Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Kenan Kolat

„Gaza sieht immer mehr wie ein KZ aus“ – Obskurer Islamforscher zu Gast bei der Uni Osnabrück

Von Clemens Heni und Michael Kreutz

Dieser Text erschien zuerst auf Ruhrbarone

Im Jahr 2015 gab es alleine in Frankreich zwei islamistisch motivierte Massaker mit fast 150 Toten, am 7. bzw. 9. Januar in der Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris bzw. einem jüdischen Supermarkt und am 13. November im Club Bataclan, mehreren Cafés sowie am Stade de France, wo gerade ein Fußballfreundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland stattfand. Daraufhin wurde wenige Tage später erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik aus Terrorangst ein Fußballspiel der deutschen Nationalmannschaft in Hannover abgesagt.

Doch all diese spezifisch mit dem Islamismus und Jihadismus zusammenhängenden Ereignisse führen eben in der Wissenschaft, der Islamforschung wie der Islamischen Theologie, offenbar weiterhin kaum dazu, Kritik am Islamismus und Antisemitismus zu üben. So wird der Präsident der Uni Osnabrück, Prof. Wolfgang Lücke, am 14. Januar 2016 die Konferenz „Antimuslimischer Rassismus und Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa“ begrüßen. Es ist eine dreitägige, große Konferenz mit über vierzig Referentinnen und Referenten, organisiert vom Institut für Islamische Theologie der Uni Osnabrück und finanziert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, dem Graduiertenkolleg Islamische Theologie sowie der Bundesregierung und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Hier kommt eine Opferhaltung zum Ausdruck, die den Islamisten letztlich nur in die Hände spielt. Kein einziger Vortrag ist der jihadistischen und islamistischen Gewalt und Ideologie gewidmet. Sicher, angesichts eines unübersehbaren rassistischen Klimas in Deutschland, von Pegida über die AfD bis hin zu Neonazis, die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verüben, ist eine Kritik am Rassismus notwendig. Doch was soll „antimuslimischer Rassismus“ sein? Rechtspopulisten mögen ein besonderes Problem mit dem Islam haben, allgemein hetzen sie aber gegen die Zuwanderung insgesamt. Sie wollen ein völkisch homogenes Deutschland.

Der eigentliche Skandal der Konferenz ist der Hauptredner, der amerikanische Islam- und Nahostforscher John L. Esposito, Jg. 1940. Er hat einen von Saudi-Arabien (mit)finanzierten Lehrstuhl und ist einer der umstrittensten Nahostforscher in Amerika. Acht Jahre ist es her, seitdem der amerikanische Nahostkenner Martin Kramer darauf hingewiesen hat, dass mit den Berechnungen bezüglich der Zahl von radikalisierten Muslimen von John Esposito etwas faul ist.

Demnach hatte Esposito eigene Umfragen unter Muslimen dahingehend interpretiert, dass nur 7% der Befragten als radikalisiert bezeichnet werden können. So gering nämlich sei der Anteil derer, die der Aussage zustimmen, dass die Anschläge vom 11. September 2001 „völlig gerechtfertigt“ seien. Dabei fiel aber unter den Tisch, dass anderthalb Jahre zuvor Esposito und seine Co-Autorin auch solche Befragten zu den Radikalisierten zählten, die der Aussage zustimmten, dass die Anschläge „weitgehend gerechtfertigt“ seien. Viele von denen, die vorher noch als radikal gegolten hatten, wurden plötzlich zu Moderaten verklärt.

Selbst Islamisten, die in der Forschung für ihre gefährliche Ideologie seit Jahren analysiert und kritisiert werden, wie die Gülen-Bewegung, Tariq Ramadan aus der Schweiz, Yusuf al-Qaradawi aus Katar oder Mustafa Ceric aus Bosnien werden von Esposito als wunderbare Beispiele für einen „moderaten“ Islamismus betrachtet. Doch es gibt keinen „moderaten“ Islamismus, wie schon der Politik- und Islamwissenschaftler Bassam Tibi in einer Kritik an Esposito vor Jahren betonte. Ein Yusuf al-Qaradawi, der Selbstmordattentate gegen Israelis für religiös rechtmäßig erklärt, wird nicht dadurch moderat, dass er ihre Durchführung auch Frauen ohne Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner zubilligt!

