Clemens Heni

Wissenschaft und Publizistik als Kritik

NEU Vorankündigung: Pandemic Turn – Antisemitismusforschung und Corona

Im April 2023 erscheint:

Clemens Heni

Pandemic Turn

Antisemitismusforschung und Corona

ISBN 978-3-946193-39-5 | 17 x 24 cm | Hardcover mit Schutzumschlag | Lesebändchen | xxxvi + 638 Seiten | 38€ | 202 Abbildungen |

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Studien zum Antisemitismus, Band 8 |

Leseprobe Heni Pandemic Turn 2023

Ich liebte Karstadt – Die irrationale und fanatische deutsche Corona- und Ukrainepolitik zerstört die Innenstädte vollends

Von Dr. phil. Clemens Heni, 13. März 2023

Die menschenfeindliche, irrationale, demokratiefeindliche und aktuell zutiefst rassistische, blutige, gegen Diplomatie gereichtete, ja geradezu Rache für Stalingrad herbeischreiende, kriegsgeile Politik der deutschen Bundesregierung und ihrer staatsfetischistischen Medien führt zum Ende der Innenstädte, wie wir sie kannten. Karstadt ist fast völlig am Ende. Nahezu jede zweite Filiale wurde durch die Politik der deutschen Bundesregierung und dem kapitalistischen Prinzip an und für sich zerstört. Das Nicht-Einkaufen-Können während Corona und die extrem gestiegenen Energiepreise seit dem deutschen Wirtschaftskrieg gegen Russland gaben dem ohnehin dem kapitalistischen Diktat von Oligarchen unterworfenen Warenhausriesen den Rest.

Karstadt, das war die BRD. Das war das Leben bis 1989.

Dabei war das Prinzip des Warenhauses fortschrittlich. Es war die Idee, unter einem großen Dach alle wichtigen Waren des Alltags kaufen zu können, Hosen, Schuhe, Knöpfe, Teller, Osterhasen aus Schokolade, Schnürsenkel, Parfüm, Jeans, Unterwäsche, Mäntel und Jacken, Schreibwaren, Glückwunschkarten, Spielzeug, Sportgeräte, Zelte – und in jedem Karstadt gab es oben ein super Restaurant.

Der Blick von der Galeria Kaufhof in Stuttgart in der Eberhardstraße ist genial. Ähnlich dem Weitblick in die rheinische Tiefebene und hin zum Neckar von der Galeria Karstadt am Bismarckplatz in Heidelberg.

Als ich wenige Tage nach dem 11. September 2001 meine alten Genossinnen und Genossen, die zu Tausenden auf einer Demonstration ihre Schadenfreude hinausbrüllten und ihre Bin Laden Cocktails schlürften, mit gelben Flugzetteln zur Kritik des islamistischen Terrorismus überschüttete, flüchtete ich danach vor diesen antisemitischen und antiamerikanischen, pro-jihadistischen Autonomen – natürlich in den Karstadt in Bremen und genoss dort die kulinarischen Köstlichkeiten.

Als ‘wir’ Autonomen Jahre zuvor, ca. 1993 auf einer Antifa-Demo den Weihnachtsmarkt in Essen auflockerten, war der Karstadt auch ein Schutzraum.

Meine ersten Waren kaufte ich im Karstadt in Esslingen am Neckar (im gleichen Gebäude, damals noch “Hertie”), nehmen wir Zelte, Campingkocher, Badetücher, Jogginghose – das war in den 1980er Jahren.

Galeria Kaufhof, die ja vor Jahren mit Karstadt fusionierten (Monopolkapitalismus, die letzte Stufe vor dem Ende), waren das Symbol für Urbanität. Jenseits des Miefs kleiner Läden, die nicht nur um 1900 Leute nach dem Äußeren aussonderten und schief anschauten, waren Kaufhäuser kosmopolitisch, das Warenangebot riesig und es war anonym. Da war keine Einlasskontrolle, es war das kapitalistische Warenparadies, natürlich nur für jene, die Geld haben, klar. Aber man konnte auch – im Gegensatz zu den spießigen, noch viel teureren kleinen Modeboutiquen oder Kitschläden – einfach stundenlang durch die Gänge schlendern, Rolltreppe fahren, Aufzug fahren, Sachen anprobieren, an- und wieder ausziehen, sich einen Spaß machen oder natürlich als Teenager auch mal Sachen kaufen, für die man dann gar nichts bezahlen musste.

Die Karstadt-Filialen in Essen, Bremen, Regensburg am Neupfarrplatz, in Esslingen, in Reutlingen, in Stuttgart in der Eberhardstraße und Dutzende weitere schließen jetzt in wenigen Monaten. Hier ist die Liste jener Galeria Karstadt Kaufhof Filialen, die geschlossen werden – die man als Oligarchen-Kapitalismus-Liste sowie Coronapolitik- und Ukraine-Solidaritätsliste bezeichnen kann.

 

Massenproteste in Israel für Demokratie und Zionismus – Der größte inoffizielle Unterstützer der antisemitischen BDS-Bewegung heißt Benjamin Netanyahu

Von Dr. phil. Clemens Heni, 11. März 2023

Noch nie gab es in der Geschichte Israels an zehn aufeinanderfolgenden Wochen jedes Wochenende und dazu unter der Woche Demonstrationen mit über 100.000 bis zu 500.000 Teilnehmer*innen im ganzen Land, vorneweg über 100.000 jeweils in Tel Aviv.

Heute am Samstag, den 11. März 2023 sind es am Abend gegen 21 Uhr Ortszeit 250.000 Demonstrant*innen allein in Tel Aviv!!

Es herrscht Revolutionsstimmung. Das Militär, die Polizei, die Unternehmer, die Student*innen, die NGO-Szene, die Kneipenwirte – alle sind sie dabei, Linke, Rechte, Liberale.

In ganz Israel sind heute laut den Organisatoren 500.000 Menschen auf den Demonstrationen gegen die Regierung Netanyahu und die geplante “Justizreform”. Man muss sich die Dimension vorstellen: Tel Aviv, die erste hebräische Stadt, die Bauhaus-Stadt, in der am 14. Mai 1948 von David Ben-Gurion die Unabhängigkeit des jüdischen und demokratischen Staates Israel verkündet wurde, hat heute knapp 450.000 Einwohner*innen. Israel hat ca. neun Millionen.

Heute wurde der entlassene und jetzt wieder eingesetzte Polizeichef von Tel Aviv beklatscht und bejubelt auf der Demonstration.

Man muss sich das alles vorstellen, weil es so phänomenal ist. Endlich gibt es Proteste, die über das typisch linke Milieu hinausgehen!!

Hier demonstriert die Mitte der Gesellschaft. Hier demonstrieren Israelis, die für ihr Land kämpfen, für den Zionismus, für die Demokratie. Sie haben es geschafft, die israelische Fahne als das Symbol des Widerstands zu etablieren – bislang waren Demonstrationen mit der Israelfahne eher mit den Rechten oder Siedlern assoziiert.

Viele verkleiden sich als oberster Richter*innen, denen kein Gehör mehr geschenkt wird. 37 von 40 Reservisten einer Elite-Einheit der israelischen Luftwaffe hatten sich am Mittwoch geweigert, eine Übung abzuhalten. Sie erschienen zwar zum Dienst, aber diskutierten über die geplante Justizreform, die einer Zerstörung der Gewaltenteilung gleich käme, da die Knesset mit einfacher Mehrheit jedes Urteil des Obersten Gerichthofs überstimmen könnte. Das könnte das Ändern von Wahlkreisen, die Zulassung oder Nicht-Zulassung zur Wahl (wie von arabischen Parteien, von Linken etc.), Urteile über illegale Siedlungen und vieles mehr bedeuten.

Dabei war der oberste Gerichtshof bislang gar nicht sonderlich links – er hat die völkerrechtlich nicht haltbaren Siedlungen in der Westbank nicht verurteilt, sondern nur besonders eklatant illegale Außenposten. Darauf weisen Texte wie in Haaretz diese Woche hin.

Es geht vor allem um den Kampf der säkularen Mehrheit des Landes gegen die Religiösen, die in einer klaren Minderheit, aber jetzt an der Macht sind. Die Pointe: die Rechtsextremen und Religiösen wie die Mitglieder, Minister oder Knessetabgeordneten der Shas-Partei oder der Partei United Torah Judaism dienen gar nicht in der Armee. Sie tun nichts zur Verteidigung Israels gegen den Iran, gegen palästinensische Terrorist*innen oder andere Gefahren. Der Volksverhetzer, Rassist, Sexist und homophobe, vorbestrafte Schläger Ben-Gvir wurde gar nicht erst zur israelischen Armee zugelassen!

Es gab Demonstrationen von Marinesoldaten im Hafen von Haifa.

Am Frauenkampftag 8. März demonstrierten Frauen in Tel Aviv, angezogen als Richterinnen:

Red was chosen as the theme color of the “Women’s Chain for Democracy” after groups of crimson-robed “handmaids” – inspired by the Margaret Atwood novel and Hulu series “The Handmaid’s Tale” – have become staples of the weekly mass demonstrations across the country.

. Sie sehen die Gefahr dass die extrem patriarchal-religiös-rechtsextremen Männer unter Netanyahu zum Beispiel die von vielen Religiösen gefordete Separierung von Frauen und Männern in öffentlichen Bussen wie in Stadtteilen von Jerusalem und anderen Städten einführen könnten – vorne die Männer, hinten die Frauen. Eine Apartheid gegen die Frauen, wie man sie in Saudi-Arabien verorten würde.

 

Letzten Samstag demonstrierten in Tel Aviv Zehntausende gegen “Bibistan” und forderten wie heute auf, “zu revoltieren”.

