Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Antisemitismus Seite 12 von 13

Flanierend die Verbrechen des Nationalsozialismus goutieren

Die WELT huldigt der „Topographie des Terrors“
und propagiert Antikommunismus

 

Ein Text zur Erinnerung an Käthe („Katja“) Niederkirchner (07.10.1909 – 28.09.1944)

 

„Also wird es wohl heute abend passieren. Ich hätte doch so gern die neue Zeit erlebt. Es ist so schwer, kurz vorher gehen zu müssen. Lebt alle wohl. …“

 

(„Diese Worte schrieb Käthe Niederkirchner …  in ihren letzten Kassibern aus dem Bunker im KZ Ravensbrück.“)

Quelle: https://www.gdw-berlin.de/typo3temp/_processed_/csm_4462x_cbdd8186ac.jpg

 

In einem Text, der sich vorgeblich mit der „Topographie des Terrors“ in Berlin beschäftigt, einem Gedenkort an die Täter des Nationalsozialismus (am Beispiel der Gestapo-Zentrale, des Reichsführers SS und des Reichssicherheitshauptamt, RSHA), heißt es:

 „Mit der Eröffnung des Dokumentationszentrums der Berliner Stiftung Topographie des Terrors bin ich zu einem Flaneur in der Welt des Totalitären geworden. Fast jede Woche zieht es mich zu einer der regelmäßigen Abendveranstaltungen in den nahe gelegenen Neubau der Architektin Ursula Wilms, der wie eine große Ritter Sport auf dem Gelände liegt: quadratisch, praktisch, grau. In den zwei Jahren seines Bestehens habe ich hier mehr über den Nationalsozialismus gelernt als in den vierzig Jahren, seit denen er kein Schulstoff mehr für mich ist. Im Wochenrhythmus flaniere ich mit offenen Ohren und manchmal, wenn es Lichtbilder oder Filme gibt, auch mit offenen Augen durch eine Welt der Verbrechen gegen die Menschheit, die ich aus immer neuem Blickwinkeln kennenlerne.“

Dieser Text aus der Tageszeitung DIE WELT vom 4. Juli 2012 von Rainer Bieling ist in vielfacher Hinsicht bemerkenswert. Das eventzentrierte Geschwätz sowie das lifestylemäßige Kokettieren des promovierten Philosophen, ja die Internalisierung von Werbeimperativen bei der Darstellung eines Gedenkortes des Nationalsozialismus und des Holocaust wird durch den Ausdruck „Flaneur in der Welt des Totalitären“ noch verschärft.

Vom Jargon des Totalitarismus, der Leugnung der Einzigartigkeit des Holocaust, hin zum Zeitgeist der Werbeindustrie ist es nicht weit. Ein Flaneur schlendert und genießt und der Autor schreibt tatsächlich, als ob er Spaß dabei hätte, im „Wochenrhythmus“ das „Verbrechen gegen die Menschheit“ „aus immer neue[n] Blickwinkeln“ kennenzulernen. Bieling weiter:

„Das Team der Topographie ist ausgesprochen rührig und vermag dem Schrecken ständig neue Facetten abzugewinnen.“

Als ob es was Tolles oder Spannendes sei, dem „Schrecken ständig neue Facetten abzugewinnen.“

Doch der Kern des Artikels liegt wo anders. Holocausterinnerung als Event ist nur der Rahmen für eine andere Attacke. Die letzten Jahre sind durch ein Revival der Thesen Ernst Noltes von 1974 bzw. 1986 gekennzeichnet, nachdem die Shoah nicht einzigartig und nicht präzedenzlos war. Was für Nolte die „asiatische Tat“ war und dann ab 1986 zum Historikerstreit führte, den damals noch Jürgen Habermas, Hans-Ulrich Wehler und Richard Evans gewinnen konnten, ist heute für preisgekrönte Bestsellerautoren wie Timothy Snyder aus Yale („Bloodlands“ heißt sein Buch) die Hungersnot in der Ukraine 1932/33 und andere Ereignisse oder für den Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin Jörg Baberowski die „Verbrannte Erde“, womit er gerade nicht die Verbrechen der Wehrmacht und der Deutschen sondern jene Stalins meint.

Es gibt zudem viele Millionen Deutsche, die die ach so „schönen Seiten des Nationalsozialismus“ suchen (Familienpolitik, Autobahnen etc.) wie die ehemalige Tagesschau-Sprecherin Eva Herman oder die Historikerin Christiane Eisenberg, die von der Olympiade 1936 schwärmt.

Seit einigen Jahren ist darüber hinaus ein erneuter, aggressiver Diskurs zu beobachten, der die Deutschen als Opfer sieht, wahlweise von Vertreibung, Bombenkrieg oder den Nazis, die keine ganz normalen Deutschen gewesen sein sollen.

Der Text von Bieling hat Anflüge von unfreiwilliger Komik, wenn er schreibt – völlig ernsthaft:

„Mit Stolz nehmen wir zur Kenntnis, dass unsere Erinnerungsarbeit im Ausland genauso geschätzt wird wie deutsche Wertarbeit.“

Diese vor Überheblichkeit und einem Erinnerungsnationalismus nur so triefenden Sätze und Auslassungen sind jedoch wiederum nur die Ouvertüre für den Kern des Textes.

Welcher historische Hintergrund wird in der WELT nicht thematisiert?

Ein Aspekt des Zweiten Weltkriegs war der Einsatz von besonders mutigen und entschlossenen Anti-Nazis, Antifaschisten oder Kommunisten, die mit Fallschirmen hinter der Front absprangen um in Deutschland, dem nationalsozialistischen Kernland inklusive Österreich, Aufklärungs- oder Sabotageoperationen durchzuführen. Dazu gab es ein Abkommen zwischen dem Special Operations Executive (SOE), einer britischen Einrichtung, die dem Ministry of Economic Warfare unterstand, und dem sowjetischen Geheimdienst NKWD. Der Historiker Hans Schafranek berichtete 1996 darüber:

 „Am 30. September 1941 unterzeichneten nach mehrwöchigen Beratungen der NKWD-General B. Nikolajew und – als Vertreter der SOE – Oberstleutnant D.R. Guinness in Moskau ein Geheimabkommen, das als Basis für eine Zusammenarbeit der beiden Organisationen bei der Unterstützung von Sabotage- und Subversionstätigkeit in Deutschland und den von den Nazis besetzten europäischen Ländern dienen sollte.“[i]

Diese Aktionen liefen unter dem Tarnnamen „Pickaxe“. Das Duo Käthe (genannt Katja) Niederkirchner und Theo Winter wurde am 6. Oktober 1943 auf die Reise geschickt, über Polen sprangen die beiden ab. Am nächsten Tag wurde Niederkirchner im Zug nach Berlin von den Deutschen gefasst. Das Tragische ist: Wie Schafranek berichtet, war die Vorbereitung nicht nur dieses Einsatzes mehr als fragwürdig. Die sowjetischen Behörden arbeiteten sehr unprofessionell. Winter war der Schwiegersohn des KPD-Vorsitzenden Wilhelm Pieck, letzterer hatte sich schon vor der Abreise der beiden bei den sowjetischen Behörden massiv beschwert:

„[Pieck] sah sich veranlaßt, den Direktor des NII Nr. 100 bzw. dessen Beauftragten mit der Binsenweisheit zu konfrontieren, die ‚auf qualif. Handelsangestellte einer Handelsfirma im Osten‘ laufenden Papiere müßten mit der Ausrüstung korrespondieren, ‚sonst fällt es auf‘. Theo Winter mußte zunächst mit einem russischen Anzug von schlechter Qualität vorliebnehmen, ‚erst auf Protest‘ wurde ein Maßanzug in Aussicht gestellt. Katja Niederkirchners Handtasche war nicht zu gebrauchen (‚schlechte Ausschußtasche, entzwei‘). Eine andere sei nicht vorhanden, hatte man ihr kühl erklärt. Dasselbe Problem beim Rucksack bzw. Koffer, was Morosow zu der schnoddrigen Bemerkung veranlaßte: ‚fahren doch nicht an einen Kurort‘. Es haperte buchstäblich an allem (…). Pieck forderte die Absetzung Zulikows, für dessen Verhalten er harte Worte fand: ‚bürokratisch‘, ‚verletzend‘, ‚unkameradschaftlich‘, ‚bösartig‘. Mit welchen Gefühlen mochten wohl die beiden Fallschirmagenten Moskau verlassen haben?“[ii]

Seien es Schludrigkeit, Überforderung oder doch eher stalinistische Tendenzen in Moskau, die deutsche Kommunisten womöglich besonders mies und hinterhältig trafen: offenbar war schon die Vorbereitung dieser Fallschirmaktion alles andere als erfolgversprechend. Katja Niederkirchner wurde kurz nach ihrem Absprung über Polen in einem Zug nach Berlin verhaftet, von der Gestapo verhört und gefoltert und am 28. September 1944 im KZ Ravensbrück von der SS erschossen.

Was macht nun die Tageszeitung Die WELT daraus? Rainer Bieling schreibt:

 „Das erste, das die Topographie des Terrors erkennen könnte, ist, dass sie eine falsche Adresse hat. Die Gestapo, auf deren Hausnummer 8 sie sich bezieht, lag in der Prinz-Albrecht-Straße. Nach dem Sieg über Sozial- und alle anderen Demokraten benannte die DDR-Führung die Straße nach einer Märtyrerin um, die ihr Leben der Diktatur geopfert hatte. Sie hieß Käthe Niederkirchner und war eine so fanatische Kommunistin, dass sie aus dem sicheren Exil in Moskau heraus hinter den feindlichen Linien über Polen mit dem Fallschirm absprang, um durch Untergrundarbeit der Roten Armee den Weg nach Berlin zu bahnen. Dafür bezahlte sie mit dem Leben; die Gruppe Ulbricht revanchierte sich, als sie schon Staat geworden war, 1951 mit der Umbenennung der Prinz-Albrecht-Straße in Niederkirchnerstraße.“

Wer sich die Niederkirchnerstraße in Berlin-Mitte anschaut sieht drei Straßenschilder, doch keines erwähnt die Geschichte der Käthe Niederkirchner. Ihr Mut und ihr kommunistisches und antifaschistisches Kämpfen werden also ohnehin verleugnet.

 

Doch das reicht der Springerpresse wohl nicht, denn Katja Niederkirchner war KPD-Mitglied, wurde in der DDR geehrt und das geht zu weit. Die Straßenschilder die an dieser Stelle dominieren sind der „Mauerweg“ (der die ganze Stadt durchzieht mit einer ungeheuren Penetranz), der unweit entfernt liegende „Checkpoint Charlie“ (ein relativ harmloser Grenzübergang zu DDR-Zeiten, kein Ort von Massakern oder präzedenzlosen Menschheitsverbrechen) und die Topographie des Terrors.

Für Bieling war Käthe Niederkirchner eine „fanatische Kommunistin“. Fanatisch, weil sie gegen den Nationalsozialismus kämpfte? Fanatisch weil sie eine Antifaschistin war, die ihr zumindest vor den Deutschen recht sicheres Exil in Moskau freiwillig aufgab um eine äußerst gefährliche militärische Aktion gegen die elenden Nazis zu unternehmen? Was der Autor unter „fanatisch“ versteht, erläutert er nicht.

Wer das Gelände der Topographie des Terrors in Berlin im Jahr 2012 kennt,

 

 

weiß dass das alles bestimmende Stück Architektur an diesem Platz ein längerer Mauerrest ist. Schon hier findet in der Draufsicht des schnelllebigen Touristenhypes eine groteske Gleichsetzung von Holocaust und Nationalsozialismus mit der DDR statt, so als ob es auch nur im aller entferntesten eine Verbindung vom Zweitem Weltkrieg, Holocaust und der DDR und dieser Mauer geben würde. Es gibt eine exzessive Mauer-Erinnerung an unzähligen anderen Stellen der Hauptstadt, monumental wie an der East Side Gallery in Friedrichshain, an der Bernauer Straße, am Potsdamer Platz etc. Doch das ist nicht verwunderlich, der Antitotalitarismus ist Staatsideologie, bereits seit den 1950er Jahren in der BRD. Wie die Forschung der letzten Jahre zeigte, führte der obsessive Antikommunismus dazu, dass der amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower die Muslimbrüder, repräsentiert von Said Ramadan 1953 im Weißen Haus begrüßte und Ramadan in Princeton auf einer großen Konferenz den Islamismus der Muslimbrüder willkommen hieß; im Kampf gegen den Feind Kommunismus kuschelte man seit den 1950er Jahren mit den übelsten Kräften, wie der Publiziert Ian Johnson und der Historiker Stefan Meining in den letzten Jahren analysierten. In den 1950er Jahren begann dann auch der organisierte Islamismus in der BRD seinen Lauf, mit staatlicher Hilfe. Alte Nazis waren begeistert und halfen mit, waren doch einige Muslime früher SS-Imame und kämpften für Hitler und die Deutschen.

Ein Bundespräsident wie jener ostdeutsche Pfarrer vom 18. März 2012, der die Einzigartigkeit der Shoah leugnet und behauptet in Kambodscha würde man die Geschichte sicher anders sehen, steht für die Tendenz der Banalisierung des Holocaust und einer Erinnerungsabwehr qua obsessivem Vergleich. Das „Schwarzbuch des Kommunismus“ wurde 1998 in Deutschland begeistert rezipiert, von taz bis zum äußersten rechten Rand – natürlich Joachim Gauck als Co-Autor mittendrin – waren alle euphorisch ob soviel Holocaustverharmlosung und Antikommunismus.

Bieling würde vermutlich nicht die Umbenennung der Straße fordern, wäre sie nach einem nicht-kommunistischen britischen Agenten benannt. Denn weniger ein antibritischer Affekt als vielmehr der Antikommunismus wurde seit dem Ende des Nationalsozialismus zum zentralen Element der politischen Kultur in der Bundesrepublik und im Westen. Bei der Springerpresse wird allerdings auch das Ressentiment gegen England und die Royal Air Force (RAF) nicht erst seit der Agitation von BILD und Jörg Friedrich („Der Brand“) gepflegt. Es erfuhr einen neuen Höhepunkt durch einen Text in der WELT vom 28. Juni 2012. Der Autor, Thomas Kielinger, ärgerte sich mit Schaum vor dem Mund über das neue Denkmal in London zu Ehren der mutigen britischen Kampfpiloten im Zweiten Weltkrieg und den Leiter des Planungsstabes Sir Arthur Harris. Die Deutschen werden von der WELT als arme Opfer dargestellt, die von bösen Piloten (jeder dritte englische Pilot wurde von den Deutschen abgeschossen) angegriffen worden seien.

Manche Deutschen wie Bieling geben sich auch als pro-israelisch und islamkritisch, doch im Kern sind sie vor allem eines: stolze Deutsche mit einem Faible für Antikommunismus, intellektuelle Kritik auch am Westen und nicht nur am fürchterlichen Realsozialismus wird attackiert und diffamiert. Noch die kleinste Erinnerung an Antifaschisten soll aus den Städtebildern ausgelöscht, dafür die Mauer in Berlin mit Treblinka – „in effect, if not intent,“ wie man in USA sagen würde – in eine Reihe gestellt werden. Wer sich je wissenschaftlich mit der Debatte um die „uniqueness of the Holocaust“ befasst hat, weiß ob der Absurdität dieser Vergleicherei und Gleichsetzung von rot und braun.

