Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)
Heute ist der 27. Januar, der Tag, an dem die Rote Armee 1945 die wenigen Überlebenden des KZ und Vernichtungslagers Auschwitz befreite. Alle Medien tun betroffen und bringen irgendwas mit Juden, KZs, Vergeben, Versöhung, Tränen und Blumen.
Doch wie wird mit deutscher Hilfe in anderen Ländern an die Shoah gedacht?
Folgende Beispiele sind Teil einer umfassenden investigativen Recherche des Journalisten Lev Golinkin, die er am 27. Januar 2021 im jüdischen Forward publizierte.
In der westukrainischen Stadt L’viv wurde 2007 ein Monument zum Gedenken an Stepan Bandera eingeweiht, dem antisemitischen Nazi-Kollaborateur und Anführer der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B). Man kann ein Bild der Einweihungszeremonie hier sehen, rechts ist ein Denkmal für Bandera in der Stadt Ivano-Frankivsk abgebildet:
In der Stadt Zhovkva gab es 1941 auf einem Tor die Aufschrift “Heil Hitler” und “Glory to Bandera” (auf ukrainisch):
Golinkin führt eine riesige Zahl von Orten auf, die eine Straße, einen Platz oder Monument haben, die nach Bandera benannt sind:
- joint monuments to him and Roman Shukhevych in Cherkasy, Horishniy, Pochaiv, Rudky and Zaviy;
- a monument to him, Shukhevych and other OUN leaders in Morshyn;
- a monument to him and his father in Pidpechery;
- a plaque and monument in Lutsk;
- a bas-relief, monument and museum in Dubliany;
- a plaque, monument and museum (with bust) in Stryi;
- a plaque, street and monument in Zdolbuniv;
- monuments in Berezhany, Boryslav, Buchach, Chervonohrad, Chortkiv, Drohobych, Dubno, Hordynya, Horodenka, Hrabivka (Ivano-Frankivsk Raion), Kalush, Kamianka-Buzka, Kolomiya, Kozivka, Kremenets, Krushel’nytsya, Kyiv, L’viv, (and a plaque), Mlyniv,Mostyska, Mykolaiv (L’viv Oblast), Mykytyntsi, Nyzhnye (Sambir Raion), Pidvolochysk, Romanivka, Sambir, Skole, Sniatyn, Staryi Sambir, Seredniy Bereziv, Sokal, Sosnivka, Strusiv, Tatariv, Terebovlia, Truskavets, Turka, Uzyn, Velyki Mosty, Verbiv (Narayiv Hromada), Zahirochka and Zalishchyky;
- a plaque and street in Sniatyn and Zhytomyr;
- plaques in Ivano-Frankivsk, Khmelnytskyi and Rivne;
- museums in Staryi Uhryniv (with a statue and memorial plaque) and Volya-Zaderevatska (with a bust and bas-relief);
- a park in Kamianka-Buzka;
- a street in Dnipro; and a school in Dobromyl.
Im Oktober 2022 hat die Redaktion des Forward die Benennung einer Straße nach Stepan Bandera in den Städten Dnipro und Tatariv hinzugefügt. Es gehört also zur ukrainischen Kriegspolitik, auch heute Straßen nach Nazi-Kollaborateuren zu benennen.
Jaroslav Stetsko schrieb am 9. Juli 1941 in einem Lebenslauf:
Ich unterstütze daher die Vernichtung der Juden und die Zweckmäßigkeit, deutsche Methoden der Judenvernichtung in die Ukraine zu bringen, unter Ausschluss ihrer Assimilation und dergleichen.
[I therefore support the destruction of the Jews and the expedience of bringing German methods of exterminating Jewry to Ukraine, barring their assimilation and the like.]
Darauf weist ein wissenschaftlicher Artikel in den Harvard Ukrainian Studies im Jahr 1999 hin.
Es gibt unter anderem in den Städten Stryi und Velykyi Hlybochok in der Ukraine Statuen zu Ehren Stetskos.
Es ist kein Zufall, dass die USA so obsessiv und fanatisch die Ukraine unterstützen, der Antikommunismus ist in den USA eine Art Staatsreligion. Hier sieht man den damaligen US-Vizepräsidenten George W. H. Bush (1924-2018) mit Jaroslav Stetsko im Jahr 1983:
Dmytro Paliiv (1896–1944), SS-Hauptsturmführer der 14. Waffen-Grenadier Division (1. SS Division Galizien). Ein Kritiker und ehemaliger Soldat der Roten Armee, der sich gegen die Benennung einer Straße nach dem SS-Mann Paliiv in Kalush unweit von Lviv aussprach, bekam 2017 Morddrohungen.
Die OUN-M, benannt nach Andryi Melnyk, feierte in einer ihrer Postillen das größte Massaker im Holocaust, den Mord an 33.000 Juden in Babi Yar am 29. und 30. September 1941 in der Nähe von Kiew. In Volya Yakubova gibt es ein Monument für Melnyk:
Am 1. August 1941 begrüßte der Bürgermeister von L’viv den Generalgouverneur Hans Frank, einen ganz typischen deutschen Juristen aus Karlsruhe, der frühzeitig NSDAP-Mitglied wurde und 1946 für seine Verbrechen gehängt wurde. Yuri Polyanskiy lebte bis 1986 und wird bis heute in der Ukraine verehrt wie mit solchen Plaketten, unten rechts zu sehen:
Lev Golinkin und der jüdische Forward bringen noch Dutzende weitere Beispiele, wie heute Holocausttäter in der Ukraine gefeiert und geehrt werden.
Das ist das Land, dem Deutschland jetzt 14 Kampfpanzer Leopard 2 schenken wird.
Deutschland ist wieder im “Krieg gegen Russland”, wie es die Außenministerin diese Woche auf Englisch sagte.
Ganz offenkundig möchte Deutschland dafür sorgen, dass diese unzähligen Straßen, Monumente, Plaketten und so weiter, die nach SS-Männern, antisemitisch-ukrainischen Ideologen und Massenmördern benannt sind, geschützt werden.
Natürlich ist in Kiew die Enttäuschung groß, dass es wieder keine Atombomben aus Deutschland gibt, wie Friedrich Küppersbusch völlig zurecht moniert:
Wieder keine Atombombe für die Ukraine aus Deutschland. Der Grund: Seit fast 80 Jahren zögern und zaudern deutsche Reichskanzler.
Deutschland kämpft mit allen Mitteln dafür, dass die Ukraine so bleibt, wie sie ist und weiter Straßen, Denkmäler oder Plätze nach Antisemiten, Nationalisten und Holocausttätern benennen kann, wie im Herbst 2022 in Dnipro.
Das ist Deutschland am 27. Januar 2023.