Andere demonstrierten gegen das neu-rechte Think Tank “Kohelet Policy Forum”, das ja federführend für die Ausarbeitung der geplanten Justizzerstörung verantwortlich ist.

Es wird damit gerechnet, dass eine Vielzahl von Reservisten, gerade in Eliteeinheiten, die für Einsätze gegen Terrorgruppen in Syrien oder dem Libanon etc. verantwortlich sind, nicht für Netanyahu in den Krieg ziehen werden. Ein unglaublicher Vorgang – für den niemand anderes als Netanyahu verantwortlich ist.

Am Donnerstag musste der israelische Regierungschef mit dem Helikopter zum Flughafen Ben-Gurion geflogen werden – weil die Zufahrtsstraßen von Protestierenden völlig blockiert waren. Der amerikanische Verteidigungsminister Austin konnte am Donnerstag nicht nach Tel Aviv oder Jerusalem, sondern musste sich provisorisch in Gebäuden neben dem Flughafen mit Netanyahu treffen. In Israel wird Ben-Gvir von Oppositionschef Yair Lapid als “TikTok-Clown” lächerlich gemacht, Netanyahu wird als Chef einer “Bananenrepublik” bezeichnet, der gegen das eigene Volk mit dem Hubschrauber zum Flughafen geflogen werden muss.

 

Es geht um den Kern des Zionismus: gleiche Rechte für alle und ein demokratischer und jüdischer Staat für die Juden UND alle anderen Bewohner*innen des Staates Israel. Es geht um Säkularismus versus religiösem Fanatismus.

Täglich verliert das Land zig Millionen Schekel von Firmen, die sich aus Israel zurückziehen und ihr Geld in den USA, Europa oder anderswo investieren.

Die High-Tech Branche ist erstmals in höchster Alarmstimmung und zentraler Teil der mittelständischen Proteste gegen die geplante Justizreform, die einer Zerstörung der Gewaltenteilung gleich käme, da Urteile des Obersten Gerichtshofs mit einfacher Mehrheit von 61 Stimmen in der Knesset von der Regierung oder einer anderen Mehrheit überstimmt werden könnten. Dazu soll die Regierung auch fünf von neun Sitzen in dem Gremium erhalten, das neue Richter im ganzen Land bestimmt. Das alles ist seit Jahrzehnten geplant, da die Neue Rechte nach der totalen Macht strebt.

Netanyahu möchte aus Israel ein nahöstliches Ungarn machen und ein homophobes, frauenfeindliches, rassistisches Klima noch verschärfen.

Täglich gibt es neue Desinvestitionsansagen von Firmen. BDS war gestern – heute ist Netanyahu derjenige, der Israel isoliert und den Boykott des Staates voranbringt. Man muss sich nur anschauen, wie in England oder USA in jüdischen Gemeinden mit Fassungslosigkeit über die aktuelle Politik diskutiert wird. Aber in Deutschland? Ein bisschen deskriptives Beschreiben der Situation in der Jüdischen Allgemeinen und die angeblichen Pro-Israel Blogger kaprizieren sich wie immer auf Muslime und den Jihad. Israel ist ihnen schlichtweg egal!!

Und aus all diesen Gründen ist Benjamin Netanyahu die aktuell größte Gefahr für Israel – er zerstört das Land von innen heraus.

Benjamin Netanyahu möchte am 16. März 2023 nach Berlin reisen.

Am Donnerstag, vorgestern, sprach der israelische Präsident Herzog in ganz scharfen Worten gegen die “Justizreform” und sagte, die Regierung solle das Unterfangen sofort stoppen – sonst würde Israel auseinanderbrechen.

Letzteres ist ja das Ziel der Neuen Rechten, sie lieben den permanenten Ausnahmezustand. Darin ähneln sie der Hamas, die gestern wieder einen Terroranschlag in Tel Aviv verübte. Das sehen sehr viele Israelis exakt so. Sie sehen sich in einem zweiten Unabhängigkeitskrieg – dieses Mal nicht gegen die Araber, sondern gegen extremistische Juden der Regierung Netanyahu.

Nächsten Donnerstag also möchte Netanyahu nach Berlin fliegen, angenommen, er kommt überhaupt am Flughafen an und es gibt eine Crew, die ihn fliegen will – denn auch das gab es diese Woche, dass El Al Mitarbeiter*innen sich weigerten, Netanyahu nach Rom zu fliegen.

Ich habe Netanyahu im Mai 2015 in Jerusalem auf dem Global Forum for Combating Antisemitism in Jerusalem erlebt. Es war ein peinlicher Auftritt. Anfangs musste der ganze Saal sich erheben, Minuten bevor der König hereinkam. Eine Bekannte von mir aus Tel Aviv blieb sitzen. Die Arroganz dieses wegen Korruption angeklagten Mannes, der eigentlich viel für Israel geleistet hat, aber seit Jahren dabei ist, das Land zu zerstören, war schwer erträglich. Das hatte mit Zionismus und Sozialismus nichts mehr zu tun. Sicher sind auch die StartUp-Nation-Zionisten alles nur keine Sozialisten. Aber sie bekämpfen Minister wie Smotrich, der nach einem mörderischen Terrorangriff in der Westbank auf zwei Juden forderte, man sollte den Ort, wo es passierte, die Kleinstadt Huwara, “platt machen”. Wer einen solchen Typen als Minister hat, hat kein Recht, sich Demokrat zu nennen.

Und gestern bekam ich wieder mal einen Newsletter von so selbst ernannten Israelfreunden aus Deutschland, die sich primär um den Iran und den Islamismus kümmern, was natürlich wichtige Themen sind. Aber deren Schweigen zum aktuellen Rechtsextremismus in Israel, zur geplanten “Justizreform”, die auch alle amerikanischen Juden in Aufruhr versetzt – bis auf die extremen Rechten natürlich, wie AIPAC -, dieses Schweigen schadet Israel.

Wer wirklich das Gute möchte für Israel, muss jetzt protestieren. Die Times of Israel oder Haaretz tun das auch mit einer Intensität, die ihresgleichen sucht.

Der Deutsche Bundestag hat sich gegen die BDS-Bewegung ausgesprochen.

Also muss er sich auch gegen Netanyahu aussprechen, keiner hat mehr zur Destabilisierung und zum Desinvestment beigetragen wie er.

Nieder mit Netanyahu und der aktuellen Regierung.

Für ein jüdisches UND demokratisches Israel.

Für die Gleichheit aller Bürger*innen in Israel.

Für Minderheitenrechte.

Für Gewaltenteilung.

Für eine israelische Verfassung.

Es lebe der Zionismus.

Am Israel chai.

 

Update 12. März 2023:

Die Times of Israel berichtet jetzt auch von Verschwörungsmythen aus Netanyahus direktem Umfeld, dass die USA – wer sonst – hinter den Protesten stehen würden und Demonstrant*innen bezahlen würden. Soviel Realitätsverleugnung gepaart mit antisemitischen Verschwörungsmythen (Juden würden nicht von sich aus gegen die Politik demonstrieren, sondern seien gekauft!!) – passen zu einem korrupten Politiker wie Bibi und seinem rechtsxtremen und religiös-fanatischen Umfeld.

Preisfrage: Warum darf Deutschland der Ukraine Waffen liefern, China Russland aber nicht?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 06. März 2023

Wer die Antwort auf die Frage im Titel dieses Artikels kennt, könnte eine Kandidatin (m/w/d) für den nächsten Friedensnobelpreis werden.

Frieden schaffen ohne Waffen ist ja das Motto der Stunde. Möchte man meinen. Doch weit gefehlt!

Denn der Glatzkopf aus Berlin meint Waffen für die Ukraine würden Frieden schaffen. Waffen für Russland von China jedoch wären ein Fall für den Weltkrieg. Das sei verboten.

Frage: Darf man Waffen nur an Länder liefern, die Plätze, Fußballstadien, Briefmarken, Straßen und so weiter nach Antisemiten und Tätern im Holocaust benennen?

Wieso durften die NATO, die USA und der Westen von 2014 bis Ende 2021 Waffen im Wert von vielen Milliarden Dollar und Euro an die Ukraine schicken, China darf aber bis heute nicht einmal eine einzige Patrone an Russland schicken?

Was ist die Antwort?

Mit Prof. Hajo Funke, Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und dem Zionisten Naftali Bennett für eine Friedenslösung in der Ukraine

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Der Professor für Politikwissenschaft an der FU Berlin Hajo Funke, bei dem ich vor 20 Jahren einmal Doktorand war, bevor ich nach Österreich ging, hat in einem sehr interessanten Gespräch mit der Deutschen Welle klar gemacht, warum das “Manifest für Frieden” von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht so enorm bedeutsam ist. Funke ist sehr besorgt über die Situation in der Ukraine. Er möchte, dass das Blutvergießen endet. Am Ende, egal ob nach einem langen Blutvergießen oder früher, stehen in jedem Fall Verhandlungen. Er wendet sich gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands, so wie es das Manifest für Frieden, das ich auch unterschrieben habe, ebenso tut.

Es ist aber, so Funke, seit John F. Kennedy und der Kuba-Krise klar, dass eine Atommacht nicht besiegt werden KANN. Eine Demütigung würde einen Atomschlag provozieren. Das wollen offenbar Scholz, vor allem aber Baerbock, Victoria Nuland und Boris Johnson. Wer von der NATO nicht reden will, soll vom Ukraine-Konflikt schweigen. Ironischerweise, auch darauf weist Funke hin, ist das Pentagon skeptischer als Biden… weil Experten halt doch wissen, dass dieser Krieg von der Ukraine nicht gewonnen werden kann und das auch kein Ziel sein kann.

