Wissenschaft und Publizistik als Kritik

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Ein Super-GAUck. Politische Kultur im neuen Deutschland – das Buch zur Wahl des Bundespräsidenten am 18. März 2012

Am 9. März 2012 sendete das Freie Radio für Stuttgart ein kurzes Interview mit Clemens Heni über Joachim Gauck und die anstehene Wahl zum Bundespräsidenten.

 

Zur Wahl erscheint auch folgendes Buch:

 

 

Clemens Heni/Thomas Weidauer (Hg.): Ein Super-GAUck. Politische Kultur im neuen Deutschland, Berlin: Edition Critic, 2012, ISBN 978-3-9814548-2-6, 111 Seiten,  Softcover, 21cm x 14,8cm, 13€ (D)

Das Buch erscheint am 16. März 2012! Bei Interesse: Bestellen Sie schon jetzt (Lieferung über den Verlag ist versandkostenfrei): editioncritic@email.de

Das Buch ist dann auch bei Amazon.de und im gesamten Buchhandel erhältlich.

Eine nahezu Allparteienkoalition nominierte am 19. Februar den neuen Bundespräsidenten 2012, den Super-GAUck. Was steckt hinter diesem Phänomen? Ist es ein Vorgeschmack auf die Zukunft, wenn ein Ausscheren aus dem Konsens als „Schweinejournalismus“ (O-Ton Jürgen Trittin) diffamiert wird?

Annähernd unisono feiern die großen Medien Pastor Joachim Gauck als Glücksgriff und Freiheitsapostel und niemand wird skeptisch, wenn die Neue Rechte und deren publizistisches Flaggschiff, die Wochenzeitung Junge Freiheit, euphorisch titelt: „Wir sind Präsident!“

13 Texte von 12 Autoren aus Deutschland, England, Litauen und Israel bieten Analysen zur politischen Kultur, der „Prager Deklaration“ und vielem mehr.

„Wer hätte gedacht, dass jetzt, in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts, das wiedervereinigte Deutschland, das wirtschaftliche Zugpferd der Europäischen Union, als erneut eine der bedeutendsten Nationen des Planeten einen gleichsam staatlichen Speer in die Herzen von Holocaust-Überlebenden mit ihren Familien und Nachkommen sowie der Geschichtsschreibung über den Holocaust stoßen würde? Wie konnte es soweit kommen? Indem es einem Mann die Möglichkeit gibt zum Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt zu werden, der 2008 zu den Erstunterzeichnern der Prager Deklaration zählte.“
(Dovid Katz, Vilnius, Litauen)

 

Ein politisch-kultureller Super Gau(ck) – Antisemitismus erhält Einzug ins Schloss Bellevue

 

In einer recht bemerkenswerten, gleichsam volksgemeinschaftlichen Aktion haben Angela Merkel (CDU), die FDP und die SPD am 19. Februar 2012 Joachim Gauck als neuen Bundespräsidenten vorgeschlagen. Er wird im März gewählt werden. Demokratischen Streit über die Kandidatur oder mögliche Gegenkandidaten wird es für die Nachfolge von Ich-spreche-eben-gerne-und-engagiert-auf-Anrufbeantworter-Wulff so gut wie nicht geben.

Dass die Bundesrepublik gleich von zwei Ostdeutschen repräsentiert werden soll, ist jedenfalls beachtlich, da doch die Ex-DDR nur einen kleinen Teil der Bevölkerung des Landes repräsentiert und auch Evangelische somit gleich doppelt an der Spitze des Staates vertreten sind. Doch das sind alles Peanuts und Nebensächlichkeiten verglichen mit der Ideologie die Joachim Gauck vertritt und die in Deutschland partei- und generationenübergreifend nationale Euphorie auslöst.

Deshalb sei hier ein kurzer Blick auf Joachim Gauck geworfen. Gauck sagte 2006:

„Unübersehbar gibt es eine Tendenz der Entweltlichung des Holocaust. Das geschieht dann, wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist. Offensichtlich suchen bestimmte Milieus postreligiöser Gesellschaften nach der Dimension der Absolutheit, nach dem Element des Erschauerns vor dem Unsagbaren. Da dem Nichtreligiösen das Summum Bonum – Gott – fehlt, tritt an dessen Stelle das absolute Böse, das den Betrachter erschauern lässt. Das ist paradoxerweise ein psychischer Gewinn, der zudem noch einen weiteren Vorteil hat: Wer das Koordinatensystem religiöser Sinngebung verloren hat und unter einer gewissen Orientierungslosigkeit der Moderne litt, der gewann mit der Orientierung auf den Holocaust so etwas wie einen negativen Tiefpunkt, auf dem – so die unbewusste Hoffnung – so etwas wie ein Koordinatensystem errichtet werden konnte. Das aber wirkt »tröstlich« angesichts einer verstörend ungeordneten Moderne. Würde der Holocaust aber in einer unheiligen Sakralität auf eine quasi-religiöse Ebene entschwinden, wäre er vom Betrachter nur noch zu verdammen und zu verfluchen, nicht aber zu analysieren, zu erkennen und zu beschreiben.“

Wer je wissen wollte, wie sekundärer Antisemitismus funktioniert, weiß es jetzt. Diese Passage aus einer Rede von Gauck vor der Bosch-Stiftung von 2006 ist antisemitisch, weil sie die Erinnerung an Auschwitz verhöhnt und abwehrt. Die Shoah wird als Mittel zum Zweck von ‘Gottlosen’, die im Holocaust eine neue ‘Religion’ gefunden hätten, vorgestellt. Das ist die Ideologie der Neuen Rechten, aber auch des Neonazismus, linker Antisemiten und weiter Teile des Mainstream in Deutschland, Gauck formuliert seine Erinnerungsabwehr nur etwas verdruckster (man könnte auch sagen: evangelischer) als andere Stolz-Deutsche.

Gauck hört sich auch an wie die Antizionistin Iris Hefets, die in der linken taz schrieb:

„Mit dem Wort ‚Schoah‘ wird der Völkermord an den Juden mit der Aura des Unfassbaren, des Heiligen ummantelt. Dabei handelt es sich bei diesem Völkermord, so erschreckend er war, nicht um ein esoterisches Ereignis, sondern um ein modernes, gut dokumentiertes und recherchiertes Verbrechen, das Menschen an anderen Menschen verübt haben.“

Weiter schreibt sie:

„Nicht wenige Deutsche haben damit ein prima Arrangement mit der Vergangenheit getroffen. Sie erklären das Verbrechen ihrer Vorfahren als so schlimm, dass es zu etwas quasi Mystischem geworden ist.“

Gauck ist wie ein großer Bruder von Hefets, beide reden wie extreme Rechte der Jungen Freiheit von Auschwitz als Religion oder von dessen „Sakralität“. Gauck sagt, dass der „Judenmord in eine Einzigartigkeit überhöht“ werde – was jedoch als ein „psychischer Gewinn“ zu verbuchen sei für diese quasi ‚Gläubigen‘ ohne Gott, aber mit Auschwitz. „Überhöht“, was soll dieses Wort hier bedeuten? Möchte Gauck sagen, Auschwitz habe es zwar gegeben, aber aus dem millionenfachen, industriellen Mord, dem Vergasen von Juden aller Generationen eine „Einzigartigkeit“ zu machen, das sei nun doch übertrieben?

Hier zeigt sich das bekannte deutsche Ressentiment auf die Erinnerung an die Shoah, welche unter keinen Umständen als präzedenzloses Menschheitsverbrechen ohne Vergleich bis heute erkannt werden darf. Um die Deutschen wieder gut zu machen, eine Hauptintention deutsch-nationaler Literatur, Publizistik und Politik, ja Grundmovens politischer Kultur seit vielen Jahren, ist es von entscheidender Bedeutung Auschwitz in ein herbei fabuliertes Kontinuum von Gewalt und Verbrechen im 20. Jahrhundert einzuordnen. Längst hat sich der Holocaustleugnung, wie sie der Iran oder Neonazis vertreten, die Verharmlosung des Holocaust zur Seite gestellt, hard-core und soft-core Holocaustleugnung gehen Hand in Hand, letztere ist jedoch viel beliebter und mainstreammäßiger.

Gauck ist Co-Autor des “Schwarzbuches des Kommunismus”, einem pseudowissenschaftlichen Machwerk, desen Unwissenschaftlichkeit man erkennen kann, ohne auch nur ein Opfer real-sozialistischer (oder ‘kommunistischer’) Herrschaft (in China, der Sowjetunion, Kamboscha, etc. etc.) zu verleugnen. Gauck ist auch und vor allem einer der Erstunterzeichner der Prager Deklaration von Juni 2008, welche den Nationalsozialismus mit dem „Kommunismus“ in Europa gleichsetzt und für einen gemeinsamen europäischen Gedenktag 23. August plädiert – der Tag, an dem 1939 der „Hitler-Stalin“-Pakt geschlossen wurde. Die Prager Deklaration hat in Deutschland ein Pendant, die Initiative 23. August. Joachim Gauck steht in Deutschland insofern federführend für diese Art der Verharmlosung des Holocaust, auch bei der 23. August-Aktion ist er mit von der Partie.

Doch Gauck lässt die deutschen Verbrechen nicht nur im Orkus einer Geschichte der Gewalt des 20. Jahrhunderts untergehen, vielmehr agitiert er, dass gerade ein Betonen der Einzigartigkeit der Shoah Ausdruck einer modernen, gottverlassenen, nach ‚Sinn‘ suchenden Welt sei. Eine besonders widerwärtige Abwehr einer spezifischen Erinnerung an den Holocaust wird hier proklamiert, da Gauck es einem gleichsam zum Vorwurf macht, die Shoah als präzedenzloses Verbrechen zu erinnern. Diese Art antisemitisch motivierter Holocaustverharmlosung ist modisch geworden im 21. Jahrhundert. Wer sich z. B. in Litauens Vilnius ein „The Museum of Genocide Victims“ anschaut, bekommt einen Eindruck, wie Antisemitismus in Europa heute funktioniert: im Schweigen über die litauischen Mörder während des Holocaust, einer kompletten Ausblendung des Holocaust in einem Museum mit genanntem Titel (!) sowie mit einer Tafel welche die Aussage enthält, dass „Hunger“ (in der Ukraine Anfang der 1930er Jahre) „schlimmer“ gewesen sei als „Auschwitz“, wo es „Spinat und ein Stück Brot“ gegeben hätte.

Litauen ist ein Hauptprotagonist der Prager Deklaration, welche wiederum von Gauck propagiert wird.

