Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Der Mord an dem rechtsextremen Influencer und Aktivisten Charlie Kirk hat den Kulturkampf der Rechten gegen Linke noch weiter munitioniert. Man darf Antisemiten, Volksverhetzer und Sexisten nicht ermorden.

Menschliches Zusammenleben wäre sonst nicht möglich.

Da sehr viele Menschen Antisemiten sind, noch mehr Menschen sind Sexisten, wieder andere kapitalistische Verbrecher, viele sind gegen Israel, evangelikale Christen sind gegen Abtreibung, Feminismus und ein selbstbestimmtes Leben, Neonazis machen Witze über den Holocaust – die kann man nicht alle töten wollen, das wäre absurd. Man darf auch keine Influencer oder Superreichen oder Staatspräsident*innen ermorden, weil sie eine gefährliche Politik machen oder einem nicht passen.

Dass die Welt voll ist von unangenehmen, abstoßenden bis ekligen Existenzen, ist so. Und nicht erst heute.

Das ist bitter, aber kaum zu ändern.

Man muss dafür kämpfen, dass solche Leute nicht die Macht bekommen. Doch dieser Kampf wurde zum Beispiel und epochenprägend 2016 in den USA stellvertretend für den ganzen Westen verloren.

Trump wurde damals erstmals Präsident, Inauguration im Januar 2017.

Das war und ist die Katastrophe für die Demokratie in den USA und weltweit ein Fanal: Hetze und rechte Politik lohnen sich, man wird dadurch reich und mächtig. Das ist die Message. Und sie verfängt bei vielen, sehr vielen. Auch bei jungen Menschen.

Ob der mutmaßliche Mörder von Charlie Kirk vom 10. September 2025 aus politischen Motiven handelte, ein Linker oder doch eher selbst ein MAGA-Anhänger ist, ist weiter unklar. Doch selbst die bloße Erwähnung, dass Kirk vielleicht von einem aus den eigenen Reihen ermordet wurde, führte in den USA zu einem Durchdrehen im Medienbetrieb und der Komiker und Talkshow-Moderator Jimmy Kimmel wurde umgehend vom Sender ABC entlassen, nachdem Trump das indirekt eingefordert hatte. Das Ende der Meinungsfreiheit in den USA, eine Katastrophe in einem gespaltenen Land. Eine Spaltung die Trump ja möchte und täglich verschärft.

Trump macht gegen kritische Medien und alle, die gegen die Neue Rechte aktiv sind, aggressiv mobil, wie Anja Osterhaus von Reporter ohne Grenzen in der Tagesschau sagt.

Dabei geht es um die skandalöse Absetzung von Kimmel, aber auch um die geplante Verkürzung der Visas in den USA für Auslandskorrespondent*innen. Bislang galten die fünf Jahre und sollen in Zukunft nur noch acht Monate gelten.

Trump möchte eine ihm genehme Presse, Demokratie, Meinungs-, Presse- und Wissenschaftsfreiheit – denken wir an seine Kampagne gegen die Universitäten, die ihre Unabhängigkeit verlieren sollen, vorgeblich, um „Antisemitismus“ besser bekämpfen zu können – zählen nicht.

Der antisemitische Verschwörungsanhänger Trump behauptet, gegen Antisemitismus, den es ja unzweifelhaft gibt, an amerikanischen Universitäten vorzugehen. Doch ihm geht es nicht wirklich um den Kampf gegen Antisemitismus, sonst wäre er nicht Trump.

Ihm geht es um ein ein autoritäres Durchregieren ohne Diskussion, um ein Einschüchtern von Trump-Kritiker*innen und -gegner*innen. Jüdische und zionistische Senatoren wie Chuck Schumer und andere verwahren sich gegen Trumps Versuch mit dem Vorwand, gegen Antisemitismus zu sein, die Wissenschaftsfreiheit auszuhöhlen.

