Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: antideutsch

Prolegomena einer intellektuellen und antideutschen Kritik der Zeugen Coronas – Eine erste Annäherung, mit Blick auf die USA, HIV, Homophobie, Kennzeichnungsobsessionen und „Metapolitik“

Von Dr. phil. Clemens Heni, 12. Dezember 2021

Die Fakten sprechen für sich. Corona ist ein respiratorisches Virus, der oder das in typischen saisonalen Wellen sich verbreitet. Lockdowns, Maskenwahn, Quarantäne, Abstand etc. bewirken nie für möglich gehaltene soziale, kulturelle, psychische und gesundheitliche Verwerfungen und Millionen Tote im Trikont – aber sie verhindern nicht die Ausbreitung eines Virus, wie fast 400 internationale wissenschaftliche Texte und Studien gezeigt haben.

Maskenpflicht auch im Freien, wie sie in Spanien, Italien, Frankreich, Israel etc. galt, ist völlig schwachsinnig und epidemiologisch unsinnig – bewirkt aber eine Panik in der Gesellschaft, die präzedenzlos ist, selbst für Israel, das viele Kriege erlebte, aber selten so eine Panikstimmung wie seit 2020 wegen einem relativ läppischen Virus verglichen mit Tuberkulose, Ebola oder der Pest. Jeder seriöse Virologe wird sagen, dass im Freien ein solches Virus sich so gut wie nicht überträgt – zumal man dazu auch in Innenräumen in direkter Nähe – mehr als 15 Minuten – mit einer infizierten Person sich unterhalten muss. Und wenn, dann ist eine Infektion nichts besonders Dramatisches für fast alle Leute.

Bis heute haben die Medien und die Politik nicht verstanden, wie menschenverachtend sie – die Zeugen Coronas – agieren: sie sagen uns seit März 2020 jeden Tag ganz schamlos ins Gesicht, ja sie schreien es in jeder Anne-Will oder Sandra-Maischberger etc.-Sendung, im Bundestag, den Landtagen, im Radio, auf Pressekonferenzen laut heraus:

Ob 33 Millionen Kinder, Frauen und Männer in den Ländern des armen Südens verhungern, ob Millionen Menschen in Europa oder Amerika an sozialer Verelendung, an häuslicher Gewalt, an psychischem Elend, an Suiziden, an zu spät oder nicht behandelten Herzinfarkten oder Tumoren sterben, ob Mädchen in Afrika wieder verstärkt zwangsverheiratet oder genitalverstümmelt werden, wegen der panischen Lockdownpolitik, die die Eliten von den fanatischen Europäer*innen übernommen haben, all das ist uns so was von völlig scheißegal: ES GEHT NUR DARUM, DASS DIE LEUTE NICHT AN COVID-19 STERBEN. ALLE – ALLE, wirklich ALLE anderen Todesarten sind uns so was von völlig egal. WIR sagen, welcher Tod schlimm ist und welcher nicht nur hingenommen, sondern von uns sogar produziert werden DARF oder SOLL. Klagt doch – da lachte Karlsruhe nur. So ist das Leben.

Dabei gibt es hervorragende Möglichkeiten der Behandlung von Covid-19. Doch eine Behandlung ist – im Gegensatz zu Indien – gar nicht gewollt und der Bevölkerung wird suggeriert, dass es außer der Impfung keinen Schutz gebe, obwohl doch die Kassenärztliche Bundesvereinigung so stolz ist auf ihre niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die 13 von 14 Covid-Pats. ambulant behandeln konnten. Aber von der Forderung der KBV nach einem Ende aller Maßnahmen ist jetzt nichts mehr zu hören.

Es gibt aber weiterhin z.B. viel Material über die Wirkung z.B. von Vitamin D und die Bedeutung von Vitamin-D-Mangel bei fast allen Covid-19-Pats.

Die Sterblichkeit von Corona liegt zwischen 0,14 und 0,23 Prozent, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das durchschnittliche Todesalter liegt in Deutschland von Anfang an bei über 80 Jahren.

Selbst wohlwollende Autorinnen und Kritikerinnen des Coronawahns wie die Rechtsanwältin Anette Heinisch, die sich scharf gegen die Impfpflicht wendet und bei den Bundestagsparteien anfragte, wie das überhaupt je umgesetzt werden soll und mit welcher Gewaltförmigkeit, der Androhung von Gefängnis, Geldstrafen, wer es kontrolliert etc., geht von einer FALLsterblichkeit aus, die bei Corona zwischen 1,65 und 1,97 Prozent liege. Das ist natürlich nicht wissenschaftlich, da man in der Epidemiologie von der Infektionssterblichkeit ausgeht, was ja logisch ist: es geht darum wie viele Menschen, die mit einem bestimmten Erreger in Kontakt kamen, sterben. Alles andere ist beliebig und hängt vom Testen ab. Wir haben ja weltweit vollkommen absurde Massentests, anlasslose Massentests wie auf der Arbeit, in Schulen, beim Besuch von Theatern oder Restaurants etc. Es gibt 6-10 Mal so viele „Infektionen“ mit SARS-CoV-2 als in Deutschland offiziell erzählt wird, das bestätigt jeder halbwegs epidemiologisch geschulte Mensch, die WHO ging im Herbst 2020 sogar von bis zu 20 Mal so vielen Infektionen aus, als offiziell bestätigt.

Und doch dreht das Establishment in Österreich und Deutschland so durch wie nie seit dem Ende des Nationalsozialismus am 08. Mai 1945. Es sind exakt Österreich und Deutschland, die am faschistoidsten agieren – jetzt mit der Impfpflicht. Zwar gibt es in Österreich mehr Widerstand auf der Straße, aber dafür teilweise fast noch antidemokratischere, unwissenschaftlichere, vulgärere und aggressivere Politiker*innen. Dr. Peter Mayer berichtet:

Aber den Vogel schießen noch immer Regierungsmitglieder ab. Die Aussage der österreichischen „Verfassungsministerin“ erreicht einen neuen Grad von Hetze:

Erschienen in der Kronen Zeitung von 10.12.2021 um 22:26 Uhr. Auch der Titel ist drohend: „Kündigung für Ungeimpfte wahrscheinlich möglich“. Die Aufmachung in der Kronen Zeitung empfinde zumindest ich als zustimmend.

Also erst kündigen und dann obdachlos machen. Und das will eine „Verfassungs“ministerin? Sie denkt da offenbar aber an eine Verfassung, die seit 1945 nicht mehr gilt. Allerdings, Obdachlose brauchen offenbar nicht geimpft zu werden, da die Impfpflicht im Gesetzesentwurf an einen Wohnsitz in Österreich gebunden ist.

Denkt man Edtstadlers Drohungen weiter, dann ist klarerweise der nächste Schritt die Enteignung von ungeimpften Hausbesitzern, damit die sich nicht mehr auf ein Wohn- und Aufenthaltsrecht berufen können.

Edtstadler war schon immer eine rechtsaußen angesiedelte Scharfmacherin, aber jetzt hat sie alles und jeden rechts überholt. Ich hätte nie gedacht, dass es in Österreich nach 1934 bis 1945 wieder so weit kommen wird. Wenn in nächster Zeit viele Menschen aus Österreich flüchten, würde mich das nicht sehr wundern.

Das Wiener Modell der Radikalisierung ist wieder voll im Laufen. So ähnlich ist die Radikalisierung in den 1930-Jahren verlaufen, wie mir meine Eltern noch sehr zeitnahe erzählt haben. Noch sind wir nicht dort. Es ist noch Zeit der Entwicklung Einhalt zu gebieten. Dass es dazu neben dem Burgtor am Heldenplatz in der Nähe vom Bundeskanzleramt und Parlament eine Ausstellung gibt, ist ein Hohn.

Dabei wird in Deutschland, Österreich, ja weltweit jeder – jeder – Mensch als potentielle Gefahr gesehen, das ist der Mythos der asymptomatischen Übertragung. Eine solche mag es in seltenen Fällen geben, aber primär ist es so wie auch bei der Grippe, dass jene ansteckend sein können, die selbst krank sind und zwar symptomatisch krank. Wer  Kinder testet, quält sie. Wenn der Gesundheitsminister Kindern sogar FFP2-Masken vorschlägt, dann ist das Folter und epidemiologischer Wahnsinn, denn jede Infektion bei Kindern ist überlebensnotwendig für die Gesellschaft – Kinder werden nicht krank, aber bilden eine starke Immunität gegen das ganze Virus aus. Die Impfung ist weniger immunisierend wie eine Infektion, ja die Impfung bringt im Gegensatz zu richtigen Impfungen weder eine sterile noch klinische Immunität. JEDER – jeder – Geimpfte kann das Virus mit der exakt gleichen Viruslast (5 Tage) und der exakt gleichen Dauer (13 Tage) übertragen, so das US Justizministerium und das amerikanische RKI, das Centers for Disease Control and Prevention (CDC).

Das macht jede Impfpflicht juristisch illegal, sie kann gar nicht die Ausbreitung von SARS-CoV-2 beenden oder auch nur nachhaltig reduzieren. Im Gegenteil: wir haben diesen Winter bis zu dreimal mehr „Fälle“ als noch 2020, was nicht nur an der wahnwitzigen Testgeilheit der deutschen Bundesregierung liegt, sondern an der Tatsache, dass Geimpfte womöglich anfälliger sind für das Virus, jedenfalls scheint es einen Zusammenhang von nicht stark immunisierten Gesellschaften, hoher Impfquote und den sog. „Fällen“ zu geben. Gegen eine Impfpflicht sprechen sich juristische Expertinnen wie die Professorin für Rechtsphilosophie Katrin Gierhake von der Universität Regensburg aus, der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), die Gewerkschaft ver.di in Nordrhein-Westfalen (NRW) und aktuell auch eine größere Gruppe von Wissenschaftler*innen, die großteils Lehrstühle und Professuren an deutschen Universitäten inne haben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach sich bereits 2020 gegen eine Impfpflicht aus und untermauerte ihre ablehnende Haltung gegen eine Impfpflicht, die das Vertrauen in alle möglichen Impfungen erschüttern würde, Ende 2021 noch einmal.

Corona ist für Kinder und fast alle Jugendlichen und Erwachsenen unter 70 harmlos bzw. wie eine Grippe. Auch das RKI vergleicht Corona mit einer schweren Grippe:

Die Analyse der Übersterblichkeit legt aber nahe, dass die COVID-19-Pandemie am Ende des Jahres 2020 etwa das Niveau schwerer Influenzawellen erreicht hat.

Ja, mehr noch: es starben 2020 sogar weniger Menschen, als zu erwarten gewesen wäre. Am 07. August 2021 schrieb ich daher:

Wie der Arzt Dr. Gunter Frank bewiesen hat, sind in der Gruppe der über 80-jährigen 2020 prozentual weniger Menschen gestorben als z.B. 2018 oder 2006. Das heißt: Die Gesellschaft wird immer älter und selbst ohne Impfung sind 2020 nicht katastrophal viele alte Menschen gestorben, sondern prozentual sogar innerhalb der Gruppe der über 80-jährigen weniger als die Jahre zuvor.

Laut einer Studie der Universität Duisburg-Essen gab es 2020 gerade keine Übersterblichkeit – es handelt sich laut der Panikindustrie von Tagesschau und Bundesregierung um die schlimmste Epidemie in der Geschichte der BRD – sondern sogar eine Untersterblichkeit:

Forscher der Medizinischen Fakultät der UDE haben mit Kollegen die Zahl der Sterbefälle in Deutschland, Spanien und Schweden der Jahre 2016 bis 2020 analysiert*. Sie wollten herausfinden, ob dort im vergangenen „Corona-Jahr“ mehr Menschen gestorben sind, als dies ohne den Ausbruch einer Pandemie erwartet worden wäre. Das Ergebnis: 2020 gab es keine Übersterblichkeit in Deutschland, auch wenn es etwa 34.000 Todesfälle gab, die mit COVID-19 assoziiert werden.

„Durch den Fokus auf die Übersterblichkeit vermeiden wir Probleme, die sich sonst aus den beträchtlichen Unterschieden ergeben würden, die weltweit bei der Definition von COVID-19-Todesfällen gemacht werden“, sagt Erstautor Dr. Dr. Bernd Kowall vom Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE) am Universitätsklinikum Essen. „Es reicht jedoch nicht aus, sich allein auf die Nettozahlen der Todesfälle zu stützen. Auch Veränderungen durch den demographischen Wandel sollten berücksichtigt werden, insbesondere die größere Zahl älterer Menschen und die gestiegene Lebenserwartung“, betont der Epidemiologe. Berücksichtigt man die Alterung der Gesellschaft, können die Studienautoren für Deutschland sogar eine Untersterblichkeit für 2020 nachweisen (2,4 %).

Seit Ende November ist die aktuelle vierte „Welle“ schon wieder am abklingen, das zeigen alle Zahlen, die Hospitalisierungsrate liegt bei 5,73 / 100.000, vor einem Jahr am 11.12.2020 lag sie noch bei 12,66 und beim Höchststand bei über 15. Also werden aktuell weniger als halb so viele Menschen wegen oder doch nur mit Corona hospitalisiert.

Das schlägt sich in der Auslastung der Intensivbetten aber gar nicht nieder, was daran liegt, dass es extra finanzielle Anreize für die Krankenhäuser gibt, Patient*innen mit Corona auf der ITS zu behandeln, egal ob das notwendig ist oder nicht.

Es gibt, gültig seit 1. November [2021], für jeden positiv Corona-getesteten und an das Gesundheitsamt gemeldeten Patienten im Krankenhaus zusätzlich zur normalen Abrechnung 7.800 Euro, wenn er mindestens 2 Nächte im Krankenhaus verbleibt, steigerungsfähig bei längerem Aufenthalt bis knapp 10.000 Euro. Covidsymptome muss der Patient gar nicht haben, es reicht ein Test. Ein völlig grotesker Anreiz mit Folgen. Knöchel verstaucht, positiver Test: „Bleiben Sie besser zwei Tage zur Beobachtung hier.“ So füllt man die Krankenhäuser mit angeblichen Coronakranken, ganz ohne Arbeit, denn diese Patienten sind ja grundsätzlich fit, und verdient sich dabei eine goldene Krankenhausnase.

Dann gibt es die begründete Befürchtung, dass geimpfte Covid-19 Patient*innen länger behandelt werden müssen als Ungeimpfte – ein merkwürdig anmutender Aspekt einer Impfwirkung. Mehr als 40 Prozent aller Intensivpatient*innen sind geimpft – so gut wie alle jedoch haben Vorerkrankungen, was aber nirgends systematisch erfasst wird, da dies das unwissenschaftliche Narrativ eines Virus, das alle betreffe, sofort zerstören würde.

