Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Bassam Tibi

„Gaza sieht immer mehr wie ein KZ aus“ – Obskurer Islamforscher zu Gast bei der Uni Osnabrück

Von Clemens Heni und Michael Kreutz

Dieser Text erschien zuerst auf Ruhrbarone

Im Jahr 2015 gab es alleine in Frankreich zwei islamistisch motivierte Massaker mit fast 150 Toten, am 7. bzw. 9. Januar in der Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris bzw. einem jüdischen Supermarkt und am 13. November im Club Bataclan, mehreren Cafés sowie am Stade de France, wo gerade ein Fußballfreundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland stattfand. Daraufhin wurde wenige Tage später erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik aus Terrorangst ein Fußballspiel der deutschen Nationalmannschaft in Hannover abgesagt.

Doch all diese spezifisch mit dem Islamismus und Jihadismus zusammenhängenden Ereignisse führen eben in der Wissenschaft, der Islamforschung wie der Islamischen Theologie, offenbar weiterhin kaum dazu, Kritik am Islamismus und Antisemitismus zu üben. So wird der Präsident der Uni Osnabrück, Prof. Wolfgang Lücke, am 14. Januar 2016 die Konferenz „Antimuslimischer Rassismus und Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa“ begrüßen. Es ist eine dreitägige, große Konferenz mit über vierzig Referentinnen und Referenten, organisiert vom Institut für Islamische Theologie der Uni Osnabrück und finanziert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, dem Graduiertenkolleg Islamische Theologie sowie der Bundesregierung und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Hier kommt eine Opferhaltung zum Ausdruck, die den Islamisten letztlich nur in die Hände spielt. Kein einziger Vortrag ist der jihadistischen und islamistischen Gewalt und Ideologie gewidmet. Sicher, angesichts eines unübersehbaren rassistischen Klimas in Deutschland, von Pegida über die AfD bis hin zu Neonazis, die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verüben, ist eine Kritik am Rassismus notwendig. Doch was soll „antimuslimischer Rassismus“ sein? Rechtspopulisten mögen ein besonderes Problem mit dem Islam haben, allgemein hetzen sie aber gegen die Zuwanderung insgesamt. Sie wollen ein völkisch homogenes Deutschland.

Der eigentliche Skandal der Konferenz ist der Hauptredner, der amerikanische Islam- und Nahostforscher John L. Esposito, Jg. 1940. Er hat einen von Saudi-Arabien (mit)finanzierten Lehrstuhl und ist einer der umstrittensten Nahostforscher in Amerika. Acht Jahre ist es her, seitdem der amerikanische Nahostkenner Martin Kramer darauf hingewiesen hat, dass mit den Berechnungen bezüglich der Zahl von radikalisierten Muslimen von John Esposito etwas faul ist.

Demnach hatte Esposito eigene Umfragen unter Muslimen dahingehend interpretiert, dass nur 7% der Befragten als radikalisiert bezeichnet werden können. So gering nämlich sei der Anteil derer, die der Aussage zustimmen, dass die Anschläge vom 11. September 2001 „völlig gerechtfertigt“ seien. Dabei fiel aber unter den Tisch, dass anderthalb Jahre zuvor Esposito und seine Co-Autorin auch solche Befragten zu den Radikalisierten zählten, die der Aussage zustimmten, dass die Anschläge „weitgehend gerechtfertigt“ seien. Viele von denen, die vorher noch als radikal gegolten hatten, wurden plötzlich zu Moderaten verklärt.

Selbst Islamisten, die in der Forschung für ihre gefährliche Ideologie seit Jahren analysiert und kritisiert werden, wie die Gülen-Bewegung, Tariq Ramadan aus der Schweiz, Yusuf al-Qaradawi aus Katar oder Mustafa Ceric aus Bosnien werden von Esposito als wunderbare Beispiele für einen „moderaten“ Islamismus betrachtet. Doch es gibt keinen „moderaten“ Islamismus, wie schon der Politik- und Islamwissenschaftler Bassam Tibi in einer Kritik an Esposito vor Jahren betonte. Ein Yusuf al-Qaradawi, der Selbstmordattentate gegen Israelis für religiös rechtmäßig erklärt, wird nicht dadurch moderat, dass er ihre Durchführung auch Frauen ohne Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner zubilligt!

In seinen Büchern und Texten zeigt sich die ganze Ideologie von John Esposito. Für ihn ist der islamische „Fundamentalismus“ im Iran, dem zigtausende Menschen zum Opfer gefallen sind, das gleiche wie ein christlicher in den USA, der reaktionär sein mag, aber nicht mörderisch ist. Ebenso verglich er George W. Bush mit dem Dschihadisten, Massenmörder und Mastermind des 11. September 2001, Osama bin Laden. Solche Vergleiche mögen im Westen in manchen Kreisen populär sein, sie sind aber grundfalsch, weil beide Personen für entgegengesetzte Werte stehen.

In seinem Buch „The Future of Islam“ (Die Zukunft des Islam) von 2010 vergleicht Esposito die Situation im Gazastreifen mit KZs und somit Israel mit Nazis – eine klare antisemitische Diffamierung, nach Definition des amerikanischen Außenministeriums und der internationalen Antisemitismusforschung.

Mehr noch: im August 2014 beschuldigte Esposito auf Twitter den Holocaustüberlebenden Elie Wiesel, dieser spiele angesichts der Ereignisse in Gaza eine „Holocausts-Trumpfkarte“ aus. Wiesel hatte zu Recht betont, dass die islamistische Terrororganisation Hamas endlich aufhören solle, Kinder als Schutzschilde zu missbrauchen. Er wies darauf hin, dass Juden schon vor über 3500 Jahren dem Menschenopfer eine Absage erteilt hatten und solche Praktiken für einen zivilisatorischen Rückfall hielten. Für Esposito aber war das kein Grund nachzuhaken, sondern Anlass zur Diffamierung. So reden in Deutschland üblicherweise nur Neonazis und extreme Rechte.

Schließlich hat Esposito in seinem Buch „Die Zukunft des Islam“ auch dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, ohne jeden Beleg (!) die Aussage unterstellt, „Muslime wollen die Welt beherrschen“. Solche Aussagen wie auch andere Verdrehungen in seiner Darstellung disqualifizieren Esposito als Redner. Frisch hat das Behauptete aber nicht nur nicht gesagt, sondern sich dezidiert dagegen gewandt, Muslime zu diffamieren. Davor warnt er nachdrücklich. Esposito dagegen versucht eine deutsche Bundesbehörde, die den Islamismus beobachtet und vor ihm warnt, zu diskreditieren.

Wollen der Präsident der Uni Osnabrück, die über vierzig Referentinnen und Referenten wie auch die involvierten Landes- wie Bundesministerien einer solchen Rabulistik, diesem Antisemitismus und dieser Verharmlosung des Islamismus wirklich Vorschub leisten?

 

Clemens Heni Nassau Inn Princeton 05252009

Dr. phil. Clemens Heni

Dr. phil. Clemens Heni ist Politikwissenschaftler und Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

 

 

 

michael_kreutz_dgrau

Dr. phil. Michael Kreutz

Dr. phil. Michael Kreutz ist Arabist und Islamwissenschaftler in Münster

Eine, die es „geschafft“ hat – Die pro-iranische Soziologin Naika Foroutan und die „jüdische Lobby“ in Amerika

 

„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“

Albert Einstein

 

 

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

Für die Soziologin Naika Foroutan war der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon ein „Staatsterrorist“, der frühere iranische Präsident Khatami, der von Israel als einem „krebshaften Tumor“ spricht, ein wundervolles Zeichen für einen „Kulturdialog“ des Islams mit dem Westen. Der 11. September wird von Foroutan rationalisiert, da die „Erniedrigung der Palästinenser“ Movens gewesen sei. So steht es in ihrer Dissertation von 2004. 2010 pushte Maybrit Illner die Agitatorin, Anfang Januar 2015 kam die „Expertin“ Foroutan zusammen mit ihrem Kollegen Andreas Zick in der Hauptausgabe der Tagesschau zu Wort, da sie sich gegen den Rassismus und Nationalismus von PEGIDA wende. Doch Andreas Zick von der Amadeu Antonio Stiftung scheint gar nicht zu wissen, mit wem er es bei Foroutan zu tun hat. Auf der Homepage zum 50jährigen Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen wird Foroutan auch publiziert. Foroutans Doktorvater an der Universität Göttingen, der bekannte Politologe Bassam Tibi, scheint ihre Arbeit womöglich nicht en detail gelesen zu haben. Oder teilt er ihre Ideologie?

Das Beispiel der Soziologin Naika Foroutan, stellvertretende Leiterin des angesagten Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Humboldt Universität (HU) Berlin, kann exemplarisch zeigen, dass gerade auch Migranten, die es „schaffen“, die sehr gut gebildet sind und einen tollen Job im Mainstream der Gesellschaft haben, politisch zu kritisieren sind wie alle anderen, die es „schaffen“.

Damit soll der Fokus verschoben werden: es geht nicht immer nur um jene, die als „Versager“ oder Vertreter eines „Terrors der Verlierer“ (Der Spiegel) dastehen, wie Kämpfer des Islamischen Staates (IS) oder die Jihadisten von Paris. Denn als „Versager“ werden jene von den großen Medien und im Diskurs gesehen. Es gilt aber ebenso einen Blick auf die Sieger zu wagen. Technische Teile für Atombomben in Iran werden von jenen Ingenieuren entwickelt, die es „geschafft“ haben und nicht von „Versagern“ oder „Verlierern“, wobei zivilisationskritisch „Versager“ ein ganz problematischer Begriff ist. Eher ginge es um jene, die nicht ganz mitgekommen sind mit dem Fortschritt oder dem Leben, aus welchen Gründen auch immer. Doch das wäre ein eigenes großes Sujet, das hier nicht vertieft werden kann. Jihadisten haben die Wahl zwischen Töten und Nicht-Töten und es ist eine bewusste Entscheidung für das Töten der „Ungläubigen“ oder vom Glauben „Abgefallenen“ etc.

Grob gesagt geht es um Folgendes, der Journalist Michael Miersch hat das am 20. Januar 2015 in seinem Abschiedsschreiben an die Leserinnen und Leser und vor allem seine beiden Ex-Kollegen des Autorenblogs Achgut (Henryk M. Broder und Dirk Maxeiner), den er selbst mit gegründet hat vor fast 11 Jahren, so in Worte gefasst:

„Das politische Spektrum in Deutschland verengt sich auf zwei Pole: Die, die ein Problem mit dem Islam abstreiten und am ‚Elefanten im Zimmer‘ vorbei gucken. Und die, deren Antwort auf die islamische Herausforderung lautet: Scharen wir uns um Kreuz und Fahne und verteidigen wir unsere deutsche Identität.“

Erste Position trifft auf Naika Foroutan zu und viele andere, letztere auf Mierschs Kollegen Henryk M. Broder und dessen Umfeld.

