Wissenschaft und Publizistik als Kritik

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Traumatischer Stillstand – in Israel ist immer noch der 7. Oktober: Ein Vortrag in München vom Israeli Oliver Vrankovic

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Letzten Donnerstag hielt der israelische Publizist und politische Aktivist Oliver Vrankovic, der wie ich rein zufällig aus Esslingen am Neckar kommt, einen Vortrag in München beim Linken Bündnis gegen Antisemitismus München.

In seinem 85-minütigen Vortrag geht Oliver auf die aktuelle Situation in Israel ein. Er ist 44 Jahre alt, arbeitet als Rezeptionist in einem Altersheim im Süden Israels und wohnt seit 17 Jahren in Israel, er ist Israeli geworden.

Das ist sicher einer der besten Vorträge, die man über das heutige Israel in deutscher Sprache hören kann.

Hier spricht ein Linkszionist über die größte Katastrophe im Judenstaat seit 1948.

Bis zum 6. Oktober war Oliver, wie er betont, scharf im Gegensatz zur rechtsextremen Regierung Netanyahu und der geplanten „Justizreform“. Am Ende betont er dann, wie unglaublich absurd es ist, wie Bibi agiert und viele sehr wichtige Entscheidungen einfach nicht trifft, wie es in Gaza jetzt weitergehen soll, wer in Israel die Verantwortung für das unfassbare Versagen am 7.10 übernimmt und so weiter.

Am 7. Oktober waren viele der führenden Wortführer der Anti-Regierungs-Proteste an allervorderster Front mit dabei, mit der Waffe in der Hand oder mit Autos und Bussen – es war Schabbat und die Regierung hat viel zu spät gemerkt, dass jetzt Züge und Bussen fahren müssen, um Soldaten in den Süden zu transportieren und Menschen zu retten – Menschen vor den heranstürmenden Muslim-Faschisten aus Gaza zu beschützen, zu retten und gegen die Hamas und die anderen Terroristen zu kämpfen.

Oliver geht auf die Linkszionist*innen im Süden ein, die jahrzehntelang den Palästinenser*innen Mut zusprachen und Unterstützung boten, ja künstlerische Mosaike kreierten auf ihren Anwesen, die auf Hebräisch Schalom und auf Arabisch Salam (Frieden) schrieben und ganz konkret den Menschen im Gazastreifen bei der Arbeit, bei Besuchen in Krankenhäusern und so weiter geholfen haben.

Und diese Menschen aus Gaza haben sich als Bestien erwiesen, diese Palästinenser haben sich als Mörder, Vergewaltiger und als „Zivilisten“ geoutet, die zu Tausenden beim Abschlachten, Vergewaltigen, lebendig Verbrennen der Juden und Jüdinnen geholfen, gejauchzt, gelacht und gekichert sowie geplündert haben.

Palästinensische Kinder fuhren dann das Fahrrad der jüdisch-israelischen kids, die entweder fliehen konnten, oder aber ermordet worden waren.

All das berichtet Oliver Vrankovic aus einer ungemein authentischen Perspektive, er hat es selbst alles erlebt, er war am 7. Oktober 2023 in Israel und konnte nicht fassen, was passiert.

Ohne eine „Denazifizierung“ der Palästinenser wird es niemals Frieden geben, das betont er völlig zurecht. Und Oliver betont auch, dass es in israelischen Schulbüchern eben keine Aufrufe zur Entmenschlichung oder Dämonisierung von Arabern und Palästinensern gibt, das weiß er von den Schulbüchern seiner 12-jährigen Tochter.

Doch in Gaza gibt es einen unfassbaren Antisemitismus, gerade auch in Schulbüchern, die IDF haben viele Beweise dafür aus dem Gazastreifen gefunden und gesichert, vieles war ja auch schon zuvor bekannt.

Einzig seine Kritik an der anfänglichen Zurückhaltung Israels bei der Unterstützung der Ukraine ist nicht überzeugend, auch wenn selbstredend die Achse Teheran-Moskau gekappt gehört. Aber gerade der ehemalige israelische Ministerpräsident Naftali Bennett war es doch, der in höchster Not sogar seinen Schabbat nicht einhielt und mit dem Flugzeug nach Moskau flog im Frühjahr 2022, um mit Putin über einen Waffenstillstand oder gar Frieden zu verhandeln.

Erst vor wenigen Tagen publizierte die renommierte Zeitschrift Foreign Affairs einen ausführlichen Artikel, der auch entgegen der Intention der beiden Autoren (!) belegt, dass im März 2022 (!) eine Lösung des Konflikts möglich war. Die Ukraine hätte Sicherheitsgarantien von mehreren Ländern, darunter die USA, Israel, Deutschland, bekommen, aber vertraglich erklärt, niemals ein Staat mit Atomwaffen zu werden und nicht in die NATO, allerdings durchaus in die EU aufgenommen zu werden, was Putin noch Jahre zuvor strikt abgelehnt hatte. Jetzt hätte er es so unterschrieben, so Foreign Affairs. Aber insbesondere der Fanatismus von Boris Johnson aus England verhinderte eine Friedenslösung, seitdem gilt die Direktive „Sieg für die Ukraine und Niederlage für Russland“. Johnsons und des Westens, auch Deutschlands Verweigerung diesem Kompromiss zuzustimmen, kostete über Hunderttausend Menschen das Leben, in der Ukraine und auf Seiten der russischen Armee.

Es ging darum,  dass Selenskyi und die Ukraine offenbar sehr wohl einverstanden gewesen wären, Russland zu versichern, nicht in die NATO aufgenommen werden zu wollen und ggf. territoriale Unabhängigkeit für sehr stark von pro-russischen Menschen bewohnte Teile im Süden der Ukraine wie den Regionen Donezk und Luhansk sowie der Krim zu machen, wenn sich Russland militärisch aus allen seit dem 24. Februar 2022 eroberten Gebieten zurückziehen würde.

Das Schrecklich ist, dass es nun, mehr als zwei Jahre später, genau darauf hinauslaufen wird, allerdings mit der wahnsinnigen Idee, die Ukraine in die NATO aufzunehmen, aber die genannten Gebiete und noch mehr wird die Ukraine verlieren – mit mehreren Hunderttausend Toten auf beiden Seiten. Das alles wischt Oliver etwas zu forsch vom Tisch, was angesichts der äußerst gefährlichen Kooperation vom autokratischen Regime in Moskau mit den Muslim-Faschisten aus Teheran auch verständlich ist. Aber eine Denazifizierung der Ukraine wie der Asow-Brigaden ist eben auch mehr als angesagt, ein Land mithin, dessen Mainstream antisemitisch ist, was sich in Fußballstadien zeigt, die nach Holocausttätern oder Nazi-Kollaborateuren in den letzten Jahrzehnten benannt wurden, was vor 2022 auch international als skandalös betrachtet wurde und seitdem aber mit Dutzenden Milliarden goutiert wird.

Diese Bemerkungen zu Russland kommen zwar erst gegen Ende des so eminent wichtigen Vortrags von Oliver, aber sie sind leider zu wichtig, als sie ignorieren zu können. Gerade in der Pro-Israel-Szene ist der teils regelrechte Hass auf Russland zu weit verbreitet und hat mit einer soliden Kritik an der Achse Moskau-Teheran nichts zu tun.

Man kann Anti-Putin, antifaschistisch und Pro-Frieden sein, gegen Waffen für die Ukraine und für Diplomatie. Das war auch der Ansatz des Israeli Naftali Bennett, der sicher kein Freund der Achse Moskau-Teheran ist, aber der realistisch (!) sah, was politisch auf dem Spiel steht und dafür sogar – was sehr außergewöhnlich war für einen religiösen Juden wie Bennett – seine Schabbatruhe brach. Doch leider ist gerade in der Pro-Israel Szene die Ignoranz gegenüber Naftali Bennetts diplomatischen Aktivitäten und die Vorliebe für eine bedingungslose Unterstützung des Regimes in Kiew vorherrschend.

Seit wann ist es weniger antisemitisch, Straßen nach Holocausttätern und Nazi-Kollaborateuren zu benennen (Ukraine), als mit einem Holocaust leugnenden Staat zu kooperieren (Moskau-Iran)? Beides sollte man als Intellektueller und zumal als Linker kritisieren. Doch in Deutschland, dem Westen und der Pro-Israel Szene wird wie ein Mantra die Solidarität mit der Ukraine beschworen, dabei sind Waffen für die Ukraine nicht solidarisch, sondern selbstmörderisch, Russland ist immer stärker, wer das nicht verstanden hat, hat ganz wenig verstanden von Krieg, Militär und dem Atomzeitalter. Doch der anti-diplomatische Reflex ist extrem weit verbreitet, wenn es um die Ukraine geht.

Das muss sich ändern, doch ich sehe da wenig Potential, da selbst seriöse Publikationen wie Foreign Affairs ja meist ignoriert werden und selbst die israelische Initiative von Bennett nie wirklich diskutiert wurde, auch nicht unter Pro-Israelis. Als ob Bennett ein Kumpel mit Antisemiten wäre, weil die mit dem Iran kooperieren wie Russland. Das ist ja lachhaft und grotesk. Doch die weltweite Isolation Russlands trägt dazu bei, dass sich Russland richtig üble Parnter sucht, auch militärisch. Was wäre passiert, wenn der arrogante Bill Clinton Putin nicht ausgelacht hätte, vor über 20 Jahren, als dieser fragte, ob nicht auch Russland in die NATO aufgenommen werden könnte?

***

Der Kern aber des Vortrags von Oliver Vrankovic ist die Kritik am palästinensischen Antisemitismus. Ohne dessen Ende wird es niemals eine Zweistaatenlösung geben. Er selbst war wie Millionen von Israelis von der Option einer Zweistaatenlösung bis zum 6. Oktober 2023 überzeugt. Doch das war eine katastrophale Fehleinschätzung.

Also: schaut euch diesen Vortrag an, hört ihn auch an, um zu merken, dass in Israel bis heute der 7. Oktober 2023 alles bestimmt, die Uhr drehte sich nicht weiter. Das zentrale Versprechen Israels, ein sicherer Hafen für alle Juden zu sein, wurde dementiert. Und doch betont Oliver, dass er weiß, dass für seine Tochter Israel der sicherste Ort der Welt ist, wenn er sich anschaut, was in Schulen in Deutschland so abgeht an Judenhass …

Hier ist das Video:

Ich weißt nicht, ob Paulaner Spezi offizieller Sponsor des Münchener Vortrags war, vermutlich eher nicht. Gleichwohl stand eine Flasche Paulaner Spezi womöglich eher zufällig prominent während des gesamten Vortrags vor Oliver, was den kultischen Status von Spezi, wenn es um Zionismus und Kritik an allen Formen des Antisemitismus geht, sicher noch steigern dürfte.

Diesen 85-Minuten-Vortrag sollte man wirklich gehört haben, wenn man sich weiterhin zu Israel äußern möchte.

Der „Duft von Druckerschwärze“ und die digitale Welt oder: wann wurde Jürgen Habermas zu einem autoritären Demokraten?

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Der intellektuelle Charme versprühende „Duft der Druckerschwärze“, den man morgens in U-Bahnen zu riechen vermochte – wenn man in einer Ortschaft wohnte, wo es eine U-Bahn gibt, also eigentlich in der BRD nur Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart – ist für den Historiker und Kolumnisten der Süddeutschen Zeitung Norbert Frei dem digitalen Publizieren gewichen. In seiner allerletzten Kolumne für die SZ, die in der Wochenendausgabe vom 16./17. März 2024 publiziert wurde, lamentiert der bekannte Historiker, dass der vom Sozialphilosophen Jürgen Habermas analysierte „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (1962) sich zu einem „Strukturbruch der Öffentlichkeit“ radikalisiert habe.

Frei bringt Beispiele wie von AfD-nahen YouTubern, die von fast einer Million Followern bzw. Zuschauer*innen verfolgt würden. Dabei hatten noch mehr Leute den AfD-Chef Tino Chrupalla live im öffentlich-rechtlichen TV sehen können (bei Markus Lanz), was nur zeigt, wie wenig Mainstream-Journalisten aus dem von der ARD und dem ZDF mit beförderten Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag im Jahr 2017 gelernt haben. Auch Norbert Frei findet das sehr ungeschickt vom ZDF, den AfD-Führer in wenigen Wochen gleich zweimal als Talkgast zu hofieren.

Frei geht auf den dramatischen Rückgang der Zeitungsauflagen ein, die haben sich von 1991 bis 2023 von 27 Millionen Ausgaben pro Tag auf schlappe 11 Millionen reduziert. Gleichzeitig hat sich seit der Erfindung des Internets Mitte der 1990er Jahre die Medienlandschaft komplett verändert. Komplett? Nun ja, Leitmedien sind für viele weiterhin das Fernsehen oder der Spiegel, die Zeit, die Süddeutsche, die FAZ etc. Aber es gibt, da hat Norbert Frei zweifelsohne Recht, eine riesige Anzahl an neuen Medienmacher*innen, in den digitalen Medien vorneweg, die eigentlich ja eine Demokratisierung bedeuten könnten. Aber jetzt kann sich jede und jeder irgendwo äußern. Die größten Trottel bekommen Hunderttausende oder Millionen Follower bei den entsprechenden Portalen.

Die Gefahr des Rechtsextremismus ist sehr groß. Das zeigen Verschwörungsmythen aller Art, autoritäres Verhalten und selbstredend der Mob in den wirklich a-sozialen Medien.

Doch kommt die Gefahr nur von den Nazis und Rechten oder jenen Trotteln?

Keineswegs.

Das ist mir viel zu selbstverliebt und unreflektiert.

Und von daher wurde ich stutzig über die im März 2024 völlig ungebrochene Vorliebe des Historikers Norbert Frei für Jürgen Habermas. Denn es war kein anderer als Habermas, der während der Corona-Pandemie zeigte, wie aus einem mehr oder weniger liberalen Demokraten ein illiberaler, irrationaler und autoritärer Denker wurde. Habermas wurde während Corona zu einem autoritären Demokraten.

Frei geht auf Habermas‘ Einlassungen während der Corona-Pandemie überhaupt nicht ein und das ist ein schwerwiegender Fehler. Denn Historiker*innen zukünftiger Generationen werden sich sehr wohl mit dem Versagen der Demokraten und der Wissenschaft in den Jahren 2020 bis 2023 befassen. Auch Jürgen Habermas wird ganz bestimmt dann nochmal ins Visier wissenschaftlicher Analyse von Irrationalismus, Unwissenschaftlichkeit und autoritärem Denken geraten. Doch steckte nicht schon früher dieses autoritäre, ja dezisionistische Denken in Habermas drin?

Was meine ich genau? Nun, Folgendes:*

„Und es gibt DOCH ein Leben vor dem Tod!“[1]

Da weder die Grippe von 1969/70 noch Corona die Pest oder Cholera sind und auch nicht annähernd so gefährlich wie Tuberkulose, hat der Großaffirmator staatlicher Politik wie Jürgen Habermas die Grippe 1969/70 ohne jede gesellschaftliche, staatliche ‚Maßnahme‘ überstanden. Er kommt jedoch im hohen Alter endlich ganz explizit zu sich selbst. Das zeigt ein Artikel von ihm in den Blättern für deutsche und internationale Politik vom September 2021.[2] Darauf weist der Feuilletonchef der Tageszeitung Die Welt Andreas Rosenfelder hin.[3] Was schreibt Habermas in der September 2021 Ausgabe der Blätter? Schon die ersten Sätze seines Artikels zeigen, dass er nicht weiß, worüber er schreibt:

„Seit Beginn der Corona-Pandemie stellt sich demokratisch verfassten Nationalstaaten – als den in erster Linie handlungsfähigen Akteuren – unter rechtsphilosophischen Gesichtspunkten vor allem eine Frage: Welche Pflichten erlegen die Grundsätze einer liberalen Verfassung der Regierung in einer solchen Situation auf und welche Handlungsspielräume haben sie dabei gegenüber ihren Bürgern?

Die durch das Virus Sars-CoV-2 ausgelöste Pandemie ist, wie der Name bereits besagt, ein Naturgeschehen, das sich global ausgebreitet hat, also Leben und Gesundheit von Angehörigen der species homo sapiens überall auf dem Erdball bedroht. Unter biologischen Gesichtspunkten lässt sich die Bekämpfung der Pandemie als eine (freilich mit ungleichen Waffen geführte) Kriegführung von Species gegen Species verstehen.“[4]

Wie der irrationale französische Präsident Macron sieht auch der deutsche Großaffirmator des herrschenden Systems ein Virus als einen Kombattanten an. Wir seien also im „Krieg“, ja es gebe eine „Kriegführung von Species gegen Species“. Da schüttelt jeder Biologe und auch jede Sozial- und Geisteswissenschaftlerin nur den Kopf: Ein Virus möchte sich verbreiten, was es nur kann, wenn es Wirte gibt. Wollte Corona alle Menschen töten, hätte es keinen Wirt mehr bzw. nur die Tiere, aber das Leben der Menschen ist für ein Virus wie Corona viel spannender. Nur sind nicht alle Menschen gleichermaßen gesund und immunstark.

Habermas hat die gesamte empirische und analytische Forschung zu Demokratie, Menschenwürde, Grundrechten und Epidemiologie seit März 2020 ver­schlaf­en. Er wägt nicht zwischen Kosten und Nutzen ab, sondern spielt den autoritären Macker, der er offenbar schon immer war, denn kaum einer wird mit 92 Jahren plötzlich autoritäre Charakterzüge entwickelt haben, die schlummerten nur in ihm. Jürgen Habermas ein Schläfer, der jetzt erwacht ist? Wie medizinisch und epidemiologisch ungebildet Habermas ist, zeigt sich hier:

„Bis zum Zeitpunkt der – letztlich nur durch Impfung erreichbaren – ‚Herden­imm­unität‘ erstrecken sich die strategischen Optionen in diesem Kampf über einen breiten Spielraum.“[5]

Man fragt sich, was für ungebildete Berater*innen Habermas hat und wer in der Redaktion der Blätter für deutsche und internationale Politik einen so unwissenschaftlichen Schmarrn lektoriert und redigiert hat. Herdenimmunität bildet sich bei Viren wie Influenza oder Corona immer durch natürliche Immunität und ggf. durch eine Impfung gemeinsam aus. Es gibt Studien, die zeigen, dass ehemals mit SARS-CoV-2 infizierte, aber nicht geimpfte Personen eine höhere Immunität haben als Geim­pf­te, die sich nie infizierten.[6]

Zudem sich, auch das weiß er nicht, mit den aktuellen Coronaimpfstoffen weder eine „klinische Immunität“ (also Schutz einer geimpften Person vor dem Ausbruch der Krankheit) noch eine „sterile Immunität“ (keine Weitergabe des Virus) entwickeln kann. Geimpfte können mit der gleichen Viruslast das Virus übertragen – schon das macht die 3G oder 2G Regeln beliebig. Wer gegen Masern geimpft ist, bekommt keine Masern. Wer gegen Corona geimpft ist, kann sehr wohl Corona be­kom­m­en und das nicht selten. Habermas hat die wissenschaftliche Forschung konsequent ignoriert, er weiß nicht, dass wir es mit einer Infektionssterblichkeit (IFR) von unter 0,10 bis 0,23 Prozent zu tun haben, was die ca. 4 Prozent Fallsterblichkeit, von denen an­fangs auch die WHO oder das RKI panisch und evidenzlos ausgingen, ganz enorm relativiert und die Fakten auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Über 99 Prozent aller Toten „an“ oder doch nur „mit“ Corona sind über 50 Jahre alt und fast alle waren vorerkrankt. Wobei wir über die Vorerkrankungen noch viel mehr wissen könnten, wenn die Zahlen vorliegen würden und wenn es Obduktionen im großen Maßstab zu den Covid-Toten gegeben hätte. Denn ganz sicher waren nicht alle Toten, die als C-Tote zählen, an Covid gestorben, viele hatten nur bis zu 28 Tage vor dem Tod einen positiven PCR-Test, der wiederum gar nicht für die Diagnose einer Krankheit entwickelt wurde.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch an Covid-19 stirbt, ist minimal. Während richtig schlimme Krankheiten wie Pocken eine Sterblichkeit von ca. 30 Prozent haben oder AIDS in der Anfangszeit zwischen 80 und 100 Prozent Sterblichkeit, so ist eine Sterblichkeit von unter 0,10 bis 0,23 Prozent wie bei Corona sehr gering. Die unterschiedliche Infektionssterblichkeit je Altersgruppe zeigt ein Artikel im European Journal of Epidemiology, eine Fachzeitschrift, die wohl doch un­wesent­lich mehr wissenschaftliche Ahnung von Epidemiologie haben dürfte als Jürgen Habermas und die Blätter für deutsche und internationale Politik:[7]

    • 0–19: 0,0027 %
    • 20–29: 0,014 %
    • 30–39: 0,031 %
    • 40–49: 0,082 %
    • 50–59: 0,27 %
    • 60–69: 0,59 %

Doch Habermas fabuliert:

„In diesem Zusammenhang kann ich auf ein neues und für die nächste Zukunft ernstlich beunruhigendes Phänomen an dieser Stelle nicht genauer eingehen – ich meine die politisch aggressive und verschwörungstheoretisch begründete Verleugnung der pandemiebedingten Infektions- und Sterberisiken. Wegen ihres rechtsradikalen Kerns sind die scheinliberal begründeten Proteste der Corona-Leugner gegen die vermeintlich konspirativen Maßnahmen einer angeblich autoritären Regierung nicht nur ein Symptom für verdrängte Ängste, sondern Anzeichen für das wachsende Potential eines ganz neuen, in libertären Formen auftretenden Extremismus der Mitte, der uns noch länger beschäftigen wird.“[8]

Habermas hat panische, irrationale Angst vor einem Virus, nicht die Kritiker*innen. Die haben berechtigterweise Angst vor einer medizinisch sinnfreien und antidemokratischen Corona-Politik. Habermas benutzt das Stigmanomen „Corona-Leugner“ und meint damit alle Kritiker*innen der nicht evidenzbasierten Coronapolitik.

Er macht sich gar nicht die Mühe zu differenzieren zwischen den 90 oder 99 Prozent, die das Virus überhaupt nicht leugnen, aber die Politik desaströs finden und jenen 10 oder ein Prozent oder noch weniger, die tatsächlich die Existenz des Virus SARS-CoV-2 leugnen. Jürgen Habermas stellt die ganze Debatte über Demokratie, Menschen- und Grundrechte auf den Kopf und möchte in Carl Schmittscher Manier dem Staat alle Rechte für den Ausnahmezustand geben, ja es sei eine Pflicht, dass der Staat so rigoros durchgreift, wie nur möglich, ohne mit der Wimper zu zucken. Habermas ist der extreme Rechte, der Schmittianer und nicht nur ein Teil der Kritiker*innen der Coronapolitik, der auch unzweifelhaft rechts ist. Habermas schreibt in aggressiver Diktion:

„Das Ziel, die Rate der auf Corona zurückzuführenden ‚Übersterblichkeit‘ der Bevölkerung so niedrig wie möglich zu halten, deckt sich ja keineswegs mit dem Ziel zu verhindern, dass die Zahl der schwer erkrankten und behandlungsbedürftigen Corona-Patienten die Grenze der vorhandenen Betten und Beatmungsgeräte üb­er­schreitet. Das aber bedeutet faktisch eine Verschiebung der Zielbestimmung, mit der die eigentlich entscheidende Frage aus der politischen Öffentlichkeit verdrängt worden ist: ob denn ein demokratischer Verfassungsstaat bei der Verfolgung des Ziels der Pandemiebekämpfung überhaupt das Recht hat, Politiken zu wählen, mit denen er die vermeidbare Steigerung von Infektionszahlen und damit der wahrscheinlichen Anzahl von Sterbefällen stillschweigend in Kauf nimmt.“[9]

Raphael Gross hat in seiner Dissertation den Antisemitismus von Carl Schmitt detailliert untersucht und kritisiert. Im Zusammenhang mit Corona passt seine Analyse des Begriffs „Dezisionismus“, wie er bei Schmitt 1922 in „Politische Theologie“ Verwendung findet:

„Etwa ein Jahrhundert später führt Schmitt, de Maistres Thema wieder aufgreifend, Hobbes Satz gegen denjenigen von Locke an: ‚the Law gives authority.‘ In diesem Kontext führt Schmitt seinen Begriff des Dezisionismus ein; dieser wurde später zur Kennzeichnung seines eigenen Denkens verwendet: ‚Der klassische Vertreter (wenn ich dieses Wort bilden darf) dezisionistischen Typus ist Hobbes.‘ Hobbes‘ dezisionistische Formel ‚Auctoritas facit legem‘ sollte Schmitts Entscheidung gegen das Gesetz, gegen die ‚Herrschaft des Gesetzes‘ und für die Autorität stützen. Denn schließlich sage ‚das Gesetz‘ nicht, ‚wem es Autorität‘ gebe.“[10]

Exakt so handelte Kanzlerin Angela Merkel zu Beginn der Coronakrise. Es wurde nicht im Parlament gestritten, debattiert und Kompromisse oder die bestmögliche Antwort auf eine Krisensituation gesucht, sondern es wurde beschlossen, dieser dezisionistische Akt war schockierend für eine parlamentarische Demokratie, die nicht mehr funktionierte.

