Von Dr. phil. Clemens Heni, 13. Januar 2021

Diesen Text hatte ich der Wochenzeitung Jüdische Allgemeine, die vom Zentralrat der Juden in Deutschland herausgegeben wird, angeboten, die ihn, kaum verwunderlich, abgelehnt hat. Ich habe ihn leicht ergänzt.

 

Es gibt in Israel aktuell viele Ärzte und Professoren, die sich gegen die irrationale Politik Netanyahus aussprechen und einen „gezielten Schutz“ der wirklich sehr kleinen Gruppe von Schutzbedürftigen angesichts der Coronakrise fordern. Der Rest der Gesellschaft soll normal leben können, weil wir exakt wissen, für wen Corona gefährlich werden kann: Das ist eine sehr kleine Gruppe.

Wir wissen zudem von einer „randomisierten Kontrollstudie“ aus Dänemark, das ist der sog. „Goldstandard“ der Forschung, dass Masken weder einen selbst schützen, noch andere (“Landmark Danish study finds no significant effect for facemask wearers”). Das hat die Fachzeitschrift Krankenhaushygiene up2date mit einem breit gelesenen Text zur Kritik des Maskentragens von Professorin Ines Kappstein ebenso bestätigt (“Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit: Keine Hinweise für eine Wirksamkeit“).

In Israel besteht hingegen sogar im Freien überall eine Maskenpflicht, was irrational ist und keinem Menschen hilft. Die Menschen sind eingesperrt und dürfen sich nur in einem minimalen Radius bewegen (1 km von zu Hause). Das ist völlig undemokratisch, autoritär, ja chinesisch und unwissenschaftlich, es zerstört das soziale Leben von Millionen Israeli.

Es gibt aber jetzt immer lauter werdende Kritik an der Coronapolitik in Israel. Da sind zum Beispiel jene israelischen Forscher wie die Professoren für Mikrobiologie und Immunologie Udi Kimron, Ariel Munitz und Motti Gerlic von der Universität Tel Aviv. Sie sind neben dutzenden weiteren Forscherinnen und Forschern weltweit Co-Unterzeichner der Great Barrington Erklärung von Oktober 2020 aus den USA. Insgesamt haben 13.000 Forscher im Bereich Medizin diese Erklärung unterzeichnet, neben gut 40.000 Ärztinnen und Ärzten, Krankenpflegern sowie über 700.000 Bürgern. Die Great Barrington Erklärung fordert ein Ende der Lockdownpolitik und einen gezielten Schutz der Schutzbedürftigen, damit sofort und überall wieder die Menschen ein ganz normales Leben führen können.

Der private israelische TV-Nachrichtensender i24news sprach am 31. Dezember 2020 mit Dr. Adini Wiesel Bruria. Bruria ist Leiterin des Departments of Emergency Management and Disaster Medicine an der School of Public Health der Sackler Faculty of Medicine an der Universität Tel Aviv. Sie wendet sich ebenso eloquent und konsequent gegen die Lockdown-Politik in Israel und ist Teil einer größeren Gruppe von Forscher*innen in Israel, die lautstark gegen die Coronapolitik protestiert.

Seit Dezember 2020 gibt es das von Kimron, Munitz und Gerlic initiierte israelische „Common Sense Model“ für Corona, das neben den drei Initiatoren weitere 148 Wissenschaftler und Ärzte aus Israel unterzeichnet haben. Das wendet sich gegen die Lockdowns und die extremen, ja nie dagewesenen Restriktionen für die ganze Gesellschaft und fordert einen gezielten Schutz der wirklich Schutzbedürftigen.

Im August 2020 wurde auf dem Rabinplatz in Tel Aviv ein Friedhof für gestorbene Unternehmen in Israel eingeweiht, der an die „Kollateralschäden“ der Coronapolitik erinnern soll.

 

Die Presse in Deutschland spielt auch eine dramatisch affirmative Rolle was die Regierungspolitik betrifft. So sagt der Arzt Gal Goldstein aus Berlin der Jüdischen Allgemeinen:

Sie hatten bereits Anfang April eine Corona-Praxis eingerichtet, als die meisten Gesundheitsämter noch mit den Tests hinterherhinkten, und bieten auch Antigentests nach überstandener Covid-Erkrankung an. Für wie sinnvoll halten Sie einen Impfbeleg?

Für sehr sinnvoll. Denn er würde ermöglichen, dass man wieder normal leben, arbeiten, reisen, ins Kino gehen kann.

Damit plädiert er für eine Zweiklassengesellschaft und das weltweit: Geimpfte und Nicht-Geimpfte. Nur Erstere hätten demnach noch demokratische Grundrechte wie Bewegungs- und Reisefreiheit oder das Recht auf freie Persönlichkeitsentwicklung und Gewerbefreiheit. Ich könnte nie wieder nach Israel reisen.

Dabei steht in der Jüdischen Allgemeinen auch mal am Rande, wie sozial, kulturell und ökonomisch katastrophal die Corona-Politik ist, wie es sich in einem Bericht einer Schauspielerin und Zirkusfamilienfrau darstellt:

Wie wird das Danach aussehen? Kommt das Publikum zurück? Werden Varieté und Zirkus als Relikt vergangener Zeiten abgetan? Wird unser Handwerk zu einer »Delikatesse« für hartnäckige Fans? Bleiben die Menschen gemütlich eingelullt zwischen blödsinnig angehäuften Konsumgütern und Streamingdiensten in ihren vier Wänden? Kinos, Restaurants und Museen – sie alle teilen die gleichen Sorgen vor den gesellschaftlichen Nebenwirkungen des Virus: das komplette Zurückziehen – ohne erlebbare Unterhaltung. Eine traurige Vorstellung!“

In diesem Text von Rebecca Simoneit-Barum sieht man die Verzweiflung, die die Corona-Politik anrichtet und ganze gesellschaftliche Gruppen weiter marginalisiert oder in ihrer Existenz bedroht. Ich finde es wirklich ein besorgniserregendes Zeichen, dass eine Redaktion einen solchen Text wie das Gespräch mit dem zitierten Berliner Arzt publiziert, der ganz offen dafür plädiert, nur gegen Corona Geimpften Grundrechte und ein normales Leben zu gewähren. Das hat mit Demokratie nichts mehr zu tun.

Es muss eine breite öffentliche Diskussion über die Verhältnismäßigkeit der gesamten Lockdown- und Coronapolitik geben, grade auch in der Jüdischen Allgemeinen. Demnach sollen nicht gegen einen respiratorischen Virus geimpfte Personen keinerlei Rechte mehr zu gewähren sein, außer sinnlose Konsumgüter bei Amazon zu kaufen. Erinnern wir uns: Corona ist weder die Pest noch die Spanische Grippe von 1918, die Infektionssterblichkeit von Corona liegt laut WHO bei 0,14 bis 0,23 Prozent, 1970 lag sie bei der Influenza in der alten BRD laut Robert Koch-Institut bei 0,29 Prozent!

Nicht zu schweigen von den Menschen, die es immer gibt, den Minderheiten. Es gibt Menschen, die können sich aus gesundheitlichen Gründen gar nicht impfen lassen, manche  können aus gesundheitlichen Gründen keine Maske aufsetzen. Dass deren Rechte ohnehin in der Gesamtgesellschaft nicht mehr erkannt werden, zeigt eine wirklich nie dagewesene Krise der Demokratie an, eine Epidemie der Entdemokratisierung. Darüber sollte endlich diskutiert werden, auch in der Jüdischen Allgemeinen.