Womöglich war der Mörder von Charlie Kirk ein Vertreter der völlig vom Internet abhängigen Gamer-und-Meme-Unkultur, wie die taz schreibt:

In einem Blogpost hat die Autorin Berit Glanz Taten wie diese als „Brainrot-Morde“ bezeichnet. Damit spielt sie auf einen Memetrend an, der auf sinnentleerten, „hirntoten“ Humor setzt. Einiges spricht dafür, dass der Kirk-Schütze Teil dieses neueren Phänomens ist: Junge Menschen – nicht besonders politisch, dafür aber sehr aktiv in Online-Subkulturen – begehen Attentate, mit denen sie ihre Memereferenzen und Insider-Jokes in brutaler Weise in die echte Welt tragen.

Die von der taz verlinkte „Polarkreiskorrespondentin“ Berit Glanz schreibt Nachdenkliches über die Gefahren der Onlineunkultur und die Ignoranz, Naivität oder gefährliche Arroganz jener, die nur offline leben:

Die Veränderung der Welt durch Internetkultur betrifft mittlerweile eben nicht mehr nur Einzelpersonen, die einfach mal Gras anfassen sollten. Internetkultur ist keine Nische mehr, die man wahlweise ignorieren oder als obskuren Quatsch verlachen kann – wie es beispielsweise noch bei GamerGate vor zehn Jahren der Fall war. Es fühlt sich wirklich unfassbar an, dass man das 2025 überhaupt noch benennen muss. Das Internet ist in den letzten Jahren zentraler Teil einer Radikalisierungspipeline geworden, mit unterschiedlichen Phänomenen, Subkulturen und Referenzrahmen. Die massive Ausdifferenzierung verschiedener Communities trägt dazu bei, dass es immer schwieriger wird Subkulturen mit komplexen eigenen Codes und Referenzen zu verstehen. Dafür braucht es Expert*innen, die diese Kulturen nicht nur erklären, sondern auch dechiffrieren können.

Der Publizist Philipp Greifenstein, den Glanz positiv hervorhebt und verlinkt, analysiert den Antisemitismus von Charlie Kirk:

Besonders ins Auge sticht der Antisemitismus, der zahlreichen Äußerungen Kirks zugrundeliegt und den er ganz offen bekundet hat. So sah er in Film-, Kultur- und Medienbranchen eine jüdische Übermacht am Werk. Er unterstellte „den Juden“, durch massenhafte Einwanderung an der „Überfremdung“ der USA zu arbeiten (Great Replacement Theory). Jüdische Investoren, so Kirk, steckten hinter liberalen Initiativen an Colleges und der „Black Lives Matter“-Bewegung. Übersetzt in traditionelle Begrifflichkeiten bedeutet das: Charlie Kirk glaubte und verbreitete den Mythos von einer „jüdischen Weltverschwörung“.

Weil er bis zuletzt die Kriegsführung Israels im Gaza-Streifen verteidigte, bezeichnete der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu ihn in einem Statement nach seinem Tod als einen „löwenherzigen Freund Israels“. Ein unfreiwillig treffendes Statement, denn Kirk stand dem evangelikal-messianischen Zionismus nahe, der alte Kreuzfahrer-Tropen ausschlachtet und demzufolge durch einen großen Krieg im Heiligen Land der jüngste Tag anbrechen soll. An Kirks Antisemitismus wird inzwischen auch in israelischen Medien erinnert.

Der von Greifenstein zitierte Blog-Text in der Times of Israel von Dan Jacobs schreibt zum Antisemitismus von Charlie Kirk und zitiert den Hetzer:

„Die wichtigste Finanzierungsquelle für radikale, offene Grenzen, neoliberale, quasi-marxistische Politik, kulturelle Einrichtungen und gemeinnützige Organisationen sind jüdische Spender … Sie kontrollieren nicht nur die Hochschulen, sondern auch gemeinnützige Organisationen, Filme, Hollywood, einfach alles.“

Die a-sozialen Medien sind der entscheidende Faktor in den heutigen Hasskampagnen, die bis hin zu Mordaufrufen wie gegen Dunja Hayali und andere führen. Darauf weist auch die Publizistin Ingrid Brodnig in einem interessanten Gespräch mit dem WDR hin.

Auch Radikalfeministinnen, die sich für ein Leben jenseits der 08/15-Normalfamilie und jenseits des natalistisch-patriarchalen Imperativs einsetzen, werden so bedroht. Weil viele andere Meinungen nicht ertragen können. Und das sind großteils extreme Rechte. Was wiederum die Linken nicht exkulpiert, deren Klatschen oder Schweigen am 7. Oktober zeigt die Gewaltaffinität von sehr vielen Linken, wenn es um den Mord an Juden und Israelis geht.

