdität des ganzen Beitrags im DLF zeigt sich jedoch gleich zu Beginn, als im Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar die Geschichte eines alten Nazis und Mitglieds der Sozialistischen Reichspartei (SRP), die von 1949 bis 1952 existierte, erwähnt und resümiert wird:

„Das ist lange her. Heute ist alles anders! Heute gibt es selbstverständlich überhaupt keine Antisemiten mehr, sondern nur noch ‚Israelkritiker‘. Die bleiben dann schon mal demonstrativ sitzen, wenn sich etwa die anderen Mitglieder des Bundestags erheben, um der ermordeten Juden Europas zu gedenken.“

Heute seien also die Linken das primäre Problem, denn die seien die einzigen Bösen, die „Israelkritiker“, ein in der Tat abstruses Wort (wie wäre es mit Neuseelandkritik?). Das zeigt sich auch in der – neben der zitierten, kürzlich tragisch verstorbenen Politologin Sylke Tempel – anderen Kronzeugin für dieses „Argument“, der Linguistin Monika Schwarz-Friesel von der TU Berlin, die mehrfach herangezogen wird.

Der Antisemitismus vieler Linker ist ein großes Problem, und seien es tausende Briefe mit Klarnamen an den Zentralrat der Juden in Deutschland oder an die israelische Botschaft. Aber trotzdem ist diese Stelle mit dem SRP-Politiker im DLF unfassbar falsch und leugnet, was hier und heute in diesem Land passiert.

Der ganze Beitrag vom 27. Oktober 2017 schafft es nämlich, mit keinem Wort den Einzug der ersten neonazistischen und somit antisemitischen Partei in den Deutschen Bundestag am 24. September 2017 zu erwähnen.

Kein Wort über die Alternative für Deutschland (AfD). Nicht ein einziges Wort. Man glaubt das gar nicht, aber so ist es. Der schockierendste Moment für die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland seit 1949, der Einzug der AfD in den Bundestag, wird nicht erwähnt, als ob er nicht stattgefunden habe am 24. September 2017.

Es geht gerade nicht um eine altnazistische Partei oder um alte Nazis, was in den späten 1940er und den 1950er Jahren eklig genug war, nein: Der Einzug von neuen Nazis, jungen Nazis, die alle nicht in der NSDAP waren, aber genauso stolz sind auf die Wehrmacht wie die alten Nazis, dieser Einzug wird im Beitrag von Serup-Bilfeldt nicht mit einem einzigen Wort erwähnt.

Hingegen wird vom DLF postuliert:

„Der altbekannte Vulgärantisemit mit Glatze, Springerstiefeln und den ‚Protokollen der Weisen von Zion‘ im Regal ist heute fast zum Auslaufmodell geworden. Den Kreis erweitert haben zusätzliche Spielarten: der muslimische sowie der sogenannte ‚gebildete‘ und als dessen ‚Untergruppierung‘ der linksintellektuelle Antisemitismus.“

„Fast zum Auslaufmodell“? 2016 wurde ein Anhänger der antisemitischen Fälschung, der Protokolle der Weisen von Zion, für die AfD in den Landtag von Baden-Württemberg gewählt: Wolfgang Gedeon. Sein Buch von 2012 „Der grüne Kommunismus und die Diktatur der Minderheiten“ mit positiven Bezügen zu den „Protokollen“ lag zuvor auf den Parteitagen der AfD aus, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, was niemanden bei der AfD störte.

In seinem Buch agitiert Gedeon gegen den Feminismus, er hetzt gegen das Judentum und wendet sich gegen eine „Judaisierung der christlichen Religion und Zionisierung der westlichen Politik“. Im August 2016 hatte ich diesen Antisemitismus und Antizionismus von Gedeon im Tablet Magazine in den USA kritisiert. Evtl. kann der DLF kein Englisch, aber es gibt auch in deutscher Sprache Kritiken am Antisemitismus von Wolfgang Gedeon.

Der Antisemitismus der AfD zeigt sich jedoch vor allem in der Rehabilitierung des Zweiten Weltkriegs und dem Preisen der „Leistungen“ deutscher Soldaten während des Zweiten Weltkriegs durch Alexander Gauland. Björn Höckes Agitationsstil wurde als Kopie von Joseph Goebbels analysiert und seine Agitation gegen das Holocaustmahnmal, das er als „Mahnmal der Schande“ bezeichnet, sind weitere Beispiele für die Erinnerungsabwehr und den sekundären Antisemitismus. Ja, das Lob für die deutschen Landser, deren „Leistungen“ die Durchführung des Holocaust erst möglich machten, ist eine Bejahung des Holocaust, bei Gedeon zeigt sich das zudem in seiner Bezeichnung des Holocaustleugners und Neonazis Horst Mahler als „Dissident“.

Der Antisemitismus der AfD zeigt sich auch an Markus Frohnmaier, der jetzt im Bundestag sitzt, und ein Freund des islamistischen und antisemitischen Regimes des Iran ist. Sein Kumpel, der Neonazi Manuel Ochsenreiter, Chefredakteur der rechtsextremen Zeitschrift „Zuerst“, quasi Nachfolgerin der Nazizeitschrift „Nation Europa“ von Arthur Ehrhardt, publizierte demnach das Buch „Die Macht der zionistischen Lobby in Deutschland“, das mit der Hilfe des islamistischen Regimes ins Persische übersetzt wurde. Frohnmaier ist mit Ochsenreiter und anderen am „Zentrum für Eurasische Studien“ beteiligt, einem pro-russischen und pro-iranischen Think Tank. Man sieht den Antisemitismus auch indirekt, wenn Frohnmaier postet, wie er ein Buch des antisemitischen Juristen des SS-Staates, Carl Schmitt, präsentiert.

Der Deutschlandfunk Beitrag behauptet sodann Folgendes:

„Es gibt denn auch heute keinen Judenhass, der nichts mit dem Judenstaat zu tun hätte. Wir haben es inzwischen mit einer regelrechten ‚Israelisierung‘ des Antisemitismus zu tun.“

Das ist natürlich kompletter Blödsinn. Es gibt viele aktuelle Formen von Antisemitismus, die rein gar nichts mit Israel zu tun haben.

2012 gab es im Zuge eines Urteils am Landgericht Köln eine nie dagewesene Agitation gegen die jüdische Beschneidung, was Juden in ganz Europa entsetzte. Dazu hat der Literaturwissenschaftler und Forscher in Jüdischen Studien in Basel, Alfred Bodenheimer, ein Büchlein publiziert: „Haut ab!“ Diese Attacke auf das Judentum hat ganz offenkundig gar nichts mit Israel zu tun und widerlegt die absurde These im Deutschlandfunk, jeder heutige Antisemitismus habe mit dem Judenstaat zu tun, ja es gebe eine „Israelisierung des Antisemitismus“.

Wie falsch diese These des DLF ist, zeigte sich 2012 noch an einem anderen Beispiel, als Joachim Gauck von 90% der Wahlfrauen und –männer zum Bundespräsidenten gewählt wurde. Gauck setzt rot und braun gleich, vergleicht den Nationalsozialismus mit der DDR, wehrt die „Einzigartigkeit“ des Holocaust ab und fabuliert im Duktus des ostdeutschen Pfarrers, jene, die die Einzigartigkeit betonten, wollten nur ein „inneres Loch“ stopfen, das den Gottlosen zu schaffen mache.

Gauck ist ein wesentlicher Vertreter dieser Form des sekundären Antisemitismus, jenem nach Sobibor und Treblinka, seine Mitarbeit am „Schwarzbuch des Kommunismus“ 1998, seine Unterschrift unter der Prager Deklaration 2008 und sein Einsatz für die Einführung des 23. August als einheitlichem Feiertag in Europa (am 23.8.1939 wurde der Hitler-Stalin-Pakt geschlossen) sind Ausdruck dieser Gleichsetzerei und Abwehr der deutschen Schuld. Auch hier haben wir es mit Antisemitismus zu tun, aber nicht mit Israel.

Wie schnell die ganz normalen Deutschen fuchsteufelswild werden, wenn man die Spezifik von Auschwitz betont und Gauck attackiert, musste der Journalist Deniz Yücel erleben, dem vom damaligen Grünen-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Jürgen Trittin, „Schweinejournalismus“ vorgeworfen wurde. Es gibt internationale Kritik am „Super-GAUck“.

Die 90% Stimmen für Gauck in der Bundesversammlung oder die knapp sechs Millionen Stimmen für die AfD bei der Bundestagswahl 2017 plus die Millionen Stimmen, die sie bei Landtagswahlen erhalten hat, indizieren, wie salonfähig Antisemitismus heute wieder ist. Und zwar der extrem rechte Antisemitismus, der bis weit in die Mitte der Gesellschaft strahlt.

Und auch der Antisemitismus eines Gedeon, der den Verschwörungswahnsinn von Millionen von Menschen bedient, denken wir nur an die unfassbaren Erfolge von Verschwörungsliteratur im Zuge des 11. September 2001, und sein Bezug auf die Protokolle hat erstmal nichts mit Israel zu tun, die Protokolle stammen von Anfang des 20. Jahrhunderts und sind genuin antisemitisch. Das kann man auch, wie es Gedeon tut, auf Israel beziehen, aber schon die antisemitische Fantasie von jüdischer Lobby und Macht in USA funktioniert auch völlig ohne den Bezug zu Israel.

All das ist nicht nur kein Thema für den Deutschlandfunk, sondern es wird sogar postuliert, jede Form des heutigen Antisemitismus sei auf Israel bezogen. Der auf Israel bezogene Antisemitismus ist schlimm genug und äußerst gefährlich, doch jede heutige Form des Antisemitismus als Israel bezogenen zu bezeichnen, ist schlichtweg falsch, unwissenschaftlich und hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun.

Dabei ist die Ablehnung Israels als der jüdische Staat in der Tat sehr weit verbreitet. Der Adornopreis 2012 für die Antizionistin Judith Butler war ein Schock und verhöhnte damit das Andenken des 1969 gestorbenen pro-israelischen Kritischen Theoretikers.

Dieser linke Antisemitismus einer Judith Butler ist also ein sehr wichtiges Thema. Das betrifft auch weite Teile der Linkspartei, ohne zu vergessen, dass es gerade auch in der Linkspartei sehr gute und lautstarke Freunde Israels und Kritiker*innen des Antisemitismus gibt (man denke an Petra Pau oder Klaus Lederer).

Aber so unglaublich reduktionistisch und undifferenziert, ja völlig unwissenschaftlich und journalistisch desolat wie Kirsten Serup-Bilfeldt und der Deutschlandfunk – der ja wohl auch Redakteur*innen haben dürfte, die sich so einen Beitrag vor einer Sendung  anschauen – hier Antisemitismus darstellen und somit klein reden, das ist Ausdruck einer Fanatisierung und Entprofessionalisierung der sog. Israelszene.

Und dieser Radiobeitrag ist nur das jüngste Beispiel für so eine Fanatisierung und Entprofessionalisierung der Israelszene, jener „Pro-Israel-Film“ von Joachim Schröder und Sophie Hafner im Juni 2017, der von der linken Monatszeitschrift Konkret wie dem Springer-Konzern und der Bild-Zeitung promotet und verteidigt wurde, steht dafür sinnbildlich. Die Fehler dieses Filmes habe ich en detail analysiert. Dann gab es die Kampagne gegen Michael Müller von der SPD, der wie vor Jahren der Judenhasser Ahmadinejad aus Iran auf die Liste der 10 schlimmsten antisemitischen und antiisraelischen Beschuldigungen 2017 des Simon Wiesenthal Centers kommen sollte. Auch dazu habe ich en detail gezeigt, warum das einen Realitätsverlust des SWC und seinem Sprachrohr, Benjamin Weinthal von der Jerusalem Post, gleichkommt. Der Deutschlandfunk gab auch dem Historiker Michael Wolffsohn Raum für seine Verharmlosung der AfD.

Es wird im dem Deutschlandfunk Beitrag vom 27. Oktober 2017 mit keinem Wort auch nur angedeutet, dass es in Israel linkszionistische Stimmen gibt, die sich gegen die Regierung Netanyahu und die extrem rechte politische Kultur des Landes wenden und somit nicht jede Kritik an Israel antisemitisch ist. Ganz im Gegenteil gibt es Kritik, die den Zionismus retten und Juden schützen möchte. Vor wenigen Tagen wurde in der ultraorthodoxen Stadt Bnei Brak ein Graffiti gesprüht, das den israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin als „Nazi convert“ diffamiert. Viele in Israel sind alarmiert, denn mit der Hetze gegen Jitzchak Rabin ging es 1995 los, auch er wurde als Nazi diffamiert und dann von einem israelischen Rechtsextremisten erschossen.

Es gibt eine linke Kritik an der Besatzungspolitik Israels, ohne mit einem Ton den arabischen und palästinensischen Antisemitismus, der rein gar nichts mit Kritik an der Besatzung zu tun hat, zu verharmlosen oder außer Acht zu lassen. Aber von der Besatzung zu schweigen, ist schlichtweg in Israel hier und heute Ausdruck des extremen Rechtskurses, der von den Israelszene weltweit auch noch goutiert wird.

Das alles zeigt nur, wie wenig sich gerade die selbst ernannten Israelfreunde für die Juden und für den jüdischen Staat Israel interessieren.

Der Deutschlandfunk hat völlig recht, wenn er eine Sendung zu und gegen den Antisemitismus macht. Aber so wie das Kirsten Serup-Bilfeldt am 27. Oktober 2017 durchführte, schadet dieser Einsatz der Analyse und Kritik des Antisemitismus und somit auch Israel. Niemand nimmt die Kritik am Antisemitismus noch ernst, wenn sie, wie gezeigt, auf so desolate und reduktionistische Art und Weise vorgetragen wird. Auch zum aktuellen Lobhudeln des Antisemiten Martin Luther sagt der Beitrag rein gar nichts, so als ob es einfach so zu goutieren sei, dass einem der wirkungsmächtigsten Judenfeinde aller Zeiten ein Feiertag gewidmet wird und viele Luthers Antisemitismus noch nicht einmal am Rande thematisieren.