Die Alt-Yuppie-Sprache eines Bieling, der die Cleverness der Waldenbuchener Schokoladenfirma mit der ‚siegreichen‘ deutschen Erinnerung in eins bringt, sich an jenem Ort in Berlin ‚gern‘ die Geschichte der Judenmordes oder der antikommunistischen Agitation erzählen lässt und offenbar noch genussvoller die Trivialisierung der Geschichte der Shoah goutiert und von einer „Welt des Totalitären“ fabuliert um nicht von der Präzedenzlosigkeit von Auschwitz reden zu müssen, steht nicht nur für die intellektuelle Anspruchslosigkeit des Springer-Konzerns. Nein, hier kommt Deutschland im Jahr 2012 ganz zu sich selbst; „Von Deutschland lernen heißt, erinnern lernen“ ist dieser Artikel tatsächlich überschrieben (inklusive falschem Komma). Und diese deutsche Herrenmentalität spricht aus jeder Pore des Elaborats.

Empathielosigkeit gekoppelt mit Überheblichkeit und einem gewaltigen Schuss Hass auf eine von Deutschen 1944 ermordete Antifaschistin sind die Indikatoren des neuen nationalen Apriori, knapp 14 Jahre nach Walsers Paulskirchenrede und sechs Jahre nach 2006.

 


[i] Hans Schafranek (1996): Im Hinterland des Feindes: Sowjetische Fallschirmagenten im Deutschen Reich 1942–1944, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): Jahrbuch 1996, Wien: DÖW, 10–40, 24.

[ii] Schafranek 1996, 23f.

The German city of Frankfurt awards the “Professor of Parody” and hatred of Israel: Judith Butler

By Clemens Heni

(updated August 28, 2012)

On June 1, 2012, it was announced that Judith Butler will be awarded the Theodor-W.-Adorno-Prize of the city of Frankfurt, Germany, on September 11, 2012. September 11 is the birthday of Adorno, though, today we associate 9/11 with that date, particularly when it comes to scholars like Butler. She is “Maxine Elliot Professor in the Departments of Rhetoric and Comparative Literature and the Co-director of the Program of Critical Theory at the University of California, Berkeley.”[1] The prize (50,000 Euro) is named after philosopher Theodor W. Adorno (1903–1969), a co-founder of Critical Theory in the 1930s, who fled National Socialism in 1934 and was in exile in the United States since 1938 until he returned to Frankfurt. His father was Jewish. The Adorno-Prize is awarded every three years only.[2] While Adorno fled the German boycott of Jews, Butler is known for endorsing the boycott of the Jewish state of Israel.

 

The core problem is that Israel is not accepted as a Jewish state by many leftist, Islamist, neo-Nazi and other antisemites. It is particularly important to focus on Jewish anti-Zionists because neo-Nazi, leftist and Islamist activists and authors often refer to them and Jewish anti-Zionists give hatred of Israel a kind of kosher stamp.

Many scholars are obsessed with the only diverse society in the Middle East, the only democracy and the only safe haven for Arab and Muslim homosexuals, for example: Israel.

It is important to focus on the Jewish character of Israel. Some anti-Zionists claim that they are not anti-Israel, because they like Israel but reject the Jewish character of the state. A bi-national state as envisioned by Martin Buber or Hannah Arendt is still seen as an option by those anti-Zionist activists. The exodus of almost one million Jews from Arab and Muslim countries since 1948 indicates what would happen if Jews no longer comprised the majority in their own country. Everyone can see that scholars like Judith Butler single out Israel and equate Israel with South African apartheid, while they are silent about the really violent and oppressive, antidemocratic countries in the Middle East, like Saudi Arabia, Iran (the Iranian threat!), Syria, Turkey, Egypt, among many others.

 

In 2009 in her book Frames of War Judith Butler equates the criticism of Adorno and Horkheimer in their Dialectics of Enlightenment with US policies in the War on Terror.

“The legal move by which the US claimed that prisoners at Camp Delta were not entitled to protection under the Geneva Conventions is one that institutes the expectation that those prisoners are less than human. They are considered enemies of the state, but they are also not conceptualizable in terms of the civilizational and racial norms by which the human is constituted. In this sense, their status as less than human is not only presupposed by the torture, but reinstated by it. And here we have to see – as Adorno cautioned us – that violence in the name of civilization reveals its own barbarism, even as it ‘justifies’ its own violence by presuming the barbaric subhumanity of the other against whom that violence is waged.”[3]

Adorno and Horkheimer wrote their book in defense of the West and as an attack on Nazi Germany. They applied a Dialectic of Enlightenment, while Butler equates the West and America with National Socialism and the Holocaust when she refers to that study. Despite all their shortcomings, Adorno and Horkheimer already focused on antisemitism. They were completely shocked and paralyzed by the Holocaust; they had a specific chapter on antisemitism, along with other chapters on modern rationality, Greek mythos, and modern capitalist and technical society. A close colleague and friend of Adorno and Horkheimer, Herbert Marcuse, worked for the Office of Strategic Services (OSS) after 1943 – supporting the US in its war against Nazi Germany.

For Butler, the “Professor of Parody” as philosopher and feminist Martha Nussbaum from the University of Chicago has criticized her,[4] post-9/11-warfare of the US is the same as the war of Nazi Germany against the Jews. In this completely distorted and absurd world of fantasy, jihadists are implicitly portrayed as the Jews of today. In 2011 Butler was published in a volume alongside with Jürgen Habermas, Charles Taylor, and Cornel West. Editors Eduardo Mendieta and Jonathan Vanantwerpen aggressively support Butler’s stand against Harvard President Lawrence Summers and his criticism of the anti-Israel boycott and academic antisemitism.[5] Butler herself[6] attacks Israel[7] and the entire Zionist project, based on Hannah Arendt,[8] Martin Buber and Edward Said and his claim that Palestinians and Jews share a history of displacement.[9] Butler portrays herself as a girl walking in the footsteps of Arendt and Buber:

“I’d like to turn now, briefly, to thinking about Hannah Arendt, Jewish to be sure, but someone whose political views made many people doubt the authenticity of her Jewishness. Indeed, as a result of her salient criticisms of political Zionism and the state of Israel in 1944, ’48, and ’62, her claim to belong to the Jewish people was severely challenged, most famously by Gershom Scholem. Scholem quickly embraced a conception of political Zionism, whereas Martin Buber in the teens and twenties actively and publicly defended a spiritual and cultural Zionism that, in his early view, would become ‘perverted’ if it assumed the form of a political state. By the 1940s, Arendt, Buber, and Nudah Magnes argued in favor of a binational state, proposing a federation in which Jews and Arabs would maintain their respective cultural autonomy; of course, there are other versions of binationalism that do not presume the monolithic cultural integrity of ‘two peoples’ as Buber did, and I hope to gesture toward that at the end of my remarks. It is worth noting as well that Franz Rosenzweig also elaborated a diasporic opposition to Zionism in his The Star of Redemption, in which he argues that Judaism is fundamentally bound up with waiting and wandering but not with the claim of territory.”[10]

Butler prefers a “cultural Zionism” even after the Holocaust, while Buber developed that concept, how bad or mistaken it might have been, between 1910 and 1930, before the Shoah. Buber could also not anticipate genocidal threats from Iran or Arab countries; Butler knows them, but ignores or affirms Iranian, Arab and Muslim Jew-hatred.

 

It is remarkable (though not astonishing in the case of the German) that Habermas and Taylor join such an outstanding voice like that of Butler, who literally aims at organizations like “AIPAC,”[11] and Jewish support for Israel in the US and abroad.

 

In a very important statement on September 17, 2002, President of Harvard University, Lawrence Summers, criticized antisemitism among academics and said:

“I speak with you today not as President of the University but as a concerned member of our community about something that I never thought I would become seriously worried about — the issue of anti-Semitism. I am Jewish, identified but hardly devout. In my lifetime, anti-Semitism has been remote from my experience. My family all left Europe at the beginning of the 20th century. The Holocaust is for me a matter of history, not personal memory. To be sure, there were country clubs where I grew up that had few if any Jewish members, but not ones that included people I knew. My experience in college and graduate school, as a faculty member, as a government official – all involved little notice of my religion.”[12]

He was shocked about the growing antisemitism since 2001 in particular:

“Consider some of the global events of the last year: There have been synagogue burnings, physical assaults on Jews, or the painting of swastikas on Jewish memorials in every country in Europe. Observers in many countries have pointed to the worst outbreak of attacks against the Jews since the Second World War. Candidates who denied the significance of the Holocaust reached the runoff stage of elections for the nation’s highest office in France and Denmark. State-sponsored television stations in many nations of the world spew anti-Zionist propaganda. The United Nations-sponsored World Conference on Racism – while failing to mention human rights abuses in China, Rwanda, or any place in the Arab world – spoke of Israel’s policies prior to recent struggles under the Barak government as constituting ethnic cleansing and crimes against humanity. The NGO declaration at the same conference was even more virulent.”

Summers also noted that “it would have been inconceivable a generation or two ago that Harvard could have a Jewish President.” There is a long history of antisemitism on American campuses and at the Ivy League in particular, as historian Stephen Norwood has shown.[13]

In a response to Lawrence, who did not mention specific scholars by name, Judith Butler ran riot and wrote a piece in 2003:

“When the president of Harvard University declared that to criticise Israel at this time and to call on universities to divest from Israel are ‘actions that are anti-semitic in their effect, if not their intent’, he introduced a distinction between effective and intentional anti-semitism that is controversial at best. The counter-charge has been that in making his statement, Summers has struck a blow against academic freedom, in effect, if not in intent.“[14]

Criticism of antisemitism is called “a blow against academic freedom” while in fact Judith Butler is against academic freedom, when it comes to criticism of antisemitism. One could argue with Freud that Butler projects her own lust of restricting academic freedom onto others. Butler signed an “Open Letter from American Jews” although it was not anti-Israel enough for her, because it did not call for “the end of Zionism.” Did she ever call for “the end of Saudi-Arabian Wahhabi rule”? Did she ever call for “end the misogynistic policies of the Taliban in Afghanistan”? Did she ever call for the end of airing pro-Holocaust statements on Egypt or Al-Jazeera TV from Qatar? Did she ever call to stop publishing antisemitic cartoons in Arab, state sponsored newspapers, like in Syria, Egypt, or Iraq? Did she ever call to stop the hanging of homosexuals in the Islamic Republic of Iran? Did she ever call on German firms to stop their trade with Islamofascist regimes like in Iran, or did she ever call to stop German trade with Arab dictators like Saddam Hussein, who in March 1988 killed some 5000 Kurdish Iraqis with German lethal gas in the city of Halabja? Did she ever call to halt the persecution of non-believers and critics of Islam in Muslim countries from Morocco to Indonesia?

 

In 2006 philosopher Elhanan Yakira initiated a vibrant debate in Israel about post-Zionism, anti-Zionism and antisemitic academics. His study was published in English in 2010 and is a seminal work for scholars, students and the public who want to understand how anti-Israeli propaganda works. For example, he criticizes Judith Butler and her above-quoted article from 2003, where the Californian activist wrote that some “95,000 Palestinians” will be “homeless” thanks to the anti-terror fence. Yakira gives the context:

“In fact, very few, if any, Palestinians have been made ‘homeless’ by the construction of the security barrier, and only a small part of it is actually a wall. It is true that some Arabs have lost part of their land (not their homes). However, Israelis also have lost something: an unknowable number of them have lost the privilege of being killed by infiltrating Palestinian resistance fighters. In areas where the barrier is complete, suicide bombing and other attacks on Israeli civilians – in buses, restaurants, discothèques, and shops – have virtually stopped. Given the fact that Butler’s article was written at the height of the suicide-bombing campaign, it is hard to avoid the suspicion that she is not, after all, immune to the kind of affectivity [Serge] Thion [a close ally of French Holocaust denier Robert Faurisson] exhibits toward Israel and Israelis.”[15]

Judith Butler is a long-time supporter of boycotts of Israel. Before the BDS (Boycott Divestment Sanctions) movement was launched by Palestinians in 2005 she was already singling out the Jewish state. In March 2011 she spoke at the “Israel Apartheid Week” in Toronto.[16] While Blacks in South Africa Apartheid could not vote, for example, Arabs and Muslims can vote in Israel. The defamation of Israel as apartheid is not just antisemitic because it spreads lies about Jews and throws oil on the Arab, Muslim and Iranian hatred of Jews and Israel. It is also a distortion of South African racism and real apartheid. Germany, though, is a hotbed for anti-Zionist Jews.

There is a committee, consisting of ten members, who decided to award Butler this prize, headed by the major of Frankfurt, Petra Roth (from the conservative Christian Democratic Union, CDU). Among those who should best know about antisemitism, one might think, is Axel Honneth, himself professor at Frankfurt University and head of the Institute for Social Research in Frankfurt, the very same institution founded by Horkheimer and others and joined by Adorno. Adorno and Horkheimer were lucky and could flee Nazi antisemitism and the Holocaust. They witnessed boycotts of Jews and Jewish firms while being in exile, out of reach of the Nazis and Germans. To award a prize to a scholar who is in favor of boycotting Jews and Israelis is a slap in the face of Adorno. Contrary to Butler, Adorno was an intellectual and a scholar who preferred theory and criticism to anti-Jewish activities like Israel Apartheid weeks.

 

German professor Micha Brumlik gives Butler his Jewish kosher stamp.[19] He is known for doing so for anti-Zionist antisemitism. He is against obvious antisemitism like that of Hamas, but he is in favor of Jewish anti-Zionism. He even equated Butler’s pro-Hezballah and pro-Hamas stand with supposedly or indeed problematic paragraphs from philosopher Adorno about jazz. Therefore criticism of music is the same as hatred of Jews and incitement to genocide from Hamas. I learned that this is mainstream in Germany; after I alerted professor Honneth to Butler’s antisemitism he replied that this is rather respectable “criticism of Israel” and he referred to Brumlik’s article.

 

It may not be true and it may not be possible that one of the leading anti-Israel voices of the world, Judith Butler, who wants to destroy the Jewish character of Israel by allowing the return of Palestinian “refugees” from 1948, and who opposes philosophically the Jewish character of Israel with reference to Hannah Arendt and Martin Buber, will be awarded the Adorno Prize of the city of Frankfurt. Butler is among the most aggressive critics of “Campus-Watch,”[20] an institution of the Middle East Forum (MEF), established in 2002.[21] As quoted, in a book of hers in 2009, Butler even equates, like another highly fashionable philosopher of our time, Italian Giorgio Agamben, US policies during the War on Terror with Nazi policies and concentration camps. “The other” is the jihadist, seen as victim of America and not as mass murderer. “The other” is the Islamist and he is seen as the Jew of today. More delusion is hardly possible.