Der R-Wert ist seit Wochen unter 1, die absurde „Inzidenz“ sinkt auch und zeigt doch nur an, welche jungen Menschen einen positiven Test bekommen. Hätte Deutschland die Schulen immer offen gehabt und realisiert, dass jede Infektion von Schüler*innen und Kita-Kindern sehr gut ist, da harmlos verlaufend, aber immunisierend, dann hätten wir heute nicht 300+ Tote am Tag an oder mit Covid-19, während Schweden 1-2 Corona-Tote am Tag hat, letztes Jahr aber noch über 60 Tote an oder mit Corona zu dieser Jahreszeit. Auch England bzw. das UK haben fast viermal weniger Tote an oder mit Covid-19 als noch vor einem Jahr – und das liegt am Wegfall fast aller Maßnahmen im Sommer 2021 (wir erinnern uns an die fantastische Fußball-Europameisterschaft und die unmaskierten, jubelnden Fans), namentlich das Ende der Maskenfreiheit hat offenkundig zu einer sehr starken Immunisierung beigetragen, denn die Impfquote in England/UK ist identisch mit der in Deutschland (knapp unter 70 Prozent).

Wenn jedoch die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), repräsentativ für fast alle deutschsprachigen Zeitungen, am 09.12.2021 schreibt:

Zwar können sich geimpfte Personen trotzdem infizieren, die Wahrscheinlichkeit an oder mit Covid-19 zu sterben ist jedoch sehr gering.

, dann sind das Fake News. In Wahrheit ist die Mehrzahl aller Todesfälle, die als Covid-19-Todesfälle z.B. im Vereinigten Königreich (UK) geführt werden, vollständig geimpft. In den letzten 4 Wochen waren 77 Prozent aller Corona-Toten in England bzw. UK Geimpfte (S. 33).

In einem Gespräch mit einem Handwerker, der die ganze Panikindustrie seit März 2020 24/7 konsumiert hat, wird deutlich, wie dünn die Eisschicht ist, auf der sich das Panik-Narrativ bewegt. Er meinte, dieser und jener sei gestorben und es sei alles so gefährlich, man müsse Abstand halten – er hatte Hochsicherheitsüberzieher für seine Schuhe, die ich nicht mal beim mehrfachen Besuch einer Intensivstation in einem großen deutschen Krankenhaus tragen musste, eine FFP2-Maske, wo man unschwer erkennen konnte, wie unpassend für sein großes Gesicht die war und dass 75 Prozent der Luft, die er ein- bzw. ausatmet, seitlich vorbeiströmt, so ja auch die wissenschaftliche Forschung zu nicht professionell angelegten FFP2-Masken wie von der deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, und gab eben das wieder, was er im Radio und TV so indoktriniert bekommen hat die letzten 22 Monate. Doch als ich ihm sagte, dass das RKI (Robert Koch-Institut) sagt, dass Corona im Dezember 2020 das Niveau „schwerer Influenzawellen“ erreicht habe, meinte er „die ändern doch auch dauernd ihre Meinung“.

Also überzeugt vom RKI war er dann plötzlich nicht mehr. Er meinte auch, „Ebola“ sei ja nun wirklich ganz was anderes und wunderte sich, dass es in Afrika kaum Covid-Tote gebe. Schweden fand er dann plötzlich auch ein ganz faszinierendes Beispiel, da dort ja kaum jemand noch an Covid sterbe – und das im schwedischen Winter, der kaum milder sein dürfte als der in Köln. Doch die Menschen haben sich immunisiert, das verstand er. Was er aber wirklich gar nicht wusste, war die Hongkong-Grippe von 1968-70, die ja 69/70 in der alten BRD eine Infektionssterblichkeit von 0,29 hatte – vergleichen wir das mit der Infektionssterblichkeit von Corona von 0,14 bis 0,23, so die WHO, dann wird klar, das ist sehr wohl vergleichbar. Unterschied: 1970 merkte es niemand, keine Panik nirgends. Hochgerechnet auf heute starben damals in der BRD 56.000 Menschen an der Influenza. In einer Grippe-Saison (1969/70). Jetzt haben wir 104.000 Tote an oder mit Covid-19 – allerdings in mittlerweile drei Saisons (2019/2020, 2020/2021, 2021/2022). Diese Sache mit der Infektionssterblichkeit will der Handwerker „nochmal googeln“. Viel Erfolg!

Daher ist auch der erste Satz in folgendem Zitat von Heinisch, um auf ihren Text zurück zu kommen, zu hinterfragen:

Mittels dieser Veränderung ist die Herausforderung durch eine Infektion mit einer Fallsterblichkeitsrate in Deutschland von 1,65% nach den Angaben der Johns Hopkins Universität oder von 1,97% laut Statista, wobei diese bei Menschen unter 60 Jahren noch deutlich niedriger ist. Diese Pandemie ist in ihrer Gefährlichkeit also nicht ansatzweise zu vergleichen mit anderen Virusausbrüchen, z.B. Marburg 1967 mit einer Letalitätsrate von 80% oder der Vogelgrippe (H7N9) von 2013 mit einer Fallsterblichkeit von 39,3%. Die jetzige Virusinfektion ist zweifellos gefährlicher als die „normale“ Grippe, dürfte aber ein Land mit einem gut ausgebauten Gesundheitssystem nicht aus der Bahn werfen.

Richtig ist hingegen laut WHO: Die (Infektions)Sterblichkeit von Corona liegt zwischen 0,14 und 0,23 Prozent, bei Menschen unter 70 Jahren bei 0,05 Prozent.

Sehr wichtig ist aber vor allem Folgendes in dem Text von Anette Heinisch:

Am 27.01.2021, also auf dem Höhepunkt der Pandemie, hat dieser Europarat bezüglich der Impfung gegen Covid-19, auf die alle Staaten dringend hofften, die europäischen Standards so niedergelegt:

7.3.1. ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;

7.3.2. ensure that no one is discriminated against for not having been vaccinated, due to possible health risks or not wanted to be vaccinated;“

Der Europarat ging also davon aus, dass es keine Impfpflicht geben wird und niemand diskriminiert werden darf, der sich nicht impfen lässt. Dabei handelt es sich um Selbstverständlichkeiten, so leben und denken wir in Europa. Eigentlich. Der Hinweis darauf hat allerdings zu heftigen Reaktionen peinlich Berührter geführt.

Dabei zitiert sie einen Focus-Artikel, der zeigt, dass das deutsche Bundesgesundheitsministerium unter Jens Spahn an der Ausarbeitung dieser Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates beteiligt war:

Keine Impfpflicht. Das versprachen monatelang die meisten deutschen Spitzenpolitiker. Auch in einer Resolution des Europarates wurde dies festgehalten – unter der Mitwirkung des von Jens Spahn geführten Gesundheitsministeriums. Genau diesen Beschluss kramen nun Impfgegner heraus.

Unter dem Europaparlament oder auch der Europäischen Kommission können sich wohl die meisten Bürger etwas vorstellen. Doch es gibt eine europäische Institution, die eher ein Schattendasein fristet. Der Europarat. Dieses Gremium existiert seit 1949. 47 europäische Staaten gehören ihm an, darunter alle EU-Staaten. Es bezeichnet sich selbst als „Europas führende Organisation für Menschenrechte“. Unter anderem beschließt seine parlamentarische Versammlung Resolutionen und stellt dort, rechtlich nicht bindende, Forderungen an die Mitgliedstaaten.

Nun, „wir“ sind keine „Impfgegner“, richtige Impfungen sind lebensnotwendig und schützen – „wir“ sind Kritiker der Gentechnik und Anhänger*innen der evidenzbasierten Medizin. Die meisten Menschen sind nicht bedroht von Corona (im Gegensatz zu Masern oder Polio und Wundstarrkrampf etc.).

Man sieht den irrationalen und despektierlichen Ton des Focus im Wörtchen „kramen“ „heraus“. Nun, wir „kramen“ da nichts „heraus“, sondern argumentieren demokratisch und parlamentarisch, evidenzbasiert und nicht eminenzbasiert, wie es die Deutschen lieben – wo ja bekanntlich Talkshows und Twitter-User die Regierungsgeschäfte machen und nicht das Parlament, das anfangs gar nichts zu sagen hatte, und seither nur abnickt, was bei Anne Will, Maischberger, Lanz oder Plasberg aggressiv in die Echokammer der Zeugen Coronas geworfen wurde und via Twitter in Sekundenschnelle im Bundeskanzleramt landet. Von Reflektion, Wissenschaft, demokratischem Prozess und Verhältnismäßigkeit keine Spur. Und das geht seit März 2020 so und wird immer dramatischer.

Ich hatte schon am 16. Februar 2021 über die Resolution 2361 berichtet.

Wie sieht es nun mit einem Vergleich der homophoben Hetze gegen Schwule in den 1980er Jahren in Bayern und der heutigen Coronapolitik aus? In einem Text von Georg Etscheit heißt es treffend:

Unter Gauweilers Ägide wurde im Mai 1987 ein „Maßnahmenkatalog“ in Kraft gesetzt, der beinahe sprichwörtlich geworden ist. „Ansteckungsverdächtige“ sollten zum HIV-Test geladen und bei Nichterscheinen durch die Polizei vorgeführt werden, wobei man gerne auch auf „Hinweise aus der Bevölkerung“ setzte, was augenblicklich Denunzianten ermunterte, angeblich aidsinfizierte Individuen zu melden.

Als es die ersten HIV-Tests gab, plädierte Gauweiler dafür, man solle „so viele Gruppen wie möglich der Testung zufahren“. Schnell waren auch Zwangstests von „Risikogruppen“ wie Prostituierten und Fixern gesetzlich verankert. Und wer in Bayern Beamter werden oder als Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis beantragen wollte, musste einen negativen Befund vorweisen. Die Zwangstests für neue Beamte wurden erst 1995 wieder gestrichen, die übrigen Maßnahmen blieben bis 2001 in Kraft; die Berliner Polizei erfasste sogar noch 2018 HIV-Infizierte in ihren Datenbanken. Ein böses Omen für den mutmaßlich jahrelangen Fortbestand der heutigen Corona-Maßnahmen einschließlich regelmäßig wiederkehrender Zwangsimpfungen.

Brendan O’Neill von Spike sieht das Ende Europas kommen mit der Impfpflicht:

What is happening in Europe right now is nothing short of terrifying. We are not merely witnessing another round of Covid restrictions. This isn’t just the introduction of another set of emergency measures that some people believe are necessary to stave off the latest Covid wave and the Omicron threat lurking on the horizon. No, we are living through a chilling overhaul of the entire relationship between the state and the individual, with the state empowered to such an extraordinary degree that it can now instruct its citizens on what to inject into their bodies, and the individual so politically emaciated, so denuded of rights, that he no longer even enjoys sovereignty over himself, over that tiny part of the world that is his own body and mind. We are witnessing the violent death of European liberalism and the birth pangs of a new and deeply authoritarian era.

Und ich kann es nicht anders ausdrücken: Wer uns Ungeimpften mit Zwang etwas spritzen möchte, was wir nicht möchten, der handelt gegen den Nürnberger Kodex.

Der sogenannte Nürnberger Kodex ist eine zentrale, aktuell heute angewandte ethische Richtlinie zur Vorbereitung und Durchführung medizinischer, psychologischer und anderer Experimente am Menschen. Er gehört seit seiner Formulierung in der Urteilsverkündung im Nürnberger Ärzteprozess (1946/47) insbesondere zu den medizinethischen Grundsätzen in der Medizinerausbildung (ähnlich wie das Genfer Gelöbnis). Er besagt, dass bei medizinischen Versuchen an Menschen

„die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson unbedingt erforderlich (ist). Das heißt, dass die betreffende Person im juristischen Sinne fähig sein muss, ihre Einwilligung zu geben; dass sie in der Lage sein muss, unbeeinflusst durch Gewalt, Betrug, List, Druck, Vortäuschung oder irgendeine andere Form der Überredung oder des Zwanges, von ihrem Urteilsvermögen Gebrauch zu machen; dass sie das betreffende Gebiet in seinen Einzelheiten hinreichend kennen und verstehen muss, um eine verständige und informierte Entscheidung treffen zu können“.

Es braucht für medizinische Eingriffe in den menschlichen Körper die Zustimmung des jeweiligen Menschen. Doch hier wird gedroht wie seit 1945 nicht mehr gedroht wurde! 15 Millionen Menschen werden bedroht wie noch nie in ihrem Leben – und das in der BRD. Das ist 2021. Die Impfpflicht-Fanatiker*innen haben nichts gelernt aus der Geschichte und zeigen, in welcher Kontinuitätslinie die politische Unkultur in Deutschland und Österreich steht. In England können es die Intellektuellen nicht fassen, was auf dem Kontinent, bei den ehemals Nazi-Ländern Österreich und Deutschland, jetzt wieder passiert!

Natürlich ist heute nicht die Intention, zu töten, auch wenn viele der Impf-Fetischist*innen und Maßnahmen-Fanatiker*innen sehr wohl so reden und schauen, als ob sie die 15 Millionen Nicht-Geimpften lieber tot sehen würden. Aber es gibt die Intention, mit Zwang Menschen etwas in ihre Körper zu injizieren, was diese Menschen nicht wollen. Dieses Recht auf körperliche Unversehrtheit und menschliche Würde war bislang vom Grundgesetz abgesichert. Das ist jetzt zu Ende, wenn es nach dem Willen von Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Christian Lindner geht, alle drei haben kein Veto gegen eine Impfpflicht, sondern Zustimmung signalisiert und zumal Lindner sein Wort gebrochen.

Da wir schon jetzt wissen, empirisch bewiesen, dass die mRNA-Impfstoffe bzw. die 4 aktuell in der EU zugelassenen „Impfstoffe“ gegen Corona in außergewöhnlich großer Häufigkeit zum Tode und zu schweren Nebenwirkungen führen können, dann wird hier mit dem Leben von Menschen gespielt. Am 26.11.2021 schrieb ich:

Nebenwirkungen (bei den in Deutschland bzw. der EU zugelassenen) Coronaimpfstoffen:

  • 2.584.127

Zum Vergleich die Nebenwirkungen der üblichen und seriösen Impfstoffe seit 1968 bzw. 1980:

  • Polio (seit 1968): 122.426
  • Masern (seit 1968): 5832
  • Influenza (seit 1968): 274.847
  • Pneumokokken (seit 1980): 238.230
  • Tetanus (seit 1968): 15.127

 

Dass es in einer Demokratie dazu kommen könnte, dass der Staat bis zu 15 Millionen zur Impfung zwingt, mit purer struktureller Gewalt – massivste Geldbußen oder die Drohung mit Gefängnis sind Formen von purer struktureller Gewalt – und somit auch physischer Gewalt (Bullen-Gewalt), das wäre bis März 2020 kaum vorstellbar gewesen. Sicher wusste man, dass so etwas in extremen Ausnahmefällen passieren kann, gerade Polizeigewalt ist ein typisches Thema linker Politik, vom Tode durch brutal verabreichte Brechmittel nicht zu schweigen.