Screenshot, https://www.youtube.com/watch?v=l_mHnunVUeg

Freundinnen und Freunde der Ukraine wollen eine Eskalation nicht.

Also: Es muss sofort um Verhandlungen um eine Friedenslösung gehen.

Screenshot, https://www.youtube.com/watch?v=l_mHnunVUeg

Wie Funke sagt: Lasst unter UN-Aufsicht die vier Oblaste und die Krim in Volksabstimmungen entscheiden, ob sie zur Ukraine oder zu Russland gehören wollen – oder die kommunistische Weltrevolution anstreben, würde ich hinzufügen.

Stoppt den Kriegdiskurs in Deutschland!

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen.

Über 600.000 Menschen haben in wenigen Tagen die Resolution “Manifest für Frieden” unterschrieben.

Screenshot, https://aufstand-fuer-frieden.de/

Die Resolution “Manifest für Frieden” macht Furore wie kein anderer Vorgang seit dem Ende des Corona-Regimes. Die Medien und die Politik haben Panik – vor dem Frieden!!

Screenshot, https://www.change.org/p/manifest-f%C3%BCr-frieden

Wenn im Ukraine-Konflikt jemand “rechtsoffen” ist, dann der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland Melnyk. Er hat in München Blumen am Grab eines Antisemiten und Nazi-Kollaborateurs wie Stepan Bandera abgelegt und sich geweigert, sich vom Antisemitismus von Bandera zu distanzieren. Viel “rechtsoffener” für Nazi-Kollaborateure kann man kaum sein. Melnyk wurde für seinen Liebe zum Antisemiten Bandera von Selensyki zum stellvertretenden Außenminister der Ukraine in Kiew befördert und keineswegs abgestraft, nur weil er nicht mehr Botschafter in Deutschland ist. Seine Hetze sprudelt weiter ungehindert aus ihm.

Darauf weist Sahra Wagenknecht heute in ihrem Video hin:

Screenshot, https://www.youtube.com/watch?v=16QS-8YnSZg

Das betrifft auch eine Vielzahl von Bürgermeister*innen in der Ukraine, die Straßen und Plätze nach Antisemiten und weiteren Nazi-Kollaborateuren benennen und in den letzten Jahren benannten:

In meinem neuen Buch, das in wenigen Wochen erscheinen wird, heißt es:

Die jüdische Zeitung Forward hat eine umfangreiche Forschung des Journalisten Lev Golinkin[1] publiziert,[2] indem er das Gedenken an Antisemiten, Nazikollaborateure und Judenmörder weltweit dokumentiert. Die Ukraine hat ein besonders langes Kapitel. So heißt es über Stetsko:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/

„Ternopil — A bust of the genocidal Yaroslav Stetsko (1912–1986), who led Ukraine’s 1941 Nazi-collaborationist government which welcomed the Germans and declared allegiance to Hitler. A rabid antisemite, Stetsko had written[3] ‚I insist on the extermination of the Jews and the need to adapt German methods of exter­mi­nat­ing Jews in Ukraine.‘ Five days prior to the Nazi invasion, Stetsko assured[4] OUN-B leader Stepan Bandera: ‚We will organize a Ukrainian militia that will help us to remove the Jews.‘“

Stetsko schrieb: „Ich beharre auf der Vernichtung der Juden und wir müssen die deutschen Methoden der Ausrottung der Juden in der Ukraine übernehmen“.

Jeder einzelne Mensch in Deutschland, der Ukraine, den USA oder England etc. pp, der oder die sich unerbittlich hinter die Ukraine stellt, Panzer und am besten Kampfjets und Atomwaffen schicken möchte, stellt sich hinter diesen Antisemiten Stetsko, der zur “Vernichtung der Juden” aufrief im Zweiten Weltkrieg.

Jeder und jede einzelne unkritische Pro-Ukrainer (m/w/d) stellt sich hinter ein Land, das unzählige solche Denkmäler hat für Antisemiten und Verbrecher wie Stetsko. Und es gibt viele solcher Denkmäler, wie der jüdische Forward dokumentiert.

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/

Nach vielen dieser Massenmörder sind heute in der Ukraine Straßen und Plätze benannt, nicht nur nach Stepan Bandera, dem bekanntesten Nazi-Kollaborateur und Antisemiten, sondern auch nach Roman Shukhevych, ukrainischer Nationalist und Massenmörder bei der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA), Roman Rudiy, Mitglied der SS-Division Galizien, Yaroslav Stetsko, Kopf der ukrainischen Regierung, die mit der Wehrmacht und den Nazis zu­samm­en­ar­beit­ete. Im März 2021 wurde ein Fußballstadion in der Stadt Ternopil nach Roman Shukhevych benannt, was zu einem Protest des Simon Wiesenthal Centers bei der FIFA[5] und zu einem Aussetzen der städtepartnerschaftlichen Kooperation mit der polnischen Stadt Zamość führte.[6]

Die Ukraine ist ein vollkommen verkommenes Land, was die Nicht-Erinnerung des Holocaust betrifft. Das rechtfertigt natürlich keinen völkrerrechtswidrigen Angriffskrieg, so wenig die Tatsache, dass Saddam Hussein ein Antisemit und Israelfeind war, den massenmörderichen Irak-Krieg der Amerikaner und ihrer Freunde rechtfertigte (2003).

Wer die Ukraine unterstützen möchte und nicht die Zerstörung weiterer Teile des Landes in Kauf nehmen will, der oder die muss sich für Friedensverhandlungen einsetzen. Wer die Ukraine zurück in den Kreis der zivilisierten Ländern führen möchte, setzt sich erstens für einen sofortigen Waffenstillstand ein und nach einer Friedenslösung für einen Abbau all dieser Denkmäler, die nach Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benannt sind. Auch Straßen und Plätze, die nach Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren und Holocausttätern benannt sind, müssen umbenannt werden. Dabei sollten internationale Komitees der Ukraine helfen. Das stärkt eine Demokratie – Waffen, Privatisierung und Oligarchen zerstören sie.

Hilfe bei der Nicht-Benennung von Straßen und Plätzen nach alten Nazis, Antisemiten oder Wehrmachtssoldaten hätte auch Deutschland nach 1945 dringend nötig gehabt – und hat es bis heute nötig!!!

Es ist geradezu ironisch, dass sich die überhaupt nicht als Freundin des Zionismus oder Israels bekannte Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Sahra Wagenknecht im hebräischen Originalton auf Bennett bezieht, der am fünften Februar 2023 in einem langen Podcast mit einem israelischen Journalisten Tacheles redete. Bennett erläuterte darin wie hinlänglich bekannt – auch der zentrale online Fernsehsender Küppersbusch TV hat darüber berichtet -, dass Selenskyi und Putin sich auf einen Kompromiss geeinigt hatten:

Screenshot, https://www.youtube.com/watch?v=3G7lSnFDL1U

KEINE NATO-Mitgliedschaft der Ukraine.

RÜCKZUG Russlands auf die Linien vor dem 24. Februar 2022.

Das war den Kriegstreibern Boris Johnson und Joe Biden zu viel des Friedens. Sie wollten und wollen weiterhin KRIEG.

Sie wollten und wollen offenbar, dass die Russen nicht mal die Chance erhalten, Denkmäler, die nach Holocausttätern, Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benannt sind, zu schleifen.

Und wenn jetzt ausgerechnet Wagenknecht völlig affirmativ einen zionistischen Politiker wie Bennett zitiert, dann ist es höchste Zeit, mit ihr gemeinsam für den Frieden, für eine Verhandlungslösung, wie sie Bennett schon vor einem Jahr versuchte, zu demonstrieren.

Funke erwartet im Deutsche Welle Interview womöglich bis zu 50.000 Demonstrant*innen morgen ab 14 Uhr in Berlin am Brandenburger Tor.

Wenn jemand “rechtsoffen” ist, dann die deutsche Bundesregierung und die Mainstream-Medien, die seit über einem Jahr ukrainischen Antisemiten Platz bieten.

Wenn jemand “rechtsoffen” ist, dann der Teil der ukrainischen Bevölkerung, der Straßen, Plätze und Fußballstadien nach Holocausttätern, Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benennt.

Eigentlich wäre die AfD prädestiniert, sich mit diesen Ukrainer*innen zu verbinden, schließlich liebt auch die AfD deutsche Traditionen.

Die Demonstration für ein Manifest für den Frieden stemmt sich gegen die deutsche Tradition des unerbittlichen Krieges.

Doch Baerbock, die deutsche Bundesregierung oder die Redaktion von Markus Lanz stehen in dieser Tradition:

„Krieg als inneres Erlebnis (Leitung: Ernst Jünger).

Der Zwang zur Friedfertigkeit hat wesentliche Erfahrungsbereiche verkümmern lassen. Noch unsere Väter wußten, daß in der Vergangenheit immer wieder ganze Völker sich zu gemeinsamen, existenziellen Erfahrungen im Grenzbereich begegneten. Diese ursprünglichen Erlebnisse drohen uns heute verloren zu gehen. Mit dem großen Wissenden Ernst Jünger wollen wir uns diese Welt wieder zugänglich machen und lernen, Gemeinheit und Niedertracht wieder lustvoll praktizieren zu dürfen. Bekannte und unbekannte Gefühle und Erregungen tauchen auf und lassen uns spüren, wie spannend es sein kann, seine Mitmenschen in Angst und Schrecken zu versetzen.“[7]

Nie wieder Deutschland heißt nie wieder Krieg!

Nie wieder Deutschland heißt Verhandeln statt Aufrüsten!

Nie wieder Deutschland heißt Bennett statt Baerbock!

 

[1] https://forward.com/authors/lev-golinkin/.