Brumlik, though, the German professor of pedagogy, refers to above quoted article of Butler from 2011 (“Is Judaism Zionism”) and likes it very much. American scholar Russell Berman, an expert on Germany, the left, Critical Theory, antisemitism and anti-Western ideology, puts Butler’s ideology in a nutshell – this analysis fits for most liberal and left-wing anti-Zionists, worldwide:

“It is as if for Butler a concern with anti-Semitism anywhere, and, in particular, in the academy were, in her view, incompatible with any criticism of Israel. Yet that absurd presumption is undermined by Butler’s own prose: for she too, despite herself, has to come to grips with anti-Semitism in the academy and not – this would be the easy case – with Nazi flag-wavers or right-wing populists – but in the very core of her chosen political community, the academic anti-Zionist movement.”[22]

The city of Frankfurt has to rethink its decision to award Judith Butler. Antisemitism should not be rewarded in Germany again. Too many anti-Israel scholars and activists already have been honored, tenured, or given prizes. This has to stop and serious research on antisemitism, particularly on anti-Zionist antisemitism and Islamism, has to be supported.

 

In 2007 Lawrence Summers repeated his criticism of academic and mostly left-wing and liberal antisemitism in an interview he gave to the prestigious Podcast Series “Voices on Antisemitism” of the United States Holocaust Memorial:[23]

“I found it shocking and deeply troubling that a substantial group of faculty members at major universities would propose seriously, and indeed seek to pressure, for universities like Harvard to sell, to divest, any stock, any company that did any business with Israel. It seemed to me that such a boycott that singled out Israel was profoundly misguided. And so I raised the question of whether this action, because of its singling out of Israel, was antisemitic in its effect if not necessarily in its intent.“

He has probably Judith Butler’s attack on him in mind, when he concludes:

“I think the magnitude of the reaction I got was not something I fully anticipated. I had the reaction that, if people had felt so inhibited from speaking on these issues that they praised my courage, that there must be a larger problem around these issues on university campuses than I had previously supposed. I think it might have been a more difficult decision if I had known just how much attention those remarks would generate, but while it would have been a more difficult decision, I think I would have been even more convinced of the importance of speaking out in the way that I did.”

The President of the leading University of the world spoke out against academic antisemitism as early as 2002. In 2012 German academics and politicians still do not understand what anti-Zionism means or they affirm hatred of the Jewish state of Israel. It is not acceptable to call Israel an apartheid state, as Butler does, and it is not acceptable to boycott Israel, as Butler propagates. Adorno told us that antisemitism has to be fought and not to be awarded!

 

Dr. Clemens Heni is a political scientist and the founding Director of the Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) http://bicsa.org/ . 2008/2009 he was a Post-Doctoral researcher at Yale University. He published three books on antisemitism so far, including his study Schadenfreude. Islamic Studies and Antisemitism in Germany after 9/11 (410 pages, in German, 2011). He can be reached at c.heni@gmx.de

 



[1] http://rhetoric.berkeley.edu/people.php?page_id=1056&p=54 (visited June 6, 2012).

[2] http://www.kulturpreise.de/web/preise_info.php?preisd_id=495 (visited June 6, 2012); “Judith Butler erhält den Theodor-W.-Adorno-Preis,“ http://www.focus.de/kultur/buecher/
literatur-judith-butler-erhaelt-den-theodor-w-adorno-preis_aid_760909.html (visited June 6, 2012); “Theodor-W.-Adorno-Preis an Judith Butler,“ http://www.hr-online.de/website/
rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=72824&key=standard_document_44944250 (visited June 6, 2012).

[3] Judith Butler (2009): Frames of War. When is Life Grievable, London/New York: Verso, 93.

[4] Martha Nussbaum (1999): Professor of Parody, February 22, 1999, The New Republic, http://www.akad.se/Nussbaum.pdf (visited June 6, 2012). Butler was awarded the “first prize in the annual Bad Writing Contest sponsored by the journal Philosophy and Literature”, for example, ibid. Nussbaum criticizes that Butler rejects feminist activism towards better laws to protect women, and that Butler stays away from the struggle for more social equality for women, too.

[5] Eduardo Mendieta/Jonathan Vanantwerpen (2011): The Power of Religion in the Public Sphere, in: Eduardo Mendieta/Jonathan Vanantwerpen (eds.), The Power of Religion in the Public Sphere. With an Afterword by Craig Calhoun, New York: Columbia University Press. The book is result of an event in New York City on October 22, 2009, ibid., vii.

[6] Judith Butler (2011): Is Judaism Zionism, in: Mendieta/Vanantwerpen (eds.), 70–91.

[7] „And, of course, it makes a difference whether one is criticizing the principles of Jewish sovereignty that characterize political Zionism since 1948, or whether one’s criticism is restricted to the occupation as illegal and destructive (and so situates itself in a history that starts with 1967), or whether one is more restrictively criticizing certain military actions in isolation from both Zionism and the occupation, i.e., last year’s assault on Gaza and the war crimes committed there, the growth of settlements, or the policies of the current right-wing regime in Israel,“ Butler 2011, 75.

[8] Butler 2011, 77ff.

[9] Butler 2011, 77.

[10] Butler 2011, 77.

[11] Butler 2011, 74.

[12] Lawrence Summers (2002): Address at morning prayers, Memorial Church, Cambridge, Massachusetts, September 17, 2002, http://www.harvard.edu/president/speeches
/summers_2002/morningprayers.php (visited June 5, 2012).

[13] Stephen H. Norwood (2009): The Third Reich in the ivory tower: complicity and conflict on American campuses, Cambridge/New York: Cambridge University Press.

[14] Judith Butler (2003): No, it’s not anti-semitic, London Review of Books, August 21, 2003, http://www.lrb.co.uk/v25/n16/judith-butler/no-its-not-anti-semitic (visited June 5, 2012).

[15] Elhanan Yakira (2010): Post-Zionism, Post-Holocaust. Three Essays on Denial, Forgetting, and the Delegitimation of Israel, Cambridge etc.: Cambridge University Press, 315.

[16] http://toronto.nooneisillegal.org/node/572 (visited June 5, 2012).

[17] Micha Brumlik (2012): Die Philosophin im Brunnen, June 4, 2012, http://www.taz.de/
Kolumne-Gott-und-die-Welt/!94612/ (visited June 6, 2012). Resentment against Adorno is very widespread in Germany, because he was a son of a Jew and he survived National Socialism. Adorno even came back to Germany, taught Germans about antisemitism and there is resentment against him because Adorno was a critic of right-wing newspapers and their hatred of liberals around 1968, like Axel Springer’s BILD daily. Therefore, it is remarkable that a German author equates anti-Zionist Butler with pro-Israel philosopher Adorno, Michael Kreutz (2012): Versöhnung der Differenzen, June 3, 2012, http://www.transatlantic-forum.org/index.php/archives/2012/13541/versoehnung-der-differenzen/ (visited June 8, 2012). Kreutz accuses Adorno of having been a typical German “antiliberal,” which isn’t but resentment. Adorno was a victim of German antiliberal German nationalism as early as during the First World War, he wrote about this. Kreutz is a newcomer when it comes to philosophy, history, and research on antisemitism (he studied Oriental Philology). Adorno knew about antisemitism in the US in the 1940s, too. About antisemitism in America and the Ivy League and their pro-Nazi stand see Norwood 2009. Extremely naïve and badly educated authors ignore Western antisemitism completely, they are blinded by their hatred of the left (everyone who is analyzing Western antisemitism, in addition to Islamic or left-wing antisemitism, is considered an evil left-winger or liberal from their point of view).

[18] William Brand (2002): Professors accuse Web site of witch hunt
Campus Watch.org lists critics of U.S. Mideast policy, September 30, 2002, http://www.campus-watch.org/article/id/255 (visited June 6, 2012).

[19] Steven Plaut (2010): Collaborators in the War against the Jews: Judith Butler, March 9, 2010, http://frontpagemag.com/2010/03/09/collaborators-in-the-war-against-the-jews-judith-butler/ (visited June 6, 2012).

[20] Russell Berman (2008): From ‘Left-Fascism’ to Campus Anti-Semitism: Radicalism as Reaction, Democratiya, 13, 14–30, 26, http://dissentmagazine.org/democratiya/
article_pdfs/d13Berman.pdf (visited June 6, 2012).

[21] Lawrence Summers (2007): Voices on Antisemitism – A Podcast Series, United States Holocaust Memorial, http://www.ushmm.org/museum/exhibit/focus/antisemitism/voices/
transcript/?content=20070215 (visited June 6, 2012).

Antisemitismus im neuen Europa. Das Fanal von Toulouse im Kontext

 

Am 19. März 2012 ermordete in Toulouse ein islamistischer Franzose algerischer Herkunft vier Juden. Am selben 19. März hielt die Außenbeauftragte der Europäischen Union, die Britin Catherine Ashton, eine Rede vor der UNRWA. Darin setzte Ashton die antisemitischen Morde in Toulouse, die aufgrund des sehr gezielten Aufsuchens einer jüdischen Schule offensichtlich waren, mit der Situation im Gazastreifen gleich. Das ist eine antisemitische Reaktionsweise: es werden vier Juden ermordet und eine typische europäische Politikerin spricht sofort von Israelis (also Juden) als Täter bezüglich der Situation im Gazastreifen, wo Israel zudem gar nicht herrscht, aber der Ableger der Muslimbrüder, die antisemitische Bande Hamas, der Islamische Jihad und weitere Gruppen Raketenterror gegenüber Israel betreiben. Der aus der CDU ausgeschlossene Martin Hohmann (ein Bewunderer Joachim Gaucks schon im Jahr 2003), der im Konjunktiv von den Juden als von einem „Tätervolk“ fabulierte, lässt schön grüßen. Ashton projiziert Schuld und täuscht Trauer ob der ermordeten Juden noch nicht einmal vor. Schamloser Antizionismus ist längst zur Lingua Franca Europas geworden. Das brüllende Schweigen der deutschen Elite, von Merkel über Habermas, Westerwelle und weitesten Teilen der Menschrechtes- und politischen NGO-Szene, tut ein Übriges.

Alle schweigen? Keineswegs: Der Mord an den vier Juden in Toulouse lässt den ehemaligen Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) an der Technischen Universität Berlin, Wolfgang Benz, völlig kalt. In einem Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt sagte er:

 „Ich fürchte, dass kaltblütige Taten wie die von Oslo und Toulouse normale Gewalt in einer Massengesellschaft ist. (…) Ich sehe keine Zunahme des Antisemitismus. Es ist traurig genug, dass es Menschen gibt, die Juden feindlich gegenüber stehen. Doch ich warne auch vor dramatisierenden Schlagzeilen bei Veröffentlichungen dieser Studien.“

Der Tod an Juden gereicht dem Vorzeigdeutschen zur Warnung (!) vor Antisemitismus zu warnen. Im gleichen Gespräch unterstützt Benz den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, einer, der auch nicht schweigt und ebenso gezielt, die Tastatur als Waffe benutzend, am 14. März morgens auf seiner Facebook-Seite im Internet den Eintrag postete:

 „Ich war gerade in Hebron. Das ist für Palästinenser ein rechtsfreier Raum. Das ist ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt.“

Das war kein Ausrutscher und nicht zufällig. Gabriel möchte den Hass auf Israeli anstacheln und Benz kommentiert im Hamburger Abendblatt:

„Ich kann bei Gabriels Äußerungen keinen Antisemitismus feststellen. Es ist doch nicht frei erfunden, dass Israel sich als ein Staat definiert mit einem bestimmten Staatsvolk. Und es ist auch nicht frei erfunden, dass Nichtjuden einige zusätzliche Kontrollen durch israelische Behörden über sich ergehen lassen müssen. Wenn das Gabriel an einen Staat erinnert, in dem Bürger mit zweierlei Recht behandelt werden, dann kann ich das nachvollziehen.“

In einem Aufruf der DIG in Stuttgart zu einer Kundgebung gegen Antisemitismus und für Israel heißt es:

„Moslems haben in Israel mehr Rechte als in Deutschland. Arabisch ist eine offizielle Sprache in Israel. Warum leben die mehr als eine Million arabischer Israelis lieber in Israel als in arabischen Staaten oder unter der Herrschaft der Hamas in Gaza? Warum drängen sie Israel zu Gesprächen mit der antisemitischen Terrororganisation Hamas? Wäre es nicht angebrachter, die Anerkennung des jüdischen Staates durch die Palästinenser zu verlangen?“

Der Historiker Wolfgang Benz hingegen kann es also „nachvollziehen“ wenn Israel als Apartheidstaat bezeichnet wird. Damit fördert Benz Antisemitismus. Schon längst ist er keine seriöse Quelle mehr, so er es je war – doch was kümmert das ebenso kümmerliche deutsche Medien oder Forscherkolleginnen und -kollegen? Am 1. November 2010 gab Benz der islamistischen und antisemitischen Internetseite Muslim-Markt, die seit Jahren für ihre pro-iranische und zum Boykott Israels aufrufende Propaganda berüchtigt ist, ein herzliches Interview. Das macht weder dem Hamburger Abendblatt noch seinen Kollegen der TU Berlin oder sonstwo etwas aus, generations- und geschlechterübergreifend.

Dem Abendblatt sagte Benz:

 „Ich sehe nur bei fünf Prozent der Deutschen klare judenfeindliche Einstellungen, das sind die Ewiggestrigen mit ihren Stammtischparolen.“

Das ist an Absurdität und Unwissenschaftlichkeit nicht zu übertreffen. Nur ein paar Hinweise statistischer Natur seien hier gegeben: Nach einer repräsentativen Umfrage der AntiDefamationLeague (ADL) in zehn europäischen Ländern im Januar 2012, die im März 2012 veröffentlicht wurde, sagen z.B. 43% der Deutschen, Juden würden zu viel an den Holocaust erinnern. Für 14% sind Juden für den Tod Jesu verantwortlich, die Zustimmung zu wenigstens drei (von der ADL ausgewählten) antisemitischen Stereotypen ist in Deutschland von 2009 bis 2012 von 20% auf 21% gestiegen. 52% der Deutschen glauben im Jahr 2012, Juden seien dem Staat Israel gegenüber loyaler als gegenüber Deutschland. 34% der Deutschen sagen, dass sie Juden in Deutschland durchaus danach beurteilen, wie sich Israel politisch verhält, 2009 hatten 25% diese antisemitische Sichtweise. Wer sich an die antisemitischen Massendemonstrationen in Deutschland die letzen Jahre erinnert, insbesondere im Januar 2009, aber auch an die einstimmige antiisraelische Bundestagsresolution von Juli 2010, und wer regelmässig und kritisch die deutschen Medien verfolgt, erkennt die Massivität antisemitischer Ressentiments bis weit in die Mitte der Gesellschaft. Dazu kommen noch viele antisemitische Straftaten, häufig von Neonazis begangen, wobei z.B. das massenhafte Brüllen antisemitischer Parolen auf Demonstrationen (vor allem auf Deutsch, Arabisch und Türkisch) nicht in solche Statistiken Eingang findet!