Mehr noch: Naika Foroutan ist eine Kritikerin von Thilo Sarrazin und das könnte sie ja zu einer sympathischen Zeitgenossin machen. Sie tut jedoch so, als ob „der Islam“ oder „die Muslime“ das Hauptthema von Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ seien. Wer das Buch gelesen hat, weiß jedoch, dass es nur am Rande um Muslime geht. Doch nicht nur ihre „Zahlenspiele“ zeigen ihre Konfusion an, vielmehr merkt sie gar nicht, dass es bei Sarrazin um Stolz auf Deutschland geht, um die Ex-Nazi-Bürokraten, die in den 1950er Jahren das Land wieder „aufbauten“. Sarrazin hasst Menschen, die HartzIV beziehen und diffamiert nicht-promovierte wie promovierte Sozialhilfebezieher, wenn diese sich beschweren über zu wenig Heizgeld, möge doch ein zweiter Pulli reichen. Um den Islam geht es im Millionenbestseller des Möchtegern SPD-Stars „Deutschland schafft sich ab“ nur am Rande. Dafür hantiert Sarrazin mit dem philosemitischen Antisemitismus und findet Juden ganz besonders super schlau. Und Intelligenz sei vererbbar etc. Das ganze gegenaufklärerische Programm wird ausgebreitet, auf sprachlich ziemlich desolatem Niveau.

Foroutan wiederum ist stolz auf viele Türken mit Abitur. Bildung ist auch wichtig, ja. Ein unterbelichteter Aspekt ist jedoch: sind nicht gerade die gebildeten Leute, ob nun „biodeutsch“ oder nicht, das Problem, wenn es um Antisemitismus, Antiamerikanismus und die Verharmlosung des Islamismus geht?

Sind nicht viele mit Abitur wie Hochschuldozenten im Bereich Islamwissenschaft gerade Teil des Problems? 2010 rezensierte ich Sarrazins Buch für die Zeitschrift „Tribüne“ und schrieb:

„Es geht Sarrazin um Deutschland, nicht um Islamismus. Ginge es ihm um letzteren, dann würde er die herrschende Elite an Unis, Think Tanks, in der Politik, den Medien etc. angreifen müssen. Es geht dem Sozialdemokraten um die bessere Verwertung der Menschen im System. Nur wer arbeitet, soll auch essen, ein Spruch, den wir aus der deutschen Geschichte allzu gut kennen. Was letztlich in den Fabriken, den Call-Centern, den Bürovielzweckgebäuden und easy-listening-Großraumbüros so produziert wird, die Ware, ist völlig egal. Kritik ist notwendig, nicht Lob fürs deutsche Gymnasium, dem diejenigen die für die nationale wie Weltlage mit verantwortlich sind, jene die mit Iran Geschäfte machen, den Jihad gewähren lassen und Antisemitismus auf unterschiedlichster Stufe und in vielfältigster Form produzieren oder verharmlosen, entspringen. (…) Das Buch von Sarrazin hat gar nicht die Intention Jihadismus und Islamismus zu kritisieren, das ist nur ein kleines Nebenprodukt in einem seiner Kapitel. Dies haben offenbar weder Verteidiger noch Gegner verstanden. Es geht ums Kinderkriegen, um die deutsche Volksgemeinschaft der Intelligenten. Es geht um störungsfreien Betrieb im sozialdemokratischen Musterland. Es geht um Hierarchie, stolze Traditionen, um Ethno-Nationalismus und um ‚Wanderers Nachtlied‘, nicht um Reflexion und Kritik an Islamophilie, Antisemitismus und deutschen Traditionen, die zur deutsch-islamischen Liebe von Hitler und dem Mufti führten.“

Das wäre also eine Kritik an Sarrazin, die sich nicht auf Zahlenspiele oder Statistiken kapriziert, wie Foroutan es tut. Sie und ihre sechs Kolleginnen und Kollegen, die im Dezember 2010 eine Broschüre über Sarrazin publizierten, gehen mit keinem Wort auf den Antisemitismus und verwandte Ideologeme bei Sarrazin ein. Sie haben nicht bemerkt, dass Sarrazin in der Einleitung seines Buches den Islam nicht einmal touchiert, da er für seine Agitationsschrift nicht zentral ist. Unterm Strich sind beide stolz auf Deutschland, Sarrazin in der völkischen Variante, Foroutan in der den Jihad trivialisierenden Variante. Foroutan schreibt 2011 in einer Projektbeschreibung für ihr „Heymat“-Projekt an der Humboldt-Universität Berlin:

„Während internationale Konfliktereignisse wie der 11. September, der Afghanistan-Konflikt, der Irak- oder der Libanon-Krieg, samt der täglichen Berichterstattung über Terroranschläge islamistischer Fanatiker, die außenpolitische Ebene dominieren, findet auf der nationalen Ebene eine schleichende gesellschaftliche Vergiftung statt. Begriffe wie Parallelgesellschaft, Home-Grown-Terrorism, Hassprediger, Zwangsehe und Ehrenmord überlagern die Wahrnehmung der Mehrheitsgesellschaft zum Thema Islam und führen zu ansteigender Islamophobie und anti-muslimischem Rassismus.“

Sorge vor jihadistischer Gewalt hört sich irgendwie anders an.

In einer 2011 erschienenen Festschrift für Bassam Tibi schreibt die Autorin:

„Zu der Angst vor einem ‚Zivilisationsfeind‘ Islam gesellt sich die These der Bedrohung durch ‚Schurkenstaaten‘ wie z.B. Iran als Legitimation erneuter weltweiter Verteidigungs- und Aufrüstungsbereitschaft.“

Naika Foroutan Dissertation 2004

Foroutans Dissertation aus dem Jahr 2004 – Kulturdialoge zwischen dem Westen und der islamischen Welt. Eine Strategie zur Regulierung von Zivilisationskonflikten – deutet bereits an, in was für eine problematische Richtung ihre Forschung geht. Foroutan geht von der zentralen Bedeutung von „Kultur“ für die ganze Welt aus und schreibt angesichts des War on Terror, den sie ablehnt:

„Kulturdialog wird der regulative Grundsatz der post-bipolaren Weltordnung sein, trotz anachronistischer Überlebenskämpfe der neokonservativen Politik oder gerade deswegen.“

So beendet Foroutan ihre Arbeit und plädiert für den „Kulturdialog“, so als ob al-Qaida, die führende jihadistische Kraft im Jahr 2004, als die Studie beendet bzw. publiziert wurde, an einem solchen Dialog Interesse hätte. Und was für einen essentialistischen oder kulturrelativistischen Kulturbegriff hat die Autorin? Sie benutzt den schwammigen Begriff „Dialog“ nur dafür, auf alle Fälle eine militärische Antwort auf jihadistischen Massenmord zu verhindern. Für die Autorin sind Muslime und der Islam im Fokus des Westens und sie möchte keinen Krieg gegen den Jihad, sondern interzivilisatorischen Dialog, einen Dialog zwischen den Zivilisationen, vor allem der muslimischen mit dem Rest der Welt – als ob der Jihad oder Islamismus eine Kultur unter anderen sei und nicht der Feind jedes Dialogs, was vor allem für die Islamische Republik Iran gilt, die Foroutan wiederum besonders am Herzen liegt.

 

Tibis Schülerin verharmlost und rationalisiert die Terrorangriffe auf Amerika vom 11. September 2001 in vielerlei Hinsicht und sucht permanent Gründe für den „islamischen Fundamentalismus“. Dabei verwechselt sie auch Hass auf den Westen mit aufklärerischer Kritik aus dem Westen am Westen und schreibt:

„So argumentierten fundamentalistische Denker des Islam wie Seyyed Qutb oder Hassan al Turabi, sie wollten von der liberalen Regierungsform, wie sie der Westen propagiert abweichen. Sie sahen die liberale Regierungsform des Westens als gescheitert an, da sich nach Ihrer Ansicht die moderne westliche Gesellschaft offensichtlich in einer Krise befindet. Hier finden sich Parallelen zu Ideen der französischen Existentialisten, ebenso wie zu Vorstellungen deutscher Philosophen, wie Horkheimer oder Heidegger.“

Die Nachwuchsforscherin setzt islamistische, antisemitische Vordenker des weltweiten Jihad wie Sayyid Qutb und Nazis wie Martin Heidegger mit einem Dialektiker und kritischen Theoretiker wie Max Horkheimer gleich. Das ist an Perfidie schwer zu überbieten: Nur zufällig – weil er rechtzeitig fliehen konnte – überlebte der Jude Horkheimer den Holocaust. Man merkt auch wie wenig wissenschaftliche Ahnung sie von der Kritischen Theorie hat, die den Westen und die Aufklärung in der Kritik verteidigte, während Heidegger oder Qutb antiwestliche Hetzer waren.

 

Es kommt noch heftiger. Foroutan rechtfertigt den Antizionismus der arabischen Welt und fantasiert in ihrer Dissertation von einer „jüdischen Lobby“, die die USA dazu gebracht habe, im September 2001, vor 9/11, die so genannte UN-Antirassismuskonferenz im südafrikanischen Durban zu boykottieren. Foroutan schreibt in ihrer Doktorarbeit:

„Hier drängt sich für die islamische Welt, die in der Palästinafrage sehr sensibilisiert ist, die Frage auf, welche Macht die jüdische Lobby in den USA tatsächlich hat, wenn sie die Supermacht dazu bringen kann, eine Teilnahme an einer UN-Konferenz abzusagen, weil Israel dort kritisiert werden sollte.“

Wer von der „jüdischen Lobby“ und der imaginierten Macht der Juden daher redet, bedient eine typisch antisemitische Denkfigur. „Der“ Jude stecke hinter Amerika, wie es schon die Nazi-Propaganda sah, man denke nur an Johann von Leers Hetzschrift „Kräfte hinter Roosevelt“ von 1940. Für Naika Foroutan scheint es denkunmöglich, dass sich Politiker aus eigenen Stücken gegen antirassistisch verkleideten Antisemitismus wie auf der Durban-Konferenz wenden. Es muss schon die „jüdische Lobby“ dahinter stehen. Foroutan versteckt sich dabei hinter dem Ausdruck „islamische Welt“, womit sie wiederum essentialistisch die gesamte islamische Welt als pro-palästinensisch, antiamerikanisch und antiisraelisch präsentiert. „Die“ islamische Welt würde von der „jüdischen Lobby“ schwadronieren. Damit homogenisiert sie gerade „die“ islamische Welt, eine Homogenisierung, die sie sonst liebend gern den Islamismuskritikern unterstellt.

Johann von Leers gegen die „jüdische Lobby“, 1940

 

Kein Wunder, dass Foroutan den Massenmord von 9/11 rationalisiert – wohlgemerkt, so steht es nicht etwa auf einem Blog, sondern in der von Bassam Tibi angenommenen und mit einem überschwänglichen Vorwort gewürdigten Dissertation von Foroutan:

„Noch schmerzlicher mussten die USA diese Erfahrung jedoch am 11. September 2001 machen, als die Terrorakte der islamischen Fundamentalisten das Land heimsuchten. Nicht nur in der islamischen Welt wurde dabei eine direkte Verbindung zu der Erniedrigung der Palästinenser durch den Staatsterror Scharons in Israel hergestellt, auch in Europa und den USA wurde ein solcher Zusammenhang erkannt.“

Sie bezieht sich in ihrer Studie mehrfach auf Muhammad Khatami, den zum Zeitpunkt ihrer Dissertation amtierenden iranischen Präsidenten:

„Auch Kofi Annan und der iranische Staatspräsident Mohammad Chatami gelten auf internationaler Ebene als Wortführer des Dialogs zwischen den Zivilisationen. Der Begriff Kulturdialog bleibt in diesen Werken immer ein moralischer, normativer Begriff, was mit dem folgenden Zitat Chatamis verdeutlich wird.“

Diese Lobhudelei eines Islamisten wie Khatami gereicht zum Doktortitel einer deutschen Universität. Sie erwähnt den Antisemitismus Khatamis nicht. Unter seiner Präsidentschaft gewährte Teheran „nicht nur [Jürgen, d.V.] Graf Asyl, sondern auch Wolfgang Frölick [Fröhlich, d.V.], einem österreichischen Ingenieur, der vor Gericht unter Eid aussagte, dass Zyklon-B nicht zum Töten von Menschen benutzt werden konnte“, wie der Islamforscher George Michael in der Fachzeitschrift Middle East Quarterly 2007 schrieb.