Der Journalist Michel Friedman analysiert die AfD am 28. Oktober 2017 glasklar:

„Die Bundesrepublik Deutschland baut auf das Fundament, aus den Fehlern des Dritten Reichs gelernt zu haben. Wenn AfD-Politiker behaupten, dass man auf Soldaten beider Weltkriege stolz sein kann, dann verwischt sich diese Erkenntnis. Es waren nun einmal nicht wenige Soldaten der Wehrmacht, die in vielen Dörfern Tausende Zivilisten brutal geschlachtet haben. Es war nun einmal die Wehrmacht, die selbst, als sie wusste, dass Deutschland Massenvernichtungslager betrieb, dem Diktator Hitler den Dienst nicht verweigerte.“

Und weiter schreibt Friedman:

„Auch die Mehrheitsgesellschaft muss sich vorwerfen lassen, viel zu lange rechte verbale wie tatsächliche Gewalt nicht zur Kenntnis genommen zu haben. In den vergangenen Jahrzehnten identifizierten wir Neonazis an ihren Springerstiefeln und kurzgeschorenen Haaren. Wir wollten uns nicht eingestehen, dass hinter ihnen viele intellektuelle und wohlhabende Bürger stehen, die sie mit ihren Infrastrukturen unterstützt haben. Sympathisanten!

Sie sind gut gebildet, Akademiker und kommen aus bürgerlichen Schichten. Niemand in diesem Land kann mehr sagen, er habe es nicht gewusst. Niemand in diesem Land kann mehr sagen, ich wasche meine Hände in Unschuld. Und niemand in diesem Land kann sagen, dass eine Partei, die demokratisch gewählt wurde, deshalb auch schon eine demokratische ist.“

Dass nun der Deutschlandfunk die Pro-Wehrmacht und somit Pro-Holocaust Position der AfD nicht zum Schwerpunkt seines Beitrags über heutigen „gebildeten“ Antisemitismus macht und auch über den Rassismus oder die verfassungsfeindliche Hetze gegen den Islam, der keine Religion sei, nicht einmal einen Halbsatz verliert, ist schon erschreckend.

Aber die AfD, die erste neo-nazistische Partei im Deutschen Bundestag in einem aktuellen Beitrag über Antisemitismus mit keinem einzigen Wort zu erwähnen, das ist so unfassbar, so unprofessionell, so unwahr, so skandalös, so gegen jeden seriösen Journalismus gerichtet, dass man es kaum glauben kann. Doch das ist die politische Kultur im Zeitalter des Trumpismus und der AfDisierung. Und die selbst ernannte Israelszene hat ein Problem mit der Wirklichkeit und mit der Wahrheit.

So eine Vertrottelung der Israelsolidarität hat Israel natürlich nicht verdient, nicht nur Anhänger*innen des Linkszionismus schütteln mit dem Kopf. Und der Kampf gegen den Antisemitismus braucht auch ganz andere Medien und ein ganz anderes Niveau als solche Sendungen im Deutschlandfunk.

 

Der Autor, Dr. phil. Clemens Heni, ist Politikwissenschaftler, Chefredakteur des Journal of Contemporary Antisemitism  (JCA) des Verlags Academic Studies Press in Boston, USA, und seit 2011 Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA). Im September 2017 publizierte er sein jüngstes Buch, Eine Alternative zu Deutschland. Essays.

©ClemensHeni

 

Lückenlos

Von Dr. Clemens Heni, 23. Oktober 2017

Wir kennen sie aus dem Alltag, die Lücke. Es gibt sie als Baulücke, Bildungslücke, Gesetzeslücke, Sicherheitslücke, Zahnlücke, Bewusstseinslücke oder als Lücke im Lebenslauf. Das kann einem in den Sinn kommen, wenn man sich die aktuelle Sozialwissenschaft anschaut.

2014 attackierte die Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, Stefanie Schüler-Springorum, mit ihrem Kollegen Uffa Jensen in einem Beitrag für die Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ (APuZ) die kritische Antisemitismusforschung:

„Große Bereiche der histo­rischen Forschung untersuchen vornehmlich antisemitische Texte, Bewegungen und Ereig­nisse und verzichten auf eine konzeptionelle Durchdringung des Materials. In einigen Ar­beiten wird Antisemitismus sogar zu einem überzeitlichen Phänomen, das in fast allen nichtjüdischen Gesellschaften auftritt.“

[Dazu die Fußnote: „Vgl. beispielsweise Robert S. Wistrich, A Lethal Obsession: Anti-Semitism from Antiquity to the Global Jihad, New York 2010.][1]

So locker flockig gehen allzu deutsche Forscher*innen über eines der bedeutendsten Werke des wichtigsten Antisemitismusforschers der letzten 40 Jahre hinweg, „Lethal Obsession“ von Robert Solomon Wistrich (1945–2015), langjähriger Direktor des Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA) an der Hebräischen Universität Jerusalem.

Das Ressentiment gegen die Forschung zu Antisemitismus als „longest hatred“ hat Tradition am ZfA. So schrieb der Soziologe Werner Bergmann schon im Jahr 1988 in der Fachzeitschrift Leviathan:

„Aber auch wenn der Antisemitismus sicherlich ein integraler Bestandteil des abendländischen ‚Kulturerbes‘ und emotional stark besetzt ist – wie jedes Vorurteil –, so steckt im Begriff des ‚ewigen Antisemiten‘ doch die gleiche falsche Anthropologisierung und Naturalisierung wie im ‚ewigen Juden‘.“[2]

Dieses unwissenschaftliche Herunterdeklinieren des genozidalen Antisemitismus, der mit Verschwörungsmythen, Blutbeschuldigungen und Ideologemen der „Zersetzung“, die Juden betrieben, arbeitet, zu einem bloßen „Vorurteil“ unter vielen, ist seit Jahrzehnten Mainstream in diesem Land und Kennzeichen der Arbeitsweise am ZfA. Zugleich kann man so Kritiker des Antisemitismus schwuppdiwupp zu Nazis machen, beide dächten ähnlich.

Vor gut 10 Jahren, im September 2007, nahm ein Kader der neo-nationalsozialistischen NPD, Stefan Lux, an einer Sommeruniversität des ZfA zu Antisemitismus teil, entgegen dem Protest von Antifaschist*innen, – verantwortlich waren dafür u.a. Werner Bergmann, aber auch Wolfgang Benz. Bergmann schrieb dann 2011 in einer Festschrift für einen Kollegen:

„Im historischen Vergleich mit der Zeit vor 1945, aber auch in den letzten 60 Jahren in Deutschland […] war Antisemitismus gesamtgesellschaftlich wohl selten so sehr an den Rand gedrängt wie heute.“

Angesichts von Hunderten Pro-Hitler- und Pro-Juden-ins-Gas-Statements Ende Mai und Anfang Juni 2010 auf Facebook nach der Mavi Marmara Aktion im Mittelmeer von jihadistischen Gruppen und ihren Freund*innen auch in der Linkspartei schreibt ein führender Soziologe des ZfA so etwas. Das zeugt von einem kompletten Realitätsverlust. Im Sommer 2014 im Zuge des Krieges Israels gegen die Hamas im Gazastreifen hatten wir sodann die vielleicht brutalsten und gefährlichsten antisemitischen Demonstrationen und Aktionen seit Jahrzehnten überhaupt.

Dazu kommt ein Antisemitismus bis weit in die Mitte der deutschen Gesellschaft, sei es die Ablehnung der jüdischen Beschneidung wie 2012 in einem Kölner Landgerichtsurteil und in dessen Gefolge durch die Diffamierung des Judentums und der Beschneidung von der FAZ über die Giordano Bruno Stiftung bis hin zur Postille Bahamas, oder sei es die Trivialisierung des Holocaust durch Joachim Gauck, der meint, jene, die die Einzigartigkeit der Shoah betonten, wollten nur ein „inneres Loch“ stopfen, das der Tod Gottes hinterlassen habe. Seine Gleichsetzung von rot und braun via Prager Deklaration 2008, dem Schwarzbuch Kommunismus oder der Initiative 23. August ist in Deutschland quasi Staatsdoktrin, was nur ein weiterer Ausdruck des sekundären Antisemitismus bedeutet, einer Erinnerungsabwehr an Auschwitz, das wahlweise mit DDR-Kindergärten, der Mauer, Israels Politik oder der Antifa („Linksfaschismus“ bei den G20-Protesten etc.) verglichen wird.

Das alles nicht zu sehen, und zu behaupten, es gebe heute so wenig Antisemitismus wie wohl noch nie seit 1945, zeugt von einem Realitätsverlust am Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) und ist typisch für die deutsche Forschungslandschaft, den Zustand von Sozial- wie Geisteswissenschaften. Auch der Wahlerfolg der AfD zeigt, wie massiv Antisemitismus in der Gesellschaft verankert ist und jetzt im Bundestag sitzen wird, mit 12,6%.

2010 lud die damalige Leiterin des Instituts für die Geschichte der Deutschen Juden in Hamburg Schüler-Springorum die israelfeindliche Historikerin Tamar Amar-Dahl ein, 2012 engagierte Schüler-Springorum den antizionistischen Forscher Achim Rohde am ZfA, der es schafft, in seiner Dissertation zu Geschlechterverhältnissen im Irak antiisraelische Agitator*innen wie Jacqueline Rose oder Edward Said zu zitieren, die zu Geschlechterverhältnissen im Irak gar nichts zu sagen haben. Zum Nazi-Doktorvater Karl Bosl ihres Vorgängers Wolfgang Benz schwieg Schüler-Springorum, wie alle am ZfA, der Pädagoge Micha Brumlik war hingegen entsetzt.

Was aber sagt das Zentrum für Antisemitismusforschung neben der Ablehnung der weltweit führenden Antisemitismusforschung von Wistrich sonst noch zur heutigen kritischen Forschung zum Antisemitismus? Schüler-Springorum und Jensen schreiben 2014 in APuZ (S. 18):

„Kommt es doch zu einer theoretischen Ein­ordnung, geschieht dies zumeist mit Bezug auf einen bestimmten Teil der sozialwissen­schaftlichen und sozialpsychologischen De­batten, nämlich der weitgehend empirisch arbeitenden Vorurteilsforschung.“

[Dazu die Fußnote: „Es gibt noch einen zweiten Strang der sozialwis­senschaftlichen Forschungen, der allerdings kaum noch in der historischen Forschung aufgegriffen wird und deshalb hier nur erwähnt werden soll. Ge­meint sind die Sozialtheorien zum Antisemitismus, die in der Tradition der Kritischen Theorie oder/und der Psychoanalyse stehen. Vgl. vor allem Moishe Postone, Die Logik des Antisemitismus, in: Merkur, 36 (1982) 1, S. 13–25; Samuel Salzborn, Antisemitis­mus als negative Leitidee der Moderne. Sozialwis­senschaftliche Theorien im Vergleich, Frankfurt/M. 2010.]

Weder Kritische Theorie und Psychoanalyse noch Samuel Salzborn sind am ZfA wohlgelitten, ja werden wie selbstverständlich abgewehrt. Kritik ist ein No-Go am ZfA. Salzborn hat einige wichtige und interessante Texte zur Kritik am Rechtsextremismus, der Neuen Rechten und der AfD geschrieben.

Am 23. Oktober 2017 schreibt er in der taz über das Versagen der Politikwissenschaft bezüglich der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und dem Nazi-Erbe in der Bundesrepublik. Auch wenn er dabei eine der zentralsten Forschungsarbeiten der frühen 1940er Jahre, um die geht es in dem Text, gerade nicht erwähnt und nicht zu kennen scheint, Peter Vierecks „Metapolitics“, die viel umfassender den deutschen Weg in den Nationalsozialismus beschreibt als viele Politologen bis heute, so hat er doch völlig recht mit seiner Kritik an der gegenwärtigen Politikwissenschaft.

Die größte Debatte über die nationalsozialistische Vergangenheit und die Shoah war zweifellos die Goldhagen-Debatte 1996 und in den folgenden Jahren. Und gerade diese Debatte zeigte, wie abwehrend wiederum das Zentrum für Antisemitismusforschung arbeitet. Es gab 1998 einen Sammelband heraus – „Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit“ –, darin ist auch ein Beitrag des Historikers Uffa Jensen. In seinem Text greift er den Politikwissenschaftler Daniel J. Goldhagen wie auch den Sozialphilosophen Jürgen Habermas frontal an.[3] Goldhagen würde „sehr wohl generalisierende Vorwürfe“ über die „ganz normalen Deutschen“[4] erheben und Habermas krönte das auch noch mit einem Demokratiepreis, ja würde Goldhagen vergöttlichen, eine „Apotheose“ betreiben.

Ein Jude und Historiker, der wie kein anderer zuvor eine breite und angeregte Debatte über die Deutschen und den eliminatorischen Antisemitismus entfachte, würde also von einem führenden Intellektuellen des Landes gleichsam vergöttlicht. Neo-Nazis sprechen in ihrer Diktion gleich direkt von „Holocaustreligion“ oder linke Antisemiten von einer „Pilgerfahrt nach Auschwitz“, kann man da nur sagen.

Der Politikwissenschaftler Lars Rensmann hat in seiner Dissertation Uffa Jensen 2004 kritisiert:

„Die antisemitische Identifikation Goldhagens als jemand, der aus bloß materiellem Interesse, als ‚Geldjude‘, aus der Vergangenheit der Deutschen und ihrer ‚kollektiven Verdammung‘ seinen Vorteil ziehen wollte – dieses hervorstechende sekundär-antisemitische Ideologem hat in der Goldhagen-Debatte erstmals in der ‚Berliner Republik‘ öffentliche Fürsprecher in Medien, Politik und Wissenschaft gefunden (…). So steigert sich noch in einem Rückblick auf die Debatte im Jahre 1998 (…) [der Historiker, CH] Uffa Jensen im wissenschaftlichen Duktus zu folgender antisemitischer Zuschreibung:

‚Das Subsystem ‚Geld‘ ist mit Goldhagen in den rational-aufklärerischen Diskurs der Selbstverständigungsdebatte eingedrungen, der sich zwischen Historikern und Lesern entspannen könnte, und droht, ihn zu ‚kolonisieren‘, wenn sich ähnliche publizistische Praktiken in Zukunft [„etablieren“, CH].‘

Hier wird Goldhagen mit ‚Geld‘ identifiziert (…). Ein amerikanisch-jüdischer Autor mit seinem vermeintlich bloß materiellen Interesse avanciert in dieser Vergrößerungsprojektion und in grotesker Applikation einer Mischung aus Luhmannscher und Habermasscher Begriffe zum personifizierten ‚Kolonisator‘, der mit seinen jüdischen Geldinteressen die innerdeutsche Selbstverständigung zerstört.“[5]

Nun wird im Herbst 2017 Uffa Jensen[6] Professor am Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA), und Samuel Salzborn wird zeitgleich für einige Zeit Gastprofessor am ZfA, wie die taz in der Personenbeschreibung festhält. Salzborn war an der Uni Göttingen nicht mehr wohl gelitten, was 2016 eine bundesweite Solidaritätsaktion unter Forschungskolleg*innen auslöste. Sein Vertrag endete im Sommer 2017.