Nicht zuletzt die an sich marginale Pro-Israel Szene in Deutschland hat wiederum gejubelt, als Trump 2016 erstmals als Präsident gewählt wurde, ja sie hat mitunter Trump hegelianisch gerechtfertigt und raunt bis heute, dass es doch unterm Strich gut ausgehen würde für Juden und Israel – wegen Trump. Dass es auch wegen Trump das schrecklichste antisemitische Massaker in den USA gab – in der Tree of Life Synagoge in Pittsburgh am 27. Oktober 2018, als ein Rechtsextremer 11 Juden ermordete – und seine Verschwörungsmythen Millionen von Menschen fanatisieren und in solchen Verschwörungsmythen immer antisemitische Tropen enthalten sind – das interessiert sie nicht.

Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Kapitalismus – das sind alles sehr üble Ideologien, Tendenzen und Ansichten. Aber man darf deshalb diese Leute nicht ermorden. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Doch das reicht den rechten Hetzern nicht. Man darf nicht erwähnen, wer Charlie Kirk war. Tut man es, so wie es die Journalistin Dunja Hayali getan hat, bekommt man Morddrohungen. Gerold Riedmann schreibt im österreichischen Standard:

Nahezu jeder, der nach Kirks Ermordung wagte, ihn inhaltlich zu kritisieren, wurde in einen Shitstorm gezerrt. Es reichte, die Dinge klar zu benennen, sei es auch nur im deutschen Fernsehen. Nichts von dem, was Journalistin Dunja Hayali vor einer Woche über Kirk im ZDF sagte, war falsch. Der Ermordete sei ein „extremer und extrem umstrittener Influencer“ gewesen, so Hayali unter anderem. Die heftigen Reaktionen reichten von Todeswünschen bis zu Todesdrohungen, Hayali verabschiedete sich in eine Pause. Das rechtspopulistische Portal Nius des ehemaligen BildChefredakteurs Julian Reichelt befeuerte – wieder einmal – den digitalen Hass.

In der Wiener Zeitung schreibt Eva Sager knapp und klar:

Hinter der öffentlich bekundeten Anteilnahme und Trauer steht meistens eben auch ein dezidiertes politisches Ziel. Kirk selbst war einer der führenden rechten Kulturkämpfer, er nannte Abtreibungen schlimmer als den Holocaust, forderte „Nürnberger-Prozesse“ für Ärzt:innen, die geschlechtsangleichende Operationen durchführen und erklärte den Islam für nicht kompatibel mit westlichen Werten. Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Wer das ignoriert, lässt sich einspannen.

Wenn wir uns erinnern, wie der Springer-Konzern den Tech-Milliardär, Aktivisten und X-Inhaber Elon Musk publizierte und somit promotete mit dessen Wahlplädoyer für die AfD kann man sehen, wie weit die Neue Rechte dabei ist, unser Leben massiv zu bestimmen. Der Journalist Patrick Gensing schreibt dazu:

Die Regeln dieses Raumes werden von wenigen, sehr mächtigen Akteuren gesetzt. Wenn der reichste Mann der Welt, Elon Musk, auf einer Demonstration von Rechtsextremen in London per Videoschalte zu einer Art Endkampf aufruft und gleichzeitig mit X eines der größten Medienunternehmen der Welt betreibt, verschieben sich die Koordinaten dramatisch. Musk profitiert doppelt: von der Radikalisierung der Debatten, die auf seiner Plattform stattfinden, und von seiner eigenen Inszenierung als angeblicher Verteidiger der Meinungsfreiheit.