Pfarrer Gauck hat ein Ressentiment gegen Aufklärung und die Gottlosigkeit der Moderne. Darum projiziert er seine Religiosität auf diejenigen, welche den Holocaust überhaupt als spezifisches, präzedenzloses Menschheitsverbrechen erinnern. Das Ungeheuerliche, Unverschämte von Gauck liegt genau hierin: er suggeriert, dass die Erinnerung an die Shoah als „psychischer Gewinn“ Leuten helfe, ein inneres Loch zu stopfen. Ein altes Lied zumal von Christen: sie können sich nicht vorstellen, dass Menschen befreiter sind, seit „Gott tot ist“ (Nietzsche). Infam wird von Lengsfelds (Achse des Guten) Superhero Gauck suggeriert, Auschwitz wäre den Gottlosen gerade recht gekommen, um wieder ‚Sinn‘ zu finden im Leben. Die obsessive Abwehr der unvergleichlichen deutschen Menschheitsverbrechen ist nicht nur antisemitisch, auch stolzdeutsche, nationalistische Töne gehen damit selbstredend einher.

Gauck, wörtlich:

„In den letzten Jahren ist in Deutschland ein lange vernachlässigtes Erinnerungsgut wieder aufgetaucht: Deutsche als Opfer. Nach jahrzehntelanger Bearbeitung der deutschen Schuld in vielen Facetten tauchten Bombenkriegsopfer, Flüchtlinge und Vertriebene wieder auf. Reflexartig wurde auch bei dieser Entwicklung die Warnung vor einer Relativierung der deutschen Schuld vorgebracht, für mich eine überflüssige Sorge.“

Für ihn sind nun „Deutsche als Opfer“ zu sehen, unisono redet er so wie alle der „Generation Untergang“ und der verschiedenen nationalen Wellen seit dem 9. November 1989.

Er war Autor beim „Schwarzbuch des Kommunismus“, welches zum Ziel hat, ‚den‘ Kommunismus als weit schlimmer als den Nationalsozialismus darzustellen. Der Antisemitismus des Schwarzbuches liegt darin, zu leugnen, dass Treblinka, Bergen-Belsen, Auschwitz, Babi Yar, der industrielle Mord an Juden wie die Mordaktionen der Polizeibataillone, der SS, des SD, der Wehrmacht wie auch ihrer Helfer in den baltischen Ländern und anderswo präzedenzlose Verbrechen waren. Das Schwarzbuch und Gauck leugnen, dass Antisemitismus der „longest hatred“ (Robert Wistrich) in der Geschichte der Menschheit mit einer unvergleichlichen Verfolgungs- und Vernichtungsgeschichte ist.

Gauck ist ein antikommunistischer Normalisierer der deutschen Geschichte, er ist für ein „Zentrum gegen Vertreibung“, für die revisionistische Erzählung von den Deutschen als „Opfer“, also einer „Hinwendung zum Patriotischen“, wie Gauck dem Deutschlandfunk zustimmt; Gauck ist für den 23. August als gesamteuropäischer Gedenktag analog bzw. perspektivisch als Ersatz für den 27. Januar, wie es in der Prager Deklaration steht. Gauck sagt in seinem oben zitierten Text 2006:

„Es ist vielmehr ein großes nationales Thema. Wie für uns in Deutschland der Judenmord das Schwarze Loch der Geschichte ist, so ist es für die Ex-Sowjetunion deren einst real existierendes Unrechtssystem.“

Damit wird das Spezifische des Antisemitismus und der Shoah nochmals geleugnet, was auch Grundkonsens der Totalitarismustheorie ist.

Es klingt so unglaublich für intellektuelle Ohren: Gauck sagt in seinem Text, dass es ein „psychischer Gewinn“ sei, zu betonen, dass Auschwitz ein präzedenzloses Verbrechen war. Das ist ein Antisemitismus, der einer Iris Hefets wohl gefallen mag.

Gauck ist ein Super-Gau für die politische Kultur der Bundesrepublik. Andererseits verdiente dieses Land einen Gauck, spricht er ihm doch offenbar nach dem Munde. Die Verharmlosung des Holocaust ist eines der großen Projekte der Deutschen und Europas im 21. Jahrhundert. Und Joachim Gauck ist einer der WortFührer.

Auch die Sprache erinnert an früher: für Gauck ist die Rede von den Deutschen als Opfer Ausdruck und „Zeichen geistiger Gesundung“. Wer die deutsche Geschichte in ihrer spezifischen, präzedenzlosen und verbrecherischen Dimension erinnert, wer den eliminatorischen Antisemitismus der Deutschen kritisiert und die Rede von den ach so armen Deutschen als Opfer von Krieg, Nazis, Vertreibung, „Bombenterror“, deutscher Teilung etc. als nationalistische Narrative decodiert und bekämpft, ist demnach nicht auf der Suche nach „Zeichen geistiger Gesundung“, ergo: krank.

Joachim Gauck ist der beliebte Autor solch neu-deutscher Ideologie. Efraim Zuroff vom Simon-Wiesenthal-Center in Jerusalem hat sich schon vor Monaten erleichtert gezeigt, dass Gauck 2010 nicht Präsident wurde. Zu früh gefreut. Zurecht sieht Zuroff in ihm eine Gefahr, da durch Gaucks Ideologeme, präsidial verbreitet, der Antisemitismus, subtil und mehrheitsfähig, ansteigen wird.

 

Das Ende des Denkens – Wolfgang Pohrt, der Kulturrelativismus und der islamistische Antisemitismus

In einem Vorabdruck aus einem neuen Buch des Stuttgarter Publizisten und Sozialwissenschaftlers Wolfgang Pohrt setzt der Berliner Tagesspiegel die Kritik am Islamismus mit der Agitation von Faschisten gleich. In kulturrelativistischer Manier wird vom Islamismus geschwiegen und gegen den Westen aufgewiegelt. Der Antisemitismus wird derealisiert.

Gleich zu Beginn schreibt der Publizist:

„Mit der Scharia kenne ich mich nicht so gut aus. Ich weiß nur so viel: Wenn ein Idiot heute weder von Religion noch von Politik und auch sonst gar keine Ahnung hat – von der „Scharia“ quasselt er immer. Wenn es um den Islam geht, ist jeder Dorftrottel plötzlich Spezialist für Glaubensfragen, Orientalistik und Islamwissenschaft, ja sogar für Arabisch. In jedem Diskussionsforum im Internet gibt es faschistische Hetzer, die Koransuren angeblich aus dem Original zitieren, um zu beweisen, wie schrecklich und gefährlich der Islam sei. Diese Akribie erinnert an Eichmanns Judenreferat im Reichssicherheitshauptamt der SS, wo mit der Zeit die umfassendste Sammlung von Judaika zusammengetragen wurde und die Beflissensten unter den Mördern sogar Hebräisch gelernt hatten. Die kannten den Talmud besser als jeder Jude. Und so ist das heute auch. Die Moslemfresser können Koransuren zitieren, die einem Moslem mit Sicherheit unbekannt sind.“

Zwar ist die Verharmlosung des Holocaust ein Lieblingssport Vieler, doch es war nicht unbedingt zu erwarten, dass ein alternder Linker, der zumindest Anfang der 1980er Jahre so tat, als habe er die Kritische Theorie von Horkheimer und Adorno zur Kenntnis genommen, diese so obsessiv bedient. Ohne darauf einzugehen, was den Islamismus, den islamischen Terrorismus oder den islamischen Antisemitismus ausmacht, werden Kritiker des Jihad als Faschisten, ja als Nazis diffamiert, die sich besser mit Koransuren auskennen würden als die Muslime selbst. Das zeugt nicht nur von einer grotesken, völlig von der Wirklichkeit entfremdeten Wahnvorstellung – denn viele Muslime lernen den Koran (oft schon als Kinder oder in der Jugend) auswendig, Beispiele: Bassam Tibi oder Hamed Abdel-Samad –, nein: es ist eine Verharmlosung von Auschwitz und dem eliminatorischen Antisemitismus von Adolf Eichmann. Die Kritik am Islamismus in die Nähe von Auschwitz zu rücken, ist schon antisemitisch. Sich gegen Rechtsextreme, die nur vorgeben, gegen Antisemitismus zu sein, aber doch nur ein Mittel suchen, um gegen Einwanderer oder Muslime etc. zu agitieren (manche auch gegen Arbeitslose, die lieber einen Pullover mehr anziehen sollen, anstatt mehr Heizkostenübernahme durch den Staat einzufordern), ist das eine. Etwas völlig davon Verschiedenes ist es, den Holocaust zu erwähnen und Eichmann heute wieder kehren zu sehen. Das ist eine Banalisierung von Auschwitz, die so unerträglich wie modisch ist.

Pohrt, der Tagesspiegel und der Verlag Edition Tiamat bedienen zudem das von Wolfgang Benz beliebt gemachte Ressentiment gegen antifaschistische Kritiker des Islamismus. Dass Islamisten wie arabische Nationalisten enge Freunde der Nazis bzw. der Deutschen im Nationalsozialismus waren, wird einfach ausgeblendet bzw. verleugnet, wenn Pohrt schreibt:

 „Also zurück zum Islam. Ist das eine besonders schlimme Religion?

Nein, im Gegenteil. Als Mordmaschine war das Christentum effizienter. Die Indianer in Südamerika und später in Nordamerika plattgemacht, im 30-jährigen Krieg einander verhackstückt, die Scheiterhaufen, die Folterkammern und die beiden Weltkriege mit an die 70 Millionen Toten – waren das etwa keine Christen? Und Auschwitz? Waren das die Moslems?“

Die Gleichsetzung von ‚Indianerausrottung‘ und Holocaust ist ein sekundärer Antisemitismus, der seit Januar/Februar 1979, als im Fernsehen der Bundesrepublik die Serie Holocaust lief, unter Neo-Nazis und vielen anderen Stolzdeutschen eine Selbstverständlichkeit ist. Dass auch Pohrt dieses Muster heute bedient, ist beachtlich. Die dümmliche Gleichsetzung von Erstem und Zweitem Weltkrieg passt dazu, wobei übrigens beide Kriege als christlich dargestellt werden und nicht etwa als von Deutschen verursacht.