Für Merkel und die gesamte Politik zählte nicht das Gesetz, sondern die Autorität, nicht die Legislative, sondern die Exekutive. Dass Verordnungen oder Maßnahmen von Gerichten später als illegal oder verfassungswidrig verurteilt wurden, führte weder zu Rücktritten noch zu einem grundsätzlichen Umdenken.

Das ist für die Politikwissenschaft umso bemerkenswerter, als wir es hier bei Schmitt um einen Klassiker der reaktionären deutschen Position gegen 1789 zu tun haben – gegen den Universalismus, der gerade von Politikerinnen wie Merkel oder Großdenkern der Bundesrepublik wie Habermas immer eingefordert und jetzt im Fall der Fälle im Sinne Schmitts in dessen Text „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ (1926) verworfen wurde:

„Schmitts Insistenz auf dem Dezisionismus ist ein Kampf gegen jedes universale Gesetz und insbesondere gegen den parlamentarischen Gesetzesbegriff, der sich in der Folge von 1789 entwickelt hat: ‚Die allgemeine Maßgeblichkeit des Gesetzes ergibt sich daraus, daß das Gesetz (im Gegensatz zum Willen oder Befehl einer konkreten Person) nur Ratio ist und keine Cupiditas [Begierde]. (…) Die Dezision, der persönliche Befehl, ist Schmitts Antwort auf das allgemein geltende Gesetz, das wesentlich entpersonalisiert ist.“[11]

Habermas hat die Cupiditas nach dem totalen Staat. Er, der anti-adornitische Zermalmer der Kritischen Theorie, die fortan, seit den 1970er Jahren „Frankfurter Schule“ heißt, droht:

„Wenn sich die Erforderlichkeit einer staatlichen Präventivmaßnahme auf das weitgesteckte Ziel bezieht, die Infektionszahlen zu minimieren, sind nicht nur strengere Verhaltensvorschriften und Auflagen gerechtfertigt als bei dem weniger anspruchsvollen Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Vielmehr drängt sich beim Vergleich dieser Ziele auch jene Grundsatzfrage auf, die tatsächlich im Hintergrund geblieben ist: ob die Verfassung eines demokratischen Rechtsstaats die Regierung im Hinblick auf das Minimierungsziel dazu verpflichtet, die Zahl der an Corona Verstorbenen so niedrig wie möglich zu halten. Nur wenn diese Verpflichtung nicht besteht, gewinnt die Regierung mit der Inkaufnahme einer vorhersehbaren Zahl grundsätzlich vermeidbarer Todesfälle auch einen gewissen Spielraum für die Berücksichtigung anderer konkurrierender Rechts­an­sprüche. Denn die alternativen Zielbestimmungen stellen auch die Weichen für die gerichtliche Kontrolle staatlich verordneter Einschränkungen.“[12]

Allein das Wörtchen „vermeidbarer“ zeigt den verfassungsrechtlichen Irrsinn und die Macht- und Herrschaftsgelüste, die Habermas an- und umtreiben. Als ob es vermeidbar wäre, ein respiratorisches Virus, das so gut wie alle Menschen am Leben lässt und nur minimal beschäftigt, zu eliminieren.

Mit solchen Sätzen wird er zum Vorbeter der weltweiten ZeroCovid-Bewegung. Habermas wird zum antidemokratischen Vordenker, der jede Kritik als „libertär“ denunziert – was für ihn mit „extremistisch“ oder rechts identisch ist und nicht auch anarchistisch oder links konnotiert:

„Die Parteigänger einer libertären Öffnungspolitik stützen sich in der öffentlichen Diskussion auf die akademischen Stimmen, die einen während der Pandemie grundsätzlich zu beachtenden Vorrang des staatlichen Gesundheitsschutzes bestreiten.“[13]

Was Habermas nicht kapieren möchte – und das liegt nicht an seinem Alter, sondern an seiner ideologischen Borniertheit oder Vorliebe für ‚harte Maßnahmen‘ generell – ist die Tatsache, dass Menschen sich sehr wohl selbst schützen würden, wenn es denn eine Gefahr gäbe, die alle gleichermaßen beträfe.

Doch es gibt keine Gefahr, die alle, die ganze Menschheit gar, bedroht. Diese Bedrohung fantasiert der autoritäre Charakter vom Starnberger See. In Nigeria, dem größten Land Afrikas und einem der größten Staaten der Erde, gibt es 14 Todesfälle pro eine Million Einwohner*innen (Stand November 2022[14]), die an oder mit Corona starben. In Deutschland sind es 1828 pro eine Million Bewohner*innen. Habermas hat einfach die empirische, epidemiologische Realität komplett aus den Augen verloren, ja sich nie mit den harten Zahlen beschäftigt.

Man erkennt vielmehr seine Vorliebe für autoritäres Handeln, was zeigt, wohin sein Projekt der „deliberativen Demokratie“ führt und offenbar führen sollte: in den technokratischen Ausnahmezustand und paternalistischen Fürsorgestaat.

Von Medikamenten gegen Covid-19 hat Habermas auch noch nie etwas gehört, aber das geht ja den meisten ignoranten und unwissenschaftlichen Deutschen so. Habermas hat von Medizin keinerlei Ahnung, was dieser Aufsatz in den Blättern zeigt, aber er hat auch von Menschenwürde und Grundrechten nicht einmal rudimentär eine Vorstellung:

„Denn normativ betrachtet, ergibt sich ein solcher Vorrang erst unter der Voraussetzung, dass es mit der Verfassung eines demokratischen Rechtsstaats unvereinbar ist, angesichts pandemischer Herausforderungen eine vermeidbare Steigerung von ‚naturwüchsigen‘ Infektions- und Todesraten in Kauf zu nehmen.“[15]

Damit wird Habermas zum Guru der ZeroCovid oder NoCovid-Bewegungen. Der Staat müsse alles tun, damit es so wenig Infektionen wie möglich gibt. Dass nur ein Bruchteil der Bevölkerung überhaupt bedroht ist und durch Isolation, Besuchsverbot oder Maskenpflicht im Alten- und Pflegeheim sowie Krankenhaus noch mehr in Gefahr geriert und gerät, das steht hier nicht. Frankfurt am Main hatte 2020 quasi keine Übersterblichkeit, ganz Deutschland hatte keine.

Das wird noch deutlicher, wenn man – auch das kennt Habermas überhaupt nicht – die Sterbezahlen altersangepasst darstellt. Denn die Bevölkerung wird immer älter, er ist ein typisches Beispiel dafür.

Laut einer Studie der Uni­versität Duisburg-Essen gab (UDE) es 2020 keine Übersterblichkeit[16] – es handelt sich laut der Panikindustrie von Tagesschau und Bundesregierung um die schlimmste Epidemie in der Geschichte der BRD –, sondern eine Untersterblichkeit:

„Forscher der Medizinischen Fakultät der UDE haben mit Kollegen die Zahl der Sterbefälle in Deutschland, Spanien und Schweden der Jahre 2016 bis 2020 analysiert. Sie wollten herausfinden, ob dort im vergangenen ‚Corona-Jahr‘ mehr Men­sch­en gestorben sind, als dies ohne den Ausbruch einer Pandemie erwartet wor­den wäre. Das Ergebnis: 2020 gab es keine Übersterblichkeit in Deutschland, auch wenn es etwa 34.000 Todesfälle gab, die mit COVID-19 assoziiert werden.

‚Durch den Fokus auf die Übersterblichkeit vermeiden wir Probleme, die sich sonst aus den beträchtlichen Unterschieden ergeben würden, die weltweit bei der Definition von COVID-19-Todesfällen gemacht werden‘, sagt Erstautor Dr. Dr. Bernd Kowall vom Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epi­demio­lo­gie (IMIBE) am Universitätsklinikum Essen. ‚Es reicht jedoch nicht aus, sich allein auf die Nettozahlen der Todesfälle zu stützen. Auch Veränderungen durch den demographischen Wandel sollten berücksichtigt werden, insbesondere die größere Zahl älterer Menschen und die gestiegene Lebenserwartung‘, betont der Epidemiologe. Berücksichtigt man die Alterung der Gesellschaft, können die Stud­ien­au­toren für Deutschland sogar eine Untersterblichkeit für 2020 nachweisen (2,4 %).“[17]

Folgender Satz des Starnberger Meisterdenkers in den Blättern ist in seiner Konsequenz juristisch, politisch und demokratisch katastrophal:

„Dementsprechend greift der Staat im Falle des ‚finalen Rettungsschusses‘ als der neutrale Hüter des Rechts in einen lebensgefährlichen Streit zwischen einzelnen Personen ein, während er heute in der Rolle eines politischen Akteurs bei der Verfolgung kollektiver Ziele die Verantwortung für mögliche Nebenfolgen des eigenen Handelns trägt; in dieser Rolle hat er die Pflicht, nach Möglichkeit alles zu vermeiden, was das Leben von Bürgern aufs Spiel setzt.“[18]

Damit möchte Habermas wie der Tugendterror der Französischen Revolution, wo er offenbar herkommt, zwischen Gut und Böse unterscheiden und nur er weiß, was gut und was böse ist. Der Staat habe „die Pflicht, nach Möglichkeit alles zu vermeiden, was das Leben von Bürgern aufs Spiel setzt“.

Was, wenn Habermas selbst vom Staat nicht stark genug reglementiert worden war im Sommer 2019 und er womöglich – um das satirisch zu überspitzen – mit seinem Gehstock am Starnberger See oder dem Öffnen eines Wohnzimmerfensters Fledermäuse aufgeschreckt hat, die dann ihren Art­genoss*innen in ganz Bayern das erzählten, die dann aus Protest eine Reise nach China machten und dort sowohl die Märkte unsicher machten, als auch mit seltenen Flugtricks Fenster im berüchtigten Wuhan-Labor beschädigten, so dass bei deren Reparatur die SARS-CoV-2-Viren entweichen konnten? Was dann?

Denn so ähnlich könnte es ja gewesen sein. Mittlerweile ist zumindest die These eines Laborunfalls als seriöse Option auch in den USA längst in den Ring geworfen worden, wie die New York Times im Mai 2021 berichtete.[19]

Das Energieministerium in den USA, das viele biologische Labore unter sich versammelt, stellt sich sogar im Februar 2023 wie die zentrale Sicherheitsbehörde FBI (Federal Bureau of Investigation) hinter die These, dass das Virus SARS-CoV-2 aus einem Labor in Wuhan, China, entwichen sei. Darüber berichten das Wall Street Journal[20] und die New York Times[21].

Es stellt sich verschärft die Frage, was für Biolog*innen, Virolog*innen, Biochemiker*innen etc. in diesem Labor arbeiten. Und es stellt sich die Frage, welche amerikanischen, deutschen, europäischen etc. Institute und Personen mit diesem Institut in Wuhan schon vor 2020 kooperiert haben.

Wie unwissenschaftlich insbesondere Christian Drosten arbeitet, zeigte auch seine frühzeitige Behauptung im April 2020, dass es kein Laborunfall gewesen sein könne, das seien Verschwörungstheorien, wie der Focus berichtete.[22] Drosten konnte das gar nicht wissen, niemand konnte es wissen – bis auf die chinesischen Verantwortlichen, die womöglich, wer möchte das in Abrede stellen, die Unwahrheit sagten, was bei einem totalitären Einparteien-Regime wie in Peking nicht verwunderte.

Wenn SARS-CoV-2 tatsächlich aus einem Labor in Wuhan und einem Projekt der Gain-of-Function-Forschung entwichen sein sollte, zeigt das die extremen Gefahren der na­tur­wissenschaftlichen Forschung auf exemplarische Weise.

Es muss in jedem Fall untersucht werden, welche internationalen Forscher*innen mit den Labors in Wuhan auf welche Art und Weise kooperierten. Indizien sprechen für einen Laborunfall in Wuhan, da dortige Forschungen an Coronaviren stattfinden, die teilweise exakt an jener „Furin-Spaltstelle“ im Virus experimentierten, die bei SARS-CoV-2 auftaucht. Ob das Virus natürlichen Ursprungs ist oder künstlich, ist also eine offene Forschungsfrage, die auch mit der These eines Laborunfalls zusammenhängt, für die in Deutschland vor allem der Nano-Physiker Roland Wiesendanger von der Universität Hamburg bekannt ist.[23]

Die Universität Hamburg schreibt:

„Die Studie wurde im Januar 2021 fertiggestellt und zunächst in Wissenschaftskreisen verteilt und diskutiert. Mit der Veröffentlichung soll nun eine breit angelegte Diskussion angeregt werden, insbesondere im Hinblick auf die ethischen Aspekte der sogenannten ‚gain-of-function‘-Forschung, welche Krankheitserreger für Menschen ansteckender, gefährlicher und tödlicher macht. ‚Dies kann nicht länger nur Angelegenheit einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bleiben, sondern muss dringend Gegenstand einer öffentlichen Debatte werden‘, so der Autor der Studie.“[24]

Es ist zwar für die Analyse der politischen Kultur der Coronazeit nicht entscheidend, wenn auch sehr wichtig zu wissen, woher das Virus kommt und seit wann es existiert, denn ein Laborunfall im Herbst 2019 würde doch vieles verändern, was die Einschätzung von Corona betrifft. Damals gab es keine Tests auf das Virus, es wäre also weltweit völlig unbemerkt monatelang zirkuliert und Menschen wären auch daran erkrankt und teilweise verstorben.

Entscheidend ist aber in jedem Fall die Reaktion auf das Virus, die Veränderung der politischen Kultur oder die antidemokratische Theorie wie von Jürgen Habermas, den Blättern und weiten Teilen des Main­stream. „Alles zu vermeiden, was das Leben von Bürgern aufs Spiel setzt“, wie Habermas schreibt, hieße alle Autobahnen sofort zu schließen, da dort hundertprozentig jeden Tag Menschen sterben. Das hieße, von heute auf morgen den Tabakkonsum nicht etwa zu besteuern – wie es der Staat tut und somit davon profitiert –, sondern ihn zu verbieten. Sonst könnte man meinen, der Staat profitiert via Ta­bak­steuer oder via Erdöl- und Gassteuer, Alkoholsteuer, ja via Mehrwertsteuer vom Verkauf der unglaublichsten Dinge, wie Zucker, Waffen, Panzer, Panz­er­fäust­e, Kampfjets, Schokopudding oder Gummibärchen.

Will Habermas ernsthaft behaupten, dass all dies nicht töd­lich ist, namentlich die Waffen- und Zuckerindustrie? Woher kommt die Fettleibigkeit? Von zu vielem Sport? Woher kommen die Toten in den Krisengebieten dieser Welt? Sie werden in Oberndorf am Neckar von Heckler & Koch oder von Rheinmetall aus Düsseldorf produziert.

Andreas Rosenfelder von der Welt kritisiert Habermas:

„Jürgen Habermas, einst ein Meisterdenker der liberalen Öffentlichkeit, malt in seinem Elfenbeinturm einen Staat an die Wand, der sogar die Fantasien der teuflischsten Corona-Leugner verblassen lässt. Sein biopolitischer Leviathan kann zum Zweck der Infektionskontrolle jedwede Freiheit einschränken, immer und überall, ohne Bedingung und ohne Maß. Wer darin nicht den Schattenriss der Diktatur erkennt, der ist wohl nicht mehr zu retten.“[25]

Wie hinlänglich in dieser Studie gezeigt: Ja, es gibt in der Tat nicht wenige Rechte, Nazis, Verschwörungsideologen (m/w/d, auch Linke), die gegen die Coronapolitik aktiv sind. Aber selbst die alle zu­samm­en­ge­nom­men stellen nicht annähernd eine solche Gefahr für die Demokratie dar, wie dieser Text von Jürgen Habermas in den Blättern für deutsche und internationale Politik, der ja nur besonders herausragte im Mainstream. Einer der vier Redakteur*innen von den Blättern ist Albrecht von Lucke.

Er hatte einen nur leicht unterdrückten Tobsuchtsanfall, als im März 2021 der Professor für Philosophie an der LMU München, Hans-Martin Schönherr-Mann, sich kritisch mit der Coronapolitik beschäftigte. Den Angriff auf die Demokratie, die Verkehrung Kants, dass Pflicht nicht mehr auf Freiwilligkeit, sondern auf „Zwang“ beruht, hat Schönherr-Mann für diese Veranstaltung in Ulm[26] – „Demokratie: Auslauf- oder Zukunftsmodell“ – sehr schön in Worte gefasst[27] und seine massive Kritik am Corona-Regime im Mainstream zur Sprache gebracht.

1984 schrieb meine Philosophie-Dozentin an der Uni Tübingen der frühen 1990er Jahre Heidrun Hesse in ihrer Studie „Vernunft und Selbstbehauptung. Kritische Theorie als Kritik der neuzeitlichen Rationalität“ in Anlehnung an Max Horkheimer eine Kritik des „Physikalismus“, der nur eine „positivistische Wissenschaftstheorie“ sei:

„Nur was sich aus dem farbenfrohen, vielschichtigen Spiel der Einzelheiten isolieren, auf Gesetze zurückführen und damit in sie auflösen läßt, findet Beachtung. Und weil zahllose verschiedenartige Einzelfälle sich den festgestellten Gesetzmäßigkeiten mehr oder weniger glatt zu- und unterordnen lassen, ist dieses Wissen so ungemein erfolgreich. Die Kehrseite dieser frappierenden Universalität freilich ist ihr geschichtsblinder Totalitarismus. Das Wissen von allgemeinen Naturgesetzen zehrt davon, daß es Unterschiede eliminiert oder zumindest nivelliert.“[28]

Foto: privat

Heidrun Hesse hat 1985 in einem Text die autoritäre Option oder Dimension bei Habermas bereits angelegt gesehen, wenn sie schreibt:

„Wenn etwa Jürgen Habermas die Moderne verbissen für ein ‚Projekt‘ ausgibt, das unbedingt verteidigt und schließlich vollendet werden müsse, so beabsichtigt er zugleich, sie von ihren ‚Verirrungen‘ und angeblichen Verstiegenheiten zu kurieren. Nicht nur die technisch verblendeten Modernisierungszwänge des kapitalistischen Systems erscheinen in dieser Sicht als gefährliche Exzesse, sondern gleichermaßen die tastenden, aber unwiderruflich ver­nunft­kritischen Gegenbewegungen. Beide sollen exorziert werden, um die Moderne auf den vermeintlich einzig richtigen Weg zurückzubringen. (…)

Auf den versteckt-totalitären Charakter dieses Projekts kann uns jedoch gerade die ästhetische Revolte der Moderne aufmerksam machen, wenn wir ihre Widersprüche ernst nehmen und reflektierend zu durchdringen versuchen. Garantiert es nicht vielleicht einzig dem genormten Glück der Anpassung öffentliche Anerkennung, dem Lebenselixier jener blinzelnden letzten Menschen also, vor dem Nietzsche so graute, während widerspenstiger Subjektivität allenfalls ein eingezäuntes Reservat ohnmächtiger authentischer Künste zugewiesen wird?“[29]

Und noch ein Tübinger Buch gegen Habermas hat das autoritäre Moment von Habermas schon 1986 erkannt, der Autor Gerd Kimmerle schreibt:

„Anzumerken ist allerdings, daß auch die Theorie des kommunikativen Handelns das Verhältnis von Theorie und Praxis als Vormundschaftsverhältnis auslegt und sich deshalb Vorschriften zu erlassen gestattet, die veränderndes Handeln in die Grenzen der bürgerlichen Ideale und ihrer Antizipation richtiger Lebensformen einschließen wollen.“[30]

Foto: privat

Diese „richtige Lebensform“ hat Jürgen Habermas jetzt in der ZeroCovid-Ideologie gefunden: alles, wirklich alles muss vom Staat getan werden, damit keine „Infektion“ und kein Todesfall mit oder an Corona passiert. Wer sonst dabei stirbt, Millionen im Trikont zumal, ist irrelevant. Das ist wie bei einem Kabarettisten, der in einem Sketch über Vater und Sohn im Brustton der kommunikativen Vernunft posaunte:

„Ich hab dich immer zu Frieden und Gewaltfreiheit erzogen, aber wenn du nicht hören willst, dann schlag ich dir den Schädel ein!“

Das ist die Philosophie von Jürgen Habermas in Zeiten von Corona in Kurzform. Habermas bringt die Vernunft zur Raison, tötet sie ab.

Foto: privat

Gerd Kimmerle analysiert:

„Folgt man diskursethischen Erklärungen, muß man annehmen, der allgemeine Wille erzeuge sich (aus sich) selbst. Ihnen zufolge entsteht er nämlich als gesetzmäßige Selbstbeurteilung des individuellen Willens innerhalb diskursiver Willensbildungsprozesse, deren teleonome Reproduktionsmechanismen dem Einzelnen form­bildend vorausgesetzt sind.

Also stellt er eine zirkuläre Wechselbegründung von gesellschaftlichen und moralischen Notwendigkeiten dar, deren gemeinsame Intersubjektivitätsform im moralischen Bewußtsein ihren intrapsychischen Abdruck findet. Ihre Normen erheben, wie Habermas in der Nachfolge Kants darlegt, einen argumentationslogisch uneinlösbaren Universalitätsanspruch. Habermas bejaht die These, jede moralische Beurteilung sei durch moralische Grundsätze auf Unparteilichkeit verpflichtet. Dennoch verstößt er gegen sie. Seine vorgefaßte Meinung, nur diejenigen Normen seien verallgemeinerungsfähig, die gemeinsa­me Interessen verkörpern und insofern intersubjektive Anerkennung verdienen, enthält eine parteiliche Hin­sicht: die Einheit von moralischer und selbsterhaltender Sinnlichkeit des Interesses, die gegenüber allen anderen Existenzmöglichkeiten ausgezeichnet, ja als einzig mögliche Spiegelung von erlebter Sinnlichkeit in zeitübergreifend objektivierender Erfahrung gerühmt wird. Im sinn­de­ter­mi­nierenden Wechselverhältnis von Norm und Interesse wird Freiheit zur Vernunft gebracht.[31]

Jetzt, im pandemic turn und zu Zeiten Coronas, exorziert Habermas die Demokratie und will ganz konkret, quasi als rechtsphilosophische Handlungsanleitung für die Politik und die gesamte Richterschaft, vorneweg für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, die „Freiheit zur Vernunft bringen“: sie auslöschen. Jürgen Habermas kommt zu sich selbst[32] und wird der Vorbeter der Zeugen Coronas. Eine rationale Analyse der Coronakrise, von „Überwachen und Strafen“, der „Geburt der Klinik“ und der Medizinisierung der Welt wird eher Heidrun Hesse zitieren.[33]

***

Und so komme ich zurück auf den Historiker Norbert Frei, der mit Habermas im Gepäck von einem „Strukturbruch der Öffentlichkeit“ redet. Nun: was Sie hier gelesen haben, können Sie nur hier lesen oder natürlich gedruckt in dem Band „Pandemic Turn“. Aber in ganz normalen Mainstreammedien können Sie so etwas nicht lesen. Ja, gerade auch Anti-Habermas Intellektuelle haben angesichts von Corona großteils versagt und wurden zu irrationalen Verfechtern von Merkel, Scholz, Klabauterbach und Drosten.

Und das alles setzte sich dann mit der Ukraine-Krise fort, bis heute. Nur regierunstreue Autor*innen kommen zu Gehör, die ganz wenigen Ausnahmen bestätigen die Regel.

Der Islamismus kommt spätestens seit 9/11 als extremes Problem noch dazu, immer verbunden mit linkem Antisemitismus, die rot-grüne Achse, wie es der Historiker Robert S. Wistrich (1945-2015) nannte.

Die Reaktionen auf den präzedenzlosen Massenmord von Palästinensern an Jüdinnen und Juden am 7. Oktober 2023 im Süden Israels sind bis heute schockierend.

Jene, die sich gerade in der Corona-Zeit als die über allem Erhabenen vorstellten, die „Guten“, sind häufig auch Pro-Israel, obwohl es da krasse Ausreißer gibt und nach dem 7. Oktober fast alle im Mainsteam einen Ja, Aber-Antisemitismus vertreten.

Doch selbst jene, die gegen Antisemitismus sind, sind sehr häufig das Problem, warum? Das waren und sind die gleichen Leute, die irrational und fanatisch die unwissenschaftliche und antidemokratische Coronapolitik verteidigt haben und zwar mit einer Verve, dass einem schwindlig wurde und übel.