Es sind noch zwei weitere antisemitische Ereignisse in den letzten Tagen, die von großer Bedeutung sind und einen Trend anzeigen: am 16. März marschierten in der lettischen Hauptstadt Riga zum wiederholten Male ehemalige SS-Männer und ihre jungen Neonazi-Fans auf, führende Politiker unterstützten den Marsch. Der Protest war gering, gleichwohl unüberhörbar, unter anderem Dovid Katz, Sprachwissenschaftler und Jiddisch-Forscher, und der Historiker Efraim Zuroff, Leiter des Jerusalemer Büros des Simon Wiesenthal Centers, waren vor Ort und berichteten. Die am 3. Juni 2008 in der tschechischen Hauptstadt von einigen bekannten Politikern und Aktivisten unterzeichnete Prager Deklaration ist ganz im Sinne der SS-Männer, da sie den ‚Kommunismus‘ als genauso schlimm verurteilt wie den Nationalsozialismus (vgl. dazu ausführlicher das Buch Ein Super-GAUck). Da rennen die Aktivisten in einem Land wie Lettland offene Türen ein, ist doch regelrechter Hass auf die Sowjetunion und eine tiefe Bewunderung für den Nationalsozialismus und die Deutschen seit der neuerlichen Unabhängigkeit des Landes Anfang der 1990er Jahre alltäglich, wie nicht nur diese SS-Aufmärsche auf brutale Weise zeigen. Auch in Litauen wird Nazi-Deutschland verehrt. In keinem Land wurden in der Shoah prozentual mehr Juden ermordet als in Litauen, über 95%. Im Jahr 2008 wurden Ermittlungen gegen jüdische Partisaninnen und Partisanen eingeleitet, weil sie sich mit Hilfe der Roten Armee gegen die deutschen Mörder und ihre litauischen Gehilfen bewaffnet wehrten.

Die Prager Deklaration war auch im Vorfeld von den baltischen Ländern mit vorbereitet worden, ein ehemaliger litauischer Präsident, Landsbergis, ist unter den (wenigen, also: ausgewählten) Erstunterzeichnern. Ein weiterer Erstunterzeichner wurde am 18. März 2012 zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt: Joachim Gauck. Gauck sieht im Holocaust keinen Zivilisationsbruch und keine Einzigartigkeit mit weltweiter Bedeutung. Getrieben vom Furor des Pfarrers und Antikommunisten, setzt Gauck die Shoah und den ‚Kommunismus‘ gleich. Bereits 1998 war er Autor im unwissenschaftlichen und rein agitatorischen Band „Das Schwarzbuch des Kommunismus“.

Gauck sagte in einer Rede vor der Robert Bosch Stiftung 2006, dass jene, die im Holocaust das Einzigartige erkennen und betonen, das nur tun würden, um als Gottlose in einer säkularen Welt an etwas glauben zu können. Der Holocaust als Religionsersatz, das möchte der neue Bundespräsident sagen. Damit sekundiert er nicht nur der Neuen Rechten und dem Neonazismus, die das Betonen des Spezifischen und Unvergleichlichen der deutschen Verbrechen im Holocaust schon immer als einen Fetisch betrachteten, den auszutreiben deutsch-nationale Propaganda sich unmittelbar nach 1945 anschickte. Er sekundiert auch der linken Antizionistin Iris Hefets oder dem Bestsellerautor Martin Walser. Die Times of Israel kritisiert die Wahl Gaucks zum Bundespräsidenten. In Deutschland jedoch feixen Neue Rechte und der Mainstream von Richard Herzinger (Die Welt), Josef Joffe (Die Zeit), dem Tagesspiegel (Malte Lehming), Achgut (Lengsfeld, Broder), dem Focus bis hin zur Jungen Freiheit über den Pfarrer, Antikommunisten und Holocaustverharmloser im Schloss Bellevue. Selbst die Kritiker des antizionistischen Antisemitismus, zu dem einige der soeben Zitierten zählen, sind völlig unfähig alle Formen des Antisemitismus zu analysieren und zu attackieren. Vielmehr stellen sie der (in ihrer Sicht unnötigen und blöden) Erinnerung an den Holocaust die Israelsolidarität gegenüber. Viel dümmer und auch perfider kann man kaum agieren, und gerade Benjamin Netanyahu hat die Absurdität dieses Vorgehens (bei Broder heißt es „Vergesst Auschwitz!“, sein neues Buch) auf einer Rede in USA vor wenigen Wochen bloßgelegt, als er an das Versagen des Westens und Amerikas bezüglich der Bombardierung von Auschwitz hinwies und betonte, dass die Juden heutzutage einen eigenen starken Staat haben, der sich zu wehren weiß. Gerade die Erinnerung an den Antisemitismus auch im Westen ist wichtig um dem heutigen Judenhass entsprechend und angemessen zu begegnen. Noch merkwürdiger wird der Aufruf Broders, Auschwitz zu vergessen, wenn man bedenkt, dass nach einer repräsentativen Umfrage 21% der 18–30jährigen das Wort Auschwitz gar nicht kennen, von den obsessiven Abwehrern eines Erinnern an Auschwitz, von Ernst Nolte über Martin Walser hin zu Matthias Matussek oder auch Oliver Bierhoff ganz zu schweigen.

Das Simon Wiesenthal Center und sein Autor Harold Brackman hingegen berichten in einem aktuellen Bericht über wachsenden Antisemitismus in Europa nicht nur von der oben zitierten ADL-Studie, auch viele antisemitische Beispiele (und zwar aus beiden großen Bereichen: ‚alter‘ und ‚neuer‘ Antisemitismus, Abwehr der Erinnerung an den Holocaust und antizionistischer Antisemitismus rot-grüner, islamistischer und rechter Provenienz, die alle seit langem in den Mainstream ausstrahlen) aus ganz Europa, von Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland, Belgien, Holland, Österreich, Ungarn, Dänemark, Griechenland, Kosovo, Schweiz, Polen, Litauen, Russland bis hin zum antisemitischen Spitzenreiter in Schweden und bis nach Finnland und Norwegen und Großbritannien werden dargestellt.

 

Auf unterschiedlichen Ebenen zeigt sich in diesen wenigen Tagen im März in Europa und der Tendenz der letzten Jahre, wie Antisemitismus funktioniert und wie alltäglich er ist. Die jihadistischen Morde in Frankreich an vier Juden (und drei französischen Soldaten), die Terrororganisation al-Qaida bekannte sich dazu, ist jedoch ein Fanal. Juden werden eingeschüchtert, bedroht und nun auch ermordet, mitten in Europa, mitten am Tag, knapp 67 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust.

Insbesondere die Forschung und die Medien versagen am laufenden Band. Warum interviewt das Hamburger Abendblatt so pensionierte wie passionierte Israelfeinde wie Wolfgang Benz? Warum interviewt die Tagesschau einen israelfeindlichen und der Wahrheit abgeneigten Mann wie Michael Lüders, der offenbar noch nicht mal Persisch spricht, aber wissen möchte, dass eine Rede von Ahmadinejad am 26. Oktober 2005 angeblich falsch übersetzt worden sei, obwohl die seriöse Forschung in Deutschland (Wahied Wahdat-Hagh[i]) und weltweit (New York Times[ii], Jerusalem Center for Public Affairs) längst bewiesen hat, dass Ahmadinejad zur Vernichtung Israels aufgerufen hat?

Warum schließlich interviewt das ZDF mit seinem Anchorman Claus Kleber den Islamfaschisten und Holocaustleugner Mahmoud Ahmadinejad, von dem nichts Neues zu erfahren ist, außer Propaganda? An den Händen Ahmadinejads klebt das Blut des Niederschlagens der Proteste im Sommer 2009 – z.B. der Mord an der Studentin Neda –, und vieler politischer Morde, an Homosexuellen und anderen seither; dies und sein fanatischer und auf Vernichtung der Juden zielender Antisemitismus und das iranische Atomprogramm machen es für seriöse Menschen undenkbar diesem Mann eine Plattform zu bieten und ihm die Hand zu schütteln.

Es ist Frühjahr in Europa, der antisemitische Hass beginnt wieder zu blühen, vielfarbig und übel riechend und wird noch mehr Früchte tragen.



[i] Im Antisemitismusbericht der Bundesregierung heißt es: “Für diese den Islam politisierenden Gruppen und Staaten ist Antisemitismus ein untrennbarer Bestandteil ihrer Ideologie. Mit teils professioneller Propaganda prägen sie entsprechende antisemitische Stereotype und versuchen, diese Auffassungen auch unter nichtextremistisch gesinnten Muslimen zu verankern. Nicht zuletzt reklamieren sie eine Meinungsführerschaft für „die Muslime“ und behaupten, dass ihre Auffassungen „dem Islam“ und der Mehrheit „der Muslime“ entsprächen. Dies gilt nicht erst seit der Forderung des – zweifellos einem islamistischen Staatswesen vorstehenden – iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, dass Israel aus den „Annalen der Geschichte getilgt werden“ müsse. [FN: Für diese den Islam politisierenden Gruppen und Staaten ist Antisemitismus ein untrennbarer Bestandteil ihrer Ideologie. Mit teils professioneller Propaganda prägen sie entsprechende antisemitische Stereotype und versuchen, diese Auffassungen auch unter nichtextremistisch gesinnten Muslimen zu verankern. Nicht zuletzt reklamieren sie eine Meinungsführerschaft für „die Muslime“ und behaupten, dass ihre Auffassungen „dem Islam“ und der Mehrheit „der Muslime“ entsprächen. Dies gilt nicht erst seit der Forderung des – zweifellos einem islamistischen Staatswesen vorstehenden – iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, dass Israel aus den „Annalen der Geschichte getilgt werden“ müsse.; (FN: Ahmadinedschad zitierte hier Ayatollah Khomeini, Bundeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.), Die umstrittene Rede Ahmadinedschads vom 26. Oktober 2005 in Teheran, Übersetzung des Sprachendiensts des Deutschen Bundestags, http://www.bpb.de/themen/MK6BD2,0,0,Die_umstrittene_Rede_Ahmadinedschads.html [eingesehen am 14. Juli 2010].)”

[ii] Mahmud Ahmadinejad (2005): Rede auf der Konferenz „Eine Welt ohne Zionismus“ am 26. Oktober 2005 in Teheran im Innenministerium, zitiert nach der Übersetzung von Nazila Fathi, New York Times, 30.10.2005, http://www.nytimes.com/2005/10/30/weekinreview/30iran.html?pagewanted=1&_r=1 (16.09.2010), Übersetzung d.V. In der englischen Übersetzung: „Our dear Imam said that the occupying regime must be wiped off the map and this was a very wise statement. We cannot compromise over the issue of Palestine.“

Das neue, alte ZfA: Die Obsession für schiefe Vergleiche

 

Von Dr. Clemens Heni

(The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) )

Geht es den Muslimen heute so wie den Juden Anfang des 19. Jahrhunderts? Das meint die neue Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA), die Historikerin Stefanie Schüler-Springorum. Bevor diese These etwas näher untersucht wird, geht es um eine geplante Veranstaltung des ZfA Ende Oktober 2011.

Während der ehemalige Leiter des ZfA, Wolfgang Benz, mit den Antisemiten und Islamisten des Muslim-Markt freundschaftlich diskutierte und „Islamophobie“ bzw. „Islamfeindlichkeit“ zum Thema machte, folgt die neue Leiterin den letztgenannten Topoi offenbar gerne, wie ein Text des bekannten Internet-Blogs tw24 zeigt.

Demnach wird Schüler-Springorum Ende Oktober 2011 in Berlin in der umstrittenen „Werkstatt der Kulturen“, die 2009 eine Ausstellung über die „Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“[i] wegen einer kritischen Tafel zum Nazi-Mufti Muhammad Amin al-Husaini zensierte und die Ausstellung nicht zeigte, auf einer Konferenz mit dem Titel „Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft“ reden.

 Diese Tagung, gesponsert von der „Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft“[ii], hat Schüler-Springorum nicht nur mit konzipiert. Sie wird auch ein Panel moderieren, auf dem[iii] problematische Teilnehmer dabei sein werden wie Yonas Endrias, der mit der „Islamischen Zeitung“ freundlich redete und sich 2009 gegen einen Boykott des antisemitischen und islamistischen Hetzfestivals, genannt Durban II-Konferenz, in Genf aussprach, wie tw24 berichtete. Dann ist da Naime Cakir vom „Abrahamitischen Forum“ sowie vom „Kompetenzzentrum muslimischer Frauen“, die sich aggressiv gegen die Islam- und Kopftuchkritik von Necla Kelek oder Seyran Ates wendet und als Kritikerin oder Forscherin zu Antisemitismus noch nie in Erscheinung getreten ist. Cakir hat mit dem Abrahamitischen Forum und dem „Interkulturellen Rat“ eine Erklärung zum 11. September 2011 verfasst, worin sie sich dafür einsetzt, „das Miteinander zu verbessern sowie Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und Christenfeindschaft zu überwinden“. Schon diese groteske Verharmlosung des Antisemitismus in Deutschland, der mit herbei geredeter „Muslimfeindlichkeit“ und „Christenfeindschaft“ gleichgesetzt wird, ist auffallend.

Damit wird der genozidale Charakter des Antisemitismus geleugnet und als bloße Ablehnung einer Religion (wie des Christentums oder des Islams) herunter dekliniert.

 Wer waren eigentlich die Täter am 11. September 2001? Und wer waren die Opfer? Das Abrahamitische Forum und der Interkulturelle Rat schreiben:

  „Am 11. September 2011 erinnern wir uns an ein Ereignis, das mit menschenverachtender Gewalt die Welt verändert hat. Blutige Kriege und Anschläge waren eine Folge. Hunderttausende wurden weltweit zu Opfern von Gewalt, insbesondere Muslime in Afghanistan und Irak, aber auch Menschen in London, Madrid oder Istanbul. Bis heute dauern die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen an.“

 Wie bitte? Die einzige Gruppe von Menschen, die näher beschrieben wird, sind Muslime als Opfer! Viel absurder und geschichtsverfälschender geht es nicht. Muslime waren die Täter am 11. September. Sie ermordeten 3000 Menschen in New York City im World Trade Center, im Pentagon und vier entführten Flugzeugen.

 In London, Madrid, Djerba waren Europäer, nicht-religiöse Menschen, Christen, Juden und andere Opfer – wiederum waren Muslime die Täter. Davon kein Wort vom interkulturellen Rat. Dass in Afghanistan und im Irak Muslime ermordet werden von anderen Muslimen, ist schrecklich; für den Interkulturellen Rat aber offenbar schlimmer als 9/11 oder die islamistisch motivierten Massenmorde in Madrid oder London, denn da waren Muslime kaum unter den Opfern. Auch hier wird nicht erwähnt, worum es geht: islamistische und jihadistische Muslime sind die Mörder dieser Tausenden von Opfern weltweit. Das verleugnen die Multikulti-Ideologen – eine intendierte Derealisierung.

 Diese Art von „interreligiösem Dialog“, der Antisemitismus mit einer eingebildeten „Muslimfeindlichkeit“ oder „Christenfeindschaft“ in Deutschland auf eine Stufe stellt, ist kontraproduktiv und gefährlich. Antisemitismus wird als spezifisches Phänomen geleugnet. Daher wird Naime Cakir von der ZfA-Leiterin offenbar eingeladen. Inkompetenz zahlt sich aus.