Aber jetzt haben wir es mit 15 Millionen „Versuchskaninchen“ zu tun, die sich bislang gegen eine Impfung bzw. gegen eine von Big Pharma wie Bayer selbst so bezeichneten „Gentherapie“ (auf dem World Health Summit im Oktober 2021 in Berlin, das entsprechende Video ist hier verlinkt) wenden. Dabei wird noch nicht mal groß thematisiert, dass die meisten Menschen weltweit nicht mit der Gentherapie behandelt, sondern mit herkömmlicheren Impfstoffen – die ’natürlich‘ in der EU oder Amerika nicht zugelassen sind bislang (absichtlich, denn in Indien sterben die Menschen seltener an der Impfung als in der EU oder Amerika) – geimpft sind. Aber die EU und Amerika sind Anhängsel von Big Pharma.

Das Tablet Magazine ist eines der bekanntesten jüdischen (online) Magazine in den USA. Es ist in weiten Teilen eine der letzten Bastionen gegen die Zeugen Coronas und für eine rationale, kritische und evidenzbasierte Analyse der Corona-Krise. Ich habe ja über herausragende Anti-Corona-Panikindustrie-Texte im Tablet Magazine von Alex Gutentag berichtet. Auch der weltweit führende Epidemiologe Professor John P.A. Ioannidis hat im Tablet Magazine zu Corona publiziert. Ich selbst hatte bekanntlich im Tablet Magazine 2016 und 2019 gegen die Neue Rechte, die Alternative für Deutschland (AfD) und ihre deutschen Freunde geschrieben.

Tablet Magazine berichtet zum Beispiel aktuell über die Städte Mainz, Speyer und Worms – die als das „Jerusalem am Rhein“ im Juli 2021 als „UNESCO Weltkulturerbe“ aufgrund ihrer langen jüdischen Geschichte anerkannt wurden. Dabei ist das Magazin wohlwollend unabhängig, hat längere und nicht selten auch mal polemische Texte und ist nicht so dermaßen angepasst, staatstragend – was sich in der nie dagewesenen Coronakrise besonders schockierend zeigt – und tendenziell seicht wie die Jüdische Allgemeine in Deutschland.

These Holy Communities—they came to identify themselves as “Jerusalem on the Rhine,” with the 11th-century building of the Worms Synagogue including replicas of two pillars from the Solomonic Temple in Jerusalem—have long been recognized as the bastion of Ashkenazi Judaism, beginning a millennium ago and continuing to influence Jewish culture, architecture, religious practice, and religious thought to this day. Gaining World Heritage recognition, however, entailed an arduous effort to document centuries of contributions that led to the flourishing of Jewish life on the Rhine and its influences far beyond the borders of Germany.

Andere Autoren beleuchten in diesem 2009 gegründeten Online-Magazin den Islamismus in Frankreich, den von England nach USA schwappenden antizionistischen Antisemitismus à la Jeremy Corbyn oder befassen sich mit der Lab Leak Theory, einem möglichen (und wahrscheinlichen) Laborunfall in Wuhan (ich kündigte vor Wochen an, dazu zu schreiben, das kommt ggf. noch). Ein weiterer Autor im TM ist James Kirchick, der andernorts klar in Worte fasste, was er von Donald Trump hielt und was den liberalen Kirchick von Teilen der mit dem Demagogen liebäugelnden marxistisch-antideutschen Linken abhob:

(„Trage auf dieses Schwein keinen Lippenstift auf“.)

Zwei aktuelle Texte im Tablet Magazine von Anfang Dezember 2021 beleuchten die aktuelle Situation anschaulich. Da  ist zuerst der israelische und in den USA lebende Medienwissenschaftler und Publizist Liel Leibowitz. Er schreibt in einem biographischen Abriss, wie er als Mitglied in sozialistischen Jugendgruppen und Kritiker des Establishments, der promovieren wollte und eine Professur am besten an der New York University (NYU) anstrebte, damit er den Washington Square in Manhattan überblicken könnte von seinem Arbeitszimmer, so ganz normaler linker Mainstream war. 2014 war Leibowitz einer der Zuhörer bei einem Vortrag über Kritische Theorie und Israel (der ihn als Nicht-mehr-Linken nicht so ganz überzeugt haben mag), den ich auf Einladung des Institute for the Global Study of Antisemitism and Policy (ISGAP) am 27. März 2014 in New York, Manhattan, hielt (Video).

Nach 9/11 merkte Leibowitz, dass es hipp war und unabdingbar, dass man bei Dinner Partys Witze oder abschätzige Bemerkungen über George W. Bush machen musste. Wer das Problem des Jihad ansprach, galt als Verräter oder rechter Verteidiger des Mainstreams. Das war in Deutschland nicht anders, auch hier herrschte Schadenfreude vor, wobei der Antiamerikanismus in Deutschland deutlich ressentimentgeladener war und ist als die Ideologie der Anti-Bush- oder Anti-Republikaner-Linken und Anhänger*innen der „Democrats“ in den Vereinigten Staaten.

 

Der Vorteil der antideutschen Linken war es jedoch, dass sie schon seit dem 9. November 1989 („Mauerfall“) ihre Distanz zu Deutschland klar gemacht hatten, was sich im Zuge der Kritik an rassistischen Mordanschlägen auf Migrant*innen und pogromartigen Ausschreitungen (Solingen, Mölln, Rostock-Lichtenhagen usw.) Anfang der 1990er Jahre verstärkte. Durch die Goldhagen-Debatte 1996 ff. wurde die Distanz von Teilen – nicht von allen – der antideutschen Szene zum linken Mainstream noch deutlicher, da jetzt der Antisemitismus der Deutschen ins Zentrum rückte. Die Studie von Daniel J. Goldhagen war in dieser Hinsicht weltweit für die kritische Holocaustforschung ein Meilenstein (und wurde deswegen in Deutschland natürlich diffamiert, aber von den Pseudo-Linksliberalen wie Habermas gefeiert, einem Habermas, der jetzt 2020/21 zeigt, wie antiliberal und autoritär sowie äußerst unwissenschaftlich er in Coronazeiten denkt). Auch die Kritik am ersten Krieg der BRD 1999 gegen Serbien („Kosovokrieg“) machte die unüberwindbare Kluft von Links-Sein und Rot-Grün überdeutlich. Und dann kam der 11. September, der die verbliebene Linke nochmal spaltete und nur ein sehr kleiner Teil, primär die Antideutschen, verstand sofort, was dieser islamistische Anschlag bedeutete. Das Kuscheln mit dem Jihad und dem sog. legalen Islamismus ist in Deutschland bis heute weit verbreitet, man denke nur an die Iranpolitik der deutschen Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte oder an die Möllemann (Todenhöfer) Fraktion der deutsch-arabischen Freundschaft. Ein übergroßer Teil der Coronapolitik-Kritiker*innen ist jedoch im verschwörungsmythischen Lager fest verankert und sieht 9/11 wie Corona als mehr oder weniger gut geplante „Staatsaktion“.

Leibowitz (Jg. 1976) ist heute offenbar auch ein Kritiker des irrationalen Coronawahns, das ist jedenfalls der Tenor in seinem Text, der seine Heimatlosigkeit als Ex-Linker dechiffriert. Sein jüngerer Kollege Blake Smith von der University of Chicago, der mir ansonsten in anderen Texten unkritisch Heidegger, Agamben, Roberto Esposito und dessen arg direkte Linie von der Nazizeit zu allen möglichen Formen von „Biopolitik“ (ohne das Präzedenzlose von Auschwitz auch nur zu erwähnen) oder die den Jihad derealisierenden Ideologeme nach 9/11 rezipiert, schreibt diese Woche im Tablet Magazine über die Verbindung von HIV-Hysterie und Schwulenhass in den 1980ern und der Agitation gegen Coronapolitik-Kritiker*innen heute.

Er zitiert einen konservativen, antikommunistischen, homophoben und katholischen Publizisten aus den USA, William F. Buckley, der in den 1980ern zu Ronald Reagan in einem widerwärtig sarkastischen Scherz meinte, man solle erstens das ganze Land auf HIV testen (siehe: heute Corona!) und zweitens die positiv Getesteten kennzeichnen. Wie kennzeichnen? Mit einer Tätowierung über dem Gesäß und dem Spruch:

abandon hope, all ye who enter here.

Dieser Zynismus gegenüber schwulem Sex war menschenverachtend. Wie menschenverachtend sind heute gelbe oder rote Armbändchen, die Geimpfte bekommen, wenn sie auf einen Weihnachtsmarkt oder in ein Geschäft gehen? Wie menschenverachtend sind deutsche Polizisten, die Demonstranten als „indirekte Mörder“ diffamieren, nur weil ein Demonstrant ggf. mehr Hirnmasse hat als ein solcher Beamter und selbst denken kann, nicht obrigkeitshörig und autoritär ist, vielmehr die Gefahr von Covid-19 realistisch einschätzt und zumal solidarisch ist mit den nationalen und internationalen Opfern der präzedenzlosen und vom totalitären China stammenden Idee des Lockdowns sowie der deutsch-österreichischen Impf-Apartheid?

Gegen diese Art Hysterie und Hetze gegen Schwule, Prostituierte und HIV-„Verdächtige“ gab es damals aber Kritik – von Linken, Liberalen, Rita Süßmuth (CDU), der Queer-Community. Heute sind auch LGBT+-Leute wie Feministinnen vorne mit dabei, wenn es um die Diffamierung von Coronapolitik-Kritiker*innen geht. In den 1980ern wie heute ging und geht es um Epidemien und beides mal spielt der Moralismus und die Selbstgerechtigkeit der Agitator*innen eine große Rolle.

Covid-19 ist eine relativ harmlose Erkrankung für fast alle Menschen. Wer vorerkrankt ist, schwer vorerkrankt und sehr alt, kann daran schwer erkranken und auch sterben – so wie bei einer schweren Influenza und vielen anderen Keimen, ich nenne nur Krankenhauskeime, an denen seit Jahrzehnten Zehntausende sterben (jedes Jahr).

Wenn nun Gerichte, Läden, Zoos oder Buchhandlungen und Bibliotheken, Forschungsreinrichtungen 2G+ oder 1G+ verlangen, dann wollen sie damit nicht epidemiologisch handeln und „Infektionen“ verhindern, weil das nicht geht, da Geimpfte exakt – exakt – so ansteckend sein können wie Ungeimpfte. Nein, wer 2G+ oder 1G+ einführt, will die totale Impf-Apartheid. Wer 2G+ oder 1G+ einführt, will den totalen Coronawahn institutionalisieren und Menschen selektieren. Das ist nicht die Rampe von Auschwitz.

Es geht vielmehr um die deutsche Tradition des Gehorsams, des Staatsfetischismus, der heute am aggressivsten von der Antifa gezeigt wird, die Angela-Merkel-Jünger sind und die ganze Welt impfen wollen („wir impfen euch alle“). Diese Liebe zur Gewalt war schon lange Teil der häufig patriarchal mackermäßig strukturierten Antifa. Eine antideutsche Antifa hingegen sah schon in den 1990ern den Antisemitismus als zentral und als spezifische deutsche (und österreichische) Eigenschaft, historisch gewachsen. Und Teile dieser antideutschen Antifa sind heute eben auch Kritiker*innen des Coronamassenwahns von Scholz, Baerbock, Lindner und weitesten Teilen des kulturellen, politischen, religiösen und kapitalistischen Establishments in Deutschland und Österreich.

Es ist eine deutsche und österreichische Tradition, der Obrigkeit zu gehorchen, dem eigenen Fanatismus eine Chance zu geben und Menschen nach Belieben zu selektieren. Und diese Tradition schien nach 1968 aufgebrochen. Aber exakt jene Pseudo-Linken, die immer so taten, als würden sie die Gleichheit der Menschen unterstützen, die zeichnen sich jetzt neben den extrem rechten Hetzer*innen, von denen wir nie anderes erwartet haben, wie aus Bayern, als jene aus, die wieder Menschen selektieren und die Ungleichheit der Menschen festzurren.

Dagegen ist die doppelte Freiheit nach Marx – die Freiheit als Bürger, aber auch die Freiheit von Produktionsmitteln, also das Sich-Verkaufen-Müssen auf dem Markt, fast schon harmlos gewesen. Deshalb sind die USA – Florida und Texas, Georgia und South Dakota – auch Inseln der Freiheit in einem Meer von Zeugen Coronas und totalitären Monstern.

Aber es gibt diese Inseln – so wie es Schweden gibt -, und das zeigt uns: es gibt auch heute noch Hoffnung. Wir Kritiker*innen jedenfalls haben alles aufgeschrieben, so gut wir es konnten und können, wir haben den Verstand im Gegensatz zum Mainstream nicht verloren. Wir haben Empathie mit den Opfern der Coronapolitik. Wir sind solidarisch und denken international. Und das wird in Jahrzehnten von Historiker*innen erinnert werden. Wir haben Distanz gehalten zum weltweit herrschenden Coronawahn und tun das, was wir können: Kritik üben, evidenzbasiert, theoriegesättigt, mit Herz und Intellekt. Wir Kritiker*innen stehen ein für 1789 und die Gleichheit der Menschen. Für uns sind Geimpfte keine anderen Menschen wie Ungeimpfte, wir finden schon die Idee menschenverachtend, jemanden danach zu fragen, ob, wie lange und warum er oder sie geimpft ist oder nicht. Und schließlich bekommt eine antideutsche Kritik insofern wieder Oberwasser, weil wir eben sehen, dass jene Länder, die mindestens gespalten sind und sehr starke Gegenkräfte gegen die Zeugen Coronas haben – weite Teile der USA und jetzt auch wieder England, dazu Schweden – eben westliche Länder sind mit einer sehr langen demokratischen Tradition.

Foto: privat

Dass es eine deutsche Spezifik im autoritären und totalitären Denken und Handeln gibt – etwas, was Peter Viereck 1941 so überragend in seiner Dissertation in Harvard – Metapolitics – am Beispiel von „Turnvater“ Jahn, dem „Lebenskult“, den Romantikern und Richard Wagner bis hin zu Hitler analysierte (neue Auflage 2004) -, das zeigte sich seit 1945 nie so deutlich wie in der Corona-Krise. Und es zeigt an, wie wichtig eine antideutsche Kritik weiterhin ist.