Viele haben auch den Ruf nach Waffen für die Ukraine und den aktiven Kampf gegen eine diplomatische Lösung mitgemacht, bis heute.

Schließlich sind sehr viele Leute – ich hab unzählige davon erlebt, früher als Leser*innen meines Blogs oder privat – die gegen die Corona-Maßnahmen waren oder sich gegen die irrationale und gemeingefährliche Ukraine-Politik wenden, gegen Israel oder verstehen nicht, was für einen Bruch im Leben Israels und der Juden der 7. Oktober war und ist. Während diese Leute bei Corona oder der Ukraine Irrationalismus, Fanatismus und das Antidemokratische erkennen, sind sie beim Thema Jihad und Antizionismus unfähig, Kritik zu üben. Beim Thema Israel sind sie antisemitisch oder ignorant, was de facto auf das Gleiche hinausläuft.

Doch die andere Seite, jene ach-so-Gebildeten, die überall Antisemitismus erkennen und gleichzeitig die zionistische und israelische Kritik an der irrationalen Coronapolitik ignorierten, die sind die eigentlichen menschlichen Wracks.

Jene, die Sarah Bosetti, die ZEIT, die SZ und Böhmermann abonniert haben.

Jene, die gerade zu Coronazeiten zeigten, dass sie nicht selbst denken können, nicht wissenschaftlich argumentieren wollen, sondern nur apportierten und bis heute apportieren, was der Staat sagt.

Jene, die den Millionen nicht gegen SARS-CoV-Gentherapierten ‚Schwurblerei‘ vorwarfen und das bis heute als soziales Todesurteil weiterhin vollstrecken, sind das eigentliche Problem. Für sie, nicht anders denn für die Rechten und Nazis, ist denunzieren ein Volkssport, gerade in meinem beruflichen Umfeld, der Pro-Israel Szene und der Antisemitismusforschungs-Szene.

Die a-sozialen Medien sind eine riesige Gefahr für die Demokratie, gerade von den Zeugen Coronas, die denunzierten und Menschen das Recht zu leben absprachen – Kritiker*innen der verfassungsfeindlichen Coronapolitik wurden als „Blinddarm“ geframt und somit zum Töten und ‚Herausschneiden‘ aus dem deutschen ‚Volkskörper‘ bestimmt. Andere faselten von „Madagaskar“, wohin man die Kritiker*innen der irrationalen Impf- und Coronapolitik leider nicht deportieren könnte. So etwas wurde auf Twitter, Facebook, Instagram oder in Podcasts im Mainstream publiziert.

Aber auch Nazis haben die a-sozialen Medien für sich entdeckt. Rechtsextremismus und Irrationalismus sind eine große Gefahr.

Doch wie gezeigt ist der staatstragende und viel gewalttätigere Irrationalismus der Zeugen Coronas und von deren Vorbetern wie Jürgen Habermas um ein vielfaches Gefährlicher und viel weiter verbreitet.

Niemand stört sich daran im Mainstream, weil doch nahezu alle mitmachen und eine Aufarbeitung zum Beispiel jenes hier analysierten Textes von Habermas bis heute ausbleibt. Dabei habe ich meine Studie „Pandemic Turn“ im Frühjahr 2023 publiziert, aber es hat im wörtlichen Sinne niemanden interessiert, was nicht wundert.

Und so bleibt mensch als linkszionistischer Kritischer Theoretiker im 21. Jahrhundert das, was Kritische Theoretiker, die auf der Höhe der Zeit sind, immer sind: alleine.

 

* Der folgende Abschnitt ist aus Clemens Heni (2023): Pandemic Turn. Antisemitismusforschung und Corona, Berlin: Edition Critic, S. 311-325.

[1] Eduard Moriz (Hg.) (1983): Nimm’s leicht, nimm Mich. Sponti-Sprüche No. 3, Frankfurt a.M.: Eichborn Verlag, o.P.

[2] Jürgen Habermas (2021): Corona und der Schutz des Lebens. Zur Grundrechtsdebatte in der pandemischen Ausnahmesituation, September 2021, https://www.blaetter.de/ausgabe/2021/september/corona-und-der-schutz-des-lebens#_ftn3.

[3] Andreas Rosenfelder (2021): Die Habermas-Diktatur, 11. Oktober 2021, https://www.welt.de/kultur/plus234125124/Corona-Politik-Die-Habermas-Diktatur.html.

[4] Habermas 2021.

[5] Ebd.

[6] „It’s a matter of quality, not quantity. That’s the gist of a new Israeli study that shows that unvaccinated people with a prior SARS-CoV-2 infection create antibodies that are more effective in the long run compared with others who were vaccinated but never infected“, Damian McNamara (2022): New Study Shows Natural Immunity to COVID Has Enduring Strength, 15. Februar 2022, https://www.medscape.com/viewarticle/968553.

[7] Cathrine Axfors/John P.A. Ioannidis (2022): Infection fatality rate of COVID-19 in community-dwelling elderly populations, European Journal of Epidemiology, Vol. 37, S. 235–249, https://link.springer.com/article/10.1007/s10654-022-00853-w.

[8] Habermas 2021.

[9] Ebd.

[10] Raphael Gross (2000): Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 164 f.

[11] Ebd., S. 166.

[12] Habermas 2021.

[13] Ebd.

[14] https://www.worldometers.info/coronavirus/.

[15] Habermas 2021.

[16] Martin Rolshoven (2021): Keine erhöhte Sterberate durch COVID-19, 21. Oktober 2021, https://www.uni-due.de/2021-10-21-keine-uebersterblichkeit-durch-corona.

[17] Ebd.

[18] Habermas 2021.

[19] David Leonhardt (2021): The Lab-Leak Theory. We have an explainer, 27. Mai 2021, https://www.nytimes.com/2021/05/27/briefing/lab-leak-theory-covid-origins.html.

[20] Michael R. Gordon/Warren P. Strobel (2023): Lab Leak Most Likely Origin of Covid-19 Pandemic, Energy Department Now Says U.S. agency’s revised assessment is based on new intelligence, 26. Februar 2023, https://www.wsj.com/articles/covid-origin-china-lab-leak-807b7b0a?mod=hp_lead_pos1.

[21] Julian E. Barnes (2023): Lab Leak Most Likely Caused Pandemic, Energy Dept. Says. The conclusion, which was made with “low confidence,” came as America’s intelligence agencies remained divided over the origins of the coronavirus, 26. Februar 2023, https://www.nytimes.com/2023/02/
26/us/politics/china-lab-leak-coronavirus-pandemic.html.

[22] „Wo liegt der Ursprung des Coronavirus? Diese Frage ist neben der Suche nach einem Impfstoff wohl der zentrale Punkt in den Forschungen rund um den SARS-CoV-2-Erreger. Hartnäckig halten sich Gerüchte und Vermutungen, wonach das Virus nicht natürlichen Ursprungs ist, sondern künstlich in einem Labor erzeugt worden wäre. Professor Christian Drosten, der Leiter der Virologie der Berliner Charité, kann da nur mit dem Kopf schütteln. Im NDR Podcast ‚Das Coronavirus-Update‘ erklärt er, warum diese Vermutungen und Gerüchte falsch sind“, „‘Kompletter Unsinn‘: Drosten widerlegt Labor-Theorie und bügelt Nobelpreisträger nieder“, 14. Mai 2020, https://www.focus.de/gesundheit/news/unsinn-drosten-widerlegt-labor-theorie-und-buegelt-nobelpreistraeger-nieder_id_11983555.html.

[23] Roland Wiesendanger (2021): Studie zum Ursprung der Coronavirus-Pandemie. Leiter der Studie und Verantwortlicher für den Inhalt: Prof. Dr. Dr. h.c. Prof. h.c. Roland Wiesendanger Universität Ham­burg, https://www.researchgate.net/publication/349302406_Studie_zum_Ursprung_der_Coronavirus-Pandemie/link/6029266592851c4ed56e5476/download. International wird die Lab Leak Theorie und die Gain-of-Function-Forschung kritisch diskutiert: „Later we found out that Dr Peter Daszak of the EcoHealth Alliance submitted a grant proposal in 2018, in collaboration with Wuhan colleagues, that included a plan to insert furin cleavage sites into novel Sars-like viruses for the first time. Something he forgot to tell us, incidentally. For about a year, scientists who had secretly thought that the virus could have escaped from a lab, and who had relied on inaccurate information to reject that hypothesis, colluded in telling the media that this was a debunked conspiracy theory. Despite instructing the rest of us to ‘follow the science’, these scientists were not doing so themselves. It is a scandal“, Matt Ridley (2022): Top virologists betrayed science with their Covid lab leak cover-up. Despite instructing the rest of us to ‚follow the science‘, these scientists were not doing so themselves. It is a scandal, 24. November 2022, https://www.telegraph.co.uk/news/2022/11/24/top-virologists-betrayed-science-covid-lab-leak-cover-up/.

[24] „Breit angelegte Diskussion als Ziel. Studie zum Ursprung der Coronavirus-Pandemie veröffentlicht“, 18. Februar 2021, https://www.uni-hamburg.de/newsroom/presse/2021/pm8.html.

[25] Rosenfelder 2021.

[26] „Ulmer Denkanstöße 2021: Prof. Dr. Hans-Martin Schönherr-Mann“, https://www.youtube.com/watch?v=nVLEUfXGJOw.

[27] „Prof. Dr. Hans-Martin Schönherr-Mann. Impulsreferate und Diskussionsrunde | 12. MÄRZ 2021, 14.00 – 16:30 UHR“, https://ulmer-denkanstoesse.de/hans-martin-schoenherr-mann/.

[28] Heidrun Hesse (1984)/1986: Vernunft und Selbstbehauptung. Kritische Theorie als Kritik der neuzeitlichen Rationalität, Frankfurt a.M.: Fischer, S. 71.

[29] Heidrun Hesse (1985): Widersprüche der Moderne. Einwände gegen Habermas’ Konzept kommunikativer Rationalität, in: Gerhard Gamm (Hg.): Angesichts objektiver Verblendung. Über die Paradoxien kritischer Theorie, Tübingen: Konkursbuchverlag, S. 252–281, hier S. 253 f.

[30] Gerd Kimmerle (1986): Verwerfungen. Vergleichende Studien zu Adorno und Habermas, Tübingen: Konkursbuchverlag, S. 10, Herv. CH.

[31] Ebd., S. 179 f., Herv. CH.

[32] Auch Nachtwey und Amlinger – Carolin Amlinger/Oliver Nachtwey (2022): Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus, Berlin: Suhrkamp (Kindle Version) – stimmen Habermas‘ Staatsfetischismus zu und zeigen abermals, dass sie mit Gewalt, Autoritarismus, Grundrechtsaussetzungen und Zwang nicht nur keinerlei Problem haben, sondern sie sehr wohl begrüßen: „Jürgen Habermas hat argumentiert, Einschränkungen der Grundrechte seien gerechtfertigt gewesen, um das Leben der Bürger:innen zu schützen. Der Staat habe ‚schon aus funktionalen Gründen‘ Solidarität ‚erzwingen dürfen‘. So richtig Habermas hier aus unserer Sicht liegt [!!, CH], berücksichtigt er doch zu wenig, dass Solidarität seit dem Neoliberalismus nur noch in Spurenelementen zum impliziten Gesellschaftsvertrag gehört. In der Gesellschaftsvergessenheit der verdinglichten Freiheit hat sie kaum Platz“, Amlinger/Nachtwey 2022. Der Professor für Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) Mattias Kumm argumentierte gleich zu Beginn der Coronakrise exakt wie Habermas, er behauptete einfach, dass es nicht etwa verfassungswidrig sei, einen Lockdown zu machen, sondern ihn nicht zu machen, und das ohne jede epiedemiologische Kenntnisse, aber einer juristischen Anmaßung, Freiheitsrechte zu beschränken, die bezeichnend ist für den Zustand auch der Rechtswissenschaft in diesem Land: „Die Grundentscheidung vor über vier Wochen, der Corona-Pandemie mit einem weitgehenden Lockdown zu begegnen, war trotz der für die Nachkriegszeit präzedenzlosen Grundrechtseinschränkungen – bei aller berechtigter Kritik an Formalitäten (…) und auch einiger Einzelmaßnahmen (…) – grundsätzlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Mehr noch, hätten die Bundes- und Landesregierungen einen Kurs verfolgt, der auf Grundrechtsbeschränkungen verzichtet hätte und der Pandemie freien Lauf gewährt hätte, um schnellstmöglich weitreichende Immunität und damit das relativ schnelle Ende der Pandemie bei möglichst geringem wirtschaftlichen Schaden zu erreichen, wäre eine solche Lösung auf der Basis der zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Datenlage möglicherweise eine verfassungswidrige Verletzung der staatlichen Schutzplicht gegenüber dem Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit potentieller Opfer der Kran­k­heit. Eine Fundamentalkritik des eingeschlagenen Kurses auf verfassungsrechtlicher Grundlage ist insoweit nicht nur verfehlt, es ist sogar umgekehrt so, dass jedenfalls die Grundrichtung des eingeschlagenen Weges verfassungsrechtlich geboten war“, Mattias Kumm (2020): Gegen obrigkeits­staatliche Tendenzen in der Krise. Massive Freiheitseingriffe und deren Grundrechtliche Rechtfertigung, 20. April 2020, https://verfassungsblog.de/gegen-obrigkeitsstaatliche-tendenzen-in-der-krise/. So etwas wird da auf dem Verfassungsblog publiziert, dabei wendet sich der Verfasser ja gegen die Verfassung und die Grundrechte, aber das ist natürlich Interpretationssache, wie so vieles bei Jurist*innen, womit sie sich auch herausreden. Aber die Anmaßung, zu wissen (!), was richtig und „geboten“ war, die ist zutiefst schockierend.

[33] Hesse 1985.

Die „Heidelberger Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt“ – und der Antisemitismus

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

In einer „Heidelberger Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt“ vom 01. Februar 2024 heißt es salbungsvoll:

„Eine notwendige Verantwortung ergibt sich in besonderer Weise durch die historischen Erfahrungen geschehenen Unrechts in unserer Stadt. Aber auch aktuelle Auswüchse gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit fordern eine Positionierung und ein Engagement, das sich gegen Ausgrenzung und Herabwürdigung von einzelnen Menschen und Gruppen stellt, wie sie beispielsweise in rassistischen, sexistischen und homophoben Diskriminierungen wirksam werden.“

Badische Anzeigen-Zeitung, 16./17. Februar 2024, Foto: privat

Diese Heidelberger Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt ist keine Erklärung für Vielfalt, weil die Gruppe, der historisch „Unrecht“ – ein typisch deutscher Euphemismus für den Holocaust – passierte, hier als heutiges Opfer gar nicht auftaucht. Während es ganz typisch gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie geht, wird Antisemitismus einfach vergessen. Die Dutzenden Stadträte haben die Jüdinnen und Juden einfach vergessen. Dabei ist das die einzige Gruppe, die von der gesamten Gesellschaft tatsächlich immer und immer wieder diskriminiert wird, es gibt schwule Judenhasser, lesbische Israelhasserinnen, migrantische Antisemiten aller Geschlechter.

Nie fühlten sich Juden und Jüdinnen in Deutschland seit der Shoah so alleine und vergessen wie aktuell.

Heidelberg lädt den Pianisten Igor Levit zum beliebten „Heidelberger Frühling“ ein, aber wer geht mit ihm auf Demos für Israel und für jüdisches Leben in der BRD? Wer?

Diese Heidelberger Erklärung zeugt von diesem Vergessen. Es muss gar kein böser Wille zwingend dahinter stehen, keine BDS-Agitator*innen im Stadtrat, es reicht schon die ganz normale deutsche Ignoranz gegenüber jüdischem Leben. Wer zudem Ja zu Juden sagt, aber Nein zu Israel, ist ein Antisemit. Punkt.

In einem Kommentar in der Jerusalem Post vergleicht ein Autor den Antisemitismus in Heidelberg der 1930er Jahre mit dem heutigen Antizionismus in Harvard. Darauf sollte auch mal der Stadtrat Heidelberg reflektieren – man kann nicht der toten Juden gedenken und guten Gewissens die heute lebenden Juden und Jüdinnen ignorieren oder direkt oder indirekt bekämpfen, soft-core oder hard-core Formen des Antizionismus intonieren, wozu auch brüllendes Schweigen nach dem 07. Oktober 2023 gehört.

Und dieses ‚Vergessen‘ des Antisemitismus, während Rassismus wie selbstverständlich erwähnt wird, das ist typisch und indiziert die politische Kultur in diesem Land. Ein additives Hinzufügen von Antisemitismus wäre auch nicht wirklich besser, aber diese Erklärung ist sozusagen noch desolater, als üblich, ganz nach dem alten jüdischen Witz: „Antisemitismus ist, wenn man Juden mehr hasst, als nötig ist“.

Gibt es in Heidelberg irgendein Institut für Geschichte, Gender Studies, Postkolonialismus, Anglistik, Germanistik, Politikwissenschaft, Medizin, Chemie oder Rechtswissenschaft, das Polizeischutz bedarf? Nein, das gibt es nicht.

Gibt es in Heidelberg eine Hochschule für Jüdische Studien, die Polizeischutz bedarf? Ja, die gibt es.

Die Hochschule für Jüdische Studien muss vor gewaltbereiten Antisemiten geschützt werden, seien es Muslime oder Nazis oder linke Extremist*innen oder andere.

Nach dem präzedenzlosen Massaker an über 1200 Jüdinnen und Juden durch palästinensische Männer, Islamisten und Muslime am 07. Oktober 2023 im Süden Israels gab es in Heidelberg eine Kundgebung zur Solidarität mit Israel auf dem Universitätsplatz. Ca. 500 Menschen kamen.

Was haben all die Routine-Gedenkveranstaltungen zum 09. November, der Reichspogromnacht, oder dem 27. Januar 1945, als die Rote Armee der Sowjetunion Auschwitz und einige wenige Überlebende befreite, oder symbolische Besuche mit Fototermin bei der Jüdischen Gemeinde oder einem Besuch in einer KZ-Gedenkstätte für solche Repräsentant*innen gebracht, wenn doch die nicht-jüdischen Deutschen, wenn es darauf ankommt, Judenhass und alle Formen des Antisemitismus einfach ‚vergessen‘, aber Rassismus, Sexismus oder Homophobie explizit nennen?

Im Unterschied zu Rassismus, Sexismus oder Homophobie ist Antisemitismus eine genozidale Ideologie, eine weltweite Ideologie und der „längste Hass“, wie es der wichtigste Antisemitismusforscher unserer Zeit, Professor Robert S. Wistrich (1945–2015) vor Jahrzehnten in Worten fasste.

Es gibt exakt eine Gruppe von Menschen auf Erden, die sich weltweit Vernichtungswünschen gegenübersieht, und das sind die Juden. Der antisemitische Staatspräsident Brasiliens Lula hat vor wenigen Tagen Israels Verteidigungskrieg gegen die Hamas mit dem Holocaust verglichen und von einem „Genozid“ in Gaza gleichsam gefaselt.

Wo bleiben da Demonstrationen in Heidelberg von 18.000 Leuten gegen brasilianischen Antisemitismus, gegen Israelhass und die Verharmlosung der Verbrechen der Deutschen, ja der doppelten Holocaustleugnung aus dem Munde dieses ach-so-linken Lateinamerikaners oder Brasilianers, der den Holocaust leugnet, wenn er die industrielle Vernichtung der Juden durch die Deutschen in direkte Beziehung setzt zu Israel und zweitens indem er das genozidale Massaker der Hamas und der Palästinenser nicht schockiert kritisiert, sondern nur die Reaktion darauf als schrecklich empfindet? Wo sind da die Massendemonstrationen oder Stellungnahmen des Kanzlers?

Irgendwo las ich jüngst en passant, dass einer schrieb, dass das Treffen von Nazis mit anderen Nazis (in Potsdam, AfD) so schockierend und überraschend sei, wie ein Treffen des Papstes mit Katholiken…

Aber dieses gar nicht überraschende Treffen führte zu Millionen, die plötzlich zeigen müssen, dass sie ganz weltoffen und tolerant sind und für Vielfalt natürlich. Doch fast alle jener, die gegen die AfD, die Neue Rechte und den Rechtsextremismus auf die Straße gehen, haben ganz offenkundig kein wirkliches Problem mit Judenhass und Antisemitismus, sonst wären zum Beispiel in Heidelberg nicht läppische 500 Leute nach dem Massaker an Juden durch Muslime, Palästinenser und Jihadisten auf die Straße gegangen, aber 18.000 anlässlich eines Treffens von Katholiken mit dem Papst Nazis mit anderen Nazis.

In einem Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen betont der Rektor der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg (HfJS), Werner Arnold, dass die Hochschule keinerlei Sympathie- oder Solidaritätsadressen von Universitäten in Deutschland bekommen habe.

Die „Heidelberger Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt“ ist sicher total gut gemeint, wie so vieles in diesem Land.

Sie ist aber vor allem ein klebriger Fetzen Papier voller Plastikwörter, also beliebig einsetzbaren Wörtern, inhaltlich hohl und politisch völlig irrelevant, weil sie die gefährlichste und tödlichste Ideologie nicht benennt: den Antisemitismus.

Das mag auch ein Zeichen dafür sein, was an der Universität Heidelberg für relevant erachtet wird und was nicht. Die Erforschung des Antisemitismus und des Antizionismus scheint definitiv nicht dazuzugehören. Oder aber die Stadträtinnen und Stadträte in Heidelberg sind dermaßen ignorant, dass sie Antisemitismus als zentrale Form von Diskriminierung und einzige Ideologie, die nach der Vernichtung eines Staates und dessen Bewohner*innen giert – „Free Free Palestine“, „from the River to the Sea“ – nicht sehen wollen oder können. Denn wir wollen doch sicher nicht davon ausgehen, dass in der Heidelberger Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt Antisemitismus deshalb nicht auftaucht, weil die Verfasser*innen selbst antisemitische Ressentiments hegen? Das wäre ein zu schrecklicher Gedanke, den wir lieber wieder fallen lassen…

Bis die Menschen kapieren, dass Antisemitismus etwas kategorial anderes ist als bloßer Rassismus, bloße Diskrimnierung oder Herabwürdigung, nämlich eine genozidale Ideologie, die nach der Tat schreit wie wir es am 07. Oktober 2023 erlebten, wird es noch eine halbe Ewigkeit dauern. Doch diese Zeit haben wir nicht.

 

Palästinenser begehen das größte Massaker an Juden seit der Shoah

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Der Politikwissenschaftler und Holocaustforscher Daniel J. Goldhagen hat in seiner Studie „Hitler’s Willige Vollstrecker“ folgenden zentralen Satz geschrieben:

„Dabei müssen wir bequeme, aber oft unangemessene und vernebelnde Etikettierungen wie ‚Nazis‘ oder ‚SS-Männer‘ vermeiden und sie als das bezeichnen, was sie waren, nämlich Deutsche. Der angemessenste, ja der einzig angemessene allgemeine Begriff für diejenigen Deutschen, die den Holocaust vollstreckten, lautet ‚Deutsche‘.“[1]

Angesichts des Abschlachtens von über 1200 Juden am vergangenen Samstag in Israel gilt es in Anlehnung an Goldhagen festzuhalten:

Dabei müssen wir bequeme, aber oft unangemessene und vernebelnde Etikettierungen wie ‚Islamisten‘ oder ‚Hamas-Terroristen‘ vermeiden und sie als das bezeichnen, was sie waren, nämlich Palästinenser. Der angemessenste, ja der einzig angemessene allgemeine Begriff für diejenigen Palästinenser, die das Massaker an Juden am 07. Oktober 2023 in Israel vollstreckten, lautet ‚Palästinenser‘.

Die unsagbare Art und Weise, mit der die Palästinenser jüdische Frauen, Kinder, Greise und Männer misshandelten, folterten und ermordeten, hat auch den US-Präsidenten Joe Biden fassungslos gemacht. Joe Biden hat seine tiefe persönliche Erschütterung in einer Ansprache deutlich gemacht. Er betont, dass es sich hier nicht um Taten einer nach Selbstbestimmung suchenden Gruppe geht, sondern um das Ziel, Israel zu zerstören und Juden abzuschlachten.

Joe Biden erzählt von seiner ersten Reise als junger Senator nach Israel, 1973, just als der Yom Kippur Krieg ausbrach. Israels Ministerpräsidentin Golda Meir sagte zu ihm, dass Israel es schaffen wird, weil:

Wir haben keinen anderen Ort, wo wir hingehen könnten.

Das ist der Kern des Zionismus: einen eigenen Staat zu haben, wo alle Juden in Frieden und Sicherheit leben können. Dass dieses Versprechen jetzt in Teilen und auf präzedenzlose Weise durch den palästinensischen Antisemitismus dementiert wurde, ist der Schock der Stunde.

