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„Pegida ist nicht speziell anti-islamisch“

Deutschlandradio Kultur – Interview mit Clemens Heni, 14.01.2016 06:50 Uhr

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Islamfeindlichkeit „Pegida ist nicht speziell anti-islamisch“

Clemens Heni im Gespräch mit Nana Brink

Pegida sei nicht nur gegen Muslime, sondern gegen alle Flüchtlinge, meint der Politologe Clemens Heni (imago/Sven Ellger)

Eine Konferenz in Osnabrück befasst sich seit Donnerstag mit Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa. Dabei werde unterstellt, dass jeder Kritiker des Islamismus ein Gegner des Islam sei, kritisiert der Politikwissenschaftler Clemens Heni.

Ist jeder Kritiker des Islamismus ein „Islamfeind?“ Nein, meint der Politikwissenschaftler Clemens Heni, Gründer und Direktor des Berlin Center for the Study of Antisemitism. Genau das unterstelle aber die internationale Konferenz „Antimuslimischer Rassismus und Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa“, die ab Donnerstag an der Universität Osnabrück stattfindet.

„Es gibt keine spezielle Islamfeindlichkeit“

Man müsse differenzieren zwischen dem Islam als Religion und dem „problematischen, ideologischen Gehalt des Islamismus, den man bekämpfen muss auf allen Ebenen“, sagt der Politikwissenschaftler. „Und da gibt es nicht nur den Dschihad, sondern auch den sogenannten legalen Islamismus, also die Muslimbrüder, Islamrat in Deutschland, da gibt es verschiedene Organisationen, die auf legale Weise Scharia implementieren wollen.“

Auch sei Pegida keine speziell anti-islamische Bewegung, sondern eine, die grundsätzlich rassistisch und völkisch sei. Pegida wende sich nicht nur gegen Muslime, sondern gegen alle Flüchtlinge, betont Heni.

„Das wird beispielsweise bei der Konferenz in Osnabrück, denke ich, fälschlicherweise so eingeordnet, als ob es eine spezifische Islamfeindlichkeit geben würde, wo ich denke, das gibt es nicht.“

Das Interview im Wortlaut:

Nana Brink: Es ist gerade nicht leicht, nüchtern über das zu reden, über das wir natürlich reden müssen, nämlich die Rolle des Islams und die Rolle, die er in vielen arabischen Ländern spielt, aus denen auch die mutmaßlichen Täter kommen, die in der Silvesternacht sich brutal an Frauen vergangen haben. Es ist auch deshalb nicht leicht, weil diese Taten ja dumpfe, islamfeindliche Reaktion provoziert haben, das haben wir wieder an diesem Montag in Leipzig bei der Pegida-Demonstration gesehen.

Heute nun beginnt in Osnabrück eine dreitägige internationale Konferenz zum Thema antimuslimischer Rassismus und Islamfeindlichkeit in Deutschland. Das wird organisiert vom Institut für Islamische Theologie in Osnabrück und auch finanziert vom niedersächsischen Kultusministerium und der Bundesregierung. Ich freue mich sehr jetzt, dass bei mir der Politikwissenschaftler Clemens Heni, Direktor des Berlin Center for the Study of Antisemitism hier zu Gast in „Studio 9“ ist. Guten Morgen, ich grüße Sie!

Clemens Heni: Ja, guten Morgen, Frau Brink!

Islamismus und arabische Alltagskultur

Brink: Bevor wir uns über die islamfeindlichen Strömungen hierzulande unterhalten, wollte ich noch mal auf das zurückkommen, was ja in der Silvesternacht passiert ist. Die Journalistin Julia Gerlach hat ja gestern bei uns eindrücklich geschildert, wie in Ägypten die Gewalt gegen Frauen ein Gesellschaftsspiel ist. Aber sie hat davor gewarnt, das einfach auf Deutschland zu übertragen. Hat sie recht?

Heni: Also, ich denke, es wäre wichtig, dass die feministische Kritik, die es ja nun gibt in dem Land, an sexualisierter Gewalt sehr wohl in Beziehung gebracht wird mit dem Islam. Also mit der islamischen Kultur. Es gab in der „Frankfurter Allgemeinen“ die letzten Tage einige Texte, die versucht haben, denke ich, ganz interessant, Ursula Scheer gestern zum Beispiel, eine Beziehung zu bringen zwischen der alltäglichen Gewaltstruktur gegenüber Frauen in der arabischen und islamischen Welt, die wir jetzt eben hier in Teilen auch erlebt haben, und zwar auf präzedenzlose Weise. Also, man muss ja sehen: So was gab es in der Form eben noch nicht. Und da, denke ich, muss man schon auch das Thema Islam, Islamismus und arabische Alltagskultur in Deutschland thematisieren.

Pegida ist „völkisch und rassistisch“

Brink: Schüren denn solche Vorkommnisse die Islamfeindlichkeit hier?

Heni: Also, Islamfeindlichkeit ist so eine Frage. Also, Pegida ist nun einer meiner Schwerpunkte meiner Forschung die letzten Jahre und da würde ich nun mal grundsätzlich sagen, dass Pegida eine rassistische Bewegung ist, eine völkische Bewegung, die sich beispielsweise gegen alle Flüchtlinge wendet. Muslime sind ein Teil der Flüchtlinge, aber ja keineswegs alle. Also, wenn wir Brandanschläge haben auf Flüchtlingsheime, dann zielen diese Nazis und anderen Gewalttäter auf alle als nicht deutsch kategorisierten Menschen und keineswegs nur auf Muslime. Das wird beispielsweise bei der Konferenz in Osnabrück, denke ich, fälschlicherweise so eingeordnet, als ob es eine spezifische Islamfeindlichkeit geben würde. Wo ich denke, das gibt es nicht.

Im Gegensatz dazu würde ich sogar betonen, dass viele Muslime in der arabischen Welt, in der muslimischen Welt insgesamt sich ja durchaus distanzieren vom Islamismus, das hier aber gar nicht vorkommt. Und genau diejenigen, die in Deutschland nun die Islamfeindlichkeit als das große Thema meinen erkennen zu können, negieren häufig, dass es in der islamischen und arabischen Welt ja dissidente Muslime und Muslimas gibt, die genau den Islamismus bekämpfen und sich freuen würden, wenn es mehr Kritik über die problematischen Aspekte des Islam geben würde.

Gegenstimmen aus der islamischen Welt werden nicht gehört

Brink: Warum ist das so? Warum kommen wir oder warum sehen Sie diese Entwicklung oder dieses Blindsein auf dem einen Auge, wie Sie es ja gerade geschildert haben?

Heni: Also, dieses Blindsein, denke ich, wenn ich jetzt Ihren Aufhänger, die Konferenz in Osnabrück nehme, wenn da beispielsweise der Hauptredner eher Israel mit KZs und Nazis vergleicht und nicht thematisiert, dass es in der muslimischen Welt sehr wohl moderate Muslime gibt, beispielsweise Abu Dhabi oder Vereinigte Emirate, da gibt es eine Menge von Muslimen, die selber sich gegen die islamistische Kultur wenden, die aber hier beispielsweise aufgrund dessen, dass in Konferenzen eben solche Stimmen nicht gehört werden, sondern genau die Gegenstimmen, nicht vorkommen. Ich denke, das ist ein wichtiger Aspekt des Ganzen.

Brink: Ja, solche Stimmen kommen natürlich bei der Konferenz schon vor, sie dauert ja drei Tage. Aber ich möchte noch mal auf einen ganz interessanten Zusammenhang kommen, der auch bei Ihnen, bei Ihren Forschungen ja eine große Rolle spielt: Islamfeindlichkeit auf der einen Seite und natürlich so etwas wie der selbst ernannte Islamische Staat. Also das Vordringen dieser Terrororganisation, das ja auch schürt, also sozusagen schürt, diese Ressentiments gegen Muslime!

Heni: Also, ich meine, der Islamische Staat, das ist ganz wichtig in der Tat, hat nun auf ungeheuerliche Weise letztes Jahr in Frankreich mehrfach Terrorattentate verübt, zum ersten Mal in massivem Maßstab in Europa, im November mit über 130 Toten in Paris. Und ich denke, Islamfeindlichkeit lenkt ja eigentlich genau davon ab, dass die Leute denken, nun würde der Islam – in Anführungszeichen – zum Feindbild aufgebaut. Hingegen geht es ja darum, den Islamismus zu bekämpfen. Also, diese Trennung finde ich auch ganz wichtig, auch in der Forschung zu trennen zwischen Islam als Religion, den man nicht diffamieren darf und sollte, und Islamismus als Ideologie, den man sehr wohl diffamieren muss und bekämpfen muss. Und deshalb, denke ich, Islamfeindlichkeit lenkt so ein bisschen ab von der Thematik, um die es eigentlich geht.

Muslimbrüder und Islamrat vertreten einen „legalen Islamismus“

Brink: Was ist denn die Thematik, um die es eigentlich …

Heni: Die Thematik, denke ich, ist: Islamismus versus Islam. Dass man eine Differenz macht zwischen dem problematischen, ideologischen Gehalt des Islamismus, den man bekämpfen muss auf allen Ebenen – und da gibt es nicht nur den Dschihad, sondern auch den sogenannten legalen Islamismus, also die Muslimbrüder, Islamrat in Deutschland, da gibt es verschiedene Organisationen, die auf legale Weise die Scharia implementieren wollen –, und da gibt es eben andere, die meinen, den Islam an sich damit diskreditieren zu können.

Brink: Also, wir trennen nicht sauber genug hier in Deutschland in der Diskussion auch? Würden Sie so weit gehen, das zu sagen?

Heni: Richtig, das würde ich absolut so sagen. Und leider tun Konferenzen wie in Osnabrück eigentlich genau davon ablenken, dass diese Trennung zwischen Islamismus und Islam notwendig wäre, davon ablenken, indem sie tun, als wenn alle Kritikerinnen und Kritiker des Islamismus Islamfeinde wären. Und das ist nicht der Fall.

Brink: Herzlichen Dank! Der Politikwissenschaftler Clemens Heni, schönen Dank für Ihren Besuch hier in „Studio 9“. Und er hat es mehrfach angesprochen, die dreitägige Konferenz in Osnabrück zum Thema antimuslimischer Rassismus und Islamfeindlichkeit in Deutschland, und hier in „Studio 9“ ab 17:00 Uhr wird der Berliner Historiker und Antisemitismusforscher Wolfgang Benz auch noch mal darauf was antworten, was sie vorhaben auf der Konferenz in Osnabrück.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

 

„Gaza sieht immer mehr wie ein KZ aus“ – Obskurer Islamforscher zu Gast bei der Uni Osnabrück

Von Clemens Heni und Michael Kreutz

Dieser Text erschien zuerst auf Ruhrbarone

Im Jahr 2015 gab es alleine in Frankreich zwei islamistisch motivierte Massaker mit fast 150 Toten, am 7. bzw. 9. Januar in der Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris bzw. einem jüdischen Supermarkt und am 13. November im Club Bataclan, mehreren Cafés sowie am Stade de France, wo gerade ein Fußballfreundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland stattfand. Daraufhin wurde wenige Tage später erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik aus Terrorangst ein Fußballspiel der deutschen Nationalmannschaft in Hannover abgesagt.

Doch all diese spezifisch mit dem Islamismus und Jihadismus zusammenhängenden Ereignisse führen eben in der Wissenschaft, der Islamforschung wie der Islamischen Theologie, offenbar weiterhin kaum dazu, Kritik am Islamismus und Antisemitismus zu üben. So wird der Präsident der Uni Osnabrück, Prof. Wolfgang Lücke, am 14. Januar 2016 die Konferenz „Antimuslimischer Rassismus und Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa“ begrüßen. Es ist eine dreitägige, große Konferenz mit über vierzig Referentinnen und Referenten, organisiert vom Institut für Islamische Theologie der Uni Osnabrück und finanziert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, dem Graduiertenkolleg Islamische Theologie sowie der Bundesregierung und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Hier kommt eine Opferhaltung zum Ausdruck, die den Islamisten letztlich nur in die Hände spielt. Kein einziger Vortrag ist der jihadistischen und islamistischen Gewalt und Ideologie gewidmet. Sicher, angesichts eines unübersehbaren rassistischen Klimas in Deutschland, von Pegida über die AfD bis hin zu Neonazis, die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verüben, ist eine Kritik am Rassismus notwendig. Doch was soll „antimuslimischer Rassismus“ sein? Rechtspopulisten mögen ein besonderes Problem mit dem Islam haben, allgemein hetzen sie aber gegen die Zuwanderung insgesamt. Sie wollen ein völkisch homogenes Deutschland.