Dunja Hayali hatte als Moderatorin des ZDF Heute-Journals am 11. September 2025 (21:45 Uhr) die Ermordung von Charlie Kirk als zentrales Thema der Sendung. Sie sagte gleich zu Beginn ihrer Moderation:

Wo soll das alles hinführen? Im Land der Meinungsfreiheit, den USA, scheint es immer weniger möglich zu sein, andere Meinungen auszuhalten oder dagegen zu halten, ohne dass es eskaliert. Opfer dieser zunehmenden Spannungen wurde gestern Charlie Kirk. Der 31-jährige war ein extremer und extrem umstrittener Influencer, der für Donald Trump seit Jahren massiv die Werbetrommel gerührt hat. Insbesondere bei jüngeren Konservativen, Christlichen und auch Rechtsradikalen, kam er sehr gut an. Gestern wurde Kirk bei einem Auftritt an der Utah Valley University erschossen. Der Täter ist weiter auf der Flucht und viele Fragen sind weiterhin offen.

Nach einem Einspieler aus den USA kommentiert Hayali:

Dass es nun Gruppen gibt, die seinen Tod feiern, ist mit nichts zu rechtfertigen. Auch nicht mit seinen oftmals abscheulichen, rassistischen, sexistischen und menschenfeindlichen Aussagen. Offensichtlich hat der radikal-religiöse Verschwörungsanhänger aber auch genau damit einen Nerv getroffen.

Das ist eine treffende und journalistisch-professionelle Einordnung dieser Person.

Doch rechten Medien aller Art war das zu viel Einordnung, zu viel Kontext und zu viel Kritik an einem von den ihren. Dabei hat sich Hayali eindeutig von dem Mord distanziert und ist sogar bekannt dafür, auch mit sehr problematischen Leuten oder Organen zu reden. Doch Rechte vertragen keine Kritik. Schon gleich gar nicht, wenn es um einen der einflussreichsten Influencer ihrer Kernthemen geht: Migration, Frauen, Feminismus, Transmenschen, Abtreibung, Holocaustverharmlosung.

Kirk sagte im Juli 2025, dass „wir“, die „Turning Point America“-Bewegung, die er selbst gründete und anführte, die USA von „super woke“ zu „super patriotisch“ gemacht hätten. In einem Gespräch mit dem „Intelligencer“ betont die Journalistin Kyle Spencer, die sich seit Jahren mit dem Aufstieg der Neuen Rechten und mit Charlie Kirk beschäftigt hat, dass es gerade gar nicht sehr woke zugehe an vielen Campussen, sondern reaktionär, nationalistisch und rechts.

Und diese Agitation gegen „woke“ an und für sich hört man auch bei Akademikerinnen und Akademikern, meist jedoch nur privat, weil sie sich das öffentlich noch nicht immer trauen, jedenfalls nicht, wenn sie eine Universitätskarriere anstreben oder nicht frühzeitig beendet wissen wollen.

Kirk trug T-Shirts mit der Aufschrift „resist the Left“.

Er verglich das Tragen von Masken, so absurd und epidemiologisch sinnfrei es war, mit der Kontrolle von Waffenbesitz. Beides würde einen in Sicherheit wiegen, die es nicht gebe.

Kirk hoffte, dass sich die Musikerin Taylor Swift nach ihrer Verlobung mit dem Sportler Travis Kelce diesem „unterordne“, was sein reaktionäres Frauenbild unterstreicht, das zu seinem christlichen Glauben passt.

Die rechtsextreme MAGA-Bewegung – Make America Great Again – von Donald Trump hatte in Kirk einen ihrer wichtigsten Vertreter der jüngeren Generation. Dass der Staatschef des mächtigsten Landes der Erde auf der Beerdigungsfeier für Kirk spricht, ist skandalös und zeigt, dass Amerika keine wirkliche Demokratie mehr ist, sondern ein autokratischer Staat, der zwar noch eine Gewaltenteilung hat, aber der Präsident agiert wie ein Alleinherrscher, der rechtsextreme Ideologie promotet und fördert.

Schließlich ist bemerkenswert, dass in dem eigentlich recht knappen Kommentar von Hayali zwar richtigerweise der Rassismus und Sexismus von Kirk thematisiert wird, aber das Schlimmste, was Kirk jemals sagte, kommt hier nicht vor. In einer Diskussion mit einer Studentin auf einem Campus lehnte Kirk Abtreibungen kategorisch ab und trivialisierte den Holocaust, die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Deutschen (und ihre Helfershelfer), auf folgende Weise:

„Du verwendest eine entmenschlichende Sprache, wenn Du sagst: ‚Oh, es ist nur ein Embryo‘. Nein, es ist ein Baby, geschaffen nach dem Ebenbild Gottes, das Schutz verdient. Es ist niemals richtig, die Massenvernichtung von Menschen unter dem Vorwand zu rechtfertigen, dass sie unerwünscht sind. So kommt es zu Auschwitz, so kam es zum größten Horror des 20. Jahrhunderts“.