Das ZfA hat jetzt doch noch für ein kleines „Zeitfenster“ (so nennt man das heute) erstmals ein Feigenblatt[7] gefunden und zudem wird so eine mögliche Lücke im Lebenslauf eines jungen Menschen präventiv geschlossen. Das nennt die Wissenschaft eine „Win-Win-Situation“.

 

[1] Uffa Jensen/Stefanie Schüler-Springorum (2014): Antisemitismus und Emotionen, APuZ 28–30/2014, 17–24, 18.

[2] Werner Bergmann (1988): Politische Psychologie des Antisemitismus. Kritischer Literaturbericht, in: Helmut König (Hrsg.), Politische Psychologie. Leviathan. Zeitschrift für Sozialwissenschaft, Sonderheft 9/1988, 217–234, 230f.

[3] Uffa Jensen (1998): Ein Ritterschlag zum Lehrmeister? Die Apotheose des Daniel J. Goldhagen in der Laudatio von Jürgen Habermas, in: Johannes Heil/Rainer Erb (Hg.), Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit, Frankfurt a.M.: Fischer, 148–163.

[4] Jensen 1998, 150.

[5] Lars Rensmann (2004): Demokratie und Judenbild. Antisemitismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 354.

[6] „Mit Prof. Dr. Uffa Jensen konnte die TU Berlin einen herausragenden Wissenschaftler gewinnen, der ein breites Lehr- und Forschungsprofil aufweist und als einer der profundesten Kenner sowohl des modernen Antisemitismus als auch der Emotionsgeschichte gilt.“

[7] Beispiele:

[1] Feigenblätter „sind rund 20 bis 30 Zentimeter lang und fast ebenso breit.“

[2] „Als Metapher bezeichnet das Feigenblatt einen Gegenstand, der vor einen anderen Gegenstand gestellt ist, um diesen in der Absicht zu verbergen, dessen moralisch angreifbare Eigenschaft nicht gewahr werden zu lassen.“

©ClemensHeni

„Mit Nazis reden und mit Nazis Sport treiben“

Von Dr. phil. Clemens Heni, 18. Oktober 2017

Die Salonfähigkeit der Neuen Rechten zerbröselt die Demokratie und zementiert die Alltäglichkeit rechtsextremer Gewalt. Das Feuilleton klatscht, die Leitung der Frankfurter Buchmesse, die größte ihrer Art weltweit, lädt Neonazis ein und wundert sich, dass auch Neonazis kamen. Ein Blick in einen aktuellen Bestseller zeigt, warum das so ist. In dem Buch „Mit Rechten reden“ stellen die Autoren Per Leo, Daniel-Pascal Zorn und Max Steinbeis ihre „25 goldenen Regeln, die sich nach unserer Auffassung durch das Reden mit Rechten für das Leben gewinnen lassen“ auf, darunter: „5. Der andere könnte Recht haben“, „9. Achte Deinen Gegner“, „10. Ein Streit ohne Lachen ist kein guter Streit“, „18. Treibe Sport mit Nazis“ und „22. Bevor du jammerst, mach‘ Musik“.

So etwas wird heutzutage nicht nur gedruckt, sondern sogar ein Bestseller, weil alle geradezu geil darauf sind, zu erfahren, wie es sich anfühlt mit Menschen zu reden, die für den Mord an über 184 Schwarzen, People of Colour, Muslimen, Linken, Punkern, Obdachlosen, Behinderten, Nicht-Deutsch-genug-Aussehenden und anderen mit verantwortlich sind und die wieder stolz sind auf die deutschen Soldaten in zwei Weltkriegen.

Schon die Historikerin Christiane Eisenberg hat vor fast 20 Jahren die Nazifizierung des Sports 1936 in ihrer Habilitationsschrift entgegen den Analysen der kritischen Sport- und Politikwissenschaft euphorisch dargestellt und wurde Professorin. Für sie waren Liegestühle, Blumenbeete und ein Kino für die Sportler der Olympiade 1936 in Berlin so berauschend und modern wie 1932 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles.

Mit Nazis Sport treiben zeigt nicht nur die moralische Verkommenheit des ganzen Landes, es zeigt vor allem, womit man heute Geld verdienen kann.

Umso beschämender, wenn selbst Kritiker der Nazis nicht auf der Höhe der Zeit sind. So sagt der Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, Timo Reinfrank, im Gespräch mit der taz Folgendes:

„Wir müssen die Situation noch einmal analysieren, das wollen wir auch gern mit der Buchmesse zusammen tun. Man muss für die Zukunft gucken, dass die Nazis ihre Inszenierung nicht noch einmal so durchziehen können. Ich weiß, dass es rechtlich schwierig ist, die Verlage ganz auszuschließen, auch gerade aufgrund der Erfahrung aus dem Nationalsozialismus im Umgang mit jüdischen Verlagen und Autoren. Aber rückblickend fand ich es schwierig, dass sie einfach einer unter vielen Verlagen waren und dass sie sich einen Platz im Programm einfach mieten konnten. Die Buchmesse hat durchaus versucht, damit umzugehen, und es gab auch gute Ansätze. Ich fand es bemerkenswert, dass die Buchmesse selbst eine Demonstration gegen Rassismus durchgeführt hat.“

Es war ohnehin bereits ein Fehler, dass die AAS wie auch andere Anti-Nazi-Gruppen auf diese Buchmesse gegangen sind und ja von vornherein für die Messeleitung als Alibi dienten, dass auch Neonazis eingeladen werden. Doch dieses Zitat ist ungeheuerlich. Reinfrank und die taz insinuieren, man müsse sich die Judenpolitik der Nazis und den nationalsozialistischen Antisemitismus vor Augen halten, wenn man heute Neo-Nazi-Verlage ausschließen möchte von einer Buchmesse.

Erstens ist das juristisch gar nicht belegt, was der AAS-Frontmann hier sagt: welches Gesetz soll es geben, das einem Verlag auf einer privaten (!) Veranstaltung, die Buchmesse ist eine privatkapitalistische Firma, die „Frankfurter Buchmesse GmbH“, das Recht gibt, aufzutauchen? Seit wann kann eine Buchmesse nicht entscheiden, welcher antidemokratische, zur Gewalt aufrufende Verlag nicht teilnehmen darf?

Edeka und Thalia verkaufen das rechtsextreme und verschwörungsmythische Compact-Magazin nicht mehr und das ist auch gut so und Teil einer demokratischen, wehrhaften politischen Kultur. Deshalb jaulten die extremen Rechten 2015 über diese Entscheidungen von Thalia und EDEKA.

Und selbst wenn es ein solches Gesetz gäbe: wie unmoralisch und unethisch muss man sein, um nicht offensiv zu fordern:

„ganz egal welche Grundlage es geben soll, Neo-Nazi-Verlage, die symbolisch für die über 184 seit 1989/1990 von Rechtsextremen Ermordeten und für die Bejahung des Nationalsozialismus und der deutschen Verbrecher und Verbrechen der Wehrmacht stehen, haben hier nichts zu suchen!“

Nein, dazu ringt sich die AAS nicht durch, dafür macht sie einen der größten PR-Fehler überhaupt: sie bietet den Nazis die Opferrolle an. Die hatten die Rechtsextremen schon längst angenommen, mit einem Flugblatt des Antaios Verlags vom 14. Oktober 2017, letzten Samstag, als sie die Kritik am Auftreten von Neonazis auf der Buchmesse zum Anlass nahmen, sich selbst als die Opfer wie die Juden ab 1933 zu präsentieren:

„Es ist das erste Mal seit 1933, daß im Lande der Bücherverbrennungen unliebsame Verlage und unerwünschte Bücher in einer öffentlichen Buchmesse wieder Opfer offener Gewaltakte werden.“ (Flugblatt, offenbar verteilt auf der Buchmesse am 14.10.2017)

Mit Nazis redet man nicht und man treibt auch keinen Sport mit Nazis.

Nazis gehören bekämpft und das mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wie einem Ausschluss von einer Buchmesse. Damit soll gar nicht gesagt werden, dass sonst keine problematischen Verlage auf solchen Riesenevents auftauchten, auch antisemitische, ganz sicher. Aber diese Verlage sind zumindest keine körperliche Gefahr für Anwesende, während die diesjährige Präsenz von Junger Freiheit, Tumult, Antaios etc. dazu führte, dass ein Verleger mit einem Faustschlag verletzt wurde und über Tage hinweg für Linke oder dafür Gehaltene eine extreme Bedrohungssituation herrschte.

Wie tief sedimentiert mittlerweile das Gerede über „mit Rechten reden“ ist, zeigt also auf besonders absurde Weise das Interview mit dem AAS-Geschäftsführer in der taz. Evtl. würde ihm ein Geschichtsstudium helfen, zu verstehen, dass man den Ausschluss von Nazis hier und heute niemals auch nur im Ansatz mit dem Nazi-Antisemitismus nach 1933 vergleichen kann.

©ClemensHeni

Clemens Heni – Eine Alternative zu Deutschland. Essays

Clemens Heni

Eine Alternative zu Deutschland. Essays

 

Berlin: Edition Critic, 2017

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Studien zum Rechtsextremismus und zur Neuen Rechten, Band 2

ISBN 978-3-946193-17-3 | Softcover | 14,8x21cm | 262 Seiten | Personenregister | 15€

Bestellbar in jeder Buchhandlung oder versandkostenfrei direkt beim Verlag:

info[at]editioncritic.de

 

Dieses Buch ist eine intellektuelle Zeitreise von Juli 2006 bis September 2017.

Es zeigt auf, wie es vom »Sommermärchen« 2006 über die Rede vom »Inneren

Reichsparteitag«, Pegida, den Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit), die

Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten bis hin zum Aufstieg der AfD kommen

konnte. Betont wird die Verantwortung der Medien und des Fernsehens für

diesen Aufstieg. Die demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag müssen

sich das erste Mal in der Geschichte mit neonazistischen Positionen im Parlament

befassen – doch sind sie darauf vorbereitet?

 

»Wer nach einer Vergewisserung sucht, wo Deutschland heute steht, wird sie in diesem Buch finden. Mit scharfem Verstand und mit angespitzter Feder zeichnet Clemens Heni funkelnde Momentaufnahmen der letzten elf Jahre. Heraus kommt, wie bestürzend sich die zivile Achse des zuvor offenen Selbstverständnisses nach rechts verschoben hat. Wer die Hoffnung auf eine bessere Zukunft teilt, muss die Gegenwart schonungslos kritisch beleuchten. Daraus mag ›eine Alternative zu Deutschland‹ entstehen.«

Gert Weisskirchen, 1976–2009 Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB), 1999–2009 außenpolitischer Sprecher SPD Bundestagsfraktion, 2006–2008 persönlicher Beauftragter des OSZE Vorsitzenden im Kampf gegen  Antisemitismus, Prof. (em.).

»Clemens Heni erkennt in der aktuellen politischen Kultur dieses Landes noch immer die Spuren des Judenhasses und des von Deutschen begangenen und zu verantwortenden Mordes an den europäischen Juden. Ohne mit Heni in allen Fällen übereinzustimmen, führen seine Beiträge doch ins Herz der aktuellen Debatte über Deutschland und regen zu fruchtbarem Widerspruch an.«

Prof. Dr. Micha Brumlik, 2000–2013 Professor für »Theorien der Bildung und Erziehung « am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Goethe Universität Frankfurt am Main, 2000–2005 Direktor des Fritz Bauer Instituts, Forschungs- und Dokumentationszentrum zur Geschichte des Holocaust an der Goethe Universität.

»Wo nationalistische Töne sich erheben, ein Schlussstrich unter die deutschen Verbrechen des vergangenen Jahrhunderts gefordert und Judenhass zu einer scheinheiligen Kritik an Israel sublimiert wird, holt Clemens Heni zum grossen Rundumschlag aus: gegen Zyniker, Großaffirmatoren, Antihumanisten und Holocaustverharmloser im Deutschland der Gegenwart. Selbst wenn man ihm nicht immer folgen mag, schreibt er doch mit viel Scharfsinn und Sachkenntnis. Fazit: Unbedingt lesenswert und gerade vor dem Hintergrund der Bundestagswahl von brennender Aktualität.«

Dr. phil. Michael Kreutz, Politologe und Orientalist

»Clemens Heni ist ein Ein-Mann-Korrektiv zum andauernden deutschen Geschichts-Roll-Back, wach, intelligent, unerlässlich in Zeiten der schwächelnden Demokratie.«

Georg Diez, Spiegel-Online-Kolumnist, Buchautor, 2016/17 Nieman Fellow der Harvard Universität, USA

Clemens Heni Eine Alternative zu Deutschland 2017 Inhalt Einleitung (PDF):

Einleitung  7

Das nationale Apriori: Wie aus der BRD endgültig Deutschland wurde  12

Ein deutsches Graduiertenförderungswerk, 2002:  ein Küchlein mit Folgen  13

Ein weiteres deutsches Graduiertenförderungswerk, Juni 2006:
Ich bin deutsch und was bist du?  14

Walk of Ideas, Berlin 2006  15

„Die Nazis wurden doch sportlich, 1936“ – Neu-deutsche Wissenschaft als Rehabilitierungsübung für den Nationalsozialismus  16

Weitere Beispiele ‚linker‘ Wissenschaftler und deren  Verharmlosung der deutschen Verbrechen  21

Das Opfer bringen und singen: „Blüh im Glanze“  „deutsches Vaterland“ –
von Diem zu Klinsmann  22

Keine „Reue“ zeigen: Gegen „amerikanischen Messianismus“ –  Matusseks nassforsche Invektiven oder wie funktioniert  sekundärer Antisemitismus?  25

Joachim Fests Kampf: Über Historismus und Antisemitismus  26

Ästhetizistische Parallelwelten: K.H. Bohrer möchte wieder ein stolzes Deutschland …   29

Deutsche Lust: Zusammen, was zusammengehört: Nation und Sozialismus – „Volkslust“… 32

Kritik an Broders Rechtsruck 2007  35

Martin Mosebach: Gegenaufklärung als sekundärer Antisemitismus  39

„Rheinischer” Revisionismus? Journalisten verlegen Beginn des Zweiten Weltkriegs auf 1935  41

Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“  45

Karl Rössel, der Mufti, und die Aporien des Antiimperialismus  45

Merkwürdiger Komparatismus: Harald Welzer  50

Antisemitismus trivialisieren? Fragen an den Facebookexperten Götz Aly  52

Das ZDF oder wenn Deutsche zu sehr lieben: „Innerer Reichsparteitag“  56

Das grüne Ressentiment: Die Grünen, Paul Bonatz, die „Adolf-Hitler-Kampfbahn“, Stuttgart 21    59

Stuttgart ist keine „Vorstadt von Jerusalem“… Paul Bonatz, der NS und Die Grünen (K21)  61

Erinnern, um zu vergessen: Alfred Grosser  66

„Ausgerechnet Billy Wilder“ – Christian Wulff, die „deutsche Kultur“ und der Holocaust 68

Flanierend die Verbrechen des Nationalsozialismus goutieren  69

Antisemitismus und die Prager Deklaration  75

Banalisierung des Bösen: Hannah-Arendt-Preis für die Trivialisierung des Holocaust 2013  78

Die „Bloodlandisierung“ der Linken am Beispiel Helmut Dahmer  83

Özgida – eine antirassistische Antwort auf Pegida  86

32 Thesen: Pegida zeigt den Extremismus der deutschen Mitte  90

2014: Ein Land gefangen zwischen Islamismus und dem Extremismus der Mitte  95

Exkurs: War Deutschland Teil des Abendlandes?  96

Auschwitz, 27. Januar 1945  98

Eike Geisel und die Erinnerung an den Holocaust 103

Die „Klimaverschärfung“ – AfD und Pegida machen das Land peu à peu unbewohnbar  108

Das Ende des Ludwig-Börne-Preises – Der „post-humanistische Denkraum“ Peter Sloterdijks  116

AfD für „Alphabetisierte“: Peter Sloterdijk am Sinai auf einem „deutschen Weg“  127

Die ganz normalen Deutschen des 13. März 2016  133

Gegen das Brexit-Volk des 23. Juni 138

Deutsche Männer mit Schnappatmung – Zur Kampagne gegen die
Amadeu Antonio Stiftung  142

Von der SED zur AfD? Für die Neue Rechte war die DDR schon
1981 besonders „deutsch“  145

16 Jahre NSU, 15 Jahre 9/11: Deutschland zwischen braunem und grünem Faschismus  150

Schaut auf diese Stadt: Nazis, die AfD und der Mob in Berlin vor dem Einzug ins Parlament 152

Auschwitz und andere Gemeinheiten. Carolin Emcke bekommt den Friedenspreis  159

Ein Präsident für die antiwestliche Internationale  167

Die neue Querfront – Mit Hegels „List der Vernunft“ für Trump … 175

Stalingrad, „monströser Zivilisationsbruch“ –

Die Wiedergutwerdung der Deutschen in Aleppo  184

Der Trumpismus, die Fratze des Philoisraelismus und die Chance
des säkularen Zionismus  188

Amerikas 1933 und die „identitäre Demokratie“ (=Faschismus)  192

Locker bleiben. Es ist lediglich der mächtigste Mann der Welt, der
den Faschismus intoniert 194

Erlösendes Gedenken, Norbert Lammert, die „wechselvolle“ deutsche Geschichte  200

Freiheit für Deniz Yücel – Jetzt sofort! Power durch die Mauer, bis sie bricht! 204

G20-Proteste: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ (Brecht)  206

Koscherstempel für faschistische Autoren: Die Berliner Buchhandlung „Topics“  209

Holocaustopfer, schwarzrotgold: Gerhard Richter im Bundestag  214

„Ist doch für einen guten Zweck“: Mafia-Methoden im politischen Diskurs  214

TV-Duell: AfD-Propaganda-Show führender TV-Journalist*innen in
ARD, ZDF, RTL und Sat1  217

Endnoten  223

Personenregister  256

Lesprobe:

Einleitung

Für „Otto Normalvergaser“ wie die Politiker*innen und Wähler*innen der Alternative für Deutschland (AfD) „ist die Welt von gestern noch in Ordnung gewesen“.[1] Das zeigt sich an der Parteivorsitzenden Frauke Petry, die das Wort „völkisch“ wieder verwendet, an dem ehemaligen (1973–2013) CDU-Mitglied und AfD-Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl 2017, Alexander Gauland, der „stolz“ ist auf die deutschen Soldaten im „Ersten und Zweiten Weltkrieg“ und an Björn Höcke, für den das Holocaustmahnmal ein „Mahnmal der Schande ist“. Die Welt am Sonntag berichtete am 9. September 2017 über einen E-Mail-Wechsel der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel von 2013, worin es über Mitglieder der Regierung Angela Merkel heißt:

„Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollen.“[2]

Das Ergebnis der Bundestagswahl vom 24. September 2017 führt das erste Mal dazu, dass Neonazis im Deutschen Bundestag sitzen werden. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sprach im Vorfeld von der Gefahr, dass „echte Nazis“ im Parlament vertreten sein werden.[3] Der 24. September 2017 war der schlimmste Tag für die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik. Die 12,6% Stimmen für die AfD zeigen die Fratze des Volkes. Die Millionen AfD-Wähler*innen wissen, wie völkisch, rassistisch, nationalistisch, agitatorisch und antisemitisch diese Partei ist und haben sie gerade deshalb gewählt.

Dieses Land braucht eine Alternative zu Deutschland. Es war noch vor fünf Jahren undenkbar, dass eine Partei in den Bundestag einziehen wird, die „Deutschland erwache“ twittert,[4] so wie damals die Nazis mit diesem Spruch agitierten. Eine Partei, die Politiker hat, die so reden wie Goebbels und die Erinnerung an den Holocaust nicht nur abwehren, sondern im Kokettieren mit dem damaligen Propagandaminister die Shoah gar nicht so klammheimlich affir­mieren. Eine Partei, die deutschen Staatsbürgerinnen die Staatsbürgerschaft abspricht und diese in „Anatolien entsorgen“ will. Schließlich eine Partei, die Mitglieder hat, welche die gefährlichste aller antisemitischen Verschwörungsmythen, die Protokolle der Weisen von Zion, unterstützen.[5] Der Mob schreit „Volksverräter“, „Lügenpresse“ oder „Merkel muss weg“, wie es auf Wahlkampfveranstaltungen der AfD passierte, und möchte die Kanzlerin wegputschen und die Demokratie zerstören. Solche Neo-Nazisprüche und -Ideologie gibt es schon seit Jahrzehnten – aber niemals im Deutschen Bundestag als Teil der Ideologie einer ganzen Partei. Dazu kommen eine ungeheuerliche Agitation gegen die Demokratie und Gewaltfantasien, die rechte Aktivisten von Pegida und Politiker*innen der AfD und deren Anhängerschaft in den sozialen Medien äußern.[6] Wie Bundesjustizminister Heiko Maas knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl schreibt, ist die AfD „in Teilen verfassungswidrig.“[7] Doch die Alternative für Deutschland (AfD) entstand nicht in einem Vakuum, sondern ist Ausdruck eines lang andauernden Prozesses der Renationalisierung dieses Landes wie auch Europas und des Westens. Rassismus, Separatismus und die Hinwendung zum „Eigenen“ sind schockierender Aus­druck sowohl des Brexit im Juni 2016, dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU, wie der Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten im November 2016.

Die deutsche Renationalisierung kann hier nicht in allen Einzelheiten untersucht werden. Die jüngste Form der Renationalisierung war ein Epochenbruch: 2006. Eine Kernthese dieses Bandes lautet: Ohne das „Sommermärchen“ von 2006 und den schwarzrotgoldenen Taumel, ohne die „inneren Reichsparteitage“ und gegenintellektuelle Stimmungsmache für mehr Nation und weniger Reflektion, mehr Stolz auf die deutsche Geschichte und weniger Gesellschaftskritik, wäre es nicht zu Pegida und zur Katastrophe der völkischen AfD gekommen. Die AfD hat am Wahlabend die deutsche Nationalhymne gesungen,[8] es ist die gleiche Hymne, die schon zu Nazizeiten gesungen wurde.

Es sind krasse Zeiten. Wir können mittlerweile wählen, ob wir den braunen, nazistischen, oder lieber den grünen, islamistischen Faschismus bevorzugen. Zwischen diesen beiden Polen ist der Westen derzeit gefangen. Der jihadistische Terrorismus, der Islamismus, das Ressentiment auf die westliche Welt, der Antiamerikanismus, der Antisemitismus und der Israelhass des 11. September 2001 veränderten die Welt. Seit jenem Tag wachen wir jeden Morgen auf, und wissen nicht, ob wieder ein jihadistischer Anschlag passierte, ob auf Bali, im Irak, in Syrien, Afghanistan, den USA, Frankreich, Dänemark, Berlin, Tel Aviv, Jerusalem, Brüssel, Toulouse, London, Manchester, Madrid, Djerba, Barcelona, Nizza und unzähligen weiteren Orten. Seit über 16 Jahren geht das so und es ist kein Ende in Sicht. Weltweite massive Sicherheitsvorschriften an Flughäfen, das unwillkürliche Aufmerksamwerden auf isoliert herumstehende Koffer, Taschen oder Rucksäcke an Bahnhöfen, Flughäfen und sonst im öffentlichen Raum waren vor 9/11 nicht denkbar. Unser Blick auf die Realität hat sich verändert. Dazu kommt in der Bundesrepublik ein noch viel heftigerer, massenwirksamerer und seit dem 24. September 2017 auch bundespolitisch mit enormen Konsequenzen und einem Machtzuwachs nie geahnten Ausmaßes ausgestatteter nationalistischer, rechtsextremer und neonazistischer Aufbruch.

Das Volk ist nicht „abgehängt“ oder „perspektivlos“, nein, das Volk ist durchaus böse, rassistisch, antisemitisch, dumpf, brutal und abstoßend. Das zeigt sich nicht nur an Tomaten- wie Verbalattacken auf Angela Merkel bei Wahlkampfauftritten während des Bundestagswahlkampfes 2017 oder bei den Pegida Demonstrationen seit Oktober 2014, sondern zum Beispiel auch im Sommer 2017, als in einem ganz normalen westdeutschen Dorf bekannt wurde, dass dort seit 83 Jahren eine „Hitlerglocke“ im Kirchturm hängt und der Pfarrer (aus musikalischen Gründen, klar) wie der Bürgermeister total „stolz“ sind auf ihre Glocke mit der Inschrift „Alles fuer’s Vaterland. Adolf Hitler“ und darunter befindet sich ein dickes Hakenkreuz. Das hat seit 1945 keinen Menschen in diesem ganz normalen deutschen Dorf in Rheinland-Pfalz (Herxheim am Berg) gestört.

Diese beiden Großthemen, Jihad und der stolzdeutsche Aufbruch, das „nationale Apriori“ der Deutschen, bestimmen in weiten Teilen die politische Kultur, möchte man meinen. Wer aber am 3. September 2017 das einzige TV-Duell der beiden Kanzlerkandidat*innen zur Bundestagswahl am 24. September auf den vier größten Fernsehkanälen ARD, ZDF, RTL und Sat1 gesehen hat, traute seinen Augen und Ohren nicht mehr. Da wurde weit über die Hälfte der Sendezeit nur gegen Nicht-Deutsche gleichsam agitiert, die Fragen hörten sich an, als wären alle vier Fragenden direkt von der AfD bestellt gewesen. Die Gefahr des Rechtsextremismus wurde verleugnet. Die Medien haben eine Hauptverantwortung für den Aufstieg der AfD. Der Journalist Georg Diez resümiert am Vormittag des 24. September 2017:

Die Erfolge der AfD haben auch die Plasbergs dieser Welt mitzuverantworten. Denn die öffentlich-rechtlichen Talker haben den reaktionären Kräften schon früh und dann immer wieder eine Bühne geboten.“[9]

Die AfD hat es in zwei Jahren, seit Beginn der „Flüchtlingskrise“ Anfang September 2015, geschafft, dieses Thema als das zentrale Thema des ganzen Landes durchzusetzen, auch wenn im Spätsommer 2017 kaum noch Flüchtlinge nach Deutschland und Europa durchkommen, da die Abschottung jetzt schon in Afrika beginnt. Die Renationalisierung, die in dieser Aggressivität nie dagewesene nationalistische Rede, wurde von der AfD in den Mainstream gebracht und die Medien nahmen das geradezu dankbar und begierig auf. Aufgrund dieses In-die-Zange-Nehmen der westlichen Welt durch den braunen und grünen Faschismus verschwinden andere Themen oft. Der Klimawandel, der von US-Präsident Donald Trump und seinen deutschen Fans geleugnet wird, aber auch viel weiter gefasste Themen wie Entschleunigung, Ökologie und das Mensch-Natur-Verhältnis, vom Atomausstieg über Braunkohleabbau, Windkraft oder Solarenergie hin zum Dieselskandal, der nur die Wahrheit auf den stinkenden Punkt bringt, dass der Kapitalismus nicht zum Vergnügen da ist, sondern zur Profiterzielung. Themen wie das Grundeinkommen, ungebremste Mietsteigerungen in Großstädten und Ballungsräumen, prekäre Arbeitsverhältnisse für die gut und sehr gut Ausgebildeten, Minijobs und Mehrfachjobs für alle und sicherlich die neoliberale Deregulierung vieler Ge­sell­schaftsstrukturen wie die Internalisierung der Imperative des Kapi­ta­lis­mus: Das wären alles sehr wichtige Themen, die aber seit 9/11 und dann seit 2006 sowie später weltpolitisch durch die Wahl Trumps wie den Aufstieg der AfD massiv überlagert werden durch diese beiden Großthemen brauner versus grüner Faschismus.