 

Für Naika Foroutan ein gutes Beispiel für den „Kulturdialog“ von Islam und dem Westen? Antizionistischer Antisemitismus bei Khatami im Jahr 2000

Im Dezember 2000 nannte Khatami Israel einen zu beseitigenden „krebshaften Tumor“, und am 24. Oktober 2000 hatte Khatami im iranischen Staatsfernsehen erklärt, die islamische Welt solle sich auf eine harte Konfrontation mit dem „zionistischen Regime“ einstellen. 2011 spricht Foroutan nicht etwa vom Jihad und der Gefahr des Islamismus für Juden oder den Westen, nein, die Muslime seien die armen Opfer einer „zivilisatorischen Abgrenzungsrhetorik“.

 

Foroutans Doktorarbeit wurde prämiert, was als Resultat einer politischen Kultur des Antiamerikanismus und Antizionismus sowie einer Abwehr von Kritik am Islamismus nach 9/11 nicht verwundert:

„02/2006 Preisträgerin des Friedrich-Christoph-Dahlmann-Preises 2006, verliehen von der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Georg-August-Universität-Göttingen für die beste Dissertation 2005. 11/2005 Preisträgerin des Forschungspreises 2005 für Auswärtige Kulturpolitik der Alexander Rave Stiftung, verliehen vom Institut für Auslandbeziehungen ifa.“

 

Sie derealisiert jeglichen Aufruf zum Mord an den ‚Ungläubigen‘ von Seiten des Iran, der Islamisten und Jihadisten, wenn sie 2011 schreibt:

„Im Westen gilt die viel verbreitete Meinung, dass der Krieg der Islamisten gegen die Werte der westlichen Welt gerichtet sei, sprich gegen Pluralismus, Demokratie, Freiheit und offene Gesellschaften. In der islamischen Welt ist man vielfach der Überzeugung, der Terror richte sich gegen Fremdherrschaft, Korruption, versteckte Kriegstreiberei, Unterstützung diktatorischer Regime, Ausbeutung der islamischen Länder aus machtpolitischen und energiepolitischen Motiven und zer­fallende moralische Strukturen – daher distanzieren sich viele Muslime auch nicht so eindeutig von den Terroranschlägen.“

Damit rechtfertigt die Forscherin die klammheimliche und auch offene Schadenfreude zahlreicher Muslime über 9/11. Die Liebe zum Islam und zum Tod, die Mohammed Atta und seine jihadistischen Freunde motivierte, schockiert Foroutan anscheinend nicht. Sie rationalisiert den Islamismus und den Jihadismus, das heißt: Sie sucht rationale Gründe für das irrationale Morden. Sie möchte verstehen, wo nichts zu verstehen ist. Gegen welche „Fremdherrschaft“ richteten sich die Jihadisten in Paris im Januar 2015, die die Redaktion von Charlie Hebdo massakrierten und Juden in einem jüdischen Supermarkt ermordeten?

Hauptsache schwarzrotgold

Die deutsch-israelische Homepage aus Anlass von 50 Jahren deutsch-israelische diplomatische Beziehungen. Der Kern scheint zu sein, möglichst viele deutsche Fahnen unterzubringen und den deutschen Nationalismus als „koscher“ zu präsentieren.

 

Für ihre den Jihad trivialisierenden, entwirklichenden, als Phänomen sui generis leugnenden und den antizionistischen Antisemitismus fördernden Einsatz wird Foroutan nun (im September 2014) auf der Homepage der Israelischen Botschaft in der Bundesrepublik, dem israelischen Außenministerium, der Deutschen Botschaft Tel Aviv, dem Auswärtigen Amt und dem Goethe Institut anlässlich des 50. Jahrestages des Beginns der deutsch-israelischen diplomatischen Beziehungen publiziert. Dort ist sie ganz euphorisch ob des (anscheinend) extrem hohen Anteils der Kleinkinder unter sechs Jahren in Frankfurt am Main mit einem migrantischen Familienhintergrund. Sie fordert einen neuen deutschen Nationalismus („Der lange Weg zum neuen deutschen Wir“), der gerade auf den migrantischen Anteil setzt. Sie ist auf ihr Herkunftsland Iran so stolz wie auf Deutschland; Amerika und Israel mag sie dagegen gar nicht, zumindest nicht, solange sie den Jihad bekämpfen (George W. Bush, Ariel Scharon).

 

Mit ihrem Hype um Fußball und das WM-Jahr 2006 macht sich Naika Foroutan gerade gemein mit dem deutschen rassistischen Mainstream, somit hat sie geholfen PEGIDA Mainstream werden zu lassen mit ihren schwarzrotgoldenen Fahnenmeeren, die direkt vom Sommer 2006, den Foroutan so liebt, herrühren. Nicht der Hauch einer Analyse oder Kritik am sekundären Antisemitismus, der mit deutschem Nationalismus immer einhergeht. Foroutan bejaht das nationale Apriori des Sommers 2006, ganz ähnlich wie Matthias Matussek, der Schriftsteller Georg Klein oder fast alle andere Deutschen.

 

Hauptsache nationalistisch und schwarz-rot-gold

Der Kern von Naika Foroutans Ideologie jedoch ist die Abwehr der Islam- und Islamismuskritik, ihr Verhöhnen der Opfer des 11. September 2001 und ihr Ressentiment gegen Ariel Scharon und die israelische Abwehr des Judenhasses. Auch hier, beim Antiamerikanismus und Israelhass, hat Naika Foroutan bei PEGIDA viele Gesinnungsgenossen. Foroutans Rede von der „jüdischen Lobby“ schließlich zeigt, wie verbreitet Antisemitismus im deutschen Mainstream an den Universitäten ist. Er wird einfach goutiert.

 

Das sind wahrlich gute Gründe für die Israelische Botschaft in Deutschland sowie das Auswärtige Amt Naika Foroutan als gelungenes Beispiel für Integration zu nehmen und ihr im 50. Jahr der deutsch-israelischen Beziehungen eine Plattform zu bieten.

 

 

 

Der Verfasser promovierte 2006 an der Universität Innsbruck mit einer Arbeit unter dem Titel „Ein völkischer Beobachter in der BRD. Die Salonfähigkeit neu-rechter Ideologeme am Beispiel Henning Eichberg.“ (Gutachter: Prof. Dr. Anton Pelinka, Prof. Dr. Andrei S. Markovits.)

Sozialdemokratischer Antisemitismus: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte im Jahr 2007

Zuerst publiziert auf www.hagalil.com am 10.09.2007

 

Kritik am Antisemitismus ist nicht beliebt. Klar, bis 1945, unter den Nazis, da gab es irgendwie Judenfeindschaft. Dagegen sind fast alle. Aber seitdem? Sind die Juden jetzt nicht wirklich mächtig, haben einen Staat und eine große Armee? Wurde nicht aus den Opfern ein ‚Täter‘, so böse das klingen mag? Sind nicht gerade ‚wir Deutschen‘ aufgefordert dem Einhalt zu gebieten und diesmal auf der richtigen Seiten zu stehen, jener der ‚Opfer‘, also der Palästinenser bzw. der Araber und Muslime? Ist nicht eine gleichsam „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ am Werke, die sowohl ökonomisch schlechter gestellte Leute, als auch Obdachlose, Frauen, Homosexuelle, Muslime („Islamophobie“) oder auch Juden gleichermaßen diskriminiere? Wieso wollen die Juden immer eine ‚Extrawurst‘ sein und weigern sich mit den genannten vergleichsweise harmlosen ‚Diskriminierungsfacetten‘ in einen großen Topf geworfen zu werden? Wieso reagieren viele Publizisten oder Wissenschaftler so allergisch, zumal im neuen Deutschland, wenn es um das Spezifische am Antisemitismus geht?

Im folgenden wird eine antisemitische Rezension in einer der bekannten sozialdemokratischen Theoriezeitschriften untersucht und jenes abgewehrte Buch neu gelesen und besprochen. Ich hatte eine Professorin für Soziologie an einer bundesdeutschen Universität angefragt, ob sie meine Dissertation[i] rezensieren wolle. Da in meiner Studie der Antizionismus wie auch der Antiamerikanismus nicht nur nach 9/11 kritisiert werden[ii], könnte sich mit einer Rezipientin eine interessante Diskussion ergeben, hoffte ich. Die Professorin[iii], Expertin in Sachen ‚Rassismus‘, ‚Nationalismus‘ etc., welche mir schrieb, dass sie „beeindruckt“ von der „Fülle des Materials und der Analysen“ meiner Studie sei, wollte eigentlich in dem sozialdemokratischen Hausblatt Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte die Rezension unterbringen.

Die jedoch sei skeptisch, da vor kurzem eine dort publizierte Rezension für Wirbel gesorgt habe und der Chefredakteur bzw. die Redaktion besonders alarmiert seien. Die Rezension könne sie jedoch auch für eine andere Zeitschrift schreiben. Um diese (mögliche) Besprechung geht es mir jedoch gar nicht. Das ist lediglich der Aufhänger für etwas ganz anderes. Denn was für ‚Wirbel‘ in der NG/FH ist gemeint? Was für eine Rezension? Die Soziologin schrieb mir folgendes:

„Zum Konflikt in der NG/FH folgendes: in H 6-2007 hatte der Journalist Rudolf Walther eine recht israelkritische Rezension zu einem Sammelband geschrieben. Daraufhin kam großer Protest von Arno Lustiger (…).“

Was mag „recht israelkritisch“ heißen? Es handelt sich um den Band Neu-alter Judenhass. Antisemitismus, arabisch-israelischer Konflikt und europäische Politik.[iv] Die Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte ist die einzige renommierte sozialdemokratische Theoriezeitschrift. Sie wird im Namen der Friedrich-Ebert-Stiftung von der SPD-Politikerin Anke Fuchs, dem Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), Klaus Harpprecht, dem langjährigen Professor für Geschichte in Bielefeld bzw. der FU Berlin und Präsidenten des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung Jürgen Kocka[v] sowie dem Chefredakteur Thomas Meyer, zugleich Professor für Politikwissenschaft an der Universität Dortmund, herausgegeben.

Ein Blick in den Redaktionsbeirat ist auch interessant. Dort sitzen neben Tissy Bruns, Frank Benseler, Iring Fetscher, dazu der jungdeutsche Protagonist eines Kampfes gegen den amerikanischen „Freiheits-Bolschewismus“[vi], Eckhard Fuhr, die Historikerin Susanne Miller, Sigmar Mosdorf, Wolfgang Thierse, Herfried Münkler (Professor für Politikwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität) und einige andere. Das zeigt den bemerkenswerten Einflussradius in Politik, Wissenschaft, Forschung, Publizistik, Partei (SPD) und Gesellschaft dieser monatlich erscheinenden Zeitschrift. Es ist also kein linkes Miniblatt, bei dem es sinn- und nutzlos wäre die Ressentiments monatlich, täglich oder wöchentlich alle einzeln zu sezieren. Doch eine solche mainstream-Zeitschrift verdiente es schon einmal exemplarisch untersucht zu werden. Rezensionen zumal haben einen durchaus exponierten Gehalt in NG/FH, da es pro Ausgabe nur wenige gibt.