Schlimmer noch: Niemand bzw. kein seriöser Mensch leugnet, dass der Zweite Weltkrieg und der Holocaust vom nationalsozialistischen Deutschland und von den Deutschen verbrochen wurden (die Mainstreammedien und das Bundespräsidialamt, die Politik etc. reden natürlich nur von ‚den Nazis‘, die wie eine böse Clique über die Deutschen hergefallen seien). Doch sie hatten Helfer: Letten, Litauer, Ukrainer, oder auch Muslime wie in dem  Großmufti von Jerusalem, Muhammad Amin al-Husaini. Wie der Holocaustüberlebende Simon Wiesenthal 1947 schrieb, war zu NS-Zeiten wohlbekannt, wie eng diese offiziellen Führer der Araber und Muslime mit Nazi-Deutschland kooperierten. Er dokumentierte Fotografien, die das innige Verhältnis al-Husainis zu den Nazis bzw. den Deutschen und Österreichern des Nationalsozialismus veranschaulichen: Ein Bild aus der Wiener Illustrierten vom 12. Januar 1944 zeigt, wie der Großmufti beim Abschreiten eines „mohammedanischen Totenkopfverbandes“ in Sarajevo den „Nazigruß“ entbietet oder Bilder über “die Eröffnung des Islamischen Zentralinstituts in Berlin am 18. Dezember 1942 mit dem Großmufti als Redner; die 13. Freiwillige bosnisch-herzegowinische SS-Gebirgsdivision Kroatien; Adolf Eichmann, der dem Großmufti einen „tapferen“ SS-Mann vorstellt. Hinzu kommt ein Zeitungsausschnitt mit dem Schriftzug „Der Großmufti von Jerusalem bei den bosnischen Freiwilligen der Waffen-SS“.[i]

 

Von alledem scheint Wolfgang Pohrt noch nie etwas gehört zu haben. Wenn er schon Wiesenthals Broschüre aus dem Jahr 1947 ignoriert, hätte er wenigstens aktuelle Forschungsliteratur zur Kenntnis nehmen können, z.B. die Studie von Klaus-Michael Mallmann und Martin Cüppers, Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina[ii] von 2006, die einen wichtigen Schritt in Richtung einer Analyse der Rolle der Araber während des Holocaust darstellt. Die beiden Historiker analysieren die Beziehung des Großmufti zu den Deutschen im Nationalsozialismus und belegen, dass es konkrete Pläne für einen Holocaust an den Juden im Nahen Osten gab.[iii] Sie betonen die ideologischen Affinitäten vieler Araber im Nahen Osten zum Antisemitismus der Deutschen und gehen auch auf die Einrichtung muslimischer Verbände in der Waffen-SS, der Wehrmacht und der Sicherheitspolizei ein. Darunter waren die Turkestanische und die Kaukasisch-Mohammedanische Legion sowie Nordkaukasische und Wolgatatarische Legionen[iv]. Ferner gab es muslimische Einheiten als Teil der 11. Armee der Wehrmacht, 54 Infanteriebataillone der Ostlegionen waren muslimisch.[v] Sodann wurden die 13. SS-Division Handschar[vi] wie auch die 21. Waffen-Gebirgsdivision der SS Skanderberg[vii] als muslimische Formationen eingerichtet.

Mallmann und Cüppers zitieren aus einer Rede des Großmufti al-Husaini vom 21. April 1943, in der er sowohl „die islamistische als auch die rassenideologische Seite seines Antisemitismus“ offenlegte und sagte, man könne die „Juden“ „mit krankheitstragenden Insekten vergleichen“, und schon der Koran habe sie mit „dem ewigen Fluch“ belastet.[viii] Nichts auf dem „Kerbholz“ des Islam? Warum vom Christentum reden, aber vom Islam schweigen, wenn es um den Holocaust geht?

Doch Fakten interessieren einen Ideologen wie Pohrt (‚der Kapitalismus ist an allem Schuld‘) überhaupt nicht, für ihn sind auch amerikanische Filme die eigentlichen Ideengeber für den Massenmord vom 11. September 2001:

„Man will über den Islam sprechen und landet beim Christentum. Neuer Versuch: Fangen wir an mit dem 11. 9. 2001, den Anschlägen auf die Twin Towers und auf das Pentagon. Wer war’s? Natürlich Osama bin Laden und seine Crew. Aber das Drehbuch für den Horrorfilm kam aus Amerika. Mit dieser Szene endet Tom Clancys Bestseller „Ehrenschuld“, und sein Bestseller „Befehl von oben“ beginnt damit. Nur ist der Typ, der seine Maschine aufs Kapitol krachen lässt und damit die gesamte politische Spitze einschließlich des Präsidenten ausradiert, bei Clancy ein rachsüchtiger Japaner. Die Thriller erschienen 1994 und 1996, damals hatte man noch andere Feindbilder.

Was zeigt uns das? Osama bin Laden hat nicht nur amerikanische Serien im TV geguckt – „Fury“ mochte er am liebsten –, er war auch ein Fan von Tom Clancy. Und vermutlich kannte er Katastrophenfilme wie „Erdbeben“ oder „Flammendes Inferno“. Also: Wo uns der Islamismus am finstersten und archaischsten erscheint, ist die Verwestlichung am weitesten fortgeschritten.“

Der Westen sei also selber Schuld am Massenmord von 9/11. Die Kriegserklärung der Islamisten gegenüber dem Westen, wie sie z.B. schon 1998 in einem Dokument Bin Ladens deutlich wurde, wird komplett geleugnet. Pohrt verwechselt Fiktion und Wirklichkeit, ja für ihn ist die amerikanische Fiktion im Filmwesen schlimmer als die islamistisch-massenmörderische Wirklichkeit. Er war nicht geschockt ob des Massenmordes von 9/11, da doch Filme aus USA viel brutaler seien.

Pohrt, der Tagesspiegel und die Edition Tiamat scheinen unter einem Realitätsverlust zu leiden. Sie fantasieren über „Kapitalismus Forever – Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution, Christentum und Islam“, so der Titel des Buches, aus dem der Vorabdruck stammt, und leugnen die Wirkmächtigkeit islamistischer (und sonstiger) Ideologie.

Dem Iran gehe es um Atomwaffen, nicht um den Islam, und die Rede von „Allah“ sei „groß“ sei gar nicht so gemeint, da auch Islamisten wüssten, ein „Cadillac“ sei „größer“, sprich: amerikanischer Kapitalismus sei doch viel brutaler (und begehrenswerter) als der Islam. Pohrt leugnet also z.B. die Mahdi-Ideologie von Ahmadinejad und vielen anderen, die ernsthaft daran glauben, dieser 12. Imam werde kommen. Für letzteren wurden schon breite Straßen gebaut, doch da Pohrt weder TV sieht, noch Radio hört oder Zeitung liest (und sicher auch kein Internet kennt) (so ungefähr äußerte er sich auf einer Veranstaltung in Berlin im September 2003, als bereits deutlich wurde, wie antiamerikanisch, den Antisemitismus verharmlosend bzw. derealisierend und pro-islamistisch (via Kulturrelativismus) er ist) kann er das nicht wissen.

Dieses Nicht-Ernst-Nehmen von (Islam)-Faschisten kennen wir aus der Geschichte. Auch Hitlers und der Nationalsozialisten Morddrohungen verhallten. Wie auch jene Ahmadinejads oder Khameneis oder anderer wie Yusuf al-Qaradawis oder des Muftis der Palästinensischen Autonomiebehörde Morddrohungen gegenüber Juden und Israelis geleugnet oder verniedlicht werden. Der positive Rassismus von den Pohrts dieser Welt liegt darin, Muslime und Islamisten nicht als Subjekte ernst zu nehmen.

Wenn Pohrt ernsthaft schreibt, der Islam hätte noch fast nichts auf dem „Kerbholz“ leugnet er nicht nur die Vernichtungsdrohungen der Islamisten gegenüber Israel sowie die Tausenden Toten, welche die Kriege und die Selbstmordanschläge oder die Raketen gegen Israel seit 1948 kosteten; er leugnet u.a. auch die über 10 Millionen Toten, jene afrikanischen Sklaven, die Opfer des islamisch-arabischen Sklavenhandels wurden. Der senegalesische Anthropologe und Wirtschaftswissenschaftler Tidiane N’Diaye hat sich mit der Sklaverei durch die Araber befasst. Seine Studie Der verschleierte Völkermord ist 2010 auf Deutsch erschienen, 2008 bereits auf Französisch.[ix] N’Diaye greift das Schweigen der Welt gegenüber dem arabisch-muslimischen, über 1400 Jahre dauernden Sklavenhandel scharf an. Es ist in der Tat für die Forschung von großer Bedeutung, Sklaverei keineswegs nur als Phänomen der Europäer und Amerikaner vom 15. bis 19. Jahrhundert auszumachen. Wie N’Diaye zeigt, wurde lange Zeit, bevor Europäer den Sklavenhandel mit Afrika begannen, dieses brutale und mörderische Geschäft von Arabern und Muslimen betrieben:

„Im Darfur begann die Sklaverei und nahm eigentlich nie ein Ende. Noch heute äußert sich die Mißachtung der Araber für den Schwarzen in den nahezu unverhohlenen Unterjochungsmethoden und regelrechten ethnischen Säuberungen. Mit dem bakht von 652 begann gewissermaßen ein gewaltiger Menschenraub, der sich über den gesamten sudanesischen Streifen vom Atlantischen Ozean über Ostafrika bis hin zum Roten Meer erstreckte und weit über die Grenzen der muslimischen Welt bis ins 21. Jahrhundert andauert und vor unseren Augen in Darfur mit entsetzlichen Massakern, um nicht zu sagen einem Völkermord einhergeht. Lange bevor die Europäer in das Sklavengeschäft einstiegen, führten die Araber einen endlosen Heiligen Krieg mit blutigen Razzien, die, um die Pracht orientalischer Harems willen, ganze Bevölkerungsgruppen, Kinder, Frauen und Männer aus dem Herzen des Schwarzen Kontinents ins Unglück stürzten.“[x]

Der Verfasser kommt auf eine geschätzte Zahl von über 17 Millionen Sklaven des arabisch-muslimischen Sklavenhandels vom 7. bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der transatlantische Sklavenhandel umfasste laut N’Diaye ca. 15 Millionen Sklaven.[xi]

Mehr noch: für den Tagesspiegel, die Edition Tiamat und den Autoren Wolfang Pohrt besteht zwischen Islamisten, Antisemiten und Fanatikern wie den Muslimbrüdern in Ägypten oder islamistischen Parteien in Tunesien, Libyen, Ägypten, Yemen und anderswo überhaupt kein Unterschied zur CDU/CSU und der Bundesrepublik Deutschland:

„Überhaupt zeichnet sich das Entsetzen über die Frömmigkeit der Moslems durch einen Totalausfall jeglicher Selbstwahrnehmung aus. Wenn die Nachrichten melden, in einem islamischen Land habe eine islamische Partei die Wahl gewonnen, dann nicht ohne besorgten Unterton. Ist es hier denn anders? Wir leben in einem Land, wo eine Christlich-Demokratische Partei und eine Christlich-Soziale Union zusammen mit der FDP an der Regierung sind, und wo dauernd mit dem „christlichen Menschenbild“ herumgewedelt wird, welches unsere Verfassung präge.“

Ein solcher Kulturrelativismus, der zwischen Aufruf zum Judenmord, wie ihn z.B. der geistige Führer der Muslimbrüder und der ihr nahestehenden Parteien in Ägypten (oder auch der Hamas), Yusuf al-Qaradawi regelmäßig verbreitet, und demokratischen, auch christlichen Parteien, keinen Unterschied zu erkennen vermag, ist unter Freunden des blutigen Jihad en vogue. Dass jedoch eine vorgeblich seriöse Tageszeitung wie der Tagesspiegel einer solchen Hetze Raum bietet, ist bemerkenswert. Wo rufen CDU oder CSU Politiker- oder Politikerinnen zum Mord an Juden auf, so wie es al-Qaradawi am 28. Januar 2009 im Fernsehsender al-Jazeera aus Katar getan hat?