Der eigentliche Skandal der Konferenz ist der Hauptredner, der amerikanische Islam- und Nahostforscher John L. Esposito, Jg. 1940. Er hat einen von Saudi-Arabien (mit)finanzierten Lehrstuhl und ist einer der umstrittensten Nahostforscher in Amerika. Acht Jahre ist es her, seitdem der amerikanische Nahostkenner Martin Kramer darauf hingewiesen hat, dass mit den Berechnungen bezüglich der Zahl von radikalisierten Muslimen von John Esposito etwas faul ist.

Demnach hatte Esposito eigene Umfragen unter Muslimen dahingehend interpretiert, dass nur 7% der Befragten als radikalisiert bezeichnet werden können. So gering nämlich sei der Anteil derer, die der Aussage zustimmen, dass die Anschläge vom 11. September 2001 „völlig gerechtfertigt“ seien. Dabei fiel aber unter den Tisch, dass anderthalb Jahre zuvor Esposito und seine Co-Autorin auch solche Befragten zu den Radikalisierten zählten, die der Aussage zustimmten, dass die Anschläge „weitgehend gerechtfertigt“ seien. Viele von denen, die vorher noch als radikal gegolten hatten, wurden plötzlich zu Moderaten verklärt.

Selbst Islamisten, die in der Forschung für ihre gefährliche Ideologie seit Jahren analysiert und kritisiert werden, wie die Gülen-Bewegung, Tariq Ramadan aus der Schweiz, Yusuf al-Qaradawi aus Katar oder Mustafa Ceric aus Bosnien werden von Esposito als wunderbare Beispiele für einen „moderaten“ Islamismus betrachtet. Doch es gibt keinen „moderaten“ Islamismus, wie schon der Politik- und Islamwissenschaftler Bassam Tibi in einer Kritik an Esposito vor Jahren betonte. Ein Yusuf al-Qaradawi, der Selbstmordattentate gegen Israelis für religiös rechtmäßig erklärt, wird nicht dadurch moderat, dass er ihre Durchführung auch Frauen ohne Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner zubilligt!

In seinen Büchern und Texten zeigt sich die ganze Ideologie von John Esposito. Für ihn ist der islamische „Fundamentalismus“ im Iran, dem zigtausende Menschen zum Opfer gefallen sind, das gleiche wie ein christlicher in den USA, der reaktionär sein mag, aber nicht mörderisch ist. Ebenso verglich er George W. Bush mit dem Dschihadisten, Massenmörder und Mastermind des 11. September 2001, Osama bin Laden. Solche Vergleiche mögen im Westen in manchen Kreisen populär sein, sie sind aber grundfalsch, weil beide Personen für entgegengesetzte Werte stehen.

In seinem Buch „The Future of Islam“ (Die Zukunft des Islam) von 2010 vergleicht Esposito die Situation im Gazastreifen mit KZs und somit Israel mit Nazis – eine klare antisemitische Diffamierung, nach Definition des amerikanischen Außenministeriums und der internationalen Antisemitismusforschung.

Mehr noch: im August 2014 beschuldigte Esposito auf Twitter den Holocaustüberlebenden Elie Wiesel, dieser spiele angesichts der Ereignisse in Gaza eine „Holocausts-Trumpfkarte“ aus. Wiesel hatte zu Recht betont, dass die islamistische Terrororganisation Hamas endlich aufhören solle, Kinder als Schutzschilde zu missbrauchen. Er wies darauf hin, dass Juden schon vor über 3500 Jahren dem Menschenopfer eine Absage erteilt hatten und solche Praktiken für einen zivilisatorischen Rückfall hielten. Für Esposito aber war das kein Grund nachzuhaken, sondern Anlass zur Diffamierung. So reden in Deutschland üblicherweise nur Neonazis und extreme Rechte.

Schließlich hat Esposito in seinem Buch „Die Zukunft des Islam“ auch dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, ohne jeden Beleg (!) die Aussage unterstellt, „Muslime wollen die Welt beherrschen“. Solche Aussagen wie auch andere Verdrehungen in seiner Darstellung disqualifizieren Esposito als Redner. Frisch hat das Behauptete aber nicht nur nicht gesagt, sondern sich dezidiert dagegen gewandt, Muslime zu diffamieren. Davor warnt er nachdrücklich. Esposito dagegen versucht eine deutsche Bundesbehörde, die den Islamismus beobachtet und vor ihm warnt, zu diskreditieren.

Wollen der Präsident der Uni Osnabrück, die über vierzig Referentinnen und Referenten wie auch die involvierten Landes- wie Bundesministerien einer solchen Rabulistik, diesem Antisemitismus und dieser Verharmlosung des Islamismus wirklich Vorschub leisten?

 

Clemens Heni Nassau Inn Princeton 05252009

Dr. phil. Clemens Heni

Dr. phil. Clemens Heni ist Politikwissenschaftler und Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

 

 

 

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Dr. phil. Michael Kreutz

Dr. phil. Michael Kreutz ist Arabist und Islamwissenschaftler in Münster

Does Germany need just another Islamist, anti-Israel and antisemitic infusion by John L. Esposito?

By Clemens Heni

75 year old John L. Esposito, Georgetown University’s Director of the Prince Alwaleed Center for Muslim-Christian Understanding and professor of International Affairs at Georgetown University in Washington, D.C., will be the keynote speaker of a big conference in Germany, Jan 14–16, 2016, about „anti-Muslim racism and hostility towards Islam in Germany and Europe.“

The conference will take place at the University of Osnabrück in the North-West of Germany, over forty speakers are invited to speak. The event is organized by the “Center for Islamic Theology,” and supported by the German Federal Government and its Ministry of Education and Research, Lower Saxony’s Ministry for Research and Culture, and the Post Graduate Program Islamic Theology.

This Center for Islamic Theology is headed by Bülent Ucar, who is the main organizer of the event alongside with his co-worker, Nina Mühe, an anthropologist and Islamic studies scholar known for her attack on Berlin’s Anti-Hijab Law in classroom. Mühe is a former fellow at a German branch of George Soros’ Open Society Institute.

Obviously, attacks like the Charlie Hebdo and Kosher supermarket massacre in Paris in January 2015 are a “reason” for many academics in the humanities and social sciences to focus on an alleged “anti-Muslim racism‟ and not on Jihad, Islamism, Muslim anti-Semitism and Muslim terrorists. This is mainstream in Europe and the Western world ever since 9/11. We are facing in part a racist and nationalist climate in Germany, indeed. But this has nothing to do with the rejection of most academics in the field of Islamic Studies to deal, let alone fight Islamism in all its forms. The true antifascism of the 21st century deals with both the neo-Nazi and Islamist threats.

In his book “Who Speaks for Islam?” (2007, together with Dalia Mogahed), Esposito used the equivalence of anti-Semitism and “Islamophobia.” In his distorted view, Jews aren’t but a “religion” and just one of two “religions with Semitic origins.” In fact, hatred of Jews is a worldwide ideology, while “Islamophobia” is rather an invention by some specific circles, namely Iran and Islamist organizations and their followers.

More recently, Esposito also started to defame Egypts’s anti-Muslim-Brotherhood stance and started his „Brigde Initiative,“ dedicated to the analysis of „Islamophobia“ and the defamation of all critics of jihad and Islamism.

Esposito is fascinated by the “Iranian Revolution” from 1979, as can be seen in his edited volume “The Iranian Revolution. Its Global Impact” (1990) and his chapter “The Iranian Revolution. A Ten-Year Perspective,” where he also emphasized the outreach of Iranian style Islamism to Muslims outside Iran. In 2010, he co-edited the volume “Islam and Peacebuilding. Gülen Movements Initiates,” where he promotes the Islamist approach of Fethullah Gülen and frames him as a kind of Islamic version of German philosopher Jürgen Habermas. Both share a “similar belief in mutual understanding, dialogue and optimism,” murmurs Esposito.

This “optimism” (a nice word for the spread of Islamism, no?) can also be seen in the work of leading Sunni cleric Yusuf al-Qaradawi, another protagonist of Esposito. In his book “The Future of Islam” (2010), the Saudi (Prince Alwaleed) funded scholar says, al-Qaradawi “claims that everything is acceptable (halal) unless proven forbidden (haram).” This makes him a moderate according to Esposito and his German colleagues Gudrun Krämer and Bettina Gräf. Gräf co-edited a book, “The Global Mufti,” with pieces by another Georgetown academic, Barbara Freyer-Stowasser (1935–2012), about “gender equality” in a fatwa about female suiciding bombing against Israel by al-Qaradawi.

In “The Future of Islam,” Esposito also invokes an equivalence between Islamic and Western “fundamentalism,” taking Ronald Reagan and the Iranian Revolution as examples, he also compares George W. Bush to Osama Bin Laden. This cultural relativist approach is well known. But jihad and the rule of religion (Islamism) is not the same as whatever democratic government in the US, Britain or Germany and France etc. does. Mustafa Ceric, former Grand Mufti of Sarajevo, is another Islamist portrayed as kosher, by Esposito. Ceric once went to the Auschwitz Memorial site, not to remember the Shoah but rather to invoke the Muslims-are-the-new-Jews-analogy. Ceric has also been criticized for his ties to the Islamist Muslim Brotherhood, among other Islamist aspects of his approach.

Finally, Esposito refers to German security expert and former head (1996–2000) of the “Federal Agency for the Protection of the Constitution,” Peter Frisch. In his 2010 book (finished in 2009), Esposito writes about Frisch as if he was head of that important institution in 2009, which is a minor problem compared to the lie, the Georgetown scholar spreads about Frisch. Esposito writes: “In Germany, Peter Frisch, head of the Bundesamt für Verfassungsschutz (Federal Office for the Protection of the Constitution), has repeatedly asserted, ‘Muslims want to rule the world.’” He does not quote form a single article by Frisch. In 2001, after 9/11, Frisch argued against the defamation of all Muslims. In 1997, Frisch argued against the rise of Islamism and the reluctance in Germany to even deal with that problem. To my knowledge, he never said that all Muslims want to rule the world. This reproach is rather a lie, invented by Esposito – who runs short to substantiate his claim. But Esposito is obviously not interested in research and quotes.

August 5, 2014, during the latest Gaza War, John L. Esposito tweeted the following: “Elie Wiesel plays the Holocaust trump card in Gaza” and links to an antisemitic homepage – “Mondoweiss.” Wiesel had said, that Jews stopped using children as sacrifices some 3500 years ago, Hamas should stop it now, too. Truly a correct statement, taken the fact that Hamas is verifiably known for abusing children and others as human shields. For Esposito this was just another reason to defame Israel and make fun of the Shoah and a Holocaust survivor.

Esposito compares Israel to Nazis, uses even more antisemitic language, promotes Islamists as possible allies and defames German officials, who headed federal offices in the fight against Jihad and Islamism.

Are these enough reasons for the Jewish Museum Berlin’s Yasemin Shooman, the mainstream weekly “Die Zeit” and its author Yassin Musharbash, the left-green-wing daily “taz” and its Daniel Bax, scholars like Andreas Zick from Bielefeld University, who even sits on Board of the US based “Journal for the Study of Antisemitism” (JSA), or historian Wolfgang Benz, former head of the “Center for Research on Antisemitism” at Technical University Berlin, dozens of other scholars, activists and authors, the Government of Lower Saxony and the German Federal Government to support and join such an event?

 

 

(Video) How not to study Antisemitism

 

Lecture by Dr. Clemens Heni, Director, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), www.bicsa.org

 

Hebrew University, Jerusalem, Mount Scopus, The Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA), International Conference, 25–28 May, 2014 Anti-Judaism, Anti Semitism and Delegitimizing Israel, Session 8, Tuesday, 27 May 2014, 15.45–18.00

 

I was honored to speak at Robert Solomon Wistrich’s, z‘‘l, last big conference in May 2014 in Jerusalem, Mount Scopus, at SICSA. Robert also had invited me to his first big conference as head of the Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA) in December 2002.

https://www.youtube.com/watch?v=1HPoais_8IM

What is in this lecture?