[2] Lev Golinkin (2021): Nazi collaborator monuments in Ukraine. Many new streets and monuments have been erected since a new government took over in 2014, 27. Januar 2021, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/.

[3] Karel C. Berkhoff/Marco Carynnyk (1999): The Organization of Ukrainian Nationalists and Its Attitude toward Germans and Jews. Iaroslav Stetsko’s 1941 Zhyttiepys, in: Harvard Ukrainian Studies, Dez. 1999, Vol. 23, Nr. 3–4, S. 149–184.

[4] Grzegorz Rossoliński-Liebe (2011): The „Ukrainian National Revolution“ of 1941: Discourse and Practice of a Fascist Movement, in: Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History, Vol. 12, Nr. 1 (Winter 2011), S. 83–114.

[5] Roman Tymotsko (2021): Local governments name stadiums after Bandera and Shukhevych, provoking protest from Israel and Poland, The Ukrainian Weekly, 19. März 2021, https://www.ukrweekly.com/uwwp/local-governments-name-stadiums-after-bandera-and-shukhevych-provoking-protest-from-israel-and-poland/.

[6] „Beteiligung am Holocaust: Stadion nach Nazi-Unterstützer benannt – FIFA eingeschaltet“, 18. März 2021, https://www.mopo.de/sport/beteiligung-am-holocaust-stadion-nach-nazi-unterstuetzer-benannt-fifa-eingeschaltet-38192286/.

[7] Initiative Sozialistisches Forum (Hg.) (1984): Diktatur der Freundlichkeit. Über Bhagwan, die kommende Psychokratie und Lieferanteneingänge zum wohltätigen Wahnsinn, Freiburg: Ça-Ira-Verlag, S. 216. In späteren Jahren schreibt sich der Verlag ça ira.

 

Wer Kampfflugzeuge in die Ukraine schicken will, ist ein Antisemit, möchte Pro-Holocaustdenkmäler schützen und den Dritten Weltkrieg

Von Dr. phil. Clemens Heni, 09. Februar 2023

Der Titel dieses Beitrags sagt alles. Hier der Hintergrund.

 

Diffamierung der Kritik der Coronapolitik, Angriff auf den Obersten Gerichtshof: Zwei Amerikanische Juden und die extreme Rechte in Israel

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Verleger, Edition Critic

 

Im September 2020 wollte der damalige Minister für Öffentliche Sicherheit im Kabinett V von Benjamin Netanyahu, Amir Ohana, sich von einem juristischen Experten Rat geben lassen, wie man die Demonstrationen gegen die antidemokratische, medizinisch irrationale und gesundheitsgefährdende Coronapolitik der israelischen Regierung eindämmen könnte. Doch der damalige Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hatte das schon zuvor ausgeschlossen, Israel sei eine Demokratie und Demonstrationen müssten erlaubt bleiben, egal ob ein Virus herumhüpft oder nicht.

Im Dezember 2022 wurde Amir Ohana der erste offen bekennende schwule Parlamentspräsident in Israel. Doch er hat ein problematisches Verhältnis zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit und er hat den weiblichen Körper in frauenverachtender Manier als bloßes menschliches Reagenzglas benutzt und mit seinem Partner zwei Kinder aus Leihmutterschaft herstellen lassen.

Jedenfalls hatte Ohana im September 2020 einen Experten mitgebracht, der auf dem Flur wartete, er wollte ihn an der Sitzung des “Corona”-Kabinetts teilnehmen lassen als juristischer Berater. Doch Mandelblit verweigerte das. So blieb der Experte draußen auf dem Flur stehen und ging nach Hause. Wer ist dieser Experte? Es handelt sich um den Juristen Aviad Bakshi. Darauf weist ein Text des Journalisten Nettanel Slyomovics vom 11. März 2021 in Haaretz hin.

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2021-03-11/ty-article-magazine/.highlight/the-u-s-billionaires-secretly-funding-the-right-wing-effort-to-reshape-israel/0000017f-e90c-da9b-a1ff-ed6f5dd30000 (05.02.2023)

Bakshi erlangt seit Januar 2023 massive öffentliche Aufmerksamkeit im Zuge der Massenproteste gegen die geplante Justizreform in Israel. Dabei sind auch gestern wieder am fünften Wochenende nacheinander 60.000 Demonstrant*innen in Tel Aviv auf die Straße gegangen – in einem Land mit neun Millionen Einwohner*innen, das entspräche einer Mega-Demo in Deutschland mit 540.000 Leuten in Berlin oder Hamburg. Es waren sogar schon 100.000 Demonstrant*innen in Tel Aviv in Zuge dieser monatelangen Massenproteste auf der Straße, dazu auch in anderen Städten wie in Haifa oder Jerusalem.

Ein Kernpunkt dabei ist die geplante Klausel, die es dem Parlament erlaubt, Urteile des Obersten Gerichtshofs zu überstimmen. Das wäre das Ende der Gewaltenteilung. Es gäbe keine Instanz, die Menschen- und Grundrechte mehr schützen könnte. Israel hat keine Verfassung und nur eine Kammer, die Knesset, keinen Bundesrat oder Senat/Repräsentantenhaus und Regierung wie in den USA. Seit vielen Jahren ist der extremen Rechten der Oberste Gerichtshof ein Dorn im Auge.

Der Gesetzesentwurf wurde jedoch nicht vom Justizminister Yariv Levin verfasst, sondern von einer Nichtregierungsorganisation (NGO) mit dem Namen Kohelet Policy Forum. Aviad Bakshi ist der Verfasser dieses Plans, das Oberste Gericht seiner Unabhängigkeit zu berauben.

Das für mich auch persönlich Schockierende ist nun Folgendes: Ich habe Aviad Bakshi, mit dem ich nie Kontakt hatte, in dem Band “Der israelische Nationalstaat”, herausgegeben von Fania Oz-Salzberger und Yedidia Z. Stern, im Jahr 2017 mit einem Kollegen übersetzt und im Verlag Edition Critic publiziert. In den biographischen Angaben zu den Autor*innen erwähnte ich sogar:

Aviad Bakshi ist Direktor der Rechtsabteilung am Kohelet Politik Forum sowie Dozent am Ono Academic College und an der Bar-Ilan Universität. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Einwanderungsrecht, Sprachenrechte, kulturelle und nationale Rechte sowie Gewaltenteilung.

Vor dem Hintergrund, dass Bakshi jetzt mit dem Kohelet Politik Forum die Gewaltenteilung de facto aushebeln möchte, bekommt das einen dramatischen Drive. Ich hatte in meiner Editorischen Vorbemerkung zu dem Band meine Kritik an der Neuen Rechten betont, aber selbst vollkommen übersehen, dass mit Bakshi ein solcher neu-rechter Agitator mit dabei ist. Ich schrieb im Januar 2017:

Die vorliegende Übersetzung des von Fania Oz-Salzberger und Yedidia Z. Stern edierten Bandes Der israelische Nationalstaat ist eine vehemente, differenzierte, wissenschaftliche Grundlegung des Zionismus und des jüdischen und demokratischen Staates Israel. Die sechzehn Autorinnen und Autoren sind alle Israelis und bieten einem deutschsprachigen Publikum Originaleinblicke in derzeitige Debatten in Israel und über Israel. Im Unterschied zu vielen Pub­li­kat­ionen in deutscher Sprache zu Israel ist dieser Band wirklich an dem interessiert, was in Israel passiert, wie sich der Zionismus entwickelt hat, welche Gegenkräfte es gab und gibt, und wie die Zukunft des jüdischen Staates aussehen könnte. Namentlich der philosophische Beitrag von Shira Wolosky in Kapitel 4 über Levinas und Habermas, das philosophische Hauptstück dieses Buch­es, könnte eine breite Debatte über Universalismus und Partikularismus anstoßen. Wolosky stellt Emmanuel Levinas‘ Verteidigung des Partikularismus in den Kontext seiner frühzeitigen Kritik an Heidegger (einem sein­er Lehrer), dem deutschen Nationalsozialismus, Hitlers sowie – das ist das Frappierende – am Universalismus.

Damit spannt Levinas einen Bogen von Plato über Heidegger hin zu Habermas, die jeweils viel näher zum nazistischen Willen des Einebnens und Auslöschens von Differenz stünden, als das antifaschistische Selbsteinschätzungen – wie bei Habermas – vermuten ließen. Selbst viele sich eher als pro-israelisch betrachtenden Philosoph*innen, Forscher*innen oder Aktivist*innen haben sich hierzulande kaum mit den Schattenseiten gerade des Universalismus beschäftigt.

Das hat insofern allerdings in der Tat einen Grund, als Antikosmopolitismus und Antiuniversalismus Urständ feiern und der Rechtsextremismus und die Neue Rechte in ganz Europa und den USA eine sehr große Gefahr darstellen, was wiederum auch nicht unerhebliche Teile der „Israelsolidarität“ betrifft, die diese Gefahr nicht nur nicht sieht, sondern zuweilen ein aktiver Teil dieser rechten Szene (geworden) ist. Wahrlich dialektisch zu denken hieße wohl, den Partikularismus und dezidierten – mit Levinas argumentierenden, antifaschistischen und zionistischen – Antiuniversalismus des jüdischen Staates zu erkennen und zu verteidigen, aber gleichzeitig die anti­universalistische, anti­kosmopolitische, reaktionäre, nationalistische Rech­te und Linke wie den Mainstream in Deutschland und weiten Teilen Euro­pas, Amerikas und Russlands zu attackieren, und das massiv.