 

Offener Brief an Moshe Zuckermann: Kritik, das Unheimliche und der Zeitgeist

Von Dr. phil. Clemens Heni, 12. März 2017

Die Deutschen mögen nur tote Juden, Islamisten gar keine. Das ist der Ausgangspunkt antideutscher Kritik unserer Zeit. Kein Land der Welt wird weltweit mit Vernichtung bedroht, nach doppelten Standards gemessen, dämonisiert und attackiert wie der jüdische Staat Israel. Antisemitismus, inklusive heutigem Antizionismus, ist sehr weit verbreitet, in akademischen, feuilletonistischen, aktivistischen bis hin zu jihadistischen Varianten.

Die UN verurteilt kein Land der Welt so häufig und nachgerade obsessiv, wie Israel. Hätten die Araber 1947 den UN-Teilungsplan akzeptiert, gäbe es heute einen jüdischen und einen arabischen, palästinensischen Staat in Teilen von Eretz Israel.

Doch das enthebt Israel nicht einer Selbstkritik, wie jede Demokratie sich permanent selbst hinterfragen sollte, um sich zu verbessern.

Ihr Artikel „Deutsche Befindlichkeiten. Wie eine vorgebliche Antisemitismusbekämpfung zur ideologischen Farce gerät“ bringt einige Aspekte der deutschen Linken und der sog. Israelszene (und namentlich der „Antideutschen“ darin) durchaus treffend auf den Punkt. Doch Ihre Motivation scheint keineswegs eine israelsolidarische Kritik zu sein, mit der Intention, den Zionismus zu verbessern. Eher beschleicht einen bei Ihnen das Gefühl des „Unheimlichen“ von Freud, so wie Sie es 1988/89 in Ihrer bei Saul Friedländer eingereichten Dissertation über die Rezeption der Französischen Revolution im deutschen Vormärz gegen Ende anführen:

„Freud veranschaulicht diesen Zusammenhang von Verdrängtem und Angst anhand von Beispielen und weist, unter anderem, darauf hin, daß wir ‚auch einen lebenden Menschen unheimlich [heißen], und zwar dann, wenn wir ihm böse Absichten zutrauen.’“[i]

In Ihrem Text vom 10. Februar 2017 schreiben Sie über die Israelszene und „antideutsche Kommunisten“:

„Denn nicht nur mit dem Kommunismus hatte diese Bewegung nicht sehr viel zu schaffen, auch ihr Anspruch, ‚antideutsch‘ zu sein, erwies sich als hohles Gerede: Da ihnen ihre historische Identifikationsmatrix infolge des Zusammenbruchs des Sowjetkommunismus abhanden gekommen war, fand der Antifazweig der ehemals ‚antideutschen Kommunisten‘ seine neue Identität in einem nebulösen Antideutschtum, das sich darin manifestierte, dass man sich mit ‚Juden‘ vorbehaltlos zu solidarisieren habe, weil Deutschland Schlimmstes an ihnen verbrochen hatte.“

Auch wenn die Kritik am häufig reduktionistischen Verständnis von „antideutsch“ durchaus zutreffend ist, so sind doch Leute, die sich mit Israel solidarisieren, grundsätzlich sympathischer als jene, die mit Leuten kooperieren, die das Werk Nazi-Deutschlands vollenden wollen, wie der Iran oder ungezählte arabische, islamistische Hetzer, Prediger und ihr muslimisches, BDS-mäßiges oder rechts/linksdeutsches Fußvolk.

Weiter schreiben Sie:

„Dass sie sich nicht entblöden, kritische jüdische Intellektuelle schmähend zu verfolgen, um eine vermeintliche ‚Israel-Solidarität‘ zu wahren, ist ein beredtes Zeugnis ihres eigenen neurotischen Zustands als in Deutschland lebende Juden. Dass sich deutsche Behörden und Funktionsträger von ihnen einreden lassen, wer und was ‚antisemitisch‘ sei, macht darüber hinaus evident, zu welch bedenklicher Neuralgie der offizielle Umgang mit Juden im heutigen Deutschland inzwischen geronnen ist.“

Man könnte meinen, Ihnen ginge es um eine tatsächliche und nicht nur eine „vermeintliche“ „Israelsolidarität“. Aber stimmt das?

Grundsätzlich haben Sie, denke ich, mit einer Kritik der teils abstrus einseitigen, undifferenzierten und Juden als Subjekte gerade nicht ernst nehmenden, ja sie und die israelische Realität bewusst ignorierenden deutschen Israelszene einen Kern des Problems exakt benannt. Doch nehmen Sie, geehrter Herr Zuckermann, Juden als Subjekte ernst, namentlich linke, liberale oder auch konservative politische Zionisten, die für einen jüdischen und demokratischen Staat Israel einstehen und für diesen Judenstaat kämpfen, intellektuell, mit der Waffe der Kritik oder auch mit der Waffe in der Hand?

Sie stellen sich als Verteidiger Israels vor:

„[Israel] steht vor der Wahl zwischen der (nicht gewollten) Zwei-Staaten-Lösung, deren Verwirklichung in einen innerjüdischen Bürgerkrieg münden könnte, und der sogenannten binationalen Lösung, die aber als Apartheid-Struktur vollzogen würde. Dass beide Lösungen das Ende des historischen zionistischen Projekts bedeuten könnten, mag, ja muss einen um sein Land besorgten Israeli in die Kritik, womöglich auch in die politische Agitation treiben.“

Es gibt derzeit in der Tat nicht wenige Israelis und Vertreter*innen der „Israelsolidarität“, die kein Problem mit US-Präsident Trump und seinem aus dem Munde eines US-Präsidenten nie da gewesenen Kokettieren mit der Ein- oder Zweistaatenlösung haben. Manche Israelis sehen in Trump eine Art Messias und sehen die Besatzung nicht als Problem, sondern als prophetisches Siedeln. Viele linke oder liberale und auch konservative, zionistische Israelis sind jedoch weiter für eine Zweistaatenlösung.

Ihr Text erschien in dem nationalbolschewistischen Agitationsblatt junge Welt, was es unwahrscheinlich macht, dass Sie es mit Ihrer Sorge um den Erhalt Israels ernst meinen könnten. Die Schenkelklopfer der jw-Abonnent*innen gegen vermeintliche „Antideutsche“, die Ihr Text ausgelöst hat, sind eklig, um es ganz vornehm auszudrücken.

Viele Islamisten, Muslime, Nazis und erhebliche Teile des Mainstreams verabscheuen, ja hassen Israel. Das mag sich die letzten Jahren evtl. etwas gewandelt haben – zumindest bezüglich gewisser Teile der Linken und mancher Medienberichte, die nicht mehr nur antiisraelisch sind –, aber nicht erst, aber verschärft seit Herbst 2000 und nach dem islamistischen Massenmord von 9/11 war und ist Israelhass ein massives Problem in Germany, Europa, USA, dem Nahen Osten und weltweit. Pro-Hitler Statements, Vergasungswünsche für Juden und viele ähnliche, schockierende Stellungnahmen wie auf Facebook von Deutsch-Türken nach der Mavi Marmara Aktion 2010 zeigen die Notwendigkeit der Antisemitismuskritik.

Walser, Grass und die AfD tun ein Übriges um die Notwendigkeit der Antisemitismuskritik zu untermauern. Dazu kommen Facetten postkolonialer Ideologie, die Universalisierung der Shoah, die Gleichsetzung von Rot und Braun und natürlich die antizionistische Ideologie, die nicht nur Yad Vashem vorwirft, den präzedenzlosen Charakter der Shoah zu betonen.

Der arabisch-israelische Konflikt ist seit 1947 ein Kernproblem des Antisemitismus wie des Nahen Ostens. Es ist ein arabisch-israelischer Konflikt und nicht ein israelisch-palästinensischer, der aber hinzukommt bzw. ersteren ergänzt. Dabei ist die Weigerung der Araber und Palästinenser, Israel als jüdischen und demokratischen Staat anzuerkennen (mit einer arabischen Minderheit, die viel größer ist, als alles, was europäische Gesellschaften an Minderheiten ertragen würden, ohne faschistisch zu werden) nicht das einzige Problem. Das zu betonen ist richtig und womöglich meinen Sie das, auch wenn Sie das unbeholfen ausdrücken oder absurde, perfide, ja extrem gefährliche (für Sie vielleicht lustige oder aufregende) Umwege über Israel-Nazi-Vergleiche gehen, wie wir gleich sehen werden.

(Pro-)palästinensischer Terror und Antisemitismus sind für Sie in gewisser Weise nur eine Reaktion auf die Besatzung. Und damit zeigen Sie auf erschreckende Weise, dass sie gerade nicht wissen, was heute Antisemitismus ist – denn Juden Verschwörungen anzudichten, sie als Söhne von „Affen und Schweinen“ zu diffamieren, ihnen Blood Libels, Brunnen- oder Kaugummivergiftung anzuhängen, ihnen die Herrschaft der Medien, der USA oder des Kapitalismus zu unterstellen, sind antisemitische Topoi, die überhaupt gar nichts mit dieser oder jener Politik Israels seit 1948 oder 1967 zu tun haben. Wer Juden ins Gas wünscht, möchte damit nicht seine oder ihre Kritik an der Besatzung ausdrücken, sondern ihren oder seinen Wunsch, Juden zu töten. Das ist der Kern des Antisemitismus. Das wissen Sie nicht, obwohl Sie doch im September 2002 sagten:

„In Deutschland treffe ich einerseits auf Antisemiten, andererseits auf Leute, die mich wegen meiner kritischen Haltung als Vorzeigejuden linker Antisemiten bezeichnen. Da kann ich nur antworten: Kinder, lehrt mich nicht, was Antisemitismus ist. Ich komme aus einem Zuhause, wo man das weiß.“[ii]

Wie kommt es dann, dass Sie Bücher als „exzellent“ belobigen, als Dissertation annehmen und sie mit einem Vorwort beglücken wie jene Studie von Joachim Nicolas Trezib,[iii] die den Nationalsozialismus und den „Generalplan Ost“ mit der israelischen Landesplanung vergleichen und im Zionismus einen Aufguss rachsüchtiger alttestamentarischer Praktiken sehen? Der Vergleich des genozidalen Generalplans Ost mit Israel ist eine Schuldabwehr und Schuldumkehr, trivialisiert den SS-Staat auf unerträgliche, aber sehr typische, deutsche Weise. Mit so einer Belobigung heutiger Forschung sind Sie mitten im Zeitgeist, Herr Zuckermann. Und dieser akademische Zeitgeist ist nicht selten und hier ganz besonders antisemitisch. Sie wissen also keineswegs was Antisemitismus hier und heute bedeutet.

Die Fragestellung Trezibs ist nicht nur einer wissenschaftlichen Qualifikationsarbeit unwürdig, sondern indiziert vor allem den antijüdischen Ton, der heute an deutschen Universitäten wieder da ist, auch Dank Ihrer Hilfe:

„Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der im Jahre 1933 durch den deutschen Humangeographen Walter Christaller (1893–1969) in seiner Dissertationsschrift entwickelten, sogenannten Theorie der zentralen Orte (Abb. 1 und 2; Abb. 38 und 39, s. Farbabbildungsteil) und ihrer Rezeption im Rahmen der unter dem sog. ‚Reichskommissar zur Festigung des deutschen Volkstums‘ (RKF), Heinrich Himmler, nach 1939 initiierten NS‐‚Generalplanung‘ für die eroberten Ostgebiete sowie ihrer Rezeption im Rahmen des als Sharonplan bezeichneten, ersten israelischen Nationalplans, in dessen Umfeld die Grundlagen der Raumordnungstheorie und ‐praxis in Israel seit der Staatsgründung im Mai 1948 bis zum Sechs‐Tage‐Krieg im Juni 1967 ausgebildet werden.“

Es geht Trezib gar nicht primär um Beweise der Beziehung von Arieh Sharon zu jenem Walter Christaller, sondern um ein Gschmäckle: wer in Zukunft über israelische Landesplanung nachdenkt oder darüber hört, soll sich an den „Reichskommissar zur Festigung des deutschen Volkstums“ (RKF) Heinrich Himmler erinnert fühlen. Das ist die Message, die das ganze Buch durchzieht und an einer deutschen Hochschule durchgewunken wurde. Das ist der Skandal.

Alle wissen, dass Israel nicht dutzende Millionen Menschen ermorden wollte, wie es der „Generalplan Ost“ vorsah. Alle wissen auch, dass Himmler für die Vernichtung von sechs Millionen Juden hauptverantwortlich war. Ihn im gleichen Atemzug wie einen Juden, Arieh Sharon, auch nur zu nennen, ist an Obszönität nicht zu überbieten. So funktioniert heute akademischer Antisemitismus.

In Ihrem vor Lob überschäumenden Vorwort zu Trezibs Studie schreiben Sie:

„Um aber auf dies ‚Skandalöse‘ eingehen zu können, sei vorab klargestellt: Es handelt sich hier um eine Arbeit, die sowohl bei der Entdeckung, Auswertung und Verarbeitung von unbekannten Archivmaterialien als auch bei der Theorie- und Begriffsbildung sowie der durchgehenden Stringenz der Argumentation herausragt.“

Dann schauen wir uns Trezibs Arbeit mal etwas näher an.[iv] Die Trivialisierung der Shoah zeigt sich bei Trezib in ihrer Rationalisierung, einer in Deutschlands Historiographie von Hans Mommsen bis Götz Aly und bei vielen weniger bekannten Autorinnen und Autoren beliebten Strategie, weder vom Antisemitismus noch von Deutschland, dafür von ganz unspezifischen Strukturprinzipien der Moderne, von Technik und Kapitalismus zu reden:

„Schivelbusch beschreibt die psychologische Komponente des Phänomens ‚Rationalisierung‘ der 1920er Jahre als Sublimierung des ‚homo militaris‘ zum ‚homo oeconomicus‘. Mit der ‚Rationalisierung‘ des Judenmords erreichte diese nicht erfolgreiche Sublimierung dann ihren Höhepunkt.“

Die Trivialisierung des Präzedenzlosen des Holocaust geht bei Trezib einher mit einer Delegitimierung und Dämonisierung von Juden und Israel. Die ganze Motivation seiner Dissertation scheint in der Diffamierung von Juden wie Arieh Sharon zu liegen, dessen israelischer nationaler Plan zur Gliederung des Landes der frühen 1950er Jahren mit dem genozidalen Programm des nationalsozialistischen Generalplan Ost analogisiert wird.