How Not to Study Antisemitism:

1) Arab Rejectionism

– Prof. Christian Wiese

– Marxists pro-Israel: Adorno, Horkheimer

– Prof. Wiese quotes Jacqueline Rose’s fantasies about Herzl and Hitler 1895 in Paris …

2) Holocaust Inversion

– Prof. Seyla Benhabib, Israel and “possible crimes against humanity” …

3) Post-Colonialism

– Prof. Jürgen Zimmerer, „From Windhuk to Auschwitz“

– David Olusoga/Casper W. Erichsen, “Kaiser’s Holocaust”

4) Holocaust Studies

– Timothy Snyder, grandson of Ernst Nolte

5) Was Hitler a “Man of the Left”?

– Erika Steinbach

– Jonah Goldberg

– Brendan Simms

6) Left-wingers in Germany and Austria: pro-Israel and anti-Jewish?

– Circumcision debates

Wie trivialisiere ich Antisemitismus?, Teil 58: Götz Aly

Facebook ist ein riesiges soziales Medium, das Menschen weltweit die Möglichkeit gibt, sich unkompliziert über alle möglichen sinnlosen wie sinnvollen Aspekte des Lebens auszutauschen. Kritik an Facebook kann antisemitisch sein, und ist also keine Kritik mehr, sondern Ressentiment, z.B. wenn die Süddeutsche Zeitung 2014 Mark Zuckerberg als Krake karikiert, die eine Art Hakennase hat, als Tentakeln verfremdete Schläfenlocken besitzt und mit ihren Fangarmen böswillig die Menschheit auffressen möchte. Verschwörungsfantasien gehören zum Kernbestandteil des modernen Antisemitismus und sind von äußerster Gefährlichkeit. Die 1905 erstmals publizierten „Protokolle der Weisen von Zion“ sind das Vorbild bzw. die Matrize aller späteren antisemitisch motivierten Verschwörungsfantasien. Und das Krakenmotiv ist genuin nationalsozialistisch.

Vor diesem Hintergrund meint nun der Historiker Götz Aly, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und ihr Autor Michael Hanfeld würden antisemitisch gegen den Facebookgründer und –inhaber hetzen, wie damals Hitler, Oma und Opa gegen die Juden. Das ist starker Tobak. Aly schreibt am 8. Dezember 2015 in der Berliner Zeitung:

In „Mein Kampf“ steht Ähnliches

Voilà, die im Geheimen wühlenden Weltverschwörer! Die wittert auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Deren Medienredakteur Michael Hanfeld sagt, Zuckerberg komme „dahergeritten wie der heilige Martin“, tatsächlich aber sitze er „auf dem größten trojanischen Pferd seit den Zeiten von Odysseus“. „Mit sentimentalem Ton“, jedoch „verlogen“, mit der „Camouflage“ des Unschuldigen betreibe er sein „globales Geschäft“. Per Überschrift rückt die FAZ den „knallharten“ Zuckerberg in die Nähe von Stasi-Chef Mielke: „Dabei liebt er uns doch alle“.

So soll er also aussehen, der neue Antisemitismus, wie ihn Götz Aly sehen möchte. Die Definition des modernen Antisemitismus durch Aly zeigt seine ganze Hilflosigkeit, einen klaren Gedanken zu fassen:

Moderne Antisemiten meiden das Wort Jude, besinnen sich jedoch bei passender Gelegenheit auf das klassische Repertoire – gespeist aus Neid, Unvermögen und frustrierter Gehässigkeit.

Er meint hier, wenn schon, dann den sog. „neuen“ Antisemitismus, den es nach dem Holocaust gibt und der vor allem in den letzten 15 Jahren zu großen Debatten führte und führt. Der Ausdruck „moderne Antisemiten“ erinnert vielmehr an den Beginn des „modernen“ Antisemitismus Ende des 19. Jahrhunderts, als der biologische Rassenantisemitismus der völkischen Bewegung den religiös und christlich motivierten Judenhass ablöste. Zentral für den modernen und rassebiologischen Antisemitismus ist der Verschwörungswahnsinn. „Der Jude“ wird als die geheime Macht hinter allem Übel, hinter der unterminierenden Funktion von U-Bahnen, Finanzgeschäften und allen Formen des Kapitalismus wie des Kommunismus oder sexueller Ausschweifung und der Aushöhlung des christlichen Abendlandes wie auch, später, des muslimischen Morgenlandes imaginiert.

Was hatte Hanfeld verbrochen, dass er mit Hitler verglichen und ihm Antisemitismus unterstellt wird? Hat er Zuckerberg als Juden diffamiert, ihn antisemitisch karikiert wie die SZ letztes Jahr, oder von geheimen Mächten fabuliert, die die Welt beherrschen oder aussaugen wollten? Anlässlich des Offenen Briefes von Mark Zuckerberg an seine neugeborene Tochter, worin er ankündigt, im Laufe seines Lebens sein fast gesamtes Vermögen, derzeit rund 45 Milliarden Dollar, zu verschenken, schrieb Hanfeld am 3. Dezember in der FAZ:

Die ganze Welt denkt, Mark Zuckerberg habe seiner Tochter einen Brief geschrieben. Hat er aber nicht. Er nimmt die Geburt der kleinen Max vielmehr zum Anlass, seinen persönlichen Weltmachtanspruch zu formulieren. Er hat eine Regierungserklärung verfasst, der wir entnehmen können, wie die Welt aussieht, wenn Facebook das Sagen hat. Sie ist bunt, vielfältig und friedvoll. Es gibt nur noch saubere Energie und keine Krankheiten mehr. Für kreatives Unternehmertum existieren keine Grenzen. Es gibt „starke“ und „gesunde“ Gemeinschaften. Und alle Menschen haben gleiche Chancen. Wie bekommen sie die? Durch die richtige Erziehung, die richtige Gesundheitsvorsorge und – einen freien Zugang zum Internet. Wer diesen schafft und garantiert, ist klar: Papas Firma.

So hört sich also Hitler 2.0 an, laut Götz Aly. Dabei analysiert Hanfeld lediglich die Mechanismen des Neoliberalismus, böse Stimmen würden sagen: des Kapitalismus in seiner heutigen Form. Dabei spielen Kontrolle, Wissen, Sammeln von Daten nicht nur für die Werbeindustrie, das Internalisieren der Imperative des Marktes, dass alles – alles – eine Ware ist, die zentrale Rolle. Natürlich ist es übertrieben, alleine daraus einen „Weltmachtanspruch“ zu sehen, aber übertreiben in Richtung Wahrheit ist eine Methode, die man seit Günther Anders kennen sollte. Es ist das fröhliche Mitmachen, die Selbst-Verwertung, das lachende Posten auf Facebook ist beherrschend. Dissidenz oder Abstinenz werden a priori eskamotiert, wie es Adorno vielleicht formulieren würde. Wer sind die IT-Unternehmen, die den Zugang zum Netz gewährleisten werden, im Senegal wie in Berlin oder auf Haiti? Wer kontrolliert da was gespeichert wird und wozu? Was geht es Facebook an, was Leute sich in privaten Nachrichten sagen etc. pp.? Ist die total saubere, gesunde und keimfreie Welt nicht ein aseptischer Albtraum? Das spricht nicht gegen Klimaschutz aber gegen totale Kontrolle und das survival of the happiest.

Wie sagten es Adorno und Horkheimer in der „Dialektik der Aufklärung“ 1944/1947:

In der vorwegnehmenden Identifikation der zu Ende gedachten mathematisierten Welt mit der Wahrheit meint Aufklärung vor der Rückkehr des Mythischen sicher zu sein. Sie setzt Denken und Mathematik in eins.

Günther Anders hätte heute einen Band über die Antiquiertheit des Menschen im Facebook-Zeitalter schreiben können. Und man könnte – wie „wir“ es schon in den 1990er Jahren an der Uni Bremen als Studierende taten – den „binären Faschismus“ des digitalen Zeitalters untersuchen und kritisieren. O + 1. Dazu kann man gar Facebook, Smartphones, Laptops, Tablets und PCs etc. benutzen. Das nennt man Dialektik.

Mehr noch: dass gerade Götz Aly anderen Antisemitismus vorwirft ist lustig, wenn man sich anschaut, wie obsessiv er bemüht war in seinen Schriften, das Spezifische des Antisemitismus wie die Sinnlosigkeit der Vernichtung der europäischen Juden zu negieren und ein cui bono zu suchen, sei es Nazi-Bevölkerungspolitik oder der „Neid“ der deutschen Volksgemeinschaft. Als ob deutsche SS-Männer und Polizeibataillone Millionen Juden aus allen Teilen Europas abschlachteten und industriell vernichteten, weil sie neidisch gewesen wären.

Doch Götz Aly kommt aus der „sozialrevolutionären Schule“ des Altmarxisten Karl-Heinz Roth und nach dieser kommt dem Antisemitismus gerade keine spezifische, wenn überhaupt eine Rolle zu. Als Aly 2010 zufällig – aufgrund seiner Leistung kann das kaum passiert sein – Fellow in Yad Vashem war, aufgrund der Attacke des Terrorschiffes Mavi Marmara, das von der israelischen Armee aufgebracht worden war, von einem „israelischen Massaker“ gleichsam faselte, noch bevor klar war, was passiert war im Mittelmeer, war sein Ressentiment gegen Israel offenkundig. Eine Woche später musste er zurückrudern, aber seine spontane antiisraelische Agitation spricht Bände.

Einer wie Götz Aly, der dann auch noch die Kritik an der hetzerischen Springer-Presse 1968 mit der Bücherverbrennung 1933 analogisiert und somit den Nationalsozialismus ein weiteres Mal trivialisiert oder rationalisiert, sollte zurückhaltend sein, Journalisten wie Michael Hanfeld oder der FAZ einen Antisemitismus, wie er auch in Hitlers „Mein Kampf“ zu finden sei, zu unterstellen.

Eine differenzierte Kritik am Kapitalismus 3.0, wie er sich bei Facebook zeigt und zeigen wird, muss möglich sein und ist möglich, ohne in einen reaktionären Antikapitalismus zu verfallen, der geheime Mächte oder Juden hinter allem Bösen vermutet. Hanfeld vermutet doch viel eher, wenn ich mich nicht täusche und wenn man seinen Text liest, sehr spezifische Strukturen, Facebook oder Internetfirmen, deren mathematisches und unternehmerisches, kapitalistisches Apriori Horkheimer und Adorno oder Günther Anders heute womöglich ganz ähnlich analysieren würden wie dieser FAZ-Text. Eine Dialektik der Aufklärung 3.0. Der FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube nennt es in einem Offenen Brief an Götz Aly „Ideologiekritik“. Die leisten zu können, davon kann ein Götz Aly nicht mal träumen.

Frankreichs 9/11 und der antisemitische Islamismus

Original auf Ruhrbarone.de am 14.11.2015

Der 13. November 2015 ist der schrecklichste Tag in der jüngeren französischen Geschichte. Bei sechs nahezu gleichzeitigen und koordinierten islamistischen Attacken wurden mindestens 128 Menschen ermordet und 180 verletzt. Zwei Anschlagsziele ragen heraus: Die Selbstmordanschläge vor dem Stade de France in St. Denis während des Fußball-Freundschaftsspieles Frankreich–Deutschland und der berühmte Klub Bataclan.

Das Stadion wurde offenbar nicht nur gewählt, um womöglich eine Massenpanik unter 80.000 Zuschauer/innen auszulösen, sondern auch um die Fußball-Europameisterschaft 2016 vorab zu attackieren. Es ist auch der erste jihadistische Terrorangriff auf die Bundesrepublik.

Das Massaker im Klub Bataclan, wo es die meisten Opfer gibt, hat durchaus einen antisemitischen/antizionistischen Hintergrund.

Dort stürmten vier mit Sprengstoffgürteln und Maschinengewehren bewaffnete Jihadisten den Saal, während die kalifornisch Band „The Eagles of Death Metal“ gerade den Song „Kiss the Devil“ spielte. Vermutlich 83 Menschen wurden bei dem Massaker von den Jihadisten ermordet.

Nun wollen die Jihadisten offenbar ein ganzes Land und eine ganze Welt in Terror versetzen.

Sie hassen selbstbestimmte Frauen, Homosexuelle, Ausgehviertel, Love, Sex und Rock’n’Roll, das sind Kernpunkte des Salafismus, des „legalen“ Islamismus wie des terroristischen Jihadismus.