Die hier in Frage stehende Rezension macht schon im Titel deutlich, worum es ihr geht: „Rhetorik des Verdachts. ‚Neu-alter Judenhass. Ein Sammelband von Klaus Faber u.a. macht es sich sehr einfach“.[vii] Der erste Satz wiederum versetzt den Rezensenten in den Stand eines Opfers der Verhältnisse:

„Wer sich mit dem Nahost-Konflikt beschäftigt, betritt nicht nur vermintes Gelände, sondern bewegt sich auch in einem ideologisch vergifteten Klima.“[viii]

Weder Titel der Buchkritik noch der erste Satz lassen ahnen, dass es sich hier um seriösen Journalismus handelt. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass Texte in einer Zeitschrift wie NG/FH gewiss nicht nur einmal kurz überflogen, vielmehr gründlich redigiert werden, wird es noch beachtlicher. Fast schon ironisch ist es, dass zumindest einer der Herausgeber des rezensierten Bandes, Klaus Faber, ein der Sozialdemokratie höchst aufgeschlossener Politiker ist, der auch selbst schon öfters in NG/FH geschrieben hat.

In geradezu zynischer Diktion stellt Rezensent Walther die Frage, ob es Zufall sei, dass die Berichterstattung über Israel so schlecht sei:

„Soll die ARD-Tagesschau über Heirats- und Schulfeste in Israel berichten, um das von einer rechtsradikalen, gelegentlich rassistischen Politik heruntergewirtschaftete Image des Landes aufzumöbeln oder über das, was tatsächlich und tagtäglich geschieht in den besetzten Gebieten?“[ix]

Demokratisch gewählte Politiker wie Ehud Olmert oder Zipi Livni werden als „rechtsradikal“ denunziert um Israel per se ein „heruntergewirtschaftetes Image“ anzuheften. Von der NPD oder den linksextremistischen Antizionisten vom Schlage der Nationalbolschewisten der jungen Welt ist man das gewöhnt. Doch in einer seriösen Zeitschrift einen völlig argumentationslosen Diffamierungsschwall gegen Israel lesen zu müssen, das ist einmal mehr bemerkenswert. Dass Walther den Politikwissenschaftler Lars Rensmann so wenig leiden kann wie den Journalisten Tobias Kaufmann oder den Wissenschaftler Yves Pallade, mag an seiner grundsätzlichen Weigerung liegen, Kritik am Antisemitismus nicht 1945 aufhören zu lassen. Fast schon komisch wird es, wenn Walther zentrale Begriffe der modernen Politik- und Sozialwissenschaft bzw. der Zeitgeschichte in puncto Antisemitismusforschung, als ‚Erfindung‘ abtut, ja so tut, als ob diese Begriffe völlig unbekannt seien:

„Keiner der Autoren gibt sich die Mühe, etwas präziser zu beschreiben, was ‚Neu-alter-Judenhass‘ oder hybrid-spekulative Konstrukte wie ‚Schuldabwehr-Antisemitismus‘, ‚medialer Sekundär-Antisemitismus‘ bedeuten.“[x]

Seit Adornos Studie Schuld und Abwehr aus dem Jahr 1955 haben sich einige Studien mit dem Schuldabwehr-Antisemitismus, dem sekundären Antisemitismus nach Auschwitz beschäftigt. Solche Analysen haben Sozialdemokraten und ihre Theorieorgane offensichtlich weiträumig gemieden. Ja, mehr noch: wie Schuldabwehr-Antisemitismus funktioniert, wie Amerikanern (‚Bush denkt so wie Hitler oder Bin Laden‘), Engländern (‚Bomben-Holocaust‘), Russen, Tschechen, Polen (‚Vertreibungs-Holocaust‘), Israelis und Juden (‚Holocaust an den Palästinensern‘, wie die linksradikale Zeitschrift iz3w schon 1982 schrieb) oder Franzosen (‚1789 und der Gleichheitswahn bzw. die Erfindung ‚der Menschheit‘ sind Schuld an Auschwitz‘) die deutsche Schuld an den präzedenzlosen Verbrechen pathisch projektiv zugeschrieben wurde und wird, das zeigt Rudolf Walther selbst exemplarisch.

Die Bedeutung Walthers für NG/FH wird dadurch untermauert, dass er einen weiteren Artikel in der gleichen Ausgabe von Juni 2007 schreiben kann, in dem es heißt:

„Ein Kapitel für sich sind jene 68er, die längst in die warmen Stuben des juste milieu und des gemütlichen Konformismus zurückgekehrt sind. Sie denunzieren jetzt Kritik an der israelischen Besatzungspolitik in Palästina als ‚Antisemitismus‘, sie verdammen Kritik an kapitalistischen Strukturen als Vorstufe zum Terrorismus, sie halten Muslime für potentielle Mörder, und sie sehen im Protest gegen völkerrechtswidrige Kriege den ‚Antiamerikanismus‘ am Werk. Diese Helden sind ihrem primitiven, an Carl Schmitt orientierten Freund-Feind-Schematismus treu geblieben, sie haben nur die Vorzeichen ausgetauscht – was sie früher kritisch sahen, affirmieren sie heute – umgekehrt umgekehrt.“[xi]

Der Realitätsverlust Walthers, der sich darin ausdrückt, dass er das existenziell bedrohte und zuletzt 2006 von der islamistischen Hezbollah angegriffene Israel wiederum pathisch-projektiv zum Aggressor stempelt und ein imaginäres Land herbeihalluziniert („Palästina“; es gibt bekanntlich völkerrechtlich solch ein Land nicht und er kokettiert damit auch mit dem beliebten antizionistischen Sprachspiel unter ‚Besatzung‘ die bloße Existenz Israels zu meinen und nicht nur die tatsächliche Besatzung im Westjordanland), ist offenkundig. Auch hier möchte er einen Nazi, Carl Schmitt, als Freund heutiger Antisemitismus- und Antiamerikanismuskritiker herbeireden. Dass Schmitt Pate heutiger Amerika- und Judenhasser ist, fällt unter den SPD-Tisch dieser Zeitschrift.

Die Geschichte geht weiter: jene Soziologin, die mein Buch rezensieren will, schrieb mir also, eine „recht israelkritische“ Rezension sei in den NG/FH erschienen und die Redaktion sei „vorsichtig“ geworden. Immerhin musste das Blatt in der folgenden Nummer, Juli 2007, eine längere, gleichwohl gekürzte und teils entkontextualisierte Kritik an der Walther-Buchkritik von Arno Lustiger abdrucken.[xii] Wie teilt mir die arrivierte Wissenschaftlerin diesen Sachverhalt mit?

„Daraufhin [auf die Rezension von Walther in NG/FH] kam großer Protest von Arno Lustiger, einem schon recht betagten jüdischstämmigen Publizisten aus Frankfurt.“

Dazu kommt noch der Hinweis, Lustiger habe lediglich als „Strohmann“ gehandelt, da irgendein namentlich nicht genannter Mensch irgendwie böse sei auf die NG/FH, weil dessen Artikel mehrfach abgelehnt worden seien und jetzt Lustiger gleichsam lospoltere. Besonders abstrus ist natürlich die Verwendung von „jüdischstämmig“. Offenbar gehört die Soziologin zu jenen Deutschen, die immer noch oder schon wieder ein Problem damit haben einen Juden Juden zu nennen. Noch abstruser wird dies, als die Soziologin in meinem Buch die scharfe und häufige Kritik des Stammesdenkens der Neuen Rechten hätte lesen können.[xiii] Arno Lustiger wird als „recht betagt“ – was hat das mit der analytischen Kraft seiner Kritik zu tun? – , „jüdischstämmig“ und „Strohmann“ tituliert.

Bevor ich mich weiter dem kleinen e-mail-Wechsel mit der Soziologin widme, sei ein intensiverer Blick in diesen vom sozialdemokratischen Zentralorgan NG/FH inkrimierten Band geworfen.

Die Beiträger sind sehr vielfältig und für eine deutschsprachige Publikation zum Thema ‚Nahost-Konflikt‘ und Antisemitismus bemerkenswert. So schreibt darin der Nationale Direktor und Vorsitzender Der Anti-Defamation League (ADL) Abraham H. Foxman, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Dieter Graumann, Journalisten des Kölner Stadtanzeigers (Tobias Kaufmann), der taz (Philipp Gessler), Yedioth Achronoths (Eldad Beck), Rabbi Andrew Baker, Direktor der Abteilung für Internationale Jüdische Angelegenheiten beim American Jewish Committee (AJC), Staatssekretäre a.D. wie Klaus Faber oder der langjährige Diplomat Israels, Mordechay Lewy, Fernsehleute wie Georg M. Hafner und Esther Schapira vom Hessischen Rundfunk, der Nahost-Korrespondent Ulrich Sahm, der kürzlich von der Universität Göttingen im Fachbereich Politikwissenschaften hinausgeekelte, weltweit renommierte Politologe und Islamwissenschaftler Bassam Tibi, die Politikwissenschaftler Lars Rensmann, Yves Pallade, Matthias Küntzel und Wahied Wahdat-Hagh, der Bundestagsabgeordnete und außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gert Weisskirchen oder auch aktive bzw. ehemalige FDP-PolitikerInnen wie der aktuelle Berliner Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Markus Löning bzw. Katrin Kemmler. Das sind noch nicht alle Beiträger, aber diese Aufzählung mag Beweis sein für das vielfältige, kontinent- , disziplinen- und generationenübergreifende Spektrum der Beteiligten an diesem Sammelband zu aktuellen Fragen des Antisemitismus.

Das lavierende und zumeist höchst anstrengende deskriptive Verharren in Äquidistanz, von unverhohlener Freude ob des neu entfachten Antisemitismus ganz zu schweigen, wie es viele Bücher zum Thema ausmacht, wird von den 30 Artikeln und 31 AutorInnen zumeist gekonnt durchbrochen. Dabei sind die Beiträge ziemlich unterschiedlich in Länge und Stil, essayistisch, wissenschaftlich oder journalistisch. Aufgeteilt ist der Band in drei große Abteilungen, „Deutsche Medien und der Nahostkonflikt“, „Islamischer Antisemitismus in Nahost und Europa“ und „Perspektiven“. Das Buch ist außen schön aufgemacht in den Farben Blau und Weiß, in Hardcover, innen mit recht angenehmem Satzspiegel, wenngleich ohne goldenen Schnitt, mit übersichtlichen Kopfzeilen mit jeweiligen Autorennamen und Aufsatztiteln. Für 24,90 € ist das Buch bei dieser Ausstattung vergleichsweise günstig. Interessant sind die ausführlichen biographischen Angaben zu den Autoren, sehr wichtig ist die Dokumentation im Anhang III der Hamas-Charta in englischer Übersetzung. Dort kann jede und jeder Interessierte die antijüdische Basis, wie sie in der Charta am 18. August 1988 von der Terrororganisation beschlossen wurde, nachlesen. Da das Buch vor der militärischen Übernahme der Macht im Gazastreifen durch die Hamas erschienen ist, ist der Weitblick der Herausgeber, dieses Dokument einer womöglich größeren interessierten Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen, auffallend.