In seinen Büchern und Texten zeigt sich die ganze Ideologie von John Esposito. Für ihn ist der islamische „Fundamentalismus“ im Iran, dem zigtausende Menschen zum Opfer gefallen sind, das gleiche wie ein christlicher in den USA, der reaktionär sein mag, aber nicht mörderisch ist. Ebenso verglich er George W. Bush mit dem Dschihadisten, Massenmörder und Mastermind des 11. September 2001, Osama bin Laden. Solche Vergleiche mögen im Westen in manchen Kreisen populär sein, sie sind aber grundfalsch, weil beide Personen für entgegengesetzte Werte stehen.

In seinem Buch „The Future of Islam“ (Die Zukunft des Islam) von 2010 vergleicht Esposito die Situation im Gazastreifen mit KZs und somit Israel mit Nazis – eine klare antisemitische Diffamierung, nach Definition des amerikanischen Außenministeriums und der internationalen Antisemitismusforschung.

Mehr noch: im August 2014 beschuldigte Esposito auf Twitter den Holocaustüberlebenden Elie Wiesel, dieser spiele angesichts der Ereignisse in Gaza eine „Holocausts-Trumpfkarte“ aus. Wiesel hatte zu Recht betont, dass die islamistische Terrororganisation Hamas endlich aufhören solle, Kinder als Schutzschilde zu missbrauchen. Er wies darauf hin, dass Juden schon vor über 3500 Jahren dem Menschenopfer eine Absage erteilt hatten und solche Praktiken für einen zivilisatorischen Rückfall hielten. Für Esposito aber war das kein Grund nachzuhaken, sondern Anlass zur Diffamierung. So reden in Deutschland üblicherweise nur Neonazis und extreme Rechte.

Schließlich hat Esposito in seinem Buch „Die Zukunft des Islam“ auch dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, ohne jeden Beleg (!) die Aussage unterstellt, „Muslime wollen die Welt beherrschen“. Solche Aussagen wie auch andere Verdrehungen in seiner Darstellung disqualifizieren Esposito als Redner. Frisch hat das Behauptete aber nicht nur nicht gesagt, sondern sich dezidiert dagegen gewandt, Muslime zu diffamieren. Davor warnt er nachdrücklich. Esposito dagegen versucht eine deutsche Bundesbehörde, die den Islamismus beobachtet und vor ihm warnt, zu diskreditieren.

Wollen der Präsident der Uni Osnabrück, die über vierzig Referentinnen und Referenten wie auch die involvierten Landes- wie Bundesministerien einer solchen Rabulistik, diesem Antisemitismus und dieser Verharmlosung des Islamismus wirklich Vorschub leisten?

 

Clemens Heni Nassau Inn Princeton 05252009

Dr. phil. Clemens Heni

Dr. phil. Clemens Heni ist Politikwissenschaftler und Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

 

 

 

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Dr. phil. Michael Kreutz

Dr. phil. Michael Kreutz ist Arabist und Islamwissenschaftler in Münster

Pro-Circumcision Rally Held in Berlin, German Activists Seek a “Fantasy Israel with no Judaism”

Algemeiner.com, September 12, 2012

On Sunday, September 9, 2012, the first ever pro-circumcision and Jewish (and Muslim) life rally in Germany, was held in Berlin. In May 2012 a Cologne court ruled against a Muslim circumcision and generalized that the rights of children are threatened by every single circumcision, regardless at what age it is made.

This is probably the most hardcore attack by a first world country against the practice of Brit Milah and Jewish life in recent decades. Jews and Muslims are extremely irritated, sad, and frightened.

At the event, in downtown Berlin, one of the rabbis openly said that circumcision, the Brit Milah, is seen by Jews as a connection with god, and is among the observances that almost all Jews, regardless if they are true believers, orthodox, liberal, agnostic, non-believing, atheist or whatever, practice. At the rally he said that over 90% of Israeli male Jews are circumcised and that it is an essential part of Israeli and Jewish identity.
Interestingly, the German activists behind the anti-circumcision fervor, actually believe they are being seen as pro-Israel, but their Israel is a fantasy Israel with no Judaism.