Mit einem US-Präsidenten Trump als „Freund“ – manche „Marxisten“ sehen in ihm gar Hegels „List der Vernunft“, manche Juden und gewisse Israelis (wie der israelische Innenminister Arye Dery) die Ankunft des „Messias“ und eine große amerikanisch-jüdische NGO (das Simon Wiesenthal Center, repräsentiert durch seinen Gründer und Vorsitzenden Rabbi Marvin Hier) betete für Trump auf dessen Inauguration – und der beschriebenen Gefahr der Einstaatenlösung braucht Israel seriöse, liberale, linke und demokratische Stimmen. Für die israelische Soziologin Eva Illouz, die sich an Sigmund Freuds Analyse des Unheimlichen anlehnt, indiziert die positive Reaktion auf Trump ein „Erdbeben“ in der „jüdischen Welt“.[1] Hatten Juden bislang gegen Antisemitismus und für Menschenrechte gekämpft, so stehen sie nun, so Illouz, angesichts von Trump in nicht geringen Teilen Seite an Seite mit antisemitischen Positionen und einer Unzahl weiterer auch für die Demokratie und die Menschenrechte (für alle Bewohner*innen) in Israel gefährlichen Gruppen, Personen und Tendenzen.

Das Kohelet Policy Forum wurde 2012 vom Mathematiker und Computerexperten Moshe Koppel gegründet. Koppel ist Professor für Computerwissenschaften an der Bar-Ilan Universität. Koppel stammt aus New York City und machte 1980 Aliyah und ging nach Israel.

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2021-03-11/ty-article-magazine/.highlight/the-u-s-billionaires-secretly-funding-the-right-wing-effort-to-reshape-israel/0000017f-e90c-da9b-a1ff-ed6f5dd30000 (05.02.2023)

Zu den Hauptsponsoren des Kohelet Policy Forums gehören die beiden Multimilliardäre Jeff Yass und Arthur Dantchik. 1987 haben sie mit vier Studienfreunden vom Binghampton College in upstate New York die Firma Susquehanna International Group gegründet. Sie spielten Karten, vor allem Poker, und merken in Las Vegas, dass man damit auch an der Wall Street Geld, richtig viel Geld machen kann.

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2021-03-11/ty-article-magazine/.highlight/the-u-s-billionaires-secretly-funding-the-right-wing-effort-to-reshape-israel/0000017f-e90c-da9b-a1ff-ed6f5dd30000 (05.02.2023)

Das Vermögen Susquehanna International Group wird von Forbes auf ca. 80 Milliarden US-$ geschätzt wird, die Anlagen, die sie verwalten, hatten 2018 einen Wert von 1,5 Billionen US-$. Der Börsencrash vom Oktober 1987 war wundervoll für die Firma, sie prosperierten und hatten 1988 bereits ein Vermögen von 30 Millionen US-Dollar. Entgegen Trump haben Yass und Dantchik keine Profilsucht, sie agieren im Hintergrund. Yass wird am 5. Februar 2023 auf Platz 38 der reichsten Menschen geführt, mit einem Vermögen von 38 Milliarden US-Dollar.

Zuletzt kamen Yass und Dantchik in die Schlagzeilen, unter anderem wegen ihrer Unterstützung von rechtslibertären Politikern in den USA, wie Haaretz berichtet:

Susquehanna International Group was based in Bala Cynwyd, an affluent suburb of Philadelphia. The choice to locate far from Wall Street exemplified their powerful desire for secrecy. “Stealthy and mysterious” is how Philadelphia magazine described the firm. Indeed, very little has been written about the pair of partners, who make a point of avoiding the limelight. As it happens, however, during the past two months, they found themselves in the headlines. Twice. In one case it was in a flattering business connection, relating to the immense profit they made from a small investment a decade earlier. The millions they gave a Chinese entrepreneur to invent the TikTok app are now worth $15 billion.

Neither Yass nor Dantchik are household names in Israel, or in the U.S., for that matter – and not by chance. The two billionaires are strictly low-profile, even though they are among the biggest donors to the Republican Party, notably its Trumpian wing.

The second occasion was less favorable. It occurred in the wake of the attempted coup at the Capitol on January 6. The riots sparked criticism of Donald Trump’s loyalists in Congress, particularly Senators Ted Cruz and Josh Hawley. Afterward, the criticism was extended to Trumpist donors, especially Yass, who is ranked sixth on the list compiled by Opensecrets.org of the major donors to all Republican candidates in 2020. Four years earlier he was the biggest donor to the libertarian candidate for president of the United States, Gary Johnson – Trump wasn’t enough of a libertarian for him.

Diese amerikanisch-jüdischen und israelischen Kreise sind politisch extrem rechts. Sie haben wie das Kohelet Policy Forum das umstrittene Nationalstaatsgesetz in Israel von 2018 mit formuliert, sind verbunden mit dem Tikvah Fund aus den USA, der wiederum im rechten und antisemitischen ungarischen Präsidenten Victor Orbán einen großen Anhänger hat, wie ein Treffen mit dem Vertreter des Tikvah Funds aus Israel mit Orbán zeigt, worauf Dr. Debra Shushan auf JStreet hinweist:

Screenshot, https://twitter.com/PM_ViktorOrban/status/1616091547371438080 (05.022023)

Shushan geht auf die Pro-Siedlungs Politik des Kohelet Forums und seiner Verbündeten wie dem Shilot Forum ein, das entgegen dem ursprünglichen Zionismus von 1948 und dem Völkerrecht beweisen möchte, dass Siedlungen auf palästinensischem Gebiet wie dem Westjordanland legal und legitim seien.

Screenshot, https://jstreet.org/shushan-street-meet-the-israeli-organization-behind-the-legislation-to-subvert-israeli-democracy-and-the-american-billionaires-that-fund-it/ (05.02.2023)

Darüber hinaus basiert das Kohelet Forum auf der Extremform des neoliberalen Kapitalismus. Staatliche Eingriffe, abgesehen von Behinderungen von Demonstrationen zum Beispiel!, sind Tabu, selbst systemimmanente Zuckerstückchen wie wohlfahrtsstaatliche Regulierungen werden abgelehnt. Der “freie” Mark soll bestimmen, also survival of the fittest. Friss den Kapitalismus oder stirb.

Da werden sich die Gründerinnen und Gründer des jüdischen und demokratischen Staates von 1948, die häufig Sozialisten waren, im Grabe umdrehen.

Ein Text in Haaretz von Anshel Pfeffer vom 3. Februar 2023 sieht die dramatische Bedeutung von Yass und Dantchik und meint, dass die beiden als einflussreichste Juden Amerikas in die Geschichte eingehen könnten, wenn diese Reform des Justizsystems, das einer Zerstörung der Gewaltenteilung gleichkommt, durchgeht.

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2023-02-03/ty-article/.premium/can-u-s-liberal-jews-change-israeli-politics-right-wing-jews-know-the-answer/00000186-124b-d559-adee-527b79000000 (05.02.2023)

Dabei hat Pfeffer die lange Vorarbeit der Neuen Rechten im Blick:

The plans of the Netanyahu government to drastically weaken the Supreme Court and effectively obliterate judicial oversight were authored by the Kohelet Policy Forum. This conservative think tank was founded by the American-born Moshe Koppel and heavily funded by American-Jewish libertarian billionaires Jeff Yass and Arthur Dantchik.

Kohelet didn’t invent the campaign against the Israeli legal system. Right-wing and religious politicians have been railing against the courts for decades. But it was Kohelet’s ruthlessly effective lobbying, the detailed blueprints for the court’s evisceration that they prepared and the placing of their people in strategic locations in Israel’s political structure that laid the groundwork for the lightning assault on Israeli democracy we have been seeing since the new government came to power five weeks ago.

Die immer noch konservative Jerusalem Post hat sich gegen die Kritik am Kohelet Forum verwahrt und dem Senior Fellow beim Kohelet Policy Forum David Weinberg Platz für seine Apologie gegeben, ohne einen einzigen Kritikpunkt an der extrem rechten und turbokapitalistischen, den Zionismus beschädigenden Pro-Siedler, Anti-Gewaltenteilung-Ideologie von Kohelet zu entkräften.

In einem Video zeigt Kohelet sein Unverständnis einer unabhängigen Gerichtsbarkeit. Beispielhaft regen sich die Macher*innen darüber auf, dass der Oberste Gerichtshof gegen Off-Shore Anlagen zur Gasgewinnung, gegen Ausnahmeregelungen der ultraorthodoxen Gemeinschaft vom Militärdienst, zuungunsten des freien Marktes oder allgemeiner gegen religiösen Extremismus geurteilt habe.

Schließlich habe ich in dem Buch “Der israelische Nationalstaat” auch einen Beitrag von Gadi Taub publiziert, Taub ist ebenso (mittlerweile) ein extrem rechter Akteur.

Screenshot, https://www.972mag.com/new-right-jerusalem-conservative-conference/ (05.02.2023)

Das Magazin 972 berichtet:

I wrote several stories for Haaretz Magazine back when Golden was its editor; he was always kind to me, as was Taub when we ran into each other at a cafe after I wrote a piece attacking him. Nowadays, their paranoid style makes me uneasy. The two belong to a small yet influential group of high-profile “former leftists,” which includes Haaretz’s literary editor, Benny Ziffer, who has become an avid Netanyahu supporter, author Irit Linur, who hosts a popular talk radio show on IDF Radio (and is also a speaker at the conference), and the libertarian attorney Ari Shamay. (…)

Taken together, they introduce a certain sense of hipness, something strictly Tel Avivian, which separates the new right and the old one. And like their American counterparts, the use of irony and the shattering of liberal taboos are their main rhetorical tools. When Taub hosted Linur on his podcast, she opened by telling their audience she is speaking from her kitchen, “because this is where women belong,” a half-serious slight at the way so-called “woke” Israeli liberals see Linur. Taub, for his part, described how much he enjoyed the backlash to one of his tweets, which stated “You can’t solve the Palestinian problem because the Palestinians are the problem.”