Morgen wird der US-Außenminister Blinken Israel einen Solidaritätsbesuch abstatten.

Die Art und Weise des Ermordens von Jüdinnen und Juden durch die Palästinenser erinnert an die Verbrechen der Einsatzgruppen, wie Kommentator*innen und Autor*innen in Israel erinnern. Ein Volk, das einen eigenen Staat anstrebt, wäre nie zu solchen Verbrechen fähig gewesen. Doch die Palästinener wollen primär Juden töten und den Staat Israel zerstören.

Vor diesem Hintergrund ist es nahezu ausgeschlossen, dass es jemals einen Staat „Palästina“ geben wird. Denn es ist jedem einzelnen Juden und Israeli klar, was das eigentliche Ziel der Palästinenser, egal ob islamistisch oder säkular, ist: das Quälen, Foltern, Vergewaltigen und Ermorden sowie Zurschaustellung von Juden für eine johlenden, Tote wie Halbtote anspuckende und schändende fanatische Masse von Palästinensern in Gaza, in Ramallah oder in Berlin-Neukölln, Stuttgart, Mannheim, Duisburg und allen anderen Orten, wo sie sich aufhalten.

Alle Aktivist*innen in Deutschland und der Welt, die das „Rückkehrrecht“ der 1948 angeblich oder tatsächlich aus Israel Vertriebenen einfordern, machten sich schon immer zu Komplizen mit dem Jihad und dem palästinensischen Terror. Seit dem 07. Oktober 2023 klebt an diesen Aktivist*innen Blut, wie noch nie Blut an antisemitischen Aktivist*innen klebte seit dem Ende des Holocaust.

Jene, die sofort damit angefangen haben, Tote auf „beiden“ Seiten zu zählen und von einem „Konflikt“ daherreden, als ginge es um eine nur etwas aus dem Ruder gelaufene Meinungsverschiedenheit, haben weder eine Ahnung vom Holocaust und den Verbrechen ihrer Großväter und -mütter, noch von den heutigen Verbrechen der Palästinenser vom 07. Oktober 2023.

Heute passsiert kein Holocaust, das ist evident, da Israel sich wehren wird. Aber die Intention der Palästinenser ist exakt die gleiche wie jene der Deutschen im Nationalsozialismus: alle Juden zu vernichten, vor allem Zivilistinnen und Zivilisten. Alle. Und sie davor demütigen, quälen und foltern wie das mit anderen Opfern ihrer Gewalt nie passieren würde.

Politisch wird Israel nach diesem Krieg aufarbeiten, wie es zu diesem schockierenden Versagen der Geheimdienste, der Polizei und Armee hat kommen können. Ein Faktor ist schon bekannt und das ist das Abziehen von Teilen der IDF aus dem Süden und der Gegend um den Gazastreifen hin ins Westjordanland, wo die extremistischen Siedler geschützt werden sollen. Netanyahu hat sich immer als „Mr. Sicherheit“ bezeichnet und das hat sich auf eine Weise dementiert, wie es kein Israeli nicht mal in den schlimmsten Alpträumen vorhersehen konnte.

Aber jetzt geht es darum, dass ganz Israel geschlossen gegen die palästinensische Gefahr auf Gaza vorgeht. Das Aussetzen der Demonstrationen gegen die aktuelle israelische Regierung von Seiten der größten Demokratiebewegung in der Geschichte Israels zeigte am Samstag, dass noch die allerschärfsten KritikerInnen von Bibi sofort die nie dagewesene Notlage erkannten und sich sofort als Reservist*innen zur IDF meldeten. 300.000 wurden in 48 Stunden an die Front berufen.

Es geht um Solidarität mit Israel.

Es geht um den Kampf gegen palästinensischen Antisemitismus, islamistisch oder säkular.

Es geht um den Kampf gegen den Mullah-Staat Iran, der den palästinensischen Judenhass unterstützt und anspornt.

Es geht weltweit um den Kampf gegen jede Form des Antisemitismus, denn machen wir uns nichts vor: jene elaborierten Forscherinnen und Forscher sowie auch schlägernde Aktivisten und Aktivistinnen auf der Straße, die seit Jahren und Jahrzehnten auf welch vulgäre und blutige oder aber auch gewundene Weise auch immer ihren Antizionismus zeigen, sind Teil des Problems, sie haben über viele Jahre und Jahrzehnte den Boden mit vorbereitet, damit am 07. Oktober 2023 diese seit 1945 präzedenzlosen Verbrechen an Juden passieren konnten.

So hat sich die Stadt Heilbronn zuerst geweigert, eine Israelfahne zu hissen, nachdem sie es gestern dann doch auf Druck hin tat, wurde sie in der Nacht von dem üblichen Pack, das in dieser Stadt der Migranten und Nazis herrscht, herunter gerissen.

Heilbronn hat ca. 50 Prozent Migranten, darunter sind sehr viele Türken, die hier besonders islamistisch und rechtsextrem sind, gerne mit Türkeifahne im Hof Hochzeiten feiern und die Frauen zeigen ihre Geistlosigkeit mit Kopftüchern. Es gab hier Autokorsos als der Diktator Erdogan und die AKP die letzte Wahl gewannen, Frauen ohne Kopftuch und mit der Symbolik der Grauen Wölfe wie auch verschleierte Extremistinnen feierten den Wahlsieg.

Dazu kommen weitere Gruppen von Extremisten wie Araber und Islamisten aus dem arabischen wie afrikanischen Raum, die Frauen in Niqabs stecken.

Dazu gibt es hier auch eine starke rechtsextreme Szene, der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) 2007 fand unweit der Innenstadt auf der Theresienwiese am Neckar statt. Rechtsextreme werden zahlenmäßig von der riesigen Gruppe von türkischen und anderen Islamisten und türkischen wie anderen Rechtsextremen noch weit übertroffen.

Der Antisemitismus des ganz normalen Heilbronner Packs – es ist ein Mob und ein Pack – zeigt sich heute im Herunterreissen der Israelfahne. Auch hier hat wieder mal die Polizei versagt und konnte nicht mal direkt vor dem Rathaus einen Fahnenmasten schützen.

Seit Jahren ist zumal die Innenstadt von Heilbronn aufgrund der extremen Dichte an Migranten, Schlägern und Antisemiten berüchtigt, niemand geht dort nachts freiwillig hin. Jetzt wird wiederum klar, warum.

Die Zukunft der Antisemiten wird sich in Gaza-Stadt und dem Gazastreifen zeigen. Die israelische Armee wird zeigen, zu was der Judenhass der Palästinenser und Islamisten führt. Die Stadt Heilbronn hat angekündigt, heute eine neue Israelfahne zu hissen.

Den Alltagsantisemitismus einer riesigen Zahl der Türken und Araber in Deutschland wird das nicht stören, ebensowenig jenen der akademischen, linken, rechten und Mainstream-Feinde des jüdischen Staates.

Doch die USA stehen auf der Seite Israels, jeder zivilisierte Mensch steht auf der Seite Israels.

Am Israel chai!

 

[1] Daniel J. Goldhagen (1996): Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust. Aus dem Amerikanischen von Klaus Kochmann, Berlin: Siedler Verlag, S. 19.

Der Liedermacher Danger Dan, „Kunstfreiheit“, Irrationalismus und Corona

Von Dr. phil. Clemens Heni, 28. Juni 2023

[mit einem Update zu Christine Prayons Abschied von den Hetzportalen Heute-Show, Böhmermann etc.]

Ein 635 Wörter OP-Ed Text kann kurz und knapp auf den Punkt bringen, um was es geht. Aber eine tiefergehende Analyse zumal bei komplexen Fragen ist da kaum möglich. Also ist die Form des Essays die bessere, gerade in Zeiten, wo kaum jemand noch kritische Bücher liest und Podcasts, Songs oder Videos die einzigen Medien zu sein scheinen, die noch breit rezipiert werden.

Für selbst denkende Linke waren die Konsequenzen der unwissenschaftlichen, antidemokratischen und irrationalen Coronapolitik die größte Katastrophe ihres Lebens – denn plötzlich stoppten fast alle Bekannten oder Freund*innen wie der Mainstream das kritische Nachhaken. Plötzlich herrschte eine Volksgemeinschaft der Jasager, der Mitmacher und Mitläufer (m/w/d). Exemplarisch kann man das am neuen Liebling der kapitalistischen Kulturindustrie Danger Dan zeigen.

Klar hab ich früher auch die Antilopen Gang gehört („Aversion“, 2014, „Anarchie und Alltag“, 2017), wer hat das nicht als Linker?

Screenshot, https://www.laut.de/Antilopen-Gang/Alben/Aversion-94578/antilopen-gang-aversion-158331.jpg?42d7bd

Oder war ich damals schon Teil des links-spießigen Mainstream, der meinte dissident zu sein, wenn er im Auto-CD-Player auf dem Weg von Berlin an die Ostsee, also im Ossi-Feindesland, Feine Sahne Fischfilet oder die Antilopen Gang hörte?

Aber heute geht das ohnehin nicht mehr einfach so. Warum?  Darum: Der Lieblings-‚Antideutsche‘ der kapitalistischen Kulturindustrie ist seit 2021 der Rapper, Liedermacher und Klavierspieler Danger Dan, der jetzt sowohl als Bandmitglied der Antilopen Gang auftritt wie auch eine Solokarriere verfolgt. Er ist gegen Nazis (bravo), meistens auch gegen Polizeigewalt (bravo) und er ist ganz kategorial ein richtig Guter (bravo), weil er sowohl in der Hamburger Elbphilharmonie, der Berliner Wuhlheide als auch bei Jan Böhmermann (ZDF) auftritt.

Das sind die post-pubertären Zeilen eines Bubis mit Bomberjacke, Springerstiefeln und zwei gezeigten Stinkefingern auf der Bühne, am Piano sitzend, die ihn schlagartig für ein Massenpublikum berühmt machten, seit März 2021:

Angenommen, ich schriebe mal ein LiedIn dessen Inhalt ich besänge, dass ich höchstpersönlich fändeJürgen Elsässer sei AntisemitUnd im zweiten Teil der ersten Strophe dannWürde ich zu Kubitschek den Bogen spannenUnd damit meinte ich nicht nur die rhetorische FigurSondern das Sportgerät, das Pfeile schießen kann

(Danger Dan, Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt, 26. März 2021)

Das alles hat der super coole Daniel Danger Dan mit Hilfe von Anwälten juristisch klären lassen, es ist also alles von der „Kunstfreiheit“ gedeckt. Wahnwitzig mutig der Junge. Der traut sich was.

Daniel Danger Dan hat sein Nachplappern der Ideologie der deutschen Bundesregierung zu Zeiten der Corona-Pandemie wenig später, am 3. Mai 2021 in einem Gespräch mit dem Mannheimer Morgen klar auf den Punkt gebracht:

Danger Dan: Es wird irgendwelche Antilopen Gang-Konzerte unter Corona-Bedingungen geben, falls es nicht wieder zum Lockdown kommt. Aber ich finde das Problem um einiges größer, dass es Leute gibt, die auf Intensivstationen liegen und ersticken, als dass es keine Konzerte gibt. Und wenn man das gegeneinander aufwiegt, muss ich sagen, halte ich mich erst einmal zurück, bis wir alle durchgeimpft sind.

Screenshot, https://www.mannheimer-morgen.de/leben/treffen_artikel,-treffen-neu-liedermacher-danger-dan-spricht-ueber-erfolg-und-militanz-_arid,1792260.html

Dass es epidemiologisch und medizinisch keinerlei Zusammenhang gibt zwischen einem abgesagten Konzert junger Leute und der gesundheitlichen Situation von 86-jährigen im Altersheim, das reflektiert er so wenig wie Karl Lauterbach oder damals Jens Spahn. Es geht um einen hypermodernen Hygienismus, um ein Wort der schweizer marxistischen Feministin Tove Soiland zu verwenden.

Danger Dan spielt sich als super sensiblen Typen auf, dem es so richtig was ausmacht, „dass es Leute gibt, die auf Intensivstationen liegen und ersticken“ – was wiederum im Umkehrschluss heißt, dass Leute, die gegen Lockdowns waren, offenbar in seiner Wahrnehmung und jener der Bundesregierung kein Problem damit hatten, „dass es Leute gibt, die auf Intensivstationen liegen und ersticken“. Und das ist medizinischer und epidemiologischer Bullshit. Es gibt überhaupt keinen Zusammenhang von Lockdown und der Situation auf Intensivstationen. Die Beziehung gibt es zwischen Vorerkrankungen, dem viel zu geringen Pflegepersonal in deutschen, nach kapitalistischen, betriebswirtschaftlichen Kriterien geführten Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen und den häufig völlig falschen Behandlungsmethoden bei Covid-19 wie der invasiven Beatmung – siehe dazu die Debatte um das Moerser Modell.

Am 17. und 18. September 2021 fand im „Nazidorf“ Jamel im Mecklenburg-Vorpommern das bekannte antifaschistische Festival statt. Dort leben in der Tat auch völkische Siedler oder Nazis, gegen die man sich wehren muss. Doch auch hier zeigte sich der Irrationalismus, die Unwissenschaftlichkeit und der Fanatismus von Danger Dan und allen anderen Beteiligten. In einem Bericht heißt es:

Alle Teilnehmenden (Besucher*innen, Ehrengäste, Festivalhelfer*innen, Cateringanbieter*innen sowie Künstler*innen und deren Begleitpersonen sowie Medienvertreter*innen) mussten ihren 2G-Status nachweisen und waren angehalten, auf dem Festivalgelände zu allen Menschen, die nicht der eigenen Kohorte angehörten, einen 1,5-Meterabstand einzuhalten und die Maskentragepflicht einzuhalten.

Screenshot, https://www.betterplace.org/de/projects/65297-jamel-rockt-den-foerster-rockfestival-fuer-demokratie-und-toleranz/news/256080

 

Also mit der Impf-Apartheid und 2G gegen Nazis. Super Idee.

Menschen, die nicht so irrational waren und sich nicht haben spritzen lassen, einfach eine in die Fresse geben und nicht reinlassen. Super Idee.

Ja, das ist ein „Demokratie-Festival“.

Mit Ausgrenzung gegen jene, die auch andere, ja den Anderen ausgrenzen. Super Idee!

Und der Andere war von der ARD über Danger Dan hin zur Amadeu Antonio Stiftung – mit der ich früher auch bei antifaschistischen Buchprojekten kooperierte oder in deren Räumlichkeiten über Kritische Theorie und Israel referierte – der Ungeimpfte, ja das waren alle Kritiker*innen der nicht evidenzbasierten Coronapolitik.

Mit dem Irrationalismus der Zeugen Coronas gegen den Irrationalismus der völkischen Siedler, Esoteriker und Nazis. Super Idee.

Erinnern wir uns: jeder Geimpfte kann exakt so lange und intensiv ansteckend sein wie jede Nichtgeimpfte, wie wissenschaftlichen Studien wie aus den USA 2021 zeigten. Das war von Anfang an zu erwarten, da Pfizer aus den USA bei den Zulassungsstudien nicht sagte, dass die ‚Impfung‘ vor Übertragung schützen würde. Von Anfang an konnte man das wissen – wenn man denn an Wissenschaft und Forschung interessiert ist, doch die Medien und die Politik liebten die Panik und den Irrationalismus und vor allem das Fertigmachen der Kritiker*innen.

Dass die Maskenpflicht, die Lockdown- und Panikpolitik der Bundesrepublik Deutschland eine mehr als doppelt so hohe Übersterblichkeit als Schweden allein in den Jahren 2020 und 2021 einbrachte – so die sicher krass nationalsozialistische, mindestens rechtsextreme und Querfront- bis Querdenker-Weltgesundheitsorganisation (WHO) -, das hat der oberschlaue Bomberjacken-Daniel offenbar nicht mitbekommen.

Sich etwa selbst wissenschaftlich bilden oder wenigstens so ein paar Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungs- oder Gewerbefreiheit betonen und einfordern? Angesichts eines unsagbaren ‚Killervirus‘? Ehrlich? Nein, die Leute hörten lieber Lieder gegen die klar als Nazis zu erkennenden Rechten, als sich mit ihrer eigenen Ideologie des Fertig-Machens von über 10 Millionen Nichtgeimpften zu befassen, die als „Blinddarm“ geframt worden waren, also unnötig für den linken ‚Volkskörper‘. Kann man töten, diese über 10 Millionen Ungeimpften, warum auch nicht? Das ist der Fall Sarah Bosetti.

DA hätte Danger Dan, wäre er ein Linker, aufschreien müssen und ein Lied dichten, dann so etwas gab es in der Geschichte der BRD noch nicht. Aber was tat er? Einen billigen Song gegen Nazis machte er, den logisch alle im Mainstream super finden, das tut nicht weh, da zu johlen und sich als mega dissident zu fühlen, als echter Antifa.

Der extrem polarisierende Diskurs in der Gesellschaft speziell seit Corona im Jahr 2020, der Nationalismus und die Familienideologie nicht nur der AfD, die Steuerentlastung für Reiche, welche die AfD fordert, der Rassismus, die Anti-Gender-Hetze und Agitation gegen Kinderfreie und Windräder, aber auch die Politik der Bundesregierung (Corona, Ukraine, Energiepolitik) seit 2021 haben die AfD aktuell laut Umfragen auf ca. 19 Prozent bundesweit gebracht (Wahlergebnis bei der Bundestagswahl im September 2021 ergab 10,3 Prozent für die AfD). In Thüringen hat jetzt erstmals ein Kandidat der rechtsextremen AfD die Wahl zum Landrat gewonnen, auch wenn Sonneberg bundesweit der zweitkleinste Landkreis ist mit 56.000 Einwohner*innen. Der Rechtsextremismus und die AfD sind eine große Gefahr. Viele Wähler*innen sagen tatsächlich, dass sie aus „Protest“ gewählt hätten und eigentlich nicht AfD-Anhänger*innen seien. 2024 und die folgenden Jahre werden zeigen, wie sich das entwickelt. Widerstand gegen Nazis und die AfD ist also auf der Tagesordnung.

Aber im März 2021 als Danger Dan sein so dermaßen dissidentes und mutiges Lied dichtete, da ging die mit Abstand größte Gefahr für die Demokratie in diesem Land von der deutschen Bundesregierung, den 16 Landesregierungen und den zur irrationalen und brutalen Coronapolitik klatschenden Medien sowie der Antifa aus. Und heute, im Sommer 2023, geht von der deutschen Bundesregierung und ihren Waffenlieferungen an das Regime in Kiew auch eine extreme Gefahr aus. Das antidemokratische, autokratische Regime von Putin ist gefährlich und der Krieg muss sofort enden – aber die deutsche Bundesregierung will ja wie die NATO und die USA, England/UK oder die Polen und baltischen Staaten, dass er so lange weitergeht, bis Russland besiegt ist. Über die Mitschuld der NATO an der Eskalation seit den 1990er Jahren und über die Straßen und Denkmäler in der Ukraine, die nach Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benannt werden, bis heute, spricht kaum jemand.

Andere spielten im Jahr 2021 mit der Idee, diese über 10 Millionen Menschen, die Ungeimpften, der Andere unserer Zeit schlechthin, doch nach – Achtung – „Madagaskar“ zu deportieren, was allerdings rein logistisch und überhaupt leider nicht gehen würde.

Wenn dazu Methoden nötig sein sollten, wie sie die Vorgänger der völkischen Siedler auch im Portfolio hatten, kein Problem. Es geht schließlich um das „Leben“ und die „Gesundheit“, was zählen da schon die Menschen- und Grundrechte dieser über 10 Millionen nicht gegen SARS-CoV-2 ‚Geimpften‘?

Die natürlich nicht falschen, aber gleichwohl spätpubertär-machistischen, mit Gewalt liebäubelnden Liedtexte gegen Nazis von Danger Dan wenden sich sodann gegen die Coronapolitik kritische Bewegung und reduzieren diese komplett auf ein Konglomerat aus Nazis, Antisemiten und Verschwörungsideologen. In seinem Lied „das schreckliche Buch“ geht es um antisemitische Verschwörungsmythen und Trump-Anhänger in der Anti-Coronapolitik-Szene. Dass es tatsächlich Nazis, Antisemiten und linke oder Querfront Verschwörungsideologen in dieser Szene gibt, haben wenige so detailliert analysiert und kritisiert wie ich selbst und das seit März 2020 kontinuierlich.

Aber Danger Dan argumentiert oder singt völlig reduktionistisch und macht es sich ganz einfach, weil ich keinen einzigen Liedtext seit 2020 finden konnte, wo er sich mit der von der Big Pharma Firma Bayer so bezeichneten „Gentherapie“, die die Corona-‚Impfung‘ tatsächlich darstellt, kritisch auseinandersetzt oder auch nur minimal Kritik an den vielen Facetten der antidemokratischen bis totalitären Coronapolitik übt.

Er scheint wirklich überhaupt keine Ahnung davon zu haben, was diese Coronapolik für Hunderte Millionen Menschen in Afrika oder Asien, im globalen Süden bedeutete. Und von den psychischen Verwerfungen, den Suiziden und der häuslichen Gewalt im friedlichen Deutschland hat er auch keine Ahnung oder er hat sie, aber ignoriert sie ganz bewusst, weil er sonst kein Verharmloser oder gar Anhänger von Lockdowns sein könnte.

Jeder halbwegs vernünftige Mensch konnte nicht glauben, mit welcher Obsession deutsche Polizisten in Hamburg einen Jugendlichen mit dem Polizeiwagen durch einen Park jagten, weil der Jugendliche Kumpels mit Körperberührung begrüßt hatte.

Jeder halbwegs vernünftige Mensch konnte ebenso wenig glauben, dass Restaurants und Veranstaltungsorte lachend und brüllend Menschen nicht hineinließen, die keine läppische und epidemiologisch sinnlose Maske trugen und nicht geimpft waren (oder „genesen“).

Ich habe keine einzige Äußerung von Danger Dan oder kaum einem anderen Mainstream-Liedermacher oder Musiker (m/w/d) zu all diesen antidemokratischen und medizinisch vollkommen sinnlosen Verhaltensweisen gehört. Eine der ganz wenigen Ausnahmen ist der Liedermacher Hans Söllner – das ist eine ganz andere Liga als der angebliche Linke Danger Dan, auch wenn ich entgegen Söllner für ein Verbot (wie an Schulen) von Burkini, Kopftuch, Burka und Maske wäre:

Denn Danger Dan übernimmt wie zitiert das Mainstream-Gerede von „durchgeimpft“. Klar, so kriegt man Liebesbriefe von Karl Lauterbach oder Jan Böhmermann, der seine Ressentiments gegen manche Juden und seine Vorliebe für Desinfektionsmittel

Screenshot, https://www.welt.de/vermischtes/article183145496/Neo-Magazin-Royale-Jan-Boehmermanns-lautes-Schweigen-zu-Oliver-Polak.html

schon lange vor Corona zum Ausdruck brachte, wie der Kabarettist Oliver Polak festgehalten und kritisiert hat.

Screenshot, https://www.suhrkamp.de/buch/oliver-polak-gegen-judenhass-t-9783518469842

 

Screenshot, https://www.zeit.de/2021/19/danger-dan-rapper-kunstfreiheit-politische-musik/seite-2

Es gibt epidemiologisch überhaupt keine Beziehung von abgesagten Konzerten und Menschen, die auf der Intensivstation landen mit einem positiven Test auf SARS-CoV-2 oder der Krankheit Covid-19. Keinerlei Zusammenhang. Vielmehr führten gerade der erste Lockdown, aber auch die späteren, zu vielen Tausenden Toten – alte oder kranke Menschen, die an Einsamkeit starben. Und das wäre vermeidbar gewesen, wenn die Politik und die Gesellschaft auf die kritischen Stimmen von Mediziner*innen gehört hätten. Aber sie hörten sich lieber selbst und spielten Lieder von Danger Dan.

Danger Dan hat einfach kein Interesse an evidenzbasierter Medizin und an einer rationalen Coronapolitik. Er badete wie seine Hunderttausenden Fans lieber im Irrationalismus, den sie nur bei den Nazis zu sehen vermochten – weil sie zu Hause keine Spiegel hängen haben.

Danger Dan macht keine radikale Gesellschaftskritik mehr, sondern, so der Freitag, Musik für das gute Gewissen. Wie größenwahnsinnig, irrational und lächerlich wirkte schon früher die Liedzeile der Antilopen Gang „Atombombe auf Deutschland“ – also alle töten – und jetzt im Ernstfall heult Danger Dan rum, dass zu viele Menschen auf den Intensivstationen liegen würden. Man kann diese Art von Musik also nicht ernstnehmen. Entweder sie wollen, dass möglichst viele Deutsche sterben – oder sie wollen es nicht.