Yves Pallade kritisiert den Antizionisten Ludwig Watzal, der immer noch ein Mitarbeiter der weit verbreiteten Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte ist. Watzal hatte bezüglich der Verhandlungen von Palästinensern und Israelis in Camp David im Jahr 2000 von einem „palästinensischen Versailles“ gesprochen. Dazu Pallade:

„Denn wenn die von Watzal als für die Palästinenser ungerecht wahrgenommenen Verhandlungen einem ‚Diktatfrieden‘ à la Versailles entsprechen, wie er auch von deutschen Nationalisten häufig als Ursache für den Aufstieg des Nationalsozialismus, den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und in letzter Konsequenz auch die Shoah angeführt wird, dann erscheint nicht nur das Ausbleiben eines Friedensschlusses im Nahen Osten, sondern auch die fortwährende antisemitische Hetze in der palästinensischen Öffentlichkeit und der Terrorismus als verständlich, zumal der Versailler ‚Schmachfrieden‘ selber gerne auf gegen Deutschland gerichtete jüdische Machenschaften zurückgeführt wird. Der Nationalsozialismus in all seinen Implikationen wird demgemäß zur logischen – gar zwingenden – Folge der harten Politik der Sieger des Ersten Weltkriegs gegenüber den Deutschen.“[xiv]

Treffend ist der Verweis auf den ubiquitären Vergleich von Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, welchen er mit Bezug auf Henryk Broders Hinweis abschmettert, dass diese beiden Idiome „’so viel miteinander gemeinsam haben wie Äpfel und Birnen'“.[xv] Kritisch ist ebenso der Beitrag von Rolf Behrens, der u.a. den Spiegel seziert und dessen langjährigen, konstanten und gern goutierten Antisemitismus dechiffriert. 1981 hat der Spiegel die Zerstörung eines irakischen Atomreaktors durch israelische Kampfjets grotesk umgedreht und das nicht als Aktion gegen einen geplanten zweiten Holocaust des bekanntermaßen judenfeindlichen Baath-Regimes in Bagdad, vielmehr als „‚Entwicklung, die in einem größeren Holocaust enden könnte: dem Atomtod durch Millionen…‘, interpretiert.“[xvi]

Lars Rensmann analysiert sogenannte „politisch-kulturelle Gelegenheitsstrukturen antisemitischer Ideologeme“[xvii], sieht Parallelen von rechts und links und entdeckt auch über die Grenzen hinweg eine europäische antijüdische Publizistik, wie er an Beispielen der Süddeutschen Zeitung, welche raunte, ob nicht „‚der Zionismus der wahre Feind der Juden'“ sei, Le Monde, El Pais, wo ein Cartoon den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon mit Hitler-Bart ‚kostümierte‘ oder die italienische La Republica, welche 2001 „auf ihrer Website die antisemitischen ‚Protokolle der Weisen von Zion‘, ohne jegliche historische Erklärung“ abdruckte, um gegen den War on Terror zu agitieren, untermauert.[xviii] Ulrich Sahm untersucht[xix] wie Agenturen, Journalisten und Zeitungen Berichte verfassen, Überschriften Sinn entleeren bzw. in Kontrast zum Text der Meldung setzen und ähnliches mehr.

Luzide zeigt er, dass häufig eine israelische Militäraktion vermeldet wird, ohne die Ursache zu benennen bzw. diese herunterspielend. Unterm Strich bleibt Israel der Angreifer, auch wenn es in Wirklichkeit nur auf einen Mordanschlag von palästinensischen Terroristen reagiert hat. Oft werden Palästinenser „getötet“ während Israelis als lediglich irgendwie „tot“ in der Presse erscheinen:

„Dann stellt sich die Frage, wieso manche Berichte so eigentümlich verstellt sind und wieso in der Überschrift fast durchgehend die Israelis aktiv töten, extrem selten aber die Palästinenser. Wenn Palästinenser töten, dann erscheint in der Überschrift im Passiv ‚Israelis wurden getötet‘, ohne zu erwähnen von wem. Und im Text findet man gelegentlich Formulierungen wie ‚mutmaßliche Extremisten‘ hätten geschossen oder eine Bombe gelegt. Das ‚mutmaßlich‘ bei ‚Extremisten‘ legt nahe, dass sich vielleicht auch ‚Gemäßigte‘ im Bus oder im Restaurant in die Luft sprengen könnten.“[xx]

Esther Schapira und Georg M Hafner ergänzen diese Medienkritik, wenn sie erwähnen, dass nach der gezielten Tötung des Massenmörders Scheich Jassin, der die Ermordung von mindesten 377 Israelis zu verantworten hat, deutsche Medien ihn verharmlosten, als Opfer stilisierten, das im Rollstuhl hilflos gesessen habe und der ach so nette Scheich lediglich „Hamas-Gründer“ (Der Spiegel) und kein Mörder gewesen sei.[xxi] Ein weiteres äußerst aufschlussreiches Beispiel liefert Katrin Kemmler in einer sprachwissenschaftlichen Analyse eines Ausspruchs Winston Leonard Spencer Churchills.[xxii] Er stellte sich in den1930er Jahren u.a. die Frage, was denn gegen die jüdische Einwanderung nach ‚Palästina‘ sprechen würde.

Vom Recht der Juden auf ein Land ganz abgesehen, was spräche gegen Einwanderung, wenn sie dieses karge, wüste Land fruchtbar machten, seien doch sogar die Araber Gewinner. Diese jedoch verweigerten sich aggressiv, wie ein Hund, der Esel und andere Tiere nicht an eine Futterkrippe herankommen ließe, obwohl er doch Heu gar nicht selbst essen würde! Das ist die Umschreibung eines in der englischen politischen Kultur bekannten Sprichwortes „the dog in the manger“ – „der-Hund-in-der-Krippe-Politik“. Kemmler zeigt wie dieses Wort eine lange Reise angetreten hat, verdreht wurde und heute z. B. in Büchern palästinensischer Frauen auftaucht, wo ein Oskar Lafontaine im Nachwort die Palästinenser in den Worten eben Churchills als ‚Hunde‘ vorstellt, die kein „unwiderrufliches Recht auf den Futtertrog“ hätten.[xxiii]

Bei Lafontaine und einer ganzen Kompanie von Sprachverdrehern, welche eine „Churchillphobia“ begründen und von Clive Ponting, ehemaliger Berater im britischen Verteidigungsministerium, über den Holocaust-Leugner David Irving bis hin zum jüdischen Antisemiten Norman Finkelstein und der indischen Antiamerikanerin und Antizionistin Arundhati Roy reicht, wird also eine Metapher zu einer rassistischen, menschenverachtenden Ideologie Churchills.[xxiv]

„In England setzte sich der ‚dog in a manger‘ besser durch und wurde zu einer bis heute verwendeten Metapher vor allem in der politischen Auseinandersetzung. Die ‚Hund-in-der-Krippe-Politik‘ wird bereits Anfang des 20. Jahrhunderts als Beispiel für grammatikalisch verkürztes, modernes Englisch aufgeführt. (…) Der spätere Literaturnobelpreisträger Churchill hatte sich also einer Tiermetapher bedient, die auf einer von Aesops Fabeln beruht. Für seine Worte eignet sich weder der Neidhammel noch der Spielverderber, denn er meinte mit diesem Vergleich, dass die palästinensischen Araber den Juden etwas verwehrten, von dem sie selbst keinen Vorteil hätten.“[xxv]

Kemmlers Analyse ist ein Meisterstück kritischer Sprachwissenschaft, ein Text der jedem Lektor und jeder Übersetzerin als Lektüre dringend empfohlen sei.

Ein ganz anderer Punkt kommt in dem Sammelband auch zur Sprache; kurz möchte ich deshalb auf eine Bemerkung von Klaus Faber eingehen, der en passant in seinem Beitrag; wo es um das „was tun“ gegen heutigen Antisemitismus geht, feststellt, dass in den Exil-Berichten der SPD ab 1933 Antisemitismus keine Rolle spielte, da er nur als „Begleiterscheinung von Kapitalismus“ wahrgenommen wurde.[xxvi] Wohl wahr.

Fabers Kurzschluss jedoch, die „deutschen Sozialdemokraten waren während der hitlerdeutschen Zeit in ihrer großen Mehrheit (…) wenigstens keine Antisemiten“[xxvii] ist schwer haltbar. 1.) Allein die Analyse des Polizeibataillons 101 durch Daniel Goldhagen zeigt, dass ganz normale, auch der in Hamburg traditionell starken Sozialdemokratie verpflichtete deutsche Polizisten am Holocaust aktiv mitgemacht haben.[xxviii] 2.) Bei der ‚Arisierung‘ waren bekanntlich alle Teile der nicht-jüdischen deutschen Gesellschaft wie im volksgemeinschaftlichen Rausch insgesamt aktiv dabei. Lediglich danach zu schauen, welche SPDler zur NSDAP übergetreten sind, ist wenig analytisch und stichhaltig. Zurückhaltung mit apodiktischen Einschätzungen bezüglich linken Antisemitismus’ im Nationalsozialismus – und nicht nur dort – ist ein Gebot der Stunde. Dabei ist 3.) wichtig die politisch-kulturellen Fäden der Weimarer Republik in puncto Antisemitismus und Linke zu verfolgen und auch hier nicht per se davon auszugehen, die Sozialdemokraten oder – noch schlimmer – die Kommunisten und alle anderen Linken seien nicht antijüdisch gewesen. Bisherige Forschungen in dieser Richtung beweisen eher das Gegenteil.[xxix]

Bei Konservativen, Rechten und auch Liberalen wird diese ‚Vorsicht‘ bzw. a-priori-Exkulpation ja zurecht auch nicht gelten gelassen. Sehr richtig hingegen ist Fabers Verweis auf das „Zusammenspiel von deutschem Schuldabwehr- und arabisch-islamischem Antisemitismus“.[xxx] Am Beispiel der Beziehungen der Europäischen Union und der Palästinensischen Autonomiebehörde veranschaulicht Ilka Schröder nachdrücklich, wie enorm die PA von der EU profitierte, und zwar gerade zur Zeit der zweiten Intifada seit Herbst 2000. Allein in der Zeit 2000 bis 2003 erhielt die PA mehr als 945 Millionen Euro, nationale Extrazahlungen noch nicht einberechnet.[xxxi] Schröder analysiert die Ideologie der Road Map und des mainstream-deutschen bzw. europäischen Blicks auf Nahost wie folgt:

„Die der ‚Road-Map‘ zu Grunde liegende Ideologie ist vollständig europäisch. Sie betrachtet den aggressiven Nationalismus und Antisemitismus auf palästinensischer Seite als Folge der Politik Israels und verbreitet die alberne Überzeugung, zum Frieden in Nahen Osten fehle nichts als ein bisschen guter Wille, ein bisschen Vertrauen und ein eigenen Staat Palästina.“[xxxii]