Ein Verlag, eine Tageszeitung und ein Autor, die kulturrelativistisch daher reden und Texte verbreiten, welche zwischen Aufruf zum Mord und ganz normalen demokratischen Parteien einer Demokratie und eines Rechtsstaates, wie es die Bundesrepublik ist, nicht zu unterscheiden vermögen, spielen auf der Klaviatur des Antisemitismus, Jihadismus und der reaktionären Ideologie. Pohrt weigert sich wie ein kleines Kind, sich mit der Realität, hier: der Wirkmächtigkeit von Religion, auch nur zu befassen. Für ihn ist immer alles so böse, wie es der Kapitalismus zulässt oder evoziert. Doch wer bei Wahnsinnigen wie der iranischen Führung vom cui bono fabuliert, spricht mit Geistern und Nebelschwaden, ergo: mit sich selbst.

Wer sich einigermaßen realitätsnah mit der Welt befasst, erkennt: die größte Gefahr für den Weltfrieden und für Israel und die Juden geht von einem möglicherweise atomar bewaffneten Iran aus. Nicht viel weniger gefährlich ist der ebenso islamische Antisemitismus des Iran schon jetzt, sowie jener in weiten Teilen der arabischen Welt, der Türkei, in Pakistan, und auch, teils reduziert und in Abstufungen, in Ländern wie Malaysia, Indonesien, und natürlich unter Muslimen im Westen.

Kein seriöser Mensch leugnet, dass es auch Rechtsextreme und Nazis gibt, die gegen ‚den‘ Islam und ‚die‘ Muslime hetzen. Auch im Graubereich von Rechtsextremismus und Konservativismus (auch bei Evangelikalen, katholischen Antisemiten etc.) gibt es mitunter solche Gestalten, die von den Verbrechen des christlichen Deutschland lieber schweigen wollen. Doch eine unendlich größere Zahl von Menschen hegt ebenso antizionistische Gefühle wie Nazis und Islamisten oder Linke (oder katholische, evangelische und andere Judenfeinde), doch diese große Zahl fühlt sich pudelwohl, sie publiziert nicht in der Jungen Freiheit, nicht unbedingt in der jungen Welt oder dem Neuen Deutschland, dafür im Freitag, bei Spiegel Online, beim Tagesspiegel, der Süddeutschen, der Frankfurter Allgemeinen oder schreibt Redemanuskripte für die Tagesthemen, die Tagesschau, Heute, das Heute Journal, die Kulturzeit auf 3sat, dem Deutschlandfunk, dem Deutschlandradio und wie die Magazine, Zeitungen, Journale oder Sendungen sonst hoch so heißen.

Keine dieser Sendungen hat das Problem Islamismus je ernst genommen. Seit 9/11 sind vielmehr ein Abwiegeln und eine ungeheuer große und aggressive Agitation gegen Kritiker des islamischen Antisemitismus und der islamistischen, antiwestlichen Ideologie zu erkennen.

Wolfgang Pohrts Kulturrelativismus, sein Geifern gegen amerikanische Filme und sein Schweigen vom islamischen Sklavenhandel oder von islamistischen Hasspredigern, die zum Mord an Juden aufrufen, sind Teil des Zeitgeistes. Die Edition Tiamat ist Mainstream in einem Land, das immer gern Phrasen gegen den Kapitalismus, gegen die CDU/CSU heraus brüllt, statt sich mit der heutigen Realität zu befassen.

Ein Glück für Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, dass sie diesen Gedankenmüll von Leuten, die früher sogar dachten, in deren Nachfolge zu stehen, nicht mehr erleben müssen. Während die beiden Theoretiker eine Dialektik der Aufklärung im Namen des Westens durchführten, denunzieren Pohrt und seine Gehilfen Aufklärung und den Westen, indem sie den Islamismus nicht nur als Phänomen sui generis leugnen und Muslime als Subjekte gar nicht wahr-, geschweige denn ernst nehmen, vielmehr indem sie den Westen (hier vertreten durch CDU/CSU) mit dem reaktionär-modernistisch-faschistischen Islamismus gleichsetzen.

 

[i] Simon Wiesenthal (1947): Großmufti – Großagent der Achse, Salzburg/Wien: Ried-Verlag, die Fotografien sind ohne Paginierung.

[ii] Klaus-Michael Mallmann/Martin Cüppers (2006): Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

[iii] Vgl. zum Beispiel Mallmann/Cüppers 2006, 102.

[iv] Mallmann/Cüppers 2006, 221.

[v] Mallmann/Cüppers 2006, 222.

[vi] Mallmann/Cüppers 2006, 228.

[vii] Mallmann/Cüppers 2006, 229.

[viii] Mallmann/Cüppers 2006, 114f.

[ix] Tidiane N’Diaye (2008)/2010: Der verschleierte Völkermord. Die Geschichte des muslimischen Sklavenhandels in Afrika, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

[x] N’Diaye 2010, 25.

[xi] N’Diaye 2010, 214

„Ausgerechnet” – Christian Wulff, die „deutsche Kultur“ und der Holocaust

Bundespräsident Christian W. ist nicht nur einer der aggressivsten Telefon-Anrufbeantworter-Vollquatscher, er hat nicht nur ein gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit und ist nicht nur mit einigen der peinlichsten High-Society-Leuten und dubiosen Ex-Sprechern seiner selbst befreundet, er hat auch mit die angesagtesten, sprich: schlechtesten Redenschreiber der Nation.

Am 20. Januar 2012 sprach Wulff im „Haus der Wannsee-Konferenz – Gedenk- und Bildungsstätte“ in Berlin und sagte Folgendes:

„Dieser Mord an den europäischen Juden und der Versuch der Vernichtung ihrer Kultur bedeutet die niedrigste Stufe, auf die deutsche Kultur je sinken konnte. Vernichtet werden sollten ausgerechnet die Juden, denen unsere Kultur so viel verdankte, und für die der Name des vertriebenen Billy Wilder nur als ein Beispiel Zehntausender Kulturschaffender steht.“

Ausgerechnet! Wie konnten die Deutschen sich selbst so schaden, will der Präsident sagen. Implizit sagt Wulff damit, dass die deutsche Kultur zuvor super gewesen sei (auch ‚Dank‘ der Juden in Deutschland oder deutschen Landen). Man denke an das christliche Mittelalter, an die Luthersche Reformation, an das Bild des „Ewigen Juden“ „Ahasverus“, wie es seit 1602 in deutschen Landen auch schriftlich fixiert wurde, später denke man an Achim von Arnim, Friedrich Ludwig Jahn oder die Christlich-Deutsche Tischgesellschaft von Anfang des 19. Jahrhunderts, an das Wartburgfest 1817 mit seiner antisemitischen und antifranzösischen Bücherverbrennung, an Richard Wagners „Das Judentum in der Musik“ von 1850 und an die alljährlichen Wagnerfestspiele in Bayreuth, zu denen nicht nur Angela Merkel, sondern auch Thomas Gottschalk und das deutsche Establishment hin pilgern. Deutsche Kultur eben.

Wulff hat sich zwei Tage zuvor, am 18. Januar 2012, mit dem Holocaustleugner und Antisemiten Mahmoud Abbas (Abu Mazen), dem Präsidenten der „Palästinensischen Autonomiebehörde“ in Berlin getroffen, obwohl doch Abbas die letzten Monate keinen Hehl daraus gemacht hat, dass er weder Israel als jüdischen Staat, noch Juden in einem möglichen ‚palästinensischen‘ (sprich: zweiten arabisch-jordanischen) Staat dulden bzw. anerkennen wird.


„Ausgerechnet“ die deutschen Juden sollten ermordet werden, sagt Wulff. Die Abgründigkeit seiner Rede ist ihm sicher gar nicht bewusst, wo soll er auch die Fähigkeit zu Reflexion her haben? Sich von einer reichen Freundin Geld leihen ist das eine, sich hässliche Einfamilienhäuser leisten das gleiche, doch sich die Fähigkeit zur Reflexion und zum kritischen Denken aneignen braucht es doch etwas ganz Anderes.

Und was ist mit den geladenen Historikern und den Vertreterinnen und Vertretern der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und all den anderen Ehrengästen, die Wulff andächtig lauschten, war er doch der erste Präsident, der seit 20 Jahren wieder in jenem Haus am Wannsee sprach?

Ausgerechnet. Die meisten europäischen Juden lebten vor dem Holocaust in Osteuropa, in Polen, Ungarn und der Sowjetunion. Die meisten der sechs Millionen vergasten, erschossenen, zu Tode geprügelten, verhungerten, massakrierten und zerfetzten Juden kamen aus Osteuropa. Auch viele Juden Frankreichs, Hollands, Belgiens, Griechenlands, Jugoslawiens und anderer Ländern wurden penibel erfasst, gesucht, gejagt, deportiert und ermordet, wie auch die deutschen Juden.