Dafür wird diese Art von Verbalradikalität gefeiert und prämiert, ich selbst hörte es ja früher auch.

Dabei ist Danger Dan immerhin und das ist wirklich sehr wichtig, gegen die antisemitische BDS-Bewegung und für Israel, das ist hervorzuheben. Aber die Anti-Coronapolitik-Demonstration wie in Kassel im März 2021 hatte auch wenigstens zwei Israelfahnen bei sich. Alles Antisemiten und Nazis? Auch diese Demo war ja im März 2021, exakt zu der Zeit als Danger Dan so super toll komponierte in seiner Quarantäne.

Was für ein autoritäres Verhalten schlummerte da in Danger Dan und all den anderen affirmativen Staats- und Merkel-Lauterbach-RKI-Drosten-Fans? Das sollte mich als Linken und Antifa doch skeptisch machen, oder nicht, da ich Danger Dans Musik früher auch hörte?

Das ist der pandemic turn: aus zuvor wirklich gesellschaftskritischen Menschen wie Danger Dan wurden Menschen, die die irrationaliste, dümmste, aggressivste und perfideste massenwirksame Ideologie in der gesamten Geschichte der BRD internalisierten und als alternativlos darstellten und mitmachten. Sie wurden zu Mitläufern. Dass diese Politik gerade den alten Menschen, den Behinderten und Hunderttausenden weiteren, die regelrecht eingesperrt wurden in Alten- und Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen und anderen zivilen Gefängnissen sozusagen, dass diese Politik diesen Menschen massiv geschadet hat und viele zu Tode kamen, darüber singt Danger Dan nicht. Denn dann müsste er über sein eigenes Versagen singen, keine Kritik am totalitären Coronakurs von Angela Merkel oder Olaf Scholz und den 16 Landesregierungen geübt zu haben.

Ich habe im März 2021 viele Texte zur Coronapolitik publiziert. Es ging zum Beispiel um ein Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg in Baden-Württemberg, das eine Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg als verfassungswidrig verurteilte. Ich berichtete von einer wissenschaftlichen Studie der UNICEF, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, dass in den Ländern Afghanistan, Nepal, Bangladesh, Indien, Pakistan und Sri Lanka demnach 228.000 Kinder unter 5 Jahren wegen der Lockdownpolitik an Hunger, massiv verschlechterter Gesundheitsfürsorge und weiteren Faktoren gestorben waren.

Das sind die von der Politik, den Medien und der Antifa goutierten „Kollateralschäden“ der Coronapolitik. Im gleichen Monat März 2021 berichtete ich von der stalinistisch-totalitären Kampagne der Antifa „Wir impfen euch alle!“. DAS war die Gefahr zumal für Linke im März 2021 – und nicht die Nazis oder Neuen Rechten, die im März 2021 keine besondere oder neue Gefahr darstellten.

Angesichts von nie dagewesener Gefahr für das Leben der Menschen in der BRD durch Lockdowns und Maskenpflicht und den vom World Food Programme befürchteten 270 Millionen extra Hungernden im globalen Süden, die nur deshalb in diese lebensbedrohliche Gefahr kommen konnten, weil es die unsagbar irrationale und brutale Coronapolitik Deutschlands und fast aller Länder gab, also das Wegbrechen von prekären Tagelöhnerjobs, von internationalen Lieferketten, das Schließen von Grenzen und das Ausbleiben von Tourist*innen, agitiert Danger Dan mega mutig gegen Nazis.

Dabei waren nicht Nazis für Grenzschließungen, Lockdowns und das Hineinmanövrieren von Hunderten Millionen Menschen in den Hunger verantwortlich, sondern die ach-so-demokratischen Regierungen in Europa, den USA, den hardcore ZeroCovid-Ländern Australien und Neuseeland und natürlich das totalitäre China und viele autokratische Regime in Afrika, Asien oder Lateinamerika.

Die Rechten in Deutschland waren überhaupt nicht an der Regierung und hatten keine einzige Corona-Maßnahme zu verantworten, auch wenn manche es vielleicht gerne getan hätten – denn anfangs war die AfD sehr stark für Corona-Maßnahmen und Grenzschließungen, erst als sie merkten, dass ihre Anhängerschaft gegen die Maßnahmen ist, schwenkte die Parteiführung um.

Wobei Alexander Gauland exakt so geimpft ist wie Danger Dan, der seine Impfung ja wie zitiert herbeisehnte. Gauland und Danger Dan im gleichen Boot der Geimpften, das ist mal lustig:

Screenshot, https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-alexander-gauland-gegen-covid-19-geimpft-17299099.html

In meinen Texten zur Kritik der Coronapolitik zeigte ich immer wieder positive Gegenbeispiele, wie man es hätte anders machen können, vorneweg natürlich Schweden, aber auch Beispiele von Public Health-Forscher*innen und Mediziner*innen aus Israel, den USA oder England oder verwies auf eine aktualisierte Lektüre von anti-autoritären Texten von Adorno, Horkheimer, Peter Brückner oder Ulrich Sonnemann und natürlich Ivan Illich.

Es ist kein Zufall, dass dann im April 2021, als der Hype um Danger Dan so richtig begann, die bedeutendste Aktion überhaupt, die es zur Kritik der Coronapolitik gab, die Video-Kampagne #allesdichtmachen, publik wurde. Das war Kritik, das war Kunst, das war mutig.

Exakt zu der Zeit, als Danger Dan im selbst gewollten Wachkoma lag und fantasierte, dass die größte Gefahr im Frühjahr 2021 von Nazis und der AfD ausgehen würde.

In meinem Buch „Die unheilbar Gesunden“ sind die Texte des Monats März 2021 inkludiert, im Personenverzeichnis des Bandes finden sich logisch auch Einträge zu den Neuen Rechten wie Elsässer, Kubitschek oder Gauland, auch Ken Jebsen kommt natürlich vor. Doch im Gegensatz zu Pseudo-Linken wie Danger Dan, die nur auf die Rechten schauen und zur mörderischen Lockdown- und Coronapolitik schweigen, habe ich genauso kritisch die totalitäre Coronapolitik von Angela Merkel, Olaf Scholz und allen anderen im Blick.

Diese unerträgliche Selbstverliebtheit der Linken und der Kulturszene, namentlich von Danger Dan im März 2021 und in der gesamten Zeit der Corona-Pandemie zeigt auf erschütternde Weise, wie eigentlich kritische Menschen zu völlig fakten- und kritikfreien Mundstücken des Staates mutieren konnten. Aber es ist weit mehr. Es ist eine gewollte Verweigerung, der nicht evidenzbasierten, demokratiefeindlichen und verfassungsfeindlichen Coronapolitik ins Auge zu sehen. So werden Mitläufer (m/w/d) produziert und sie produzieren sich selbst.

Es ist eine Verweigerung zu erkennen – noch 2023 und die kommenden Jahre, wie zu befürchten ist – dass sie alles falsch gemacht haben, die Zeugen Coronas. Lockdown, Quarantäne, Maske, Impfung, Impf-Apartheid, Oma zwangsisolieren im Altersheim und sich wundern, dass sie nicht an Covid-19, sondern an Erschöpfung und Einsamkeit starb. In England und Wales starben allein im Frühjar 2020 10.000 an Demenz erkrankte Menschen aus Erschöpfung und Einsamkeit, sie drehten schlichtweg durch, weil kein Mensch sie mehr besuchte.

Und diese Verbrechen hat ein Danger Dan so wenig im Blick wie nahezu 100 Prozent der deutschen linken Szene und kulturellen Elite, mit ganz ganz wenigen Ausnahmen, vorneweg NENA, die ebenfalls im März 2021 angesichts der Anti-Coronapolitik-Demo in Kassel (mit den Israelfahnen) schrieb: „Danke, Kassel“.

Screenshot, https://www.welt.de/vermischtes/article229028483/Nena-auf-Instagram-nach-Anti-Corona-Demo-Danke-Kassel.html

 

Für Linke und Intellektuelle wie mich und einige vereinzelte andere ist das Verhalten von Danger Dan, der nur besonders exponiert dasteht als Exemplar der linken Szene, eine Katastrophe, weil es kaum noch Menschen gibt, die man ernstnehmen oder mit denen man rational diskutieren kann. Beim Thema „Nie wieder Krieg ohne uns…“ und die Ukraine geht es gerade so einseitig, nun antidiplomatisch und militaristisch weiter.

Solange es keine kritische Aufarbeitung der gesamten Coronapolitik gibt, die in Deutschland von A bis Z komplett irrational, medizinisch nicht evidenzbasiert, juristisch verfassungsfeindlich und insgesamt antidemokratisch bis totalitär war, wird es keine Hoffnung auf eine Demokratie, geschweige denn eine linke Revolution in diesem Land mehr geben. Das ach-so-sozialistische Kuba ist eine Diktatur und war während Corona ein besonders brutales Regime, wie Menschenrechtsorganisationen festhalten.

Ja schlimmer noch: Solange eine solche Aufarbeitung ausbleibt, droht uns allen beim nächsten Virus oder Katastrophenfall (Hitze, Hochwasser, Krieg etc.) wieder die exakt gleiche irrationale, nicht evidenzbasierte und totalitäre Coronapolitik, von Lockdowns, Ausgangssperren, Wasser- oder Strom- und Heizspar-Aktionen, Grenz- oder Hallenbadschließungen, Reisen nur mit Impfpass (2G oder 1G) bis hin zu Masken- und Impfwahn, respektive dem Durchsetzen der Gentherapie oder Energiepässen etc. pp. Den biopolitischen Zumutungen und transhumanistischen technokratischen Fantasien sind keinerlei Grenzen mehr gesetzt.

Von daher gilt gleichwohl: auch ein total mainstreamiger Sänger wie Danger Dan kann wieder ein Linker oder Gesellschaftskritiker werden, wenn er denn endlich anfinge, sich selbstkritisch mit seiner eigenen Vergangenheit und Gegenwart als Unterstützer der brutalsten, irrationalsten und antidemokratischsten, medizinisch nicht evidenzbasierten Politik in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und den Zeugen Coronas zu beschäftigen.

Noch ist es nicht zu spät. Oder eben doch.

Update, 21:50 Uhr:

Das wäre mal was zum Nachdenken für den Böhmermann-Kumpel Danger Dan:

Es gibt sie doch weiterhin, die linke Kritik von Mainstream Kabarettistinnen, hier die Klimaflüchtlingsfrau aus Stuttgart Christine Prayon, die jetzt im Nord-Osten der Republik lebt und viele Jahre bei der Heute-Show mit dabei war und endlich Tacheles redet über die regelrechte Hetze und das staatsaffirmative Gelalle, das man spätestens seit Corona und dem Ukraine-Konflikt bei Oliver Welke, Jan Böhmermann oder der Anstalt sehen kann. In einem aktuellen Interview mit der Kontext Wochenzeitung aus Stuttgart sagt sie:

Ich habe mit der Art, wie die großen gesellschaftlich prägenden Themen seit Corona behandelt werden, zunehmend Bauchschmerzen bekommen. Ich habe auch mit den Verantwortlichen dort geredet und betont, dass ich mich nicht daran beteiligen will, Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben. Satire darf sich nicht daran beteiligen, den Diskurs zu verengen. Und jetzt findet genau dies wieder statt beim Krieg in der Ukraine. Da werden Narrative und Positionen von Gruppen, die gesellschaftlich in der Hierarchie weit oben stehen, unablässig wiederholt und gleichzeitig wird Stimmung gegen Andersdenkende gemacht. Das hat nach meinem Dafürhalten nichts mehr mit Satire zu tun.

Screenshot, https://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/639/birte-spielt-nicht-mehr-mit-8943.html

Die Fragen des Kontext-Magazins sind nicht sehr durchdacht, man merkt, dass da wenig Wissen über den Irrationalismus der Zeugen Coronas vorhanden ist. Aber Christine Prayon hat dieses Wissen und sie merkt, wie Ausgrenzung, die Diffamierung des Anderen hier und heute funktioniert:

Warum? Böhmermann ist doch mit seinem Rechercheteam gut dabei, Missstände aufzudecken.

Auch er hat die gängigen Narrative verstärkt. An eine Sendung kann ich mich noch gut erinnern. Da ging es um Nichtgeimpfte, und dann lehnte er sich zurück und zeigte zwei Stinkefinger. Ich dachte, wie kann man das machen?

Screenshot, https://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/639/birte-spielt-nicht-mehr-mit-8943.html

Und für dieses Interview und das Betonen, dass man „raus ist“, wenn man luzide Kapitalismuskritik übt, ein herzliches Dankeschön an Christine Prayon!

Holocaustverharmlosung und Antisemitismus straffrei? Waters (BDS) – Bhakdi – Selenskyi

Von Dr. phil. Clemens Heni, 27. Mai 2023

 

Wer die Opfer des Holocaust in eine Reihe stellt mit aktuellen Ereignissen in Israel, handelt antisemitisch. So sagt es die international anerkannte Definition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA):

Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.

Erstes Beispiel:

Exakt das hat der Musiker Roger Waters vor wenigen Tagen in Berlin auf einem Konzert vor 10.000 Zuschauer*innen getan. Er verkleidete sich in einer Nazi-ähnlichen Uniform mit bodenlangem Mantel und einer Art Nazi-Armbinde, schoss mit einer Spielzeug-Maschinenpistole ins Publikum, dem dies gefiel, und er ließ während seiner Show Namen von „Opfern“ in roten Großbuchstaben auf Bildschirmen einblenden, so „Anne Frank“ oder „Shireen Abu Akleh“.

Damit setzt er den Mord an sechs Millionen Juden und die Shoah mit einem tragischen militärischen Zwischenfall zwischen Israel und den Palästinensern sowie jener Journalistin, die durch einen Querschläger umkam, auf eine Stufe.

Roger Waters ist nicht dumm. Er weiß exakt, was er tut und es macht ihm Spaß. Er suhlt sich in seiner virtuellen Blutlache, die er mit seinem Maschinenpistolenfeuer in der Mercedes-Halle in Berlin anrichtete, vergleicht Israel mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust.

Es stellt sich die Frage, was für Menschen es sind, die solche Konzerte planen und durchführen und wer die Fans sind, die auf solche antisemitischen Massenveranstaltungen strömen. Jeder einzelne Besucher und jede einzelne Besucherin unterstützt diesen vulgären und perfiden Antisemitismus.

Zweites Beispiel:

Der Mikrobiologe Sucharit Bhakdi, der aufgrund seiner Kritik an der Coronapolitik und Panikmache der nicht evidenzbasierten deutschen und internationalen Politik Furore machte, sagte im April 2021 in einem Video, wie unter anderem der österreichische Standard berichtete:

„Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land, aus diesem Land, wo das Erzböse war, (…), und haben ihr Land gefunden, haben ihr eigenes Land in etwas verwandelt, was noch schlimmer ist, als Deutschland war. (…) Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt. Deshalb ist Israel jetzt ‚living hell‘ – die lebende Hölle.“

Auch das ist antisemitisch. Er betreibt eine Täter-Opfer-Umkehr und suggeriert, die Juden wäre so wie die Nazis, ja die Juden, er meint damit Israel, hätten etwas gemacht „was noch schlimmer ist, als Deutschland war“. Nun ist Bhakdi Mikrobiologe und hat offenbar sehr wenig Geschichtskenntnisse. Doch das entbindet ihn nicht davor, die Geschichte zu kennen. Und im Nationalsozialismus, in „Deutschland“, sind die schlimmsten Verbrechen in der gesamten Geschichte der Menschheit verbrochen worden: der Holocaust. Sechs Millionen Juden wurden industriell vernichtet. Sie wurden aus keinem anderen Grund, als Juden zu sein, vernichtet. Sie wurden in Auschwitz, Treblinka, Sobibor und anderen Orten vergast und weitere Millionen wurden erschossen, erschlagen und sonst wie zu Tode gefoltert und ermordet.

Das Amtsgericht in Plön in Schleswig-Holstein hat offenbar keinerlei Ahnung von Antisemitismus und ignoriert offenbar vorsätzlich die Definition der IHRA, die auch Deutschland unterschrieben hat. Die Jüdische Allgemeine berichtet:

Der Richter sagte in seiner Begründung, bei mehrdeutigen Aussagen müssten auch andere Deutungen berücksichtigt werden. Es sei nicht vollständig auszuschließen, dass Bhakdi mit seinen Äußerungen nur die israelische Regierung und nicht das Volk meinte. Die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft kündigte Rechtsmittel an.

Wer dieses unbeschreiblichen Verbrechen der Deutschen gerade mit der (Corona-)Politik Israels vergleicht, sollte vor Scham im Boden versinken für unabsehbare Zeit. Es ist eine unerträgliche antisemitische Leugnung dessen, was in Auschwitz passierte.

Gerade wenn Bhakdi damit die Politik Israels meinte, ist dieser Vergleich antisemitisch. Es ist nicht ’nur‘ antisemitisch, wenn er damit alle Juden meint.

Es bleibt zu hoffen, dass andere Richter*innen, die jetzt weiter mit dem Fall beschäftigt sein werden, wenn die Generalstaatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt hat, mehr Ahnung von Antisemitismus haben und den Forschungs- und Diskussionsstand nicht völlig ignorieren.

 

Drittes Beispiel:

 

Am 20. März 2022 sprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi in einer Video-Ansprache zum israelischen Parlament, der Knesset, die auch live an anderen Orten ausgestrahlt wurde, wie auf dem Habima Theater-Platz in Tel Aviv.

Er verglich die Gründung der NSDAP am 24. Februar 1920 mit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine, der zufällig am 24. Februar 2022 begann. Selenskyi sprach auch von einer „Endlösung“, die Russland in der Ukraine plane, so wie damals die Deutschen die „Endlösung“ an den Juden planten. Schließlich sagte der jüdisch-ukrainische Präsident, dass Israel der Ukraine beistehen solle und die Ukrainer so behandeln solle, wie die Ukrainer damals die Juden behandelt haben! Daraufhin sagten israelische Politiker, dass sie das nicht tun werden, weil sie „ein Licht unter den Völkern sind“ – und damals bekanntlich viele Ukrainer den Nazis und der deutschen Wehrmacht zur Seite standen beim Judenmord, ja schon Tausende Juden massakrierten, bevor die Nazis, die SS, die Wehrmacht und so weiter aktiv wurden.

Diese Rede von Selenskyi ist eine antisemitische NS-Verharmlosung sowie antisemitische Dämonisierung Russlands.

Es ist eine typische Form des „sekundären Antisemitismus“ nach Adorno und Peter Schönbach, die seinerzeit – um 1960 – einen solchen Vergleich als antisemitisch analysierten. Damals ging es um den Vergleich des Luftkriegs der Alliierten und der Engländer gegen Dresden mit Auschwitz. Das ist eine typische Form des sekundären Antisemitismus. Heute kann man „Dresden“ durch die „Ukraine“ ersetzen, wie es Selenskyi in dieser antisemitischen Reaktionsweise tut. In beiden Fällen, weder in Dresden noch heute in der Ukraine, wird auch nur ansatzweise ein Verbrechen begangen wie der Holocaust.

Nichts auch nur annähernd mit den Verbrechen des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945, dem Zweiten Weltkrieg und der Shoah Vergleichbares passiert seit dem 24. Februar 2022 durch Russland in der Ukraine. Auch Selenskyi argumentiert also antisemitisch, der israelische Knesset-Abgeordnete Yuval Steinitz sprach davon, dass die Rede Selenskyis an „Holocaustleugnung grenze“.

Resultat: wir haben es mit drei antisemitischen Äußerungen dieser drei ganz unterschiedlichen Männer zu tun.

Doch Selenskyi bekam am 14. Mai 2023 in Aachen den Karlspreis verliehen, Kanzler Olaf Scholz hielt die Laudatio und alle –

wirklich wie bei Corona nahezu alle Medien haben die exakt gleiche Meinung, kurzzeitige Meldungen über den Antisemitismus und die Holocaustverharmlosung von Selenskyi, wie der oben zitierte ZDF-Bericht, sind schnell vergessen und haben keinerlei Wirkung auf das Bild des ukrainischen Präsidenten in der deutschen Politik und der medialen und kulturellen Elite. Bei der Bevölkerung jedoch hat Selenskyi ganz bestimmt kein so gutes Standing in Deutschland, das ist ein Unterschied zur Corona-Pandemie, als die Elite wie der Mob auf der Straße gleichermaßen die exakt gleiche irrationale Meinung vertraten.

Selenskyi ist für die Elite wie in Aachen ein Held und ein ganz toller Hecht. Keine rationale Analyse seines Antisemitismus nirgends.

 

Woran liegt das? Am Antisemitismus jener, die Selenskyi lieben und feiern? An der dankbar aufgenommenen NS-Verharmlosung, für die Selenskyi eindeutig steht? Warum werden dann zumindest vom Zentralrat der Juden in Deutschland sowohl Roger Waters als auch Sucharit Bhakdi zu Recht scharf kritisiert wegen Antisemitismus – aber Selenskyi gerade nicht?

 

Warum diese Inkonsistenz? Dabei ist die weltpolitische Wirkmächtigkeit des ukrainischen Präsidenten um ein Vielfaches heftiger: Zuletzt verglich er ausgerechnet in Hiroshima den Krieg Russlands  in der Ukraine mit dem Massenmord der Amerikaner an Japanern in Hiroshima am 6. August 1945, der die gesamte Weltbevölkerung tatsächlich zur „letzten Generation“ machte, weil seit diesem Tag jederzeit die Zerstörung alles Lebens möglich ist.

Woher rührt dieser Irrsinn dieses Ukrainers? Woher sein Zynismus, in der Welt herumzureisen, während seine Bevölkerung in einem Krieg lebt, den zu beenden nicht nur Putin, sondern auch Selenskyi und vor allem der Westen mit verantwortlich sind? Bekanntlich hätte es unter Vermittlung des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett schon im März 2022 einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen geben können. Putin hatte zugesagt, sich auf die Linien vor dem 24. Februar 2022 zurückzuziehen, wenn die Ukraine definitiv erklärt, nicht NATO Mitglied zu werden. Doch der Hass auf Putin war im Westen zu groß, sie wollen diesen Krieg so lange führen wie nur möglich und jetzt jammern sie, dass der Krieg noch nicht beendet ist!

Woher Selenskyis implizite Anmaßung, dass der Krieg in der Ukraine etwas ungemein viel Schlimmeres sei als der Irak-Krieg 2003 und die Folgen oder die aktuellen, sehr blutigen Kriege in Äthiopien oder im Jemen? Seine perfide Verharmlosung des Massenmords an Japanern in Hiroshima, woher rührt diese ukrainische Arroganz und Unverschämtheit, ja historische Dummheit?

Warum also das Schweigen zum Antisemitismus und der Trivialisierung von Hiroshima von Wolodymyr Selenskyi? Warum kritisieren jüdische Organisationen, die Presse und die internationale Antisemitismusforschung die ersten beiden hier dargestellten Beispiele für gegenwärtigen Antisemitismus, aber schweigen zum dritten Beispiel, ja feiern Selenskyi auf unerträgliche Art und Weise? Wird damit nicht auch sein Antisemitismus gefeiert?

Können Sie mir die Antwort darauf geben?

 

 

 

 

Der Krieg der deutschen Bundesregierung gegen die Vernunft

Von Dr. phil. Clemens Heni, 07. September 2022

Seit März 2020 leben wir im Kriegszustand. Ein „Krieg gegen ein Virus“, so der autoritäre französische Präsident Macron, der in Deutschland mit Fake News und schwarzer Pädagogik entfesselt wurde. Jens Spahn sagte absichtlich nicht die Wahrheit über den bevorstehenden Lockdown, den wir jetzt „ersten Lockdown“ bezeichnen. Horst der Seehofer setzte die Bevölkerung absichtlich und mit nackter Gewalt in Panik und liess dazu korrupte „Wissenschaftler“ Sachen schreiben, die nicht der Wahrheit entsprachen. Es sollte gezielt Panik erzeugt werden, damit die Deutschen sich isolieren und alles, wirklich alles und noch nie Dagewesene – in einer „Demokratie“ – tun, was Merkel oder später Scholz befehlen.

Eine Gefahr durch SARS-Cov-2, dieses neuartige und doch nicht unbekannte Corona-Virus – Stichwort T-Zellen Immunität von 81 Prozent der Bevölkerung -, war zu keinem Zeitpunkt eine besondere Gefahr für die ganze Bevölkerung. Die Infektionssterblichkeit liegt zwischen 0,1 und 0,23 Prozent – 1969/70 bei der Grippe lag sie in der alten BRD bei 0,29 Prozent und kein Mensch merkte was davon. Bei Corona liegt die Infektionssterblichkeit der Menschen unter 70 Jahren bei 0,05 Prozent, seit Omikron noch weit darunter.