Das Bataclan ist in Paris eine Institution seit dem 19. Jahrhundert. Doch seit 2007 wurde der Klub gezielt von muslimischen Antisemiten/Antizionisten attackiert, weil es auch israelische Veranstaltungen machte wie z.B. für die israelische Polizeieinheit Magav.

Das berichtete die französische Seite „Le Point“ unmittelbar nach dem jihadistischen Massaker. Die islamistische Gruppe Jaish al-Islam drohte 2011 das Bataclan zu attackieren, weil der Besitzer „jüdisch“ sei, so Le Point.

Im Dezember 2008 gab es dann ein Video von 10 jugendlichen Muslimen, die mit PLO-Tuch verkleidet dem Bataclan ebenfalls drohten, da es u.a. Veranstaltungen für die israelische Polizeieinheit Magav durchführe. Das Bataclan im Visier französischer antisemitischer Islamisten.

Die Band „The Eagles of Death Metal“ wurde von der antisemitischen BDS-Bewegung (derzeit angeführt wird von der EUropäischen Union) bedroht und ging im Sommer 2015 dennoch nach Israel und jetzt wurden die Fans in Paris auch dafür ermordet.

Der Antisemitismus ist der Kernpunkt des Jihad.

Der Verschwörungswahnsinn ist grenzenlos und der Juden- und Israelhass obsessiv.

Und natürlich ist die Türkei, ein Freund des Islamismus im allgemeinen und Unterstützer, so oder so, des ISIS im besonderen, auch mit involviert und somit auch auf ihre Weise die Bundesregierung, die viel zu freundlich mit dem Jihad umspringt (Iran, Türkei, DITIB in Deutschland etc.).

Lange werden wir warten müssen, bis die freundlichen „Experten“ den Antisemitismus als treibende Kraft des Jihad erkennen und bekämpfen. Da ist seit 9/11 so gut wie nichts passiert.

Und die Islamforschung kungelt mit dem Jihad wie gehabt, von den wenigen Ausnahmen, die es immer gibt, abgesehen.

Und man darf gespannt sein, ob auch in Frankreich diese antisemitische Motiviation beim Massaker im Bataclan thematisiert wird. Es zeigt auch wie jugendliche Hetze gegen einen Klub sich zum Massaker ausweiten kann.

Wir leben in der 9/11-Welt. Der Jihad ist die größte Gefahr für die Menschheit im frühen 21. Jahrhundert.

Und wiederum wird der Westen aller Voraussicht nach Versagen im Benennen der spezifisch islamistischen und auch antisemitischen Dimension der Massaker.

Als im November 2008 in Mumbai, Indien, ein ganz ähnlicher jihadistischer Angriff erfolgte, blieb der Aufschrei z.B. meiner deutschen, amerikanischen und (linken) israelischen Kolleginnen und Kollegen an der Yale-University, wo ich damals beschäftigt war, aus.

Sie waren alle noch ganz benebelt von Obamas Wahlsieg Anfang November 2008.

Auf der Gedenkfeier für einen Rabbi, der mit einem Rabbi von Yale befreundet war und in Mumbai massakriert wurde, begleitete mich nur eine weitere israelische Kollegin.

Die Bundesrepublik wird jetzt ein massives Ansteigen der Hetze von Seiten der AfD, Pegidas und wie sie alle heißen, erleben.

Dabei haben diese Organisationen gar nicht kapiert, dass es keine Flüchtlinge sind, die in Paris wie in Mumbai, London oder Madrid und Bali islamistisch mordeten.

Viele Flüchtlinge flohen vielmehr vor dem Terror des Jihad wie in Syrien oder dem Irak. Den Hass auf die westliche Welt, auf Amerika und Israel teilen die AfD und ihre Fans vielmehr, wie sich in Postern etwa des verschwörungsideologischen Magazins „Compact“ auf dem AfD-Aufmarsch in Berlin am 7.11. zeigte.

Ob Europa den Jihad endlich bekämpft ohne selbst völlig rechtsextrem zu werden?

Wann wird Merkel kapieren, dass Erdogan Teil des Problems ist und kein Kumpel?

Wann wird die Bundesregierung endlich verstehen, dass wir weltliche Begleitung von Flüchtlingen brauchen und keine islamistischen Organisationen, die ihre Direktiven aus der Türkei erhalten?

Überall lauern schon die Verharmloser des Jihad, wir werden es erleben.

Frankreich erlebte gestern den traurigsten Tag seiner jüngeren Geschichte. Europa, Obama und der Westen müssen endlich vereint mit allen anderen Kräften auf der Welt den Jihad als die größte Gefahr für den Weltfrieden erkennen, inklusive dem Iran, dessen Krokodilstränen über die Toten an Heuchelei unüberbietbar sind.

Dr. Clemens Heni ist Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA).

Dieser Text erschien zuerst bei den Ruhrbaronen.

Die Salonfähigkeit der Neuen Rechten und die „Klimaverschärfung“. AfD und Pegida machen das Land peu à peu unbewohnbar

In einem Text auf Seite 3 der Stuttgarter Zeitung vom 7. November 2015 schreibt die Journalistin Katja Bauer über eine „Klimaverschärfung“ in diesem Land. Journalisten werden für ihre Analyse und Kritik des Rechtsextremismus, der Neuen Rechten und von Nationalismus wie Rassismus zunehmend attackiert, angepöbelt, bedroht oder auf offener Straße geschlagen. Auf der anderen Seite gibt es Journalisten und Autoren, die dem rassistischen und stolzdeutschen Treiben gebannt zuschauen und AfD und Pegida munitionieren. Weder Mordanschläge, Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte oder der Vorschlag, im Zweifelsfall die „Schusswaffe“ an der Grenze einzusetzen, wie es der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der AfD in den Raum warf, irritieren die Nadelstreifengefolgschaft, sondern lösen bei den Pöblern im Netz wie den Schlägern auf den Straßen und den Brandsatzbauern Euphorie aus.

Der 7. November 2015 wird womöglich einmal als der Tag in die Geschichtsbücher eingehen, als 4–5000 Nazis, Rassisten, Antisemiten, Nationalisten und stolzdeutsche Kleinbürger aller Art auf einer von der Alternative für Deutschland (AfD) veranstalteten Demonstration fast ohne Gegenwehr durch Berlins Mitte ziehen konnten. Es gab wohl in den letzten Jahrzehnten noch nie einen so großen Aufmarsch von organisierten Rechtsextremisten, Nazis, Neuen Rechten und ihrem Anhang mitten in Berlin. In Dresden, Erfurt oder Leipzig ist das übel genug. Aber in Berlin? Das ist schwer fassbar. Auch das zeigt eine Klimaverschärfung. Während Proteste gegen Freihandelsabkommen, wie berechtigt oder unnachvollziehbar die immer sein mögen, 150.000 Menschen anlocken, kommen zur Kritik oder Blockade von Nazis 1000 Menschen plus ein paar abgeschirmte Parteien- und Gewerkschaftsvertreter und deren Milieu abseits der Route und ohne Intention, den Nazis sich wirklich in den Weg zu stellen. Die ach so schöne Zivilgesellschaft hat völlig versagt und sich der neuen NPD, der AfD, nicht in den Weg gestellt. Wenn selbst ein Mitbegründer und ehemaliges Mitglied der AfD und strammer Konservativer wie Hans-Olaf Henkel die heutige AfD als „NPD light“ bezeichnet, wird deutlich, in was für einer Situation dieses Land sich befindet.

Die Medien haben sicher eine Mitschuld. Die Unbekümmertheit mit welcher der Lieblingsschwiegersohn der Nation, Günther Jauch, ausgewachsene Nazis wie Björn Höcke einfach so ins Studio einlädt und reden lässt, ist schon nicht mehr naiv, eher fahrlässig, auch wenn die extreme Rechte wie die Junge Freiheit den Auftritt Höckes eher peinlich fand. Das Milieu der AfD fand das offenbar nicht, denn seither steigen deren Umfragewerte auf aktuell (8.11.2015) 9% – auf Bundesebene wohlgemerkt. Damit wäre das erste Mal seit 1949 eine Nazipartei im Bundestag vertreten (einmal abgesehen von den Ex-NSDAP-Mitgliedern im Bundestag wie auch in der Volkskammer der DDR).

Es geht gar nicht nur um die Flüchtlinge, es geht der AfD, Pegida und wie die rassistischen Massenorganisationen alle heißen, um ein „arisches“ Deutschland, Deutschland den Deutschen. Der Vordenker der Neuen Rechten, Henning Eichberg, hätte seinerzeit hinzugefügt: „für das deutsche Deutschland“, denn Deutscher zu sein alleine genüge nicht, es müssen schon deutsche Deutsche sein. Wobei für ihn schon in den 1980er Jahren die damalige DDR „deutscher“ war als die von Amerika „besetzte“ BRD: „Wenn man die Deutschen als Volk erleben will, muß man in die DDR reisen“, so der neu-rechte Henning Eichberg 1984. Das erhält in nicht wenigen Kreisen der heutigen Linkspartei ein Echo, wie bei Sahra Wagenknecht, die ja auch mit „besorgten Bürgern“ reden möchte; das ist eine Tendenz, den Rassismus und Nationalismus zu derealisieren, die man verschärft bei der CSU sehen kann, aber auch in anderen Parteien im Deutschen Bundestag oder auch bei der FDP Christian Lindners, die derzeit ja nicht mehr im Bundestag sitzt.

Aber die Politik von Merkel ist eben eine andere, derzeit. Europa mag daran zerbrechen, weil die Europäer den Nationalismus und Rassismus doch zu sehr mögen, wie jüngste Wahlergebnisse aus Frankreich, Österreich, Ungarn, aber auch Dänemark oder Finnland und anderen Ländern nahelegen. Antifeminismus, Hass auf jede Form linker, emanzipatorischer Gesellschaftskritik wie ein von sekundärem Antisemitismus gespeister Stolz auf Deutschland ergänzen den derzeitigen rassistischen Ausbruch ungeahnten Ausmaßes in der Bundesrepublik.

Auf der AfD-Demo am 7.11. in Berlin werden nun Poster des Magazins Compact mit den Umrissen der Bundesrepublik Deutschland in den Farben der USA gezeigt, drüber steht „Ami go home“. Dieser Antiamerikanismus ist Kernbestandteil des Rechtsextremismus und der Neuen Rechten. Die Schadenfreude nach dem 11. September 2001 in weiten Teilen der Bevölkerung und der zumal kulturellen Elite des Landes koppelt sich mit antisemitischen Verschwörungsfantasien, die Bundesrepublik sei beherrscht von den USA.

AfD-Aufmarsch in Berlin, 7. November 2015; Foto: Sören Kohlhuber

AfD-Aufmarsch in Berlin, 7. November 2015; Foto: Sören Kohlhuber

Das Nazi-Unwort der „Lügenpresse“ feiert fröhliche Urständ bei Pegida und AfD und das geht über das überschaubare Spektrum des bisherigen (Neo-)Nazismus weit hinaus. Und auch das gezielte Kokettieren mit dem Begriff „KZ“ durch Akif Pirincci auf einer Pegida-Kundgebung in Dresden wurde zwar allseits kritisiert, aber auch durch Journalisten wie Stefan Niggemeier trivialisiert und entwirklicht. Egal, ob Pirincci die Antisemiten und Rassisten als potentielle Opfer von „KZs“ herbei fantasieren will oder damit spielt, die Flüchtlinge in KZs zu stecken, es bleibt bei einem gezielten Angriff auf die Erinnerung an die massenmörderische Realität der Konzentrations- und Vernichtungslager im Nationalsozialismus und dem Holocaust, wie der Journalist und Rechtsextremismusexperte Patrick Gensing analysiert.

Wie Katja Bauer in ihrem Bericht unter Berufung auf den Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen schreibt, basteln sich viele extreme Rechte eine Parallelwelt aus Fantasien, Halb- und Unwahrheiten und erstellen sich im Internet eine „Bestätigungswelt“. Pörksen hatte bereits im Jahr 2000 in seiner Studie „Die Konstruktion von Feindbildern. Zum Sprachgebrauch in neonazistischen Medien“ untersucht, wie z.B. neonazistische Gruppen das Wort „Völkermord“ umdefinieren. Dabei werden die Deutschen als Opfer eines Völkermordes herbei fabuliert, der einsetze, wenn das Land gezielt „überfremdet“ werde.

