Über den Umgang mit Muslim-Markt  2002 bzw. 2010

Im Frühjahr 2002 protestierte eine „Initiative gegen Antizionismus und Antisemitismus“ (Berlin/Bremen/Esslingen/Hamburg/Tübingen) unter anderem gegen Internet-Links zu der Seite „www.muslim-markt.de“, welche auf der Homepage einer großen, staatlich geförderten Ausstellung über „ex-oriente“ in Aachen zu finden waren. Es ging bei dieser Ausstellung vorgeblich um die mittelalterliche Reise eines deutschen Kaisers in den Nahen Osten.

Muslim-Markt ist eine führende, einschlägig bekannte, pro-iranische, islamistische Internetseite in Deutschland. Seit Jahren ist sie Vorbild für die Aktivisten der Boykott-Kampagne gegen Israel in Deutschland (oder auch der Schweiz und Österreich), welche heute international unter dem Label BDS („Boycott, Divestment, Sanctions“) ähnlich wie die Deutschen im Nationalsozialismus antisemitisch agieren und auch in Berlin ihr Unwesen treiben.

Auf diese Analogie von Nazi-Boykott gegen die deutschen Juden, der wenige Jahre später zum Holocaust führte, und heutiger antizionistischer/antisemitischer Boykotte gegen den jüdischen Staat Israel hat am 15. November 2010 der israelische Historiker und Antisemitismusforscher Prof. Robert Wistrich, Leiter des Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA) an der Hebräischen Universität Jerusalem in einem Video-Interview nachdrücklich hingewiesen. Es beginnt mit einem Boykott, entwickelt eine Eigendynamik und wird immer gefährlicher, so Wistrich.

Einer der Betreiber von Muslim-Markt verlor vor einigen Jahren seinen Job an der Universität Bremen wegen seiner islamistischen Aktivitäten und der direkten Verlinkung zur Hezbollah. Der Verfassungsschutz hat häufig über die Betreiber von Muslim-Markt und ihre vielfältigen Aktivitäten berichtet.[i]

Federführender Organisator der Aachener Ausstellung mit ihren Links zu Muslim-Markt im Jahr 2002 war der Rechtsextremismusforscher Prof. Wolfgang Dreßen von der Fachhochschule Düsseldorf.

Nach Kritik an der staatlich unterstützten Ausstellung und ihren Links u.a. zu Muslim-Markt wurde reagiert. In einem Brief des Düsseldorfer „Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes Nordrhein Westfalen“ (NRW) hieß es:

„Wir haben die Organisatoren (von Ex-oriente, d.V.) mit heutigem Fax gebeten, unverzüglich missverständliche, antisemitische oder gar volksverhetzende Hinweise, insbesondere die von Ihnen genannten Links aus der Homepage zur Ausstellung zu entfernen. Im übrigen haben wir auch Herrn Prof. Dreßen gebeten, zu den von Ihnen erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen“ (28.03.2002).

Der Link zum antisemitischen Muslim-Markt war also weg.

Doch was ist seitdem geschehen? Vor einigen Jahren gab Andreas Molau dem Muslim-Markt ein Interview und indizierte damit die Nähe der extremen Rechten zu den Islamisten, wie die FAZ 2007 analysierte.[ii] Heute geben staatlich bezahlte Historiker und Antisemitismusforscher wie der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) an der Technischen Universität Berlin Prof. Wolfgang Benz dem Muslim-Markt ein Interview (so geschehen am 1. November 2010). Dabei ist die anti-israelische Hetze des Muslim-Markt die gleiche wie schon im Jahr 2002. Mit Molau, Hermann Dierkes, Felicia Langer und Menno Aden, die alle auch zu den ausgewählten Interviewpartnern des Muslim-Markt gehören, ist Benz in außerordentlich illustrer Gesellschaft.

2002 protestierte ein Ministerium (jedenfalls ein klein wenig) gegen Antisemitismus und Islamismus und das Verlinken von Seiten wie Muslim-Markt.de – 2010 klatschen Antisemiten, Israelfeinde, Verharmloser oder Fans des Islamic Jihad wie selbsternannte Linke Beifall, Wissenschaftlerkolleginnen und -kollegen schweigen oder stimmen ebenso zu. So ändern sich die Zeiten. Oder nicht?

Die Wissenschaftlervereinigung „Scholars for Peace in the Middle East“ (SPME) mit ihren Sektionen Österreich bzw. Deutschland protestiert gegen das Interview von Muslim-Markt mit Benz, ebenso kommt Kritik von einigen Wissenschaftlern und Autoren.

Die Tatsache dass ein Leiter eines Zentrums für Antisemitismusforschung mit Islamisten kooperiert zeigt Folgendes: Israelhass ist 2010 noch salonfähiger als er es schon 2002 war.