Dazu kommt: Die Entpolitisierung ist prägend für weite Teile dessen, was früher einmal als „bürgerliche Mitte“ wie auch „die Linke“ (jenseits der Partei) bezeichnet wurde. Unabhängig von bezahlten Jobs in NGOs gibt es nur noch sehr wenige politisch aktive Menschen, die grundsätzliche Fragen an die Gesellschaft stellen und nicht nur Einpunktbewegungen anhängen. Jene, die sich in den letzten Jahren massiv politisiert haben, sind die Völkischen oder „besorgten Bürger“. Der Antisemitismus wird äußerst selten zu einem zentralen Thema der Kritik gemacht. Daher versuchen die Essays in diesem Band ganz unterschiedliche Aspekte des heutigen Antisemitismus zu thematisieren und sie am Beispiel von teils zentralen Akteuren oder Ereignissen im politischen, wissenschaftlichen wie kulturellen Feld zu analysieren. Wenn zum Beispiel ‚linke‘ Aktivisten oder Künstler aktiv werden, sieht das heute so aus: Auf der documenta14 in Kassel sollte es im Sommer 2017 eine Aktion geben mit dem Titel „Auschwitz on the Beach“. Dabei sollten Salzwasser mit Zyklon B und Flüchtlinge mit Juden verglichen und gleichgesetzt, sowie darüber hinaus die europäischen Gesellschaften und Israel als neue „Gauleiter“ zu den Nazis von heute gemacht werden.[10] Diese Abwehr der Er­inn­er­ung an die präzedenzlosen Verbrechen der Shoah geschieht mit dem best­en linken Gewissen, was sich darin zeigte, dass der Event zwar aufgrund von Protesten abgesagt wurde, aber ohne eine inhaltliche Distanzierung der documenta-Leitung von diesem doppelten Antisemitismus. Es handelte sich um einen Antisemitismus, der die Erinnerung an den Holocaust für politische Zwecke instrumentalisiert und zudem noch antizionistisch agitiert. Dann gibt es mittlerweile ‚Linke‘, selbst Kritiker solcher Events auf der documenta, welche die Agitation gegen den Islam als fortschrittlich empfinden und den Rechtsextremismus der AfD schlicht verdrängen. Das ist auch bei vielen Trump-Anhängern so, die sich zuvor als liberal oder links tarnten.

Wie der Spiegel Online Kolumnist Georg Diez wenige Wochen vor der Wahl schrieb, kann man sehen, wie seit Jahrzehnten in Deutschland

„der Diskurs mehr und mehr nach rechts verschoben wurde, von Martin Walsers Paulskirchenrede über Thilo Sarrazin bis zu den Untergangsfantasien von Botho Strauß. In der Sprache von Peter Handke könnte man sagen, es waren Zurüstungen für die Unmenschlichkeit.“[11]

Die Essays in diesem Band spannen einen Bogen vom „Sommermärchen“ 2006 über den „Inneren Reichsparteitag“ (2010) hin zu Pegida (2014), den Brexit, die Wahl Trumps (2016) und den Aufstieg der AfD zur ersten Partei mit Neonaziideologie im Deutschen Bundestag (2017). Während es Hunderte ehemaliger NSDAPler im Bundestag und anderen Parlamenten seit 1949 gab,[12] werden ab September 2017 erstmals neue Nazis im Bundestag sitzen. Die Essays[13] in diesem Band umfassen eine Zeitspanne von Juli 2006 bis September 2017 und können als eine Art intellektuelles Tagebuch betrachtet werden. Mögen sie zur Kritik und Reflektion, zum Nachdenken über eine Alternative zu Deutschland anregen.

[1] Eike Geisel (1998): Triumph des guten Willens. Gute Nazis und selbsternannte Opfer. Die Nationalisierung der Erinnerung, Berlin: Edition Tiamat, 69.

[2] Sven-Felix Kellerhoff/Martin Lutz/Uwe Müller (2017): „Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermächte“, Die Welt, 09.09.2017, https://www.welt.
de/politik/deutschland/article168480470/Diese-Schweine-sind-nichts-anderes-als-Marionetten-der-Siegermaechte.html (18.09.2017); „Die WELT AM SONNTAG hält an ihrer Berichterstattung über die Mail in vollem Umfang fest. Der Redaktion liegt eine eidesstattliche Versicherung des E-Mail-Empfängers vor. Um Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit auszuräumen, könnte Weidel ihrerseits bei Gericht eine eidesstattliche Versicherung einreichen, in der steht, was zuvor schon der Anwalt behauptet hatte: Dass sie den Text nicht verfasst hat. Doch dies hat sie bisher nicht getan. Die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt wird nach dem Strafgesetzbuch mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe geahndet“, Martin Lutz/Uwe Müller (2017): AfD-Spitzenkandidatin Weidel spricht nicht mehr von Fälschung, Die Welt, 15.09.2017, https://www.welt.de/politik/deutschland/article168695526/AfD-Spitzenkandidatin-Weidel-spricht-nicht-mehr-von-Faelschung.html?wtrid=socialmedia.
email.sharebutton (18.09.2017); „AfD-Spitzenkandidatin Weidel plötzlich kleinlaut. Ein Bericht über eine Wut-Mail hat die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel erzürnt. Sie sprach von einer Fälschung. Doch davon ist jetzt keine Rede mehr“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.09.2017, http://www.faz.net/aktuell/politik/wut-mail-afd-spitzenkandidatin-weidel-ploetzlich-kleinlaut-15202774.html (18.09.2017).

[3] http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundestagswahl/alle-schlagzeilen/gabriel-attackiert-afd-echte-nazis-am-rednerpult/20315768.html (16.09.2017).

[4] http://www.jc-courage.de/wp-content/uploads/2017/02/Die_AfD_in_Koeln.pdf (16.09.2017), 11; http://www.rp-online.de/nrw/panorama/koelner-hauptmann-und-afd-politiker-soll-ns-parole-getwittert-haben-aid-1.6807113 (15.09.2017): „Die Linken-Politiker werfen [Hendrik] Rottmann vor, am 29. Januar auf Twitter eine Meldung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz, mit den Worten ‚Deutschland erwache‘ kommentiert zu haben – eine Parole, die im Dritten Reich von der Nazi-Organisation SA benutzt wurde. Ein Screenshot des Tweets liegt unserer Redaktion vor – der Twitter-Account, von dem der umstrittene Spruch abgesetzt worden sein soll, existiert nicht mehr.“

[5] So Wolfgang Gedeon aus Baden-Württemberg, siehe dazu meine Analyse: Germany’s Hot New Party Thinks America Is ‘Run by Zionists’, Tablet Magazine, 1. August 2016, http://www.tabletmag.com/jewish-news-and-politics/209243/germanys-hot-new-party (24.09.2017).

[6] „Alle Tünche, die Pegida am Anfang noch trug, war in den sozialen Netzwerken schnell hinfällig. In der scheinbaren Anonymität des WorldWideWeb oder in geschlossenen Facebook-Gruppen, in denen man sich unter sich glaubte, nahmen Mitglieder des Pegida-Orgateams kein Blatt mehr vor den Mund. Verfolgte man Bachmanns inzwischen gelöschten Twitter-Account, der auch in die Zeit vor Pegida zurückreicht, so stieß man auf vulgären Rassismus und Homophobie. Beispielsweise twitterte er am 6. September 2013 über die Grünen: ‚Gehören standrechtlich erschossen diese Öko-Terroristen! … allen voran Claudia Fatima Roth!‘“ (Lucius Teidelbaum (2016): Pegida. Die neue deutschnationale Welle auf der Straße, Münster: Unrast, 31); Die Hannoversche Allgemeine berichtet am 10. September 2017: „Von der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel soll eine E-Mail mit rassistischen Bemerkungen und Demokratie-verachtenden Thesen aufgetaucht sein. Die AfD bestreitet allerdings in Weidels Namen, dass sie die Autorin ist. Die ‚Welt am Sonntag‘ berichtet jedoch, ihr liege eine eidesstattliche Versicherung des Mail-Empfängers, eines früheren Bekannten Weidels, vor. Der Zeitung zufolge heißt es in der E-Mail vom 24. Februar 2013 in Originalschreibweise: ‚Der Grund, warum wir von kulturfremden Voelkern wie Arabern, Sinti und Roma etc ueberschwemmt werden, ist die systematische Zerstoerung der buergerlichen Gesellschaft als moegliches Gegengewicht von Verfassungsfeinden, von denen wir regiert werden.‘ Zudem werde in dem Schreiben die Bundesregierung von Angela Merkel (CDU) verunglimpft: ‚Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollen‘, zitiert das Blatt weiter“, http://www.haz.de/
Nachrichten/Politik/Deutschland-Welt/Diese-Schweine-sind-nichts-anderes-als-Marionetten (11.09.2017). Der Ex-AfDler Holger Arppe aus Mecklenburg-Vorpommern hat Pro-Nazi und zur Gewalt aufrufende Nachrichten verschickt und war jahrelang eng verbunden mit führenden AfDlern. Sein Austritt aus der Partei ist rein taktisch. Der NDR berichtet über ihn: „Arppes Chatverläufe dokumentieren auch, wie nah die AfD in Mecklenburg-Vorpommern offenbar an die rechtsextreme ‚Identitäre Bewegung‘ (IB) herangerückt ist – obwohl es einen Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundespartei gibt. Über Monate hinweg chattete Arppe ausweislich der Protokolle mit Daniel F., einem der führenden Köpfe der IB. F. war früher bei der NPD engagiert. Im Juli 2015 schrieb Arppe: ‚Diesen Revoluzzergeist brauchen wir! Der [Daniel F.] ist ein absolutes Muss für unsere Partei. Seine Vergangenheit interessiert mich einen Scheißdreck.‘ Die Dokumente zeigen auch, dass Arppe die IB darum bittet, als Ordner für eine Demonstration zur Verfügung zu stehen. ‚Daniel, könnten von Euch welche als Ordner fungieren bei unserer Demo am Samstag? Wir brauchen noch ein paar ordentliche Nazis als Freiwillige‘, schrieb Arppe demnach im Oktober 2015. Der IB-Mann sichert daraufhin drei Helfer aus seinen Reihen zu“, https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Rassistische-Chats-Fraktionsvize-verlaesst-AfD,afd1204.html (11.09.2017). Das Handelsblatt vom 9. September 2017 ergänzt diese Analyse des rechtsextremen Netzwerkes, in das Arppe eingebunden ist: „Arppe war, wie andere umstrittene AfD-Politiker auch, schon früher wegen seiner deutschnationalen Gesinnung aufgefallen. Er übte mit Wissen der Bundespartei offen den Schulterschluss mit der ‚Identitären Bewegung‘, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und pflegte Kontakte zum Chefredakteur des rechten Monatsmagazins ‚Compact‘, Jürgen Elsässer. Bei einer entsprechenden Veranstaltung im vergangenen Jahr war das AfD-Bundesvorstandsmitglied André Poggenburg mit dabei. Arppe nahm auch schon am sogenannten ‚Kyffhäuser-Treffen‘ in Thüringen teil. Veranstalter ist die rechtsnationale AfD-Gruppierung ‚Der Flügel‘ der AfD-Fraktionschefs Björn Höcke (Thüringen) und Poggenburg (Sachsen-Anhalt). Am vergangenen Wochenende kamen nach Polizeiangaben 550 bis 600 Teilnehmer zu der Kundgebung am Kyffhäuserdenkmal. Unter ihnen waren neben AfD-Chef Jörg Meuthen auch Vize-Parteichef Gauland und Pegida-Chef Lutz Bachmann“, http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/
bundestagswahl/alle-schlagzeilen/der-fall-arppe-und-die-folgen-staatsrechtler-bringt-afd-beobachtung-ins-spiel/20302334.html (11.09.2017).

[7] http://www.fr.de/politik/meinung/gastbeitraege/heiko-maas-afd-ist-in-teilen-verfassungswidrig-a-1348338?GEPC=s5 (11.09.2017).

[8] https://twitter.com/maria_fiedler/status/911984268355805185 (24.09.2017).

[9] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/afd-im-bundestag-wie-der-rechtsruck-herbei-geredet-wurde-a-1169404.html (24.09.2017).

[10] https://jungle.world/blog/von-tunis-nach-teheran/2017/08/auschwitz-am-strand-die-documenta-ueber-den-einsatz-von-zyklon (18.08.2017).

[11] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/rechtsruck-in-deutschland-die-geistig-moralische-wende-zum-schlechten-a-1166689.html (11.09.2017).

[12] Eine inoffizielle Liste ehemaliger Nazis, die nach 1945 politisch aktiv waren (wie z.B. als Abgeordnete im Bundestag) findet sich hier: https://de.wikipedia.
org/wiki/Liste_ehemaliger_NSDAP-Mitglieder,_die_nach_Mai_1945_politisch_t%C3%
A4tig_waren (21.09.2017).

[13] Bis auf die Einleitung und den Text „Ist doch für einen guten Zweck…“ sind alle Texte dieses Bandes online auf verschiedenen Portalen erschienen und wurden für diese Publikation überarbeitet. Die Datumsangaben am Ende von URLs zeigen das Datum des letzten Abrufs der Seite an.

Historian Jürgen Zimmerer promotes post-colonial Antisemitism

Von Dr. phil. Clemens Heni, 14. Oktober 2017

Times of Israel (Blogs)

In a debate in the German weekly Freitag 34/2017, published October 8, 2017, its publisher Jakob Augstein, known for his anti-Israel stance, and his colleague, Michael Angele, interviewed journalist Alan Posener and historian Jürgen Zimmerer about colonialism and the Holocaust.

Zimmer is a leading ideologue of post-colonial theory. This article analyzes his scholarly shortcomings. Framing colonialism as forerunner of Nazi Germany and the Shoah is antisemitic in effect, if not intent.

Many people obfuscate their anti-Jewish resentments by framing them as trendy or scholarly up-to-date. Antisemitism is a specific phenomenon. Antisemitism is not just a form of racism, it is a complete different category. Antisemitism is constructed on race theories, conspiracy myths, blood libels, tropes of Jewish power and countless other aspects. Antisemitism sees Jews behind capitalism and communism, behind the media, the current refugee crisis (“Soros”), behind 9/11 etc. Antisemitism is not about discrimination, prejudice or mobbing. Antisemitism is the “longest hatred” and a “lethal obsession”, as historian Robert Solomon Wistrich (1945–2015) framed it.

Racism, on the other hand, is based on discrimination, rule and power, not on extermination or conspiracy myths. Slavery was a horrible crime, but it was obviously not developed to eradicate people, let alone a specific people. It was means for exploitation.

In recent decades, it has become mainstream to deny the uniqueness of the Shoah and to accuse Jews as well as Israel to emphasize and even to study that uniqueness. Scholars such as Amos Goldberg from Israel accuse the Holocaust Memorial at Yad Vashem for being exclusive. In his distorted view, the Shoah was not unique. He represents a huge trend in contemporary activism and scholarship regarding our colonial past. Some like Amelia Plumelle-Uribe talk about “concentration universe America” since 1492, accusing America for being a kind of Nazi Germany. This anti-American ideology is well received in Germany in particular. Others, such as Heinz Dieterich in 1991 spoke about a “500 Year Reich” (1492–1992), projecting German guilt of the Holocaust on to America and the West. That kind of ideology is no longer a hard-core left-wing esoteric ideology. It has become mainstream.