Und hier haben wir einen dramatischen Beleg für die „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“. Am 1. November 2015 berichtete der österreichische Standard Folgendes:

„Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat eine eigene Theorie über die Gründe für die jüngsten Flüchtlingsbewegungen entwickelt. Nicht Kriege und Elend würden die Menschen in die Flucht treiben, sondern die Linke und Menschenrechtsorganisationen würden die ‚Völkerwanderung‘ bewusst organisieren, um Nationalstaaten zu zerstören. ‚Gegen diese Verschwörung, gegen diesen Verrat müssen wir uns an die Demokratie und ans Volk wenden‘, tönte der Rechtspopulist am Freitag vor handverlesenem Publikum im Prachtsaal des Italienischen Kulturinstituts. (…) ‚Diese westliche Denkweise und dieses Aktivisten-Netz wird vielleicht am stärksten durch George Soros repräsentiert‘, wetterte Orbán. Der gebürtige Ungar [Soros, d.V.] überlebte als Kind den Holocaust in Budapest und gilt den ungarischen Antisemiten gleichsam als paradigmatischer Jude: steinreich, spekulantenhaft, kosmopolitisch, nations- und gottlos. Orbán nimmt diese Begriffe so nicht in den Mund, suggeriert sie aber mit seinem Diskurs.“

Das ist eine sehr treffsichere Analyse dessen, was die Salonfähigkeit der Neuen Rechten im Jahr 2015 in Europa ausmacht. Von Orbán zu Horst Seehofer ist es ein Katzensprung und Orbán wurde sowohl von Seehofer im Kloster Banz, einem CSU-Klausurtagungsort,  wie auch in Dresden auf Pegida-Aufmärschen mit Sprechchören gefeiert. Antisemitische Agitation, Verschwörungswahnsinn, Nationalismus, Agitation gegen Flüchtlinge und Rassismus sind gemeinsame Nenner Vieler heutzutage. Gottlose Linke und Juden aus USA und sonst woher würden das christliche Europa zerstören und dafür würden sie die Flüchtlinge zuerst produzieren und dann hereinlassen wollen. So denkt Orbán und bekommt nicht nur aus Deutschland Beifall dafür.

Schockierend daran ist nicht nur der ungarische, geradezu völkische Nationalismus, sondern auch das Nicht-Reagieren der anderen EU-Staats- und Regierungschefs auf solche antisemitischen, antiamerikanischen, undemokratischen und zutiefst rassistischen Äußerungen eines Ministerpräsidenten eines EU-Landes. Die Springer-Presse ist vorne mit dabei in der Agitation gegen Merkel wie ein Text von Welt-Herausgeber Stefan Aust & Co. anschaulich zeigt. Da bleiben Stimmen, die Merkel wegen ihrer sympathischen Haltung für bedrängte Menschen loben oder als „Traumfrau“ sehen, nur leise Begleitmusik zu einem nationalistischen Chor.

Mit seiner antisemitischen und rassistischen Agitation punktet Orbán nicht nur bei der Springer-Presse oder der extrem rechten FPÖ in Österreich, sondern auch bei irregeleiteten europäischen wie amerikanischen Liberalen, Bürgerlichen und Konservativen. Letztere übersehen offenbar häufig den eigentlich allzu offenkundigen Antiamerikanismus, der fast immer mit einem Antisemitismus einhergeht. Das betrifft auch weite Teile der „Israel-Szene“ und der „Anti-Islamismus-Szene“, die immer öfter kenntlich macht, dass es ihr gerade nicht um eine Unterscheidung von Religion (Islam) und Ideologie (Islamismus) geht. Bei den Protesten gegen die AfD sind diese Leute nicht mit dabei, von Ausnahmen abgesehen.

Diese Blindheit gegenüber der Gefahr der Neuen Rechten gilt auch und nachdrücklich für ehemalige Antifaschisten und Linke (vor allem in den 1970er Jahren) wie den Journalisten Henryk M. Broder, der seit Jahren mit der Neuen Rechten liebäugelt – von seiner Verharmlosung des völkischen Einsatzes einer Eva Herman 2007 über das Promoten von Thilo Sarrazins Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ 2010ff. hin zum Publizieren von Akif Pirincci 2013 auf Broders Autorenblog Achgut – und heute gegen die Bundeskanzlerin Angela Merkel agitiert und damit der AfD wie Pegida Munition liefert.

Einen Schritt weiter geht der Broder-Zögling Hamed Abdel-Samad. Der Ex-Muslimbruder verbreitet nicht nur absurdeste Faschismustheorien nach der Art, dass bereits „Abraham“ eine Art Faschist gewesen sei, weil er auf Gottes Wort gehört habe und vorgehabt hätte, seinen Sohn zu opfern („Bedingungsloser Gehorsam und Opferbereitschaft bis zum Äußersten“). Solche Agitation gegen monotheistische Religionen kommt durchaus gut an, nicht nur bei der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS), in deren wissenschaftlichen Beirat Abdel-Samad sitzt. Seine Auslassungen hören sich völlig absurd an, aber er hat es so geschrieben in seinem Buch „Der islamische Faschismus“ und spätestens aufgrund solcher längst bekannter Passagen hätte es sich die Jüdische Gemeinde Düsseldorf überlegen müssen, gerade einen Agitator und unwissenschaftlichen Autor wie Hamed Abdel-Samad vor wenigen Wochen mit der „Josef-Neuberger-Medaille“ auszuzeichnen – Laudatio von Henryk M. Broder wie von Klaus Wowereit, Doppelpreisträger war Ahmad Mansour. Abdel-Samads Auslassungen haben mit einer seriösen Analyse des Islamismus, des islamistischen Antisemitismus und der jihadistischen Gefahr nun rein gar nichts mehr zu tun. Es ist lächerlich, was er zu Abraham geschrieben hat, und antijüdisch ist es obendrein.

Aber weit mehr, und das macht die Person Abdel-Samad zu einem Skandalon: Er tritt regelmäßig bei der AfD wie in Mölln, Berlin oder in Dachau auf und meinte auch schon auf einer weiteren Veranstaltung ganz nassforsch, dass ihm – dem Eingewanderten aus Ägypten – die „Nazikeule“ gar nichts anhaben könne, die aber „leider“ bei „Deutschen und Österreichern immer noch“ funktioniere. Abdel-Samad macht Antisemiten und Rassisten zu Opfern einer „Nazikeule“ und bekommt dafür tosenden Applaus. Das wird auch Martin Walser gerne hören, doch Abdel-Samad hat keine bebende Stimme wie seinerzeit Walser, vielmehr spricht aus Abdel-Samad eine extrem rechte und selbstbewusste Stimme, die gar kein Problem darin sieht und sehen will bei einer extrem rechten Partei wie der AfD aufzutreten.

Abdel-Samad selbst lebt unter Polizeischutz, weil extremistische Muslime ihn mit dem Tode bedrohen. Das mag manches an Übertreibung und grotesken Auslassungen erklären, es rechtfertigt nicht die Kollaboration mit Nazis und extremen Rechten, die ein Klima verschärfen, dessen Opfer nun eben die Gegner der AfD oder Pegidas sind. Und nur durch Zufall und Glück sind – soweit bekannt – bei den dutzenden Brandanschlägen und sonstigen Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte in diesem Jahr noch keine Menschen ermordet worden.

Der Mordanschlag auf die Kölner OB-Kandidatin und jetzige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat überhaupt gar keinen Schock gegenüber dem Auftreten von Pegida und AfD ausgelöst, von deren Hetze der Nazi, der Henriette Reker ermorden wollte, sich mit motivieren ließ. Drei Tage nach dem Anschlag auf Reker hetzte die AfD in Köln weiter gegen Flüchtlinge. Und umso aggressiver tritt Abdel-Samad bei der AfD jüngst auf und lässt sich auch unter anderem von Personen wie Michael Stürzenberger unterstützen, dem Vorsitzenden der Partei „Die Freiheit“ in Bayern, der für seine antijüdischen und antimuslimischen Ausfälle gegen die Beschneidung von Jungen berüchtigt ist.

Das Klima in diesem Land ist extrem aggressiv geworden durch die Salonfähigkeit der Neuen Rechten. Das hat auch viel mit dem Durchsetzen der schwarzrotgoldenen Fahne 2006 durch Jürgen Klinsmanns „Sommermärchen“ zu tun, als der Fußball-Wahnsinn alles an Zivilität und nationaler Zurückhaltung, die die BRD viele Jahre prägten, hinwegfegte, für alle Zeiten, wie es scheint. Die deutsche Fahne war zuvor eigentlich immer das Symbol der NPD und anderer Nazis in Kneipen von Buxtehude, Mönchengladbach oder Tuttlingen. Doch heute drehen alle schwarzrotgold durch und die Nazis registrierten das 2006ff. umgehend. Heute ist die deutsche Fahne das Symbol von Pegida und der AfD, die wie die Fische im Wasser bei jeder Fußball-Männer-WM oder -EM mitschwimmen und ihren nationalistischen Gestank absondern können, ohne dass es jemand merkt – weil ja alle mitmachen. Das waren schon 2006 die Töne des „nationalen Apriori“. „Ich bin nicht tief traumatisiert, denn ich denke nicht oft an die deutsche Schuld und an den Holocaust“, sagte 2006 Matthias Matussek, damals noch beim Spiegel, er kämpft wie Walser, heute auch Abdel-Samad und viele andere gegen die „moralische Keule“. Die Deutschen wollen wieder stolz sein, wenn schon nicht auf VW 2015 dann wenigstens auf die Gründung von VW 1938 durch die nationalsozialistische Organisation „Kraft-durch-Freude“ und der „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ (heute: Wolfsburg).

Und jene, die ganz offensiv nicht mitmachen beim AfD klein- oder schönreden, wie Georg Diez von SpiegelOnline (eine einsame Stimme dort), Helmut Schümann vom Berliner Tagesspiegel, Nadine Lindner vom Deutschlandfunk, die schon Todesdrohungen bekommen hat wegen ihrer AfD- und Pegida-Kritik, so Katja Bauer in ihrem so wichtigen Artikel in der Stuttgarter Zeitung, sind die Ausnahme. Diez kritisiert die der AfD nachlaufende rassistische Politik von Bundesinnenminister Thomas de Maizière wie auch die Agitation der „Merkel-muss-weg-Fraktion“, die von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) bedient werde. Er stellt ebenso fest, wie absurd es ist, dass eine Partei wie die AfD ungemein viel mediale Aufmerksamkeit und vor allem Redezeit im Fernsehen und grotesk verharmlosende Berichterstattung erfährt, dass es der Partei selbst wohl schon ungeheuer ist mit diesem medialen Schmusekurs gegenüber Nazis. Was für ein Land!

Ein überwältigender Teil der Deutschen jedoch merkt gar nicht, wie sich das Klima hier verändert hat, in ganz kurzer Zeit wurden Ressentiments gegen Menschen – Flüchtlinge, Linke (und auch Juden, wie bei Orbán und seinen vielen Anhänger/innen) – sagbar, die nach Gewalt rufen.

Stimmen gegen den deutschen Rassismus und Nationalismus wie jene des ehemaligen amerikanischen Botschafters in der Bundesrepublik, John Kornblum, werden verhallen, da das Klima in diesem Land ein anderes geworden ist. Deutschland hat sich bis zur Kenntlichkeit entstellt. Der Mordangriff auf Reker, die Terrorserie des NSU und der ausbleibende Schock darauf bei den Behörden, der Politik wie der Gesamtgesellschaft, und das Kokettieren mit dem Rechtsextremismus, Nazismus, Rechtspopulismus, Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus der Typen um Lutz Bachmann und Akif Pirincci oder Frauke Petry und Alexander Gauland und die aktuellen Übergriffe auf Journalist/innen, die weiter kritisch über Rechtsextremismus, Pegida, AfD, Rassismus und Nationalismus berichten, sprechen eine brutale Sprache. Und die Umfrageergebnisse zeigen: die Deutschen mögen das.