Dieser Text korreliert mit einem Aufsatz Matthias Küntzels, der jene ‚Road-Map‘ als deutsches Projekt analysiert.[xxxiii] Ex-Bundeskanzlers Gerhard Schröders Weigerung bei einem Gespräch mit Jassir Arafat am 1. November 2000 klipp und klar zu sagen, dass weitere Zahlungen an die PA mit einem Kampf gegen palästinensischen Terror und antisemitische Propaganda aus der PA, ihren Schulbüchern, Fernsehanstalten, Moscheen gekoppelt sind, war ein Zeichen, zu Beginn der zweiten Intifada: weiter bomben, hetzen und morden, die Deutschen honorieren das. Gerade Ex-Außenminister Joschka Fischer wird als lediglich rhetorisch gewandter untersucht denn seine Kollegen in Europa. Auch er unterstützte mit seiner Außenpolitik die militanten Palästinenser in Hamas, Hezbollah oder Islamischem Djihad, deren Namen z. B. in allen 54 Presseerklärungen, welche das Auswärtige Amt zwischen Januar 2001 und August 2003 zum Nahostkonflikt herausgab, selbstredend nicht auftauchten.[xxxiv]

„Während die USA den Waffenstillstand zur Vorbedingung jeder Friedenslösung machen (und die Zerschlagung des islamistischen Terrors zur Voraussetzung jedweder palästinensischer Staatlichkeit), sieht es die deutsche Politik gerade umgekehrt.“[xxxv]

Dem unreflektierten Nachplappern der neuen Lieblingsvokabel „Islamophobie“, welche ein Propagandainstrument des politischen Islam aus dem Iran ist und heute weltweit gerne eingesetzt wird, durch Cem Özdemir[xxxvi] stehen substantiellere und sinnvollere Analysen der beiden Wissenschaftler Mohammed Schams und Wahied Wahdat-Hagh gegenüber:

 „Wie groß der Konsens des muslimischen Antisemitismus ist, sollen folgende Beispiele zeigen: Mohsen Kadiwar, ein Reformislamist, der mit Menschenrechten argumentiert und selbst eine Zeitland im Gefängnis der Islamischen Republik Iran gesessen hat, weil er die ‚rote Linie‘ der Diktatur überschritten hatte, verteidigte islamische Selbstmordattentäter als Widerstandskämpfer, die Märtyreraktionen durchführten“.[xxxvii]

Der Holocaustüberlebende Abraham H. Foxman befasst sich mit islamischem Antisemitismus.

„Das Leben war für Juden unter islamischer Herrschaft nicht so grausam wie im christlichen Europa. Doch es war auch niemals so frei von Verfolgung, wie es dies in den USA oder in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg ist. Das historische Protokoll belegt, dass islamische Gesellschaften die Vorstellung von Juden als einer tolerierten Minderheit mit gewissen Rechten und Pflichten akzeptieren können. (Allerdings ist dieser Gedanke für manche Schulen islamischen Denkens, wie z. B. den Wahhabismus, schon zu viel des Guten.) Doch was nicht akzeptiert wird, ist der Gedanke, dass Juden die gleichen Rechte wie Muslime haben oder dass Juden ihre Souveränität in Form einer Nation legitim durchsetzen können.“[xxxviii]

Ähnlich stellt auch Yigal Carmon fest, dass der Islam womöglich toleranter als das christliche Mittelalter Europas gewesen sei, aber eben nur im Vergleich, nicht als positive Toleranz auf Augenhöhe. Es ist zu konstatieren, dass der Islam „auf der privilegierten Überlegenheit der wahren Gläubigen in dieser wie auch in der nächsten Welt“ beharrte.[xxxix] Drei Kernelemente sind für Foxman für den „modernen arabischen Antisemitismus“ auszumachen. Erstens die Propaganda der „großen Lüge“, welche die ungeheuerlichsten Unwahrheiten über Juden verbreitet. ‚Vorbild‘ für die Islamisten ist implizit oder auch explizit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels.

Der zweite Punkt korreliert damit und beinhaltet die Holocaust-Leugnung. Drittens ist schließlich das massenhafte Auftauchen der gefälschten ‚Protokolle der Weisen von Zion‘ im arabischen (und allgemein muslimischen) Raum zu nennen. Foxman verweist auf große 41-teilige Serien wie ‚Ritter ohne Pferd“, welche im ägyptischen, syrischen oder auch libanesischen Fernsehen 2002 ausgestrahlt wurden, die als Vorlage diese Lüge von der Weltverschwörung der Juden haben. Ähnlich hetzerisch sind Serien, die das „Blutritual“ darstellen, einem bekannten Topos auch europäischen Judenhasses.

„Gleichzeitig wird man mit einer schwierigen Wahrheit konfrontiert, wie der arabische Journalist Abdel Rahman al Rashed nach den Gräueltaten von Beslan im Jahr 2004 aufzeigt: ‚Es ist eine sichere Tatsache, dass nicht alle Muslime Terroristen sind, doch es ist genauso sicher und außergewöhnlich schmerzhaft, dass beinahe alle Terroristen Muslime sind.'“[xl]

Man muss der These, dass Judenfeindschaft fast ausnahmslos Import aus Europa bzw. dem Westen sei, wie sie Bassam Tibi[xli] in Anschluss an seinen Lehrer Bernard Lewis formuliert, keinesfalls zustimmen, um seine Analyse des islamistischen Ideologen Sayyid Qutb als sehr interessant zu erkennen. Qutbs Hetzschrift „‚Ma’rakatuna ma’a al-Yahud/Unser Kampf gegen die Juden'“ ist heute zu einem zentralen Anker islamischen Antisemitismus’ geworden. Zugleich verweist Tibi auf die geradezu tragische Ironie, dass es häufig jüdische Historiker waren, welche das sog. „Cordoba-Modell“ der Zeit um 1000 als Zeichen eines eher judenfreundlichen Islam, geprägt haben und gerade antizionistische Apologeten des politischen Islam wie Edward Said dieses Faktum schlicht unterschlagen.[xlii] Sehr wichtig ist das Résumé von Tibi:

„Die Herrscher des saudischen Hauses sind klüger als der neue iranische Staatspräsident Ahmadinedschad und unterlassen jede Aggressionsrhetorik; sie sprechen nicht aus, was Ahmadinedschad gewagt hat zu äußern, wenngleich sie über die Juden und Israel so denken wie er. Das ist nicht mehr der berüchtigte Import aus Europa, den Bernard Lewis anspricht, sondern der neue Antisemitismus, der leider zu einer in der Welt des Islam verbreiteten Ideologie geworden ist.“[xliii]

Eldad Beck geht in seinem knappen, aber umso anregenderen Beitrag einen Schritt weiter und exkulpiert nicht per se den Islam von Judenfeindschaft.[xliv] Drei Fragen stellt er sich. Erstens ob der Antisemitismus im islamischen Raum ein neues Phänomen sei. „Nein“, antwortet Beck, denn der „Prophet Mohammed hat den Juden in Arabien nie verziehen, dass sie nicht zum Islam übertreten wollten“.[xlv] Zweitens die Frage, ob „Juden von Muslimen wirklich nie verfolgt“ worden seien:

„Mohammed haben wir schon erwähnt, aber es gibt auch genug Fälle in der modernen Geschichte. Pogrome gab es zum Beispiel in Tetuan, Marokko im Jahre 1790, in Mashdad, Iran 1839, in Bagdad, Irak 1828 und danach auch dort den von den Nazis inspirierten Pogrom im Jahre 1941. Pogrome gab es auch in ‚Palästina‘ – in Hebron, in Safed, in Jerusalem – vor der Gründung Israels.“[xlvi]

Beck sieht eine direkte Beziehung von erstarkendem Antisemitismus und einem „Pro-Islamismus“ im heutigen Europa. Dem schliesst sich Mordechay Lewy[xlvii] an, dessen Verteidigung des Philosophen Jacques Derrida, der angeblich von links und rechts häufig missverstanden wurde, zwar nicht sehr überzeugt, jedoch die Kritik am europäischen Versagen vor allem nach 9/11 maßstabsetzend sein wird. So spricht Lewy vom „Zeitalter der postmodernen Unvernunft im Westen“ und geißelt die unfassbare Derealisierung der Massenmorde von New York und später in Djerba, Istanbul, Madrid und London. Er spricht von „westlicher Selbstverleugnung“[xlviii], dem feigen, aber auch strategischen Zurückweichen vor dem politischen Islam, der „Terrorismus“ wird demnach „vorzugsweise zerredet“[xlix]. Gekonnt rekurriert er auf die Debatte im Historismus seit Ende des 19. Jahrhunderts, wo „Verstehen“ mit „Verständnis“ interpretiert werden konnte. „Verstehen“ und „Verzeihen“ werden in diesem Kontext untersucht. Die naiven Toleranzideen à la ‚was ich verstehe, schätze ich auch und davon geht dann keine Gefahr aus‘ werden kritisiert:

„Eine entgegengesetzte Weisheit lässt Pierre Corneille (1606-1684) in seinem Bühnenstück ‚Cinna ou la clémence d’Auguste‘ durch Augustus sagen: ‚qui pardonne aisement invite a l’offense‘ (wer leicht verzeiht, lädt zum Angriff ein). Dieser Spruch stammt wohlgemerkt aus einer Epoche vor der Aufklärung. Heute würde er gewiss nicht als politisch korrekt gelten.“[l]

Lediglich Nietzsche hatte die Statur eines zivilisationskritischen Pessimismus, und verwahrte sich dagegen, alles zu tolerieren, bloß weil es herzensgut sei, sich nicht zu wehren, keinen Standpunkt zu haben. Kulturrelativismus nennt man letzteres, und der ist bei der Neuen Rechten so beliebt wie bei der Linken oder in der Mitte der Gesellschaft wie an der Humboldt-Universität Berlin, wo Bücher geschrieben werden, welche die Verschleierung der Frau im Islam mit dem angeblich ‚zwanghaften‘ Zeigen von Busen, Bauch und Po von westlichen, bikinitragenden Frauen gleichsetzen. Individuelle Freiheit sei auch mit Schleier möglich.

Solche Märchen aus 1001 Uni-Seminaren sind zumal in Deutschland beliebt. Lewy kritisiert das Fehlen einer Erkenntnis in Europa nach einem „Handlungsbedarf“, vielmehr werde durch ein islamophiles Gerede ein „Verständnisbedarf“ kreiert.[li] Weiterhin liegt ihm viel an einer säkularen, durchaus europäischen Perspektive, da ihm zumal christlich motivierte Politiken der USA mißfallen.[lii] Aber entscheidend ist, dass die USA im Gegensatz zu Europa nicht versagt haben im Kampf gegen den Antisemitismus und Terrorismus. Sie stellen sich der größten gegenwärtigen Gefahr mit enormer Anstrengung und unter großen Opfern.

„Auch politisches Kalkül der Europäer spricht dafür, so wenig wie möglich Partei zu ergreifen. Es nimmt also nicht wunder, dass in der Öffentlichkeit ein Hinweis, sich auf eine längere Konfrontation mit dem Islamismus einzurichten, noch immer als politisch unkorrekt gilt.“[liii]

Diese etwas ausführlichere Rezension sollte zumindest andeuten, welch Potential in diesem Sammelband zu ’neu-altem Judenhass‘ steckt. Vielfältige, teils sich widersprechende Thesen, spannende Inspirationen, wissenschaftliche Analysen und journalistische Kritik sind darin enthalten, um zu dechiffrieren wie sich historisch und gegenwärtig Antisemitismus zeigt, wie er produziert und generiert wird, von Übersetzern, Aktivisten, Wissenschaftlern, Publizisten, Politikern und anderen mehr.

