Boris Palmer und der Wohlfühl-Antisemitismus

Grüne, Felicia Langer und das Tübingen-Syndrom oder:

Wir mögen Juden – aber nur, wenn sie gegen Israel sind

Dr. Clemens Heni, Post-Doctoral Researcher an der Yale Initiative for the Interdisciplinary Study of Antisemitism (YIISA), YALE University, USA

Felicia Langer wurde kürzlich das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen und würdevoll überreicht. Frau Langer ist seit Jahren berüchtigt für ihre anti-israelischen Texte, sie hat auch den iranischen Präsidenten Ahmadinejad für seinen Hass auf Israel und den Westen gelobt.  Langers Wort von der „Antisemitismuskeule“, welches sie für ihre Kritiker benutzt, ist beachtlich und kaschiert ihren eigenen Antizionismus, der von jedem Antisemitismus gereinigt werden möchte. Wer wie Langer das Rückkehrrecht von palästinensischen Flüchtlingen nach Israel befürwortet, der will den jüdischen Staat Israel bewusst zerstören. Das ist antisemitisch. Am 13. Juli 2005 hielt Langer im Tübinger Schlatterhaus einen Vortrag über den Nahen Osten, wo sie u.a. jüdische Siedler als „faschistische Extremisten“ bezeichnete und infam suggerierte, die „Mauer“ zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten würde ein „Ghetto“ herstellen – dabei spielt sie mit dem Vergleich zu Nazi-Deutschland. Nach der Definition der EUMC ist ein Vergleich Israels mit den Nazis antisemitisch. Frau Langer symbolisiert nachdrücklich die politische Kultur des neuen Antisemitismus. In der Wissenschaft wird seit einiger Zeit der neue Antisemitismus zumeist als Antizionismus und Israelfeindschaft analysiert. Schon 1974 gab es in USA einen Band über den „New Anti-Semitism“, der sowohl christlichen, linken, rechtsextremen, als auch arabischen/islamischen Antisemitismus untersuchte. Seit den Massenmorden im World Trade Center am 11. September 2001, sowie der zweiten Intifada, welche im Herbst 2000 begonnen hatte, ist der neue Antisemitismus eine der größten Gefahren für den Weltfrieden, Israel und die Juden. Das Atomprogramm des Iran, kombiniert mit den wiederholten Vernichtungsdrohungen gegen den jüdischen Staat, namentlich von Ahmadinejad, ist schockierend. Frau Langer jedoch unterstützt den Antisemitismus von Ahmadinejad. Der iranische Präsident hat in seiner Rede vor der UN in Genf im April 2009 gesagt, Israel sei ein „rassistischer Staat“, einen „jüdischen Staat“ könne es gar nicht geben, und Israel habe das Gedenken an den Holocaust nur benutzt, um selbst Verbrechen an den Palästinensern zu verüben.

Was würde beispielsweise passieren, wenn Wigbert Grabert vom Tübinger OB Boris Palmer vorgeschlagen würde für ein Bundesverdienstkreuz? Grabert ist der Sohn von Herbert Grabert, einem Nazi und Holocaustleugner und bis zu seinem Tod eine der führenden Figuren im bundesdeutschen Neonazismus. Grabert junior, der bis heute in Tübingen sein Unwesen treibt (Grabert Verlag), publizierte u.a. im Umfeld der „Antizionistischen Aktion“, einer rechtsextremen Gruppe in den 1980er/90er Jahren, die ein ähnliches Programm hatte wie Felicia Langer und ihre Freunde heute. Israel sei böse und schuld an allen Konflikten im Nahen Osten, die Palästinenser seien Opfer bösen westlichen Imperialismus‘, Zionismus sei ein Verbrechen.

Würde Palmer einen Rechtsextremen wie Grabert ehren? Es wäre nur logisch, denn auch für Grabert ist Israel ein Übel und ein jüdischer Staat unerträglich. Boris Palmer jedoch steht in einer Kontinuität eines grünen Antisemitismus seit Anbeginn der Partei Die Grünen im Jahr 1979. Damals waren ehemalige Nazi-Sympathisanten, SA-Leute oder Ex-NSDAPler wie Baldur Springmann sowie Werner Vogel, oder führende Personen der rechtsextremen Neuen Rechten wie Henning Eichberg aktiv am Aufbau der Partei Die Grünen beteiligt. Später kritzelten Grüne Politiker bei einem Besuch in Israel in ein Gästebuch „Nie wieder Faschismus“, der langjährige Bundestagsabgeordnete aus Berlin Hans-Christian Ströbele hat die irakischen Luftangriffe 1991 auf Israel als „logische“ Folge der Politik Israel gerechtfertigt und den Tod und die Angst von Juden vor einem weiteren Gastod schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Heute nun fantasiert die einflussreiche Grünen Politikerin Renate Künast, dass die deutsche NGO „Stop the Bomb“ vom „Mossad“ finanziert sei. Dem liegt nicht nur eine antisemitische Verschwörungstheorie zu Grunde, was skandalös genug ist. Es ist auch ein Zeichen, dass sich ganz normale Deutsche nicht vorstellen können, dass nicht-Juden gegen Antisemitismus und Antizionismus sind.