Es hat insofern geradezu etwas von Zynismus, wenn der Chef vom Dienst bei SpiegelOnline, Janko Tietz, nun die Gefahr für kritische Journalistinnen und Journalisten einfach derealisiert und ernsthaft meint, man solle gelassener mit der AfD umgehen. Sein Betonen, die Deutschen seien kein Volk von Wirtshausschlägern kann man mit Sigmund Freud so analysieren, dass gerade das Gegenteil der Fall ist – und der Autor damit contre coeur die Wahrheit ausspricht. Abgesehen davon, dass sich Nicht-Deutsche bzw. als solche Kategorisierte in ganz normale Wirtshäuser oft gar nicht erst rein trauen, wie es die Antilopen Gang in einem Song analysierte.

Die Empathielosigkeit, mit der viele – diesmal: nicht alle, das ist ein substantieller Unterschied zu den 1990er Jahren, als wirklich nur eine Handvoll Linksradikaler Flüchtlinge unterstützte – Deutsche derzeit über Flüchtlinge reden, indiziert einen Rassismus, der in diesem Land allzeit losprügeln kann. Als ob Menschen, die alles hinter sich gelassen haben und mit ein paar Klamotten, etwas Geld und einem vielleicht in Plastik wasserdicht verpackten Handy eine lebensgefährliche Reise in Kauf nehmen, um nach Germany zu kommen – eine Gefahr darstellen? Sicher gibt es das Problem des Jihad, des Islamismus, des Fanatismus – doch vor allem sind die allermeisten dieser Flüchtlinge traumatisiert, nicht nur die Kinder. Und elender, langweiliger oder auch widerwärtiger als der ganz normale Kegelklub ganz normaler Deutscher in Dresden, Rostock, Heidenau oder Dortmund werden auch Flüchtlinge aus dem Irak oder Syrien nicht sein.

Mehr noch: im Gegensatz zur AfD und zu Pegida oder „Otto Normalvergaser“ (Eike Geisel) besteht bei Flüchtlingen viel eher die Chance, interessante neue Menschen kennen zu lernen, wenn man das möchte. Egal, ob es sich um syrische Ärzte, irakische Frisöre, afghanische bürgerliche Anti-Taliban oder malische Arbeitslose handelt. Die Art, wie die AfD, Pegida und wie sie alle heißen, mit Flüchtlingen umgehen, die mit Mühe und Not, vielfältiger Demütigung und Todesangst hierher kommen, ist eine Schande für die Menschheit. Eine Schande, dass Menschen anderen Menschen so begegnen, a priori. Es ist reiner Zufall dass die widerwärtigsten Hetzer der AfD in Sachsen oder Hessen geboren wurden und nicht in Syrien. Reiner Zufall.

Alle werden lernen müssen, dass ein westliches Land Religion und Politik trennt und die Scharia keine Chance haben darf, dass Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer (aber weniger verdienen), Juden und Israel nicht unsere Feinde sind, sondern dass Juden auch Menschen sind, die weder eine Weltverschwörung am laufen haben noch die Kinder von Affen und Schweinen sind und dass Israel der jüdische Staat ist – wobei bei den Flüchtlingen eine Chance besteht, dass sie das auch lernen (wenn sie es nicht schon längst wissen), bei der AfD, Pegida und normalen deutschen Antisemiten aller Couleur sind hierbei die Chancen gleich Null. Die wissen was sie tun, die Elsässers, Bachmanns, Gaulands, Petrys und Höckes und ihr Fußvolk. Im Gegensatz zu den meisten Flüchtlingen hätten die ganz normalen deutschen Antisemiten, Nationalisten, Hitler-Verehrer (offen oder verdruckst), Israelfeinde und Verschwörungsfanatiker wie Antiamerikaner Zeit genug gehabt, sich in einem freien Land mit einer vielfältigen Presse und einer großen Zahl seriöser Bücher und Publikationen aller Art zu bilden. Diese Chance wurde von vielen ganz normalen Deutschen, nicht nur im Osten seit 1989, sondern lange davor, nicht genutzt.

Auf den autonomen Gegenaktivitäten gegen den AfD-Aufmarsch wurde skandiert „Say it loud, say it clear: Refugees are welcome here“ oder „ganz Berlin hasst die Polizei“ und „nie, nie, nie wieder Deutschland“. Diese Slogans indizieren eine Übelkeit an den deutschen Zuständen.

Bei der AfD und Pegida, bei den Internetportalen Politically Incorrect (PI) oder Achgut, Magazinen wie Compact oder dem Kopp-Verlag macht sich Euphorie breit und Günther Jauch oder seine Kolleginnen und Kollegen werden schon mit den Füßen unterm Küchentisch zappeln, wen sie wohl als nächstes einladen können – Akif, Hamed oder doch Beatrix von Storch? Was die Presse lernen muss von der Wissenschaft oder von Aktivistinnen und Aktivisten, die seit Jahrzehnten sich mit der Sprache und Politik des Neonazismus und der Neuen Rechten befassen: es geht bei der extremen Rechten und ihren organisierten und unorganisierten Anhängern unterschiedlicher Art lediglich um „Bestätigungsmilieus“ (Bernhard Pörksen), heutzutage via Internet noch verschärft – diskutieren kann man mit diesen Leuten nicht. Man muss sie politisch bekämpfen.

Die Salonfähigkeit der Neuen Rechten war nie so greifbar wie derzeit.

 

Der Verfasser, Dr. phil. Clemens Heni, ist Politikwissenschaftler. Studium der Philosophie, Geschichte, Empirischen Kulturwissenschaft und Politikwissenschaft in Tübingen, Bremen und der FU Berlin; Promotion in Politikwissenschaft 2006 an der Universität Innsbruck, die Studie wurde 2007 unter dem Titel „Salonfähigkeit der Neuen Rechten. ‚Nationale Identität‘, Antisemitismus und Antiamerikanismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland 1970–2005: Henning Eichberg als Exempel“ publiziert (zweite Auflage 2016). 2008/09 war er Post-Doctoral Associate an der Yale University in USA. 2011 gründete er das Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA).

Beyond Colonialism and Secularism: The Peace Prize of the German Book Trade for a “true” Muslim, German-Iranian Navid Kermani

The Times of Israel, October 20, 2015

October 18, 2015, Navid Kermani, a German born German-Iranian author, was awarded the Peace Prize of the German Book Trade. This is among the most prestigious prizes in Germany. His speech is entitled “Jacques Mourad and Love in Syria” and dedicated to the fate of that Syrian-Christian priest who was kidnapped by the Islamic State (IS or ISIS) the very day in May 2015 Kermani learned he was being awarded that prize. His long speech was aired live on TV (second channel, ZDF) and published in the Frankfurter Allgemeine Zeitung (pages 10 and 11) the following day. Kermani is a troubling, even perfidious author and this article will tell you why.

Father Mourad is only important to Kermani, to the degree that he loves Islam. This is the starting point of Kermani’s entire speech and approach. Mourad was freed recently, thanks to the efforts of some Syrian citizens. Those helpers, though, are not portrayed as citizens, but as Muslims. And this is the core aspect of Kermani’s point: to show the world that Islam is love and we all should embrace Islam as much as he does. He uses the word “Islamic Fascism” exclusively for the Islamic State (not for al-Banna, al-Qaradawi or the Shia Iranian regime), which is denying the legacy of Islam in his view. Worse, Kermani says that we are living in a time where the true Islam is hidden behind the wall, and he knows the true Islam and Quran, which is spiritual kinship, poetry and love.

He praises the “spirituality of Ibn Arabi”, the “poetry of Rumi”, the “historiography by Ibn Khaldun”, the “poetic theology by Abdulqaher al-Dschurdschani”, the “philosophy of Averroes” or the “travelogue by Ibn Buttuta”, not to forget the “fairy tales of 1000 and 1 nights”. For Kermani, Islam does not at all need a time of “enlightenment” – as the old examples of Islamic writing, as mentioned, were wonderful examples of enlightenment. So Kermani seems to rewrite the entire history of modern philosophy, including European and western thought from the 17th century and the time of enlightenment in the 18th century, to argue that Islam was at least as modern or enlightened as these European philosophers. Impressive, no?

Kermani ignores Albert Hourani and Ahmad Kasravi, who both dealt with modern thinking in the Arab and Muslim (Iranian) worlds. Kermani ignores these writings in his speech.[i] Kermani’s reference to Nasr Hamid Abu Zaid is rather selective. Abu Zaid focused on the danger for a vibrant and many-voiced intepretation of Islam, as reformer aš-Šāfiʿīs rejected the personal factor when interpreting the Quran – this also meant a push back of reason, as Muhammad was seen infallible as early as in the 9th century. In addition, American political scientist Shadi Hamid stated in a 2014 study, based on his own field research: „[t]he vast majority of Arabs have no a priori ideological opposition to Islamism as such“. German Islamic Studies scholar Tilman Nagel analyzed Sufi-Islam, which in his view is rather based on breaking the individual in order to set Sufi-Islam as representative of the prophet. Finally, Kermani’s reference to Ibn Battuta is remarkable, as he was seen as a plagiarist as early as in the 14th century; today we know that all his reports are taken from other authors.

Who, then, is responsible for the decline of Islamic thinking and the true Islamic world? Kermanis says:

“All people in the Orient have witnessed a brutal, bottom-down modernization by colonialism and secularist dictatorships.”

According to the German Prize winning author, the Iranian Shah urged his soldiers to pull down the headscarves of Iranian women in 1936 – those women did not reject the headscarf by themselves, they were forced. Imagine! However, Kermani of course neither mentions any kind of feminist outrage against religion and the headscarf, nor Atatürk’s approach to the West and his concept of anti-religious secular Turkish statehood which has been largely destroyed by today’s Erdogan and his colleagues.

“Modernity” was always seen as “violent” in the “Orient,” says Kermani. In Europe, we have a rather positive view, “despite backlashs and crimes”. This is all this proud Muslim writer has to say about the unprecedented crimes of Auschwitz and the Shoah! He seems to be completely ignorant about Jews and Jewish history. For him Treblinka or Sobibor were obviously rather “backlashs” or simple “crimes” that did not change the optimistic outlook of European history.

Antisemitism, let alone anti-Zionism, today’s most dangerous form antisemitism, are not mentioned once in the entire speech. While he portrays the Iranian Shah as violent and despotic, the 1979 Islamist revolution is not mentioned either, and no mentions of today’s threats by Iranian leaders to eliminate the Jewish state are nowhere to be found in his long speech.

This is no surprise, though, as Kermani’s wife, Islamic Studies scholar Katajun Amirpur, now a professor in Hamburg, is infamous for telling a German audience that Ahmadienedschad did not call for the destruction of Israel during his speech on October 26, 2005. Her notorious lie was also published by then leading German scholar in antisemitism, Wolfgang Benz. I dealt with her and Kermani in my 2011 study “Schadenfreude. Islamic Studies and Antisemitism after 9/11 in Germany”. In it, I said that Kermani is driven by anti-American resentment, which can be seen in his speech in Frankfurt, Oct. 18, 2015, as well. 9/11 is just mentioned in passing as an example how not to deal with Islam: he attacks the reaction to 9/11 and not the Islamist crime as such! Kermani portrays Muslims as victims over the centuries. Victims of modernity, of Arab or Iranian dictators, of America and the West and now – of the Islamic State. This equation or analogy of the West and Jihad is remarkable. He goes so far as to reject the notion that Islamism and jihad are driven by anti-Western ideology.

Kermani, to be sure, mentions today’s Iran just a few times without specifying its antisemitic or Islamist agenda while he is very clear about the threat deriving from Wahhabism and Saudi-Arabia…

Not once does he deal with the Iran Deal and Iranian nuclear ambitions – and not once the threats directed at Israel.

The core message of his speech is simply: Islam is a wonderful religion, even Christians in Syrian fell in love with it. The true Muslims help Christians and fight the Islamic State.

At the end of his talk, Navid Kermani urged the entire audience, including the head of the German Parliament, the Bundestag, several MPs, and the entire cultural elite to stand up – and to pray! Imagine: a supposedly secular speech in a former church was abused by a prize-winner who prayed, of course, in an Islamic manner, while others prayed in a Christian way and even those non-religious people were urged and literally forced by the very mass of people to stand and follow the Muslim preacher Kermani.

Religion must be a case of privacy, pure and simple. Kermani did not learn this lesson, although he was born in Germany and lived in Germany his entire life. This Islamist approach is devious, whining, and insidious, as he portrayed his entire talk as support for a Christian. For a Christian who fell in love with Islam, one must say.