Das Beispiel Muslim-Markt und der Umgang mit dieser Seite belegen das. Und auch NRW hat heutzutage keinerlei Probleme mit Freunden des islamistischen Muslim-Markt: so wird Wolfgang Benz mit Alfred Grosser am 7. Dezember 2010 in Berlin in der Landesvertretung von NRW eine Buchvorstellung bestreiten.

Grosser sprach am 9. November 2010 in Frankfurt am Main in der Paulskirche lieber von Israel und Juden als Täter als von Juden als Opfer der Deutschen und des Antisemitismus.

Damit generiert Grosser eine typische Form des sekundären Antisemitismus und bedient die beliebte Schuldprojektion. Israel zu ‚kritisieren‘, zumal an einem Tag wie dem 9. November, dem Jahrestag der Pogromnacht von 1938, was ist das für eine Leistung! Standing Ovations am Main.

Dies hat Wolfgang Benz offenbar so gut gefallen, dass er umgehend mit Grosser eine Buchvorstellung macht und Grosser den Hauptvortrag halten darf. Als ob Grosser sich nicht längst für alle Zeiten als Redner gegen Antisemitismus diskreditiert hätte. Seit wann wird ein Bock als Gärtner eingestellt?

Was jedoch soll man anderes erwarten von einem Leiter des ZfA, der Antisemitismus und Islamkritik auf eine Stufe stellt wie jüngst wieder in einem Zeit-Interview?

Die Islamisten bedrohen die westliche Welt und machen die Welt für selber denkende Musliminnen (und manche Muslime) zur Hölle auf Erden, schon heute und schon sehr lange.

Islamkritik und Anti-Islamismus haben einen rationalen Grund.

Antisemitismus ist irrational und genozidal.

Das konkrete Verhalten von Islamisten führt zu Islamkritik.

Das konkrete Verhalten von Juden war und ist völlig irrelevant für die Entwicklung des Antisemitismus.

Ist das so schwer zu begreifen?


[i] „Frieden im Herzen – Ein Herz voller Frieden. So lautet der Titel eines Referats, das Yavuz Özoguz am Pfingstsonntag um 11.30 Uhr in der Hamburger Imam-Ali-Moschee halten will. Das Gotteshaus liegt an einem der schönsten Plätze Hamburgs direkt an der Alster. Die Straße heißt nicht umsonst Schöne Aussicht. Özoguz ist gemeinsam mit seinem Bruder Gürhan Leiter des Vereins ‚Islamischer Weg‘, der seinen Sitz in der Provinz hat: in Delmenhorst bei Bremen. Die Schwester der beiden ist Aydan Özoguz. Sie ist verheiratet mit dem Hamburger SPD-Fraktionschef Michael Neumann und sitzt selber für die SPD im Bundestag. Aydan Özoguz ist eine Bilderbuch-Sozialdemokratin und ein gern zitiertes Beispiel für gelungene Integration. Von ihren Brüdern würde das niemand behaupten. Deren Verein der ‚Islamische Weg‘ wird seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet. Vor einigen Jahren musste Yavuz Özoguz aus den Diensten der Universität Bremen ausscheiden, da man von der Homepage seines Vereins direkt zum Internetauftritt der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah gelangte, die für zahlreiche Anschläge auf israelische Soldaten verantwortlich ist. Sie steht dem Regime in Teheran nahe. Sehr nahe“ (Islamisten mit Alsterblick, Hamburger Abendblatt, 14. Mai 2010, http://www.abendblatt.de/hamburg/article1495294/Islamisten-mit-Alsterblick.html (23.11.2010).

[ii] „Andreas Molau, stellvertretender Chefredakteur des NPD-Organs ‚Deutsche Stimme‘, hatte als deutschen Beitrag des iranischen Karikaturen-Wettbewerbs zu Holocaust und Nahost-Konflikt eine Zeichnung seiner Zeitung eingereicht, die das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas zum israelischen Raketensilo umdeutet. Molau war auch schon Gesprächspartner des fundamentalistischen Internetportals ‚Muslim-Markt‘, wo er seinen Respekt vor dem Islam als einer ‚gewachsenen Kultur‘ bekundete. Nach der deutschen Vergangenheit gefragt, antwortete er: ‚Die Kollektivscham über angebliche oder tatsächliche Untaten haben wir in Deutschland zur Religion gemacht.‘ Das passt zur iranischen Staatspropaganda: Während man die Achtung des religiösen Mythos als Faktum einfordert, wird das historische Faktum als Mythos diskreditiert“ (Islamisten und die NPD. Etwas mehr Kopftuch auch für deutsche Mädel, http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E7C1BAC908B384ADE9D9D5985FA1B8F65~ATpl~Ecommon~Scontent.html (20.11.2010).