Implizit sagt Christian W., dass es besonders schade sei, dass Deutschland sich Filmemacher wie den jüdischen Billy Wilder als Opfer aussuchte. Das Perfide, nicht in Worte zu fassende dieser Art von Selektion in der Rede von Wulff fällt kaum jemandem auf. Die jüdische Arbeiterin, der jüdische Bäcker oder jüdische Kinder – trugen die für Wulff auch etwas zur ‚deutschen Kultur‘ bei oder ist es nicht so schlimm, dass auch sie ermordet wurden, fügte doch deren Tod Deutschland keinen ‚Verlust‘ an ‚kulturellen Werten‘ zu?
Der Präsident differenziert implizit, mit dem brutalen Wörtchen ‚ausgerechnet‘, dass nicht die Gaskammern von Auschwitz, die Vernichtungslager Sobibor und Chelmno oder die Massaker in Babi Yar und in den litauischen Wäldern wie die Shoah insgesamt das Unaussprechliche sind.
Nein, betont werden müsse, dass es so hoch gebildete und für die „deutsche Kultur“ eigentlich wertvolle Menschen wie die deutschen Juden (zumindest manche von ihnen, nach dieser ‚Logik‘) getroffen habe.

Die Menschenverachtung und die sich judenfreundlich gebende Ideologie, die aus diesem Wörtchen „ausgerechnet“ sprechen, sind un-fassbar.

Robert S. Wistrich – Muslimischer Antisemitismus. Eine aktuelle Gefahr

Sehr geehrte Damen und Herren,

das neue Buch von Robert S. Wistrich ist jetzt lieferbar:

Robert S. Wistrich.  Muslimischer Antisemitismus. Eine aktuelle Gefahr

ISBN 978-3-9814548-1-9, 161 Seiten, Softcover, 21 cm x 12,8 cm,

28 Abbildungen, 14, 90 € (D)

“Die Political Correctness spielt ihre ganz eigene, den Westen lähmende Rolle, sobald ein Wissenschaftler oder Journalist versucht sich mit einem beliebigen Aspekt des Islam zu befassen. Selbst die fürchterlichsten Taten derer, die ohne zu zögern unschuldige Zivilisten im Namen des Jihad gegen die „Feinde des Islam“ opferten, führten zu zweideutigen und zögerlichen westlichen Reaktionen, wenn es darum ging, die involvierten Doktrinen des Islam zu kritisieren. Der Krieg gegen Al-Qaida wurde von den Präsidenten Bush und Obama sinnentleert als ein „Krieg gegen den Terror“ bezeichnet, um eine Beleidigung des Islam als Religion zu vermeiden – dabei wurde doch der Islam aus politischen Gründen bereits von den Jihadisten gekapert.”

Prof. Dr. Robert S. Wistrich (Jg. 1945) ist Professor für moderne europäische Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem. Er ist Autor von 17 Büchern und einer der weltweit bekanntesten Antisemitismusforscher. Seine preisgekrönten Bücher sind in 18 Sprachen übersetzt, 2010 veröffentlichte er die derzeit umfangreichste und umfassendste Geschichte des Antisemitismus, “A Lethal Obsession“.

Das Buch enthält eine Einführung in das Werk des Historikers Robert S. Wistrich sowie erstmals eine Bibliografie seiner Schriften seit 1973.

Bestellbar (versandkostenfrei!) direkt beim Verlag – editioncritic@email.de -, bei Amazon oder in jedem Buchladen.

Mit freundlichen Grüßen,
Edition Critic

 

Robert S. Wistrich: Muslimischer Antisemitismus

Robert S. Wistrich.  Muslimischer Antisemitismus. Eine aktuelle Gefahr

ISBN 978-3-9814548-1-9, 161 Seiten, Softcover, 21 cm x 12,8 cm,

28 Abbildungen, 14, 90 € (D)

Das neue, alte ZfA: Die Obsession für schiefe Vergleiche

 

Von Dr. Clemens Heni

(The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) )

Geht es den Muslimen heute so wie den Juden Anfang des 19. Jahrhunderts? Das meint die neue Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA), die Historikerin Stefanie Schüler-Springorum. Bevor diese These etwas näher untersucht wird, geht es um eine geplante Veranstaltung des ZfA Ende Oktober 2011.

Während der ehemalige Leiter des ZfA, Wolfgang Benz, mit den Antisemiten und Islamisten des Muslim-Markt freundschaftlich diskutierte und „Islamophobie“ bzw. „Islamfeindlichkeit“ zum Thema machte, folgt die neue Leiterin den letztgenannten Topoi offenbar gerne, wie ein Text des bekannten Internet-Blogs tw24 zeigt.

Demnach wird Schüler-Springorum Ende Oktober 2011 in Berlin in der umstrittenen „Werkstatt der Kulturen“, die 2009 eine Ausstellung über die „Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“[i] wegen einer kritischen Tafel zum Nazi-Mufti Muhammad Amin al-Husaini zensierte und die Ausstellung nicht zeigte, auf einer Konferenz mit dem Titel „Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft“ reden.

 Diese Tagung, gesponsert von der „Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft“[ii], hat Schüler-Springorum nicht nur mit konzipiert. Sie wird auch ein Panel moderieren, auf dem[iii] problematische Teilnehmer dabei sein werden wie Yonas Endrias, der mit der „Islamischen Zeitung“ freundlich redete und sich 2009 gegen einen Boykott des antisemitischen und islamistischen Hetzfestivals, genannt Durban II-Konferenz, in Genf aussprach, wie tw24 berichtete. Dann ist da Naime Cakir vom „Abrahamitischen Forum“ sowie vom „Kompetenzzentrum muslimischer Frauen“, die sich aggressiv gegen die Islam- und Kopftuchkritik von Necla Kelek oder Seyran Ates wendet und als Kritikerin oder Forscherin zu Antisemitismus noch nie in Erscheinung getreten ist. Cakir hat mit dem Abrahamitischen Forum und dem „Interkulturellen Rat“ eine Erklärung zum 11. September 2011 verfasst, worin sie sich dafür einsetzt, „das Miteinander zu verbessern sowie Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und Christenfeindschaft zu überwinden“. Schon diese groteske Verharmlosung des Antisemitismus in Deutschland, der mit herbei geredeter „Muslimfeindlichkeit“ und „Christenfeindschaft“ gleichgesetzt wird, ist auffallend.

Damit wird der genozidale Charakter des Antisemitismus geleugnet und als bloße Ablehnung einer Religion (wie des Christentums oder des Islams) herunter dekliniert.

 Wer waren eigentlich die Täter am 11. September 2001? Und wer waren die Opfer? Das Abrahamitische Forum und der Interkulturelle Rat schreiben:

  „Am 11. September 2011 erinnern wir uns an ein Ereignis, das mit menschenverachtender Gewalt die Welt verändert hat. Blutige Kriege und Anschläge waren eine Folge. Hunderttausende wurden weltweit zu Opfern von Gewalt, insbesondere Muslime in Afghanistan und Irak, aber auch Menschen in London, Madrid oder Istanbul. Bis heute dauern die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen an.“

 Wie bitte? Die einzige Gruppe von Menschen, die näher beschrieben wird, sind Muslime als Opfer! Viel absurder und geschichtsverfälschender geht es nicht. Muslime waren die Täter am 11. September. Sie ermordeten 3000 Menschen in New York City im World Trade Center, im Pentagon und vier entführten Flugzeugen.

 In London, Madrid, Djerba waren Europäer, nicht-religiöse Menschen, Christen, Juden und andere Opfer – wiederum waren Muslime die Täter. Davon kein Wort vom interkulturellen Rat. Dass in Afghanistan und im Irak Muslime ermordet werden von anderen Muslimen, ist schrecklich; für den Interkulturellen Rat aber offenbar schlimmer als 9/11 oder die islamistisch motivierten Massenmorde in Madrid oder London, denn da waren Muslime kaum unter den Opfern. Auch hier wird nicht erwähnt, worum es geht: islamistische und jihadistische Muslime sind die Mörder dieser Tausenden von Opfern weltweit. Das verleugnen die Multikulti-Ideologen – eine intendierte Derealisierung.

 Diese Art von „interreligiösem Dialog“, der Antisemitismus mit einer eingebildeten „Muslimfeindlichkeit“ oder „Christenfeindschaft“ in Deutschland auf eine Stufe stellt, ist kontraproduktiv und gefährlich. Antisemitismus wird als spezifisches Phänomen geleugnet. Daher wird Naime Cakir von der ZfA-Leiterin offenbar eingeladen. Inkompetenz zahlt sich aus.

 So ist es also kein Zufall, dass kein einziger der Vorträge Ende Oktober auf der ZfA/EVZ/KIGA-Tagung „islamischen“ oder „arabischen“ Antisemitismus zum Thema hat. Natürlich werden auch nicht die brutalen und zum Mord an Juden aufrufenden Einträge von zumeist Deutsch-Türken auf dem Internet-Portal Facebook, wie sie am 31. Mai 2010 und die darauf folgenden Tage aus Anlaß der Aktionen des Terrorschiffes „Mavi Marmara“ zu Hunderten und Tausenden zu lesen waren, thematisiert, jedenfalls deutet kein einziges der Panel darauf hin. Diese Statements wurden fast immer mit richtigem Namen und mit Bild gepostet und zogen den Neid von Neonazis auf sich, da sich die NPD und autonome Nationalisten kaum so offenherzig mit Namen und Bild Pro-Hitler und Pro-Holocaust äußern und zum Mord an Juden aufrufen.

In der Ankündigung für die Tagung oder in den Titeln der Panels ist davon keine Rede. Dafür wird auf der Veranstaltung über „Die Bedeutung des Sozialraums für Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF)“ fabuliert und damit apriori Antisemitismus mit der „Abwertung Langzeitsarbeitsloser“ oder der Kritik am Islamismus („Islamophobie“) gleichgesetzt – denn so sieht es das federführend von dem Pädagogen Wilhelm Heitmeyer aus Bielefeldt konzipierte und mittlerweile aus zehn Komponenten bestehende Konzept „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF)“ vor.

Darüber hinaus und ganz grundsätzlich meint Schüler-Springorum zuletzt in mehreren Interviews, dass heutige „Islamfeindschaft“ sehr wohl mit Antisemitismus verglichen werden könne, und zwar z.B. mit jenem Anfang des 19. Jahrhunderts. Die „Jüdische Allgemeine“ Wochenzeitung schreibt dazu, ohne kritisch darauf zu reflektieren:

 „So sagt Schüler-Springorum etwa: ‚Man kann Antisemitismus und Islamfeindschaft miteinander vergleichen, weil dann ja auch die Unterschiede deutlich werden.‘ Parallelen zum Antisemitismus des frühen 19. Jahrhunderts sieht sie durchaus, aber für das späte 19. Jahrhundert verneint sie diese.“

Was meint die neue Leiterin des ZfA mit „Parallelen“ des Antisemitismus und heutiger „Islamfeindschaft“? Ging es den Juden Anfang des 19. Jahrhunderts so wie den Muslimen in Deutschland heute?