Das durchschnittliche Todesalter liegt knapp über der durchschnittlichen Lebenserwartung und übersteigt 80 Jahre. Fast alle, die mit einem positiven Test auf Covid-19 starben, wären ohnehin gestorben, an einer Influenza oder den multiplen Vorerkrankungen. So ist das.

Der Krieg gegen die Vernunft geht im September 2022 mit der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes weiter. Die medizinisch irrationale, ja extrem schädliche Maskenpflicht in Flugzeugen soll fallen – man sitzt ja so eng und in großer Zahl und teils viele Stunden in so einem Flugzeug. Bei einem 40-minütigen Aufenthalt in einem Wartezimmer einer Arztpraxis hingegen muss man sich so als ob eine tödliche Seuche herrschen würde, weiter maskieren. Das gilt auch für Reha-Kliniken, Krankenhäuser, Altenheime. Sie sehen den Irrationalismus, den Krieg gegen die Vernunft und der oberste Kriegsherr heißt Olaf Scholz, der Kanzler. Auf dem Oktoberfest in München ab Samstag kommender Woche gilt keine Maskenpflicht, da sitzen ja auch nur Tausende grölend, kreischend, singend, schmatzend und schreiend im Bierzelt, enger beieinander als sogar im Flugzeug. Doch in Zügen, wo viel weniger Menschen in einem Abteil sitzen mit mehr Abstand zueinander, da gilt weiter die totalitäre Maskenpflicht.

Konkret: Markus Söder will ohne Maske aufs Oktoberfest gehen, mein Nachbar Bomber Harris Junior, ein über 80-jähriger cooler Antifa der old-school Sorte, darf nicht ohne Maske mit dem Zug nach Dresden fahren, um dort gegen das nach einem Nazi (wieder) benannte Rudolf-Harbig-Stadion zu demonstrieren. Auf seiner Rückfahrt will er dann unter anderem in der baden-württemberischen Provinz in Heilbronn (kein IC- oder ICE-Anschluss) gegen die Rudolf-Harbig-Straße demonstrieren, die dort im Stadtteil Kirchhausen sich befindet. Dieser Harbig war ein Nazi, NSDAP- und SA-Mitglied, die Sowjets und die Rote Armee haben ihn im Zweiten Weltkrieg in der ukrainischen Sowjetrepublik ausgeschalten.

Die ZeroCovid-Ideologen (m/w/d) der jungle world demonstrieren ja in Merkel-Manier auch nur mit Maske, bis 2020 war das noch anders.

 

Eine der Begründungen ist, dass ja auch alle anderen europäischen Länder die Maskenpflicht im Flugzeug abgeschafft haben. Doch das haben diese Länder – alle anderen europäischen Länder – auch in den Zügen und Bussen getan. Wer von Stuttgart nach Paris mit dem Zug fährt, muss bis zur Grenze die Maske tragen und setzt sie dann in Frankreich ab. Absurder, irrationaler oder totalitärer, willkürlicher geht es nicht. Es ist die Ideologie einer Religionsgemeinschaft, der Zeugen Coronas. Wer Ende Dezember 2021 in Schweden war, um dem ZeroCovid-Faschismus der Deutschen zu entfliehen, sah volle Busse und nicht eine Person hatte eine Maske auf. Schweden hat während der Krise viel weniger Tote – halb so viele, ich wiederhole mich gerne – als Deutschland. Aber die Deutschen lieben ihren Krieg gegen die Vernunft!

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf einen Text von einem meiner beiden Co-Autoren zu Corona (Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik von Mai 2020) als auch zur Ukraine (Nie wieder Krieg ohne uns… Deutschland und die Ukraine, Juli 2022) hinweisen, ein Vortrag auf der anarchistischen Buchmesse 2022 in Mannheim von Gerald Grüneklee. Ein sehr lesenswerter Text, der die religiöse Dimension der Zeugen Coronas analysiert. Solche herrschafts- und staatskritischen Stimmen geben Hoffnung.

Dass Schweden weniger als halb so viel Übersterblichkeit hat – man kann es nicht oft genug betonen – wie die Teutonen, das ist egal, weil es Scholz, Habeck und Klabauterbach nicht um die Rationalität oder Gesundheit der Bevölkerung geht, sondern um ihren Krieg gegen die Vernunft. Der wird unerbittlich weiter geführt. Unerbittlich.

Dieser Krieg ist diesmal ein Krieg gegen Russland und gegen die eigene Bevölkerung, ja gegen ganz Europa. Die Panik, die Inflation, die extrem steigenden Energiekosten, ja der kommende Energienotstand, der in Europa so gut wie jedes Land außer Russland betreffen wird, der hat jetzt schon dazu geführt, dass Firmen in Deutschland pleitegehen (ironischerweise macht den Anfang eine deutsche Klopapierfirma, Hakle aus dem schicken Düsseldorf)

und die Menschen nicht nur wegen der totalitären Corona-Politik, sondern auch wegen dem Krieg der Deutschen gegen Russland Angst bekommen. Deutschland bildet ukrainische Kämpfer aus, liefert der Ukraine Waffen und Munition und ist de facto im Krieg mit Russland. Kein Wunder, dass Russland jetzt gar kein Gas mehr durch Nordstream 1 schicken wird.

Hakle ist ein Opfer von Robert Habeck und der deutschen Bundesregierung. Klar sind das Kapitalisten, die ohnehin nicht zum Wohl der Menschheit agieren, aber diese Wirtschaftskrise, die es so noch nie gab seit 1945, die ist sehenden Auges von Habeck, Baerbock, Scholz und Lindner geplant worden, sie wollten diesen Notstand, weil „wir“ alles tun, was angeblich gut für die Ukraine ist, „egal was meine deutschen Wähler dazu sagen“ (O-Ton Baerbock in Prag). Nun, die Waffen schaden der Ukraine, da die Ukraine niemals den Krieg gegen Russland gewinnen kann. Putin ist unberechenbar und die russische Armee um Welten größer und stärker als die ukrainische. Doch der Westen will gar keinen Frieden, wie wir gleich sehen werden.

Dass ein noch fanatischerer Antikommunist und Hetzer als Scholz, der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson, womöglich den Krieg verlängert und eine frühzeitige Friedenslösung verhindert hat, das berichtet die Zeitung Responsible Statecraft aus den USA. Responsible Statecraft wird vom Quincy Institute for Responsible Statecraft herausgegeben, einem 2019 gegründeten und der politikwissenschaftlichen Schule des „Realismus“ zuzuordnenden ThinkTank, der sich am ehemaligen US-Präsidenten John Quincy Adams, der von 1825-1829 US-Präsident war, orientiert. Das Interessante am Quincy Institute ist nun Folgendes: Sowohl der von vielen antisemitischen Verschwörungsideologen (m/w/d) im Zuge der Corona-Pandemie gehasste und auch vom ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orbán mit antisemitischen Kampagnen beschmutzte und diffamierte George Soros, als auch die weit rechts stehenden Koch-Brüder, vor allem Charles Koch, haben sich 2019 zusammengetan und die Gründung des Quincy Institutes unterstützt. Das Ziel war tatsächlich eine weniger auf Intervention und Krieg, dafür auf Frieden (und wohl auch Diplomatie) ausgerichtete amerikanische Außenpolitik. Das Quincy Institute in Washington, D.C., nimmt keine Gelder von anderen Ländern an.

In einem Artikel auf Responsible Statecraft vom ihrem Reporter Connor Echols

erwähnt Echols

einen Bericht der ukrainischen Prawda, demzufolge es Boris Johnson war, der mit seinem Russenhass und Fanatismus, der in England und UK weit verbreitet ist, wenn man sich zum Beispiel die Hetze in der Daily Mail (=Bild-Zeitung) anschaut, dafür gesorgt haben könnte, dass Anfang April 2022, als Russland und die Ukraine kurz vor einer Einigung standen, eine Friedenslösung und ein Ende des Krieges verhindert wurden.

Wie das? Johnson, der völlig unerwartet in Kiew auftauchte und Selenskyi traf, agitierte den ohnehin fanatischen, aber zu diesem Zeitpunkt offenbar doch für Kompromisse offenen Selenskyi folgendermaßen. Johnson sagte, dass Putin ein „Kriegsverbrecher“ sei und zweitens England, das Johnson als repräsentativ für den ganzen Westen, die USA und die EU darstellte, unter keinen Umständen eine diplomatische Konfliktlösung und keine Kompromisse dulden würde.

Wurde also in London entschieden, was in der Ukraine passiert? Was hat Johnson dagegen, dass der Kompromiss vorsah, dass sich Russland auf seine Position vom 23. Februar 2022 zurückzieht, also alle seit dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs vom 24. Februar 2022 eroberten Gebiete aufgibt, wenn, ja wenn die Ukraine vertraglich festhält, kein NATO-Mitglied zu werden, dafür aber Sicherheitsgarantien erhält? Die Ukrainska Pravda schrieb bereits am 5. Mai 2022:

According Ukrainska Pravda sources close to Zelenskyy, the Prime Minister of the United Kingdom Boris Johnson, who appeared in the capital almost without warning, brought two simple messages.

The first is that Putin is a war criminal, he should be pressured, not negotiated with.

And the second is that even if Ukraine is ready to sign some agreements on guarantees with Putin, they are not.

Johnson’s position was that the collective West, which back in February had suggested Zelenskyy should surrender and flee, now felt that Putin was not really as powerful as they had previously imagined, and that here was a chance to „press him.“

Three days after Johnson left for Britain, Putin went public and said talks with Ukraine „had turned into a dead end“.

Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis ähnliche Dokumente aus den USA auftauchen (Stichwort „Victoria Nuland“), die belegen, dass Amerika überhaupt kein Interesse an einer diplomatischen Lösung des Ukraine-Konflikts hat. Dass dort Menschen sterben, ist Amerika völlig egal – seit wann interessiert sich die US-Außenpolitik für Menschenleben? Oder die deutsche? Oder die britische Außenpolitik? Nein, Amerika will Russland schwächen, Annalena B. will Russland „ruinieren“ und das Werk ihres Großvaters vollenden. Dass darüber hinaus Europa eine unglaubliche ökomomische und soziale Krise erlebt, auch das freut die USA, die ja jetzt Energie nach Europa exportieren will via LNG Flüssiggas.

Solange aber nicht wirklich massiver und vielfältiger Protest in Deutschland diese Bundesregierung und die ihr hörigen Medien in die Ecke drängt, solange wird es groteske und primär der Bevölkerung in der BRD schadende Sanktionen gegen Russland und Militärhilfe für die Ukraine geben und solange wird es die totalitärste Coronapolitik jenseits von China exklusiv nur in der Bundesrepublik Deutschland geben.

 

Linker russischer Putinkritiker Nikolai Platoschkin wendet sich gegen den Krieg, gegen die Nazis in der Ukraine, gegen Antisemitismus und die Sanktionen gegen Russland

Von Dr. phil. Clemens Heni, 13. März 2022

Eine weitere Leserin meiner Seite wies mich vorhin auf dieses höchst aufschlussreiche Video des sehr beliebten linken russischen Diplomaten, Wissenschaftlers und Politikers Nikolai Platoschkin hin. Platoschkin wurde 2021 zu fünf Jahren auf Bewährung verurteilt, weil er den russischen Staat verunglimpft und zu Massenprotesten aufgerufen habe. Zuvor war er fast ein Jahr lang mit seinen beiden Mitbewohner*innen, seiner Frau und seiner Katze und 5000 Büchern unter Hausarrest gestellt worden. Er geht in Berufung.

Platoschkin war von Ende der 1980er Jahre bis Anfang der 2000er Jahre Diplomat, unter anderem in Deutschland. Er spricht fließend deutsch und ist Autor von 18 Büchern. Sein russischer YouTube Kanal hat 715.000 Abonnent*innen:

In seinem 20-minütigen Video in deutscher Sprache erläutert Platoschkin, dass er wie viele Russen eng mit der Ukraine verbunden ist, verwandtschaftlich, freundschaftlich, über Bekannte. Er will dass der Krieg beendet wird. Doch der Krieg im Donbas hat 14.000 Tote gefordert, seit 2014, und dieser Krieg scherte die Europäer überhaupt nicht! Es ging ja auch gegen die 90 Prozent Russen, die dort leben.

Er betont aber auch die Erinnerungsabwehr an den Holocaust und den Nazi-Terror in der Ukraine, wo jetzt Straßen nach Judenschlächtern benannt werden, und damit meint er nicht nur Stepan Bandera.

Über seine politischen Positionen gegen Putin und für eine linke, sozialistische Stimme in Russland, haben 2021 verschiedene Medien berichtet.

 

Für Amnesty International sind die Vorwürfe gegen Platoschkin „haltlos und politisch motiviert“. Auf dem Portal der Organisation erklärt Natalia Zviagina, Chefin des Moskauer Amnesty-Büros: „Das Urteil gegen Platoschkin ist ein weiterer Nagel im Sarg der Rede- und Versammlungsfreiheit in Russland.“

Staatsanwaltschaft und Gericht hätten Kritik an der Regierungspolitik mit Anstachelung zu Aufruhr und Verbrechen gleichgesetzt. Vor der Parlamentswahl im September gebe es immer härtere Repressalien gegen Andersdenkende. Das Regime sperre Kri­ti­ke­r*in­nen aus dem ganzen politischen Spektrum ein und mache sie mundtot.

Werden die Berliner Zeitung oder die taz auch jetzt von seinem Video, das explizit an ein deutsches Publikum sich richtet, von seiner Distanz zu Putin und seiner Distanz zur pro-ukrainischen Agitation, von seiner Kritik an der Erinnerungsabwehr an die Nazi-Verbrechen und den Holocaust in der Ukraine und seiner Kritik an den anti-russischen Sanktionen, die gerade Menschen wie ihn treffen, berichten?

Das wäre mal eine Stimme, die im Gegensatz zu allen deutschen Talkmastern (w/m/d) auch eine differenzierte Ahnung von den russischen Gegebenheiten hat, eine Stimme zudem, die von Mut und Kritik zeugt, zwei Eigenschaften, die man in Deutschland, dem Land der großen Volksgemeinschaft gegen Corona und jetzt gegen Russland, nicht kennt.

Also: Schaut euch dieses Video von Nikolai Platoschkin an, es lohnt sich:

https://youtu.be/O9F4I0ZbqAg

Warum lieben die Deutschen die Bundeswehr, die Ukrainer und vor allem den Frieden so sehr wie kein anderes Land? Liegt es an „dem“ Russen?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 13. März 2022

Es gibt kein Volk auf Erden, das so sehr den Frieden liebt wie die Deutschen. Das sehen wir dieses Wochenende wieder an den Demonstrationen „für die Ukraine“, doch das sahen wir auch im ganzen zwanzigsten Jahrhundert. 1914, 1933/39 und dann 1989 wollten die Deutschen doch immer nur Frieden und Freiheit, es hat zwar nicht immer optimal geklappt, aber der Wille war da und schließlich gibt es doch nur einen Autor, der gar einen „Weltfrieden“ vordachte: Klar, Immanuel Kant.

Aber mal im Ernst: Das Beste wäre, der Ukraine-Krieg endet noch heute. Der Krieg Putins ist völkerrechtswidrig, er ist ein Angriffskrieg und durch nichts zu rechtfertigen, auch nicht durch klar belegbaren Nazi-Tendenzen in der ganzen ukrainischen Gesellschaft. Auch nicht dadurch, dass die NATO z.B. 1999 auch einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zusammen mit Gerhard Schröder, Joschka Fischer und den Deutschen gegen Serbien durchführte mit Tausenden Toten, auch in Belgrad.

Die Ukraine wird ’neutral‘, verzichtet auf NATO- und EU-Mitgliedschaft, beendet die Kooperation mit Neo-Nazi-Mitgliedern in Bataillonen und Regimentern (Azow) sowie Regierungsbänken aller Art, erklärt (wenigstens formal), dass sie die Holocaust-Kollaboration ihres Nationalhelden Stepan Bandera, nach dem Plätze, Straßen, Briefmarken, ja ganze Jahre benannt wurden und werden, schrecklich findet und sich einen neuen Nationalhelden sucht.

Die Falken in den USA drehen komplett hohl und ziehen das ganze Land mit. Der Dollar könnte als weltweite Leitwährung abdanken, wenn der Handel mit Russland komplett ausgesetzt wird. Es wird ganz neue Bündnisse geben, Russland-China-Indien, riesige Märkte. Das wird nicht gerade ökologisch zugehen und wenigstens Russland und China sind keine Demokratie-Champions, um das vorsichtig zu formulieren. Dabei wollten die USA die Ukraine noch nie Europa zuführen, das „Fuck the EU“ in einem Telefonat der führenden US-Außenministeriumsmitarbeiterin Nuland im Gespräch mit dem US-Botschafter in der Ukraine 2014 zeigte nicht nur wie unglaublich offensiv und aggressiv die USA versuchten, die neue antirussische Regierung in Kiew zu bestimmen, sondern es zeigte eben auch, wie die USA Europa verabscheuen. Da geht es in der Tat um kapitalistische Einflusssphären, Kämpfe innerhalb der Bestie.

Das Öl-Embargo gegen russisches Öl von Seiten der USA und die Panik an den Öl-Börsen sorgt für die aktuell höchsten Spritpreise weltweit. Das ist hinterhältig, weil ja alle denken, das liege am Krieg Russlands. Doch daran liegt es nicht primär. Würde Russland seine Öllieferungen nach Europa einstellen, dann gäbe es hier mal so ne richtige Krise. Doch entgegen dem Westen sanktioniert Russland bislang kaum, Öl und Gas werden weiter täglich in den vertraglich vereinbarten Mengen und Preisen geliefert.

Glauben McDonald’s und alle möglichen amerikanischen und europäischen Firmen tatsächlich, dass es die Opposition in Russland stärkt, wenn sie ihren Betrieb in Russland einstellen und auf nie dagewesene Weise ein ganzes Land vom westlichen Weltmarkt abkoppeln wollen? Merkt jemand, was für ein Wahnwitz das ist, wie irrational, sinnlos und brutal? Gerade jene, die gegen Putin sind und gerne zu McDonald’s gehen werden jetzt doch eher denken, wie absurd der Westen hier überdreht und gar nicht versucht, diplomatisch die Krise zu beenden, sondern das ganze Land – ganz Russland! – soll „ruiniert“ werden. Eine seriöse Reaktion wäre es, weder Waffen an die Ukraine zu liefern, noch die Beziehungen zu Russland vollständig abzubrechen und jeden einzelnen Russen (m/w/d) als regelrechten Feind der Menschheit zu definieren, sondern weltoffen und zart zu bleiben. Nur: der Westen war nie weltoffen und zart!

Die mediale Hetze gegen alles Russische hat unglaubliche Formen genommen, man kann das gar nicht glauben – doch dann besinnt man sich und merkt, dass es in Deutschland außer Israel und Juden noch einen zweiten Hauptfeind gibt: die Russen. Die Rede von Schröder, Scharping, Fischer und jetzt von Scholz, dass 1999 Auschwitz oder ein Genozid im Kosovo hätte verhindert werden müssen, war eine widerwärtige Lüge, auch Putins Rede von einem Genozid im Donbas ist eine Lüge. Doch während Putin von der ganzen Welt gehasst wird, wird Scholz verehrt und darf seinem Militarismus und somit Deutsch-Nationalismus frönen wie kein Kanzler (m/w/d) vor ihm.

Im US-Fernsehsender MSNBC sagte jetzt der ehemalige US-Botschafter in Russland und Professor an der Stanford Universität Michael McFaul in Bezugnahme auf einen Kommentar im ukrainischen Fernsehen, dass doch Hitler im Gegensatz zu Putin nicht die eigenen Leute getötet habe, Hitler habe „keine deutsch sprechenden“ Menschen bzw. „ethnischen Deutschen“ ermordet. Diese Holocaustleugnung an den deutschen Juden, diese Leugnung des Mordes an Linken, Gewerkschaftern, Behinderten, Sinti und Roma, Konservativen und vielen anderen, kam live im TV in der Rachel Maddow Show. Es gab einen Aufschrei und der Clip wurde aus der Mediathek gelöscht – aber er wurde gesendet und das spricht doch Bände für den Holocaust verharmlosenden, antisemitischen und antikommunistischen Wahn, den viele in den USA und im Westen aktuell verspüren!

Es reicht nicht, einen schrecklichen Krieg abzulehnen, nein: es muss zwingend Hitler ins Spiel kommen. Das zeigt nicht nur das unterirdische historische Wissen (hier in den USA), sondern vor allem die psychische Notwendigkeit, sich selbst als das absolut Gute darzustellen, Putin als das absolut Böse und das immer am allerbesten, indem man den Holocaust verharmlost. Mission accomplished!!

Interessant ist, dass der oberste außenpolitische Sprecher der Europäischen Union jetzt zugibt, dass es ein historischer Fehler war, der Ukraine eine mögliche NATO Mitgliedschaft schmackhaft zu machen, da dies nicht geschehen werde. Sehen wir das als Beschwichtigung der EU oder nur als weiteren perfiden Schachzug, weil es mal wieder nicht ernst gemeint ist? Hoffen wir mal, der Mann meint es ernst:

Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily, der auf seine alten Tage (89 Jahre alt) geradezu liberale Züge zu entwickeln scheint, hat wie schon bei Corona auch jetzt eine sehr reflektierte und de-eskalierende Meinung. So wie Schily sich vehement gegen die Impfpflicht ausspricht, so plädiert er jetzt in der WELT für ein Schweizer Modell für die Ukraine: verschiedene Landesteile, starker Gegensatz von Ost und West, unterschiedliche Sprachen und Kulturen, aber ein zusammenhängendes Staatsgefüge. Ob mit oder ohne Krim sollte dann auch verhandelt werden.

Es gab es seit dem Ende des Nationalsozialismus nicht mehr, dass in Deutschland – und diesmal sogar auf der ganzen Welt außer in Asien und Afrika, also nur im reichen und besonders fanatischen Teil der Welt: Europa und Nordamerika – eine ganz bestimmte Gruppe von Menschen zum Abschuss freigegeben wird: Russen. Alle Russen werden verdächtigt, Pro-Putin, also Pro-Krieg zu sein. Dass es sogar ehemals Putinanhänger*innen geben mag, die gegen den Krieg sind, weil der Russland beschädigt, ist denkunmöglich, solange diese Menschen nicht öffentlich (!) Abbitte leisten. Das Verhalten der Bundesregierung und der ganzen Gesellschaft gleicht einem mittelalterlichen Ablasshandel – wer sich von Putin distanziert, obwohl er oder sie russisch ist, hat evtl. noch eine Chance, Teil der Menschheit zu bleiben. Für alle anderen gilt laut Facebook:

Mordaufrufe sind OK, solange sie gegen Putin oder Russen adressiert sind und von Leuten kommen, die das a-soziale Medium Facebook in den baltischen Staaten, Ungarn und einigen anderen namentlich genannten Staaten verwenden. Vor wenigen Jahren sprach die ARD noch von der Nato als Kriegstreiber in der Ukraine … Ein aktueller Text auf Telepolis betont unter Bezugnahme auf mehrere Bundeswehr-Vertreter, einen Oberst a.D. und andere, dass die NATO eine sehr große Verantwortung hat für diesen Krieg, sie hat aggressiv und antirussisch agiert und das seit vielen Jahren. Die politikwissenschaftliche Schule des „Realismus“, die sogar Pro-USA und Pro-NATO ist, hat sich seit den 1990er Jahren scharf gegen jede NATO-Osterweiterung ausgesprochen – aber sie wurden nicht gehört, der Fanatismus im Weißen Haus wie in Europa war und ist grenzenlos.

Wie der Spectator schreibt, sind jetzt Todesdrohungen gegenüber Russen auf Facebook wieder erlaubt, solange man in angrenzenden Ländern wie dem Baltikum, Ungarn, Ukraine etc. lebt. Explizite Todesdrohungen sind keine Hassrede mehr für Facebook, weil es ja nachvollziehbar scheint und gegen Russen geht. Kein Witz!

 

Selbst linke und vorgeblich ansonsten antimilitaristische Ukrainer werben jetzt für mehr Waffen für die Ukraine. Dabei betont der Interviewpartner der linken Zeitung Analyse und Kritik, dass es angeblich 2014 mehr Nazis in der Ukraine gegeben habe als heute, ohne das zu spezifizieren. Aufmärsche von Hunderten bewaffneten Kämpfern des rechtsextremen Azow-Bataillons in den letzten Jahren allein in Mariupol machen doch skeptisch, wie ungefährlich Neonazis aktuell in der Ukraine sind. Das heißt übrigens überhaupt nicht, dass nicht auch bei den pro-russischen Aktivist*innen Rechtsextreme oder/und Dugin-Anhänger*innen aktiv sind. Wir werden unten sehen, wie wichtig es hingegen ist, die längeren politisch-kulturellen Entwicklungen zu betrachten, hier bezüglich von Erinnerungspolitik und Neonazismus in der Ukraine.