Sodann fragte eine Studentin:

„Du vergleichst also Abtreibung mit dem Holocaust?“

Charlie Kirk: „Ja, das tue ich. Tatsächlich ist es sogar noch schlimmer. Es ist schlimmer. Es ist schlimmer. Es sind tatsächlich 45 Millionen Babies. Es ist achtmal schlimmer als der Holocaust.“

Dieser Antisemitismus wurde von den allermeisten auf diesem Campus beklatscht, ja sie johlten. Das zeigt, wie judenfeindlich und antisemitisch die religiös-indoktrinierte Jugend in den USA ist. Und einer, der sie so indoktrinierte, war der Antisemit Charlie Kirk.

Das ist aber kein Grund ihn umzubringen.

Antisemiten in den USA und weltweit beginnen jetzt den Mord an Kirk Juden und Israel zuzuschieben. Der von Kirk vielfach beschworene antisemitische Verschwörungsmythos wie der angeblich „gestohlenen Wahl“ von Trump im Jahr 2020, als er gegen Joe Biden die Wahl zum US-Präsidenten verlor, kehrt jetzt in anderem Kontext wieder.

Juden und Israel werden nun von antisemitischen Influencern und Hetzern beschuldigt, Kirk ermordet zu haben:

Nach der Ermordung von Kirk machten Antisemiten in den sozialen Medien auf einen fast einen Monat alten X-Beitrag von Harrison Smith aufmerksam. Smith, Journalist des rechtsextremen Medienunternehmens Infowars, hatte zuvor Israel beschuldigt, Jeffrey Epstein ermordet und Präsident Donald Trump daran gehindert zu haben, die sogenannten „Epstein-Akten“ zu veröffentlichen. Er behauptete fälschlicherweise, dass eine „globale Regierung“ von Israel aus die Weltpolitik lenke. (Übersetzung aus dem Englischen CH)

Manche Linken wiederum glauben ebenso an diese Legende von Epstein, Sex, Mossad, Juden und Verschwörung, Israel habe Epstein benutzt um Mächtige zu beeinflussen. Eine perfide antisemitische Verschwörungsideologie, die wir aus dem Mittelalter kennen, als Juden zum Beispiel in der Blutlegende der Mord an christlichen Kindern vorgeworfen wurde, aus deren Blut sie ihre Matzen backen würden.

Diese Obsession mit Blut zeigt sich auch jetzt bei der Heiligsprechung von Carlo Acutis, der als 15-jähriger 2006 an Leukämie starb und jetzt durch die katholische Kirche und den Vatikan heiliggesprochen wurde. Acutis hatte damals eine Sammlung von Beispielen der Blubeschuldigung angefertigt, die viele historische Beispiele zeigt, wo Juden des Jesusmordes beschuldigt wurden oder der ‚Verletzung‘ von Oblaten (daran glauben katholisch-fanatische Christen wirklich). Dass so ein Junge mit so einer Ideologie heiliggesprochen wird, obwohl doch selbst die katholische Kirche im zweiten Vatikanischen Konzil der 1960er Jahre den Mythos ablehnte, Juden seien am Tod Jesu schuld, ist schockierend.

Charlie Kirk hat den antisemitischen Mythos des „Kulturmarxismus“, der Universitäten unterwandere, massiv verbreitet. Das ist ein rechtsextremer Topos den wir aus der Zeit des Nationalsozialismus und schon zuvor in der Hetze gegen den „jüdischen Bolschewismus“ kennen. Zuletzt hatte 2011 der norwegische Neonazi Anders Breivik die Hetze gegen den „Kulturmarxismus“ als Begründung für sein Massaker an Dutzenden Jungsozialist*innen herangezogen.