But now, speaking before hundreds at the conference, Taub casts aside the irony and speaks directly: “The struggle now is not over the future of Judea and Samaria [the Israeli term for the occupied West Bank], but rather between nationalism and a global, post-national liberal elite that wants us governed by international treaties,” Taub tells the audience. “Being a conservative is being nationalist.”

In der rechten, kostenlosen, aber am meisten gelesenen Boulevard-Tageszeitung Israel Hayom wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, was die Neue Rechte so extrem nervt – die Gleichheit der Menschen und damit Minderheitenrechte:

The defenders of the court ignore this 800-pound gorilla in the room: In the name of a passionate defense of minority rights, the court has abrogated its responsibility to the will of the majority.

Das liest sich wie ein Pamphlet der AfD oder von Trump.

Das ist der Hintergrund, vor dem die ach-so-pro-israelische Szene in Deutschland und den USA beleuchtet werden muss.

Es ist mir persönlich äußerst unangenehm, Leute wie Bakshi und Taub vor gerade mal sechs Jahren in diesem Sammelband von Oz-Salzberger und Stern übersetzt und publiziert zu haben, auch wenn ich mich schon 2017 klar und scharf gegen alle Rechten in Israel, den USA und gegen Netanyahu gewandt habe.

Screenshot, https://www.jpost.com/opinion/an-army-of-nine-million-644213 (05.02.2023)

Wer sich hinter die Konservativen, Neuen Rechten, Religiösen und Rechtsextremen stellt, stellt sich gegen den Zionismus, der ein vielfältiges und demokratisches Israel meinte, von Anbeginn. Wer das nicht will, ist kein Zionist, sondern ein ethnischer Rassist und Nationalist.

Seit 1948 galt es, gleiche Rechte für alle Menschen im Staat Israel zu gewährleisten. So hatte ich auch den Duktus von Fania Oz-Salzberger und Yedidia Z. Stern interpretiert. Stern jedoch hatte während der Coronapandemie sein autoritäres Gesicht gezeigt und die Israelis dazu aufgefordert, Bürger*innen, die sich nicht an die Maßnahmen halten würden, öffentlich an den Pranger zu stellen und zu beschämen. In einem publizistischen Tobsuchtsanfall lallte Stern in der Jerusalem Post – anders kann man das nicht bezeichnen – von einer “Armee von neun Millionen, um Corona zu bekämpfen”. Ich habe das in der Times of Israel (Blogs) scharf kritisiert.

Screenshot, https://blogs.timesofisrael.com/hope-is-in-the-air-the-israeli-common-sense-model-for-corona-in-context/ (05.02.2023)

Ironischerweise kann er sich da mit Aviad Bakshi ideologisch treffen, der ja wie eingangs zitiert, auch Wege suchte, um demokratischen Protest gegen die irrationale und wissenschaftsfreie Coronapolitik von Netanyahu im Herbst 2020 zu unterbinden. Jetzt spricht sich Stern vorsichtig gegen die Justizreform aus, aber sein Wutausbruch 2020 gegen die demokratische Kritik an der Coronapolitik mag viel eher eine Nähe zu Bakshi indizieren, als ihm lieb ist. Stern ist mittlerweile Präsident des Jewish People Policy Institute, heute, am Sonntag, den 5. Februar 2023 startet das Jewish People’s Institute eine Kampagne für einen Kompriss, für Dialog und gegen einen – tatsächlich sehen sie diese Gefahr! – “Bürgerkrieg” (“The Jewish People Policy Institute (JPPI) will launch a large campaign on Sunday calling for Israel’s leaders to reach a compromise on the government’s planned judicial reform under the slogan “No to coercion and violence, yes to dialogue,” the Jerusalem Post learned on Thursday”).

Screenshot, https://www.jpost.com/israel-news/article-730429 (05.02.2023)

Eine zionistische Politik unterstützt die evidenzbasierte Medizin, wendet sich gegen die aggressive und antidemokratische Coronapolitik der Jahre 2020 und 2021, gegen das Verkaufen der Gesundheitsdaten der ganzen geimpften Bevölkerung an Pfizer/BioNTech und gegen die geplante Zerstörung der Gewaltenteilung in Israel.

Doch die Neue Rechte hat mit dem Kohelet Policy Forum ein enorm einflussreiches Instrument, um die Politik in Israel mitzubestimmen. Finanziert von extrem rechten Amerikanern, die de facto somit dem Zionismus schaden wie wenige amerikanische Juden in den letzten Jahrzehnten.

Ben-Gvir war jahrzehntelang ein Anhänger des jüdischen Rechtsterroristen und Rassisten Meir Kahane. Ben-Gvir ist wie Smotrich oder Moaz religiös-reaktionär, homophob und aggressiv.

Screemsjpt. https://www.bbc.com/news/world-middle-east-63780509 (05.02.2023)

Ben-Gvir möchte mit Besuchen auf dem Tempelberg provozieren, egal wie absurd es ist, dass Muslime durchdrehen, wenn dort ein Nicht-Muslim betet. Religion macht Menschen sehr schnell fanatisch, nicht nur Muslime, auch wenn suicide bombing eine besonders krasse und mörderische islamistische Spezialität ist.

Smotrich hat gar kein Problem damit, als Faschist bezeichnet zu werden, da es seinen rechtsextremen Wählern egal sei, sie teilen seine Position.

Screenshot, https://www.timesofisrael.com/smotrich-my-voters-dont-care-im-a-homophobic-fascist-but-my-word-is-my-word/ (05.02.2023)

Wie Meirav Arlosoroff in Haaretz zeigt, ist ein Papier des Kohelet Forums absurd, das beweisen möchte, dass Israel eine völlige Ausnahme ist im Kreise der entwickelten kapitalistischen OECD-Länder, was die Auswahl der höchsten Richter betrifft. Doch de facto, so Arlosoroff, werden in 24 von 36 untersuchten Ländern die höchsten Richterposten sehr wohl von der Judikative selbst vorgeschlagen, auch wenn im Entscheidungsprozess in 31 von 36 Ländern die Parlamente beteiligt sind, nur in Israel nicht. Wobei man sich darüber klar sein muss, dass gerade das Involviertsein der Parlamente eine extreme Abhängigkeit der Richter*innen bedeuten kann. Wer würde ernsthaft die völlige Unabhängigkeit von Merkel und der CDU von Seiten des aktuellen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe und ehemaligen Buddies von Merkel in der CDU-Bundestagsfraktion angesichts der katastrophalen Rechtsprechung zur Coronapolitik behaupten?

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2023-01-22/ty-article/.premium/israels-most-influential-right-wing-think-tank-puts-agenda-over-data/00000185-d8d1-d3a8-a3cf-dff15c3f0000 (05.02.2023)

Ein sehr wichtiger Aspekt ist, dass Israel keine Verfassung hat – auch wenn sie, wie angedeutet, in Deutschland (“Grundgesetz”) in Zeiten der größten Verfassungskrise seit 1949 auch nicht wirklich was bedeutete. Doch in der Argumentation gegen das Kohelet Papier von Vertretern des Israel Democracy Institutes, das früher wegweisend war, bis Kohelet die rechte politische Kultur in Israel pushte und heute maßgeblich die Politik beeinflusst, wenn nicht mitentscheidet, heißt es, so Arlosoroff:

Prof. Amichai Cohen, Dr. Guy Luria and Dr. Nadiv Mordechai from the Israeli Democracy Institute devoted an entire analysis of the Kohelet Forum’s study. They ask how it is possible to conduct an international comparison of the judicial selection process, and focus only on the question of whether the public’s elected representatives do the selecting, while ignoring the contexts surrounding the comparison. Thus, for example, the fact that the absolute majority of OECD countries have a constitution and a declaration of human rights which the elected officials have almost no ability to harm.

Letztlich fordern die Publizisten Yossi Klein Halevi, Matti Friedman und Daniel Goris in einem offenen Brief die Freundinnen und Freunde Israels in der jüdischen Community in den USA auf, sich lautstark gegen die geplante Justizreform in Israel zu wenden. Sie betonen, dass sie auch weiterhin mit aller Kraft Israel gegen Verleumdungen und Hetze in Schutz nehmen werden, womit sie sicherlich unter anderem die BDS-Bewegung meinen. Doch hier und heute sind sie vor allem in großer Sorge um Israel:

Screenshot, https://www.timesofisrael.com/an-open-letter-to-israels-friends-in-north-america/ (05.02.2023)

Today, though, protecting Israel also means defending it from a political leadership that is undermining our society’s cohesion and its democratic ethos, the foundations of the Israeli success story.

Man sieht allerdings auch hier einen offenbar in Israel inflationär einsetzbaren Begriff von Krieg, dabei ist Israel ja an tatsächlichen militärischen Kriegen nicht gerade arm. Doch es ist klar, was sie meinen:

We and our families, along with many tens of thousands of other Israelis, are in the streets every week demanding the government end its war against our democratic values and institutions. We need your voice to help us preserve Israel as a state both Jewish and democratic.

Wer also Israel verteidigen will, muss die aktuelle Regierung mit aller Kraft bekämpfen. Wer schweigt, stimmt zu.

Dabei ist Israel nur ein Puzzleteil im weltweiten neu-rechten Angriff auf Vielfalt, Kapitalismuskritik, Nationalismuskritik, Antifaschismus, auf Demokratie, Feminismus, soziale Gerechtigkeit, Gesellschaftskritik allgemein, LGBTQ+ und vieles mehr. Die Mischung aus neoliberalem Hedgefonds-Kapitalismus, Biopolitik wie zu Coronazeiten und in Zukunft im digitalen Überwachungskapitalismus, Autoritarismus und die Liebe zu autokratischem Herrschen, der Kampf gegen Gewaltenteilung ist weltweit ein riesiges Problem, Israel ist dabei nicht alleine.