Auch am Beispiel der sog. „Technokratie“ und des Technik- und Industriediskurses zeigt sich das auf perfide Weise. So setzt Trezib in einem Kapitel mit Walther Rathenau ein, der als gleichsam fanatischer Verfechter der bösen Technokratie via Elektrizität vorgestellt wird, und er beendet das Kapitel in einer geraden Linie beim Nationalsozialismus, für den dann in dieser Hinsicht auch noch ein 1922 von Nazis ermordeter Jude – was gar nicht der Erwähnung wert ist – mit verantwortlich gemacht wird. So läuft heute die Geschichtswissenschaft in der Bundesrepublik und solche kruden Texte und abstrusen Linien evozieren nicht etwa Gelächter oder Kopfschütteln sondern einen Titel.

Da verwundert es dann auch nicht, dass sich Trezib an Rainer Zitelmann, ein Apologet Hitlers in spezifisch neurechter Weise und in der wissenschaftlichen Analyse des heutigen Rechtsextremismus und der Neuen Rechten einer der bekanntesten Vertreter eines Strangs – des staatszentrierten, autoritären – der Neuen Rechten seit den 1980er Jahren, gleichsam anschmiegt:

„Wie insbesondere Rainer Zitelmann betont hat, beinhaltete Hitlers Lebensraum Ideologie eine durchaus moderne geopolitische Komponente: Sie bezweckte die Errichtung eines autarken deutschen Kontinentalreichs, dem die Energiereserven und Bodenschätze des Ostens uneingeschränkt zur Verfügung stehen würden, und das damit in den Rang einer Weltmacht aufsteigen würde.“

Im Zentrum steht hierbei die Betonung des angeblich „Modernen“ des Nationalsozialismus. Zitelmann wie auch viele andere Hitlerbewunderer (die sich natürlich meist anders nennen) möchte den Nationalsozialismus sozusagen retten und verteidigen, indem er dessen „moderne“ Elemente hervorkehrt und vom präzedenzlosen Massenmord an den europäischen Juden schweigt oder ihn als Petitesse abtut, mit der zu befassen ein Deutscher keinen Grund habe. Zitelmann war zumal in den 1990er Jahren ein führender Vertreter der Neuen Rechten und des „Geschichtsrevisionismus“.

Diese neu-rechte Ideologie fällt Trezib entweder nicht auf oder aber er teilt diese Apologie des NS-Staates. Er nazifiziert die Landesplanung Israels, da auch die Nazis, wie die Juden, das ist die Botschaft der Studie, eine „Bevölkerungsverteilung“ oder gar – wie im „Generalplan Ost – einen Massenmord an Millionen „Nicht-Lebenswerten“ im Osten planten – indem er schreibt:

„Das eindeutig dominierende, zentrale und immer wiederkehrende didaktische Leitargument, das Sharon aus diesen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen der nationalen Planung in Israel herleitete, wurde durch die sogenannte population dispersal – bzw. Bevölkerungsverteilung – konstituiert. Man kann sagen, dass sich alle Einzelargumente und Konkretisierungsschritte des Plans der didaktischen Logik dieses Leitarguments unterordneten. Zum Zeitpunkt der Staatsgründung, so die Argumentation des Architekten, habe der überwältigende Anteil (82 Prozent) der jüdischen Bevölkerung ausschließlich den schmalen Küstenstreifen zwischen Haifa und Tel Aviv besiedelt.“

Bereits im Untertitel seiner Studie setzte Trezib Israel und den Sharonplan für Landesplanung mit dem genozidalen „Generalplan Ost“ in direkte Beziehung. Diese Trivialisierung des SS-Staates und die Dämonisierung des jüdischen Staates flutscht heute an Universitäten offenbar runter wie Honig. Gegen Ende seiner Studie schreibt Joachim Trezib schließlich folgende Zeilen:

„Was auch immer an Rationalität die wirtschaftlichen und räumlichen Modelle der Planer parat hielten – am Ende erwies sich die ‚göttliche Mission‘ Hitlers als ‚Erlöser Deutschlands‘, die ‚pseudoreligiöse Verklärung von Politik [im Gewande, JT] traditioneller christlicher Formen‘ als Rückfall in den eschatologischen Fundamentalismus der Vormoderne, erwies sich der NS-Rassewahn als Neuauflage des primitiven mittelalterlichen Antisemitismus; ebenso, wie sich die zionistische Kolonisation, je länger ihr Prozess andauerte, als moderner Aufguss eines als sakrosankt definierten, rational nicht zwingend begründbaren religiösen Mythos entpuppte, eine Neuauflage der in den biblischen Überlieferungen so blumig geschilderten Unbarmherzigkeit, mit der sich einst auf Gottes Geheiß die Israeliten ‚mit der Schärfe des Schwerts‘ der ‚Vertilgung‘ der kanaanitischen Städte und der ‚Vollstreckung des Banns‘ an ihren Einwohnern befleißigten. Die biblische Rhetorik erscheint in einem solchen Zusammenhang von beklemmender Aktualität.“

Nicolas Trezib macht mit diesem Zitat noch einmal unmissverständlich deutlich, wie heute Antisemitismus funktioniert (den Sie, geehrter Herr Zuckermann, nicht erkennen können oder wollen, aber salonfähig machen): er setzt Hitler mit den Zionisten gleich bzw. in direkte Beziehung. Das ist ein Post-Auschwitz-Antisemitismus. Mehr noch: Trezib diffamiert das Judentum generell, das gleichsam die Blaupause für die „Schärfe des Schwertes“ des Zionismus gegeben habe, denn die „biblische Rhetorik“ sei von „beklemmender Aktualität“. Die Verleumdung der Religion des Judentums ist altbekannt und zählt zum klassischen Repertoire des Antisemitismus. Dass Sie das nicht nur nicht erkennen, sondern diese Studie anpreisen, ist schockierend.

Auch der verurteilte Holocaustleugner, frühere Kommunist, zum Islam Konvertierte und Antizionist Roger Garaudy benutzte wie Trezib exakt diese Stelle der „Schärfe des Schwerts“, mit der die „Israeliten“ ihre Feinde abschlachteten und bezieht das ebenso auf das heutige Israel, womit er sich Freunde nicht nur bei deutschen Neonazis machte.

In diesem Zitat ist zudem das klassische Ressentiment gegen das Judentum enthalten. Das Judentum, heute durch den Zionismus repräsentiert, beinhalte bis heute die „biblische Rhetorik“ der „Schärfe des Schwertes“, sei blutrünstig und unbarmherzig. Diese Agitation gegen das Judentum, den Zionismus und Israel ist beängstigend platt, feiert aber in manchen Kreisen seit Jahren ein Stelldichein in der Diffamierung gerade monotheistischer Religionen wie dem Judentum. Wir haben das z.B. an der in der FAZ, der Giordano Bruno Stiftung, dem Mainstream der deutschen Gesellschaft, aber selbst unter sich als angeblich „antideutsch“ und besonders israelsolidarisch fühlenden linken Israelfreunden geführten Agitation gegen die Beschneidung im Jahr 2012 erlebt , die in der jüdischen Welt wie ein Schock erfahren wurde.

Trezibs Studie steht exemplarisch für eine neue Qualität des ganz nüchtern-akademisch daherkommenden sekundären Antisemitismus, eines Antisemitismus, der sich pudelwohl fühlt, links und kritisch dünkt und gerade in der Universalisierung der NS-Ideologie und vor allem der Analogisierung von Täter und Opfer, Nazi und Jude, etwas Befreiendes zu sehen scheint, womit wir im Mainstream Deutschlands angekommen sind. Schuldabwehr und Schuldprojektion gehen hier Hand in Hand. Deutschland sieht weniger düster aus, wenn auch die Landesplanung in den USA oder Israel quasi „völkisch“ oder „ethnisch“ und exkludierend waren.

Das ist der neue Antisemitismus, jener nach Sobibor, Treblinka, Majdanek, Babi Yar und Ponary. Ein Antisemitismus, der obsessiv Juden mit Nazis analogisiert, Israel und den Nationalsozialismus. Dass so etwas nicht etwa als Text in einer judenfeindlichen Postille, sondern als Dissertation an einer Universität angenommen und von einem der renommiertesten (sprich: teuersten) Verlage des Landes gedruckt wird, ist ein Skandal, der keiner ist, weil es niemandem mehr auffällt in diesem neuen Deutschland. Angenommen wurde diese Doktorarbeit vom Historiker Günther Uhlig, Zweitgutachter waren Sie, Moshe Zuckermann, unterstützt wurde die Forschung von der Gerda-Henkel-Stiftung.

Um den Skandal, der natürlich keiner ist, in diesem Land, zu komplettieren: Publiziert wurde die Arbeit von Joachim Nicolas Trezib in der Reihe „Europäisch-jüdische Studien. Kontroversen“, herausgegeben vom Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien, Potsdam, in Kooperation mit dem Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg im de Gruyter Verlag.

1971 schrieb der Philosoph und Holocaustüberlebende Vladimir Jankélévitch:

„Dieses schändliche Geheimnis, das wir nicht benennen können, ist das Geheimnis des Zweiten Weltkrieges und in gewisser Weise das Geheimnis des modernen Menschen: Auf unserer Moderne lastet nämlich der ungeheure Holocaust wie ein unsichtbares Schuldgefühl, selbst wenn man nicht darüber spricht. Comment s’en débarraser? Dieser Titel eines Stücks von Ionesco mag recht gut die Beunruhigungen des sichtlich guten zeitgenössischen Gewissens kennzeichnen. Das Verbrechen war zu schwer, die Verantwortung zu schwerwiegend, bemerkt Rabi mit bitterer Klarheit. Wie werden sie sich von ihrem latenten Schuldgefühl befreien? Der ›Antizionismus‹ ist in dieser Hinsicht ein un-gesuchter Glücksfall, denn er gibt uns die Erlaubnis und sogar das Recht, ja selbst die Pflicht, im Namen der Demokratie Antisemit zu sein! Der Antizionismus ist der gerechtfertigte, schließlich jedermann verständlich gemachte Antisemitismus. Er ist die Erlaubnis, demokratischerweise Antisemit zu sein. Und wenn die Juden selbst Nazis wären? Das wäre wunderbar.“

Dazu kommen wie erwähnt immer abrufbare Ressentiments gegen das Judentum wie die Beschneidung, da machen dann neben der FAZ und den veganen Tierrechtlern (nicht nur in Hamburg) auch die nicht-jüdischen Neocon-Pro-Israelis mit. Gremliza hingegen macht da nicht mit.[v]

Wenn Sie nun, geehrter Herr Zuckermann, Bände publizieren, die den Titel tragen „Wider den Zeitgeist“[vi], kann man nur laut auflachen. Eine Diffamierung der Antisemitismuskritik, bei aller berechtigten Kritik an den Trotteln wie Fanatikern in den heutigen Israelszenen in USA, Europa und in Israel selbst, ja ein Vergleich des Nationalsozialismus mit Juden und Israel ist doch absoluter Mainstream. Trezibs Arbeit bedient diesen Mainstream und die Arbeit ist für Sie „intellektuell exzellent“. Wenn es Sie angeblich ernsthaft nervt, und das völlig zu Recht, dass viele in der Israelszene die Dramatik vor und nach dem Mord an Rabin vor über 20 Jahren nicht erkennen und immer nur die Schuld bei den Palästinensern suchen, warum unterstützen Sie dann Israel dämonisierende und gerade nicht solidarisch kritisierende Arbeiten wie jene Trezibs?

Nicht nur Shoah- und Nationalsozialismusverharmloser, auch Habermasianer fühlen sich als Universalisten und Kosmopoliten pudelwohl und jedem Partikularismus wie auch Emmanuel Levinas und dem jüdischen und demokratischen Staat überlegen, ohne sich je mit Levinas näher beschäftigt zu haben. Angesichts von Pegida, AfD, Orban, Brexit, Wilders, Putin, Erdogan sind natürlich Kosmopoliten sympathische Zeitgenoss*innen. Aber dialektisch gedacht gehört eben der jüdische und zionistische Partikularismus, demokratisch, dazu, der sich gerade philosophisch gegen den Universalismus und für die Differenz einsetzt. Zu kompliziert für deutsche Linke.

Viele selbst ernannte Israelfreunde interessieren sich kaum oder gar nicht für Israel und die Juden. „Lieber Adorno lesen als Hebräisch lernen“ ist deren Motto (Grigat), dabei spricht nichts gegen Adorno, aber was spricht gegen Hebräisch, wenn man sich für Israel interessiert? (Gut, ich kann auch kein Hebräisch, für einen Schwaben ist Hochdeutsch schon schwierig genug). Ihre Behauptung, die Kritische Theorie sei „inkommensurabel“ mit dem Zionismus, ist empirisch widerlegt, ohne die intellektuellen Kämpfe gerade Max Horkheimers, das Spannungsverhältnis von Judentum und Zionismus zu ignorieren. Was jedoch häufig entwirklicht wird, auch von Ihnen, sind die pro-israelischen Statements der führenden Kritischen Theoretiker Horkheimer, Adorno, Löwenthal und Marcuse, lediglich Fromm wurde ein Antizionist.[vii]

Ich sehe nicht, wo Sie sich quellenbasiert mit Adorno oder den Positionen der Kritischen Theorie zu Israel en detail je beschäftigt hätten. Es sind meist Essaybändchen oder Interviews, die Sie publizieren (seit Ihrer Diss. 1988/89), gerade zu Israel, aber unter Forschung versteht man doch etwas mehr. Hätten Sie empirisch etwas zur Kritischen Theorie geforscht, hätten Sie folgendes entdeckt:

1967 gibt es eine der ganz seltenen Stellen im Werk Adornos, wo er auf Israel und die genozidale Gefahr für Juden im Hier und Heute des Nahen Ostens zu sprechen kommt. Das ist von großer Bedeutung, wenngleich es keine intensive Beschäftigung mit dem Zionismus ersetzt – denn im Gesamtwerk Adornos spielten der Zionismus und später Israel kaum eine Rolle. Er schreibt in einem Geburtstagsgruß für Gershom Scholem:

„Scholems würdig ist die Paradoxie seiner Wirkung: heute, da er siebzig Jahre als wird, hat der Ordinarius der Universität Jerusalem bei allen Menschen, denen nicht nur am Geist des Judentums sondern am Überleben der Juden selbst etwas gelegen ist, die Autorität des Weisen gewonnen. Großartig widerspricht sie dem antiautoritären Zug seines Lebens und des von ihm Interpretierten. Seine Nüchternheit gewinnt heilsame Kraft, nicht nur gegen ideologisches Pathos sondern auch in einer Realität, in der nach wie vor die Juden, unter den schmählichsten Vorwänden, mit Vernichtung bedroht werden. Am Ende ist es Scholems Gewalt, daß er nicht apologetisch die Kräfte der Vernichtung, drinnen und draußen, verleugnete, sondern daß er ihnen seine Erkenntnis vorbehaltlos öffnete, mit einem Mut, den nur die Allerstärksten aufbringen. Wie kein Zweiter hat er die Würde der Idee des mystischen Nihilismus hergestellt.“

Diese Einschätzung Adornos wurde am 2. Dezember 1967 in der Neuen Zürcher Zeitung publiziert und ist heute so aktuell wie damals: wem am „Geist des Judentums“ etwas gelegen ist, der oder die sollte auch „am Überleben der Juden“ interessiert sein, alles andere ist Heuchelei oder eben der Jargon der Uneigentlichkeit Judith Butlers. Diese angesichts des neuen linken Antisemitismus nach dem Sechstagekrieg geäußerte Angst Adornos vor der Gefahr der „Vernichtung“ der bedrohten Juden in Israel widerlegt die von Ihnen, geehrter Herr Zuckermann, in den antiisraelischen Raum der Susann Witt-Stahl geworfene Behauptung:

„Adorno als Apologet der IDF ist schon keine Plünderung mehr, sondern eine Vergewaltigung durch perverse intellektuelle Unzulänglichkeit.“[viii]

Da Sie das ohne Kenntnis des Werks Adornos sagen, kann man Sie einfach nicht ernst nehmen. Es gibt sehr wenige Stellen Adornos zu Israel, aber jenen öffentlichen Text vom 2. Dezember 1967 müssten Sie halt schon kennen, wenn Sie wollen, dass man Sie als Adornoforscher ernst nimmt.