Anfang des 19. Jahrhunderts mussten Juden konvertieren, wenn sie irgendeine Chance haben wollten – siehe als ein Beispiel den Schriftsteller Heinrich Heine, der sich 1825 taufen ließ, um das „Entréebillet“ in die „bürgerliche Gesellschaft“ zu bekommen.

Die ZfA-Leiterin stellt in den Raum, und die Jüdische Allgemeine oder auch der Kölner Stadtanzeiger bieten den Platz dafür, dass heute Muslime eine Diskriminierung erfahren würden wie Juden um 1800 oder auch um 1825 herum. Das verharmlost und derealisiert den Antisemitismus Anfang des 19. Jahrhunderts und vernebelt vollkommen, wie gut es heute den Muslimen in Deutschland geht. Es ist also ein doppelt falsches Argument.

Zur Erinnerung: In den altdeutschen Liedern unter dem Titel „Des Knaben Wunderhorn“ popularisierten Clemens Brentano und Achim von Arnim zwischen 1806 und 1808 auch den antisemitischen Topos des „ewigen Juden“, Ahasver.

1811 hielt von Arnim eine der antisemitischsten Reden der deutschen Romantik („Über die Kennzeichen des Judentums“), worin er fantasierte, wie die Körper von Juden wohl reagierten, wenn man sie pulverisierte. Darauf wies im Jahr 1996 die Historikerin Susanna Moßmann in dem Band “Machtphantasie Deutschland” hin.

Von Arnim gründete 1811 die „Christlich-Deutsche Tischgesellschaft“[iv], zu der Juden (getaufte wie nicht getaufte, sowie Nachkommen von getauften) keinen Zutritt hatten, was Saul Ascher scharf kritisierte.

Hinzu kommen der deutsche Nationalismus und die Propaganda für ein „deutsches Volkstum“ sowie der Antisemitismus von Turnvater Friedrich Ludwig Jahn und seinen Horden. Auch das ist in der Forschung seit langem ein wichtiges Thema. So hat Eleonore Sterling im Jahr 1956 darüber publiziert –„Judenhaß. Die Anfänge des politischen Antisemitismus in Deutschland (1815–1850)“ – und die Bedeutung von Jakob Fries, den Turnvereinen und den Burschenschaften betont. Es wird in Berlin derzeit in Fußballkreisen diskutiert, endlich den Ex-DDR-Jahnsportpark in Prenzlauer Berg umzubenennen.

Nicht zu vergessen das burschenschaftliche Wartburgfest von 1817, inklusive dem Verbrennen von Büchern von französischen und jüdischen Autoren.

Sind Parallelen zur Situation von Muslimen heute zu erkennen, wenn ein schwäbischer Muslim wie Cem Özdemir Parteivorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen ist und Islamismuskritik als „Islamophobie“ diffamiert und sich der Hetze gegen Ralph Giordano und Henryk M. Broder, die beide mit dem Antisemiten Heinrich von Treitschke verglichen werden, aus der Feder des FAZ-Feuilleton-Chefs Patrick Bahners anschmiegt?

Die Historikerin Monika Richarz promovierte 1969 an der FU Berlin mit einer Arbeit über den „Eintritt der Juden in die akademische Welt“. Darin behandelt sie auch judenfeindliche Tendenzen Anfang des 19. Jahrhunderts, sie berichtet von einem „Taufzwang“ der Juden, wenn die irgend reüssieren wollten.

Dazu gibt es heute natürlich keine Parallele. Im Gegenteil, eher konvertieren in den letzten Jahren relativ viele Bürger in Deutschland zum Islam. Salafisten und andere rabiate Islamisten in der Bundesrepublik sind häufig Konvertiten.

Das Beispiel der Akademiker ist treffend: heute kann jeder Muslim Student, Doktorin, Doktorand, Post-Doc, Professor, Institutsleiter etc. werden. Juden hingegen hatten mit extrem heftigem, oft blutigem Antisemitismus zu kämpfen, zumal an den Universitäten Anfang des 19. Jahrhunderts, um das es hier geht. 

1822 wurde in Preußen der Ausschluss von Juden von „akademischen Lehr- und Schulämtern“ beschlossen, 1827 wurde verfügt, Juden dürften auch keine Apotheker mehr sein, wie die Sprachwissenschaftlerin Nicoline Hortzitz in ihrer 1988 publizierten Dissertation „Früh-Antisemitismus in Deutschland (1789–1871/72). Strukturelle Untersuchungen zu Wortschatz, Text und Argumentation“ herausarbeitete. 1819 gab es die antijüdischen „Hep-Hep-Krawalle“, insbesondere in Würzburg, Frankfurt, Hamburg, aber auch in anderen Orten. Die pro-jüdische Gesetzgebung unter der französischen Besatzung wurde wieder rückgängig gemacht.

Während Juden in Preußen ab 1827 keine Apotheker mehr sein durften, gibt es hingegen heute selbstverständlich migrantische und muslimische Apotheker in Deutschland. Manche sind sogar im „Palästinensischen Ärzte- und Apothekerverband“ organisiert, der im Oktober 2010 eine Veranstaltung mit dem international berüchtigten Antisemiten und Israelfeind Norman Finkelstein plante, wie die „autonome neuköllner antifa“ berichtete und zu Gegenaktivitäten aufrief.

Heute haben Muslime wie anderen Migranten auch alle Bürgerrechte in Deutschland, viele wollen aber gar nicht die deutsche Staatsbürgerschaft und kapseln sich bewusst ab. Muslime werden nicht anders behandelt als andere Bürger des Landes. Völlig anders die Situation der Juden, hier am Beispiel des Anfangs des 19. Jahrhunderts. Die rechtliche Emanzipation der Juden dauerte im 19. Jahrhundert bis 1871, und auch das war nur eine formale Gleichstellung, de facto waren Juden aus Sicht der nicht-jüdischen Deutschen nie wirklich angekommen, gerade nicht Anfang des 19. Jahrhunderts.[v]

Islamische Staaten wie der heutige Iran sind eine große Gefahr für die Menschheit. Wenn jetzt Forscherinnen insinuieren, dass es den Muslimen in Deutschland, Europa und der Welt in Teilen oder insgesamt so ginge wie den Juden Anfang des 19. Jahrhunderts, wird in den Raum gestellt, dass es damals etwas Ähnliches gegeben haben möge wie den Iran, die Hamas, oder die Muslimbrüder – von jüdischer Seite! Man muss diese These der ZfA-Leiterin nur logisch durchdenken, dann kommt man zu solchen Absurditäten.

Die größten Antisemiten und Islamisten wie der iranische Präsident Ahmadinejad bekommen Foren wie das Rednerpult der Vereinten Nationen, doch Forscher sprechen ernsthaft über „Islamfeindlichkeit“. Das kann man nur als realitätsgestört bezeichnen.

Juden waren seinerzeit eine unterdrückte Minderheit und in deutschen Landen der eingebildete und konstruierte Feind schlechthin. Heute gibt es dutzende Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit und mächtigen Militärapparaten. Islamisten hetzen gegen die westliche Welt, sie sind Täter und nicht Opfer. Islamisten propagieren Judenhass und ihren Wunsch nach Vertreibung und Vernichtung von Juden, während Juden schon Anfang des 19. Jahrhunderts Objekte waren für den Antisemitismus.

Heute sind viele Muslime fanatisiert und propagieren nicht nur die Scharia und schüchtern moderate Muslime ein, sie agitieren auch gegen den Westen: Staatsmänner wie der türkische Ministerpräsident Erdogan, der iranische Präsident Ahmadinejad, sowie islamistische Vordenker wie Yusuf al-Qaradawi, der im Februar 2011 in Ägypten auf dem Kairoer Tahrir-Platz zum Marsch auf Jerusalem geblasen hat und damit die Wahrheit über den arabischen Frühling zum Ausdruck brachte.

Das sind nur einige wenige Hinweise zur Kritik an der neuen, alten Leitung am Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) an der Technischen Universität Berlin.

Die Palästinenser wollen unilateral einen eigenen Staat ausrufen, ohne direkte Verhandlungen mit Israel. Die Terrororganisation Hamas soll aufgewertet werden.

Es geht um Kritik am antizionistischen Antisemitismus, von anderen gegenwärtigen Formen des Antisemitismus wie der Blutbeschuldigung nicht zu schweigen. Die Analyse und Kritik des islamischen und arabischen Antisemitismus spielt heutzutage eine entscheidende Rolle.

Wer jedoch von einer Ähnlichkeit oder „Parallelität“ der Situation der Muslime heute und jener der Juden Anfang des 19. Jahrhunderts redet, argumentiert nicht nur politisch problematisch, vielmehr ahistorisch.

Anstatt der bekannten Programme von KIGA e.V., des ZfA, der EVZ et. al. über „Ausgrenzung“ (von Muslimen!), „Sozialraum“ und daraus abgeleiteten (womöglich teils auch antisemitischen) „Einstellungsmustern“, so die Ankündigung zur Tagung im Oktober, wären z.B. Nietzsche-Seminare, Religions-Aussteiger-Camps oder Ich-werfe-mein-Kopftuch-in-die-Spree-Aktionen[vi] doch einmal eine echte Alternative.

Doch KIGA wie das ZfA und die große Stiftung EVZ gehen von Folgendem aus, wie die Tagungsankündigung schreibt:

 „Antisemitismus als gesellschaftliches Phänomen wird in der Wissenschaft, der Migrationsforschung und der Bildungspraxis intensiv diskutiert. Klar ist: Antisemitismus ist kein spezifisches Problem ausgewählter Gruppen.“

Das ist gerade nicht klar. Eher soll offenbar von vornherein geleugnet werden, dass es heute einen spezifisch muslimischen und islamischen Antisemitismus gibt, und zwar auch in Deutschland. Manche Migranten bilden derzeit vor allem im öffentlichen Raum (neben gewissen Linken und den Neonazis) eine der größten Gruppen, die Antisemitismus und Israelhass verbreiten: auf Demonstrationen, Flugblättern, Kongressen, auf Facebook, auf Schulhöfen, bei Attacken auf jüdische Kindertanzgruppen wie in Hannover etc. etc. Vor diesem Hintergrund erscheinen auch die Projekte von KIGA fragwürdig, da sie die Jugendlichen dort abholen möchte, wo diese stehen: in Berlin-Kreuzberg am „Kottbusser Tor“[vii]; dass dabei der Antisemitismus von Muslimen bei den Projekten und Äußerungen der KIGA-Frontfrau Anne Goldenbogen offenbar eher selten explizit auftaucht, fiel sogar dem Südwestrundfunk in einer Sendung im Juni 2011 auf.