Scholar in cultural studies in the Netherlands, Imani Tafari-Ama, currently a fellow of the German Federal Foundation of Culture in the city of Flensburg in the north of Germany, is among the most aggressive deniers of the uniqueness of the Holocaust. June 11, 2017, in the German daily tageszeitung (taz) she claimed, „the diversion of Africans was the worst crime in human history, even bigger than the Holocaust.” That statement is one of the worst forms of contemporary antisemitism. Why? It denies that the industrial killing of six million Jews was unprecedented. That is a form of soft-core Holocaust denial, as scholarship frames it. Slave trade was a huge crime, both in its well-known Christian and in its often-denied Islamic versions. However, these crimes were not at all unprecedented (think about antiquity and slavery etc.), nor were they intended to kill an entire people.

Let us focus on historian Jürgen Zimmerer and his allies:

There is a special trend in historiography to distort the Holocaust by denying its unprecedented character and to frame the murder of Herero and Nama in German South-West Africa in 1904–1907 as Kaiser’s Holocaust. This is the title of a book written by David Olusoga and Casper W. Erichsen in 2010. They claim:

“Our understanding of what Nazism was and where its underlying ideas and philosophies came from is perhaps incomplete unless we explore what happened in Africa under Kaiser Wilhelm.”

First, this approach is far from original. In 1975, historian Peter Schmitt-Egner published a study (in German) about Colonialism and Fascism, where he denied that antisemitism is an ideology sui generis. His attempt is obsessed with “class struggle” and capitalism, therefore colonialism is seen as the forerunner to equally capitalist fascism. Many leftists deny the sui generis dimension of antisemitism and National Socialist Germany. For them, bourgeois rule tends to be fascist and that is more or less the same kind of capitalist exploitation all over the modern world. Any specificity of National Socialist antisemitic ideology and the German antisemitic people are set aside. Post-colonial studies are the worldwide left-wing form of that denial of the unprecedented character of Treblinka, Babi Jar and Sobibor.

The Holocaust was not a form of “Social Darwinism,” nor were the Jews seen as the “weak,” as Olusoga and Erichsen think. Contrary to that, Germans saw Jews as superior, dangerous, and as preparing a world conspiracy. There is no connection between the “People without Space,” as one chapter in Kaiser’s Holocaust reads, and the Shoah, because antisemitism and the Shoah had nothing to do with land gain, imperialism or any other form of political, territorial, economic, cultural, social etc. purpose.

In 1992, historian Wolfgang Benz published in the first volume of his Yearbook on Research on Antisemitism an article by publicist Henning Melber, who argued in the same post-colonial vein. Melber emphasized German continuities and ignored the analysis of antisemitism as distinct from research on racism, colonialism, and the cui bono of that kind of violence and crime.

Historian Jürgen Zimmerer is a leading voice in comparing and equating German colonialism and Nazi Germany and the Holocaust. In 2003, he published an article wherein he stated that “genocides in the colonies” are in the same “category” as “National Socialist murder policies.” In 2011, Zimmerer published a collection of his essays on colonialism and the Holocaust, entitled From Windhuk to Auschwitz? He insists that as early as 1947 American civil rights activist and historian W.E.B. Dubois (1868–1963) said:

“There was no Nazi atrocity – concentration camps, wholesale maiming and murder, defilement of women or ghastly blasphemy of childhood – which Christian civilization or Europe had not long been practicing against colored folk in all parts of the world in the name of and for the defense of a Superior Race born to rule the world.”

That is not true and rather shows an anti-Jewish resentment in the first place. Never before did a country, let alone one of the most industrialized countries in the world, try to eradicate an entire people from the earth. Eliminationist antisemitism was the German ideology, which led to the Holocaust. There is vast literature about the uniqueness and specificity of the Shoah, but most post-colonial authors ignore that scholarship intentionally, as it would show their low scholarly standard and their post-colonial resentment against Jews in general and the emphasis on the uniqueness of the Shoah in particular.

Zimmerer emphasizes that another author posited comparable arguments like DuBois. This is the old superstar of post-colonialism-studies, Aimé Césaire, who wrote in 1950 that the crime of the Holocaust is (supposedly) seen as horrible not because of

“the humiliation of man as such, it is the crime against the white man, the humiliation of the white man, and the fact that he [Hitler] applied to Europe colonialist procedures which until then had been reserved exclusively for the Arabs, of Algeria, the colonies of India, and the blacks of Africa.”

Césaire argued in an antisemitic way and denied that the Holocaust was an unprecedented crime since never before was it the aim of a government or a group to exterminate an entire people. The Holocaust was not based on a cui bono; there was no territorial, political, social, cultural or economic, let alone religious conflict between Germans and Jews. German ideology defamed Jews and wanted to kill them, the long history of antisemitism since antiquity was an essential component of this singling out of Jews.

Zimmerer deals little if ever with literature on antisemitism or the uniqueness of the Shoah. On the other hand, historians such as Steven T. Katz deal extensively with the uniqueness of the Shoah, without ignoring arguments who oppose that view. Zimmerer pleads for a “post-colonial and global approach” to Nazi Germany. He embeds National Socialism completely in the history of colonialism. The scholarly failure of this endeavor can already be seen on the cover picture: there is a picture of several Germans in uniform in 1941 looking at a model of a village, which was part of an exposition “Plan and Composition in the East.” At best, this could be discussed in relation to the Nazi “Generalplan Ost.” However, this has nothing to do with the Shoah. Auschwitz was not a plan for new villages. Treblinka was not about colonialism or exploitation: it was about the destruction of European Jews.

Colonialism was about racism, exploitation, and land gain, as well as about inner-imperialist and inner-colonialist struggle between world powers, including England, France, Spain, Portugal, the Netherlands, Germany, Belgium, the Arabs and Turks (Ottoman Empire), and Japan, among others.

In 2010, historian Jakob Zollmann published his doctoral dissertation about Colonial Rule and its Limits. Colonial Police in German South-West Africa 1894–1915. He did field research in Namibia, too, and argues in line with other historians of colonialism in Africa that the German colonial state was rather weak and not at all totalitarian or fascist in a European sense. The most important aspect may be his claim that Zimmerer and his colleagues ignore that Africans have a history of their own, which may not be seen as a forerunner of Nazi Germany. This is a distortion of African resistance against the Germans, for example. Projecting Namibian history as nothing but the “birthplace” of the “Ostland”, as Zimmerer argues, is a denial of the uniqueness of the Holocaust. Zimmerer deals with a “post-colonial perspective on the National Socialist policies of conquest and rule,” completely distorting that the Shoah was neither about “conquest,” nor about “rule.” The administration of “German South-West Africa,” however, was indeed about rule, as Zimmerer is well aware, since he is the author of a book on German rule over Africans.

Both Zimmerer and Zollmann show in their work how Germans tried to establish rules for their colony and how they failed in controlling the entire territory. Local “gangs” were widespread in the countryside and the German police were well aware of their restricted influence. However, the conclusions both historians are drawing from official documents and diaries of the time are diametrically opposed. While Zollmann puts the story in a rather typical colonial context and not as a forerunner to Nazi Germany, Zimmerer interprets the colonial sources from his “post-colonial perspective on the Nazi policy of conquest and extermination”.

In 2007, Zollmann discussed the German debate about the relationship of colonialism and Nazi Germany:

“I would argue that the gradual re-orientation of German historians towards world history, international history, and the attendant paradigms of comparability, of transnationalism, of entangled and global history lies at the bottom of this (re-)new(ed) interest in the German colonial past.”

Zollmann also criticizes authors Reinhart Kößler and Henning Melber, who are “taking up Hannah Arendt,” and “actually construct a direct connection between settler colonialism and Nazi dictator-ship.” Post-colonial and post-structuralist theory uses Arendt in order to de-specify the Holocaust and to deny the unprecedented character of the Shoah. Particularly for non-Jewish authors such a kosher stamp for distorting the Holocaust is important.

Historians Robert Gerwarth and Stephan Malinowski reject the argument that there was a more or less direct connection from Windhoek to Auschwitz. They can show that the German war against the Herero and Nama (1904–1907) was a typical colonial war, neither unprecedented nor a forerunner to the Second World War, to say nothing of the Shoah. The Spanish-Cuban War (1895–1898) and the American-Philippine War (1898–1902) as well as the Second Boer War in South Africa (1899–1902) were colonial wars that included mass murder and atrocities. These wars were directed against native populations who had attacked or were seen as a concrete (military) threat to the colonial power.

Furthermore, they claim that it’s remarkable that Zimmerer and those who follow the Windhoek to Auschwitz paradigm simply ignore the role played by the First World War 1914–1918. Even a murderer like Lothar von Trotha, who was responsible for the atrocities against the Herero in 1904, was harshly criticized in the German Kaiserreich.

Historian Jakob Zollmann analyzed the methodological, epistemological and theoretical mistakes in Jürgen Zimmerer’s approach:

“Indeed, Jürgen Zimmerer warns against, even rejects, an equation of the Holocaust with colonial genocide (…) German colonial experience is seen by Zimmerer to have acted as a cultural (re)-source (kulturelles Reservoir) from which the National Socialists would have drawn their ideas. These rather ominously formulated ideas of Zimmerer are repeated in his piece titled Die Geburt des ‘Ostlands’ aus dem Geist des Kolonialismus. And they do not become clearer here, as the ominous title – ‘Birth of the ‘Ostland’ conceived by the spirit of colonialism’, demonstrates. His title gives the impression of answering a question which has been posed by those who want to emphasize the continuities, not to say causalities, Zimmerer had just denied in his article. A ‘birth’ has only one reason – it is mono-causal by its very nature. By choosing this title, Zimmerer has de-scribed a situation of a ‘because/therefore…’ In his understanding the spirit of colonialism is the reason for the ‘Ostland’ – and all that has happened there, including the extermination of the Jews. No colonialism, no ideas of Germanised Eastern Europe, no Holocaust? Zimmerer’s arguments do not convince, they confuse – not only the reader, but also the issues.”

Historian Winfried Speitkamp, too, rejects the argument that German South-West Africa was a forerunner to Nazi Germany and the Holocaust. He criticizes Jürgen Zimmerer and Joachim Zeller who still see Africans like the Herero and Nama as passive victims alone, and ignore their resistance and particularly the specifics of African history and German (and other) colonial histories in Africa.  This is all the more important, because the mass murder of Herero and Nama was a result of their initial active resistance to colonial Germany.

The German crimes against the Herero and Nama were in no way connected to National Socialism and the Holocaust. Colonialism has nothing to do with the rise of German eliminationist antisemitism. Post-colonial theory is a huge failure, when promoting these historical lies, promoted by Jürgen Zimmerer and many others. They need to learn: there was no cui bono in the Shoah. Racism and colonialism were about a cui bono. Racism is and was about exploitation or land gain and so on, antisemitism and the Holocaust were about destruction and killing an entire people, the Jews. Racism means rule over people, antisemitism and the Shoah meant destroying an entire people. But most people in the post-colonial camp are unwilling to understand that difference.

However, we are not talking about scholarly mistakes alone. I fear most scholars and activists who deny the uniqueness of the Shoah have anti-Jewish as well as anti-Zionist resentments. That might be among the reasons why post-colonialism is such a huge trend in academia all around the world.

©ClemensHeni

Clemens Heni – Eine Alternative zu Deutschland. Essays

NEUERSCHEINUNG am 30. September 2017:

Clemens Heni

Eine Alternative zu Deutschland. Essays

 

Berlin: Edition Critic, 2017

ISBN 978-3-946193-17-3 | Softcover | 14,8x21cm | 262 Seiten | Personenregister | 15€

Bestellbar in jeder Buchhandlung oder versandkostenfrei direkt beim Verlag:

info[at]editioncritic.de

 

Dieses Buch ist eine intellektuelle Zeitreise von Juli 2006 bis September 2017.

Es zeigt auf, wie es vom »Sommermärchen« 2006 über die Rede vom »Inneren

Reichsparteitag«, Pegida, den Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit), die

Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten bis hin zum Aufstieg der AfD kommen

konnte. Betont wird die Verantwortung der Medien und des Fernsehens für

diesen Aufstieg. Die demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag müssen

sich das erste Mal in der Geschichte mit neonazistischen Positionen im Parlament

befassen – doch sind sie darauf vorbereitet?

 

»Wer nach einer Vergewisserung sucht, wo Deutschland heute steht, wird sie in diesem Buch finden. Mit scharfem Verstand und mit angespitzter Feder zeichnet Clemens Heni funkelnde Momentaufnahmen der letzten elf Jahre. Heraus kommt, wie bestürzend sich die zivile Achse des zuvor offenen Selbstverständnisses nach rechts verschoben hat. Wer die Hoffnung auf eine bessere Zukunft teilt, muss die Gegenwart schonungslos kritisch beleuchten. Daraus mag ›eine Alternative zu Deutschland‹ entstehen.«

Gert Weisskirchen, 1976–2009 Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB), 1999–2009 außenpolitischer Sprecher SPD Bundestagsfraktion, 2006–2008 persönlicher Beauftragter des OSZE Vorsitzenden im Kampf gegen  Antisemitismus, Prof. (em.).

»Clemens Heni erkennt in der aktuellen politischen Kultur dieses Landes noch immer die Spuren des Judenhasses und des von Deutschen begangenen und zu verantwortenden Mordes an den europäischen Juden. Ohne mit Heni in allen Fällen übereinzustimmen, führen seine Beiträge doch ins Herz der aktuellen Debatte über Deutschland und regen zu fruchtbarem Widerspruch an.«

Prof. Dr. Micha Brumlik, 2000–2013 Professor für »Theorien der Bildung und Erziehung « am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Goethe Universität Frankfurt am Main, 2000–2005 Direktor des Fritz Bauer Instituts, Forschungs- und Dokumentationszentrum zur Geschichte des Holocaust an der Goethe Universität.

»Wo nationalistische Töne sich erheben, ein Schlussstrich unter die deutschen Verbrechen des vergangenen Jahrhunderts gefordert und Judenhass zu einer scheinheiligen Kritik an Israel sublimiert wird, holt Clemens Heni zum grossen Rundumschlag aus: gegen Zyniker, Großaffirmatoren, Antihumanisten und Holocaustverharmloser im Deutschland der Gegenwart. Selbst wenn man ihm nicht immer folgen mag, schreibt er doch mit viel Scharfsinn und Sachkenntnis. Fazit: Unbedingt lesenswert und gerade vor dem Hintergrund der Bundestagswahl von brennender Aktualität.«

Dr. phil. Michael Kreutz, Politologe und Orientalist

»Clemens Heni ist ein Ein-Mann-Korrektiv zum andauernden deutschen Geschichts-Roll-Back, wach, intelligent, unerlässlich in Zeiten der schwächelnden Demokratie.«

Georg Diez, Spiegel-Online-Kolumnist, Buchautor, 2016/17 Nieman Fellow der Harvard Universität, USA

First Neo-Nazi Party to be elected to the German federal parliament on Sept 24?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 21. September 2017

Times of Israel (Blogs)

On September 24, 2017, elections will be held for the German Federal Parliament, the Bundestag. For the first time since it was established in 1949, a neo-Nazi party will probably be elected to seats in parliament. It is the “Alternative for Germany” party or AfD. According to recent polls, the AfD will get some 8–12% of the votes, if not more. They might become the third biggest party in Parliament after the conservative CDU and the mainstream left-of-center SPD, who have been in a coalition in recent years with the conservatives.