At first view, people might think: Kermani wants to stop the war in Syria, that is nice and of course important, fighting both the IS and Assad. Fine. Upon closer inspection, it becomes clear that he rather abuses, in even a cynical way, the fate of a tiny Christian group in Syria for Muslim purposes. He is just telling the story of father Mourad because Mourad is in love with Islam. And finally, Kerami just uses that example to emphasize that ordinary but truly believing Muslims saved the Christian priest. His message: both colonialism, secularism and the Islamic State are anti-Islam. And he wants the pure Islam, which was enlightened, in his distorted and rather arrogant ahistoric view, even before the European enlightenment – which in fact was the first and only enlightenment, but Kermani will for sure be happy to head a pan-European textbook commission to rewrite the history of philosophy and the enlightenment and to portray Islam as the original enlightened religion and culture.

While colonialism and secular Arabs and Muslims destroyed the legacy of Islam, others embraced Islam, says Kermani, and he mentions, very intentionally, Annemarie Schimmel (1922–2003) as a good example of someone who truly loved Islam, including Sufi Islam. Schimmel was also awarded the same prize as Kermani, the Peace Prize of the German Book Trade, in 1995. There was outrage about that award, as Schimmel expressed sympathy for the fatwa against and outrage in the Islamic world about Salman Rushdie’s book “Satanic Verse”.

Isn’t this remarkable? This year, Iran did not attend the Frankfurt Book Fair because Rushdie gave a speech there. And now, a few days after Rushdie spoke, Kermani attacks him under the guise of praising Annemarie Schimmel. In 1995 there was a huge outrage about Schimmel, hundreds of book stores and publishing houses, leading bestselling authors like Mario Simmel, leading scholars in the field like Bassam Tibi and public intellectuals like Taslima Nasrin showed support for Rushdie and disgust for Schimmel. Now Kermani praises Schimmel. And no one in Germany recognizes this affront to Rushdie by a prize winning German-Iranian agitator with a tearful voice. Arabist and Islamic Studies scholar Wolfgang Schwanitz told me in October 2010 that Schimmel also worked as a translator in the Ministry of Foreign Affairs of Nazi Germany and had to deal with the Grand Mufti of Jerusalem, Haj Amin al-Hussaini, a close friend of Hitler. Not a word about that from prize winner Kermani, nor in the German press. They all praise him, left, right, and center.

For observers of Islamic Studies in Germany, the Award of the Peace Prize of the German Book Trade to Navid Kermani is just another sign of the failure of Islamic Studies and the public. It is a radical change in political culture. Germany will embrace those Muslims who have strong resentments against critics of jihad like Rushdie and against America, and who do not even pretend to be shocked by 9/11. Apparently, Iranian and Islamist antisemitism is not even worth mentioning. Germany, let alone many Muslims living in Germany like Kermani, does not care about Jews and Israel any more.

Not even the dead Jews of the Holocaust are part of the agenda when authors deal with the crimes of European and German history, as a friend told me. Nor is Iranian jihad against the Jewish state worth mentioning. I fear he is right. Sunday’s ceremony and the German Peace Prize of the German Book Trade for Navid Kermani is just one more proof of this.

Dr. Clemens Heni is a political scientist, the author of five books, including “Antisemitism: A Specific Phenomenon. Holocaust Trivialization – Islamism – Post-colonial and Cosmopolitan anti-Zionistm” (Berlin 2013, 648 pages), “Schadenfreude. Islamic Studies and Antisemitism in Germany after 9/11” (2011, in German, 410 pages) and the director of the Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), www.bicsa.org

[i] For this and the following information thanks to Dr. Michael Kreutz, Islamic Studies Scholar from the University of Munster, Germany:

 

Gute Deutsche versus antideutsche jüdische Taxifahrer in New York. Bizarres von der „Pro-Israelszene“

Alle müssen dieses Jahr so tun, als ob sie Juden irgendwie doch mögen. Klar, die toten Juden mochten die Deutschen schon immer, vor und fast noch mehr nach 1945 (allerdings verschärft erst wieder seit den 1980er Jahren). 2015 muss mann und frau jedoch auch mal so tun, als ob die heute lebenden Juden zumindest erwähnt werden sollten, denn es sind ja die staatlich finanzierten Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum des Beginns der (west-)deutsch-israelischen diplomatischen Beziehungen. Es ist deshalb schon bemerkenswert, dass es diese Beziehungen gibt, weil es ja für die Welt besser gewesen wäre, hätte es nach 1945 gar kein Deutschland mehr gegeben. Das sah auch der Soziologe Helmuth Plessner so, by the way, der nach dem Nationalsozialismus, 1946/1948, gerade keinen deutschen Nationalstaat mehr wollte, vielmehr föderale Strukturen, die an die Nachbarländer angekoppelt sein sollten. Dafür wurde er noch 1981 vom Soziologen Helmut Schelsky als „Deutschenhasser“ geziehen (siehe dazu Carola Dietze, Nachgeholtes Leben. Helmuth Plessner 1892–1985). Bekanntlich jedoch gab es nach 1945 gleich zwei deutsche Staaten und seit 1990 wieder einen, der fast so groß ist wie das Deutschland von 1933 und Europa ökonomisch und politisch beherrscht wie nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg.

 

Um nun zu zeigen, wie sehr die Deutschen die Juden doch mögen, gibt es Ausstellungen im Deutschen Bundestag mit Grußworten in Broschüren von Bundesaußenminister Steinmeier, der gleichzeitig dem auf die Vernichtung der Juden und ihres Staates ausgerichteten Regime in Teheran die Hand schüttelt. Es gibt auch „Heimat“-Abende mit Steinmeier und Edgar Reitz, dem Vordenker der nationalistischen Heimatideologie der BRD der frühen 1980er Jahre, als „nationale Identität“ – ein Wort des Vordenkers der Neuen Rechten, Henning Eichberg – in aller Munde und Thema unzähliger Konferenzen nicht nur evangelischer oder christlich-sozialer Akademien war. Edgar Reitz hatte nämlich – und hier haben wir schon mal die bösen Amerikaner, die nachher noch eine prominente Rolle spielen werden – einmal gesagt, was ihn motiviert hatte, jene TV-Serie „Heimat“ zu drehen:

„Der tiefste Enteignungsvorgang, der passiert, ist die Enteignung des Menschen von seiner eigenen Geschichte. Die Amerikaner haben mit Holocaust [der TV-Serie, d.V.] uns Geschichte weggenommen.“

Das prädestinierte ihn offenbar, mit Steinmeier im Jahr 2015 die Feierlichkeiten zu dem runden Geburtstag der deutsch-israelischen Beziehungen einzuläuten. Alle erwähnen die „deutsche Verantwortung“, die gerade darin besteht, den Juden zu sagen, wo es langgeht. Was man sich „unter Freunden“ eben so sagt. Und das ist ja auch ein Geschäft, nicht nur im Ausstellungs- und Devotionaliengewerbe.

Der Publizist Eike Geisel hat bezüglich der deutschen Erinnerungsleistungen schon 1992 in seinem Buch „Die Banalität der Guten“ geschrieben:

„Ein halbes Jahrhundert nach der wirtschaftlichen Ausplünderung der Juden, die 1938 einen Höhepunkt erreicht hatte, sind die Vertriebenen und Ermordeten zum Material einer gemeinnützigen Wachstumsindustrie geworden: There is no business like Shoahbusiness.“

Als wollten sie seine Kritik nachträglich bestätigen, basteln heute ganz normale Deutsche aus Fotografien von Stolpersteinen ganze Wandtapeten, und der Arbeiter, der die Steine verlegt, meint, er sei geradezu „süchtig“ danach. Deutsche Obsessionen kennen keine Grenzen, wenn es um Juden geht.

Und dann gibt es auch Buffets der Luxusklasse wie im Alten Rathaus Hannover zu Ehren der diesjährigen Preisträgerin des Theodor Lessing-Preises. Geladen waren Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, der Bürgermeister von Hannover, Lokalgrößen und –patrioten, Unbekannte und weniger Bekannte, die Presse, das Fernsehen (NDR, ARD). Eine gehobene Stimmung war allseits erkennbar.

Es war eine ganz typische, aber doch so ehrliche Positionierung in der „Pro-Israel-Szene“, der nicht-jüdischen, wie es sie eher selten gibt, an diesem denkwürdigen Abend in der Altstadt Hannovers. Wir hatten es ja mit Freunden Israels zu tun. Doch wie wird man zu einem Freund Israels?

Es wurde von der Preisträgerin, die als Letzte an diesem Abend sprach, gar nicht erst um den heißen Brei geredet oder so getan, als ob frau sich für den Zionismus interessiere oder anerkenne, ganz grundsätzlich, dass Juden ein Recht auf die Errichtung oder auch Wiedererrichtung staatlicher Souveränität nach 2000 Jahren hätten oder wenigstens einen Schutzraum brauchen vor Antisemitismus. Vielmehr ging es ums Eingemachte, um den Holocaust und das Deutsch-Sein. Die Preisträgerin sprach nämlich ganz offenherzig und völlig schamlos von ihrer persönlichen Motivation, sich für Israel einzusetzen, und zwar nicht als Person, sondern als Deutsche.

Und das ging so: eines Tages, wohl so um 1970 herum, sie war noch jung, war sie in einem Taxi in New York unterwegs. Als der Taxifahrer hörte, dass sie Deutsch sprach oder bemerkte, wie sie sich als Deutsche zeigte, warf er sie aus dem Taxi. Wer sich je mit amerikanischen Freundinnen, Freunden oder Bekannten über die Post-Holocaust-Zeit unterhalten hat, weiß wie verbreitet z.B. der Boykott deutscher Produkte bei Juden in den USA damals war. Das verwundert ja überhaupt nicht.

Die Preisträgerin jedoch stand also alleine und verlassen auf einem Highway kurz vor Manhattan, so erzählte sie es. Der Taxifahrer hieß „Menachem“, das hat sie sich bis heute gut gemerkt. Und sie fühlte auf diesem Highway, wie es wohl für die Juden gewesen sein musste, als sie auf dem Weg ins KZ waren. Das hat die Preisträgerin so gesagt. Genau so.

Mehr noch: sie betonte, dass diese Begebenheit sie dazu animierte, Deutschland wieder einen guten und schönen Namen zu geben (damit nie mehr eine deutsche Frau von einem jüdischen Taxifahrer in New York aus dem Auto geschmissen wird, das war der Subtext hierbei). Sie tue alles, damit in Israel Deutschland ein schöner Name sei. Und sie ist überglücklich, wenn jüdische Kinder sie umarmen und küssen, wenn sie Süßigkeiten oder einen neuen Spielplatz bekommen. Schließlich sind ja so viele Kinder im Holocaust umgekommen. Auch das sagte sie. Und das mag auch für nicht wenige in deutsch-israelischen Gesellschaften der Grund sein, stolzdeutsch eine deutsche Fahne am Revers zu tragen, die zwar von einer israelischen flankiert wird, aber doch den deutschen Namen reinwaschen möchte. Es geht um ein Reinigungsritual. Sicher, das ist um Welten besser als der Antizionismus weiter Teile der deutschen Bevölkerung, zumal der Eliten in Politik, Wissenschaft und Kultur.

Auch viele Verfechter der Stolpersteine wollen sich offenbar gerne freikaufen (120€ kostet das) und vor allem der Welt zeigen: Deutschland erinnert und ist ein ganz schönes Land! Merkt euch das! Wir wissen, wie man mit den Millionen ermordeten Juden umgeht! (Schließlich haben wir sie auch ermordet. Oder vielmehr unsere Väter, Großväter und Onkel und deren Frauen, die auf die eine andere Weise dabei geholfen haben). Dass die Steine von Gruppen und Leuten, die bekannt sind als Israelhasser (wie in Kassel oder anderswo), verlegt werden (lassen), das stört uns gar nicht. Diese unwürdige Form des „Gedenkens“ kann einem in den Sinn kommen ob dieser Feierstunde im Alten Rathaus Hannover. So wie die Stolpersteinfetischisten der ganzen Welt in Weltmeistermanier zeigen wollen, wie massenhaft die Deutschen solche Steine verlegen und also so tun, als ob sie – und nur sie – wissen, wie man gedenkt, so wollte die Preisträgerin womöglich unbewusst zeigen, was für nicht wenige die Motivation sein könnte, sich für Israel einzusetzen: nicht wegen den Juden oder den Israeli, nein, wegen sich, wegen „uns“, wegen „Deutschland“ und seines Rufs.