 So ist es also kein Zufall, dass kein einziger der Vorträge Ende Oktober auf der ZfA/EVZ/KIGA-Tagung „islamischen“ oder „arabischen“ Antisemitismus zum Thema hat. Natürlich werden auch nicht die brutalen und zum Mord an Juden aufrufenden Einträge von zumeist Deutsch-Türken auf dem Internet-Portal Facebook, wie sie am 31. Mai 2010 und die darauf folgenden Tage aus Anlaß der Aktionen des Terrorschiffes „Mavi Marmara“ zu Hunderten und Tausenden zu lesen waren, thematisiert, jedenfalls deutet kein einziges der Panel darauf hin. Diese Statements wurden fast immer mit richtigem Namen und mit Bild gepostet und zogen den Neid von Neonazis auf sich, da sich die NPD und autonome Nationalisten kaum so offenherzig mit Namen und Bild Pro-Hitler und Pro-Holocaust äußern und zum Mord an Juden aufrufen.

In der Ankündigung für die Tagung oder in den Titeln der Panels ist davon keine Rede. Dafür wird auf der Veranstaltung über „Die Bedeutung des Sozialraums für Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF)“ fabuliert und damit apriori Antisemitismus mit der „Abwertung Langzeitsarbeitsloser“ oder der Kritik am Islamismus („Islamophobie“) gleichgesetzt – denn so sieht es das federführend von dem Pädagogen Wilhelm Heitmeyer aus Bielefeldt konzipierte und mittlerweile aus zehn Komponenten bestehende Konzept „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF)“ vor.

Darüber hinaus und ganz grundsätzlich meint Schüler-Springorum zuletzt in mehreren Interviews, dass heutige „Islamfeindschaft“ sehr wohl mit Antisemitismus verglichen werden könne, und zwar z.B. mit jenem Anfang des 19. Jahrhunderts. Die „Jüdische Allgemeine“ Wochenzeitung schreibt dazu, ohne kritisch darauf zu reflektieren:

 „So sagt Schüler-Springorum etwa: ‚Man kann Antisemitismus und Islamfeindschaft miteinander vergleichen, weil dann ja auch die Unterschiede deutlich werden.‘ Parallelen zum Antisemitismus des frühen 19. Jahrhunderts sieht sie durchaus, aber für das späte 19. Jahrhundert verneint sie diese.“

Was meint die neue Leiterin des ZfA mit „Parallelen“ des Antisemitismus und heutiger „Islamfeindschaft“? Ging es den Juden Anfang des 19. Jahrhunderts so wie den Muslimen in Deutschland heute?

Anfang des 19. Jahrhunderts mussten Juden konvertieren, wenn sie irgendeine Chance haben wollten – siehe als ein Beispiel den Schriftsteller Heinrich Heine, der sich 1825 taufen ließ, um das „Entréebillet“ in die „bürgerliche Gesellschaft“ zu bekommen.

Die ZfA-Leiterin stellt in den Raum, und die Jüdische Allgemeine oder auch der Kölner Stadtanzeiger bieten den Platz dafür, dass heute Muslime eine Diskriminierung erfahren würden wie Juden um 1800 oder auch um 1825 herum. Das verharmlost und derealisiert den Antisemitismus Anfang des 19. Jahrhunderts und vernebelt vollkommen, wie gut es heute den Muslimen in Deutschland geht. Es ist also ein doppelt falsches Argument.

Zur Erinnerung: In den altdeutschen Liedern unter dem Titel „Des Knaben Wunderhorn“ popularisierten Clemens Brentano und Achim von Arnim zwischen 1806 und 1808 auch den antisemitischen Topos des „ewigen Juden“, Ahasver.

1811 hielt von Arnim eine der antisemitischsten Reden der deutschen Romantik („Über die Kennzeichen des Judentums“), worin er fantasierte, wie die Körper von Juden wohl reagierten, wenn man sie pulverisierte. Darauf wies im Jahr 1996 die Historikerin Susanna Moßmann in dem Band “Machtphantasie Deutschland” hin.

Von Arnim gründete 1811 die „Christlich-Deutsche Tischgesellschaft“[iv], zu der Juden (getaufte wie nicht getaufte, sowie Nachkommen von getauften) keinen Zutritt hatten, was Saul Ascher scharf kritisierte.

Hinzu kommen der deutsche Nationalismus und die Propaganda für ein „deutsches Volkstum“ sowie der Antisemitismus von Turnvater Friedrich Ludwig Jahn und seinen Horden. Auch das ist in der Forschung seit langem ein wichtiges Thema. So hat Eleonore Sterling im Jahr 1956 darüber publiziert –„Judenhaß. Die Anfänge des politischen Antisemitismus in Deutschland (1815–1850)“ – und die Bedeutung von Jakob Fries, den Turnvereinen und den Burschenschaften betont. Es wird in Berlin derzeit in Fußballkreisen diskutiert, endlich den Ex-DDR-Jahnsportpark in Prenzlauer Berg umzubenennen.

Nicht zu vergessen das burschenschaftliche Wartburgfest von 1817, inklusive dem Verbrennen von Büchern von französischen und jüdischen Autoren.

Sind Parallelen zur Situation von Muslimen heute zu erkennen, wenn ein schwäbischer Muslim wie Cem Özdemir Parteivorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen ist und Islamismuskritik als „Islamophobie“ diffamiert und sich der Hetze gegen Ralph Giordano und Henryk M. Broder, die beide mit dem Antisemiten Heinrich von Treitschke verglichen werden, aus der Feder des FAZ-Feuilleton-Chefs Patrick Bahners anschmiegt?

Die Historikerin Monika Richarz promovierte 1969 an der FU Berlin mit einer Arbeit über den „Eintritt der Juden in die akademische Welt“. Darin behandelt sie auch judenfeindliche Tendenzen Anfang des 19. Jahrhunderts, sie berichtet von einem „Taufzwang“ der Juden, wenn die irgend reüssieren wollten.

Dazu gibt es heute natürlich keine Parallele. Im Gegenteil, eher konvertieren in den letzten Jahren relativ viele Bürger in Deutschland zum Islam. Salafisten und andere rabiate Islamisten in der Bundesrepublik sind häufig Konvertiten.

Das Beispiel der Akademiker ist treffend: heute kann jeder Muslim Student, Doktorin, Doktorand, Post-Doc, Professor, Institutsleiter etc. werden. Juden hingegen hatten mit extrem heftigem, oft blutigem Antisemitismus zu kämpfen, zumal an den Universitäten Anfang des 19. Jahrhunderts, um das es hier geht. 

1822 wurde in Preußen der Ausschluss von Juden von „akademischen Lehr- und Schulämtern“ beschlossen, 1827 wurde verfügt, Juden dürften auch keine Apotheker mehr sein, wie die Sprachwissenschaftlerin Nicoline Hortzitz in ihrer 1988 publizierten Dissertation „Früh-Antisemitismus in Deutschland (1789–1871/72). Strukturelle Untersuchungen zu Wortschatz, Text und Argumentation“ herausarbeitete. 1819 gab es die antijüdischen „Hep-Hep-Krawalle“, insbesondere in Würzburg, Frankfurt, Hamburg, aber auch in anderen Orten. Die pro-jüdische Gesetzgebung unter der französischen Besatzung wurde wieder rückgängig gemacht.

Während Juden in Preußen ab 1827 keine Apotheker mehr sein durften, gibt es hingegen heute selbstverständlich migrantische und muslimische Apotheker in Deutschland. Manche sind sogar im „Palästinensischen Ärzte- und Apothekerverband“ organisiert, der im Oktober 2010 eine Veranstaltung mit dem international berüchtigten Antisemiten und Israelfeind Norman Finkelstein plante, wie die „autonome neuköllner antifa“ berichtete und zu Gegenaktivitäten aufrief.

Heute haben Muslime wie anderen Migranten auch alle Bürgerrechte in Deutschland, viele wollen aber gar nicht die deutsche Staatsbürgerschaft und kapseln sich bewusst ab. Muslime werden nicht anders behandelt als andere Bürger des Landes. Völlig anders die Situation der Juden, hier am Beispiel des Anfangs des 19. Jahrhunderts. Die rechtliche Emanzipation der Juden dauerte im 19. Jahrhundert bis 1871, und auch das war nur eine formale Gleichstellung, de facto waren Juden aus Sicht der nicht-jüdischen Deutschen nie wirklich angekommen, gerade nicht Anfang des 19. Jahrhunderts.[v]

Islamische Staaten wie der heutige Iran sind eine große Gefahr für die Menschheit. Wenn jetzt Forscherinnen insinuieren, dass es den Muslimen in Deutschland, Europa und der Welt in Teilen oder insgesamt so ginge wie den Juden Anfang des 19. Jahrhunderts, wird in den Raum gestellt, dass es damals etwas Ähnliches gegeben haben möge wie den Iran, die Hamas, oder die Muslimbrüder – von jüdischer Seite! Man muss diese These der ZfA-Leiterin nur logisch durchdenken, dann kommt man zu solchen Absurditäten.

Die größten Antisemiten und Islamisten wie der iranische Präsident Ahmadinejad bekommen Foren wie das Rednerpult der Vereinten Nationen, doch Forscher sprechen ernsthaft über „Islamfeindlichkeit“. Das kann man nur als realitätsgestört bezeichnen.

Juden waren seinerzeit eine unterdrückte Minderheit und in deutschen Landen der eingebildete und konstruierte Feind schlechthin. Heute gibt es dutzende Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit und mächtigen Militärapparaten. Islamisten hetzen gegen die westliche Welt, sie sind Täter und nicht Opfer. Islamisten propagieren Judenhass und ihren Wunsch nach Vertreibung und Vernichtung von Juden, während Juden schon Anfang des 19. Jahrhunderts Objekte waren für den Antisemitismus.

Heute sind viele Muslime fanatisiert und propagieren nicht nur die Scharia und schüchtern moderate Muslime ein, sie agitieren auch gegen den Westen: Staatsmänner wie der türkische Ministerpräsident Erdogan, der iranische Präsident Ahmadinejad, sowie islamistische Vordenker wie Yusuf al-Qaradawi, der im Februar 2011 in Ägypten auf dem Kairoer Tahrir-Platz zum Marsch auf Jerusalem geblasen hat und damit die Wahrheit über den arabischen Frühling zum Ausdruck brachte.

Das sind nur einige wenige Hinweise zur Kritik an der neuen, alten Leitung am Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) an der Technischen Universität Berlin.

Die Palästinenser wollen unilateral einen eigenen Staat ausrufen, ohne direkte Verhandlungen mit Israel. Die Terrororganisation Hamas soll aufgewertet werden.

Es geht um Kritik am antizionistischen Antisemitismus, von anderen gegenwärtigen Formen des Antisemitismus wie der Blutbeschuldigung nicht zu schweigen. Die Analyse und Kritik des islamischen und arabischen Antisemitismus spielt heutzutage eine entscheidende Rolle.

Wer jedoch von einer Ähnlichkeit oder „Parallelität“ der Situation der Muslime heute und jener der Juden Anfang des 19. Jahrhunderts redet, argumentiert nicht nur politisch problematisch, vielmehr ahistorisch.

Anstatt der bekannten Programme von KIGA e.V., des ZfA, der EVZ et. al. über „Ausgrenzung“ (von Muslimen!), „Sozialraum“ und daraus abgeleiteten (womöglich teils auch antisemitischen) „Einstellungsmustern“, so die Ankündigung zur Tagung im Oktober, wären z.B. Nietzsche-Seminare, Religions-Aussteiger-Camps oder Ich-werfe-mein-Kopftuch-in-die-Spree-Aktionen[vi] doch einmal eine echte Alternative.

Doch KIGA wie das ZfA und die große Stiftung EVZ gehen von Folgendem aus, wie die Tagungsankündigung schreibt:

 „Antisemitismus als gesellschaftliches Phänomen wird in der Wissenschaft, der Migrationsforschung und der Bildungspraxis intensiv diskutiert. Klar ist: Antisemitismus ist kein spezifisches Problem ausgewählter Gruppen.“

Das ist gerade nicht klar. Eher soll offenbar von vornherein geleugnet werden, dass es heute einen spezifisch muslimischen und islamischen Antisemitismus gibt, und zwar auch in Deutschland. Manche Migranten bilden derzeit vor allem im öffentlichen Raum (neben gewissen Linken und den Neonazis) eine der größten Gruppen, die Antisemitismus und Israelhass verbreiten: auf Demonstrationen, Flugblättern, Kongressen, auf Facebook, auf Schulhöfen, bei Attacken auf jüdische Kindertanzgruppen wie in Hannover etc. etc. Vor diesem Hintergrund erscheinen auch die Projekte von KIGA fragwürdig, da sie die Jugendlichen dort abholen möchte, wo diese stehen: in Berlin-Kreuzberg am „Kottbusser Tor“[vii]; dass dabei der Antisemitismus von Muslimen bei den Projekten und Äußerungen der KIGA-Frontfrau Anne Goldenbogen offenbar eher selten explizit auftaucht, fiel sogar dem Südwestrundfunk in einer Sendung im Juni 2011 auf.

Wo bleiben beispielsweise (kultur-) wissenschaftliche Untersuchungen zum  antizionistischen Antisemitismus vieler Muslime oder zu gegenwärtigen Formen des Antisemitismus wie der Blutbeschuldigung, die in türkischen Filmen oder ägyptischen TV-Serien propagiert wird?

Die Forschung sollte endlich aufhören, absurde, unwissenschaftliche Vergleiche anzustellen – egal ob nun die Situation von Juden Ende des 19. Jahrhunderts (Benz) oder Anfang des 19. Jahrhunderts (Schüler-Springorum) als Vergleichsmaßstab für die halluzinierte heutige „Islamfeindschaft“ herangezogen wird.

Die Forschung sollte sich mit der Realität befassen: (Antizionistischen) Antisemitismus gibt es in vielen Formen. Die muslimischen und arabischen Varianten sind derzeit die gefährlichsten.

 

 

 


[i] Eine Ausstellung, die man übrigens in anderer Hinsicht durchaus kritisch sehen kann.

[ii] In Kooperation mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung, ZfA, der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus KIGA e.V., sowie mit Unterstützung des Fritz-Bauer-Instituts aus Frankfurt am Main, und anderen Einrichtungen.

[iii] Laut PDF-Programmankündigung am 20.09.2011.

[iv] Mitglieder waren unter anderem „Kleist, Adam Müller, Clausewitz, Fichte und Friedrich Karl von Savigny“, wie der Publizist Hans Schütz 1992 in einem Band über „Juden in der deutschen Literatur“ schrieb.

[v] Von der Einführung des code civil durch Napoleon zwischen 1806 und 1813 abgesehen, doch das war ja keine deutsche Leistung, sondern eine zivilisierte, französische.

[vi] Diese feministische Idee stammt von der Soziologin und Islamkritikerin Necla Kelek, sie schreibt darüber in ihrer Studie „Himmelsreise“ von 2010.

[vii] Mit einer Fotografie von dieser U-Bahn Station wirbt KIGA in Publikationen.