Für Rudolf Walther hingegen ist die „hemdsärmelige Art und Weise, wie manche Autoren den ’neu-alten Judenhass‘ analysieren“[liv] unerträglich.

Er poltert undifferenziert und pauschal drauf los: „Alle Beiträge durchzieht eine bis ins Groteske reichende apologetische Grundierung.“[lv] Daran sieht man, dass dieser sozialdemokratischen Vorzeigezeitschrift an einer Auseinandersetzung mit Antisemitismus überhaupt nicht gelegen ist. Da Walther ja in der gleichen Nummer noch einen Beitrag schreiben darf und auch da aggressiv jedwede substantielle Kritik an Antiamerikanismus und Antisemitismus abwehrt, ja dieser Text gleichsam die Vorbereitung für die noch dreistere Rezension im hinteren Teil dieser Ausgabe von NG/FH ist, möchte die Redaktion unterstreichen, dass Walther damit eine wichtige Position dieser Zeitschrift auf den links-deutschen Punkt bringen soll.

Die Selbstverständlichkeit mit der die NG/FH diese Rezension druckte, ist das bezeichnende. Das wird goutiert und gern gesehen und gerade nicht als Provokation herausposaunt, oder als Tabubruch gefeiert. Es ist sozialdemokratischer Alltag, der diesen Antisemitismus nährt. Antisemitismus? Nochmals Walther:

„Dieter Graumann räumt ein, dass ‚man sich gar nicht so leicht tut damit, … genaue Definitionen und präzise Kriterien dafür zu benennen‘. Das hindert ihn freilich nicht daran, den Zweihänder zu schwingen. Wie die (fiktive) Figur eines Nazi-Offiziers in einem grandiosen Film von François Truffaut Juden förmlich riecht, so wittert Graumann frei daher spekulierend rundum deutsche Kinder und Enkel, ‚getragen vom Wunsch, die Schuld der Väter und Großväter zu verkleinern‘ und ruft deshalb dazu auf, die Reihen fest zu schließen ‚im weltanschaulichen Krieg‘ gegen ‚Terrorismus und Islamismus‘.“[lvi]

Da sprudelt es nur so aus ihm heraus. Gerade und gezielt wird ein Jude, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, mit einem cineastischen Nazi verglichen. Während der Nazi Juden ‚riecht‘, so wittert demnach der Jude Graumann arme junge Deutsche heutiger Tage, die wieder stolz auf Deutschland sein wollen und die unermessliche Schuld ihrer Väter, Großmütter und Großväter nicht mehr hören wollen. Der ‚witternde Jude‘ – das ist ein sozialdemokratischer Antisemitismus der reinhaut, ein Schenkelklopfer in jeder ver.di- oder GEW-Mitglieder-Versammlung und diverser linker Redaktionskonferenzen.

SPD-Schuldprojektions-Antisemitismus kann man das auch nennen. Graumann wird analog zu dem Nazi in diesem Streifen angedichtet, er würde die heutigen ‚Juden‘ ‚wittern‘. Der Jude als Täter und die Deutschen als Opfer. So sieht die Choreographie heute aus, explizit hier in den NG/FH. Damit wird Graumann zu einem Tier erniedrigt, denn Menschen wittern nicht. Und arme junge Deutsche werden schwupsdiewups zu Juden, zu Opfern der heutigen Nazis – eines Juden! Rudolf Walther ist also ein Antisemit, wenn er so schreibt. Mehr noch: die Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte protegiert und propagiert so einen Antisemitismus.

Was hatte Graumann geschrieben? Er betont, dass der Islamismus mit Religion gar nichts zu tun habe, „ja der Islam muss im Grunde vor ihm geschützt werden“.[lvii] Interessant sind darüber hinaus seine Bemerkungen über den Konnex von Nahostkonflikt und Islamismus:

„Zu warnen ist allerdings auch vor Illusionen allenthalben. Eine der gängigen Illusionen etwa, insbesondere im naiven Europa, wo man sich die Welt oft so gerne schön denkt, ist jene, dass mit einer eventuellen Lösung des Nahost-Konflikts der gesamte Islamismus plötzlich verschwinden und sich gleichsam über Nacht und für immer in Luft auflösen würde.“[lviii]

Graumann geht auf die unfassbaren Dämonisierungen ein, welchen Israel ausgesetzt ist und zur „größten Gefahr für den Weltfrieden“ herbei fantasiert wird, während wirklich gefährliche Staaten wie der Iran, Libyen, Syrien, die ihr Potential an Mord und Totschlag seit Jahrzehnten unter Beweis stellen, und zwar innen- wie außenpolitisch, toleriert und hofiert werden. Ebenso interessant sind Graumanns Hinweise auf die deutsche Schuldprojektion:

„Und auch um eine Entschuldungsdebatte geht es, ganz speziell natürlich in Deutschland. Sie wird getragen vom Wunsch, die Schuld der Väter und Großväter zu verkleinern, indem die Kinder und Enkel der Opfer von damals zu den Tätern von heute gemacht werden. Daraus spricht die Fantasie – oder sogar die Wunschvorstellung – dass Israelis und Juden irgendwie doch auch wie die Nazis sein mögen. Das wäre eine bequeme moralische Entlastung für die Nachkommen der Täter und die Nachkommen jener in Europa, die die Täter seinerzeit gewähren ließen.“[lix]

Die NG/FH jedoch diffamiert Graumann und somit auch den Zentralrat der Juden in Deutschland als Nazis, die ihre Opfer, arme deutsche Kinder und Enkel, „wittert“ und ihnen Antisemitismus unterstellt.

Was wird der presserechtlich Verantwortliche für diesen Antisemitismus, der Chefredakteur und Mitherausgeber der Neuen Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Thomas Meyer, sich gedacht haben? Er ist Professor für Politikwissenschaft und hat sich mit politischer Kultur, Fundamentalismus und Nationalismus beschäftigt. Ob er auch Seminare zum Thema ‚wie kreiere ich als guter linker Deutscher Judenhass ohne ihn so nennen zu müssen‘ angeboten hat oder anbieten wird an der Universität Dortmund, ist nicht bekannt.

Auch nach der ausführlichen und angemessenen Kritik Arno Lustigers hat er sich nicht dazu verpflichtet gesehen, selbst einige Worte zu dieser antijüdischen Rezension seines Kollegen Rudolf Walther zu sagen. Da Meyer im oben zitierten Band von 2006[lx], in welchem Kocka eher den Kampf gegen den Terror als diesen selbst zur größten Gefahr der Zukunft herbeiredet, unter anderem ein von ihm mitherausgegebenes Standardwerk, das Lexikon des Sozialismus von 1986, anführt, sei zumindest am Rande vermerkt, dass in diesem Lexikon der wichtigste Vordenker des modernen Rechtsextremismus in Deutschland, der Neuen Rechten, Henning Eichberg, einen Artikel über „Freidenker“ schreiben durfte, wo er u.a. paganistische Ideologie verbreitete.[lxi]

Die Soziologin antwortete mir mit überraschender Deutlichkeit, also ganz un-verschämt, auf meine Frage, ob diese Rezension von Rudolf Walther in NG/FH 6/07 als nicht antisemitisch bezeichnet werden könne, wie folgt:

„Außerdem scheint es mir wenig sinnvoll, per Email darüber zu debattieren, was unter antisemitisch zu verstehen ist und ob der Artikel des von Ihnen abschätzig ‚dieser‘ R.W. genannten Autors antisemitisch ist oder nicht. Ich verweise darauf, dass es inzwischen in den angelsächsischen Ländern eine Kritik an bestimmten Zügen der israelischen Politik gibt, vorgetragen von Autoren, die sich selbst als Juden bezeichnen, unabhängig davon, ob sie der jüdischen Religionsgemeinschaft angehören oder nicht. Dabei denke ich nicht nur an Norman G. Finkelstein, sondern auch an Tony Judt u.a., denen man schwerlich Antisemitismus unterstellen kann.“[lxii]

Wie bitte? Gerade Norman Finkelstein, der wie Neonazis von einer „Holocaust-Industrie“ spricht und auch Tony Judt könne man „schwerlich Antisemitismus unterstellen“? Das erinnert mich an das Heft der Satirezeitschrift Titanic von Juli 2002, wo Hitler auf das Cover kam mit dem Titel: „Schrecklicher Verdacht: War Hitler Antisemit?“ Nun aber zu Tony Judt, der in der Tat gern gelesen wird in Europa und einer der bekannten englischen (und in USA lehrenden) Historiker derzeit ist. Die aktuelle Debatte über Antisemitismus, Antizionismus und ’neuen Antisemitismus‘ hat jüngst eine neue Facette erhalten, als Alvin H. Rosenfeld in einem Text für das American Jewish Committee jüdischen Antisemitismus untersuchte.[lxiii] Eine Kritik an Judt ist Bestandteil seiner Analyse:

„Der Historiker Tony Judt beispielsweise veröffentlichte in den letzten drei Jahren eine Reihe von zunehmend verbitterten Artikeln in der Nation, in der New York Review of Books und in der Ha’aretz, in denen er Israel als arrogant, aggressiv, anachronistisch, infantil bis hin zur Dysfunktionalität, als unmoralisch und als eine primäre Quelle des heutigen Antisemitismus bezeichnete. ‚Israel heute ist schlecht für die Juden‘, so Judt, und es würde sowohl ihnen als auch allen anderen Menschen einen Dienst erweisen, wenn es aufhörte zu existieren. ‚Die Zeit ist gekommen, das Undenkbare zu denken‘, und das sei, laut Judt, ‚den jüdischen Staat durch einen einzigen, integrativen, binationalen Staat der Juden und Araber zu ersetzen.'“[lxiv]

Das ist ein antijüdischer Vorschlag, denn es würde bedeuten, dass Juden in so einem Staat alsbald die Minderheit wären und höchstens von der islamisch-arabischen Mehrheit toleriert würden, von Schlimmerem ganz zu schweigen. Es gibt eine ganze Reihe arabischer Staaten, die sich beharrlich seit 60 Jahren weigern das Flüchtlingsproblem der Palästinenser zu lösen. Das einzige Ziel ist Israel zu destabilisieren, eine bekannte Facette hierbei ist die Propaganda für einen binationalen Staat.

Die Initiativen Judts und anderer ‚Progressiver‘ oder ‚Liberaler‘ zu wirklich wichtigen Fragen wie dem Völkermord in Sudan (Darfur), dem suicide bombing von Hamas oder Islamischem Djihad, den Massenmorden im Irak durch al Quaida und den unterschiedlichsten islamistischen, antidemokratischen oder arabisch-nationalistischen Splittergruppen, dem Vernichtungswillen der Hezbollah gegenüber Israel, der Gefahr für den Weltfrieden durch das Atomprogramm des Iran, sind hingegen nicht bekannt. Judts Obsession gegen Israel ist – exemplarisch – bei einer Soziologin in Deutschland angekommen, die mir schreibt, Judt oder selbst Finkelstein sei „schwerlich Antisemitismus“ nachzuweisen.

Sich wohlfeil mit Rechtsextremismus zu befassen, wie es die SPD macht, ohne einen Blick auf die komplementäre Gefahr von links und der Mitte der Gesellschaft zu schauen, ist billig und weit verbreitet.