Wer den Zionismus und Israel liebt, kämpft gegen die Besatzung des Westjordanlandes und gegen die Rassisten in der aktuellen israelischen Regierung wie ihre Wählerschaft. Das tun die Hunderttausenden, die seit Wochen auf die Straße gehen. Viele linke Zionistinnen und Zionisten, aber auch konservative sind darunter.

Wer den Zionismus und Israel liebt, kämpft gegen Netanyahu und seine rechtsextreme Regierung, die größte Gefahr, der sich Israel von innen heraus seit 1948 gegenübersieht.

 

 

[1] Eva Illouz, „An Earthquake in the Jewish World“, Haaretz, 01. Januar 2017.

27. Januar 2023: Mit Leopard 2 Panzern Denkmäler in der Ukraine schützen, die nach Holocausttätern benannt sind

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Heute ist der 27. Januar, der Tag, an dem die Rote Armee 1945 die wenigen Überlebenden des KZ und Vernichtungslagers Auschwitz befreite. Alle Medien tun betroffen und bringen irgendwas mit Juden, KZs, Vergeben, Versöhung, Tränen und Blumen.

Doch wie wird mit deutscher Hilfe in anderen Ländern an die Shoah gedacht?

Folgende Beispiele sind Teil einer umfassenden investigativen Recherche des Journalisten Lev Golinkin, die er am 27. Januar 2021 im jüdischen Forward publizierte.

In der westukrainischen Stadt L’viv wurde 2007 ein Monument zum Gedenken an Stepan Bandera eingeweiht, dem antisemitischen Nazi-Kollaborateur und Anführer der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B). Man kann ein Bild der Einweihungszeremonie hier sehen, rechts ist ein Denkmal für Bandera in der Stadt Ivano-Frankivsk abgebildet:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

In der Stadt Zhovkva gab es 1941 auf einem Tor die Aufschrift “Heil Hitler” und “Glory to Bandera” (auf ukrainisch):

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Golinkin führt eine riesige Zahl von Orten auf, die eine Straße, einen Platz oder Monument haben, die nach Bandera benannt sind:

Im Oktober 2022 hat die Redaktion des Forward die Benennung einer Straße nach Stepan Bandera in den Städten Dnipro und Tatariv hinzugefügt. Es gehört also zur ukrainischen Kriegspolitik, auch heute Straßen nach Nazi-Kollaborateuren zu benennen.

Jaroslav Stetsko schrieb am 9. Juli 1941 in einem Lebenslauf:

Ich unterstütze daher die Vernichtung der Juden und die Zweckmäßigkeit, deutsche Methoden der Judenvernichtung in die Ukraine zu bringen, unter Ausschluss ihrer Assimilation und dergleichen.

[I therefore support the destruction of the Jews and the expedience of bringing German methods of exterminating Jewry to Ukraine, barring their assimilation and the like.]

Darauf weist ein wissenschaftlicher Artikel in den Harvard Ukrainian Studies im Jahr 1999 hin.

Screenshot, https://www.academia.edu/2469365/The_Organization_of_Ukrainian_Nationalists_and_Its_Attitude_toward_Germans_and_Jews?auto=download (27.01.2023)

 

Screenshot, https://www.academia.edu/2469365/The_Organization_of_Ukrainian_Nationalists_and_Its_Attitude_toward_Germans_and_Jews?auto=download

Es gibt unter anderem in den Städten Stryi und Velykyi Hlybochok in der Ukraine Statuen zu Ehren Stetskos.

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Es ist kein Zufall, dass die USA so obsessiv und fanatisch die Ukraine unterstützen, der Antikommunismus ist in den USA eine Art Staatsreligion. Hier sieht man den damaligen US-Vizepräsidenten George W. H. Bush (1924-2018) mit Jaroslav Stetsko im Jahr 1983:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Dmytro Paliiv (1896–1944), SS-Hauptsturmführer der 14. Waffen-Grenadier Division (1. SS Division Galizien). Ein Kritiker und ehemaliger Soldat der Roten Armee, der sich gegen die Benennung einer Straße nach dem SS-Mann Paliiv in Kalush unweit von Lviv aussprach, bekam 2017 Morddrohungen.

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.02.2023)

Die OUN-M, benannt nach Andryi Melnyk, feierte in einer ihrer Postillen das größte Massaker im Holocaust, den Mord an 33.000 Juden in Babi Yar am 29. und 30. September 1941 in der Nähe von Kiew. In Volya Yakubova gibt es ein Monument für Melnyk:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Am 1. August 1941 begrüßte der Bürgermeister von L’viv den Generalgouverneur Hans Frank, einen ganz typischen deutschen Juristen aus Karlsruhe, der frühzeitig NSDAP-Mitglied wurde und 1946 für seine Verbrechen gehängt wurde. Yuri Polyanskiy lebte bis 1986 und wird bis heute in der Ukraine verehrt wie mit solchen Plaketten, unten rechts zu sehen:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

 

Lev Golinkin und der jüdische Forward bringen noch Dutzende weitere Beispiele, wie heute Holocausttäter in der Ukraine gefeiert und geehrt werden.

Das ist das Land, dem Deutschland jetzt 14 Kampfpanzer Leopard 2 schenken wird.

Deutschland ist wieder im “Krieg gegen Russland”, wie es die Außenministerin diese Woche auf Englisch sagte.

Ganz offenkundig möchte Deutschland dafür sorgen, dass diese unzähligen Straßen, Monumente, Plaketten und so weiter, die nach SS-Männern, antisemitisch-ukrainischen Ideologen und Massenmördern benannt sind, geschützt werden.

Natürlich ist in Kiew die Enttäuschung groß, dass es wieder keine Atombomben aus Deutschland gibt, wie Friedrich Küppersbusch völlig zurecht moniert:

Wieder keine Atombombe für die Ukraine aus Deutschland. Der Grund: Seit fast 80 Jahren zögern und zaudern deutsche Reichskanzler.

Screenshot, https://youtu.be/nZIyHaK1HOo (27.01.2023)

Deutschland kämpft mit allen Mitteln dafür, dass die Ukraine so bleibt, wie sie ist und weiter Straßen, Denkmäler oder Plätze nach Antisemiten, Nationalisten und Holocausttätern benennen kann, wie im Herbst 2022 in Dnipro.

Das ist Deutschland am 27. Januar 2023.

 

Nachruf auf Karl Pfeifer (1928-2023)

Von Clemens Heni, Verleger, Edition Critic

 

Mit Karl Pfeifer verlieren wir einen wundervollen Menschen, Kämpfer für die Gründung des Staates Israel, pointierten Journalisten, witzigen Zeitgenossen und politisch weitsichtigen Gesellschaftskritiker. Am 6. Jänner 2023 schlief der am 22. August 1928 in Baden bei Wien geborene Karl Pfeifer friedlich ein.

Ich kannte Karl fast 25 Jahre und wir hatten viele faszinierende Treffen, vornehmlich in Berlin, aber auch unweit von Dresden und natürlich in Wien. Es war eine große Ehre, dass ich zwei Bücher von ihm in der Edition Critic publizieren durfte: die Neuauflage von “Einmal Palästina und zurück” (2015) und “Immer wieder Ungarn” (2016).

Karl Pfeifer konnte als Teenager im Januar 1943 aus Budapest nach Haifa fliehen. Sein 15 Jahre älterer Bruder Erwin trug einmal in Prag auf einem Kongress die Tasche des legendären rechtszionistischen Intellektuellen und Aktivisten Ze’ev Jabotinsky, der bis heute als einer der einflussreichsten Vordenker des jüdischen Staates Israel gilt.

In seinen Erinnerungen an die Kindheit schreibt Karl Pfeifer über den samstäglichen Synagogenbesuch, wo sie eine “Beth Haknesset” wurde, ein “Haus der Begegnung”, es gab an Festtagen Süßigkeiten für die Kinder und die Erwachsenen diskutierten, es war eine fröhliche Stimmung, die ihn prägte, ohne dass sein Elternhaus sonderlich religiös gewesen wäre, wobei ihm der zionistische Säkularismus auch in späteren Jahren wichtig war. In der Schule wurde er von den katholischen Mitschülern angepöbelt.

1938, nach dem “Anschluss”, attackierten zwei Hitlerjungen den jungen Karl und sagten “Saujud, sag Heil Hitler” und wollten ihm die Gurgel zudrücken, er sagte es nicht und eine adlige Frau schrie zum Fenster heraus, dass die Nazijungen verschwinden sollten, was sie auch taten.

In “Einmal Palästina und zurück” schrieb Karl Pfeifer:

Ende Mai oder Anfang Juni 1938 – die Kirschen waren schon reif – stieg ich auf den Kirschbaum. Plötzlich war der Himmel von Wolken bedeckt, man konnte Donner aus der Ferne hören, ein Gewitter stand bevor und ich haderte mit Gott, ja stritt seine Existenz ab und forderte ihn heraus. ‚Wenn es Dich gibt, dann sende einen Blitz, der mich treffen soll‘. Doch es geschah nichts. Meine Mutter rief mich zum Mittagessen. Ich brüstete mich, etwas im Garten entdeckt zu haben. Mein Vater fragte mich lächelnd, was ich denn entdeckt hätte, und naiv wie ich war, antwortete ich: ‚Es gibt keinen Gott‘. Er gab mir eine schallende Ohrfeige und wieder sprachen meine Eltern unter sich ungarisch.
Ich träumte davon, zu meinem Bruder Erwin zu gelangen, der damals Hilfspolizist war. Er hatte mir zum neunten Geburtstag eine Karte mit den Worten ‚Sei immer stolz ein Jude zu sein‘ geschickt.