 

Boris Palmers antisemitische Ressentiments

Boris Palmers antisemitische Ressentiments

Besuch ehemaliger Tübinger Juden im Jahr 2004

Dr. Clemens Heni, Yale Initiative for the Interdisciplinary Study of Antisemitism (YIISA), YALE University

 

Es ist wieder still geworden um Felicia Langer, Boris Palmer und den Tübinger Antisemitismusskandal. Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an eine antisemitische Jüdin ist de facto nie wirklich skandalisiert worden, weil der Mainstream in Deutschland, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, genau solche Ehrungen an Israelhasser geradezu erfleht, ersehnt, beklatscht und dankend, wenn nicht johlend zur Kenntnis nimmt. Auch die anderen Träger des Bundesverdienstkreuzes sind letztlich fast alle still geblieben und keiner der Träger in Deutschland hat dieses Stück Blech weggeschmissen oder zurück gesandt.

Kürzlich hat John Rosenthal gezeigt, wie die Lobrede für Langer des Baden-Württembergischen Staatssekretärs Hubert Wickert deutlich macht, dass Langer gerade wegen ihrem Israel-Hass die Medaille der Deutschen erhalten hat, und nicht etwa ‚trotz‘.

Was jedoch noch niemand erwähnte: Boris Palmer hat schon 2004 eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von antisemitischen Ressentiments in Tübingen gespielt. Das wird weiter unten zu zeigen sein.

Was ist die heutige Situation? Die Vernichtungsdrohungen von Mahmoud Ahmadinejad gegen Juden und den jüdischen Staat Israel lösen in Deutschland, Europa und der Welt keinen Schock aus. So gut wie niemand fühlt sich an die Drohungen des nationalsozialistischen Deutschland (und der Deutschen seit Jahrhunderten und Jahrzehnten davor ebenso, welche eine politische Kultur des eliminatorischen Antisemitismus vorbereiteten und entwickelten) und namentlich Adolf Hitlers erinnert, die Juden Europas zu vernichten. Keine Regierung Europas unternimmt heute etwas Substantielles gegen das iranische Atomprogramm. Im Gegenteil blüht der deutsch-iranische Handel und die Bundesregierung pflegt weiterhin diplomatische Beziehungen zur Islamischen Republik Iran, sie verhindert ernsthafte Sanktionen und verbietet es geradezu, das Wort „unilateral“ der deutschen Öffentlichkeit auch nur zu erläutern.

Sollte der Iran Atomwaffen produzieren, wäre das ein point of no return, eine unerträgliche, lebensgefährliche Situation für Israel und die Juden. Es würde zudem einen atomaren Wettlauf im Nahen Osten eröffnen, gegen den der Kalte Krieg harmlos war. Im Vergleich zum Irrationalismus des Islamfaschismus (nicht nur aber namentlich des Iran) war die Sowjetideologie in ihrer ganzen strategischen und taktischen Dimension rational und nie wirklich extrem gefährlich wie der Iran es ist und atomar bewaffnet erst recht wäre.

Niemand findet es ungeheuerlich, dass Israel nonstop als einziger Staat herausgerissen wird aus den United Nations (UN), und gar von anderen UN-Mitgliedsländern wie dem Iran existentiell bedroht wird. Im September 2009 wird Ahmadinejad wieder nach New York zur UN-Generalversammlung reisen können, da weder die Obama-Administration noch die Weltöffentlichkeit vor einem Islamfaschisten erschrickt und ihn bekämpft, lieber mit ihm kuschelt, kuscht, kungelt und Geschäfte macht und warme Handshakes verteilt. Wer je mit 10.000 Menschen am Tag vor einer UN-Rede des gegenwärtigen Iran vor dem UN-Hauptgebäude in Manhattan stand und gegen Antisemitismus/Antizionismus demonstrierte, hat (trotz der power dieser pro-israelischen Leute!) ein Gefühl der unfassbaren Hilflosigkeit gegenüber der Realpolitik heutiger Staatsmännern/frauen wie Obama, Merkel, oder Sarkozy. Keiner der drei hat die Lektionen aus dem Holocaust gelernt und stellt sich schützend vor Juden und Israel, von belanglosen Lippenbekenntnissen zumal der Deutschen einmal abgesehen.

Vor diesem Hintergrund ist es selbstredend nicht verwunderlich, dass in der Bundesrepublik eine Frau ein Bundesverdienstkreuz um den Hals gehängt bekommt, welche die antisemitische und antiwestliche Hetze Ahmadinejads vor den UN in Genf im April 2009 bei der sog. „Antirassismuskonferenz“  – wenn die UN von Rassismus spricht, ist das eine contradictio in adjecto, da Antisemitismus, zumal kaschiert als Antizionismus, als Kategorie apriori eskamotiert wird – so zusammengefasst hat: „Er hat die Wahrheit gesagt“.

Zu denken, Deutsche überlassen diese in der Tat „Drecksarbeit“, islamische Faschisten zu loben und zu preisen und Juden und den Staat Israel zu diffamieren und zu attackieren, primär und am liebsten jüdischen Antisemiten/Antizionisten, ist jedoch längst überholt. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat bereits 2004 gezeigt, wie stolzdeutsch die Grünen sind und dass sie völlig ungeniert Juden attackieren, wenn diese sich im deutschen Sinne nicht ‚angemessen‘ verhalten.

Was ist passiert? 2004 wurden von der Stadt Tübingen ehemalige Tübinger Juden eingeladen. Es gab einen Empfang im Rathaus. Die damalige Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer (SPD) generiert typische Muster der Erinnerungsabwehr an die präzedenzlosen Verbrechen der Deutschen im Holocaust, wenn sie gerade auf einem Empfang für ehemalige Tübinger Juden von einem armen deutschen, nicht-jüdischen Mädchen redet, welches eine Bombennacht im Zweiten Weltkrieg erlebte. Der katholische Tübinger Theologieprofessor und „Weltethos“-Vertreter Karl-Josef Kuschel klagt daraufhin Israel an und fordert, „manchmal in die Haut derer zu schlüpfen, die einem bisher als Gegner oder gar Feinde erscheinen“. Die ehemalige Tübinger Jüdin Noemi Klein verlässt daraufhin den Saal. (vgl. Schwäbisches Tagblatt, 11.05.2004)

Schließlich betont Arnold Marque, ehemaliger Tübinger Jude aus Kalifornien, in einer Widerrede die Wehrhaftigkeit der Juden zumal im Staat Israel. Das kann ein junger Politiker wie Boris Palmer, 2004 Landtagsabgeordneter der Grünen im Baden-Württembergischen Landtag in Stuttgart, nicht ertragen. „Frechdeutsch“, wie mir kürzlich ein neuer Bekannter schrieb, pöbelte der Grüne antisemitisch drauf los.

In einer bemerkenswerten Replik, einem Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt, meldete sich damals der bis vor kurzem aktive FDP-Stadtrat Dr. Kurt Sütterlin zu Wort:

„Nicht hinzunehmen ist die berichtete Reaktion Boris Palmers auf die Antwortrede von Arnold Marque, dem er vorwirft, Begriffe aus dem Kaiserreich und der Nazizeit verwendet zu haben. Man mag dies als bloße Ungezogenheit einordnen. Da sich Herr Palmer aber als politischer Profi versteht, muss mehr dahinter stecken. Herr Marque hat im Film [es gibt einen Film über die ehemaligen Tübinger Juden, C.H.] und auch bei seinen Äußerungen in sachlich unaufdringlicher Weise sein Schicksal und das der anderen jüdischen Gäste beschrieben. Er hat in Wort und Tat die Hand ausgestreckt zu den Menschen einer Stadt, aus der er in seiner Jugend, um das Leben zu retten, fliehen musste, dessen Vater kurz vor der Verhaftung durch die Gestapo Selbstmord beging. Herr Marque hat in seiner kurzen Rede im Rathaus keineswegs den Palästina-Konflikt diskutiert, sondern aus der Geschichte den Auftrag an die Juden abgeleitet, nie mehr wehrlos zu sein. Es tut mir außerordentlich Leid, dass sich eine Persönlichkeit wie Arnold Marque in Tübingen einer solchen Anmaßung ausgesetzt sieht vor einem Abgeordneten, der wohl auch bei dieser Gelegenheit nichts anderes im Kopf hat, als gängige Vorurteile zu bedienen.“ (erschienen im Tagblatt, 14.05.2004)

Nun wäre Boris Palmer nicht Boris Palmer und die Grünen wären nicht die Grünen, wenn Palmer daraufhin seine Ressentiments revidiert oder zumindest angefangen hätte, zu reflektieren.  Im Gegenteil: Palmer hat seinerseits seine von deutschem Stolz und erinnerungsabwehrendem Antisemitismus nur so strotzenden Auslassungen schriftlich fixiert. Wenige Tage nach Sütterlins Kritik wird Palmers Leserbrief publiziert. Was sagt der Freund des heutigen Bundesvorsitzenden Cem Özdemir? Ich zitiere:

„Nach meiner Erinnerung hat Herr Marque in seiner Replik auf Prof. Kuschel die zwei folgenden Formulierungen gebraucht: ‚Der Jude muss zeigen, wozu er fähig ist‘ und ‚Israel muss sich seinen Platz an der Sonne sichern.‘ Die erste Formulierung hat sprachliche Vorbilder im Dritten Reich, die zweite im Wilhelminischen Imperialismus.“

Auch die folgenden Zeilen erinnern nur allzu gut an Felicia Langer, weshalb Boris Palmer geradezu prädestiniert ist, nun als Oberbürgermeister von Tübingen, 2009 Antisemitismus zu prämieren. Wer wie er Juden mit Nazis vergleicht, argumentiert antisemitisch. Der deutsche Oberlehrer Palmer weiß auch nur zu gut, dass Juden das falsche gelernt haben aus dem Holocaust, während die ganz normalen Deutschen wie er selbst, ihre Lehren gezogen haben, so die typische Imagination aus dem unerschöpflichen Arsenal antisemitischer Stereotypen:

„Mich hat erschüttert, welche Schlüsse Herr Marque und Herr Rosenthal aus dem Holocaust gezogen haben. Ich glaube, dass die von beiden propagierte ‚Wehrhaftigkeit‘ Israels keinen Frieden, sondern Verderben bringt.“ (Leserbrief Boris Palmer an das Tagblatt, erschienen am 18.05.2004)

Wer diese ungeheuerlichen Zeilen aus dem Jahr 2004 liest, weiß warum die Vernichtungsdrohungen des iranischen Präsidenten vielen Grünen und anderen Deutschen wie Honig das Maul hinunter laufen. ‚Die Juden haben halt nicht kapiert, was eigentlich der Sinn und Zweck von Auschwitz und Treblinka war‘, will Boris Palmer offenbar sagen. ‚Wehrhafte‘ Juden kann er nicht leiden. Opfer sollen sie sein, wie damals im Holocaust. Dann kann man sie betrauern, die toten Juden. Die Überlebenden nerven, stören, und zeigen, dass Juden nix gelernt haben aus den Erziehungsmethoden- und Anstalten der Deutschen von 1933 bis 1945, wenigstens, so die an Perfidie, Ressentiment und Abwehr der Erinnerung an die deutschen Menschheitsverbrechen nicht zu überbietenden Wahnphantasien neu-deutscher Ideologie aus dem Munde eines immer noch jungen, grünen Nachwuchspolitikers. Die Respektlosigkeit, Überheblichkeit, Arroganz und Schuldprojektion sind typisch für die antisemitische Schuldabwehr der Deutschen. Die grüne, stolzdeutsche Ideologie von Boris Palmer hat Martin Ulmer aus Tübingen in einem Leserbrief sehr richtig als „Gipfel neuer Unverschämtheiten bezeichnet“ (Leserbrief an das Tagblatt 28.05.2004).

Irgendwann einmal wird es einen Umsturz in Iran geben, Ahmadinejad wird „Asyl“ in Deutschland beantragen und mit Unterstützung zumal der Grünen „Menschenrechtsaktivisten“ (sprich: der deutschen Sektion der Antizionistischen Internationale) dieses auch erhalten und alsbald Boris Palmer für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen.

Um nochmal auf Tübingen en detail zu kommen: das ist Deutschland in Miniatur, Ökostrom und Grünwähler, Epple-Haus, Schlatterhaus, ‚Antirassismus‘, ‘Flüchtlingshilfe‘, Sympathien seinerzeit für die RAF oder die Revolutionären Zellen, das freie Radio ‚Wüste Welle‘, Antizionismus und „Menschenrechte“ (für alle außer für Juden versteht sich) gehen hier Hand in Hand. Leider sind die französischen Besatzungstruppen längst abgezogen aus’m Ländle. Die Kasernen werden jetzt von Deutschen bewohnt, die bevorzugt Grünenwähler sind, auch im Französischen Viertel im Süden Tübingens. Wie schrieb mir doch jener neue Bekannte kürzlich? „‘Französisches Viertel‘ heißt: Mainstream sein, sich aber als Randgruppe fühlen; der Kopf ist zwar leer, wird aber hoch getragen.“

Boris Palmer und der Wohlfühl-Antisemitismus

Boris Palmer und der Wohlfühl-Antisemitismus

Grüne, Felicia Langer und das Tübingen-Syndrom oder:

Wir mögen Juden – aber nur, wenn sie gegen Israel sind

Dr. Clemens Heni, Post-Doctoral Researcher an der Yale Initiative for the Interdisciplinary Study of Antisemitism (YIISA), YALE University, USA

Felicia Langer wurde kürzlich das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen und würdevoll überreicht. Frau Langer ist seit Jahren berüchtigt für ihre anti-israelischen Texte, sie hat auch den iranischen Präsidenten Ahmadinejad für seinen Hass auf Israel und den Westen gelobt.  Langers Wort von der „Antisemitismuskeule“, welches sie für ihre Kritiker benutzt, ist beachtlich und kaschiert ihren eigenen Antizionismus, der von jedem Antisemitismus gereinigt werden möchte. Wer wie Langer das Rückkehrrecht von palästinensischen Flüchtlingen nach Israel befürwortet, der will den jüdischen Staat Israel bewusst zerstören. Das ist antisemitisch. Am 13. Juli 2005 hielt Langer im Tübinger Schlatterhaus einen Vortrag über den Nahen Osten, wo sie u.a. jüdische Siedler als „faschistische Extremisten“ bezeichnete und infam suggerierte, die „Mauer“ zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten würde ein „Ghetto“ herstellen – dabei spielt sie mit dem Vergleich zu Nazi-Deutschland. Nach der Definition der EUMC ist ein Vergleich Israels mit den Nazis antisemitisch. Frau Langer symbolisiert nachdrücklich die politische Kultur des neuen Antisemitismus. In der Wissenschaft wird seit einiger Zeit der neue Antisemitismus zumeist als Antizionismus und Israelfeindschaft analysiert. Schon 1974 gab es in USA einen Band über den „New Anti-Semitism“, der sowohl christlichen, linken, rechtsextremen, als auch arabischen/islamischen Antisemitismus untersuchte. Seit den Massenmorden im World Trade Center am 11. September 2001, sowie der zweiten Intifada, welche im Herbst 2000 begonnen hatte, ist der neue Antisemitismus eine der größten Gefahren für den Weltfrieden, Israel und die Juden. Das Atomprogramm des Iran, kombiniert mit den wiederholten Vernichtungsdrohungen gegen den jüdischen Staat, namentlich von Ahmadinejad, ist schockierend. Frau Langer jedoch unterstützt den Antisemitismus von Ahmadinejad. Der iranische Präsident hat in seiner Rede vor der UN in Genf im April 2009 gesagt, Israel sei ein „rassistischer Staat“, einen „jüdischen Staat“ könne es gar nicht geben, und Israel habe das Gedenken an den Holocaust nur benutzt, um selbst Verbrechen an den Palästinensern zu verüben.