Wo bleiben beispielsweise (kultur-) wissenschaftliche Untersuchungen zum  antizionistischen Antisemitismus vieler Muslime oder zu gegenwärtigen Formen des Antisemitismus wie der Blutbeschuldigung, die in türkischen Filmen oder ägyptischen TV-Serien propagiert wird?

Die Forschung sollte endlich aufhören, absurde, unwissenschaftliche Vergleiche anzustellen – egal ob nun die Situation von Juden Ende des 19. Jahrhunderts (Benz) oder Anfang des 19. Jahrhunderts (Schüler-Springorum) als Vergleichsmaßstab für die halluzinierte heutige „Islamfeindschaft“ herangezogen wird.

Die Forschung sollte sich mit der Realität befassen: (Antizionistischen) Antisemitismus gibt es in vielen Formen. Die muslimischen und arabischen Varianten sind derzeit die gefährlichsten.

 

 

 


[i] Eine Ausstellung, die man übrigens in anderer Hinsicht durchaus kritisch sehen kann.

[ii] In Kooperation mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung, ZfA, der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus KIGA e.V., sowie mit Unterstützung des Fritz-Bauer-Instituts aus Frankfurt am Main, und anderen Einrichtungen.

[iii] Laut PDF-Programmankündigung am 20.09.2011.

[iv] Mitglieder waren unter anderem „Kleist, Adam Müller, Clausewitz, Fichte und Friedrich Karl von Savigny“, wie der Publizist Hans Schütz 1992 in einem Band über „Juden in der deutschen Literatur“ schrieb.

[v] Von der Einführung des code civil durch Napoleon zwischen 1806 und 1813 abgesehen, doch das war ja keine deutsche Leistung, sondern eine zivilisierte, französische.

[vi] Diese feministische Idee stammt von der Soziologin und Islamkritikerin Necla Kelek, sie schreibt darüber in ihrer Studie „Himmelsreise“ von 2010.

[vii] Mit einer Fotografie von dieser U-Bahn Station wirbt KIGA in Publikationen.

 

Clemens Heni: Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11

 

August 2011:

„Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11“

von Clemens Heni

√ Das Buch zur „Islamdebatte“

√ Das Buch zum zehnten Jahrestag
von 9/11

√ Das Buch zu Islamismus und
Antisemitismus

      * Was machen deutsche
Islamwissenschaftler tagsüber?

      * Brauchen wir „mehr Kinder von
den Klugen“ oder Kritik an den
„klugen“ Deutschen?

      * Eine Analyse der Zeitschrift
„Die Welt des Islams“ …
+ vieles mehr

416 S.  16 cm x 24 cm Broschur

19,90 € (D) ISBN 978-3-9814548-0-2

Umfangreiches Literatur- und Personenverzeichnis

 

 

Aus dem Inhalt:

 

  • Schadenfreude am 11. September 2001
  • Die Zeitschrift „Die Welt des Islams“
  • Anschmiegen an den Islamismus
  • Kaiser Wilhelm II. und die Ausrufung des Jihad im Jahr 1914
  • Beziehung des Großmuftis Muhammad Amin al-Husaini zu den Nazis
  • Entwicklung des Islamismus in Deutschland seit 1958
  • Scharia, Jihad, Kopftuch und Islamic banking
  • Was ist Islamismus?
  • Was ist Antisemitismus?
  • „Islamophobie“ ist ein Phantasma
  • Ist Israelfeindschaft genauso wie die Ausgrenzung von Hartz-IV-Empfängern Ausdruck von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“?
  • Welche Bedeutung haben modische Theorien wie „Postorientalismus“ und
    „Postkolonialismus“?
  • „Entschleiert euch!“

 

Inhaltsverzeichnis Schadenfreude Islamforschung

 

Über den Autor:

Dr. phil. Clemens Heni (Jg. 1970) ist Politikwissenschaftler. Studium der Philosophie, Geschichte, Empirischen Kulturwissenschaft und Politikwissenschaft in Tübingen, Bremen und der FU Berlin; Promotion 2006 in Innsbruck. 2008/2009 Postdoktorand bei der Yale Initiative for the Interdisciplinary Study of Antisemitism (YIISA) der Yale University in USA. Nähere Informationen über den Autor finden Sie hier.

Copyright: Edition Critic

AFPC’s World Almanac of Islamism

The American Foreign Policy Council (AFPC) in Washington D. C. is publishing the first

World Almanac of Islamism

All entries will be published in a book later this year, and most of the entries are also available online right now.

I am honored to be among the contributors. I’ve written the entry about Islamism in Germany. Here a a few paragraphs, see the original here:

Germany

Islamism in Germany has deep roots, stretching back to a symbiosis between the German state and radical religious elements during the First World War. These ties endured during the Second World War, fueled by the Third Reich’s close ties to the Grand-Mufti of Jerusalem, Haj Amin al-Hussaini, and throughout the decades of the Cold War against the Soviet Union, before emerging to challenge the stability of the Federal Republic in the post-Cold War era.”

(…)

“There exists considerable ideological and operational difference between lawful Islamism, which seeks the gradual imposition of sharia (Islamic law), and violent jihad, which is aimed at the overthrow of the established state. In Germany, Islamism of the lawful variant predominates, although instances of jihadi activity have been documented as well. As of 2009, Germany’s internal security service, the Federal Office for the Protection of the Constitution (Verfassungsschutzbericht), estimated that some 29 Islamist organizations with a total of 36,270 members were active within the country.2″

(…)

“Since 9/11, and particularly over the past several years, political Islam has become a major topic of public debate in Germany. The wearing of the headscarf, honor killings, forced marriages, and support for terrorism and anti-Zionist activity are among the main topics of discussion surrounding both Islam and Islamism. Yet many newspapers, researchers, and politicians, as well as the general public at large, remain reluctant to deal with these issues. Those political groups or parties which express their opposition to political Islam do so out of ideological and/or racist grounds, rather than as a result of careful analysis of specific elements of political Islam. Likewise, many groups opposed to Islam are also against other foreigners (as well as those considered to be not “German” enough).

Nevertheless, a tiny but growing number of public intellectuals, scholars, activists, authors, and journalists have emerged publicly as critics of Islamism in recent years. These individuals have faced resistance on the public policy front. Some institutions, like the Berlin Center for Research on Antisemitism (ZfA),41  have equated any meaningful criticism of Islam with anti-Semitism, often framed as “Islamophobia.”42  Many journalists and mainstream scholars even compare or equate Islamist preachers of hate with pro-Western scholars, writers or activists,43  and reject any military response to Islamism or Islamic jihad.44  Most instead portray Islam as harmless or interesting, and look uncritically upon figures like leading Sunni Islamist Yusuf al-Qaradawi.45

(…)

“The grand mufti of Jerusalem, Haj Amin al-Hussaini, was welcomed by Adolf Hitler, financially supported by the Nazi regime, and used Germany as a base from which to communicate anti-Jewish propaganda into the Middle East.47  After 1945, Islam was used both by the Federal Republic of Germany and the U.S. (via the CIA) as a tool against the Soviet Union and its allies during the Cold War.48  As part of this effort, Gerhard von Mende, a former Nazi in the “Ostministerium” (department of Eastern affairs), engaged the services of Muslims like Nurredin Nakibhodscha Namangani, a former imam for the Nazi Schutzstaffel (SS). In 1958, Namangani began a “Mosque Construction Commission” in Munich, which became the starting point for political Islam in post-war Germany (if not the whole of Europe). From the start, however, it was clear—given the ideologies and past histories of those Islamists and their German allies—that anti-Semitism and anti-Western thought would become staples of the ideology thereby promoted. ”

(…)

“Still, there are signs of a growing awareness of Islamic radicalism among government officials. On November 17, 2010, for example, former German Interior Minister Thomas de Maiziére warned publicly that Islamic jihadists were on their way to the country with the intent of committing a terrorist attack.61  His successor, Hans-Peter Friedrich, has gone further, announcing in March 2011 that he intends to hold a “prevention conference” dealing with Islamism and Islamic Jihad in Berlin in 2011.62  This marks the first time that the German government has engaged the country’s Muslim community in a joint effort to combat Islamism. The prospects for such a union, however, are far from certain, as most of the Muslim organizations participating in the state’s official “Islam conference” have rejected the outreach.”

Read the entire entry on the page of the American Foreign Policy Council’s World Alamanc of Islamism.

Die “Facebook-Revolte” zeigt Gesicht – und der Tagesschau fehlen die Worte

Die Revolte in Ägypten ist eine demokratische, gut und rein. Glaubt man Rainald Becker vom ARD-Hauptstadtstudio, ist jetzt die Zeit reif für einen Regimewechsel in Kairo, sind Zweifel an der demokratischen und freiheitlichen Gesinnung der Bewegung “Blödsinn, vorgeschoben, etwas für politische Hasenfüße”.

“Es gibt Politiker für den friedlichen Übergang, und die haben alle nichts mit den Islamisten im Sinn.”

Dumm nur, laufen die Fußtruppen der “Politiker für den friedlichen Übergang” mit gar nicht schönen Plakaten herum und halten sie auch noch demonstrativ in die Kamera von Rainald Beckers Sender. Hosni Mubarak ist da zu sehen mit Davidstern, das Gesicht mit ein paar flotten Strichen ergänzt, so daß es an Adolf Hitler erinnert.

In der Tagesschau um 20 Uhr, der Hauptnachrichtensendung in Deutschland, wurde am 8. Februar 2011 ein Bericht von Jörg Armbruster aus Ägypten gebracht. Man kann die Sendung im Internet („Situation in Ägypten“) nochmal anschauen.

Ungefähr bei Minute 9:06 sieht man einen Demonstranten mit einem Plakat, auf welchem der ägyptische Präsident Hosni Mubarak abgebildet ist. Das Portraitbild ist durchgestrichen, Mubarak bekommt ein Hitlerbärtchen, zu sehen sind die auf Arabisch geschriebenen Worte „Nein, Nein, Nein, Lügner, großer Agent, Kreuzritter“ und dazu sind zwei Davidsterne zu sehen. Hat sich die ARD das nicht übersetzen lassen? Kreuzritter steht in Ägypten meist für Amerika und Christen, Agent für Juden und Israel, was durch die beiden Davidsterne ja auch offensichtlich noch untermalt wird. Dieses ikonographische Arrangement sollte also analysiert werden.