In Budapest schloss sich der junge Karl der linkszionistischen Gruppe Schomer Hazair an, nach seiner Rettung ins Exil in Haifa kämpfte er ab 1946 im Palmach und ab 1948 in der israelischen Armee für den neuen jüdischen Staat Israel.

Seine Erzählungen dazu sind ungeheuer abenteuerlich, politisch von enormer Bedeutung, aber Karl schaffte es immer wieder, die dramatischsten Ereignisse mit einer ironischen Note zu versehen, bei aller Ernsthaftigkeit der Situationen.

Über Umwege kam er zurück nach Österreich, Ende der 1970er Jahre wurde er mit 50+ Journalist und Redakteur des Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Dabei spielte seine Beziehung zu Ungarn eine große Rolle.

Seine Texte speziell gegen Antisemitismus sind von herausragender journalistischer Sorgfalt und Schärfe und haben viele rechte, aber auch linke oder islamistische Antisemiten zur Weißglut gebracht.

Er sagte auf Vorträgen, dass er deshalb so fit sei, weil die morgendliche Lektüre der Presse (gerade in Österreich) ihn häufig schon so aufregte, dass sein Blutdruck den Körper angeregt über den Tag begleite. In den letzten Jahren befasste sich Karl viel mit Frankreich, dem Islamismus und der Situation für die dortigen Juden.

Karl Pfeifer reiste viel und gerne, auf einer dieser Reisen lernte er seine Frau Dagmar kennen, sein “größtes Glück”, wie er immer betonte. Bei vielen Vortragsreisen war Dagmar an Karls Seite, auch beim Entstehen seiner Bücher war sie ihm eine große Unterstützung und Inspiration. Es war auch für mich eine große Freude mit den beiden Veranstaltungen zu erleben, Bücher zu planen und zu publizieren und einzukehren.

Ein Höhepunkt (jedenfalls für den Verlag Edition Critic) war die Buchvorstellung von “Immer wieder Ungarn” im österreichischen Parlamentsgebäude im Herbst 2016.

Karl Pfeifer hat auch Preise bekommen für seine laustarke Kritik am Antisemitismus. Dabei sah er entgegen vielen Kolleginnen und Kollegen die Gefahr eben nicht nur von rechts kommend, sondern in den letzten gut 20 Jahren auch vom Islamismus und den Linken. Als ich letztes Jahr mit Karl telefonierte, erzählte er mir von ganz typischen Tendenzen in der österreichischen Szene der Holocaustforscher und Antisemitismusexperten (m/w/d), wo bekannte Personen, die er wie auch ich früher durchaus schätzten wegen ihrer Arbeit zum Beispiel gegen die FPÖ oder die Erinnerungsverweigerung bezüglich der Shoah, die in den letzten paar Jahren anfingen, mehr oder weniger offen die antisemitische BDS-Bewegung zu verharmlosen, tolerieren oder unterstützen.

Gleichzeitig wird Karls Stimme fehlen, wenn es um die Kritik an dramatischen Entwicklungen wie der aktuellen israelischen Regierungspolitik geht, die sich anschickt, die Gewaltenteilung aufzuheben und deren rechtsextreme und religiös-fanatische Kreise die Demokratie de facto abschaffen wollen.

Oft bezog Karl gerade die Position, die sein Gegenüber jetzt nicht erwartete, er war ein eigenständiger Kopf und niemals ‘Partei’ im Sinne von ‘Partei’, er war parteiisch, für Israel, gegen Antisemitismus, gegen Nazis und Holocaustleugnung und -verharmlosung, aber er war nie in einer Partei.

Ob wir uns im Café in Schöneberg, privat unweit von Dresden oder in einem Restaurant in Wien trafen, Karl hatte der jeweiligen kleinen Gruppe von Freundinnen und Freunden immer was zu erzählen, Anekdoten, Lustiges, immer gemischt mit seiner trocken-scharfen Analyse der Welt und des Antisemitismus.

Auf der Buchvorstellung im Nationalrat in Wien sagte der Politiker und Freund von Karl Pfeifer Karl Öllinger, dass es faszinierend sei, wie viele Jahrzehnte Karl Pfeifer widerständig und kritisch geblieben ist, nicht zuletzt angesichts der übelsten antisemitischen Attacken, die er als Kind und Jugendlicher, aber auch nach der Shoah bis in die heutige Zeit wie von ungarischen Publizisten zu ertragen hatte. Woher kam die Kraft und die Schärfe, die das Werk von Karl Pfeifer ausmachen?

Karl Pfeifer entkam knapp dem Holocaust. Er kämpfte im Krieg gegen die Araber für den Staat Israel, trug bis zu 100kg schwere Zementsäcke am Hafen von Haifa, verschenkte seine warme Jacke an einen Kumpel, der in Israel blieb, was Karl nicht wollte, da er eben nicht in die „Partei“ eintreten wollte und somit weniger Chancen hatte auf dem Arbeitsmarkt, um dann nach der Ankunft in Venedig die kalte Zugfahrt über die Alpen nach Zürich zu spüren. Er arbeitete dann in St. Moritz und anderen Stationen in (Luxus-)Hotels, kam eine Woche in Frankreich ins Gefängnis wegen illegalem Grenzübertritt, ging dann doch zurück nach Österreich und hat die Erinnerung in seinen Texten und Erzählungen bewahrt.

Karl Pfeifer war speziell für die Generation der jüngeren, pro-israelischen Antideutschen seit Ende der 1990er Jahre zu einem Vorbild geworden. Er stand dafür, wie kritischer Journalismus, scharf und doch immer wieder auch witzig, funktionieren kann.

Es ist ein großes Glück, Karl Pfeifer erlebt zu haben.

Wer Israel liebt, bekämpft die aktuelle Regierung mit allen Mitteln!!!

14. Januar 2023, von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Israel steht auf gegen die rechtsextreme und religiös fanatische aktuelle Regierung unter Benjamin Netanyahu. Heute Abend findet eine riesige Kundgebung auf dem Habima Square gegen die geplante Justizreform und die Regierung statt. Laut Times of Israel nehmen daran aktuell 80.000 Menschen teil.

Sehr viele Israelfahnen sind zu sehen – die Aktivist*innen kämpfen für Israel und gegen die unerträgliche, turbo aggressive, reaktionäre, patriarchale und rechtsextreme Regierung unter – wieder einmal – Benjamin Netanyahu. Diesmal könnte es sein letztes Spiel sein, denn die USA werden diesen Wahnwitz vermutlich nicht unkommentiert lassen. Und auf die Unterstützung Amerikas ist Israel im Kampf gegen den Iran angewiesen.

Diese “Justizreform” wird nicht als Reform, sondern als Ende der Demokratie betrachtet. Geplant ist vom Justizminister Levin, der an dieser Regelung seit 20 Jahren arbeitete, dass Urteile des Obersten Gerichtshofs von der Knesset überstimmt werden können – und das mit einfacher Mehrheit von 61 Stimmen der 120 Sitze. Neue Richter*innen sollen von der Knesset aus politischen und nicht professionellen Gründen ernannt werden, was uns allerdings an die USA oder an Karlsruhe erinnert…

Dazu kommen eine Vielzahl von anderen Vorhaben, die den Religiösen noch mehr Privilegien zuspräche und den zionistischen Charakter des Landes in Frage stellt. Zionismus heißt gleiche Rechte für alle in einem demokratischen und jüdischen Staat. Und das will Netanyahu beenden.

Der Journalist Yossi Klein Halevi ist in tiefer Sorge um sein Land, in das er vor 40 Jahren einwanderte. Dabei muss man die rechtsextreme Tendenz in Israel als weltweiten Backlash sehen, die Frauen- und LGBTQ+-Rechte werden auch in den USA in Frage gestellt, Stichwort Abtreibung oder Agitation gegen Transmenschen, ich habe berichtet, dass auch in der internationalen Szene der Antisemitismusforscher (m/w/d), worunter auch deutsche und österreichische Vertreter*innen fallen, auf einer Konferenz in London im September 2022 transphobe Ideologie Thema eines Vortrags war. Die Referentin hat zudem in Journalen publiziert, die das Blockieren der American Nazi Party auf Twitter als schlimm betrachtet.

Wer sich als Freund Israels sieht, hat jetzt die Pflicht, sich gegen die aktuelle Regierung zu positionieren. Wer schweigt, stimmt zu und lässt Netanyahu den Zionismus zerstören und gefährdet die Existenz des Staates Israel, oder genauer gesagt: die Demokratie Israel. Sollte u.a. diese Justizzerstörungs-Reform durchgehen, dann wäre Israel keine Demokratie mehr. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Unabhängigkeit von Bundesrichtern auch in Deutschland wie in der Corona-Krise nicht erkennbar war.

Yossi Klein Halevi, den ich persönlich kenne, da er seinerzeit an unserem Institut in YALE sprach (Yale Initiative for the Interdisciplinary Study of Antisemitism), ist einer der eloquentesten und schärfsten Essayisten Israels. Er vergleicht die antisemitische Attacke auf Israel und die Juden in Entebbe 1976 – wo linke deutsche Terroristen der Revolutionären Zellen beteiligt waren und bei der heroischen Rettungsaktion der Bruder von Benjamin Netanyahu, Yonathan Netanyahu getötet wurde – mit Bibis Angriff auf Israel:

Those who love Israel, who know a third destruction of Jewish sovereignty would be a decisive blow from which we as a people may not recover, are unconditionally committed to playing out this story. In honor and dishonor, whether Israel makes us proud or ashamed. When heroic commandos rescue hostages at Entebbe, and when a cowardly prime minister holds the state hostage to his own needs and ambitions.

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