Auch an Universitäten ist unter neu-rechten Agitator*innen die Rede vom ‚gefährlichen Adorno‘ und der ‚zersetzenden‘ Kritischen Theorie verbreitet. Der Psychologe und Männerbewegungseinpeitscher Jordan Peterson verwendet den Kampfbegriff „Kulturmarxismus“ ebenso.

Der Begriff „Kulturmarxismus“ scheint um 2016 erstmals in den Mainstream-Medien vorzukommen, als der Psychologe Jordan Peterson gegen einen kanadischen Gesetzentwurf protestierte, der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbieten sollte. Peterson machte den Kulturmarxismus für Phänomene wie die Bewegung zur Achtung geschlechtsneutraler Pronomen verantwortlich, die seiner Ansicht nach die Meinungsfreiheit untergräbt.

Der Begriff ist jedoch viel älter. Er scheint erstmals vom Schriftsteller Michael Minnicino in seinem 1992 erschienenen Essay „The New Dark Age“ verwendet worden zu sein, der vom Schiller-Institut veröffentlicht wurde, einer Gruppe, die mit der rechtsextremen Persönlichkeit Lyndon LaRouche in Verbindung steht.

Um die Jahrhundertwende wurde der Begriff von einflussreichen amerikanischen Konservativen übernommen. Der Kommentator und dreimalige Präsidentschaftskandidat Pat Buchanan machte den „kulturellen Marxismus“ für viele der seiner Meinung nach bestehenden Missstände in Amerika verantwortlich, von Frauenrechten und Schwulenaktivismus bis hin zum Niedergang der traditionellen Bildung.

(Übersetzung aus dem Englischen CH)

Doch Marxismus, Adorno und das Kulturestablishment werden von vielen Forscher*innen, Publizist*innen und zumal den Millionen Follower einheizenden sogenannten Influencern abgrundtief gehasst. Judenhass und Anti-Links-Sein sind wieder so angesagt wie zu Zeiten des Nationalsozialismus. Das ist keine Polemik, das ist eine Beschreibung der Wirklichkeit.

Da sind jene neu-rechten Ideolog*innen bis heute im Panikmodus, wenn eine Promotionsordnung an einer Universität beschließt, zukünftig aus Inklusionsgründen das Gendersternchen zu verwenden, ohne zu erwähnen, dass bundesweit die Agitation von der Bundesregierung bis zur bayerischen Staatsregierung doch aggressiv gegen Inklusion und Gendersternchen ist.

Was für ich-schwache Persönchen sind das, die ein Problem mit einem Genderstern haben? Wie unsicher sind solche Professorinnen und Doktoranden oder Publizist*innen und Politiker*innen oder Bauarbeiter, dass sie regelrechte Panik kriegen oder Schreikrämpfe, wenn sie in einem Text oder einer Rede ein Gendersternchen sehen oder heraushören? Was sind das für ich-schwache und somit super autoritäre Würstchen?

Sexismus, Antifeminismus, Transphobie und Antisemitismus gehen sehr eng zusammen und sind Kernpunkte neu-rechter Ideologie.

Der Antisemitismus von Kirk wiederum ist für die Rechten in Deutschland kein Grund, ihn als einen Hetzer zu erkennen, nein, sie agitieren gegen alle, die sich kritisch mit Kirk beschäftigen.

Die Reaktion auf den Mord an Kirk ist ein Grund sich gegen jene Autoren, Hetzer, Professorinnen, Doktoranden, Publizist*innen, Medien zu stellen, die jetzt öffentlich oder auf privaten Geburtstagsfeiern oder beim Smalltalk in der Kneipe die Entlassung von Dunja Hayali fordern und gleichzeitig zum Antisemitismus von Kirk und seinen vielen Millionen Followern schweigen.

Hayali ist Journalistin und hat in dem in Frage stehenden Beitrag die schockierende Realität in den USA analysiert und kommentiert. Das ist wichtig, weil sie somit einen Beitrag zur demokratischen Meinungsbildung leistet. Einen solchen Beitrag will die Neue Reche nicht leisten, sie will den Kulturkampf, sie will den Trumpismus, sie will Holocausttrivialisierer und Antisemiten wie Charlie Kirk als Märtyrer sehen.