Anders ausgedrückt: wenn das der nicht-antisemitische Teil des deutschen kulturellen Establishments war oder sein sollte, der sich dort traf, hat man eine Ahnung, wie es um den anderen bestellt sein muss.

Davor und danach gab es noch etwas teils unpassende, schunkelhafte Musik (es war eine Preisverleihung zu Ehren eines von Nazis 1933 ermordeten Juden) aus einem E-Piano und von einer Violine, Blumen. Und alle waren glücklich.

 

Der 3. Oktober, das Ende der BRD und der Aufstieg des Islamismus wie auch des akademischen Kapitalismus

Für einen Intellektuellen aus Berliner BRD-Zeiten: Karl-Hans Wieser

Morgen ist der 3. Oktober. Das ist kein Feiertag. Sicher ging mit der DDR ein ganz elendes, auch antizionistisches Regime zu Ende. Aber die Welt war besser, als es noch die alte BRD gab. Das ist kein Pathos, sondern eine Realanalyse. Klar hatten wir Aufkleber in den 1980ern wie „lasst euch nicht BRDigen“ oder „Über Italien lacht die Sonne – über Kohl lacht Deutschland“. Die alte BRD war schlimm genug – ich habe über die politische Kultur seit 1970 und die „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ eine ganze Dissertation geschrieben. – Doch die BRD war noch harmlos verglichen mit der „neuen Unübersichtlichkeit“ nach 1989, um mal ganz contre coeur einen Habermas-Begriff zu verwenden. Denn Habermas selbst hat diese Unübersichtlichkeit und die antiamerikanische Agitation doch mit zu verantworten, 2003 mit Jacques Derrida und der deutschen Friedenshetzbewegung. Das ist der unverschämte neue „deutsche Weg“ von Egon Bahr und Gerhard Schröder, von den noch weit rechter Stehenden ganz zu schweigen.

An „Feiertagen“ wie dem 3. Oktober, wenn es nochmal etwas sonnig wird, gehen die Deutschen auf ihre Datsche (im Osten) oder in die Schrebergärten – bundesweit. Das mag einen kleinen Exkurs in deutscher Kleingartenkultur rechtfertigen:

Nach Daniel Gottlob Moritz Schreber werden bis auf den heutigen Tag die Schrebergärten bezeichnet. Er war im 19. Jahrhundert ein Volkserzieher und Naturdomestizierer ersten Ranges. Seine Bücher (z.B. Schreber 1858) erlangten ungewöhnlich hohe Auflagen. Seine Philosophie ist eine (pädagogische) Vorwegnahme der Carl Schmittschen Freund-Feind Dichotomie und also sehr deutsch;

„die edlen Keime der menschlichen Natur spriessen in ihrer Reinheit fast von selbst hervor, wenn die unedlen (das Unkraut) rechtzeitig verfolgt und ausgerottet werden“

(Daniel Gottlob Moritz Schreber (1858): Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit durch naturgetreue und gleichmäßige Förderung normaler Körperbildung, lebenstüchtiger Gesundheit und geistiger Veredelung und insbesondere durch möglichste Benutzung specieller Erziehungsmittel, Leipzig: Fleischer, 104).

Der sprachliche Duktus läßt die impliziten und expliziten Exegeten Schrebers als diejenigen Deutschen erkennbar werden, die als der Welt größte ‚Reinigungskollektivanstalt‘ praktisch wurden: eliminatorische Antisemiten. Wobei es eben kein Zufall war, daß das Töten wollen, bei Schreber ‚ausrotten´ genannt, in Deutschland Juden traf, da diese häufig mit Ungeziefer und Unkraut analog gesetzt wurden.

Die ganze Dimension von Naturbeherrschung, wie sie in der ‚Dialektik der Aufklärung´ von Horkheimer/Adorno entfaltet wird, hat z.B. in Schreber einen Apologeten und Protagonisten vor sich, der weiß wovon er spricht, denn die Menschenversuche an seinen eigenen Kindern (ans Bett binden bei nächtlicher Errektion, oder kalte Dusche beim selben ‚Vergehen‘, Geradesitzen incl. der Herstellung extra dafür entwickelter Geradehalter etc.) hat bei einem Sohn den Selbstmord, beim anderen ‚Wahnsinn‘ erzeugt; letzterer ist als Daniel Paul Schreber in die Geschichte der Psychoanalyse (u.a. bei Freud) eingegangen. Schreber bringt innere und äußere Naturbeherrschung auf den Punkt, jedoch in affirmativer Propaganda:

„Der Mensch soll seiner hohen Bestimmung gemäß immer mehr und mehr zum Siege über die materielle Natur gelangen, der einzelne Mensch zur Herrschaft über seine eigene Natur, die Menschheit im Ganzen zur Herrschaft über die Natur im Großen“ (ebd. 121).

Für das bürgerliche Selbst hat solche innere Naturbeherrschung, die Folge einer patriarchal evozierten und die sinnlose kapitalistische Warenwelt legitimierenden Selbstkasteiung ist, die „Inversion des Opfers“ (Horkheimer/Adorno 1944:62) zur Konsequenz;

„Das aus der Angst geborene Gewissen, das Innerste des Bürgers findet seinen Inhalt und seine Beruhigung einzig im Äußerlichen, in der Reinheit (noch nicht der Rasse, aber schon) des Funktionierens“ (Jürgen Langenbach (1988): Preußische Kinderstube, in: Forvm, Wien, 35.Jg., Jan./Febr., S. 12-16, 14),

wie Langenbach die Position Schrebers pointiert. Langenbach bringt die okzidentale Vernunft auf ihren Kulminationspunkt, exemplarisch am Protagonisten Leipziger Turnvereinene, D.G.M. Schreber herausgearbeitet:

„Mit ihrer letzten List opfert die Vernunft den eigenen Leib“ (ebd.).

Dazu kommen die Hunderten Morde von Neonazis an Migranten, Nicht-Deutsch-genug-aussehenden, Obdachlosen, Linken, Homosexuellen etc. etc., und die Goldhagen-Debatte, die das Deutsche an den deutschen Historikern – von Hans Mommsen über Norbert Frei bis zum ZfA (Rainer Erb/Johannes Heil) – hervorkitzelte, dann Martin Walsers antisemitischer Einsatz 1998 und einige Jahre später mit „Tod eines Kritikers“.

2000 die zweite Intifada, die deutsche Linke mit ihrem Antizionismus, der an 9/11 mit grölendem Antiamerikanismus ein Freudenfest der Schadenfreude feierte in jeder „Szene“-Kneipe („Bin Laden-Cocktails“). Wolfgang Benz sprach von der Arroganz der USA und viele Deutsche nickten eifrig. Für Klaus Theweleit oder die Grüne Adrienne Goehler war 9/11 ein quasi antipatriarchaler Akt, da Hochhäuser phallische Symbole seien. Ein Schenkelklopfer für Altlinke und junglinke Fanatiker gleichermaßen. Auch Gremliza von Konkret kicherte ob der Toten an 9/11, der Kapitalismus habe sich „zu Ende gesiegt“. Ja, klar. Keine Spur von Jihad und Islamismus, genuinem. Alles abgeleitet vom Kapitalverhältnis. Diese alten Sprüche hat die DDR vorgegeben (und hatte sie von der UdSSR) und das ist gut, dass insofern die DDR weg ist, na klar.

Das Ende der Sowjetunion führte auch zu 9/11 wie zu allen anderen asymmetrischen Kriegserklärungen und Kriegen. Während des Kräftegleichgewichts von Ost und West war das so nicht denk – und machbar. Islamismus war keine weltpolitische Macht wie er es heute ist. Die permanente Panik an Flughäfen, die tagtäglich vom schlummernden in den akuten Zustand wechseln kann, ist eine Angst vor dem Jihad. Das gab es vor 1989 nicht – niemand hatte Angst vom KGB erschossen zu werden, einfach so – von Verbrechern wie Stepan Bandera mal abgesehen. Doch der führt heute ja ein ruhmreiches Nachleben in der Ukraine, wie auch der Nationalismus von Ungarn über Litauen bis zur Ukraine ein Revival erlebt, wie es vor 1989 undenkbar war.

Und es gibt kaum einen, der paradigmatischer steht für die neu-deutsche Frechheit, Unverschämtheit und den sekundären Antisemitismus, jenen nach Auschwitz, jenen, der lachend die Erinnerung wegbläst und blökt wie Matthias Matussek. Dazu schrieb ich 2006:

„Diese neu-deutsche Selbstverständlichkeit gerade als Deutsche stolz zu sein, zu betonen, ja zu brüllen: die deutsche Geschichte war im Kern was sehr Schönes, etwas ganz Einzigartiges, ‚Hitler‘ war lediglich ein ‚Freak-Unfall der Geschichte‘ (O-Ton Matussek), ist die neue Befindlichkeit, die neue, deutsche Ideologie im 21. Jahrhundert. ‚Ich bin nicht tief traumatisiert, denn ich denke nicht oft an die deutsche Schuld und an den Holocaust‘ sagt Matussek, er kämpft wie Walser und Konsorten gegen die ‚moralische Keule‘.

Das sind die Töne des nationalen Apriori.“

Die Weltlage hat sich für Juden, Israel und die westliche Welt – ja die ganze Welt – seit dem 9. November 1989 massiv verschlechtert. Selten wurde eine Parole so schnell so brutal und blutig widerlegt wie die These vom „Ende der Geschichte“ durch Fukuyama (1992). Denn der weltweite Jihad hat exakt seit 1989/1990 einen wahnwitzigen Aufstieg genommen, und das hatte sich 1979 im Iran bereits angekündigt. Kein Ende der Geschichte, nirgends. Die großen Kriege sind vorbei – erstmal – aber die sog. asymmetrischen Kriege bestimmen das Leben vieler Millionen Menschen, auch hier: vor allem der jihadistische Islamismus, von Asien (Pakistan u.a.) über den Nahen Osten bis nach Afrika, von anderen Weltgegenden nicht zu schweigen, wobei im Westen primär der „legale Islamismus“ der Muslimbrüder vorherrscht. Dieser begann 1958 seinen Siegeszug, in München, doch hat erst durch das Ende des Ost-West-Konflikts richtig an Fahrt aufgenommen – wiederum mit dem ersten Fanal 1979 im Iran. –

Die Verwandlung der BRD zu „Deutschland“ geschah 2006 durch Jürgen Klinsmann – das nationale Apriori wie ich schon 2006 analysierte. Pegida, Sarrazin und AfD sind nur die neuesten Ausdrücke desselben, die ökonomische Herrschaft der Deutschen über Europa ein weiterer. Dazu kommt der Iran-Deal, der maßgeblich von den Deutschen gepusht wurde und die Schamlosigkeit deutscher Kapitalinteressen wurde – logisch – vom SPD-Mann Gabriel unverzüglich angemeldet.

Das sind nur einige wenige Gedanken, warum der 3. Oktober kein Feiertag ist. Überlegungen über den „akademischen Kapitalismus“ (Richard Münch) oder die „Unruhe der Welt“ (Ralf Konersmann) wären weitere zentrale Aspekte, die genuin mit dem Ende des Ost-West-Konflikts zusammenhängen. Das Geschwätz von „Es gibt keine Alternative“ widerlegt sich tagtäglich in den Hunderten und Tausenden von Jihadkämpfern, jungen Männern und auch mal Frauen, die in Syrien oder im Irak und in Afghanistan auflaufen. Verglichen mit dem immer noch rationalen Realsozialismus der UdSSR ist der Irrationalismus des Jihad eine weltweite Gefahr ungeahnten Ausmaßes.

Die Deutschen sind Weltmeister – im Autoverkauf, im Tüfteln und kriminellen Manipulieren von Diesel-Autos, beim völlig entspannten, aggressiven Deutschland-Fahnen-Schwenken, beim moralische Ratschläge an böse Amerikaner und ignorante Israeli geben, beim Stolpersteinverlegen und gleichzeitigen Hetzen gegen den Zionismus und Israel, und vielem mehr – wie auch beim Entwickeln von „Schrebergärten“ und dem „Ausmerzen“.

Deutschland – Nie wieder. Doch es ist zu spät. Die BRD ist seit 25 Jahren dahin und heißt jetzt Schland.

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