Dabei gibt es vertrottelte Antifas, die tatsächlich den Zweiten Weltkrieg ihrer Großväter nachspielen wollen und jetzt die Palästinenser als Opfer auswählen, die es als Volk ja gar nicht gebe und die kein Recht auf einen Staat hätten. Die gleichen Typen sind nicht selten ignorant gegen die Kritik der Mathematisierung der Welt, die ein Kernpunkt der „Dialektik der Aufklärung“ von Horkheimer und Adorno (1944/47) und eine Kritische Theorie der Naturbeherrschung ist, und blöken nur „Beton, Beton, Beton“ wie die Antilopengang.[ix]

Wenn Sie in Ihren Text im Februar 2017 schreiben:

„Denn nicht nur konnte man nun die ‚Juden‘ noch effektiver entkonkretisieren, sondern man durfte sie sich nun als ein abstraktes politisches Kollektivsubjekt denken, das Subjekt des zionistischen Staates Israel. Und als solches Subjekt wurden sie pauschal als Überlebende des Holocaust und ihr Staat entsprechend als eine geheiligte Zufluchtsstätte apostrophiert. Die Juden also in ‚Israel‘ wissend, blieb nur noch eins zu verrichten: den ‚Antisemitismus‘ im eigenen Land zu bekämpfen, und zwar rücksichtslos“,

trifft das nicht wenige Vertreter*innen der Israelszene – wobei man sich gleichwohl die Frage stellen muss, warum man gerade da aufschreit, wo ein paar wenige Aktivist*innen „rücksichtslos“ den „Antisemitismus im eigenen Land bekämpfen“ wollen. Sollen Sie etwa rücksichtsvoll vorgehen? Gleichwohl liegt darin auch eine gewisse Ignoranz gegenüber den Realitäten in Israel. Natürlich hat die Kritik am Antisemitismus nichts mit der Realität in Israel zu tun, Antisemiten ist das egal – aber Kritiker*innen des Antisemitismus und des Antizionismus müssen sich eben auch mit der innerisraelischen Kritik am Rassismus oder religiösen, extrem rechten Fanatismus in Israel befassen, wenn sie der Wirklichkeit annähernd gerecht werden wollen und Juden als Subjekte ernst nehmen.

Zudem ist es doppelt falsch, wie nicht wenige dieser (verglichen mit der Antisemitischen Internationale selbstredend höchst sympathischen) Leute gleichwohl denken: Israel ist nicht in erster Linie ein Zufluchtsort und wurde nicht wegen, sondern trotz dem Holocaust gegründet. Bekanntlich fand der erste Zionistenkongress 1897 in Basel statt. Und auch wenn krasse jüdische Antisemitinnen – die gibt es – wie Jacqueline Rose fantasieren und insinuieren, Hitler hätte sich auf dem gleichen Konzert (!) mit Wagnermusik in Paris zu „Mein Kampf“ inspirieren lassen wie Herzl zu „Der Judenstaat“ (also spätestens im Mai 1895), so hat doch 1897 mit dem Nazismus und der Shoah rein gar nichts zu tun.

Ich weiß nicht, ob Sie das mitbekommen haben, aber jene „antideutschen Kommunisten“, sind häufig anti-antideutsch und haben sowohl die Analysen von Daniel Goldhagen 1996ff. aggressiv abgewehrt, als auch jedwede Analyse politischer Kultur diffamiert; Studien wie von Peter Viereck von 1941 (Metapolitics), Paul L. Rose oder George L. Mosse waren nur hinderlich, das allgemein Bürgerliche zu attackieren, um ja nicht von dem spezifisch Deutschen zu reden, wenn es um den Antisemitismus geht.

Lars Quadfasel schreibt in Konkret Folgendes:

„Für das Image als ehrwürdige, den Niederungen des Tagesgeschäfts entzogene Institution aber ist keine bessere Spielmarke denkbar als das permanente Durchhecheln israelischer Missetaten. Diese sind, quantitativ wie qualitativ (denn wären alle Opfer von Unrecht so wohl versorgt wie die Palästinenser, wäre die Welt wirklich ein besserer Ort), von kaum zu übertreffender Bedeutungslosigkeit für das Weltgeschehen.“[x]

Das ist an Zynismus und Desinteresse am Zionismus und den Juden Israels wie einem palästinensischen Staat und der Situation hier und heute der Palästinenser*innen in der Westbank schwer zu übertreffen. Eine Steilvorlage für Post- und Antizionisten, der Israelszene Ignoranz oder Rassismus vorzuwerfen. Für Typen wie Quadfasel wäre eine tägliche Lektüre der Times of Israel (TOI) gar nicht schlecht. Aber da müsste man sich jedoch mit Israelis, zionistischen, aber nicht selten auch kritisch-zionistischen, z.B. den Rassismus in Israel thematisierenden Autor*innen befassen und das ist mühsam und macht die Causa Israel komplizierter als das Wegschauen.

Gerade Zionisten wie der Forscher, Verfassungsrechtler, Politiker und Autor und Rabin-Verbündete Amnon Rubinstein haben doch auf die verheerenden Wirkungen des religiösen Fanatismus in Israel seit 1967 verschärft hingewiesen (in seiner auch auf Deutsch vorliegenden „Geschichte des Zionismus“) und forschen zu den zionistischen und demokratischen Aspekten Israels. Auch Fania Oz-Salzberger oder Yedidia Z. Stern, Ruth Gavison, Anita Shapira, Gadi Taub, Shira Wolosky, Yaffa Zilbershats oder Alexander Yakobson und viele andere israelische Forscher*innen sind selbstkritische, aber dezidierte liberale oder linke oder einfach Mainstream-Zionist*innen. Ihnen Undifferenziertheit oder Rassismus zu unterstellen ist grotesk.

Doch Sie befassen sich mit solchen pro-israelischen (wie pro-palästinensischen) Stimmen ja gar nicht. Israel sollte nach deren Ansicht ein jüdischer und demokratischer Staat sein und bleiben, neben einem zu gründenden palästinensischen Staat. Das ist angesichts der arabischen und palästinensischen Weigerung (von Ausnahmen abgesehen, Ägypten, Jordanien, einige weitere hohe Offizielle der arabischen Welt) Israel anzuerkennen, nicht einfach, um es harmlos auszudrücken. Kein Mensch, der an der Existenz Israels interessiert ist, vergleicht deshalb (!) diesen Staat mit dem verbrecherischsten Regime aller Zeiten, dem Nationalsozialismus. Doch genau das tun Sie, indem Sie die ungeheuerliche Studie von Trezib als Dissertation annahmen und die Buchpublikation mit einem Vorwort unterstützen. Das ist keine Kritik, sondern eine Dämonisierung Israels und eine Trivialisierung des Nationalsozialismus auf typischste, allzu deutsche Art und Weise.

Nochmal: Immer nur den ANDEREN als den Täter und das Böse zu benennen, ohne die eigenen Anteile an einem Konflikt auch nur zu thematisieren, ist falsch und verkürzt. Aber wollen Sie wirklich darauf hinaus und vergleichen deshalb Israel mit Nazideutschland?

Ein negativer, unfassbarer negativer Höhepunkt für mein Verständnis einer Pro-Israelszene war das Beten für Trump vom Simon Wiesenthal Center (ich kenne diese Leute des SWC in NYC, Paris, LA, Jerusalem). Doch schon die regelrechte Hetze gegen John Kerry und die US-Administration (die ich viele Jahre regelmäßig scharf kritisierte, und auch als jemand, der exakt 2008, als Obama gewählte wurde, ein Jahr lang in USA lebte) sowie die UNSC Resolution 2334 im Dezember 2016 indizierten, wie wenig Reflektion in der Israelszene vorhanden ist.

Eine viel pro-zionistischere Rede wie jene von John Kerry haben wir selten von einem führenden Politiker gehört. Äußerst luzide, emphatisch, sachlich, fundiert, zukunftsorientiert, pro-israelisch und pro-palästinensisch (hätte das nicht David Ben-Gurion und die Staatsgründer*innen gefreut?). Gerade um Israel zu retten und die Einstaatenlösung zu verhindern, braucht es Mut und eine Kritik der Siedlungspolitik.

Wenn ich Leute, die ich teils viele Jahre kenne, höre, die meinen, diese Rede sei antiisraelisch, kann ich nur sagen: hört euch eine offizielle iranische Rede an, um eine antiisraelische Tonlage zu hören. (Pointe: iranische Reden sind auf Persisch, aber wer kann schon Persisch? Also ignorieren, wird schon so schlimm sein wie John Kerry). Viele anti-iranische Expert*innen sind ironischerweise oder absurderweise Leute, die gar nicht Persisch sprechen, lesen oder hören können. Die Irankritik hat Besseres verdient.

Wenn wir uns dann anschauen, dass Leute Trump womöglich als „Hegels List der Vernunft“ sehen, also den gefährlichsten Irrationalismus (und Antisemitismus) rationalisieren, ist das schlichtweg unfassbar. Dass der Sexismus, gerade von männlichen Autoren, derealisiert oder goutiert wird, klar. Aber auch antisemitische Verschwörungsmythen, von denen Trump voll ist, zu entwirklichen oder als listig zu rationalisieren, das ist neu für Leute, die behaupten, mal Kritische Theoretiker gewesen zu sein wie Gerhard Scheit.

Zentral dürfte sein, dass auch Ihre Leser*innen des Drecksblattes, sorry, der jw Sie womöglich gar nicht verstehen – oder aber Ihre Kritik sehr wohl kapieren, deren Pointe darin besteht, keine innerisraelische Kritik oder inner-israelsolidarische Kritik zu sein, sondern Agitation gegen Israel zu promoten, mit Koscherstempel. Weder können junge Welt-Leser*innen mit dem Einwurf, Antideutsche seien gar nicht antideutsch, etwas anfangen. Seit wann haben Vulgärmarxisten sich mit der deutschen Spezifik der politischen Kultur und des Antisemitismus und der Shoah je befasst? Diese Typen benutzen Sie, sehr geehrter Moshe Zuckermann, für Israelhass – oder benutzen Sie die jw und deren Umfeld für Ihre Ablehnung des Zionismus? Dass Ihnen als Israeli womöglich – ich weiß es nicht – an einer bestimmten Kritik am Rassismus in Israel (den es dort gibt wie in UK, AmeriKKKa oder Germany etc.), an einer Kritik am Groß-Israel der Siedler, oder der Kritik alltäglicher Diskriminierungen in der Westbank liegt – und Ihr Ziel nicht ist, Israel (als jüdischen und demokratischen Staat) zu zerstören, will das die junge Welt wissen? Glauben Sie das ernsthaft?

Sie schreiben:

„Und da begegnet man nun im deutschen Diskursfeld der nicht nur von Juden, sondern auch von nichtjüdischen Deutschen gemachten Unterstellung, diese Sorge um den Staat Israel und seine Gesellschaft – mithin das gegen alle Widerstände hochgehaltene Streben nach der Lösung des Konflikts zwischen Juden und Palästinensern und ihrer Versöhnung – sei das Werk ‚jüdischer Antisemiten‘ bzw. ‚sich selbst hassender Juden‘.“

Doch haben Sie tatsächlich Sorge um „den Staat Israel“ oder doch eher Sorge davor, nicht mehr der Vorzeigekoscherstempelverteiler für nicht-jüdische deutsche Antisemiten zu sein? Sorge um Israel ist nachvollziehbar. Und viele aus der selbst ernannten Israelszene habe die insofern in der Tat nicht, als sie sich mit dem Rassismus oder den extrem rechten, religiös-fanatischen wie nationalistischen Tendenzen der politischen Kultur wie der Gewalt der Siedler überhaupt nicht befassen und israelische, zionistische Kritik daran seit Jahrzehnten ignorieren.

Konkret schafft es nicht, luzide Israelsolidarität mit ebenso luzider Israelkritik zu verbinden. Da sind die Quadfasels dieser langweiligen und insofern elenden linken Israelszene häufig nur nicht-jüdische Bekenntnisisraelis, die sich um die konkreten Juden und deren Sorgen gerade ob des Judenstaates nicht scheren. Und doch sind die um Welten besser als die Israelhasser der jungen Welt und sonstiger Gruppen oder Forscher, die seit Jahrzehnten Sie einladen oder als Referent und Gutachter auswählen.

Auch viele Juden und Christen-für-Israel wie säkulare Agitator*innen scheren sich mitunter nicht um das konkrete Israel, sondern hetzen gegen „den“ Islam und „die“ Muslime. Nichtjüdische linke Aktivist*innen der Israelszene sind privat vielleicht gegen Trump und die extreme Rechte, aber öffentlich sind sie für Israel ohne Wenn und Aber und wenn das SWC für Trump betet und Bibi dem Narzissten ein Stelldichein gibt, dann ist Trump Pro-Israel und somit pro-jüdisch, auch wenn er am Holocaustgedenktag absichtlich (!) Juden als die einzige Opfergruppe der Shoah nicht erwähnt.

Und ich denke, das ist der Hinter-Grund Ihres Furors, der ins Schwarze trifft, oder besser gesagt: treffen könnte – angenommen, Freuds Unheimliches meinte nicht Sie.