Es darf offenbar in der Bundesrepublik Deutschland nur noch eine Meinung geben, die Reihen fest geschlossen, die Volksgemeinschaft geeint. Zuerst gab es Corona, wo jede, wirklich jede substantiell abweichende Meinung diffamiert und die Kritiker*innen zum Abschuss freigegeben wurden, jetzt ist es der Ukraine-Krieg Russlands, der die Deutschen wieder zu einem Kumpen Blei zusammen geschrumpft, mit nur einem Ziel: „Russland ruinieren“.

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Der Diplomatie-Historiker, Publizist und Buchautor Ted Galen Carpenter, Jahrgang 1947, Senior Fellow am Cato Institut, verurteilt den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine, aber er stellt klar, dass es eine unerträgliche Heuchelei ist, wenn Amerika und der Westen so tun, als ob imperialistische und völkerrechtswidrige Kriege seit 1945 Tabu gewesen wären. Es ist eine Lüge, wie Carpenter betont.

Er führt die völkerrechtswidrigen Kriege und Angriffe der NATO in Ex-Jugoslawien 1995, gegen Serbien 1999, in Afghanistan und dem Irak nach 9/11, in Libyen 2011 an. Genauso völkerrechtswidrig die aktuell Putin und Russland agieren, agierte die NATO in den letzten Jahrzehnten auch:

Eine deutsche Frau, deren Großvater nach ihrer eigenen Erzählung im April 1945 mit der Nazi-Wehrmacht gegen die Rote Armee kämpfte und somit vermutlich Russen tötete und Hitler zum Sieg verhelfen wollte, spricht Bände, wenn sie wiederum Russland „ruinieren“ möchte:

Verschiedene psychologische Reaktionsweisen kann man hier analysieren. Handelt es sich bei Baerbock um einen „Wiederholungszwang“? Oder um eine „Projektion“?

In einem aktuellen Text auf den NachDenkSeiten (NDS), die ich ja schon oft und mit triftigen Gründen kritisiert habe, der viel vulgärmarxistische Phrasen drischt, aber auch etwas Freud anwendet und insofern durchaus Nachdenkenswertes andenkt, steht:

Wenn ich sehe, wie mit Schaum vor dem Mund Russland und sein Präsident verbal immer weiter in die Nähe von Hitlerdeutschland geredet werden, dann ist das meines Erachtens nichts anderes als eine Projektion, um die Verdrängung der eigenen Geschichte nicht wahrnehmen zu müssen! Man leugnet etwas bei sich selbst und unterstellt es dem Gegenüber. Das entlastet.

Der Text verkennt zwar die Bedeutung Hitlers für den Nationalsozialismus, ja lehnt den Begriff „Nationalsozialismus“ in typisch vulgär-marxistischer Weise ab und macht auch Max Horkheimer keinen Gefallen, indem er mit seinem verkürzten Zitat über die enge Beziehung von Kapitalismus und Faschismus herum wedelt, hat aber doch den einen oder anderen interessanten Gedanken:

Projektion ist nicht die einzige mögliche Reaktion auf die Abspaltung und Verdrängung der deutschen Geschichte. Ein anderer psychischer Mechanismus ist der Wiederholungszwang: Alles, was nicht integriert wurde, wird so lange wiederholt, bis es bewusst begriffen und integriert worden ist. So wundert es nicht, dass seit Corona der Totalitarismus in neuem Gewande aufersteht und Deutschland dabei den Scharfmacher in Europa gibt. Im Zuge dessen ähnelt die deutsche Gesellschaft immer mehr dem, was sie Russland vorwirft: Untertanengeist und Blockwartmentalität blühen, der Meinungskorridor verengt sich zunehmend, alternative Medien werden diffamiert oder verboten und die Ideologie einzelner Interessenvertreter bestimmen in offenbarungsreligiöser Weise die öffentliche Meinung, wogegen der rationale Diskurs der Meinungsvielfalt weitgehend unterdrückt wird. Die Gesellschaft wird holzschnittartig in Gut und Böse unterteilt und die Politik wird immer undemokratischer. Das Land wurde in den letzten Jahre hauptsächlich von einer Einzelperson dominiert, die ähnlich lange an der Macht war wie Wladimir Putin, und niemand kann garantieren, dass es unter Olaf Scholz anders wird.

Der Journalist Peter Nowak hat 2018 die Ukraine-Russland Krise und die deutsche Haltung am Beispiel eines typischen deutschen Politikers kritisiert:

Über eine grassierende Geschichtsvergessenheit bei der Debatte über Russland in Deutschland

„Jetzt reicht es aber. Verlassen Sie den Donbaz“, herrschte der CDU-Politiker Elmar Brok seinen Diskussionspartner Dmitri Tultschinski an. Der ehemalige Leiter des russischen Senders Rossiya Sevodnya in Berlin sollte mit Brok und der Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien, Gwendolyn Sasse, im Deutschlandradio die Frage „Steht Putins Russland zu Recht am Pranger?“ diskutieren.

Am Pranger stand aber schnell der „Putinversteher“ Tultschinski, dem zwei Diskussionspartner gegenüberstanden, die den sogenannten Westen vertraten, die in Russland die Gefahr sehen, die gestoppt werden muss. Dass Brok da manchmal eher wie ein General wirkte, der gegen die Russen den Krieg doch noch gewinnen will, war eine besonders unangenehme Begleiterscheinung. Die wird aber kaum noch diskutiert. Die deutschen Verbrechen an Bürgern der Sowjetunion und Russlands werden heute nicht mehr erwähnt.

Ganz offenkundig baut der aktuelle Russenhass auf eine sehr lange und tiefe Tradition in Deutschland auf. Während Russland in den letzten 200 Jahren nicht einmal Deutschland angegriffen hat, aber teils sehr positive intensive Beziehungen pflegte, haben die Deutschen Russland allein im 20. Jahrhundert zweimal angegriffen und im Zweiten Weltkrieg 27 Millionen Sowjets getötet.

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Wie willkürlich die deutsche Politik ist, zeigen die aktuellen Demonstrationen gegen Russland bzw. für die Ukraine. Da dürfen Zehntausende auch ohne Abstand und Maske herumlaufen, während schon ein paar Spaziergänger*innen an einem Montag die Bullen zum Glühen bringen. Dass Russland keine freie Meinungsäußerung zulässt, ist schrecklich, wir kennen das antiliberale, antidemokratische Regime in Moskau. Doch wer spricht vom seit acht Jahren dauernden Krieg im Donbas und den Gewalttaten der ukrainischen Regierung und den mit ihr verbundenen Milizen?

Wer spricht von der antirussischen politischen Kultur und Politik in der Ukraine seit dem gewaltsamen Sturz der Regierung 2014, die vom CIA ganz offen unterstützt wurde? Schließlich jedoch ergänzen sich Putin und zumal die Deutschen wieder in ihrer unfassbaren Panik vor Corona. Wer spricht von der objektiven Gefahr der NATO-Osterweiterung für Russland? Wo bleibt eine emanzipatorische Kritik am Antidemokraten, Nationalisten und Großmachtträume hegenden Putin und die Kritik an der nationalistischen, antisemitischen, neo-nazistischen Gegenwart in der Ukraine seit ihrer Unabhängigkeit 1991?

Es marschieren in der Ukraine seit Jahren Neo-Nazis auf, wie z.B. in der jetzt heftig umkämpften Stadt Mariupol die Azow-Brigaden bzw. das Azow-Regimente, das regulärer Teil der ukrainischen Armee ist. Da sind viele Neonazis mit dabei, die mit Hakenkreuzfahnen für sich werben, gegen Roma oder Russen Pogrome veranstalten und auch brutal antiliberal, antifeministisch und patriarchal auftreten. Wo bleibt da die Kritik unserer ach-so-westlich-weltoffenen Medien? Wie sieht es mit der nationalistischen Sprachpolitik, die sich gegen das weit verbreitete Russisch wendet, in der Ukraine aus?

Wie sieht es mit dem Antifeminismus in Russland aus, wo eine aggressive Kampagne für mehr Kinder von Putin seit Jahren läuft und die Unabhängigkeit von Frauen torpediert wird? Wo sind die Berichte über die täglichen Angriffe auf die russische Bevölkerung im Donbass seit 2014, und zwar militärische wie politische und sozialpolitische Angriffe – Menschen bekommen nur Sozialleistungen auf ukrainischem Gebiet, jenseits des Donbas, und da hinzukommen ist ein Spießrutenlauf, da rechtsextreme Banden wie die Azow-Brigaden diese Gegend kontrollieren, siehe auch Mariupol.

Wie sieht es mit der Meinungsfreiheit in Kiew aussieht, sagen wir für russische Anti-Putin Leute, die sowohl gegen den Krieg als auch gegen Selenskyi und seine Unterstützung von Neo-Nazis sind? Doch wie schon bei Corona und der Impfpflicht werden in den Massenmedien kaum kritische Stimmen vernommen, Zeitungen wie Die Welt bringen zwar dissidente Positionen, die aber kaum mehr als Alibicharakter haben und die extreme antirussische Hetze der Bild-Zeitung nicht verdecken können.

Es gibt viele wissenschaftliche Artikel zur Gedenkpolitik, zu Rechtsextremismus und Antisemitismus in der Ukraine. Die Politikwissenschaftlerin und Slavistin Laura Schultz hat 2017 eine Aufsatz zur Kritik rechter Tendenzen in der Ukraine publiziert (S. 183-197).

Schultz geht gleich zu Beginn auf die typische Reaktion im Westen ein, wenn das Thema Rechtsextremismus auf den Tisch kommt. Da wird abgewiegelt, entwirklicht und geleugnet, was für eine tiefe politisch kulturelle Bedeutung der Rechtsruck hat und wie stark der Einfluss der Neonazis auf dem Maidan tatsächlich war. Eine Gruppe von anti-linken oder die Rechten verharmlosenden Forscher*innen hat auf der Seite der Heinrich-Böll-Stiftung eine solche Warnung an linke Kritiker*innen der Nazis im Jahr 2014 publiziert, weil diese Kritik nur Putin Vorschub leisten würde. Exakt das erleben wir auch heute. 2014 hießt es:

Obwohl wir den rechten Aktivitäten auf dem Euromaidan kritisch gegenüberstehen, sind wir besorgt über eine unerfreuliche Erscheinung in zu vielen internationalen Medienberichten über die jüngsten Ereignisse in der Ukraine. In etlichen Reportagen und Kommentaren wird in der einen oder anderen Weise die Rolle, der Stellenwert und der Einfluss ukrainischer Rechtsradikaler in Kiew überbewertet bzw. fehlinterpretiert. Einigen Berichten zufolge wird die ukrainische proeuropäische Bewegung von ultranationalistischen Fanatikern unterwandert, getragen oder gar übernommen. Bestimmte Kommentare erwecken den irreführenden Eindruck, dass die ukrainischen Proteste von derartigen Kräften erzeugt wurden oder gesteuert werden.

Zwei der Unterzeichner sind die Historiker Andreas Umland und Timothy Snyder. Snyder ist ein typischer Vertreter der den Holocaust verharmlosenden Rot=Braun These. Sein zumal in Deutschland preisgekrönter Bestseller „Bloodlands“ ist eine Art Bibel für Rechtsextreme im Osteuropa und hat mit seriöser Holocaustforschung wenig zu tun. Ich habe mich ausführlich mit dieser Schrift beschäftigt, unter anderem in dem Kapitel „Ernst Nolte’s ‘grandson?’ – Timothy Snyder“ in meiner Studie „Antisemitism: A Specific Phenomenon“ von 2013 (S. 313-372).

2017 schrieb ich („Die Heinrich-Böll-Stiftung hat ein Antisemitismus-Problem“) über Snyder:

2013 bekam der Holocaustverharmloser Timothy Snyder, ein enger Freund Judts, ebenfalls den Arendt-Preis, den die Stiftung zusammen mit dem Senat der Hansestadt Bremen seit 1994 jährlich verleiht. Snyders Bestseller Bloodlands ist eines der ungeheuerlichsten antijüdischen Bücher überhaupt, er macht sich geradezu einen Spaß daraus, zu betonen, wie klein die Gruppe der deutschen Juden gewesen sei, die im Holocaust ermordet wurde. Snyder schrieb, dass die meisten deutschen Juden, die 1933 lebten, eines „natürlichen Todes“ gestorben seien – warum also die Aufregung wegen des 9. Novembers 1938, Bergen-Belsen, den Wäldern von Litauen, Babi Yar oder Auschwitz?

Snyder ging noch weiter und meinte, der Westen, vor allem Europa, hätte die westeuropäischen Juden, die nach Auschwitz deportiert und dort vergast wurden, deshalb erinnert, weil das die „bourgeoisen Juden“ gewesen seien (!). Die armen osteuropäischen Juden würden hingegen vergessen, was an Infamie schwerlich zu überbieten ist, denn wenn jemand die Juden als die Opfergruppe der Shoah vergisst und klein redet, dann ist es Timothy Snyder.

In seinem Buch Bloodlands fantasiert er von einem Territorium, das es als solches natürlich gar nicht gab, in dem 14,5 Millionen Menschen ermordet worden seien – von Stalin und dann von Hitler. Es geht für den Revisionisten Snyder mit Stalin und der Hungerkrise in der Ukraine 1932 los, Auschwitz ist für ihn viel später, kein Zivilisationsbruch und nur ein Puzzleteil im Morden der beiden Diktatoren, als die er Stalin und Hitler in dieser völlig veralteten Forschung, die der Great Man Theory des 19. Jahrhunderts anhängt, präsentiert.

Völlig konsistent mit dem linken Geschichtsrevisionismus war die Preisverleihung des Arendt-Preises an Joachim Gauck 1997, einem Vorläufer von Snyder.

In meiner Studie von 2013 zitierte ich auch einige andere scharfe Kritiker des Ansatzes von Timothy Snyder, wie den israelischen Holocausthistoriker Prof. Dan Michman, den Historiker am Institut für Zeitgeschichte in München Dr. Jürgen Zarusky oder den deutsch-israelischen Historiker Prof. Dan Diner. Diner hat seine Position gegen Snyder zugespitzt formuliert. Für Snyder, der auf aggressive und unwissenschaftliche Weise Stalin und Hitler analogisiert und einen völlig abstrusen, fiktiven Raum mit dem Namen „Bloodlands“ bezeichnet, der grob zwischen dem Baltikum und dem Schwarzen Meer sowie zwischen Ostpolen und der Ukraine liegt, entwirklicht vollkommen das Nie-Dagewesene und Spezifische von Auschwitz und dem eliminatorischen Antisemitismus der Deutschen. Der Holocaust hat für Snyder nur als Teil dieser irrationalen Konstruktion von „Bloodlands“ Bedeutung, und die beginnen nicht zufällig 1932 mit der ukrainischen Hungersnot, die überhaupt gar nicht mit der gezielten Vernichtung eines ganzen Volkes auch nur im Ansatz verglichen werden kann. Diner schreibt:

Es bleibt dabei: Die Leiden eines an Hunger zugrunde gehenden ukrainischen Kindes unterscheidet sich keinen Deut von dem eines jüdischen Kindes im Getto oder angesichts der Gaskammer. Indes galt es nicht, alle Ukrainer als Ukrainer und überall zu Tode zu bringen. Zudem war der von Stalin zu verantwortende, wenn nicht gar willentlich herbeigeführte Hungertod in der Ukraine und nicht nur in der Ukraine, vielmehr im gesamten sowjetischen Schwarzerdebereich ebenso wie im Nordkaukasus, nicht wesentlich ethnisch begründet, sondern zog all jene ins Verderben, die ebendort ansässig waren – in der Ukraine vornehmlich ethnische Ukrainer, aber auch dort lebende Polen, Juden und Angehörige anderer Nationalitäten. Für Juden als Juden war der ihnen von den Nazis vorbehaltene Tod gleichwohl regelhaft, Überleben allein dem Zufall geschuldet. Diese und andere an diesen fundamentalen Umstand gemahnende Unterscheidungen sind Timothy Snyder selbstverständlich geläufig. Er lässt sie auch ständig und immer wieder in seinem Buch zu Worte kommen. Gleichwohl sind sie eher von salvatorischer Bedeutung, will heißen: Sie sind für die von ihm konstruierte Erzählung eigentlich folgenlos.

Lara Schultz geht in ihrem Bericht auf jene Erklärung auf der Seite der Böll-Stiftung ein und schreibt:

Auf dem Maidan versammelte sich, darauf legten auch ukrainische Berichterstatter*innen großen Wert, ein Querschnitt der Bevölkerung. Das heißt natürlich: auch Nazis. Von Anfang an fehlte in der Protestbewegung eine Abgrenzung und Distanzierung von der extremen Rechten. Eine enge Kooperation mit Neonazis wurde so normalisiert, mit der Folge, dass Nazis anschließend in wichtige politische Ämter kamen und eigene Bataillone aufstellten, um im Osten des Landes zu kämpfen. Dies zu äußern, so wurde der Autorin und anderen Journalist*innen vorgeworfen, sei Wasser auf die Mühlen Putins, der sowieso die gesamte Ukraine als ‚faschistisch‘ diffamiere. Nur deshalb nicht über die ukrainische Rechte zu berichten, wie es im Februar 2014 in einem prominenten offenen Brief von Sozial- und Geisteswissenschaftler*innen gefordert wurde [hier der Link zu Seite der Böll-Stiftung, CH], wäre dennoch falsch: Don’t shoot the messenger! (S. 184)

Sie attackiert den Slavisten und Politologen Andreas Umland, der mit Snyder und Dutzenden anderen diesen die rechte Gefahr verharmlosenden Brief bei der den Grünen nahestehenden Böll-Stiftung publizierte, da Umland schon damals Putin mit Hitler verglich und „Parallelen zum Nationalsozialismus“ herbei fantasierte (S. 185). Sie kritisiert weitere pro-westliche einseitige Schuldzuweisungen, aber auch einseitige anti-westliche Vorwürfe wie an Jörg Kronauer, der 2014 ein Buch über die Ukraine und den deutschen Einfluss bei diesem „Expansionsprojekt des Westens“ extrapoliert. (Ebd.)

Sie erwähnt, dass die Ukraine in ihrer heutigen Gestalt als Staatsgebilde erst seit 1991 existiert (S. 188), im Gegensatz zu den baltischen Staaten. Ein Großteil der Bevölkerung spricht Russisch, erst seit 1991 gilt Ukrainisch als Amtssprache (S. 187f.). Sie geht auf die Spaltung der 1929 gegründeten „Organisation Ukrainischer Nationalisten (Orhanizacija ukrains’kich nacionalistiv, OUN)“ im Jahr 1940 ein, fortan gab es die OUN-M (für Melnyk) und OUN-B (für Stepan Bandera).

Schultz geht auf die Erinnerungs- und Gedenkpolitik in der heutigen (Stand 2017) Ukraine ein. Und das ist bezeichnend, was man dort vorfindet:

Auf dem zentralen Platz des Lycakivs’kyi Friedhofes in L’viv (Westukraine) stehen meterhohe weiße Kreuze, die, durch Jahreszahlen kenntlich gemacht, an die Opfer des Holodomor erinnern. Daneben findet sich ein Gedenkstein für die ukrainische Armee (inklusive der 14. Waffen-Grenadier-Division, also der SS-Division Galizien), daneben Gräber von nach dem Krieg verstorbenen Mitgliedern der OUN-UPA. (S. 191)

Wenn heute überall Stepan Bandera, die OUN und die Ukrainische Aufständige Armee (Ukrajins’ka Povstans’ka Armija, UPA) (S. 192) als Helden gefeiert werden, muss man wissen, wofür die OUN stand (S. 192f.):

Jaroslav Stec’ko, Vize der OUN-B, ließ in seiner autobiografischen Schrift von 1941 keinen Zweifel am eliminatorischen Antisemitismus der OUN:

‚Moskau und die Juden sind die größten Feinde der Ukraine. Als Hauptfeind betrachte ich Moskau, welches die Ukraine mit Gewalt in Unfreiheit gehalten hat, nicht weniger beurteile ich die Juden als ein schädliches und feindliches Schicksal, die Moskau helfen, die Ukraine zu verknechten. Daher beharre ich auf dem Standpunkt einer Vernichtung der Juden und der zweckdienlichen Einführung deutscher Methoden der Extermination der Juden in der Ukraine, ihre Assimilation ausschließend‘ (Berkhoff/Carynnyk 199: 162). [Das ist ein wissenschaftlicher Artikel aus den Harvard Ukrainian Studies von 1999, CH]

2013/14 wurde Bandera zu einem Schlüsselsymbol der Proteste auf dem Maidan. (…) Diese Wertschätzung [Banderas, CH ] wurde nun auch gesetzlich verankert: Mit dem Gesetz über die rechtliche Stellung und die ehrende Erinnerung an die Kämpfer für die Unabhängigkeit der Ukraine im zwanzigsten Jahrhundert, No. 314-VIII vom 9. April 2015 kann strafrechtlich belangt werden, wer Kritik an der wohlwollenden Einschätzung der OUN-UPA äußert. Kontroversen sind somit ausgeschlossen.

So wie überall in Europa, von Finnland über Schweden, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Holland, Ungarn, Österreich gibt es eben auch in der Ukraine extrem rechte Tendenzen, die immer mehr im Mainstream andocken. Sicher gibt es nicht überall so viele Neonazis in der Regierung wie in der Ukraine in den letzten Jahren (der Artikel ist wie gesagt von 2017). Aber die großen Linien der politischen Kultur sind klar: Es geht seit 1991 in der Ukraine um einen sehr starken Nationalmythos, um Nationalismus und eine Abwehr der Erinnerung an die Verbrechen Banderas und der OUN/UPA, die Tausende Juden und Zehntausende Polen ermordeten.

***

Was heißt das? Wir müssen der Diplomatie eine Chance geben, sie ist die einzige, die wir haben. Russland muss den Krieg beenden, aber das wird nur mit einem Kompromiss gehen, die Ukraine muss klare Zugeständnisse machen, primär eine Abkehr von einer NATO-Mitgliedschaft. Was würden die USA tun, wenn ein neues Militärbündnis in Mittelamerika, bestehend z.B. aus Mexiko, El Salvador und Nikaragua als neues Mitglied plötzlich Kanada einladen möchte und dort regelmäßig Kampfübungen mit Zehntausenden Soldaten unweit von Toronto abhalten würde? Diesen Gedanken hat der oben zitierte Diplomatiehistoriker, der Putins Krieg scharf verurteilt, ihn aber kontextualisiert:

One can readily imagine how Americans would react if Russia, China, India, or another peer competitor admitted countries from Central America and the Caribbean to a security alliance that it led—and then sought to add Canada as an official or de facto military ally. It is highly probable that the United States would have responded by going to war years ago. Yet even though Ukraine has an importance to Russia comparable to Canada’s importance to the United States, our leaders expected Moscow to respond passively to the growing encroachment.

They have been proven disastrously wrong, and thanks to their ineptitude, the world is now a far more dangerous place.

Wenn jetzt selbst in der Ukraine linke Gesellschaftskritiker mehr Waffen vom Westen fordern, aber nicht etwa – was viel naheliegender wäre – für einen Gebärstreik plädieren, dann zeigt sich, dass in Russland, wo der Protest gegen den Krieg offenbar schwach ist, aber auch mit Gefängnis bedroht wird, wie in der Ukraine vorwiegend junge Männer als Kanonenfutter in den Krieg geschickt werden. Es gibt keine patriarchalere Institution wie eine Armee, Befehl, Gehorsam, Männerbund und Gewalt, inklusive sexueller Gewalt auf allen Seiten, sind die schrecklichen Konsequenzen. Diese jetzt auch noch mit mehr Waffen für die Ukraine zu verlängern oder aber in Deutschland die Bundeswehr so stark aufzurüsten wie noch nie seit ihrem Bestehen, das zeigt, wie ähnlich sich die Politiker*innen weltweit doch sind.

Der Rechtsruck aber, die Liebe zu „Heimat“ und Nation, ‚Sommermärchen‘ 2006, die AfD, Pegida, die Liebe zum Eigenen und der Hass auf Andere ist seit Jahrzehnten auch in der Ukraine angekommen, nachdem sie 1991 als neuer Staat in seiner heutigen Form entstand. Die Stadt Dniproperovs’k hörte sich zu sowjetisch an und wurde im Mai 2015 umbenannt in Dnipro. (Schultz 2017, S. 194) So lief es ja auch mit Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz), während Straßen und Plätze in der BRD weiter fröhlich nach Hindenburg, Bismarck oder Richard-Wagner benannt sind. Honni soit qui mal y pense.