Some 300 people joined the rally, orthodox rabbi Yitzchak Ehrenberg as well as liberal Rabbi Tovia Ben-Chorin spoke, united on the podium. The event was organized by the Berlin based Forum for Democracy and against Antisemitism (JFDA), lead by former head of the Jewish Community of Berlin, Lala Süsskind, and her colleague Levi Salomon. They are both known for their tireless efforts to fight against all forms of anti-Semitism.

A few weeks ago, they organized another rally against the anti-Zionist and anti-Semitic al-Quds day, an Iranian propaganda event to denounce Israel and its capital, Jerusalem. At the rally to protect circumcision, the head of the (liberal) Turkish Community in Germany, Kenan Kolat, spoke as well in support of the Jewish fight against the anti-circumcision climate in Germany. A young German-Turkish actor gave his first speech ever, because he was so upset about the discussion in Germany.
Earlier, organizations like the Giordano-Bruno Foundation (known for their work against Islamism, too) announced that they are going to launch a campaign later this month to attack circumcision and to fight for the “rights of children,” and against the decision-making of parents vis-à-vis the Brit Milah. Jews are accused of abusing children, in effect, if not intent. This is a new form of blood libel, framed in nice German words, always suggesting that Germans love children. In fact many Germans hate Jews and Judaism and some do not like children either. These worrying developments provided the backdrop for the important rally.

Several Israeli flags were displayed at the event, too. However, compared with a rally just a week ago prompted by an anti-Semitic attack against a rabbi on the streets of Berlin by (according to eye-witnesses) German-Arab-Muslim youngsters, where some 1500 people, many Christians among them, showed up, the 300 people were a small group.

The very same Christians and liberal Germans who always love to pretend to be open-minded and pro-Jewish, dislike Judaism as soon as it comes to circumcision. The political elite in Germany did not show up at the event, with the exception of one social democratic Member of Parliament, who did not join the rally in his political function as vice President of the German Bundestag, rather as an individual. This speaks volumes.

In recent weeks there has been a huge debate over circumcision in many parts of German society. Right-wing extremists like those writing for the website Politically Incorrect (known for its support of groups like the party Die Freiheit, the Bürgerbewegung Pax Europa, the so called Pro-Germany movement and the campaign “Stop the left” or “Linkstrend stoppen”) said that Jews will not have a place in Germany if they keep on practicing circumcision. 600 mainstream doctors and others published a letter in leading conservative daily, the Frankfurter Allgemeine Zeitung, arguing against circumcision. Others, like marginal left-winger and NGO-activist (in Iraq and the Middle East) Thomas von der Osten-Sacken, equated Brith Milah more or less with female genital mutilation (FGM). They’ve lost perspective and run riot.

It is also interesting to note that the very same people who have opposed the anti-Zionist Judith Butler, who will be awarded the prestigious Adorno-Prize on September 11, 2012, in the city of Frankfurt, now attack Judaism and the Brit Milah. Their opposition to anti-Zionism contradicts their anti-Jewish feelings (framed as pro-child ideology).

A tiny journal in Berlin, called Bahamas, closely related to the publishing house Ça ira, has pretended to be pro-Israel in recent years. They publish articles against Islamism, anti-Semitism and hatred of Israel. However, they urged their readers and followers in a short statement on September 4 not to join the pro-circumcision rally because they detest “religious traditions.”

They support Israel but have an Israel in mind without circumcised Jews. Maybe they just want a female Israel with a few un-circumcised gentiles?

The Bahamas journal is not favored by Anti-Zionist Germans and the German state. However, self-declared friends of Israel seem to like the publication, despite its urging of its followers not to join a Jewish (and Muslim) rally to protect Judaism, Jewish tradition and circumcision. Bahamas was not just silent about the pro-circumcision rally. They were so outraged about this Jewish practice that they urged their “friends of Israel” not to participate in the event. Non-Jewish Germans explaining what it really means to be pro-Israel. That’s fun.

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