Was würde beispielsweise passieren, wenn Wigbert Grabert vom Tübinger OB Boris Palmer vorgeschlagen würde für ein Bundesverdienstkreuz? Grabert ist der Sohn von Herbert Grabert, einem Nazi und Holocaustleugner und bis zu seinem Tod eine der führenden Figuren im bundesdeutschen Neonazismus. Grabert junior, der bis heute in Tübingen sein Unwesen treibt (Grabert Verlag), publizierte u.a. im Umfeld der „Antizionistischen Aktion“, einer rechtsextremen Gruppe in den 1980er/90er Jahren, die ein ähnliches Programm hatte wie Felicia Langer und ihre Freunde heute. Israel sei böse und schuld an allen Konflikten im Nahen Osten, die Palästinenser seien Opfer bösen westlichen Imperialismus’, Zionismus sei ein Verbrechen.

Würde Palmer einen Rechtsextremen wie Grabert ehren? Es wäre nur logisch, denn auch für Grabert ist Israel ein Übel und ein jüdischer Staat unerträglich. Boris Palmer jedoch steht in einer Kontinuität eines grünen Antisemitismus seit Anbeginn der Partei Die Grünen im Jahr 1979. Damals waren ehemalige Nazi-Sympathisanten, SA-Leute oder Ex-NSDAPler wie Baldur Springmann sowie Werner Vogel, oder führende Personen der rechtsextremen Neuen Rechten wie Henning Eichberg aktiv am Aufbau der Partei Die Grünen beteiligt. Später kritzelten Grüne Politiker bei einem Besuch in Israel in ein Gästebuch „Nie wieder Faschismus“, der langjährige Bundestagsabgeordnete aus Berlin Hans-Christian Ströbele hat die irakischen Luftangriffe 1991 auf Israel als „logische“ Folge der Politik Israel gerechtfertigt und den Tod und die Angst von Juden vor einem weiteren Gastod schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Heute nun fantasiert die einflussreiche Grünen Politikerin Renate Künast, dass die deutsche NGO „Stop the Bomb“ vom „Mossad“ finanziert sei. Dem liegt nicht nur eine antisemitische Verschwörungstheorie zu Grunde, was skandalös genug ist. Es ist auch ein Zeichen, dass sich ganz normale Deutsche nicht vorstellen können, dass nicht-Juden gegen Antisemitismus und Antizionismus sind.

Wer Tübingen etwas kennt – wie der Verfasser als ehemaliger Student der Kleinstadt in den Jahren 1991 bis 1996 – weiß, wie tief verankert eine anti-israelische Kultur ist. Wer die Boykottaufrufe gegen Israel von Tübinger Gruppen wie dem AK Palästina kennt, wer die Politik des „Friedensplenums“, der evangelischen Kirche oder anderer sog. antirassistischer, internationalistischer Politgruppen kennt, weiß, dass ein Boris Palmer Ausdruck einer politischen Kultur des grün-alternativen Wohlfühlens ist. Eines Wohlfühlens und Grün-Wählens, welches das Gutmenschentum stärkt, Solartechnik auf dem Dach hat, den Müll sogar sonntags trennt, welches Flüchtlinge unterstützt, solange sie das Gefühl „gegen den Imperialismus“ und die „westliche Dominanz“ und „westliche Werte“ stärken, und natürlich ein Wohlfühlen, welches immer und überall für Frieden ist, nachdem 1945 der von Deutschen begonnene Krieg verloren ging. Nur der Krieg des politischen Islam gegen den Westen, Amerika, Israel und die Juden, dieser Krieg wird klammheimlich unterstützt, wenn Felicia Langer für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen wird, nicht obwohl, sondern weil sie gegen Israel Propaganda macht seit vielen Jahren. Das Schicksal der Palästinenser im Gazastreifen unter der Regierung und Tyrannei der islamofaschistischen Hamas ist ihr völlig egal.

Die beste Entlastung für die deutschen Verbrechen ist noch immer und zunehmend, Juden Antisemitismus (wie heißt es heute so schön: „Israelkritik“) artikulieren zu lassen. Für diese Drecksarbeit ist sogar Grünen, der CDU-Landesregierung unter Oettinger, und auch dem Bundespräsidenten Horst Köhler (auch ein Schwabe) eine Jüdin Recht.

Das ist noch nicht alles. Boris Palmer hat Henryk M. Broder e-mails geschrieben, welche auf dem Internetportal achgut publiziert wurden. Dabei rechtfertigt Palmer Langer vorgeschlagen bzw. unterstützt zu haben und wirft Broder hingegen eine „Vorstufe zu totalitären Denkmustern” vor. Palmer imaginiert sich und alle ‚Friedensfreunde‘ als Opfer eines bösen Juden wie Broder. Langer ist eine gute Jüdin, da sie ja gegen Israel ist. Boris Palmer jedoch hat das sich-zum-Opfer-Stilisieren von seinem Vater gelernt, dem Pomologen und Populisten Helmut Palmer; in einem Interview der beiden Palmers gesteht Boris, „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Palmer senior hatte sich vor Jahren einmal, als er eine kurze Gefängnisstrafe absitzen musste, mit Häftlingskleidung gezeigt, inclusive Judenstern. Palmer zeigte sich mit Plakaten welche vom “Späthen Holocaust” daher reden. Der arme Helmut Palmer imaginierte sich dabei zum Juden in der Bundesrepublik, was dazu passt, wenn man weiß dass er auch Polizisten gern mal mit „Heil Hitler“ begrüßte, um sich wiederum zum Opfer des Rechtsstaates BRD zu imaginieren. Diese Form des sekundären Antisemitismus wäre es wert, von Sohnemann Boris mal analysiert zu werden.

Boris Palmer selbst jedoch ist Ausdruck einer neu-deutschen Unbefangenheit und Unverschämtheit Antisemitismus mit gutem Gewissen zu formulieren. Wenn ein Nazi gegen Israel hetzt ist das „pfui-bäbä“ (schwäbisch für „pfui Teufel“). Wenn ein Islamist oder eine antisemitische Jüdin gegen Israel hetzen, ist das prima. Es ist kein Zufall dass Palmer sowohl von der Baden-Württembergischen Landesregierung Oettinger als auch dem Bundespräsidenten Unterstützung bekommen hat. Deutschland braucht eine Entlastung und Entschuldung für seine Verbrechen. Besser als mit der Ehrung einer Jüdin, die gegen Israel Hetze betreibt, geht das nicht.

„Hitler good – killed Jews“ – Kai Wiedenhöfers palästinensische Freunde und die Diffamierung der Juden als die Nazis von heute

Hitler good – killed Jews“ – Kai Wiedenhöfers palästinensische Freunde und die Diffamierung der Juden als die Nazis von heute, 18. April 2008, www.kritiknetz.de

„Heil Hitler und Alaaf“

Der Tagesspiegel, 25.01.2008

Karneval und Antisemitismus haben eine lange Tradition – Erinnerung an die Schoah und Erinnerungsabwehr stehen in einem engen Verhältnis.

Am Sonntag, den 27. Januar 2008 findet in München der diesjährige Karnevalsumzug statt. Somit am internationalen Gedenktag zur Erinnerung an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Erinnerung an die Schoah und Erinnerungsabwehr stehen in einem engen Verhältnis.

Dabei spielte Judenhass, auch der später codierte, im Karneval eine wichtige Rolle, nicht nur in der NS-Zeit. 1935 gab es bei der Fastnacht in Kaiserslautern antijüdische Masken. Dabei wurden im Sinne der Rassenideologie herbeifantasierte physiognomische Kennzeichen von Juden zur Belustigung verwendet. Ein Jahr später hieß ein Umzugswagen beim Fastnachtsumzug in Marburg „Auf nach Palästina“, mit als Juden verkleideten Narren auf dem Wagen. Nicht nur in Köln hieß es seit 1933 „Heil Hitler und Alaaf“.

Nach 1945 wurde der präzedenzlose Mord, der Holocaust, verdrängt, abgewehrt oder auf andere Weise derealisiert, entwirklicht. Insofern steht der Münchner Karnevalsumzug 2008 in einer bestimmten Tradition, wie bewusst, unbewusst, ignorant achselzuckend oder verschmitzt kichernd auch immer. Mehr noch: Karneval und Erinnerungsabwehr haben eine lange Tradition. 1949 ging es los.

Von 1940 bis 1948 gab es keinen Karneval in Köln, der Karnevalshauptstadt in Deutschland. 1949 war dort das Motto der „erweiterten Kappenfahrt“, was noch keinen Rosenmontagszug darstellte: „Meer sin widder do un dun war meer künne“. Der Schriftsteller Dieter Wellershoff, selbst Teilnehmer am Zweiten Weltkrieg, hat 1979 in einem von Jürgen Habermas herausgegebenen Band über „Stichworte zur geistigen Situation der Zeit“ festgehalten:

„In einem Karnevalslied meiner Studentenjahre sangen wir noch ›Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien‹, was heißen sollte: ein kolonisiertes Völkchen, das in heiterer Verantwortungslosigkeit dahinlebt. Dann wurden wir Bundesbürger, und das bedeutete eine zunächst äußerliche, dann aber doch tiefgreifende Verwandlung.“ Der hemdsärmelige Foxtrott „Trizonesien“ war einer der größten Schlagererfolge der Nachkriegszeit. Um was ging es? Ein Kölner Sänger und Karnevalist, der schon zu NS-Zeiten fröhliche Unterhaltung gemacht hatte, Karl Berbuer, dichtete und vertonte den Song:

Vers 1

„Mein lieber Freund, mein lieber Freund, die alten Zeiten sind vorbei, ob man da lacht, ob man da weint, die Welt geht weiter, eins, zwei, drei. Ein kleines Häuflein Diplomaten macht heut die große Politik, sie schaffen Zonen, ändern Staaten (…)

Vers 3

Doch fremder Mann, damit du’s weißt, ein Trizonesier hat Humor, er hat Kultur, er hat auch Geist, darin macht keiner ihm was vor. Selbst Goethe stammt aus Trizonesien, Beethovens Wiege ist bekannt. Nein, sowas gibt’s nicht in Chinesien, darum sind wir auch stolz auf unser Land.

Refrain: Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien, Hei-di-tschimmela- tschimmela-tschimela-tschimmela-bumm!

Wir haben Mägdelein mit feurig wildem Wesien, Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela- tschimmela-bumm!

Wir sind zwar keine Menschenfresser, doch wir küssen um so besser. Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien, Hei-di-tschimmela- tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!“

Dieser Song wurde 1948/49 mitunter als Nationalhymne gespielt, etwa bei Sportveranstaltungen, und war der Hit des Karneval 1949 in Köln. Der Songtexter Berbuer war hier eine bekannte Person, ihm wurde vor einigen Jahren ein Denkmal aus Bronze gewidmet.

Der Musikwissenschaftler Fred Ritzel hat in der Zeitschrift Popular Music den Song seziert und stellt die Frage, ob es zu gewagt sei, in der „obskuren Fremdheit“ „Chinesiens“ eine Referenz auf die Juden sehen zu wollen. In der Tat: Der Antisemitismus scheint im Reden von „Chinesien“, das im Gegensatz zu „Trizonesien“ keine „Kultur“ und keinen „Geist“ kenne, unschwer wider.

In dem Trizonesien-Song, der natürlich auf die drei großen Besatzungszonen damals anspielt, wird auch lamentiert, dass „Diplomaten“ einfach Staaten änderten und „Zonen“ schufen. Die Deutschen nicht als konkrete Täter, von denen noch Hunderttausende munter lebten, 1949, vielmehr als Opfer und Gegängelte solcher Diplomaten zu sehen, ist zentral.

So dichteten sich die Deutschen wenige Jahre nach dem Ende des NS-Staates ein Karnevalslied, welches nichts als Schuldprojektion, Schuldabwehr und aufgewärmten Nationalstolz verkündet. Auf den Straßen Kölns tanzten die Narren wie imaginierte „Eingeborene“ zu diesem Song, dazu hatten sie sich die Haut schwarz bemalt. Sie wollten sich selbst „exotisieren“, zumal gegenüber den Besatzungsmächten, um den imaginierten Opferstatus der „ganz normalen Deutschen“ zu untermalen. Die Alliierten haben demnach keine Befreiung vom Nationalsozialismus gebracht, vielmehr die armen Deutschen „kolonisiert“.

Diese Selbsteinschätzung ist bezeichnend. Das abstoßende Wort von den Deutschen, die keine „Menschenfresser“ seien, dafür umso besser „küssten“, kann nicht anders denn psychoanalytisch interpretiert werden: Die Schuld an der Vernichtung der Juden wird derealisiert, um sich nicht nur als Mörder reinzuwaschen, sondern auch um gleich wieder Gutes, spezifisch Deutsches hervorzuheben: Goethe, Beethoven und das Küssen.

Die Deutschen tun also was sie können, um Auschwitz zu vergessen, zu banalisieren, zu überlagern. Sei es mit Karnevalsumzügen am 27. Januar 2008, dem Auschwitzgedenktag, oder mit schuldabwehrenden Songs wie dem Trizonesien-Schlager von 1949. Wie hieß es in Köln als Motto, damals, passend dazu: „Meer sin widder do un dun war meer künne“. Na dann.

Der Autor ist Politikwissenschaftler und Publizist aus Berlin.

 

Martin Mosebach – Gegenaufklärung als sekundärer Antisemitismus

Hagalil, 4. November 2007

Die Büchnerpreisrede des deutschen Schriftstellers Martin Mosebach vor wenigen Tagen in der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ist ein Zeichen, wie sich die politische Kultur in diesem Land verändert. Er verglich eine gewaltvolle Rede des französischen Revolutionärs Saint Just mit einer der unfassbarsten Reden der Menschheitsgeschichte überhaupt, der Ansprache des Chefs der SS, Heinrich Himmler in Posen. Bekanntlich hatte Himmler dort im Jahr 1943 die deutschen Massenmörder gelobt, bei ihren ›Aktionen‹ »anständig« geblieben zu sein…

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Die Analogie von 1789 und dem Nationalsozialismus ist so unerträglich wie altbekannt. Die Neue Rechte unter ihrem Vordenker Henning Eichberg proklamiert seit Jahrzehnten, dass ›die Moderne‹, 1789, Liberalismus und Aufklärung, Gleichheit und Freiheit für die Vernichtung in Konzentrationslagern bzw. im Holocaust insgesamt verantwortlich seien. Nicht der deutsche Antisemitismus sei schuld, vielmehr die ›Utopie‹ der Gleichheit der Menschen. In der Forschung unschwer als Schuldprojektion erkannt, hat dieses Theorem in der poststrukturalistischen Schule der Philosophie ein starkes Echo erhalten und heute bekommt es unter der Fahne der Stolzdeutschen, die sich gegen den Westen und den Universalismus wenden, weitere Nahrung.