Könnte nämlich auch sein, dass Ihnen Israel gerade nicht am Herzen liegt und sie den jüdischen Staat in einen binationalen, auf kurze Zeit arabischen Staat umgewandelt wissen wollen, dann wären Sie jedoch mit der dümmlichsten „Linken“ à la Judith Butler wie auch der hardcore Rechten wie mit Caroline Glick, den messianischen wie nationalistischen Siedlerfanatiker*innen oder auch Trump und Bibi in einem Boot.

Und Vergleiche der israelischen Landesplanung mit dem Generalplan Ost helfen, das Land weltweit zu dämonisieren, zu isolieren und zum Abschuss freizugeben. Merken Sie das ernsthaft nicht oder kichern Sie da klammheimlich, da Sie eh einen Rückzugsort in Germany haben?

Sie geben ja zu, dass es Ihnen gar nicht um konkrete Fehler (!) israelischer Politik geht, so wie das zionistische Kritik kennzeichnet, sondern:

„Die Frage, warum sich das zionistische Israel in eine historisch ausweglose Situation manövriert hat, soll hier aus der Logik des Zionismus selbst, also von einer ihm immanenten Perspektive erkundet werden.“[xi]

Solcherart Essentialismus, negativer, ja eine solche Ontologie des Zionismus ist völlig unpolitisch, da es dabei nicht um Fehler eines Staates geht, sondern um den Fehler des Staates an und für sich. Anarchistische Kritik, by the way, hat ihr gutes Recht, aber damit gerade bei Israel anzufangen, zeigt die Obsession es dem einzigen Judenstaat zu zeigen. Mit zionistischer Kritik an bestimmen Politiken Israels befassen Sie sich erst gar nicht, jedenfalls nicht für ihr deutsches Publikum, um das es ja geht, denn dieses Publikum ist Ihre Berufsgrundlage.

John Kerry hatte wie gesagt einen zionistischen Weg gewiesen, aber der wird nur diffamiert, gerade von der deutschen Israelszene, die nur nachbetet was die israelische Botschaft verkündet. Selber denken: geht nicht, aus geistigen Kapazitätsgründen nicht. Schon als Bibi meinte, der Mufti von Jerusalem, der üble Nazihelfer, hätte Hitler erst den Holocaust schmackhaft machen müssen, merkte man doch, wie absurd, antiwissenschaftlich und gleichsam fanatisch antimuslimisch (und nicht mehr antiislamistisch) hier gedacht wird.

Und wie anti-antideutsch. Wenn nämlich der Mufti Hitler zur Shoah inspirierte, war sie also eine primär muslimische Tat und da sind wir dann bei Werbekampagnen der verschwörungsmythischen Agitatorin Pamela Geller aus New York City, die auf Bussen plakatieren ließ (Bild: der Mufti im Gespräch mit Hitler, November 1941): „It’s in the Quran“. Viel mehr anti-antideutsche Ideologie geht kaum.

Aus meiner editorischen Vorbemerkung zu „Der israelische Nationalstaat“ von Fania Oz-Salzberger und Yedidia Z. Stern (Hrsg.), Januar 2017:

„Mit einem US-Präsidenten Trump als „Freund“ – manche „Marxisten“ sehen in ihm gar Hegels „List der Vernunft“, manche Juden und gewisse Israelis (wie der israelische Innenminister Arye Dery) die Ankunft des „Messias“ und eine große amerikanisch-jüdische NGO (das Simon Wiesenthal Center, repräsentiert durch seinen Gründer und Vorsitzenden Rabbi Marvin Hier) betete für Trump auf dessen Inauguration – und der beschriebenen Gefahr der Einstaatenlösung braucht Israel seriöse, liberale, linke und demokratische Stimmen. Für die israelische Soziologin Eva Illouz, die sich an Sigmund Freuds Analyse des Unheimlichen anlehnt, indiziert die positive Reaktion auf Trump ein „Erdbeben“ in der „jüdischen Welt“. Hatten Juden bislang gegen Antisemitismus und für Menschenrechte gekämpft, so stehen sie nun, so Illouz, angesichts von Trump in nicht geringen Teilen Seite an Seite mit antisemitischen Positionen und einer Unzahl weiterer auch für die Demokratie und die Menschenrechte (für alle Bewohner*innen) in Israel gefährlichen Gruppen, Personen und Tendenzen. Umso wichtiger ist es, Israel als jüdischen und demokratischen Staat zu festigen. Möge dieser Band eine Anregung zur zivilisierten Debatte, eine Stimme der zionistischen Vernunft sein – in Zeiten von Jihad und islamistischem oder säkularem Antisemitismus (wie BDS) sowie der Kakophonie eines Philosemitismus und Philoisraelismus.“

Sie haben Recht, wenn Sie darauf zielen, dass viele Aktivist*innen in der (mini-kleinen, by the way) Israelszene Rassismus in Israel nicht sehen wollen, dabei ist das unter linken oder liberalen Israelis selbstverständlich, den zu erkennen, zu kritisieren und zu bekämpfen.

Doch da kommt wieder Freuds Analyse des Unheimlichen ins Spiel. So nachvollziehbar, aus zionistischer Perspektive als „heimlich“ im Sinne von „heimelig“, „bekannt“ oder „daheim“ Ihre Kritik an der in weiten Teilen völlig unreflektierten Israelszene ist (deren Einigeln in einem selbstreferentiellen Kokon wiederum insofern verständlich ist, da so unglaublich viele andere Gruppen antiisraelisch hetzen, von BDS über Jihadisten hin zur Mitte der Gesellschaft), so unheimlich, monstermäßig, gruselig verwandelt sie sich durch Ihr Agieren, das absichtlich wirkt.

Sie promoten anti-israelische Agitatorinnen wie Tamar Amar-Dahl, der gerade ein linker Zionist und den Ausgleich mit den Palästinensern suchender Präsident wie Shimon Peres abscheulich vorkommt, und Sie unterstützen antisemitische Ressentiments und den widerlichen Nazi-Israel-Vergleich via der Studie von Trezib, um nur diese beiden Beispiele heranzuziehen. Amar-Dahls Doktorvater war der Rechtsaußen Horst Möller, Herausgeber des Buches mit dem antisemitischen, Holocaust trivialisierenden Titel „Der Rote Holocaust“. Sie waren Zweitgutachter Amar-Dahls, wie bei Trezib. Querfront ick hör dir trapsen. Honni soit qui mal y pense.

Auf eine Frage der Internet-Zeitschrift „Hintergrund“ zur Amadeu Antonio Stiftung (AAS) sagen Sie[xii]:

„Ich bitte Sie, wozu sich überhaupt damit befassen, was die Leiterin der Amadeu Antonio Stiftung unbeschwert in die Welt setzt? Ich weiß nicht wer diese Frau ist. Aber wenn ich dem folge, was Sie von ihr berichten, habe ich das Gefühl, es handelt sich um eine ehemals stramme SED-Anhängerin, vielleicht sogar noch mehr, die heute versucht, ihre Vergangenheit so zurechtzurichten, dass sie mit der Ideologie  des gerade in Deutschland wehenden Zeitgeistes vereinbar ist. Ich könnte mir denken, sie war selbst mal eine dezidierte Antizionistin, die jetzt versucht, ihre ‚Jugendsünden‘ wiedergutzumachen. Das sei ihr auch psychologisch zugestanden – ich weiß nur nie, warum diese Leute immer meinen, ihre lebensgeschichtlichen Defizite und die damit einhergehenden ‚Reuen‘ in allgemeine Kategorien fassen und durch hanebüchene Ideologien kompensieren zu sollen. Bitte sehen Sie mir nach, dass ich nicht meine, mich mit den Auslassungen der Leiterin der Amadeu Antonio Stiftung befassen zu müssen.“

Da lacht der Nazi aus Oberschöneweide oder aus dem Wendland und die Junge Freiheit würde Sie sicher gerne als Autor gewinnen. Um das zusammenzufassen: Sie, Herr Zuckermann, kennen die Leiterin der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, überhaupt nicht, nennen sie auch nicht mit ihrem Namen – warum sollte auch ein Mann eine erfolgreiche NGO-Aktivistin, die zudem im Gegensatz zu ihm gegen Antisemitismus aktiv ist, ernst nehmen, gell? –, insinuieren, die Ihnen nicht bekannte Frau sei womöglich früher Antizionistin gewesen und habe „lebensgeschichtliche Defizite“ und somit wollen Sie den Kampf gegen Antisemitismus quasi als kalkulierte Kompensationsmaßnahme möglicher „lebensgeschichtlicher Defizite“ unbekannter Frauen diminuieren, ja völlig lächerlich machen.

Jovial gestehen Sie der Ihnen gar nicht bekannten Frau zu, mögliche und von Ihnen in den Raum geworfene „Jugendsünden“ zu bereuen. Antisemitismus- und Islamismuskritik wie auch Kritik am Antisemitismus in der DDR (darum ging es in der Frage der Postille „Hintergrund“) also nur als vorgeschobene Gründe. Mit dieser Argumentation können Sie bei jeder rechtsextremen Gruppierung „besorgter Bürger“ mit Handkuss aufgenommen werden, nicht nur in Sachsen oder Thüringen.

Wieso werfen Sie dem Zionismus seine Grundlage vor (!), dass nämlich der Zionismus die Diaspora negiert?[xiii] Viele Juden sind Zionisten und leben doch in der Diaspora, dazu gibt es unzählige Debatten und Texte, ein einziger Besuch in einem JCC (Jewish Community Center) in USA reicht, um das zu erleben (wie in New Haven, CT). Die Diaspora und Israel ergänzen sich, das ist seit 1948 ein großes innerjüdisches Thema, das jetzt durch Trump und den neuen US-Botschafter in Israel, Friedman, der linke Zionisten als „schlimmer als Kapos“ diffamiert hat, in USA enorme Aktualität bekommen hat, wie der bekannte Journalist Rob Eshman aus Los Angeles unterstreicht.

Dann sind Sie eben ein Antizionist und keineswegs ‚nur‘ ein Nichtzionist. Dabei negieren Sie, dass der Zionismus keineswegs aus dem Antisemitismus entstand, jedenfalls nicht nur, sondern ganz wesentlich eine Rückkehr darstellte und darstellt, die Sehnsucht nach einer Rückkehr zu jüdischer politischer Souveränität, die ab 1948 staatliche Realität wurde. Jede Forscherin und jeder Forscher zum Zionismus weiß das. Doch mit diesem Nichtwahrhabenwollen der Raison d’être des Zionismus stehen Sie gar nicht alleine, nicht wenige in der (antideutschen) Israelszene denken auch, Israel sei nichts als ein Zufluchtsort. Völlig falsch.

Es ist ein Wunder, dass es Israel trotz der Shoah gibt – und nicht wegen der Shoah, die sechs Millionen Juden das Leben nahm, von Deutschen organisiert und ausgeführt (sowie Helfern in ganz Europa). Viele denken auch der Holocaust sei der Grund für den Judenstaat und viele Antideutsche unterstützen Israel nur bis zur Revolution. Nach dem Kommunismus gibt’s kein Israel mehr. Tja. Insofern verständlich dass viele selbst ernannte Antideutsche sich wenig mit Israel beschäftigen bzw. primär mit dem Strand oder Nachtleben von Tel Aviv und dem Essen – da viele Israelis nicht so unbedingt super begeistert wären, nach der Revolution ohne jüdische Souveränität dazustehen und sich von den Bahamas sagen zu lassen, dass das mit der Beschneidung jetzt nicht mehr gehe.

(leicht veränderte Version, 05.09.2017).

 

[i] Mosche Zuckermann (1989): Das Trauma des „Königsmordes“. Französische Revolution und deutsche Geschichtsschreibung im Vormärz, Frankfurt a.M.: Athenäum, 373.

[ii] Moshe Zuckermann (2003): Zweierlei Israel? Auskünfte eines marxistischen Juden an Thomas Ebermann, Hermann L. Gremliza und Volker Weiß, Hamburg: Konkret (texte 34), 137.

[iii] Joachim Nicolas Trezib (2014): Die Theorie der zentralen Orte in Israel und Deutschland. Zur Rezeption Walter Christallers im Kontext von Sharonplan und „Generalplan Ost“. Mit einem Vorwort von Moshe Zuckermann. Herausgegeben vom Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch‐jüdische Studien, Potsdam in Kooperation mit dem Zentrum Jüdische Studien Berlin‐Brandenburg, Redaktion: Werner Treß, Band 3, Oldenburg: De Gruyter.

[iv] Die folgenden paar Abschnitte sind aus Clemens Heni (2016): Vorwort: Zionismus und die Realität an deutschen Universitäten heute, in: Wiebke Dursthoff (2016):  Kibbutz und Bauhaus. Arieh Sharon und die Moderne in Palästina, Berlin: Edition Critic, 10–18.

[v] „Das Angebot der Deutschen, Beschneidung Unmündiger nicht als Körperverletzung verfolgen zu lassen, ist so faul wie jeder Kompromiß zwischen Tätern und Opfern. Was zu verlangen wäre, wird nicht verlangt: eine Erklärung, daß die Beschneidung nicht bestraft werden kann, weil die Deutschen das Recht, Juden Gebräuche ihrer Gemeinschaft zu untersagen, durch Auschwitz verwirkt haben, wenn nicht für immer, so doch auf eine ihren Verbrechen angemessene Zeit, sagen wir: auf tausend Jahre. So würde das besinnungslose Geschwätz vom ‚besonderen Verhältnis zu den Juden‘ endlich einmal wahr“ (Hermann L. Gremliza (2016): Haupt- und Nebensätze, Berlin: Suhrkamp, 134). Das ist der Unterschied zwischen antideutscher Kritik und den Bahamas und deren jungdeutschen Regimentern, by the way.

[vi] Moshe Zuckermann (2012): Wider den Zeitgeist. Bd. 1. Aufsätze und Gespräche über Juden, Deutsche, den Nahostkonflikt und Antisemitismus, Hamburg: Laika-Verlag.

[vii] Clemens Heni (2014): Kritische Theorie und Israel. Max Horkheimer und Judith Butler im Kontext von Judentum, Binationalismus und Zionismus, Berlin: Edition Critic.

[viii] Moshe Zuckermann (2014): ‚Antifaschismus‘ als falsches Bewusstsein. Ein ideologiekritisches Gespräch mit Moshe Zuckermann (mit Susann Witt-Stahl), in: Susann Witt-Stahl/Michael Sommer (Hrsg.): „Antifa heißt Luftangriff“. Regression einer revolutionären Bewegung, Hamburg: Laika-Verlag, 181–201, 189.