Der Araber und Muslim Mubarak wird als Jude oder als von den Juden eingesetzter Verbrecher, ja als Nazi zum Abschuss freigegeben (Davidstern auf der Stirn), wie anders soll man das interpretieren?

Im Tagesschau-Beitrag von Armbruster kann man sehen, dass dieses Plakat nicht zufällig und am Rande, vielmehr gezielt von der Kamera und dem ARD-Team eingefangen wurde. Eine ruhige Kameraführung zeigt das Plakat recht scharf.

Die ARD kommentiert jedoch dieses antisemitische Plakat nicht. Es wird goutiert, um sodann im Bericht euphorisch über die „Opposition“ zu berichten und wie selbstverständlich einen Vertreter der islamistischen Muslimbrüder – Ikhwan – zu interviewen und wiederum kritiklos zu senden. Armbruster fordert und unterstützt explizit den „Durchhaltewillen“ der Regime-Gegner. Dabei ist die Ideologie der Islamisten der Muslimbrüder seit Jahrzehnten erforscht und bekannt.

Antisemitische Plakate waren schon am 30. Januar 2011 in Ägypten zu sehen. Der israelische Journalist und Deutschland-Korrespondent Eldad Beck berichtet auch von antisemitischen Slogans auf dem Tahrir-Platz in Kairo seither.

Man stelle sich eine Neo-Nazi Demo in Dresden oder Köln vor, wo unwidersprochen ein Neonazi ganz nah an der Kamera ein antisemitisches Plakat hochhält und der Bericht sich mit keiner Silbe davon distanziert, vielmehr die Neo-Nazi Demo vehement unterstützt.

Doch in Kairo handelt es sich ja nach Volksmeinung um gute, demokratische und nach Freiheit strebende Kräfte, nicht wahr? Da wird dann Antisemitismus und Hass auf Israel gern goutiert, promotet und in seiner Aggressivität entwirklicht. „Mehr Demokratie wagen“ heißt bei diesen Leuten auf dem Tahrir-Platz jedenfalls „mehr Antisemitismus“ propagieren.

Es ist in jedem Fall bemerkenswert, dass ein deutscher Fernsehsender ohne Kommentar ein antisemitisches Plakat zeigt und dem antisemitischen Hetzer, der dieses Plakat stolz hochhält, somit ein Millionenpublikum verschafft.

Das Problem bringt der algerische Schriftsteller Boualem Sansal in der Welt am 9. Februar 2011 auf den Punkt:

„Die Frage des Islam ist der eigentliche Stein des Anstoßes. Doch sie wird nie angegangen, ganz im Gegenteil: Alle – Demokraten wie Laizisten – beziehen sich auf die Religion. Mohammed al-Baradei, der sich als Demokrat internationalen Zuschnitts positioniert, wählte als seine erste Geste das gemeinsame Gebet mit den Islamisten auf offener Straße (er hätte auch mal in eine Kirche zu den Kopten gehen sollen), anstatt vor allem seine oppositionellen ideologischen Positionen zu betonen. Unter den aktuellen Bedingungen auf der Straße zu beten ist kein neutraler oder unverfänglicher Akt, es ist ein politisches Zeichen der schlechtesten Sorte. Es zeigt, dass viele von der Zukunft und der Demokratie sprechen, während sie sich zugleich ausgerechnet auf die Kräfte beziehen, die für das Gestern und die Ablehnung der Demokratie stehen. Der arabische Nationalismus, der ein großes Hindernis ist auf dem Weg zur Demokratie, wird immer noch als ein Grundwert angesehen. Keiner wagt, ihm den Prozess zu machen und klar zu benennen, was ihn so gefährlich und ausgrenzend macht: Er ist eine rassistische, antidemokratische, antiwestliche, antisemitische und antiisraelische Ideologie.“

Vor diesem Hintergrund und der Persistenz einer über Jahrzehnte entwickelten und gepflegten antisemitischen, antizionistischen, islamistischen, stolz-arabischen politischen Kultur sollten viele deutsche Medien, NGOs und selbst Aktivisten des eigentlich pro-israelischen Spektrums mit Euphorie endlich zurückhaltender um sich werfen. Skepsis, Angst und Nachdenklichkeit sind angesichts solcher Tagesschau-Berichte, welche offenbar die Stimmung in Ägypten widerspiegeln, eher angebracht.

Das von der Tagesschau gezeigte Bild mit Mubarak und zwei Davidsternen sowie Hitlerbärtchen ist ein antisemitischer Angriff auf Juden weltweit. Mit so einem Plakat wird das Judentum als hitleristisch und Mubarak als von den Juden gesteuert imaginiert.

Der ARD fehlen die Worte.

Forget About Nazis, Talk About “Islamophobia”

 

Forget About Nazis, Talk About “Islamophobia”

 

This article was published in New York City in “The Algemeiner Journal,” FRIDAY, JANUARY 21, 2011 | 16 SHVAT 5771 VOL. XXXVIII NO. 1996


 

This week, there was a book presentation in Vienna, Austria, about ‘race, as a political and social construction’. One of the panelists at the event is Prof. Wolfgang Benz, head of the Center for Research on Antisemitism (ZfA) at Berlin’s Technical University. Benz has recently come under heavy criticism because he currently equates anti-Semitism with criticism of Islamism.

It started with a conference on December 8, 2008 at his institute in Berlin, entitled “concept of the enemy Muslim – concept of the enemy Jew.” The announcement itself drew clear parallels from the history of anti-Semitism in the 19th century and today’s situation for Muslims.

Well: who was attacked on 9/11? Who organizes conferences like “A World without Zionism” and denies the Holocaust? And who, by the way, organizes rallies in the heart of Berlin as well as in San Franciso, London or any other major city in the Western world in January 2009 screaming “Death to the Jews”, “Olmert is a son of a dog”, or “Hamas, Hamas, Jews to the Gas?”

Who gave some of the nastiest, most anti-Semitic and anti-American speeches at the United Nations in the last years at their General Assemblies in September? Are these examples proof for “Islamophobia?”

 

The analogy of anti-Semitism and “Islamophobia” is also the topic of another conference at an Academy in the city of Tutzing, south of Munich in Bavaria, on January 21-23, organized in collaboration with the “Moses Mendelssohn Center for European-Jewish Studies at the University of Potsdam (MMZ).” The announcement also compares the history of 19th century anti-Semitism with criticism of Islam. The flyer for this event mentions Heinrich von Treitschke, one of the most dangerous and influential anti-Semites ever. He coined the term “Die Juden sind unser Unglück” (“Jews are our Misfortune”), decades later a key term for the Nazi movement and Nazi Germany itself.

The Tutzing event draws a clear line from German pre-Nazi style anti-Semitism of Treitschke in the late 19th century to today’s criticism of Islamism, Islamic Jihad and Islamic Terrorism. Some participants are asked to talk about anti-Semitism, others about criticism of Islam. One participant is striking: a Dr. Mohammed Khallouk, representing the “General Council of German Muslims” (ZMD). He wrote in 2010 that some critics of Islamism like feminist, Muslim authors Necla Kelek or Seyran Ates just criticize Islam in order to prepare Muslims to convert to Christianity respective Judaism!

There can be no doubt, that this is an anti-Semitic (and anti-Christian) conspiracy theory. Kelek and Ates are known as intellectuals who are courageous when criticizing Islamism. Ates, formerly working as a lawyer, was almost shot dead several years ago. She survived and is well known for her books that urge Muslims to wake up to extremist realities.

Other panels of that Tutzing conference compare or equate debates about the building of synagogues in the 19th century with mosques projects today. This is, again, a denial of any specificity of the history of anti-Semitism. Judaism is not a big and imperialistic religion like Islam or Christianity, without forgetting that Christianity, contrary to Islam has had more than 200 years of enlightenment so far. Judaism did not spread terror and hatred and anti-democratic ideology when planning synagogues in Germany let’s say in 1893. Many Muslims today are known to support Hamas. In Germany many of them are serving Turkish-Islamist AKP-ideology, directly managed by the Turkish government. Such mosque projects are sometimes also financed by Saudi or other Arab sources and incorporate their anti-Western, anti-Israeli, and anti-Semitic ideology. This is all well known and analyzed. When scholars, politicians and activists today claim that criticism of Islam or Islamism reminds them of anti-Semitism, this is a distortion of history. It is also an obfuscation of the Holocaust – because 19th century German anti-Semitism led to the Shoah. If today’s criticism of Islam has similarities to 19th century Jew hatred, Muslims are a few years or decades away from a “Holocaust,” according to this relativist fashionable thought.

 

Finally, back to Prof. Benz, who is on the forefront of the equation of anti-Semitism and “Islamophobia,” and is silent about his own history. He is on the board of a “Yearbook on Islamophobia”, published in Austria. He received a Ph.D. in history in 1968 at the University of Munich under the auspices of Prof. Karl Bosl. Bosl was member of the Nazi party (NSDAP), the “Sturmabteilung” (SA), and was later paid by the “Schutzstaffel” (SS) in a scholarly project. On January 16 and 17, 1945, Bosl took part in the (probably) last conference of historians in Nazi Germany. This was a conference of the infamous “Aktion Ritterbusch,” a huge scholarly organization of Nazi historians. To underline their sympathy with the “Führer,” Adolf Hitler, this conference was held in Braunau am Inn, Hitler’s birthplace.

 

Bosl was also active in anti-Semitic circles after 1945. In 1964 he gave a talk at a revisionist conference of the “Witikobund,” equating the Holocaust with the expulsion of Germans from the East after the end of the Second World War. In 1990, three years before Bosl died, he gave a long biographical interview. Asked about his time during Nazi Germany, he said, “I was not at all involved.” Bosl was member of several academic organizations and is still honored worldwide. He was a member of the Medieval Academy of America (Cambridge/Mass.). In November 2008 the Bavarian city of Cham established a “Prof.-Dr.-Karl-Bosl-Place,” and in July 2009 the Bavarian association of Philologists for the fi rst time awarded their “Karl-Bosl Medal.”

 

Prof. Benz congratulated Bosl on his 80th birthday in 1988 by contributing to a volume in honor of Bosl. In 1990 Benz became head of the Center for Research on Antisemitism (ZfA). At an event in the city of Erlangen on March 21, 2010, Benz was asked what he thinks about Bosl’s Nazi legacy. Benz said: “Bosl was not a Nazi.”

 

 

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