Der geradezu idiosynkratische Hass auf alles Russische ist schockierend. Da scheint etwas ganz tief im deutschen Unbewussten angetriggert zu werden. Massenmorde in Ruanda und anderen Teilen Afrikas oder ganz aktuell im Yemen, das von den Saudis zerbombt wird und einen Stellvertreterkrieg mit dem Iran erlebt, all das interessiert so gut wie kein Schwein. Da geht es nicht um blonde Frauen, die Opfer eines Krieges werden, sondern um Nicht-Weiße. Vor allem aber ist da jeweils „der“ Russe nicht involviert. Nicht mal die Amerikaner und Trump hatten es geschafft, eine solche Ablehnung an allem Amerikanischen zu stiften und das will was heißen beim so ubiquitären Antiamerikanismus in diesem Land. Auch Israel hat es nicht geschafft, so uneingeschränkt und total abgelehnt zu werden wie aktuell Russland und alle Russen weltweit.

Dieser Russenhass muss sofort aufhören. Russen und die Sowjetunion haben Europa von den Deutschen und Nazis befreit. Und es ist eine unerträgliche Ironie der Geschichte, ein Wiederholungszwang offenbar, dass gerade das Land, dessen Nationalisten so eng mit den Nazis, der SS und der Wehrmacht kooperierten, die Ukraine, Bandera, die OUN und UPA heute Nationalhelden in der Ukraine sind und die Deutschen dieses Land unterstützen wie sie noch nie etwas unterstützt haben seit 1945.

Selbst ungeimpfte Ukrainer*innen dürfen ungetestet Zug fahren und werden dafür bejubel, auf Demos für die Ukraine gelten plötzlich keine Abstandsregeln mehr und keine Maskenpflicht. Es ist ja für eine gute Sache und diese Seuche Corona ist irgendwie doch nur dann besonders schlimm, wenn es um Demonstrationen von Kritiker*innen der verfassungsfeindlichen, irrationalen, unwissenschaftlichen und antidemokratischen Coronapolitik geht.

Aber während eine Kritik an Russland auf allen Ebenen erwünscht, ja eingefordert wird von der stramm geschlossenen Volksgemeinschaft der Friedensfreunde, die jetzt 100 Milliarden extra locker machen für die Zukunft der Friedens-Bundeswehr, die nur mit Konfetti und Broschüren mit Kants „Ewigem Frieden“ schießt, ist die so not-wendige Kritik am Nationalismus, an der Erinnerungsabwehr an die Shoah und die Beteiligung von Bandera, der OUN und UPA am Holocaust verpönt.

Seit Jahren wird der Kriegshaushalt in Deutschland erhöht und hat jetzt mit dem Wahnsinns-100-Milliarden-„Sondervermögen“ von Scholz den Gipfel dessen erreicht, was wir „autoritäre Demokratie“ nennen könnten, wie der Freitag in Analogie zum SPD-Verhalten bei den Kriegskrediten 1914 schreibt.

Dieser Autoritarismus, Nationalismus und eine politische Kultur der Stolzdeutschen sind ein längerer Prozess, der nicht erst mit 1989 begann, aber natürlich durch den Mauerfall unglaublichen Auftrieb erhielt. Hunderte Morde an Migrant*innen, Walsers Paulskirchenrede gegen die Erinnerung an Auschwitz, seine Einladung ins Bundeskanzleramt zu Schröder am 8. Mai 2002, das „Sommermärchen“ mit Jürgen Klinsmann 2006, der schwarz-rot-goldene Rausch 2014 mit seinem anti-argentinischen Rassismus („so laufen die Deutschen…“) am Brandenburger Tor hin zur rassistischen Pegida-Bewegung, dem Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag 2017 hat jetzt seit der Coronapolitik und dem Ukraine-Krieg seine volksgemeinschaftliche Vollendung gefunden.

Schauen wir abschließend nochmal, wer so in der Politik in der Ukraine in den letzten Jahren mitmischte und was das für die dortige politische Kultur bedeutet, auch sprachlich. Laura Schultz schreibt:

Dass Nazis und extreme Rechte, die sich auf dem Maidan profiliert hatten, später mit politischen Ämtern bedacht würden, war abzusehen. So war es dann auch im Kabinett Jacenjuk I: Der stellvertretende Ministerpräsident Oleksandr Sic, Verteidigungsminister Ihor Tenjuch, Umweltminister Andrij Mochnik und Landwirtschaftsminister Ihor Svajka hatten damals alle ein Svoboda-Parteibuch. [Fußnote der Autorin: „Die ‚Allukrainische Vereinigung Svoboda‘ (dt. Freiheit) ist eine extrem rechte und nationalistische Partei unter dem Vorsitz von Oleh Tjanybok. 1991 wurde sie unter dem Namen ‚Sozial-nationale Partei der Ukraine‘ gegründet“] Auch Generalstaatsanwalt Oleh Machnickij war Mitglied der Partei Svoboda. Bildungsminister Serhij Kvit wurden Sympathien für den Rechten Sektor nachgesagt. Dmytro Bulatov, Minister für Jugend und Sport, war Mitglied der neonazistischen Ukrainischen Selbstverteidigung UNA-UNSO, ebenso Tetjana Cornovol, damalige Vorsitzende der nationalen Anti-Korruptions-Kommission. Der damalige Chef des Rats für die nationale Sicherheit und Verteidigung, Andrij Parubij, war Mitbegründer der Svoboda Vorgängerpartei, der Sozial-nationalen Partei der Ukraine. Und Dmytro Jaros, ehemaliger Majdan-Kommandant, ‚Führer‘ der neonazistischen Organisation Dreizack und Rechter Sektor, war Parubijs Stellvertreter im Rat. Dieser Erfolg von faschistischen Gruppen und eine derart hohe Regierungsbeteiligung von extremen Rechten war in europäischem Maßstab einmalig. Derzeit ist beispielsweise Andrij Parubij Parlamentspräsident, während der ehemalige Kommandant des Azov-Bataillons Vadym Trojan Polizeichef in Kiew ist. (S. 194)

All das rechtfertigt keine Sekunde einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands – aber es zeigt, mit was für einem Land wir es mit der Ukraine zu tun haben. Schultz schreibt:

Die Majdan-Revolution war unter anderem Ausdruck einer nationalen antirussischen Identität. Der ukrainische Dreizack, Blumenkränze im Haar, reich bestickte Blusen und Hemden waren Symbole, die auch die Fernsehaufnahmen prägten. Dass sich Teile des Majdans positiv auf den ja nach Sichtweise Freiheitskämpfer oder NS-Kollaborateur zu bezeichnenden Bandera beriefen, dass der OUN-Schlachtruf ‚Ruhm der Ukraine – den Helden Ruhm!‘ und die Beteiligung von organisierten Neonazis auf dem Majdan gängig waren, war Wasser auf die Mühlen Russlands, dessen Propaganda auf dem Majdan eine neue faschistische Junta sah oder eine direkte Parallele zur historischen, mit Nazis kollabierenden OUN ziehen konnte. (S. 195)

Ironischerweise beendet sie ihren instruktiven Artikel, indem sie betont, dass es doch ironisch oder „zynisch“ ist, dass die Ukraine insofern tatsächlich sich nach Europa orientiert, weil wir in Europa doch seit Jahren einen starken Rechtsruck haben.

Wie beendete der ukrainische Präsident und vormalige Fernseh-Clown Selenskij seine Rede vor der Münchener Sicherheitskonferenz – das war einige Tage vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine:

Ruhm der Ukraine.

Wir aber sollten uns mit der jahrzehntelangen Erinnerungsabwehr in Deutschland beschäftigen, mit der mehr oder weniger offenen, mehr oder weniger schamlosen Bezugnahme auf ‚unsere‘ Großväter und Urgroßväter wird heute wieder gefordert, „Russland zu ruinieren“.

In einem aktuellen Radiokommentar für das freie Radio Flora aus Hannover kritisiert der Historiker Hubert Brieden die „Kriegsrhetorik“ und „Karrieregeilheit“ von Scholz, Merz oder Habeck. Er setzt dann etwas vorschnell beide Weltkriege im 20. Jahrhundert unter die Rubrik „Einflusssphäre“, also intoniert die kapitalistisch-imperialistische Dimension, was beim Nationalsozialismus scheitert, Auschwitz hatte keinen Grund, kein Ziel, war kein Interesse des Kapitals. Es ging um die Vernichtung der Juden um der Vernichtung willen, wie ich in Bezug auf die internationale Forschung in meinem zitierten Band „Antisemitism: A Specific Phenomenon“ quellenbasiert zeigte.

Aber Brieden resümiert in einem autobiografischen Rückblick auf seinen Vater, der als Wehrmachtssoldat in der Ukraine war, und meint damit auch die aktuelle Bundesregierung:

Der Hauptfeind steht im eigenen Land.

Lachen wir einfach die hilflosen Politiker und das Corona-Regime aus

Von Dr. phil. Clemens Heni, 20. April 2021

Wir haben noch nie so viele so hilflose erwachsene Menschen erlebt. Erwachsene Menschen, die ernsthaft glauben, sie könnten ein Virus wie Corona „ausrotten“. Völlig lachhaft. Nach über 14 Monaten glauben diese Leute, sie könnten ein mehr oder weniger harmloses und nur für sehr alte und sehr kranke, vorerkrankte oder sehr fette Menschen über 70 womöglich gefährliches Virus mit „Maßnahmen“ eindämmen oder gar eliminieren.

Allein auf der Diamond Princess, dem Kreuzfahrtschiff, das vor Japan ankerte, starb kein Mensch unter 70. Das war Mitte Februar 2020. Da wusste jeder, der es wissen wollte, Corona ist für Menschen unter 70 ungefährlich und für Menschen über 70 auch nur in seltenen Fällen gefährlich – sonst wären von den 3700 Menschen auf diesem Schiff mehr als sieben auf dem Schiff gestorben (später starben noch sechs weitere, immer noch eine kleine Anzahl, wenn wir das durchschnittliche Alter der Menschen auf dem Schiff betrachten: 58 Jahre).

Nach über 14 Monaten wird immer noch nicht gesehen, dass die „Kollateralschäden“ viel höher sind. Durch Corona starben fast nur Menschen, die ohnehin gestorben wären, sonst gäbe es eine massive Übersterblichkeit, die es gerade nicht gibt. Also easy going. Corona kann blöd enden, für jeden von uns – so what? Wir können auch morgen Krebs bekommen oder vom LKW überfahren werden, Letzteres ist für Menschen unter 70 viel wahrscheinlicher als an Corona zu sterben.

Nie sah die Welt so viele metaphysisch hilflose Menschen, die eine unsagbare Panik vor dem Tod haben. Das liegt primär daran, dass der Tod seit Jahrzehnten abgeschoben wurde in die Alters- und Pflegeheime sowie die Krankenhäuser.

An Erbärmlichkeit nicht zu übertreffen sind vor allem jene Linken, die immer so taten, als würden sie Deutschland hassen – und jetzt jammern und zittern vor einem Virus, das nachgewiesener Maßen für fast keinen Menschen unter 70 Jahren gefährlich werden kann (wie gesagt: Das heißt nicht, dass es jeden von uns jeden Tag treffen kann, aber so what?). Wegen dieser lächerlichen Panik vor einem Grippevirus sterben Millionen von Menschen im Globalen Süden. DAS ist die eigentliche Katastrophe der Corona-Zeit: Das Aufkündigen des Gedankens der einen Menschheit. Es gibt nur noch – wie im Kolonialzeitalter oder im Imperialismus – die Herrenmenschen (m/w/d), die via der kapitalistischen und jetzt epidemiologischen ‚Logik‘ und Kosten-Nutzen-Kalkulation bestimmen, ob Lieferketten im Globalen Süden funktionieren und Tourist*innen weiter reisen dürfen – oder eben nicht und die Tagelöhner sich zu Fuß Hunderte Kilometer nach Hause aufmachen und auf dem Weg elendig krepieren.

Ein Virus „auslöschen“ oder ZeroCovid – da kann man einfach nur lachen. 9 Monate sollten Mund-Nasen-Bedeckungen ausreichen, um dem Virus so richtig Angst zu bereiten, dann plötzlich nur noch OP-Masken oder Schlimmeres. Da kann man wiederum nur lachen und zwar lauthals.

Es geht mir selbstredend nicht um dieses affirmative Redaktionsnetzwerk-Deutschland-Wie-kann-ich-mit-guter-Laune-und-einfachen-Witzen-gehorsam-und-zugleich-niedrigschwellig-fröhlich-bleiben-Niveau. Es geht um Lachen als Distanz und Lachen als Waffe der Kritik.

Dann, auch das regt die Lachmuskulatur an, wird behauptet, dass sich 100 Menschen in einem Supermarkt, die sich dort gleichzeitig 45 Minuten oder auch 53 Minuten oder auch nur 17 Minuten aufhalten, niemals „anstecken“ können. Doch eine Person ganz allein mit dem Verkäufer oder der Verkäuferin in einem Jeans-Laden oder zwei Gäste in einem Café oder drei Käufer*innen gleichzeitig in einer Elektronikabteilung eines Fachgeschäftes – das sei lebensgefährlich.

Wer jemals in einem Karstadt war, weiß, dass dort weniger Menschen pro Quadratmeter sich aufhalten als in jedem REWE-City – und zudem haben Aerosole eine Allergie gegen Rolltreppen, bestätigt jede Thyssen-Krupp-Vorarbeiterin (was haben wir im Frühsommer 1989 gelacht, als die Aerosole immer Panik bekamen, als wir die CNC-Fräsmaschinen anmachten und die Metallteile für die Rolltreppen, metalldeutsch: „Fahrtreppen“, zurechtfrästen).

Oder lachen Sie einfach jene Leute aus, die sogar im Freien Masken tragen, dabei brachte doch schon das Maskentragen in Innenräumen locker 75.000 Tote (die Propagandamaschine sagt uns, die gibt es nur, weil nicht alle 24 Stunden Maske trugen und so weiter). Einfach mal drüber lachen, so absurd, grotesk, weltfremd, irreal, so deutsch, so affirmativ und gehorsam, so stumpf ist dieses Denken.

Oder lachen über „Gedenktage“ für Corona- oder Grippetote, die so sinnvoll sind wie Stellungnahmen von eminenzbasierten Virologen zur evidenbasierten Medizin.

Und weil Lockdowns und Masken so viele Tote brachten, denkt sich die Kanzlerin oder der Chefredakteur fast jeder großen oder größeren oder Provinz-Tageszeitung sowie den Wochen- und Monatsjournalen, will ich noch viel mehr davon und das ohne Ende mit einem Bundesgesetz. Auch wenn das schwer fällt, einfach mal lachen über so viel Irrsinn, Unwissenschaftlichkeit, soviel Anmaßung und Dummheit, soviel Weltbeglückungsideologie auf einem Fleck. Oder lachen wir über Menschen wie Thomas Brussig, die „Mehr Diktatur wagen“ ernst meinen und ernsthaft glauben, sie würden die deutsche Sprache beherrschen und wüssten, wie man das Wort „Wissenschaft“ buchstabiert – Leute also, die meinen, es gebe „die“ Wissenschaft und damit TINA meinen.

Man kann einfach nur lachen über Politiker*innen, von Baerbock über Scholz/Merkel und Söder/Laschet, Ramelow, Kretschmann, Dreyer etc. pp., die das alles ernsthaft glauben und uns deshalb alle einsperren. Auch dieses Einsperren ist nur noch lachhaft. In Baden-Württemberg und Bayern darf aktuell kein Mensch, der keinen Hund Gassi führt oder arbeitet oder aber im Sterben liegt und ins Krankenhaus muss, rausgehen. Niemand. Jetzt schlagen Oberschlaule im Bundestag vor, so einen Kriegszustand in ein Bundesgesetz zu fassen, der Traum von Angela Merkel, der doch noch wahr werden wird diese Woche. Was ist daran wieder so lachhaft?

Nun, jetzt schlagen manche vor, diesen Kriegszustand erst um 24 Uhr beginnen zu lassen, zwischen 22 Uhr und Mitternacht dürften die ganz krassen Zeitgenoss*innen noch joggen, spazierengehen oder „frische Luft“ schnappen – aber nur alleine. Das ist gerade bei Menschen, die danach zusammen ins Bett gehen, völlig logisch. Im Freien lauert das Virus, nicht im Bett – auch hier wieder lauthals lachen. Oder einfach mal mit ner Portion „Schubsi“-Einkaufswagengriffen zu Lidl, Aldi oder Norma gehen, durch den Laden schlendern, immer wieder den Schiebegriff genüßlich ablecken und am Ende dem Blockwart am Eingang die beiden Schubsi-Einkaufswagengriffe schenken. Das Leben von der lockeren Seite nehmen.

Das sind im Bundestag, so wird es berichtet, vorgeblich erwachsene Menschen, die solche Kriegszeit-Ausgangssperren beschließen werden. Ein Bundesgesetz gegen das Zusammen-Spazierengehen eines Paares ab 22 Uhr. Ein Bundesgesetz für Olaf, damit sich keine Jugendlichen nachts verabreden und auf jede Parkbank sprühen „Wer hat uns verraten – Sozialdemokraten“ und einer dann sprüht „Hey, Leute, Olaf ist gar nicht in der SPD, der ist doch ein Grüner“. Andere hätten nachts Aufkleber verklebt, was jetzt kriminalisiert wird:

Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien (Andy Möller) –

Annalena Habeck oder Armin Söder – Hauptsache Zeugen Coronas.

Oder vielleicht:

Rhetorische Frage für Fortgeschrittene: Wer hat das längere Gedächtnis: Anti-Corona-T-Zellen oder die Uni Frankfurt bzgl. der Aufbewahrung von Doktorarbeiten von Charité-Angestellten?

Auch bissle lustig:

Was ist der Unterschied zwischen einer ‚Querdenken‘-Demo und dem Betriebsausflug des Verfassungsschutzes auf den Kyffhäuser? Beim Verfassungsschutz laufen noch mehr Nazis mit.

Sie merken, um was es hier geht: Um Späßle gegen die irrsinnige Willkür, die Corona-Religion und die staatliche Gewalt. Diese unwissenschaftliche, absichtlich unwissenschaftliche Handlungsweise des Bundeskanzleramtes ist der Kern des Problems. Es ist kein Totschlag der Gesellschaft, weil man zufällig auf den roten Knopf beim AKW Neckarwestheim geraten ist, nein, es ist Mord an der Gesellschaft, geplanter und eiskalt durchgeführter Mord mit niederen Beweggründen: Der Imperativ des Lebens zählt und die Freiheit wird erdrosselt, es gibt keine Würde des Menschen mehr, die Grundrechte sind in Quarantäne.

Genau das macht dieses Virus zum größten Sozialexperiement in der Geschichte der Menschheit, da es ja simultan in fast allen Ländern, jedenfalls ein paar Dutzend ‚westlichen‘ Ländern gleichzeitig passiert – wenn Sie sich mal die Karte anschauen, merken Sie, dass es de facto nur 38 Länder gibt, die mehr als 10.000 Tote „an“ oder nur „mit“ Corona haben, wovon einige sogar prozental extrem wenige Tote haben wie Indien, Bangladesch, Pakistan, Philippinen oder Ägypten. Einfach auch mal beim Wort Pandemie oder Epidemie laut lachen – wenn in vielen Landkreisen seit Wochen nicht ein Mensch gestorben ist – das soll eine Seuche sein, ein Zustand, der es rechtfertigt, alles, wirklich alles, was Spaß macht oder zum bürgerlichen Leben gehört, zu zerstören?

Da vieles andere nicht legal wäre – und wir sind ja zuallererst die Gesetzestreuen, klaro -, lachen wir einfach, dafür aber umso lauter und herzhafter. Lachen wir über die Panikindustrie und das ZDF, das offenbar meint (wie ich heute erst sah), ein cineastisches Recht zu haben, „Und dann kam Polly“ (2004) zu zeigen, dabei zeigt doch die entscheidende Szene in diesem Film, dass Ben Stiller entgegen dem ZDF Humor hat und nicht Jan Böhmermann heißt, und als Risiko-Versicherungsdepp vor den Augen seiner Geliebten Jennifer Aniston Erdnüsse auf dem glitschig-bakteriell-und-viren-schmierinfektionsmäig-schleimigen Asphalt von New York City reibt und dann isst. Mehr Anti-Corona-Späßle avant la lettre gab es selten.

Wir wissen von Florida oder Schweden sowie der Forschung, dass Masken und Lockdowns nichts bewirken, New York hat viel höhere Todeszahlen als Florida, Frankreich, UK, Spanien, Italien, Belgien, Polen, Tschechien etc. höhere als Schweden. Schweden hatte nie eine Maskenpflicht und alle Läden und Restaurants waren jederzeit offen.

Man kann also nur lachen – wäre es nicht so unsagbar traurig und brutal – über diese Politiker*innen und die Medien und über die meisten Menschen. Nehmen wir jene Menschen, die zwei Masken tragen und sich bei jedem Gang in ein Gebäude die Hände desinfizieren. Oder jene Amerikaner, die laut Bill Maher Obst und Gemüse mit Desinfektionsspray einsprühen, bevor sie es verzehren.

Corona ist einfach nur ein Virus (SARS-CoV-2), mit dem wir leben lernen müssen, wo ist das Problem? Das wirkliche Problem, das bekämpft gehört, ist nicht so ein Virus, sondern die Corona-Politik. Wer wirklich nach bald eineinhalb Jahren ein solches respiratorisches Virus mit tödlichen Krankheiten wie Polio oder Cholera vergleicht, leidet unter einem massiven Dachschaden. Wer den Unterschied zwischen einem extrem krassen durchschnittlichen Todesalter von 28 wie 1918 bei der Spanischen Grippe (bei 50 bis 100 Millionen Toten und einer Weltbevölkerung von 1,5 Milliarden, das macht zwischen 3,3% und 6,6% der gesamten Weltbevölkerung) und 82 Jahren wie bei Corona (bei 7,8 Milliarden Menschen und 3 Millionen Toten, das sind 0,038 Prozent der Weltbevölkerung, also ist Corona zwischen 86 und 173 Mal harmloser als die Spanische Grippe) nicht kennt, verbrachte das letzte Jahr vor dem Fernseher und schaute nur die ARD oder das ZDF.

Man kann nur hoffen, dass die Schulkinder noch die Kraft aufbringen, ihre Lehrer*innen auszulachen, dass die ernsthaft glauben, es wäre schlimm, wenn ein Schulkind Corona bekäme – es wäre extrem wichtig gewesen, dass sich so gut wie alle Kinder mit Corona anstecken. Das hätte viele Tausend Tote verhindert – es hätte sich sehr viel schneller eine Herdenimmunität aufgebaut, die jetzt auf kapitalistische Weise mit teurem Impfstoff hergestellt werden soll und das mit Zwang.

Die ca. 12 Millionen Schüler*innen sollten lachen über die Angsthasen von Lehrer*innen. Diese Schüler*innen könnten sich – gäbe es noch kritische Schüler*innen sagen wir ab dem Alter von 15 wenigstens,  T-Shirts bemalen mit Sprüchen wie

Immer locker bleiben, auch wenn ich huste oder niese – ich hab keine Grippe, das ist nur Corona!

Oder, auch beliebt in der Oberstufe oder dem Berufskolleg:

Untersterblichkeit von März und April stoppen – für Wacken im August 2021 !!

Sicher gibt es noch viel coolere Sprüche zum herzhaften Lachen. Lasst der Fantasie freien Lauf. Anstatt nachts um eins die Sterne im Freien bestaunen, einfach mal dichten. Wir werden die nächsten Monate oder Jahre viel Zeit dafür haben. Es ist durchaus möglich, dass Restaurants und Geschäfte nie mehr öffnen, weil bei vielen Millionen Tests pro Woche kann eine 7-Tages-Inzidenz von 100 – die jetzt in §28b des Infektionsschutzgesetzes geschrieben wird – womöglich allein aufgrund der falsch-positiven Tests locker erreicht werden. Dabei ist jeder Test illegal und menschenverachtend, der nicht auf einer klinischen Diagnose beruht. Und fast alle Menschen, die positiv auf dieses Virus getestet werden, werden nicht krank, sind ergo weder infiziert noch infektiös.

Du siehst gut aus – Aber wie geht es dir wirklich? Keine Ahnung, lass uns mal nen PCR- oder Schnelltest machen, dann wissen wir Bescheid!

Ein Regime, das von seinen Untertanen ausgelacht wird, weil kein selbst denkender Mensch Angst vor einem Virus hat, das jeden zwar sekündlich treffen kann, aber die Wahrscheinlichkeit doch extrem gering ist. Vielleicht noch deutlich geringer als die Trefferquote, mit der Klabauterbach an einem x-beliebigen Abend mit Bestimmtheit sagen kann, welche Farbe sein Auto am nächsten Morgen haben wird…

 

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