Erinnern wir uns: In Deutschland war seit 1789 in reaktionären Kreisen der Hass auf die Französische Revolution bestimmend. Entgegen Kant oder Hegel, welche vom Sonnenaufgang menschlicher Vernunft sprachen und den menschheitsgeschichtlichen Fortschritt, der seines gleichen suchte – und nur in der Amerikanischen Revolution von 1776 zu finden ist -, priesen, lehnten viele Deutsche die Revolution mit ihrem Gleichheitsgedanken und seinem Einfordern des universellen Gesetzes ab. 1914 schließlich, zu Zeiten des Ersten Weltkrieges, zogen die glücklichen Deutschen in Regimentern mit Parolen von Nation, Kaiser und Sozialismus, mit den Ideen von 1914 gegen jene von 1789 in das Feld.

›Kultur gegen Zivilisation‹, ›Helden gegen Händler‹, Deutsche gegen den Westen, Juden, Franzosen und Engländer, das war die Konstellation. Dass Napoleon während der Besatzung Deutschlands nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nationen 1806 Juden die Bürgerrechte gewährte, wurde nie verziehen und bereits von den burschenschaftlichen Turnern um ›Turnvater Jahn‹ gewaltig abgewehrt, bei der Bücherverbrennung 1817 auf der bis heute beliebten Wartburg brannten Bücher von Juden als auch der französische Code Civil. Der Philosoph und Theologe Max Müller, bester Freund des dieses Jahr verstorbenen ZDF-Mitbegründers Karl Holzamer, war schließlich 1933 ganz euphorisch und proklamierte »ein neues Zeitalter (…) für ganz Europa, das jenes in den Stürmen von 1789 geborene abzulösen« antreten würde. Der Hass auf die Französische Revolution, auf Gleichheit, Universalismus und Brüderlichkeit, war elementar für den Aufstieg und die Etablierung des Nationalsozialismus.

Heute nun wird revisionistisch gesagt, 1789 und 1933 bis 45 seien verwandt. Mosebach derealisiert die präzedenzlosen Verbrechen des Holocaust, indem er sie mit völlig anderen, unendlich kleineren Gewalttaten in Analogie setzt. Er macht das gezielt, so wie die Neue Rechte die Abwehr von 1789 braucht, um wieder emphatisch von Deutschland reden zu können. Der Hass auf 1789 führte direkt in den Rassestaat, war also primärer Antisemitismus. Nach Auschwitz werden nun 1789 und der NS-Staat analogisiert. Das ist sekundärer Antisemitismus, eine Erinnerungsabwehr der unfassbaren Spezifik der Rede in Posen. Wer die Shoah mit ganz normalen Verbrechen gewaltförmiger, revolutionärer, gegenrevolutionärer etc. Zeiten vergleicht, verharmlost sie. Deutschland verliert seine Schuld, wenn diese projiziert werden kann auf den alten ›Erzfeind‹ Frankreich.

Kritik an Mosebachs neu-rechter Geschichtspolitik wie in der taz, welche zurecht von »revisionistischem Gerede« spricht, wird nun von der FAZ als »Kaderwelsch« diffamiert. Mit diesem Wort generiert der FAZ-Kommentator Lorenz Jäger ein antisemitisches Wort. »Welsch« meint jüdisch, französisch, unlauter, betrügerisch, romanisch, un-deutsch. Die Gegenaufklärung nimmt weiter an Fahrt auf.

Clemens Heni, Dr. phil., Jg, 1970, Politikwissenschaftler und Publizist in Berlin; Altstipendiat der HANS-BÖCKLER-STIFTUNG, ehemaliger Fellow der HEBREW UNIVERSITY JERUSALEM (SICSA) sowie der FONDATION POUR LA MÉMOIRE DE LA SHOAH (Paris); Forschungsschwerpunkte: Antisemitismus, Rechtsextremismus/Neue Rechte, Nationalsozialismus, Ideologiekritik, politische Kultur BRD/Deutschland, Israel, (Neue) Linke, Kritische Theorie, Technikphilosophie, Antiamerikanismus, ‘Natur- und Heimatschutz’, Erinnerung an die Shoah; 2007 erschien seine Dissertation zur “Salonfähigkeit der Neuen Rechten “. Kontakt für Vorträge, Kongresse, Seminare etc. über haGalil.

 

Antisemitismus und SPÖ als ‘ZUKUNFTS’projekt

Original auf www.hagalil.com, 26. September 2007

In der jüngsten Nummer der ZUKUNFT ist ein Artikel von Fritz Edlinger abgedruckt, “Israel, der Islam und die Linke “. Edlinger ist ganz überrascht über Kritik am neuen Antisemitismus, denn seit 1964 ist er SPÖ-Mitglied, obwohl er doch erst 1948 geboren wurde. Kritik am islamischen, palästinensischen, linken oder antiimperialistischen Antisemitismus ist für Edlinger ein “Totschlagargument”. Schon 1948 sei den Palästinensern böses Unrecht geschehen, sie seien vertrieben worden. Dass die Palästinenser den UN-Teilungsplan für Palästina/Israel ablehnten verschweigt der SPÖ-Propagandist wohlweislich. Das würde auch jede antizionistische Propaganda im Keim ersticken…

Von Clemens Heni, Berlin

Heute davon zu reden, arabischer und muslimischer Antisemitismus sei quasi eine Erfindung böswilliger Leute und nur ein “Totschlagargument” gegen gutwillige Antiimperialisten, zeigt die Niveaulosigkeit auch sozialdemokratischer Presseorgane. Denn solche Schuldabwehr, die mit der Schuldprojektion einher geht, ist das beliebte Muster, wie es sich nach dem Nationalsozialismus etabliert hat. Dass de facto die Raketen der Hamas oder anderer Palästinenser Israelis totschlagen und tagtäglich mit dem Tode bedrohen, schert einen echten und guten Sozialdemokratien in Österreich so wenig wie in Deutschland.

Wo sind denn die Massendemonstrationen gegen die Vernichtungsdrohungen gegen Israel, welche täglich aus dem Iran, der Hezbollah im Libanon oder von der Hamas im Gazastreifen zu hören sind, nicht nur von Politikern, vielmehr auch von Imamen, am Frühstückstisch in vielen arabischen Familien, im Fernsehen, Radio und im Internet? Wo hat die SPÖ gegen den Djihad und den Antizionismus jemals eine große Demonstration auf die Beine gestellt in letzter Zeit?

Sind das nicht eher die Leute, die zusammen mit Islamisten, Nazis und sogenannten Globalisierungsgegnern gegen Israel hetzen und jeden Kampf gegen die Gefahr des islamischen Terrorismus ablehnen? Sind es nicht die Leute, die jede konsequente Aktion der USA abwehren und lieber mit den Reaktionären und Massenmördern wie den Taliban kuscheln? Edlinger agitiert gegen die “völkerrechtswidrige Unterdrückungs- und Vertreibungspolitik des ‘Staates der Juden’ Israel.” Da Edlinger und die ZUKUNFT “Staat der Juden” in Anführungszeichen setzen, soll ganz offensichtlich angezeigt werden: das ist eigentlich gar kein akzeptabler Staat der Juden! Und zwar seit 1948 nicht akzeptabel! Hier ist der antizionistische Antisemitismus offenkundig.

Weiter und völlig konsistent bezieht sich Edlinger in seinem Text u.a. auf den Historiker Tony Judt, der zwar kein “US-amerikanischer” Wissenschaftler ist, wie er schreibt, vielmehr ein englischer, der in USA lehrt, aber viel bezeichnender ist die Tatsache, dass Edlinger der Hass Judts auf Israel, welches Judt als jüdischen Staat zerstört wissen möchte und für einen binationalen Staat plädiert, Musik in den Ohren ist.

Edlinger ist ein selbsternannter “österreichischer Linker”, der seit den 1960er Jahren, also seiner Jugend, ganz ungeniert nichts dazugelernt hat und das auch gar nicht wollte: “Der historische Materialismus und das restliche wissenschaftliche Rüstzeug, das man uns in den 60er Jahren vermittelt hat, sollte doch eine Basis für ein derartiges Projekt [“Selbstkritik” im “Nahostkonflikt” etc.] bieten. Ich hoffe, ich bin trotz meiner 59 Jahre nicht allzu naiv-blauäugig.” Wirklich? Nur naiv? Welches “Rüstzeug” meint er denn? Dass es das böse Kapital gebe, welches monopolistisch agiere und seine Handlanger überall auf der Welt aussendet? Der 60er Jahre Antiimperialismus, der sich als Antiamerikanismus und Antizionismus zeigte und seit 9/11 fröhlich Urständ feiert, ist der das “Rüstzeug” Edlingers?

Auch in der österreichischen Sozialdemokratie sind Debatten über linken Antisemitismus spurlos vorüber gegangen, wer das nicht glaubt, lese Edlingers Text in der ZUKUNFT. Dass heute zumal Neonazis gegen Amerika und Israel hetzen und im Verbund mit Islamisten oder (ganz klammheimlich) mit der Antiimperialistischen Koordination (AIK) aus Wien, das ist ja bekannt. Aber nein, Edlinger ist doch gegen “Faschismus”, wo und wann dieser auch immer sich rege, ausser womöglich bei sich selbst oder den armen Unterdrückten der Welt wie Usama bin Laden, der Hezbollah oder der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Gewiss: Nazis und ihre Freunde in Österreich wie die BZÖ oder die FPÖ, welche im Jahr 1999 immerhin knapp 30% der österreichischen WählerInnen hinter sich vereinen konnte, machen derzeit Propaganda gegen Muslime in Österreich. Rassismus und Nationalismus sind nicht nur in Kärnten beliebt.

Doch das ist derzeit gewiss nicht der Kern des Problems. Dieser liegt vielmehr im neuen Faschismus: dem Islamfaschismus, dem grünen, der so gern veritabler Nachfolger des angehimmelten braunen werden möchte. Dass nun eine sozialdemokratische Zeitschrift Texte abdruckt, die diesen grünen Extremismus wenn nicht hofieren, so doch kleinreden und vor allem dessen KritikerInnen diffamieren will, ist so abstossend wie bezeichnend für die politische Kultur im blau-rot-schwarzen Alpenland. Edlinger wendet sich als Aufhänger seiner Anklage gegen Antisemitismuskritik gegen einen Leserbrief von Ruth Contreras. Contreras wird wie auch Thomas Schmidinger vorgeworfen, dass es ihnen um eine “Diffamierung” des Islam gehe.

Judenhass ist ein elementarer Bestandteil islamistischer Ideologie. Das sagt Edlinger aber nicht, das würde sein einfaches Weltbild erschüttern. Als drittes Feindbild, und damit wird die Sache noch krasser, baut Edlinger Karl Pfeifer auf. Entgegen Contreras oder Schmidinger wird jedoch Pfeifer näher bezeichnet. Das lässt aufhorchen. Der Journalist Karl Pfeifer war 15 Jahre freier Mitarbeiter der ZUKUNFT. Heute nun wird vom ZUKUNFT-Autor Edlinger gegen den “sattsam bekannten zionistischen Publizisten Karl Pfeifer” Stimmung gemacht. Wieso diese adjektivische Bestimmung? Zu schreiben “der bekannte Jude Pfeifer” war Edlinger zwar zu feige oder fein, aber genau das wollte er sagen: ein Jude ist das, gebt acht, liebe Genossen! Unfassbar ist so eine Agitation in einer offenbar angesehenen österreichischen Zeitschrift, der ZUKUNFT. Kann so eine ZUKUNFT eine Zukunft haben in einer weltoffenen Welt? “Zionist” ist ein Code für “Jude”, ein postnationalsozialistischer Code, der auch strafrechtlich motiviert zu sein scheint. Viele Neonazis schreiben heute auch oft von Zionisten anstatt von Juden. Das hat die politikwissenschaftliche Forschung längst dechiffriert.

Da aber Zionisten Juden sind, ist ein “zionistischer” Publizist ein jüdischer. Nun müssen die Redaktion, der Herausgeber und alle anderen Verantwortlichen der ZUKUNFT selber wissen, wie Ihnen so ein Antisemitismus gefällt. Sind es nicht die gleichen Leute, die bei Jörg Haider aufheulen, wenn dieser einem Juden, der zufällig “Ariel” heißt, “Dreck am Stecken” unterschiebt und sich schief lacht? Wer jedoch bei einem Rechtextremisten aufheult ohne bei sich selbst zu schauen, welche Ressentiments schlummern und heute frisch fromm fröhlich frei herausposaunt werden (ob mit oder ohne Burschimentalität), der heuchelt, ist unredlich und politisch nicht integer. Fritz Edlinger hat eines der antisemitischsten Hetzbücher nach 1945 in Österreich verlegt, “Blumen aus Galiläa”. Dort wird die jüdische Weltverschwörung in den grellsten Farben ausgemalt und gegen Israel agitiert. Allein schon das macht ihn für eine angeblich irgendwie kritische oder sozial-demokratische Zeitschrift als Autor eigentlich untragbar.

Diese eitel-peinliche, postpubertäre und lediglich Reminiszenzen der 1960er Jahren heranziehende Proklamation eines links-Seins, wie Sie Edlinger vollführt, ist im 21. Jahrhundert kein Rezept. Weder polit-ökonomische Phrasen, welche schon damals bezeugten, wie wenig diese “Sozialisten” selbst Marx himself verstanden, noch militant-antiimperialistische Analysemuster waren je hilfreich. Heute sind sie das größte Hindernis im antifaschistischen Kampf gegen den grünen Faschismus aus Iran und seinen unzähligen Freunden, Freundinnen und HelferInnen, WirtschaftspartnerInnen, zumal im Westen, Österreich nicht zuletzt. Wie offen jedoch eine sozialdemokratische Zeitschrift heuer gegen einen Juden hetzt, indem er als “zionistischer Journalist” gleichsam gebrandmarkt werden soll, das ist ein Skandal. Und als solcher Normalität in Österreich, heute. Wer sich darüber aufregt ist doch deppert, oder nicht?

 

Clemens Heni, Dr. phil., Jg, 1970, Politikwissenschaftler und Publizist in Berlin; Altstipendiat der HANS-BÖCKLER-STIFTUNG, ehemaliger Fellow der HEBREW UNIVERSITY JERUSALEM (SICSA) sowie der FONDATION POUR LA MÉMOIRE DE LA SHOAH (Paris); Forschungsschwerpunkte: Antisemitismus, Rechtsextremismus/Neue Rechte, Nationalsozialismus, Ideologiekritik, politische Kultur BRD/Deutschland, Israel, (Neue) Linke, Kritische Theorie, Technikphilosophie, Antiamerikanismus, ‘Natur- und Heimatschutz’, Erinnerung an die Shoah; 2007 erschien seine Dissertation zur “Salonfähigkeit der Neuen Rechten “. Kontakt für Vorträge, Kongresse, Seminare etc. über haGalil.

 

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