The media in Germany is responsible for allowing neo-Nazi ideology into the mainstream. All media channels pushed the right-wing extremist ideology by inviting neo-Nazis from the AfD on a daily basis (!) into their studios. That never happened before in the history of the democratic Federal Republic of Germany (FRG). At the one and only TV debate between chancellor Angela Merkel and her challenger Martin Schulz from the Social Democrats, the four leading TV channels ARD, ZDF, RTL and Sat1, behaved rather like the right-wing extremist AfD. They asked questions about non-Germans, they connected terror and immigration as such and they pushed the entire agenda of the AfD, without framing it quote in those terms. The threat of neo-Nazis being elected to the Federal Parliament of Germany was not worthy of a single question. Journalist Stefan Niggemeier tweeted that over half of the 97 minute show sounded “like an AfD-questionnaire”. The failure of the four leading journalists involved, Sandra Maischberger, Maybrit Illner, Peter Kloeppel and particularly Claus Strunz (Sat1) was shocking to many critical observers in Germany. Many other leading TV journalists have also flunked the est. Take Frank Plasberg, for example. On September 18, 2017, he invited right-wing extremist Alice Weidel to his show treating her like a mainstream figure. We will soon learn who Mrs. Weidel is.

Political scientist, professor Hajo Funke from Free University Berlin is also shocked about German media and accuses Plasberg and Illner for their pro-right-wing extremist agenda, which should have no place in public TV, as both work for the two leading TV stations ARD and ZDF respectively.

Who or what is the Alternative for Germany (AfD), and what do they stand for? The party was founded in 2013 by capitalist-nationalist Bernd Lucke. Soon, more outspoken and right-wing extremist forces took power, starting with the election of Frauke Petry as head of the party in 2015. Since 2014 the party has been elected to many state parliaments within Germany (Germany consists of 16 states or Bundesländer). The AfD is anti-EU, defames abortion, promotes ultra-nationalism, racism, hatred of the other, embraces the German past, including the Nazi time, and is supported by thousands of very dangerous neo-Nazi punchers. Since 1990 until 2013 alone, 184 people have been killed by neo-Nazis in Germany for political reasons. The victims are German-Turkish people, leftists, punk-rockers, Muslims, homeless people, refugees, among many others.

The AfD’s head of party, Frauke Petry, wants to reintroduce the core Nazi word “völkisch” in German discourse. The two leading campaigners for the AfD campaign, Alice Weidel and Alexander Gauland are both rather more right-wing extremist than Petry. In an e-mail Weidel wrote in 2013, that members of Angela Merkel’s cabinet are “pigs” and “puppets of the winners of World War II” and Germany is not “sovereign”, the latter being typical neo-Nazi and so-called Reichsbürger (Citizens of the German Reich) language.

The head of the AfD in the Parliament of the State of Saxony-Anhalt (Sachsen-Anhalt), André Poggenburg, has openly used Nazi language against the left in a speech in Parliament. Markus Frohnmaier, who is a candidate for the Bundestag in the state of Baden-Württemberg, head of the Young Alternative, the youth organization of the AfD, and a spokesperson for Alice Weidel, has close connections to neo-Nazis such as the  “German Defence League” (GDL), and has said that he and the AfD would together “clear the country out” of the left.

Dubravko Mandic, an immigrant, who came to Germany in the 1990s from the former Yugoslavia, now agitates against immigration and admits, that the AfD has “concerns” similar to those of the neo-National-Socialist Party (NPD — Nationaldemokratische Partei Deutschlands). Mandic is a candidate for the Bundestag in Baden-Württemberg, in the city of Tübingen. Mandic even frames his and the AfD’s “network” as a “right-wing radical network between the AfD and the Identitarian Movement”.

The Identitarian Movement is based, among other tropes, on the ideology of Renaud Camus from France, who agitates against a supposedly “replacement” of Europeans and the West by people from the Middle East, mainly Muslims. Even some Jews follow this concept, not just in America, the UK, Australia or Israel, but also in Germany. Neo-Nazis and the alt-right in Charlottesville used that slogan and chanted that “Jews will not replace us”, as they believe Jews are behind all evil. This is the same antisemitic ideology of AfD politician and book author Wolfgang Gedeon who promotes the antisemitic forgery “The Protocols of the Elders of Zion.” For him, all evil comes from the Jews, America, Zionism, Muslims, homosexuals and the left.

Jens Maier, AfD candidate for the Bundestag in Saxony, trivialized the mass murderer Anders Breivik and admitted that a book by the neo-Nazi Fjordman inspired him.

At the head of the list for the Bundestag of the AfD in the state of Thuringia is Stephan Brandner. He is a particular vulgar and extremely aggressive agitator. He wants chancellor Angela Merkel to be locked up, and indirectly frames his own party as “Jewish”, by accusing the left-wing Antifa as being “SA”-style Nazis. The SA were the infamous Storm Troopers, who were essential to bringing down the Weimar Republic and helping Hitler and the Nazi Party to gain power in January 1933.

Frank Magnitz, candidate for the Bundestag in the city of Bremen, shares fantasies about the destruction of all of Islam by sharing a picture with the inscription  “If you could push this button and remove Islam from the world forever, would you do it? Like and share for yes!” You see a group of praying Muslims and on the left side a red button. Pushing the button means you support the destruction of Islam and all Muslims. These neo-Nazi fantasies of killing an entire religion is part of the entire project of the AfD. This man too might become a member of parliament.

The leading neo-Nazi politician of the AfD, though, is a Björn Höcke, who is not running for the Bundestag, speaks in a manner imitating Joseph Goebbels, and who frames the Holocaust Memorial as “a memorial of shame,” that no country in the world would place in the center of its capital.

Others, such as Vera Lengsfeld, a blogger and former MP, who  blogs at “Axis of the Good” by journalists Henryk M. Broder and Dirk Maxeiner, is promoting the AfD by joining head of party Petry at an event in the city of Pirna. According to the daily newspaper Der Tagesspiegel in Berlin, this event is co-organized by a group called “Pro Patria Pirna”, which is an ally of the “One Percent Movement” of Kubitschek and his colleague, the right-wing extremist journalist Jürgen Elsässer. However, a last minute decision by the city of Pirna, owner of the location where the event was slated to take place, cancelled the event in its entirety.

Holocaust denier Wilhelm von Gottberg, who is 77, is on the list of the AfD in the state of Lower Saxony.

There is a nasty climate in Germany these days. Right-wing extremists and neo-Nazis can shout the most antisemitic, racist and pro-German slogans on the streets such as “Deutschland Erwache (Germany Awake)” or “Alles für Deutschland (Whatever it takes for Germany)”, both Nazi slogans and legally forbidden in Germany.

Again, agitation against the left supports the AfD, directly or indirectly. Even anti-BDS parties such as the Social Democratic Party (SPD) in Berlin, which had passed an anti-BDS and pro-Israel resolution in April 2016, while voting for Michael Müller to be their head of party, did not help counter the anti-left agitation. The Jerusalem Post and the Simon Wiesenthal Center threatened Müller with being on their Top Ten list of “antisemitic” slurs for2017, if he would not distance himself from BDS and if he would not act against the al-Quds march in Berlin every year. Müller is a pro-Israel politician. He went to Tel Aviv with a delegation in 2015 to increase trade with the Jewish state. He got the anti-BDS resolution passed in 2016 and was patron of “Israel Day” in the heart of Berlin at Wittenbergplatz, alongside with then Israeli ambassador Yakov Hadas-Handelsman. But for some strange reason, none of this prevented the Simon Wiesenthal Center and the Jerusalem Post from considering him a possible candidate for the top ten antisemitic and anti-Israel slurs of 2017. Why? Because he is a leftist. Müller is very anti-Nazi, to be sure, and in 2016 urged the public in Berlin not to vote for the right-wing extremist AfD.

Mainstreaming neo-Nazi ideology involves some very rich and influential people in Europe. According to a report by investigative journalist Tomasz Konicz, the AfD gets money and support from Mövenpick Company and from the “Swiss Goal Corporation” which itself includes leading AfD politicians as Jörg Meuthen, Markus Pretzell and Guido Reil. Billionaire August von Finck junior (born 1930), among the richest people in Germany (he lives in Switzerland), is a supporter of the AfD The Finck company then went ahead and bought the name of the gold company “Degussa”, the very same Degussa that delivered Zyklon B to the gas chambers in Auschwitz. “Evonic Degussa” would melt down the gold from the teeth of the murdered Jewish victims. Today, many Germans run riot about an economic crisis and rush to buy gold. Gold happens to be a more stable currency. August von Finck Jr’s father was a Nazi who “Aryanized” Jewish banks, including the Rothschild Bank and Dreyfus & Co. in Germany. “The Junior”, though, is known for his support for several right-wing parties in recent decades, the most recent being the AfD. AfD politician Beatrix von Storch was for example a member of a “Citizens’ Convent”, dedicated to a hardcore neoliberal campaign against the welfare state. They were supported by the Finck company, as the saga has been analyzed by Konicz.

Journalist Robin Alexander from Die Welt already emphasized in 2013 the connection of billionaire von Finck and the AfD. August von Finck is also owner of Mövenpick hotels & resorts. von Finck was a former ally of the “capitalist establishment” in Germany, from Franz-Josef Strauß (Christian Social Union, CSU) to the Liberal Democratic Party (FDP) to chancellor Merkel. He was a big beneficiary of a tax reform in 2009, carried out by Merkel and the Liberal Party. Ideologically, the von Finck family has a long history of pro-Nazism, perhaps now reaching its culmination in support for the AfD.

Journalist Marcus Engert of BuzzFeed News has analyzed 396 AfD-candidates, exposing the extremist right-wing agenda of many. Professor Hajo Funke says he fears that the Bundestag is not fit to deal with neo-Nazis in Parliament. We never had organized neo-Nazism in a apoliticalparty making it into the Federal Parliament. Of course, Germany had dozens if not hundreds of former individual Nazi Party (NSDAP) members in Parliament since 1949 and small Nazi (not neo-Nazi) parties in Parliament from 1949 through the 1950s. This ugly German history is well known, including Nazis as leading politicians such as Hans Globke, who was responsible for the Nuremberg Race Laws and then became minister under Konrad Adenauer in the 1950s, or Kurt-Georg Kiesinger, who was a Nazi Party member (NSDAP) and then chancellor of the Federal Republic of Germany from 1966–1969, who was famously slapped by anti-fascist Beate Klarsfeld on November 7th, 1968. Or take Hans Filbinger, also from the Christian Democratic Union (CDU), who was prime minister of the state of Baden-Württemberg (1966–1978), a member of the pro-Nazi “Bund Neudeutschland”, a Catholic antisemitic organization, and a member of the Nazi party. Then there is Carl Carstens, also a member of the Nazi party. He was President of the German Parliament (1976–1979) and then President of Germany (1979–1984).

Today, following the September 24, 2017 Federal Election, postwar Germany will for the first time face neo-Nazis in the Bundestag. Contrary to the 1960s, these days we have no Beate Klarsfeld who will tell these antisemites, racists, and pro-Holocaust representatives that their activism will not go unchallenged. These days, neo-Nazism is much more widespread compared to the climate in the 1960s. Today, we have young and old neo-Nazis joining forces in an unprecedented way. In the 1960s the old Nazis never had a chance to form their own party and to be elected in the Bundestag. 2017, neo-Nazis will fulfill that mission: Honoring the German Army, affirming the Holocaust and fighting democracy.

The core of the AfD is not to fight jihad or Islamism, as these folks after all share the very authoritarian personality characteristic of radical Islamists. Both groups detest democracy, the political left, women, gender, heterogeneous societies and multicultural societies. The German mainstream media helped to push a neo-Nazi agenda and for the first time, even some Jews are joining the right-wing extremist agenda of those who embrace the German Wehrmacht, which was part of the killing troops during the Holocaust.

That is all you need to know about September 24, 2017.

*The author would like to thank political scientist Nils Gerster and professor Dovid Katz for help with this article.

©ClemensHeni

Kein BDS und keine antisemitische Propaganda auf dem Kongress „Democracy and Freedom“ im Haus der Berliner Festspiele am 9. September 2017: Der Fall Stefan Weidner und Selma Dabbagh

Von Dr. phil. Clemens Heni, 9. Septermber 2017

Die Nazis oder „Rechtsradikalen“ von Pegida und der AfD bestimmen die politische Diskussion und mit der AfD wird erstmals im „neuen“ Deutschland seit 1990 eine rechtsextreme Partei, die das Naziwort schlechthin – „völkisch“ – wieder positiv besetzen möchte (Frauke Petry), am 24. September 2017 in den Bundestag einziehen, wenn nicht noch ein Wunder passiert. Die Antinazis sind die Guten. Sie sind links, liberal, linksliberal, gebildet, Literatur affin und Diskurs liebend.

So das „internationale Literaturfestival“ in Berlin. Dieses Jahr gibt es vom 8.–10. September 2017 einen großen „international congress for democracy and freedom“. „Hauptförderer“ des Kongresses ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Initiative „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ der Bundesregierung, sowie die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, „Förderer“ sind die Bundeszentrale für politische Bildung, die Heinrich Böll Stiftung, Allianz Kulturstiftung … for Europe, die BertelsmannStiftung, Zu Gast im Haus der Berliner Festspiele, die BMW Foundation Herbert Quandt und die Sergej Mawrizki Stiftung und „Partner und Medienpartner“ sind der Klett-Cotta Verlag sowie das Kulturradio 92,4 des rbb.

Eine Mainstream-Veranstaltung, mehr kulturelle und kulturpolitische Elite geht nicht. Jeder Mensch sollte aber spätestens seit der zweiten Intifada im Herbst 2000 und dem 11. September 2001, der sich am Montag, wo es auch noch Veranstaltungen gibt, jährt, aber im Programm überhaupt nicht erwähnt wird, alarmiert sein, wie Israel, Juden und der Zionismus thematisiert werden.