[ix] „Du kriegst Frühlingsgefühle, sind die Blumen am Blühen
Ich hingegen schiebe Krise, kriege Lust zu planieren
Hörst du die Sträucher rascheln? Hörst du die Äste knacken?
Wenn wir Bäume fällen, Platz für die Städte schaffen
Abgas, Abgas über alles, über alles in der Welt
Fick die Sonne, wir verdunkeln nun das Himmelszelt
In die Seen kippen wir Benzin
Asphalt macht Spaß, Grau ist das neue Grün“, „Das grelle Neonlicht vernichtet jede Finsternis
Ich bestelle etwas Noppenschaum im Internet
Crystal Meth, Synthetik Ästhetik
Die Natur ist mein Feind auf ewig
Tankstellendämpfe, schmelzendes Plastik
Geschmacksverstärker – ich bin ein Stadtmensch“, „Beton“, Song der Antilopengang auf dem ansonsten hörenswerten Album „Aversion“, https://genius.com/Antilopen-gang-beton-lyrics (eingesehen am 12.03.2017).

[x] Konkret 2/17, S. 31.

[xi] Moshe Zuckermann (2014): Israels Schicksal. Wie der Zionismus seinen Untergang betreibt, Wien: Promedia, 9.

[xii] Zuckermann 2012, 177.

[xiii] Gespräch mit Moshe Zuckermann (2002), in: Karin Joggerst (2002): Getrennte Welten – Getrennte Geschichte(n)? Zur politischen Bedeutung von Erinnerungskultur im israelisch-palästinensischen Konflikt, Münster/Hamburg/London: LIT Verlag, 111–116, 112.

©ClemensHeni

2014: Ein Jahr der Klarheit

Die Bundesrepublik zwischen grünem (Hamas) und braunem (HOGESA) Nazismus und dem schwarzrotgoldenen Extremismus der PEGIDA-»Mitte«. 

Mit einem Exkurs: War Deutschland Teil des Abendlandes?

 

Das Jahr 2014 brachte Klarheit. Eine schreckliche Klarheit. Soviel Antisemitismus, soviel Pro-Hitler und Pro-Holocaust Statements, Hetze gegen Juden und Israel, muslimischen Judenhass, aber auch soviel Islamhass und Rassismus und soviel Deutsch-Nationalismus gab es selten so offen in einem Jahr. Niemand außer den Deutschen kann aufrecht gehen, dafür sind sie Weltmeister, das beliebteste Land der Welt, Angela Merkel wird zwar vom rechten »wir träumen-reden- lachen-und-fühlen-deutsch« Rand der CDU/CSU verabscheut, aber weltweit als führende Politikerin geehrt. Wenngleich Merkel sich in ihrer Neujahrsansprache von PEGIDA explizit abgrenzt, sind ihr weltpolitisches Hin- und Herschwanken, ihre Standpunktlosigkeit und die Affirmation des Bestehenden erfolgreich.

Dabei ist das Bestehende eine Mischung aus deutsch-iranischen Geschäften, sozialer Krise und Kapitalismus in Europa sowie politischen Konflikten über die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg zwischen Lobhudelei für Nazis wie den Ukrainer Stepan Bandera, einer Derealisierung der Präzedenzlosigkeit der Shoah und der Stilisierung der Deutschen zu ganz normalen »Opfern« der bösen Nazis (»Unsere Mütter, unsere Väter«), was wiederum gewissen germanophilen Kreisen der weltweiten kulturindustriellen Elite gefällt (»International Grammy Award«).

Jene Kritiker, die 1989 Wi–dervereinigung ohne »e« schrieben, wurden von Helmut Kohl und der SPD, die nicht erst damals die deutsche Hymne anstimmte, diffamiert. Heute geht es so gut wie niemand mehr um eine »Alternative zu Deutschland«. Dafür gibt es die »Alternative für Deutschland« (AfD). Die Mehrheit sei a priori gut drauf, so lautet das Mantra der »Extremismustheorie« vom Schlage Uwe Backes‘, Eckhard Jesses oder Werner Patzelt, wie der Politologe Miro Jennerjahn in Anlehnung an Gesine Schwan analysierte.

 

Exkurs: War Deutschland Teil des Abendlandes?

Der Historiker Peter Viereck (1916–2006) hat in seiner Dissertation 1942 – Metapolitics. From Wagner and the German Romantics to Hitler – gezeigt, dass Deutschland nicht Teil des Abendlandes war beziehungsweise immer wieder antiwestliche »Revolten« hervorbrachte. Seine Doktorarbeit, die bereits 1941 publiziert und von Thomas Mann belobigt wurde, analysiert das antiwestliche Denken der Deutschen. Viereck macht fünf »Revolten« aus, die Deutschland vom Westen trennen. Das macht die Rede von der »Rettung des Abendlandes« gerade in Deutschland oder Dresden so ahistorisch und grotesk. Dabei schrieb Viereck seine Arbeit vor Auschwitz.

 

Die erste »Revolte«: Deutschland, das es natürlich unter diesem Namen damals gar nicht gab, kämpfte als »Germanien« gegen den »römischen Universalismus«, was sich exemplarisch in der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 CE zeigte. Heinrich von Kleists »Hermannsschlacht« von 1808 setzte dieser allzu deutschen Schlacht ein literarisches Denkmal. Der Politik- und Literaturwissenschaftler Andreas Dörner hat die »Entstehung des Nationalbewußtseins der Deutschen» am Beispiel des »Hermannsmythos« untersucht. Dabei spielt die »schwarze Fahne« eine wichtige Rolle, da sie »als Zeichen totaler Zerstörung das Ende des Kampfes« anzeigt. Der antirömische Zug Deutschlands zeigte sich auch beim antisemitischen Agitator in Österreich Ende des 19. Jahrhunderts, Georg von Schönerer, der proklamierte: »Ohne Juda, ohne Rom bauen wir Germaniens Dom«. Für den Nationalbolschewisten Ernst Niekisch war Hitler zu »mittelmeerisch«, er habe als Österreicher ein zu »sonniges Gemüt« und sei quasi »römisch«. Für den Antisemiten Niekisch (»Hitler – ein deutsches Verhängnis«, 1932) stand Hitler nicht rechts, deutsch und preußisch genug da. Auch Niekisch-Jünger wie die »ethnopluralistische«, rassistische Neue Rechte in der Folge von Henning Eichberg sind konsequent antirömisch. Rom steht für »Reich« analog zu den USA heute.

Das steht in direkter Beziehung zu Peter Vierecks zweiter »Revolte« der Deutschen: die Abwehr des Christentums durch die mittelalterlichen Sachsen und der Einsatz des heidnischen »Wotan«. Drittens steht für einen »deutschen Weg« die lutherische Reformation, die ja offenkundig anti-römisch war. Viertens analysiert Viereck die »Revolte gegen das römische Imperium, wie es sich in der westlichen Welt« zeigte. Der deutsche »Sturm und Drang« und die Neoromantiker wandten sich gegen 1789 und Frankreichs Universalismus. Das Ressentiment gegen »zuviel« Vernunft, das Promoten von Gefühlsduselei, Heimat und Ideologeme von Klopstock, Herder, vielen anderen und das »Volkslied«, das bei PEGIDA so beliebt ist wie bei Hansi Hinterseer und den schmalzigen »Volksmusikanten«, die seit Jahrzehnten ein Millionenpublikum bedienen, stehen dafür exemplarisch. Die fünfte »Revolte« war der »radikalste Bruch jemals mit der westlichen Zivilisation«:

der Nationalsozialismus.

Selbst nazistische Termini wie »Lügenpresse« evozieren nicht die Erinnerung an die übelste braun-schwarze, antiintellektuelle, reaktionäre Moderne der völkischen Bewegung, von Joseph Goebbels und Alfred Rosenberg, sondern lösen Begeisterung aus. Das ist nicht nur Unwissen und Dummheit. Vielmehr ein gewolltes Liebäugeln. Für Cora Stephan ist es lediglich ein »Trick« Nazis bei PEGIDA und ähnlichen völkischen Aufmärschen als solche zu bezeichnen. Kluge »Bürger« wie Lutz Bachmann oder NDR-Autorin Cora Stephan haben hingegen erkannt, dass es bei der Kritik an PEGIDA um ein »Ablenkungsmanöver« handele. Auch Forderungen wie »Deutschland raus aus der NATO«, die auf PEGIDA-Demonstrationen großformatig propagiert werden, stören den neoliberalen, konservativen, angeblich pro-amerikanischen Kurs von Blogs wie Achgut gar nicht.

Henryk M. Broder kokettiert mit dem Extremismus der Mitte, den (nicht nur) ostdeutschen Spießbürgern, den Nationalisten, Rechtsextremisten, Neonazis und Rassisten und Antisemiten von PEGIDA und seine Gefolgschaft wie Matthias Matussek, der Kritiker der völkischen Dresdner Bewegung mit der Hitlerjugend (HJ) vergleicht, Hamed Abdel-Samad, der auch auf Facebook eine »irrationale Angst« der PEGIDA-Kritiker sieht, oder Cora Stephan sekundieren die Agitation gegen »den« Islam oder entwirklichen die rechtsextreme Gefahr. Broder ist blind ob der Teilnahme von antijüdischen Beschneidungsgegnern an den PEGIDA oder HOGESA Aufmärschen – wie Michael Stürzenberger, Bundesvorsitzender von der Kleinstpartei Die Freiheit, oder der großen Website Politically Incorrect (PI) – und schreibt:

»Wenn sich aber eine nationale Einheitsfront formiert, in der die christlichen Kirchen, der Zentralrat der Juden, die Gewerkschaften, das Handwerk, die Arbeitgeber und die üblichen Verdächtigen aus dem Kulturbetrieb Seit an Seit marschieren und alle, die an dieser Prozession nicht teilnehmen wollen, zu Dumpfbacken, Nationalisten, Rassisten, Nazis und einer ›Schande für Deutschland‹ erklärt werden, dann stimmt irgendetwas nicht mit der gelebten Demokratie in unserem Land.«

Wenn Nazis und Nationalisten, die mit Nazi-Vokabular und Deutschlandfahne »Wir sind das Volk« grölen, nüchtern im Gegensatz zu PEGIDAs Zwillingsbruder HOGESA (Hooligans gegen Salafisten), erhebt sich Broders Stimme gegen Kritiker und nicht gegen den rassistischen Mob. Er sieht gar nicht, dass es PEGIDA nicht um die islamistische Gefahr wie aus Iran oder den Judenhass von Islamisten geht. Viele PEGIDA-Aktivisten sind selbst Antisemiten und waren seit 9/11 auf Demonstrationen gegen Antisemitismus und Islamismus nicht zu sehen, und jene wenigen, die kamen, wie mit einer neonazistischen, Anti-Antifa »German Defence League (GDL)«-Flagge, hätten von den Organisatoren pro-israelischer und anti-islamistischer Kundgebungen besser des Platzes verwiesen gehört.

Dabei ist Broders Kritik an der antiamerikanischen Schadenfreude ob des 11. September und der Trivialisierung des Islamismus so aktuell wie zuvor. Denn weiterhin schreiben Altlinke wie der Herausgeber der einzigen linken Publikumszeitschrift in diesem Land, Konkret, Hermann L. Gremliza, im Dezember 2014 über den islamistischen Massenmord im World Trade Center am 11. September 2001 und die islamistischen Enthauptungen, Pogrome und Massenmorde in den letzten Jahren:

»Der Krieg, der seit dem Ende des Kalten geführt wird, spielt sich nicht da ab, sondern dort, wo die USA von Natur aus zuständig sind: weit hinten in der globalen Türkei. Er heißt war on terror und hat eine sechs-, bald siebenstellige Zahl an Menschen jeden Alters und Geschlechts umgebracht. Nicht Menschen im engeren Sinn, versteht sich, um die ein Aufhebens zu machen sich lohnte wie um die drei bis vier in Allahs Namen abgeschlachteten Amerikaner, Briten und Franzosen, die tagelang die Bildschirme füllten.« (Konkret 12/14)

Nach einer knappen Übersicht über weltweite »Sprenggürtel«-»Märtyrer«, »failed states«, »Islamisten und Mörderbanden« von »Nord- und Zentralafrika«, Erdogan, Syrien, Irak, Pakistan, Hindukusch, Hongkong bis hin nach Korea resümiert Gremliza:

»Überall legen die USA Lunten, ziehen sie ›rote Linien‹, stellen Ultimaten, schicken Drohnen, werfen Bomben.«

Dieses perfide, antiamerikanische, den Jihadismus und Islamismus als Phänomene sui generis negierende, delirierende, linke Gerede bekommt im antiwestlichen, die USA dämonisierenden Verschwörungswahnsinn der »Russia Today« / »Friedenswichtel«-Szene um das »Compact«-Magazin und Jürgen Elsässer, der früher als quasi Nachfolger Gremlizas aufgepäppelt worden war, ehe es zum Bruch kam, ein Echo.

Viele, die im Sommer angesichts des Pro-Hitler- und Pro-Holocaust-Gebrülle von (organisierten) Islamisten und (unorganisierten) Muslimen und ihren extrem rechten und linken Freunden schwiegen, sind jetzt lautstarke Kritiker von PEGIDA. Doch warum nur Nationalismus und Rassismus kritisieren und zum Antisemitismus schweigen? Linke zelebrierten mit ihren islamistischen und neonazistischen Kolleg_innen ein antizionistisch-antisemitisches Hassfestival auf den Straßen EUropas.

Was viele in der »Pro-Israel«-Szene sich jedoch weigern zu sehen: es gibt eine zunehmende Zahl von Leuten, die gegen Antisemitismus und Israelhass wie auch gegen PEGIDA, Nationalismus, Rassismus, Agitation gegen »den« Islam und Muslime und Flüchtlinge sich wenden.

2014 war somit ein Jahr der schrecklichen Klarheit: Viele Kritiker des antizionistischen Antisemitismus schweigen nicht nur zu PEGIDA, sondern stimmen in den völkischen Chor gegen Flüchtlinge, Muslime, »den« Islam, »die Lügenpresse«, »die Parteien« und »das System« mit ein, sei es offen, verbrämt oder klammheimlich.

Schließlich haben sich einige Liberale und Linke als Kritiker sowohl des Antisemitismus als auch des Rassismus, Deutsch-Nationalismus und Islamhasses erwiesen.

Wer vom Extremismus der deutschen Mitte und von PEGIDA nicht reden will, soll von der islamistischen Gefahr schweigen.

 

Der Autor, Dr. phil. Clemens Heni, promovierte 2006 über »Ein völkischer Beobachter in der BRD. Die Salonfähigkeit neu-rechter Ideologeme am Beispiel Henning Eichberg« an der Universität Innsbruck; 2011 publizierte er die Studie »Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11«, 2013 das Buch »Antisemitism: A Specific Phenomenon. Holocaust Trivialization – Islamism – Post-colonial and Cosmopolitan anti-Zionism«.

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