Wer Tübingen etwas kennt – wie der Verfasser als ehemaliger Student der Kleinstadt in den Jahren 1991 bis 1996 – weiß, wie tief verankert eine anti-israelische Kultur ist. Wer die Boykottaufrufe gegen Israel von Tübinger Gruppen wie dem AK Palästina kennt, wer die Politik des „Friedensplenums“, der evangelischen Kirche oder anderer sog. antirassistischer, internationalistischer Politgruppen kennt, weiß, dass ein Boris Palmer Ausdruck einer politischen Kultur des grün-alternativen Wohlfühlens ist. Eines Wohlfühlens und Grün-Wählens, welches das Gutmenschentum stärkt, Solartechnik auf dem Dach hat, den Müll sogar sonntags trennt, welches Flüchtlinge unterstützt, solange sie das Gefühl „gegen den Imperialismus“ und die „westliche Dominanz“ und „westliche Werte“ stärken, und natürlich ein Wohlfühlen, welches immer und überall für Frieden ist, nachdem 1945 der von Deutschen begonnene Krieg verloren ging. Nur der Krieg des politischen Islam gegen den Westen, Amerika, Israel und die Juden, dieser Krieg wird klammheimlich unterstützt, wenn Felicia Langer für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen wird, nicht obwohl, sondern weil sie gegen Israel Propaganda macht seit vielen Jahren. Das Schicksal der Palästinenser im Gazastreifen unter der Regierung und Tyrannei der islamofaschistischen Hamas ist ihr völlig egal.

Die beste Entlastung für die deutschen Verbrechen ist noch immer und zunehmend, Juden Antisemitismus (wie heißt es heute so schön: „Israelkritik“) artikulieren zu lassen. Für diese Drecksarbeit ist sogar Grünen, der CDU-Landesregierung unter Oettinger, und auch dem Bundespräsidenten Horst Köhler (auch ein Schwabe) eine Jüdin Recht.

Das ist noch nicht alles. Boris Palmer hat Henryk M. Broder e-mails geschrieben, welche auf dem Internetportal achgut publiziert wurden. Dabei rechtfertigt Palmer Langer vorgeschlagen bzw. unterstützt zu haben und wirft Broder hingegen eine „Vorstufe zu totalitären Denkmustern“ vor. Palmer imaginiert sich und alle ‚Friedensfreunde‘ als Opfer eines bösen Juden wie Broder. Langer ist eine gute Jüdin, da sie ja gegen Israel ist. Boris Palmer jedoch hat das sich-zum-Opfer-Stilisieren von seinem Vater gelernt, dem Pomologen und Populisten Helmut Palmer; in einem Interview der beiden Palmers gesteht Boris, „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Palmer senior hatte sich vor Jahren einmal, als er eine kurze Gefängnisstrafe absitzen musste, mit Häftlingskleidung gezeigt, inclusive Judenstern. Palmer zeigte sich mit Plakaten welche vom „Späthen Holocaust“ daher reden. Der arme Helmut Palmer imaginierte sich dabei zum Juden in der Bundesrepublik, was dazu passt, wenn man weiß dass er auch Polizisten gern mal mit „Heil Hitler“ begrüßte, um sich wiederum zum Opfer des Rechtsstaates BRD zu imaginieren. Diese Form des sekundären Antisemitismus wäre es wert, von Sohnemann Boris mal analysiert zu werden.

Boris Palmer selbst jedoch ist Ausdruck einer neu-deutschen Unbefangenheit und Unverschämtheit Antisemitismus mit gutem Gewissen zu formulieren. Wenn ein Nazi gegen Israel hetzt ist das „pfui-bäbä“ (schwäbisch für „pfui Teufel“). Wenn ein Islamist oder eine antisemitische Jüdin gegen Israel hetzen, ist das prima. Es ist kein Zufall dass Palmer sowohl von der Baden-Württembergischen Landesregierung Oettinger als auch dem Bundespräsidenten Unterstützung bekommen hat. Deutschland braucht eine Entlastung und Entschuldung für seine Verbrechen. Besser als mit der Ehrung einer Jüdin, die gegen Israel Hetze betreibt, geht das nicht.