Es gibt auf dem Kongress ein Panel zum Nahen Osten. Was wäre naheliegender als Israel als Beispiel für Demokratie und Freiheit den arabischen, jihadistischen, islamistischen Regimes und diktatorischen Herrschern gegenüberzustellen? Man könnte sogar linkszionistische Kritiker*innen zu Wort kommen lassen. Das passiert nicht. Das liegt auch an Katar:

Was haben nämlich der brasilianische Fußballnationalspieler Neymar vom Pariser Club PSG und die britisch-palästinensische Autorin und Rechtsanwältin Selma Dabbagh, die am 9. September 2017 auf diesem Kongreß „Für Demokratie und Freiheit“ auftreten wird, gemeinsam? Beiden werden auch vom islamistischen Regime in Katar finanziert.

Die „Qatar Sports Investment“ zahlte die 222 Millionen Ablösesumme für Neymar, damit er von Barcelona nach Paris wechseln kann. Die vollkommen absurden Preise dieses Menschenhandels werden durch den islamistischen Hintergrund noch massiv verschärft.

Die Schriftstellerin und Anwältin Selma Dabbagh ist für die antisemitische BDS Bewegung gegen Israel aktiv, wie sie auf einer Veranstaltung in London im Oktober 2012 sagte. Sie ist Stammautorin einer der berüchtigtsten antiisraelischen und antisemitischen Agitationsseiten im Internet: „Electronic Intifada (ei)“.

Sie tritt für das Rückkehrrecht der Palästinenser nach Israel ein, was Israel zerstören würde, wie auf einer Veranstaltung in London deutlich wurde, wo sie u.a. neben dem antizionistischen Agitator Ilan Pappé saß und die mit den Tags „RightofReturn“ oder „Anti-Zionism is not Antisemitism“ den eigenen Antisemitismus in typischer Manier verschleiern wollte. In ihrem Roman „Out of it“ vergleicht sie Nazis und Zionisten, wie eine kritische Rezension im englischen Independent schreibt. Dieses Buch „Out of it“ wurde von Qatar finanziert.

Am 25. August 2017 dankte ein Kollege Dabbaghs und Mitbegründer von Electronic Intifada (ei), Ali Abunimah, den Künstler*innen, die aus antisemitischen und BDS-Motiven heraus das Berliner Pop-Kultur-Festival boykottierten. Dieser BDS-Boykott hatte bundesweit für einen Aufschrei gesorgt, von Monika Grütters von der Bundesregierung bis Klaus Lederer, Kultursenator von Berlin, und vielen Journalist*innen war die Abscheu vor dieser Neuauflage von „Wir-spielen-nicht-mit-Juden“ laut hörbar.

Und nun kommt ein finanziell super ausgestattetes und vom Kulturmanager und Gründer des internationalen literaturfestivals Ulrich Schreiber zu verantwortender Kongress daher und gibt Selma Dabbagh einen Podiumsplatz auf dem einzigen Panel, das unter anderem Israel behandelt.

Noch vor wenigen Wochen protestierten viele jüdische Gruppen und andere pro-israelische Aktivist*innen gegen einen vermutlich problematischen ARTE-Film zu „Gaza“, wobei explizit die Internetseite „Electronic Intifada“ kritisiert wurde.

Eine der mutigen antiislamistischen Unterzeichnerinnen war Seyran Ates mit ihrer Ibn Rush-Goethe Moschee. Nun wird Ates auch auf diesem sehr großen Kongress für Demokratie und Freiheit auftreten, wo exakt eine Vertreterin der antisemitischen „Electronic Intifada“ mit dabei sein wird.

Ja, mehr noch: Ates wird den gleichen Moderator haben wie Selma Dabbagh: den Islamwissenschaftler Stefan Weidner, der seit Jahren umstritten ist für seine Verharmlosung des Islamismus (siehe dazu Clemens Heni, Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11, Berlin: Edition Critic, 2011).

Auf dem Kongress werden sicher sehr interessante und kritische Diskussionen geführt, namentlich mit Can Dündar über die Türkei, mit Marina Weisband über eine „zeitgemäße Demokratie“, mit Georg Diez nochmal zur Türkei, mit Doris Akrap auch nochmal zur Türkei, mit Frank A. Mayer über das „bürgerliche Denken“ oder mit Carlo Strenger über das „Leben mit Unsicherheit“.

Das mögen alles sehr differenzierte, kritische und wichtige Vorträge, Moderationen oder Beiträge sein.

Das absolute Elend und das Typische für den ganzen Kongress, der für den Mainstream des kulturpolitischen Establishments in der Bundesrepublik steht, ist die Einladung an Selma Dabbagh.

Das macht den über 120 Referent*innen und den Hunderten, wenn nicht Tausenden Besucher*innen nichts aus. Alle Referent*innen sind friedlich mit Bild und Personenbeschreibung im 56seitigen Programmheft versammelt. Auch Selma Dabbagh und somit die „Electronic Intifada“. WTF.

Wenn ein Kongress, der noch dazu „Demokratie und Freiheit“ fördern möchte, eine antisemitische Agitatorin einlädt, die seit Jahren gegen Israel agitiert und auf einer der führenden BDS-Seiten ständige Autorin und Mitarbeiterin ist, dann zeigt dass, wie heute antizionistischer Antisemitismus goutiert wird. Das gehört halt dazu.

Wir fordern: Eine klare Distanzierung von BDS, antizionistischem Antisemitismus und Selma Dabbagh durch Ulrich Schreiber, die Peter-Weiss-Stiftung für Kunst und Politik e.V. (Träger) und dem Moderator Stefan Weidner.

Machen wir doch mal ein Gedankenspiel: angenommen, es würde über Gewalt und Politik gesprochen, wäre es nicht völlig ausgeschlossen, dass ein Holocaustleugner wie Horst Mahler ganz normal als Diskutant eingeladen würde? Das wäre für alle Referent*innen ein Skandal und alle würden absagen, sähen sie ihn im Programm. Aber er würde natürlich niemals eingeladen werden und das ist gut so. Das kann sich nämlich schnell ändern, sobald die AfD im Bundestag sitzt, dann gilt „Feuer frei“ für die Rechtsextremen und Neonazis.

Hat eine Referentin oder hat ein Referent abgesagt, nachdem sie oder er die Hetzerin Dabbagh im Programm entdeckten? Wie viele Wochen oder Monate ist das Programm den Referent*innen denn schon bekannt? Selbst die pro-israelischen Referent*innen, die es sicher gibt, merken das nicht, sie kümmern sich nicht aktiv darum, wer zu Israel spricht. Sie sind gefangen im Kokon des Narzissmus, tauchen in einem großen Programmheft mit Bild und Personenbeschreibung auf und sind stolz wie Emma oder Oskar.

Sobald das Thema Israel ist, fallen alle Schranken, gerade bei den Linksliberalen und Linken. Damit muss Schluss sein.

  • Nein zu BDS.
  • BDS ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
  • Nein zu Antisemitismus in all seinen Formen.
  • Nein zum „international congress for democracy and freedom“ im Haus der Berliner Festspiele, der offenbar Freiheit für alle meint, nur nicht für Israel.

©ClemensHeni

Berlin Pro-Israel Politician on SWC list of “antisemitic slurs”?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 5. September 2017

The Times of Israel (Blogs)

Since when is activity to increase trade, business and political relations with Israel part of the antisemitic BDS movement?

This question come to one’s mind if we consider a recent article by Jerusalem Post’s Benjamin Weinthal, who reported that the Los Angeles based Simon Wiesenthal Center (SWC) is considering putting Michael Müller, mayor of Berlin, the capital of Germany, on their 2017 list of the “Top Ten antisemitic slurs”, or Top Ten “worst cases of anti-Israel and antisemitic activity in 2017,“ which will be made official in December.

In 2015, Müller and his delegation travelled to Tel Aviv to increase trade relations with the Jewish state. In 2016, when he was re-elected as head of the Berlin chapter of the Social Democratic Party (SPD), the party convention passed a resolution condemning the “antisemitic BDS movement” and declaring “we condemn anti-Zionist antisemitism”, and “we stand in solidarity with Israel.”

In May 2017, Müller was “patron”, alongside with the then Israeli ambassador to Germany, Yakov Hadas Handelsman, of the “Israel Day,” organized by the German-Israel Friendship Society (Deutsch-Israelische Gesellschaft, DIG) in the heart of West-Berlin at Wittenbergplatz.

Of course, Müller should be much more outspoken about antisemitism, no doubt about this. In general, he is not really a vibrant or good politician (think about the disaster of the still not built Berlin International Airport, BER). He just got really upset, when in summer 2017 a politician of the party of the Greens decided to use parking slots directly in front of Müllers home in the neighborhood of Berlin-Tempelhof, for a better infrastructure for bicyclists. Müller does not want a “war against car drivers.” This makes him really furious …

Perhaps, BDS may not make him furious – but he never ever is a supporter of BDS. Müller is a pro-Israel politician. His own party attacks BDS, anti-Zionist antisemitism, and stands by israel.

Müller did not prohibit the antisemitic al-Quds rallies, which take place in Berlin every year. Legally spoken, it is unclear, if he could ban it, as we have a judiciary working independently. Many neo-Nazi rallies, for example, which were banned by majors of cities, could take place after a different judgment by courts.

Still, many pro-Israel activists, including myself, pressure Müller to at least symbolically ban the antisemitic al-Quds march. Ironically or not, former head of the Center for Research on Antisemitism (ZfA) at Technical University Berlin, historian Wolfgang Benz, gave the German internet portal Muslim-Markt a supportive and friendly interview in November 2010. Muslim-Markt is among the main supporters and organizers of the al-Quds rally and has been promoting the boycott of Israel at least since 2002, when I first attacked them for their antisemitism.

Contrary to the Simon Wiesenthal Center, most leading pro-Israel activists in Berlin are shocked, outraged or at least irritated by the very idea to put Müller on the list of the worst “antisemitic slurs” in 2017 – as Müller obviously is pro-Israel and has not made any antisemitic statement. Even the SWC cannot quote an antisemitic statement by him – since when is a non-statement proof for an “antisemitic slur”?

What about the neo-Nazis, the alt-right and others, who shouted “Jews will not replace us”? Who was the American, who then said that “very fine people on both sides” (neo-Nazi versus Antifa) were among those who rallied in Charlottesville?

The very same man intentionally did not mention Jews at Holocaust Remembrance Day 2017. Will the SWC consider to put him on their list of the worst “antisemitic slurs” 2017? Rather not, as they prayed for him, January 20, in Washington, D.C.

Or will the SWC consider to put the major of the village of “Herxheim am Berg” in the south-west of Germany, on their list, a Ronald Becker? As the TV program, Kontraste in the first channel ARD reported on August 31, 2017, he is enthusiastic about a “Hitler-bell” in their church, which has been hanging there for some 83 years. Besides a former organist at the church, no one in that very typical German village has a problem with Hitler. On the contrary, some like it, that Hitler built the “Autobahn” etc.

That church bell has a swastika on it, with the inscription “Alles Fuer’s Vaterland. Adolf Hitler.” (“Everything for the Fatherland…”) The major and the priest are very proud and happy about that bell, as it “sounds so well,” every 15 minutes it indicates the time.

This indicates the pro-Nazi and far right discourse in Germany today. Rejection of the remembrance of the Shoah is widespread. Many do not think honoring Hitler might hurt anyone. On September 24, millions of Germans will probably vote (up to 8 or 10%) for the far right “Alternative for Germany (AfD),” the first right-wing extremist or even neo-National Socialist party to be elected in the German Federal Parliament, the Bundestag in Berlin.

The AfD has members like Wolfgang Gedeon who promotes the antisemitic Protocols of the Elders of Zion, some agitate like Goebbels (Björn Höcke), others want to expel German politicians of the Federal Government (born in Germany to immigrants) and “dispose” them in “Turkey” (Alexander Gauland), and head of the party Frauke Petry likes the core word of National Socialism “völkisch” – think of the leading paper of Nazi Germany, the “Völkischer Beobachter”.

However, as there is much more on stage here. We can see a nasty campaign against the Left (whatever left-wing means) by many conservative and far right activists and authors in the pro-Israel camp in Germany, and the US. In Germany, in June 2017, many praised a ridiculous, poorly made pro-Israel propaganda film, full of historical distortions. Others, like Marxist Gerhard Scheit from Vienna and his ally Alex Feuerherdt, a blogger, felt hope after the election of Trump. Reuven Rivlin talked to Gabriel.

Former Israeli ambassador to Germany, Shimon Stein, who formerly was a favorite speaker at the pro-Israel community, alongside with historian Moshe Zimmermann accused the German anti-antisemitism camp to devaluate the very term antisemitism. They also attacked that pro-Israel propaganda film.

Many in Germany do not accept and understand that left-wing Zionism or the not so pro-Bibi camp, in the US, the UK, Europe, and Israel is part of the fight against antisemitism, Islamism and jihad.

After the 2016 US presidential election, right-wingers think they are the only ones who have anything to say. They embrace the defamation of all leftists, of gender discourse, climate change discourse, anti-racist debates, many equate the Antifa to neo-Nazis and also compare Hitler to Stalin, and distort the Shoah, as the Washington Post does. The far right also does of course not need any anti-capitalist discourse, and they defame those who fight jihad and antisemitism from an anti-occupation point of view, for example. For some of them, left-wing Zionists are “worse than Kapos.”

The almost fanatical idea to put a politician on a list of “antisemitic slurs”, who in 2017 was “patron” of the “Israel-Day” in Berlin alongside with the Israeli ambassador, speaks volumes about the mindset of the Jerusalem Post, the Simon Wiesenthal Center and their followers in Germany.

The Berlin based correspondent of the Jewish Telegraph Agency (JTA), Toby Axelrod, wrote an article about the Müller/SWC case. She quotes several representatives of the pro-Israel and anti-antisemitic camp in Berlin, who oppose putting Müller on that list, including S. Königsberg, Sergey Lagodinsy, both from the Jewish Community, Joseph Schuster, head of the Central Council of Jews in Germany, who frames the idea of the SWC to put Müller on that list “grotesque.” Anetta Kahane from the Amadeu Antonio Foundation, an antifascist, pro-Israel activist NGO from Berlin, also opposes to put him on that list.

Antisemitism is too serious a problem, we should not let that issue being hijacked by people who want to promote their own agenda, but have not really an idea how antisemitism in Germany looks like today.

©ClemensHeni

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