Wer Juden mit Nazis vergleicht und ihnen tierisches „Wittern“ ihrer Opfer unterschiebt, wie es die Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte getan hat im Juni 2007, sollte von Antisemitismus schweigen. Solchen Sozialdemokraten, ihren Beratern und Freunden sei geraten, einmal in sich zu gehen und dort eine ganze Zeit lang zu verweilen. Prof. Meyer würde ein „sabbatical year“ eventuell helfen.

Anmerkungen:
[i] Clemens Heni (2007): Salonfähigkeit der Neue Rechten. ‚Nationale Identität‘, Antisemitismus und Antiamerikanismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland 1970-2005: Henning Eichberg als Exempel, Marburg: Tectum.
[ii] „Der Antizionismus gilt als Teilgruppe des Antisemitismus. Die neu-rechte Liebe zum Islam, namentlich zu den Moslembrüdern, aber auch zu anderen Facetten des internationalen Islamismus, sind Zeichen einer zunehmenden Konvergenz“ (ebd.: 25). Zur Genese des Antiamerikanismus und der anti-römischen Ideologie vgl. insbesondere das Kapitel „Vom Kampf gegen ‚Rom‘ zum Hass auf die USA“, ebd.: 324-334.
[iii] Da der hier geschilderte Fall paradigmatisch für die Linke in Deutschland ist, werde ich ihren Namen nicht nennen, vielmehr geht es um eine offenbar typische Reaktion einer ‚kritischen‘ Akademikerin im Jahr 2007 in Europa.
[iv] Klaus Faber/Julius H. Schoeps/Sacha Stawski (Hg.) (2006): Neu-alter Judenhass. Antisemitismus, arabisch-israelischer Konflikt und europäische Politik, Berlin: Verlag für Berlin-Brandenburg (Eine Publikation des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam).
[v] Kocka ist ein typischer ‚Alteuropäer‘ und neudeutscher Vertreter des beliebten Antiamerikanismus in seinen vielfältigen Formen, wenn er den War on Terror als potentiell gefährlicher für ‚die Freiheit‘ einschätzt als den massenmörderischen Djihad des politischen Islam: „Times are changing. The totalitarian challenge that, in the final analysis, gave rise to the renewal and resuscitation of freedom is a matter of the last century, increasingly moving into the past. In Germany and most other parts of Europe, the so-called ‚war on terrorism‘ has not gained the importance that the fight against totalitarianism had in the twentieth century. Terrorism is morderous, it is unacceptable, and it is a transnational challenge. But sometimes one wonders whether the war on terrorism can become a bigger threat to freedom than terror itself. In any event, the relationship between terrorism, opppostion to terrorism, and freedom is very different from the relationship between totalitarianism, opposition to totalitarianism, and freedom“ (Jürgen Kocka (2006): The idee of freedom in German history, in: Thomas Meyer/Udo Vorholt (Hg.) (2006): Freiheit und kulturelle Differenzen, Bochum/Freiburg: projekt verlag (Dortmunder politisch-philosophische Diskurse, Band 3), S. 94-101, hier S. 101). Die Bedeutung gerade Deutschlands für eine Stärkung des Terrorismus, indem Geschäfte mit Staaten wie Iran gemacht werden und zwar in sehr großem Umfang und staatlich unterstützt mit Hermes-Bürgschaften oder Wirtschaftsprojekten wie dem Transrapid, den deutsche Firmen in Iran bauen sollen, wird mit solch einer grotesken Verkehrung der Gefahr für den Frieden und die Freiheit hinweggefegt. Realitätsgetreuer als Kocka bezüglich der Einschätzung des Terrorismus ist der amerikanische Historiker Jeffrey Herf, der den heiligen Krieg des Islamismus als neuen Totalitarismus erkennt. Wichtig ist der Hinweis, dass im Rahmen einer Analyse des ‚Totalitarismus‘ der politische Islam selbstverständlich im 21. Jahrhundert die größte Gefahr ist, derzeit, vgl. Jeffrey Herf (2004): Die neue totalitäre Herausforderung, in: Doron Rabinovici/Ulrich Speck/Natan Sznaider (Hg.) (2004): Neuer Antisemitismus? Eine globale Debatte, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 191-210. Entgegen den oft selbsternannten ‚Linken‘ wie Kocka oder Thomas Meyer, der Zeitschrift NG/FH insgesamt, schätzt Herf die mögliche Positionierung zweier der bedeutendsten Linken des 20. Jahrhunderts treffend ein, gerade am Punkt ‚Freiheit‘ und ‚Individuum‘: „Ich bin überzeugt, dass Theodor Adorno und Max Horkheimer, die zu den Kronjuwelen der Suhrkamp-Kultur gehören, gewusst hätten, welche Gesellschaften die Freiheit des Individuums verteidigen und welche Formen eines totalitären Kollektivismus etablieren, wer die wirklichen Gegner von Rassismus und Antisemitismus sind und welche Gesellschaften Massenmord vorbereiten. Sie würden gewiß heute gegen Antisemitismus und Antiamerikanismus protestieren“ (ebd.: 209).
[vi] Eckhard Fuhr (2005): Wo wir uns finden. Die Berliner Republik als Vaterland, Berlin: Berlin Verlag, S. 110.
[vii] Rudolf Walther (2007): „Rhetorik des Verdachts…“, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 54. Jahrgang (2007), Heft 6, S. 75-77. Die bibliographischen Angaben sind teilweise falsch, so schreibt Walther, das Buch sei 2007 erschienen und habe 430 Seiten. Es erschien jedoch in erster (und bislang einziger) Auflage 2006 und hat 424 Seiten.
[viii] Ebd.: 75.
[ix] Ebd.: 76.
[x] Ebd.
[xi] Rudolf Walther (2007a): Normalisierung nicht möglich. Vor vierzig Jahren: Der zweite Juni, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefe, 54. Jg. (2007), H. 6, S. 11-15, hier S. 15, Herv. im Original.
[xii] Arno Lustiger (2007): Leserbrief zu Rudolf Walthers Buchkritik in NG/FH 6/2007, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 54. Jg., Heft 7+8, S. 109-111.
[xiii] Vgl. nur Heni 2007: 75, 107, 196.
[xiv] Yves Pallade (2006): Medialer Sekundärantisemitismus, öffentliche Meinung und das Versagen gesellschaftlicher Eliten als bundesdeutscher Normalfall, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg) (2006), S. 49-66, hier S. 58.
[xv] Ebd.: 59.
[xvi] Rolf Behrens (2006): „Sie schießen, um zu töten.“ Die Berichterstattung über Israel bedroht das „besondere Verhältnis“, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 19-31, hier S. 21.
[xvii] Lars Rensmann (2006): Der Nahost-Konflik in der Perzeption des Rechts- und Linksextremismus, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 33-47, hier S. 46.
[xviii] Ebd.: 44f.
[xix] Ulrich Sahm (2006): Deutsche Medien und der Nahostkonflikt, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 127-137.
[xx] Ebd.: 129.
[xxi] Esther Schapira/Georg M Hafner (2006): Entlastungsantisemitismus in Deutschland, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 67-77, hier S. 73.
[xxii] Katrin Kemmler (2006): Die antiimperialistische Stille Post. Traue keinem Zitat, das Du nicht selbst interpretiert hast, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 139-153.
[xxiii] Ebd.: 139f.
[xxiv] Vgl. ebd.: 141-144.
[xxv] Ebd.: 141.
[xxvi] Klaus Faber (2006a): Was ist zu tun? Antisemitismus, Israel und die deutsche Politik, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 331-341, hier S. 332.
[xxvii] Ebd.
[xxviii] Vgl. Daniel Jonah Goldhagen (1996): Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust, Berlin: Siedler Verlag, S. 243-252.
[xxix] Vgl. Susanne Wein (2003): Bremer Arbeiterbewegung und Antisemitismus 1924 bis 1928. Von „…trotzdem es unter der Decke daran nicht gefehlt hat“ bis zu offenem Antisemitismus von links in der Bremer Arbeiterpresse, Bremen (unveröffentlichte Magistraarbeit, Fachbereich 8);
[xxx] Faber 2006a: 333.
[xxxi] Ilka Schröder (2006): Liaisons dangereuses. Die EU und ihre Destabilisierungspolitik gegen Israel, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 279-300, hier S. 280.
[xxxii] Ebd.: 294.
[xxxiii] Matthias Küntzel (2006): Joschka Fischer, die „Road Map“ und der Gaza-Abzugsplan, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 252-264.
[xxxiv] Ebd.: 252.
[xxxv] Ebd.: 264.
[xxxvi] Cem Özdemir (2006): Muslimische Migranten und Antisemitismus, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 219-223, hier S. 219.
[xxxvii] Mohammad Schams/Wahied Wahdat-Hagh (2006): Der khomeinistische Antisemitismus, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 211-217, hier S. 215.
[xxxviii] Abraham H. Foxman (2006): Muslimischer Antisemitismus zwischen Europa und dem Nahen Osten, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 171-177, hier S. 173.
[xxxix] Yigal Carmon (2006): Was ist arabischer Antisemitismus?, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 203-210, hier S. 204.
[xl] Foxman 2006: 177.
[xli] Bassam Tibi (2006): Die Mär des Islamismus von der jüdischen und kreuzzüglerischen Weltverschwörung gegen den Islam, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 179-202, hier S.
[xlii] Ebd.: 187. Zu einer grundsätzlichen Kritik am „Modell von Cordoba“ und der bisherigen Forschung dazu, wie den Schriften Bernard Lewis’ z. B., vgl. Hans-Peter Raddatz (2007): Allah und die Juden. Die islamische Renaissance des Antisemitismus, Berlin: wjs Verlag, S. 69-114. Zu einer kritischen, interessanten Rezension von Raddatz vgl. jetzt Hannes Stein, http://www.welt.de/…
[xliii] Tibi 2006: 202.
[xliv] Eldad Beck (2006): Islam und Antisemitismus, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 233-238.
[xlv] Ebd.: 235.
[xlvi] Ebd.: 237.
[xlvii] Mordechay Lewy (2006): „Denn wer einmal uns versteht, wird uns auch verzeihen.“ Kritik der Selbstverneinung im Zeitalter der postmodernen Unvernunft des Abendlandes, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 239-244.
[xlviii] Ebd.: 240.
[xlix] Ebd.: 243.
[l] Ebd.
[li] Ebd.
[lii] Ebd.: 244.
[liii] Ebd.: 242.
[liv] Walther 2007: 75.
[lv] Ebd.
[lvi] Ebd.: 77, Herv. im Original.
[lvii] Dieter Graumann (2006): Islamismus – das friedensresistente Monster, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 319-324, hier S. 320.
[lviii] Ebd.: 319.
[lix] Ebd.: 323.
[lx] Vgl. Anm. 5.
[lxi] Vgl. Heni 2007: 348f., Anm. 1465.
[lxii] Diese, wie auch die anderen e-mails befinden sich im Besitz des Verfassers.
[lxiii] Alvin H. Rosenfeld (2007): „Fortschrittliches“ jüdisches Denken und der neue Antisemitismus, New York: American Jewish Committee, Dezember 2006, deutsche Fassung von März 2007.
[lxiv] Ebd.: 12.
hagalil.com 10-09-2007

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner