Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Corona Seite 3 von 9

Wie krank ist Helge Braun wirklich?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 26. Juli 2021

Diese Frage stellen sich viele Bürgerinnen und Bürger angesichts seiner jüngsten Äußerung:

Zum Thema Schulstart nach den Sommerferien sagte Kanzleramtsminister Braun: Wenn die Inzidenz wie erwartet steige, werde es auch sehr schwer werden, die Infektionen aus den Schulen herauszuhalten. „Daher ist für mich ganz klar: Eltern, Lehrer, Hausmeister und Schulbus-Fahrer müssen sich impfen lassen. Wenn diese Gruppen alle geimpft sind, ist die Gefahr für die Kinder geringer.“

Helge Braun, der Schoßhund von Angela Merkel, sollte empirisch, medizinisch evidenzbasiert zeigen, dass für Kinder von 0 bis 19 Jahren überhaupt eine Gefahr von SARS-CoV-2 ausgeht. Denn dies bestreitet jeder Kinderarzt und jede Kinderärztin, die ihren Beruf gelernt haben.

Es gab in der Bundesrepublik Deutschland vom 1. März 2020 bis zum 11. April 2021 exakt vier (4) Kinder, die an Covid-19 starben: In einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) heißt es, wie ich bereits am 22.5.21 zitierte:

Seit 17. März 2020 hat die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) ein Register geöffnet, in das bundesweit Kinderkliniken stationär behandelte Kinder und Jugendliche mit SARS-CoV-2-Infektion melden. Mit Stand 11. April 2021 (dgpi.de/covid-19-survey-update) wurden in das Register bislang 1259 Kinder aus 169 Kliniken mit ihren detaillierten klinischen Verläufen eingetragen; ungefähr 1/3 der Kinder war jünger als 1 Jahr, 1/3 zwischen 2 und 6 Jahren und 1/3 zwischen 7 und 20 Jahre; 62 der 1259 Patienten (5%) mussten auf einer Intensivstation behandelt werden. Seit Beginn des Registers im März 2020 wurden insgesamt 8 verstorbene Kinder gemeldet, davon waren 3 Kinder in einer palliativen Situation verstorben, in einem Fall war die Einordnung nicht möglich. Bei insgesamt 4 Kindern wurde COVID-19 als Todesursache festgestellt.

Weiter heißt es in der Stellungnahme der Expert*innen, die von Braun bis heute ignoriert wird und die Tagesschau zitiert den irrationalen und viel zu gewichtigen Schoßhund der Kanzlerin trotzdem:

In der Saison 2018/19 wurden nach Angaben des RKI insgesamt 7461 Kinder unter 14 Jahren mit Influenza als hospitalisiert gemeldet, 9 Kinder verstarben. Nach Angaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur lag im Jahr 2019 die Zahl der durch einen Verkehrsunfall getöteten Kinder bei 55, nach Angaben der DLRG die Zahl der ertrunkenen Kinder bei 25.

Wer also weiterhin behauptet, für Kinder ginge von Corona eine Gefahr aus, muss sich fragen lassen, wie krank er oder sie selbst ist, und zwar sehr krank, aber nicht an Corona. Helge Braun möchte die Zwangsimpfung für bestimmte Bevölkerungsgruppen, ohne jede medizinische Evidenz. Dafür sollte er zurücktreten, weil sich das in einer Demokratie nicht gehört. Ende September ist es eh aus mit ihm im Bundeskanzleramt. Aber ein Rücktritt heute wäre noch viel besser.

 

 

Kann es nach Wembley noch Hoffnung auf Vielfalt, Diskussion, Selbständigkeit, Professionalität und anti-hierarchisches Denken geben?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 12. Juli 2021

Schlechter als der englische Trainer kann man sich in einem Finale nicht verhalten. Das fing schon beim traumhaften Tor der Engländer durch Shaw in der zweiten Minute an: ein genialer Eröffnungspass durch Kane nach rechtsaußen auf Trippier, dann die Flanke und Shaw schießt den Ball aus vollem Lauf mit höchstem Risiko per Dropkick ins kurze Eck. Das früheste Tor aller Europameisterschaftsfinals, es waren keine zwei Minuten gespielt.

Doch Southgate jubelte so gut wie gar nicht. Er ahnte, dass England trotzdem verlieren wird. Und dieses Trauma, das ihn selbst seit 1996 begleitet, konnte er nicht abschütteln. Als er in der zweiten Halbzeit merken konnte, dass Italien zwar auch nicht gut, aber doch deutlich überlegen ist, viel mehr Ballbesitz, wechselte er nicht das System, um Druck aufzubauen, speziell nach dem 1:1.

Als dann auch noch der einzige wirkliche offensive Spitzenspieler der Italiener, Chiesa, der mehrere sehr gute Chancen hatte, verletzt vom Platz musste, reagierte er wieder nicht. Das ging bis zur 118. Minute, als er zwei der unbedeutendsten Spieler der Engländer in diesem Turnier einwechselte: Sancho und Rashford. Beide berührten den Ball, soweit ich das im BBC-Livestream sehen konnte, nicht ein einziges Mal in den wenigen Sekunden, in denen sie auf dem Platz standen.

Dann wählte Southgate gerade diese beiden plus Saka, einen anderen jungen Spieler, der auch nur Einwechselspieler war, als die drei letzten Elfmeterschützen aus. Ganz Fußball-England war in Schockstarre ob dieser Entscheidung der Reihenfolge der Schützen. Man sah es schon bei der Einwechslung der beiden „Talente“, dass sie sich nichts von ihrem Einsatz versprachen.

England war nervös, zeigte Menschlichkeit, unglaubliche Aufgeregtheit und Chiellini lachte sich innerlich schief, wie man so naiv und wenig aggressiv sein kann (6 gelbe Karten für die Italiener, nur eine für England) – schauen Sie sich die Fouls der Italiener im Vergleich mit denen der Engländer an. Vor allem Chiellinis Foul an Saka hätte Rot geben müssen, es war brutal, er zog ihn am Trikot am Hals, würgte ihn fast und risse ihn um – und verhinderte eine fast 100-prozentige Torchance, denn Saka hätte freie Bahn zum Tor gehabt.

In einem Interview vor dem Spiel auf BBC live im Fernsehen zeigte sich diese wirklich schwer erträgliche Arroganz der Italiener am Beispiel von Nesta, einem Ex-Spieler, der in schlechtem Englisch meinte betonen zu müssen, dass Italien halt schon sehr erfahren sei mit Finalspielen und England so überhaupt nicht. Das stimmt zwar, aber es kommt auf die Art an, wie man das sagt. Und Ironie oder Selbstironie können halt Italiener fast so wenig wie Deutsche – Engländer hingegen, die können das häufig schon eher. Daher ja „Football is coming home“ – das ist selbstironisch, weil die Engländer doch wissen, dass sie nie gewinnen bzw. seit 1966 nie gewonnen haben und vermutlich nie mehr gewinnen werden.

Daher diese unsagbare Euphorie dieses Jahr und es wäre für dieses Land, das so viele Demonstrationen gegen den Coronawahn gesehen hat, während Italien eines der totalitärsten Corona-Regime hatte, ja das Ursprungsland des europäischen Lockdown-Wahnsinns im chinesischen Stil ist, ungemein wichtig gewesen, dass die three lions gewonnen hätten. Das macht es so bitter, dass gerade das üble Italien gewonnen hat – besser als die Germanen, das ist klar, aber um Welten schlechter als wenn England endlich gewonnen hätte.

Spielerisch hätte es Frankreich verdient gehabt, kein Team hat solche künstlerischen Einlagen gebracht, wie Pogba und Griezmann, auch Mbappé et al. gegen Deutschland und in anderen Spielen. Aber die Spielfreude allein war eben zu wenig, zu wenig auf das Siegen aus, also flog Frankreich raus und Italien wurde Europameister.

England kann Europa jetzt mit dem „Freedom Day“ zeigen, dass man die Coronakrise wenigstens halbwegs demokratisch beenden kann und dass man sie beenden kann, etwas, was Deutschland nicht kann und nicht will. Immerhin war der Heuchler vom Dienst, Keir Starmer, Chef der Labour-Party, auch im Stadion, obwohl doch seine von Panik zerfressenen Labour-Kolleg*innen davor warnten.

Das Problem der bürgerlichen Gesellschaft heißt Hierarchie und Unselbständigkeit. Es gibt immer andere, die für einen entscheiden, hier der Trainer oder, unendlich schlimmer: Die Regierung, das Corona-Panikorchester und „die Experten“.

Und das Allergefährlichste sind hilflose, aber machtbesessene Menschen. Wir erleben das tagtäglich seit März 2020 in der präzedenzlosen Corona-Krise. Die Herrschenden haben keine Ahnung, ob Masken schützen oder nicht, also wird es zum Zwang, sich zu vermummen, sie haben keine Ahnung, ob Geimpfte weiterhin „ansteckend“ sind, also wird jeder Mensch so eingeschüchtert, dass er oder sie sich lieber impfen lässt (500 € Prämie, oder ein Hamburger und Pommes oder die Aussicht, in den Urlaub fahren zu dürfen), als von der Belegschaft mit ihren hässlichen Fratzen gelyncht zu werden.

Der denkende Teil der Bevölkerung (weniger als ein Prozent?, das wären über 800.000 Menschen, ich glaube nicht, dass es so viele selbst denkende Menschen in diesem Land gibt) weiß, dass Corona für fast alle Menschen unter 70 total ungefährlich ist, das zeigten schon die allerersten Todeszahlen aus Bergamo am 12. März 2020, oder noch viel früher die wenigen Toten auf dem Schiff Diamond Princess, auch das nur alte Menschen, die fast alle vorerkrankt waren, wie in Bergamo.

Die Alten sind alle geimpft, so sie es wollten und das selbst bestimmen konnten, also kann es gar keine fünfte oder siebte Welle im Herbst 2022 oder Februar 2024 geben. Wenn doch, dann wirkt halt die Impfung doch nicht – das wäre Pech, aber auch nicht dramatisch, weil es ja schon ohne Impfung im Jahr 2020 weltweit so gut wie keine Übersterblichkeit gab, gerade in Deutschland nicht. In Schweden gab es ohne Lockdown und ohne Maskenwahn weder in Schulen noch in der Gesamtgesellschaft eine Krise. Alles ohne Impfung.

Schweden agierte besonnen und gerade nicht hilflos. Doch die Hilflosigkeit schlug zumal in Deutschland bereits im März um in totalitären Machbarkeitswahn. Einfach mal alles schließen – das war die post-faschistische Antwort aus Rom und alle europäischen Ländern folgten, eben bis auf das demokratische Schweden. Auch Amerika machte großteils mit, doch seit Herbst 2020 sind zentrale Bundesstaaten wie Florida oder Georgia und Texas nicht mehr mit dabei, sie wenden sich gegen Impfpässe, es gibt keine Strafen mehr für ein Nicht-Beachten von Maskenpflichten und die Stadien sind in Texas bis zu 100 Prozent gefüllt mit Fans (Texas Rangers).

Es war unprofessionell, sich nicht die ganze Vielzahl von Meinungen zur Corona-Krise von Anfang anzuhören. Merkel, Scholz, Söder, Laschet und Kretschmann drehten völlig durch und spürten, dass ein großer Wille nach einem regelrechten Krieg gegen ein Virus vorhanden ist, Macron folgend. Es stellt sich die Frage, wie muss eine Gesellschaft strukturiert gewesen sein, vor dem März 2020, dass so ein totalitäres Regime einfach so, von heute auf morgen, installiert werden konnte? Warum gibt es bis heute keine Aufstände, keine brennenden Barrikaden überall, keine Polizeieinheiten, die sich auflösen und den Wahn nicht mehr mitmachen?

Auf dem prolligen, primitiven Niveau des Fußballs lief es gestern nicht anders. Anstatt sich mit den zentralen Spielern wie Kane, Sterling, Phillips, Shaw und Maguire zu besprechen, zitterte sich der englische Trainer ganz allein mit seinen Zetteln durch seinen Kreis von Spielern und fällte die schlechtesten Entscheidungen, die man nur treffen konnte. Drei junge Spieler, die für den Turnierverlauf so gut wie keine  Bedeutung hatten, da sie kaum spielten, wurden als die drei letzten Schützen im Elfmeterschießen bestimmt.

Zwei davon hatten nicht eine einzige Ballberührung gehabt, da nur wenige Sekunden vor Abpfiff eingewechselt. Natürlich ist Elfmeterschießen immer Glückssache, das weiß jeder. Aber man kann das Glück auch absichtlich ignorieren, indem man zudem die unerfahrensten Spieler dafür einteilt, die sich dann auch noch kasperlmäßig trottelhaft verhalten, den Anlauf verzögern, rumhampeln und verschießen. Kane und Maguire sind Profis und wussten, wie man einen Elfmeter schießt, was sicher keine leichte Sache ist in so einem Finale obendrein, mit 30+ Millionen Zuschauer*innen in England und Hunderten Millionen in ganze Europa.

Natürlich ist Fußball lächerlich, es geht primär darum, dass Deutschland nicht gewinnt und deshalb war der Sieg der Italiener 2006 im Halbfinale der WM in Dortmund so wichtig und unsere Jubelschreie in Berlin-Friedrichshain konnte man noch in Charlottenburg hören, da die Stadt so in Schockstarre gefallen war und totenstill. Doch der gestrige Sieg der Italiener war unverdient, weil sie übers Turnier gesehen kein herausragendes Team waren – Spanien war spielerisch sicher besser, hatte aber auch Pech im Elfmeterschießen -, doch die typische italienische Arroganz (analog zur deutschen) hat wieder mal gewonnen.

Wie die Arroganz des totalitären Corona-Regimes weiterhin jeden Tag gewinnt – bis wir sie brechen, die Arroganz und die Irrationalität und Brutalität. Ungarn hebt die Maskenpflicht auf, in Holland gilt sie auch nicht mehr und Außenminister Heiko Maas hat gesagt, dass alle – alle – Coronamaßnahmen im August oder September 2021 aufhören müssen, sobald jeder Erwachsene ein sogenanntes Impfangebot bekommen hat. Das ist eine Ohrfeige für die Kanzlerin, die in ihrem Impfimperialismus und totalitären Machbarkeitswahn im Bundestag nochmal gesagt hat, dass die Krise erst vorbei sei, wenn die gesamte Menschheit geimpft ist.

Merkel und ZeroCovid werden verlieren – oder die Menschheit geht zugrunde und ist für viele Jahre vom Corona-Regime versklavt.

Diese Ohrfeige für Merkel war sehr schön und von einem führenden SPD-Mann nicht zu erwarten. Der große Vorteil Amerikas liegt darin, dass Fußball dort eine geringe Rolle spielt und Nationalteams im Vergleich zum Vereinssport kaum Bedeutung zukommt. Das korreliert sehr wohl mit der großen Autonomie der US-Bundesstaaten. Dort gibt es noch echte Konflikte zwischen den politischen Lagern und keine Präferenz für die Volksgemeinschaft wie in Deutschland. Ob Maas aus diesem Konsens jetzt tatsächlich ausschert und bei seiner Position bleibt, dass ein bloßes Impfangebot, das der denkende Teil der Bevölkerung ablehnen wird, ausreichen muss, damit der ganze Corona-Wahn endet, das wird sich zeigen.

Es braucht weniger Hierarchie und mehr Diskussion. Hätte sich Southgate mit Kane, dem Kapitän, Sterling, Maguire und Shaw unterhalten, hätten sie eventuell spätestens ab der zweiten Halbzeit offensiver gespielt und das 2:0 gemacht und niemals im Elfmeterschießen diese drei Bubis aufgestellt. Tragisch für England, aber es gibt sicher alsbald schwarzen Humor und Selbstironie, zwei Begriffe, die weder Deutsche noch Italiener kennen.

 

Baerbock wäre womöglich noch fanatischer als Jens Spahn und die CDU/SPD

Von Dr. phil. Clemens Heni, 22. Juni 2021

Auf meinen vorletzten öffentlichen Tagebucheintrag zu „Wäre Baerbock soooo irrational, fanatisch und totalitär wie Jens Spahn?“ bekam ich einige sehr interessante und treffende Zuschriften. Zustimmend schrieben mir Leser, dass ich mit der Einschätzung Spahns völlig richtig liegen würde, nur Baerbock würde ich unterschätzen, sie fordere gar FFP2-Masken für Kinder bzw. forderte solche totalitären Wahnsinns-Masken schon vor Spahn. Das ist richtig, dass der grüne Corona-Fetischismus und -Totalitarismus unerträglich ist und es könnte sogar ein wichtiges Element beim Opportunisten Spahn fehlen: Die ideologisch weltanschauliche Dimension. Die Grünen sind und waren (1999) Kriegstreiber, Antikommunisten (Ukraine, wobei ich die Gefahr von Putin entgegen vielen anti-grünen antiimperialistischen Linken und Altlinken nicht unterschätze) und autoritäre Charaktere, die beim Klimawandel nur Gehorsam und Dirigismus wollen, analog zur Corona-Zeit.

Mein Grund für den Text war gleichwohl von großer tagespolitischer Relevanz: Wie erfolgreich große, einflussreiche Kapitalistenkreise in diesem Land mit antisemitischen Motiven eine regelrechte Hetzkampagne gegen eine grüne Frau machen können und in wenigen Tagen zumindest nach Umfragen die CDU wieder ihren bürgerlichen 8-Prozent Abstand zu den Grünen hergestellt hat und niemand mehr von Baerbock als auch nur theoretisch möglicher Kanzlerin spricht.

Nun bin ich als intellektueller Kritiker ohnehin gegen einen deutschen Kanzler, es hätte nach 1945 niemals einen deutschen Nationalstaat wieder geben dürfen. Nie wieder Deutschland.

Realpolitisch waren es, da hatten die Zuschriften völlig Recht – die Grünen unter der SPD-Führerschaft von Gerhard Schröder, die 1999 einen Angriffskrieg auf Jugoslawien starteten (Kosovo-Krieg) und Joschka Fischer verharmloste Auschwitz, das er mit serbischer Politik gegen das Kosovo verglich. Man muss sich das schon wieder vor Augen führen, wie der damalige Außenminister unter Rot-Grün den präzedenzlosen industriellen Mord an den Juden in Auschwitz mit einer nationalistischen Politik im Jahr 1999 sehr wohl auf eine Stufe stellte. Mehr Auschwitzverharmlosung zum Zwecke eines Krieges – eines deutschen Krieges – gab es selten zuvor in dieser realpolitischen Dimension.

Im Fall der Ukraine stehen die Grünen in der Tradition des deutschen Antikommunismus vom „Schwarzbuch des Kommunismus“ (1997), über das seinerzeit Hermann L. Gremliza schrieb.

Das alles ist mir also wohl bewusst und ich danke den Lesern für ihre freundliche Hinweise in diese Richtung. Auch die natalistische Agenda ist bei Baerbock noch schärfer ausgeprägt als bei Spahn, der gleichwohl als kinderloser Schwuler sehr aggressive Familienpolitik betreibt, wie die Radikalfeministin Verena Brunschweiger in einer Diskussionssendung der Deutschen Welle zur Kritik der Erhöhung des Beitrags kinderfreier Menschen zur Pflegeversicherung betont. Insbesondere stellt Brunschweiger die sehr naheliegende Frage, was das für Leute sein müssen, die während des Lockdowns sich fortpflanzen und offenbar die Kindesmisshandlung via Masken, Test und Abstand so geil finden, dass sie es noch mehr Kindern zumuten – Deutschland hat aktuell die höchste Geburtenrate seit Ende der 1990er Jahre. Offenbar geht es doch primär um Zeitvertreib oder narzisstische Delegation und nicht um das Wohl eines Kindes. WTF.

Bei der irrationalen, medizinisch grotesken und antidemokratischen, ja totalitären ZeroCovid-Bewegung sind auch Grüne mit dabei wie „Campusgrün – Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen“. Das sind dann die zukünftigen Staatssekretär*innen und Abteilungsleiter*innen von Spahn oder Baerbock.

Wie eine verglichen mit Europa noch wahnsinnigere Coronapolitik aussieht, die JEDE – jede – „Infektion“ (also einen positiven Test) eliminieren möchte, zeigt Australien. Dort gibt es seit Wochen panikartige Fluchtversuche der Bevölkerung vor dem Lockdown. Vorgestern berichtete der TV-Sender Sky, dass laut einer Umfrage 30 Prozent der Bewohner*innen des Bundesstaates Victoria (6,6 Mio) mit der Hauptstadt Melbourne (4,3 Mio) lieber das Land verlassen würden, wenn es die Arbeit ermöglichen würde („Melburnians ‚prefer to live elsewhere‘, poll finds„). Das mag ganz offensichtlich viel mit Corona zu tun zu haben.

Der Kabarettist Florian Schröder hat in der ARD die ZeroCovid-Wahnsinnigen kritisiert und ging dabei sowohl auf die Nähe dieser Leute zu China, als auch auf die Situation in Australien ein. Ihm ging es eher um die sozialistische Weltbeglückungsideologie der Linken, ohne den kapitalistischen Kern der de facto ebenfalls ZeroCovid-Ideologie der kapitalistischen Spahn, Merkel oder Scholz zu erkennen, aber immerhin ist er gegen den linken ZeroCovid-Wahn.

Und natürlich, wem sage ich es, wäre zuletzt die Verlängerung der ebenso irrationalen, medizinisch nicht begründbaren, aber zum Ziele der Zerbröselung der Demokratie gewollten „epidemischen Lagen von nationaler Tragweite“ ohne Zustimmung der Grünen im Bundestag gescheitert.

Nur 321 Stimmen kamen aus den Reihen der Großen Koalition, die einfache Mehrheit – die verfassungsrechtlich bei einer Abstimmung über die Aussetzung von weiten Teilen des Grundgesetzes gar nicht legal ist, dazu bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit bzw. ist bei den wichtigsten der Grundrechte gar nicht möglich, dachten wir bislang – hätte bei 355 Stimmen gelegen. Also wäre die Verlängerung des totalitären Beschlusses gescheitert. Aber die Grünen, die ihre Rolle als Oppositionspartei absichtlich und freiwillig aufgaben, stimmten dafür. Nur mit den Stimmen der Grünen gibt es weiterhin diese antidemokratische Lage. Während es bei der CDU/CSU 13 Nein-Stimmen gab, bei der SPD eine, gab es bei den Grünen nicht eine Nein-Stimme zu diesem Antrag der Großen Koalition.

Wie hieß es noch 2013, nach der Bundestagswahl, bezüglich der Rolle der Opposition?

Gleich am ersten Tag der aktuellen Legislaturperiode, am 22. Oktober 2013, beantragte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Bundestag möge feststellen, dass Demokratie nur dann funktioniere, „wenn die parlamentarische Minderheit über effektive Rechte im Parlament und zur Kontrolle der Regierungspolitik verfügt.“ Er solle daher ankündigen, im Falle der Bildung einer Großen Koalition „die Minderheitenrechte der Oppositionsfraktionen im Hinblick auf diese außergewöhnliche Konstellation anzupassen und zu stärken.“

Doch seit März 2020 wurden die Grünen zu den Steigbügelhaltern der totalitärsten Macht, die es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gab. Die Grünen haben also die Minderheitenrechte vorsätzlich aufgegeben und de facto regiert uns aktuell eine Große Koalition aus CDU/CSU/SPD/Grünen.

Der Politologe Thomas Gesterkamp kritisierte schon vor Monaten die Mischung aus „Protestantismus“ „Angst“ und den „Grünen“:

Für Panikmache war die grüne Klientel schon immer anfällig, siehe Atomkraft, Waldsterben und Klimawandel – wobei die enorme Relevanz dieser Themen unstrittig ist. Das alternativlose Regieren per Verordnung in einer „epidemiologischen Notlage“ befürworten auch Alt-68er, die einst gegen die Notstandsgesetze demonstrierten. Zudem irritiert die Nähe zu den No-Covid-Strategien.

Die Grünen und Baerbock sind unfähig zu begründen, worin die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ bestehen soll. Fast alle „gefährdeten“ Gruppen, das sind Menschen über 80 oder einige wenige schwer Vorerkrankte, sind geimpft oder können mit 89 oder 81 rational einschätzen, wie groß oder klein die Gefahr durch Corona ist. Ca. 25 Prozent der über 80-jährigen ließ sich nicht impfen (Berlin z.B.), wer also eine Politik nur für Geimpfte möchte, attackiert diese alten und rational denkenden Menschen. Das sei den völlig panischen und mega aggressiven 34-jährigen oder 52-jährigen gesagt, die jetzt dümmlich ihr Pflaster am Oberarm zeigen und sich dafür nicht schämen.

Vor allem aber wurde zu keinem Zeitpunkt die sog. „Notfallreserve“ von über 10.000 Notfallbetten in Anspruch genommen. Wie soll ein Notstand bestehen, der uns fast aller Grundrechte beraubt – Versammlungsfreiheit, Gewerbefreiheit, Freiheit der Wissenschaft, Bildung, freie Entfaltung der Persönlichkeit, Vereinigungsfreiheit, Freizügigkeit, Freiheit der Berufswahl, wenn diese Notfallreserve nicht zum Einsatz kam, nicht eine Sekunde oder ein einziges Bett? Ja noch nicht mal das Recht auf Infektion oder Selbsttötung, wie es vom Bundesverfassungsgericht zu einer Zeit, als es noch seriös arbeitete, im Februar 2020, geurteilt wurde, wird anerkannt. („Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig.“)

Also: Genauso wie Spahn agiert Baerbock gegen das Grundgesetz und kann nicht begründen, warum eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ jemals existiert haben soll, wenn nicht ein einziges Notfallbett in Anspruch genommen wurde und auch die normale Intensivbetten zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd belegt waren, trotz extremer Bemühungen der Intensivmedizin einen solchen Notstand künstlich herzustellen.

Es werden womöglich, sollten wieder demokratische und rationale Zustände herrschen, Gerichte darüber entscheiden, dass zu keinem Zeitpunkt eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ bestand, wenn doch bis August 2020 ca. 10.000 freie Intensivbetten da waren und ab August 2020 nochmal ca. 10.000 extra super Notfallbetten.

Ein Notfall ohne in Anspruch genommenes Notfallbett ist kein Notfall.

Versteht jedes Kind oder besser: Vor März 2020 hätte das jedes Kind verstanden. Egal, ob 5700 oder 885 Menschen oder gar keine Menschen mit einem positiven Test auf SARS-CoV-2 auf der Intensivstation liegen: Die Anzahl aller Intensivpatient*innen ist immer – immer – so gut wie gleich niedrig, ca. 20.000 Menschen:

Annalena Baerbock ist nicht weniger kapitalistisch als Jens Spahn, nur hat sie womöglich eine noch schärfere Beglückungsideologie und ist weniger opportunistisch, dafür ideologisch fanatischer.

Was aber weiterhin schockiert, ist die antisemitische Agitation gegen Moses, das Judentum, Baerbock und die Gesetzestafeln („Staatsreligion“) von Seiten der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die von der Süddeutschen Zeitung, der Zeit und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gedruckt wurde und somit Hunderttausendfach in den Briefkästen und Zeitungskiosken auslag und Millionen Menschen, nicht zuletzt die kleine, aber sehr aggressive Gruppe von Personen in Führungspositionen erreichte.

Mir ist klar, dass vielen Linken, auch aus dem Lager der Kritiker*innen der totalitären, medizinisch nicht evidenzbasierten und somit irrationalen, willkürlichen Coronapolitik, der Antisemitismus kein Problem ist. Der wird entweder goutiert oder als Flause abgetan.

Doch in ihm liegt der Kern des Denkens und Fühlens in diesem Land, sei es bei den Verschwörungswahnwichteln und somit weiten Teilen der Corona-Kritiker*innen-Szene, bei turbokapitalistischen Marktwirtschaftlern, bei den Rot=Braun-Auschwitz-Verharmlosern und Prager Deklaration-Anhänger*innen um Joachim Gauck (vorneweg wieder: Die Grünen, die sich für die Wahl von Gauck aussprachen 2012), bei den postkolonialen Holocaust-Trivialisierern auch in der Leopoldina (oder bei Corodok), oder bei den BDS-Anhänger*innen.

 

Long Lockdown ist viel tödlicher: Unsere politische und mediale Elite goutiert 33 Millionen Hungertote im Trikont

Von Dr. phil. Clemens Heni, 16. Juni 2021

Es gibt Hoffnung, immer mehr Bundesländer setzen die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ aus, vorneweg jetzt NRW. Viele schaffen die Maskenpflicht erstmal im Freien – wo sie so sinnlos war wie in geschlossenen Räumen – ab, auch in Schulen gilt z.B. in Sachsen oder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg schon jetzt oder in wenigen Tagen in Schulen für niemanden mehr Maskenpflicht.

Natürlich war es gestern auch wieder ein Hoffnungsschimmer, ein lauter und wunderschöner, als 67.000 Fans in Budapest feierten und anfeuerten und Fahnen schwenkten und grölten – obwohl Portugal gewann und nicht Ungarn. Aber die Fans, ein Stadion voll mit Fans! Dagegen das peinlich ausgestorbene Stadion in München mit ca. 16.000 Fans, die sich verloren und man primär lesen musste, dass dort „Bayern München“ steht auf den Rängen, als ob wir in der Provinz-Bundesliga wären. Doch das Spiel des Weltmeisters gegen die Germanen, das war Kunst.

Es zauberten die Ballkünstler aus Frankreich, sie drehten fast im Dutzend Pirouetten mit dem Ball (u.a. Pogba, der schlaksige Ästhet), zeigten sensationelle Antritte (Mbappé), der langhaarige Wirbelwind Griezmann war zentral für das Spiel, Organisator Kanté stabil wie gewohnt, eine blaue Abwehrmauer hinter sich wissend, die auch vom Trikot her einfach was hergibt und so peinlichste Nationalflaggen am Ende der Ärmelchen, wie es die Deutschen jetzt haben, nicht nötig hat – ca, c’est la France, der goldene Hahn und die Eleganz des Stoffes und der Bewegung und die Vielfalt der Frisuren und Gesichter stehen für Frankreich. Die Dumpfheit, Ungehobeltheit, Brutalität und Fantasielosigkeit stehen wie gehabt für das Deutsche. Also auch hier Hoffnung auf mehr Tore von Frankreich bei dieser EM, auch regulär selbst geschossene alsbald. Das unerschöpfliche Reservoir an neuen Talenten und Stars der Équipe Tricolore ist beeindruckend und macht die Grande Nation zum heutigen wie mittel- und langfristigen „Brasilien Europas“ – wie die New York Times in einer Lobeshymne festhält.

Und doch überwiegt auch über 15 Monate nach Beginn der größten Demokratiekrise in diesem Land, ja weltweit, der Wahn der Herrschenden. Mit Herrschenden sind nicht nur die irrationalen, nicht evidenzbasierten Politiker*innen gemeint, sondern auch jene, die de facto die Politik vor sich hertreiben: die Medien und vor allem einige wenige Hundert Twitter-User, die hauptverantwortlich sind, dass seit über 15 Monaten 83 Millionen Menschen gequält, in den Abgrund gestoßen, mit Masken und Tests gefoltert werden und die Alten isoliert im Altersheim aller Immunabwehrkräfte beraubt an Covid-19 oder an Verwzeiflung und Demenz starben.

Das Primitive von Twitter zeigt sich an der Kürze der Tweets, die eher einem Grunzen, einem Wildschweinschrei oder Wolfsgeheul ähnelt (ohne diese Tiere dafür zu kritisieren, es sind Tiere) und mit menschlicher Kommunikation nichts gemein hat.

Nehmen wir den ZDF-Pöbler vom Dienst Jan Böhmermann, der wohl immer noch meint, er sei irgendwie links der Mitte, dabei ist seine Desinfektionsspray-Obsession und sein antijüdisches Ressentiment ganz normaler deutscher Mainstream, siehe die Kritik von Mirna Funk:

Solange Böhmermann sich rund um die Uhr und ungefragt als erster und letzter Anti-Antisemit Deutschlands gebärdet und sich zu so etwas wie einer moralischen Instanz Deutschlands stilisiert hat – sein Unique Selling Point, by the way –, dann aber Juden öffentlich diffamiert, anstatt sich für sein unreflektiertes Deutschsein zu entschuldigen, brauchen wir Bücher wie Oliver Polaks „Gegen den Judenhass“, ihr hirnlosen Pappnasen. Normalerweise würde Jan Böhmermann den Desinfektionsspraytypen und Twitter-Antisemiten in einem seiner berüchtigten Parody Raps vernichten. Kann er aber nicht, er ist es ja selbst.

Wenn jetzt Böhmermann dem Star-Schauspieler Til Schweiger auf Twitter andichtet, „Honig im Kopf“ zu haben, weil Schweiger sich mit dem Journalisten Boris Reitschuster traf und die beiden die totalitäre Coronapolitik kritisieren, ja Reitschuster sogar in der Bundespressekonferenz für Aufklärung sorgt, wie das in der Geschichte dieser Einrichgung vermutlich kein Journalist in dieser Sorgfältigkeit und Kontinutität, gegen ungeheuerliche Widerstände, getan hat, dann ist Böhmermann das Problem. Er kann gar nicht argumentieren, was am Lockdown so genial ist, das ist für ihn eine unhinterfragte Alltagsreligion, das ist die Ideologie der Zeugen Coronas. Mit solchen Menschen – wie mit fast allen Twitter-Account-Besitzer*innen – kann man nicht rational diskutieren.

Dann ist die Antifa das Problem, aus der ich selbst komme (Antifaschismuskomitee Tübingen/Reutlingen, frühe 1990er Jahre), denn der Star-Pianist Martin Stadtfeld, der sich verständlicheweise gegen die heutige Antifa wendet, kann im Gegensatz zum ZDF-Pöbler vom Dienst noch klar und kritisch denken:

Ein Freund sagte zu mir: Wäre es denn nicht hilfreich, dass Veranstaltungen wieder durchgeführt werden könnten – mit Maske, Tests, Abstand und so weiter? Dann hätten unsere Kollegen, die von großer Not betroffen sind, doch wenigstens eine Perspektive? Und so geneigt ich war, zuzustimmen, so unwohl wurde es mir doch bei dem Gedanken, dass wir uns an all das gewöhnen werden. Irgendwann wird uns so vorkommen, dass eine Massenveranstaltung ohne gesundheitliche Sicherheitsvorkehrungen undenkbar, der fahrlässigen Tötung nicht unähnlich ist.

Wer möchte in einer solchen Dystopie leben? Manch einer wird sagen: Warum nicht, wenn es Leben rettet? Auch eine solche Haltung muss akzeptiert werden.

Doch das typisch europäisch-russische Element der Spontaneität von Entscheidung und Empfindungshaftem wird dann zerstört sein. Dostojewskis Protagonist in „Weiße Nächte“, der für viele schönsten Liebesgeschichte der Welt, begegnet seiner schicksalhaften Angebeteten mit FFP2-Maske? Ein Kafka wird sodann in sein Tagebuch schreiben: „Im Kino gewesen. Smartphone mit elektronischer Nachverfolgungs-App und digitalem Impfpass vergessen. Nicht eingelassen worden.“ Nein, wird er natürlich nicht, denn einen Kafka wird es in einer solchen Welt gar nicht geben.

Und schließlich, aber wen juckt das schon?, geht es ums Ganze: Um die Toten. Es geht um die geschätzten 33 Millionen Hungertoten – 33 Millionen Hungertote extra wohlgemerkt -, die es im Globalen Süden wegen und ausschließlich wegen der Folgen von Long Lockdown und der Lockdownpolitik im Westen sowie in den ärmeren Ländern Afrikas und Asiens gab und weiterhin gibt. Das berichtet die Zeitschrift OstSchweiz:

Das Fazit der Berechnungen lautet:  Im Schnitt hätte jeder Hungertote noch über 27 Lebensjahre vor sich gehabt. Jedes Opfer von Covid-19 verliere weltweit durchschnittlich 8 Lebensjahre; und das Median-Alter (85J.) der Covid-Opfer in der Schweiz sei gar um ein gutes Jahr höher als die durchschnittliche Lebenserwartung hierzulande. Frühere Quellen sprachen gar von nur 2 verlorenen Lebensjahren bei Covid-Opfern.

Die Massnahmen haben weltweit grob gesagt 50 Mal – bei früheren Quellen bis zu 150 Mal – mehr Lebensjahre gekostet als das Virus hätte fordern können, wenn man auf die Herdenimmunität ohne jeden Schutz gesetzt hätte. Allein in der dritten Welt starben laut Stalders Einschätzungen zusätzlich 33 Millionen Menschen an Hunger aufgrund der Coronamassnahmen, fast doppelt so viele wie in «normalen» Jahren.

Doch worin besteht der Zusammenhang zwischen Coronamassnahmen und verhungernden Menschen? Der Berner nennt eine Reihe von Faktoren. Es fliesst weniger Entwicklungshilfe, die Überweisungen in die 3. Welt halbierten sich, der Tourismus dort brach ein. Geschieht das nach und nach, könne sich ein Land auf die neue Situation einstellen, hier aber geschah es 2020 praktisch über Nacht. «Die 3. Welt war auf diesen rasanten Umbruch nicht vorbereitet und kennt keine Sozialsysteme, die das auffangen konnten.» Familien sei das Einkommen über Nacht weggebrochen.

Und wenn die Post-Stalinisten der Antifa nicht nur in Berlin kreischen „Wir impfen euch alle!“, dann wissen wir, wo der Feind steht, wo die Menschenverachtung heute ihre Zuhause hat, nicht nur bei den Neonazis und Islamisten, dem Jihad und der extremen Rechten, sondern bei den Linken, die jedes Links-Sein so beschmutzen, wie es niemand seit Stalin, Mao oder Pol Pot getan hat, auch ohne blutige Tote und Hinmassakrierte.

Ich habe Reitschuster in einigen Aspekten auch schon widersprochen, das ist klar, er ist kein Linker und wer meint, im ideologiefreien Raum sich zu bewegen, ist bestenfalls naiv und wer von Pro-Familien- und tendenziell sex- und lustfeindlichen und homophoben Events schon vor Jahren unkritisch berichtete, bezieht eben schon Stellung (ich habe auf dieser Seite darüber berichtet, in der Suchfunktion finden Sie das).

Aber jene Gutmenschen, denen die 33 Millionen extra Hungertoten im Globalen Süden so was von scheißegsl sind, das sind Menschen, für die ich noch nicht mal Verachtung habe, so tief stehen diese Existenzen. Und diese Existenzen, das sind fast alle Regierungspolitiker*innen in diesem Land, in Europa, ja der ganzen Welt, aber primär im Westen, das sind die großen Medien, die jetzt Til Schweiger bashen, wie sie zuvor Ulrich Tukur, Jan Josef Liefers und #allesdichtmachen gegrillt hatten, das sind zumal Twitter-Account-Besitzer*innen, und die kulturelle Elite insgesamt.

Wir leben in einer postkolonialen Welt, hätte Gambia einen Notstand ausgerufen, wäre das ein Schrei ins Nirwana. Rufen die ehemaligen Kolonialmächte Italien, England, Frankreich, Deutschland in ihren viel zu reichen kapitalistischen Ländern eine epidemische Lage von nationaler Tragweite aus – ohne den minimalsten Hauch von medizinischer Evidenz -, dann macht das die ganze Welt nach – das ist ein typischer postkolonialer Reflex – und die Eliten in Afrika oder Asien reiben sich gegenseitig beim dümmlichen Begrüßungszeremoniell der Zeugen Corona die Ellenbogen wund vor lauter Glücksgefühl der a-sozialen und aseptischen Solidarität. Dass so gut wie kein Mensch in Afrika von einer Epidemie der Alten bedroht ist – das kümmert nicht. Es geht nicht um Gesundheit, es geht um Macht, ums Quälen, Herrschen, darum, die Menschen gefügig zu machen, gefügig gerade für sinnlose Sachen wie Maske-Tragen, Abstand halten oder sich-testen-lassen als gesunder Mensch. So bricht man Menschen, das ist die Perfidie der Massenpsychologie des Corona-Totalitarismus.

Es ist hingegen ein weiteres kleines Zeichen der Hoffnung, dass ein Künstler wie Martin Stadtfeld im sicher nicht linken und von mir oft kritisierten Cicero Kritik übt am Lockdown-, Test-, Masken- und Abstandsirrsinn. Entgegen der häufig sehr schwülstigen, die eigenen Kinder als Grund der Kritik anführenden Rede sehr vieler Aktivist*innen im sog. Querdenker-Lager, schreibt er:

Es soll sogar Menschen geben, die keine Kinder haben und die es dennoch quält, dass die Kleinen Masken tragen müssen, dass sie keinen Kontakt mit anderen haben sollen, dass sie ein Schuljahr, ein Sportjahr, ein Musikjahr verloren haben. Dass viele ihre Lebensfreude einbüßen.

Natürlich möchte Ursula von der Leyen jetzt diese Mega-Ultra-Hardcore-Krise, die eine politische Krise ist, ausnutzen und durchsetzen, dass es alsbald keine schwedischen Sonderwege der Vernunft mehr geben soll – alles wird von Brüssel gesteuert. Dann wäre das von vielen Nationalisten gefürchtete totalitäre EU-Modell tatsächlich vollendet. Dann gäbe es nur noch die Schweiz oder vor allem Florida, Georgia, Texas als Oasen der Vernunft und evidenzbasierter Medizin, mit Freiheit, Vielfalt und Rationalität, der Verhältnismäßigkeit und der wissenschaftlichen Debatte.

Die aktuelle „Krise“ ist in keinster Weise eine medizinische, da es immer Viruserkrankungen gab und geben wird, ZeroCovid wird es nie geben und das ist auch gut so, denn gäbe es ZeroCovid, dann würden Sie diesen Text hier nicht lesen können und wir wären alle „mausetot„, wie es der Star-Schauspieler Ulrich Tukur in Worte kleidete.

Die alten Antifas wie ich selbst müssen jetzt gegen die neuen Anti-Antifas kämpfen, die alle impfen wollen, die post-stalinistisch wüten und hetzen, gegen die Twitter-Hetzer müssen wir Coronapolitik-Kritiker*innen vorgehen, die vom ZDF oder anderen Quellen bezahlt werden oder gegen (oder für, Erich Fromm im Gepäck) die innerlich offenkundig gebrochenen Klabauterbachs Aufklärung betreiben, die weder bei Schnee, noch bei Regen oder Sonnenschein das Schöne, Hoffnungsfrohe und Beglückende sehen können, weil sie nicht lieben können, weder sich selbst, noch die Natur, Tiere, andere Menschen, DEN Anderen, oder wenigstens Musik, Essen, Sport, Theater, Literatur, whatever.

Wir hier im Westen können diese Kämpfe führen oder auch nicht, hier sterben die Leute an Arbeitslosigkeit, Verzweiflung oder Alkoholismus nicht sofort, sondern häufig erst in vielen Jahren – das werden Millionen Long Lockdown-Tote werden im Westen.

Die Pointe ist: Ohne jede Corona-Maßnahme wären weniger Menschen gestorben. Es ist noch nicht mal klar, ob im Western mehr Menschen, oder nicht weniger gestorben wären, da eine natürliche Herdenimmunität besser schützt als eine Impfung, die aufgefrischt werden muss und nicht so gut ist wie eine durchgemachte Erkrankung mit einem für fast alle Menschen völlig oder relativ harmlosen Virus. Nur sehr alte und sehr kranke Menschen starben an oder mit Covid-19 – aber in keinem großen Umfang, kaum ein Land in Europa hat eine bemerkenswerte Übersterblichkeit, in vielen Ländern gab es früher deutlich (!) mehr Tote pro Jahr als in 2020 oder 2021, nehmen wir UK als Beispiel.

Keine Maske hat auch nur einen Menschen geschützt, aber eine nie dagewesene Panik erzeugt.

Kein Lockdown hat Menschen geschützt, sondern die ohnehin Schwachen und Alten noch mehr geschwächt, das Immunsystem geschwächt durch ultra-mega-harcore Stress und Panik, die gezielt geschürt wurden von Horst Seehofer und der Bundesregierung in Berlin seit März 2020 (in anderen Ländern lief es exakt gleich).

Boris Reitschuster, Til Schweiger oder Martin Stadtfeld sind die kleinen Helden, die jetzt vom ultra-primitiven Mainstreamjournalismus gebraten werden. Diese drei und viele andere, kluge, mutige, selbst denkende Menschen werden rückblickend jene sein, die die Demokratie womöglich vor dem endgültigen Ende bewahrt haben. Wenn denn die Demokratie vor dem endgültigen Ende bewahrt werden sollte, was nicht sicher ist.

Aber das ist auch egal. Jene 33 Millionen Toten im Globalen Süden werden es nicht mehr erleben und die starben nur und ausschließlich wegen der Panik von einigen durchgeknallten Twitter-Usern, die Angst hatten, sich womöglich ein paar Tage schlapp zu fühlen. In einer aktuellen Sendung von TalkRadio aus England sprachen Toby Young von lockdownsceptics.org und Mike Graham (TalkRadio) über das Verschieben des Endes des Lockdowns – das für den 21. Juni 2021 lange angekündigt war – in England / UK durch Johnson und sind außer sich – der Wahnsinn nimmt einfach kein Ende, nur durch die Bevölkerung, die aufhört mitzumachen. Durch Bedienungen im Restaurant, denen es egal ist, ob jemand auf dem Weg zur Toilette die sinnlose Maske aufsetzt oder nicht, oder hier in der trostlosen Einkaufsstraße einer schwäbischen Großstadt (das, was man hier „Großstadt“ nennt), wo Maskenpflicht herrscht, aber jedenfalls am Sonntag sich 95 Prozent daran nicht hielten.

Verglichen mit Long Lockdown ist Long Covid eine Lappalie. Long Lockdown verursacht präzedenzlose psychische Schäden bei Milliarden von Menschen – gleichzeitig ! -, während Long Covid eine blöde, aber nicht tödliche, sondern harmlose Nachwirkung ist wie nach einer schweren Grippe. Und vor allem starben schon bis jetzt – so die OstSchweiz – 33 Millionen Menschen im Globalen Süden an Long Lockdown. Und die sind den abgrundtief bösen Menschen, die meinen, sie seien die „Gutmenschen“, die uns alle umgeben, so was von scheißegal. Und das ist die moralische Katastrophe unserer Zeit.

 

Die „neue Normalität“ in Deutschland ist die alte Normalität: Antisemitische Attacke auf Baerbock von der INSM und Antisemitismus-Universalisierung/Verharmlosung durch Emcke

Von Dr. phil. Clemens Heni, 13. Juni 2021

Die Kampagne #allesdichtmachen war die wichtigste Kampagne, die deutsche Kulturschaffende in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland je gemacht haben. Der einzige Mainstream-Künstler, der die Kritik am Corona-Regime noch deutlich früher und mindestens so scharf formulierte, ist der Kabarettist Mathias Richling, der seit Frühsommer 2020 Kritik übt und nicht erst seit April 2021.

Die Rede von der „offenen Gesellschaft“ passt nicht zu einer ideologiekritischen Position, da in „offen“ bereits zuviel Vorurteil steckt – seit wann ist eine bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft, zumal im deutschen Zuschnitt, „offen“ gewesen? Deutschland vor 1945 vernichtete das europäische Judentum und ermordete sechs Millionen Juden. Deutschland vor 1933 bereitete diesen präzedenzlosen Mord in unzähligen Facetten des antijüdischen Mordgelüstes, von Luther bis Achim von Arnim, der christlich-deutschen Tischgesellschaft, von Wagner bis zum Rembrandtdeutschen vor. Nach 1945 wurden die deutschen Nazis wieder in die BRD integriert, ja sie waren zu keinem Zeitpunkt ausgeschlossen gewesen, nur ein paar wenige waren von den Alliierten kurzzeitig interniert worden und eine verschwindend kleine Anzahl wurde gehängt.

Ich hab über die Desinfektionsobsession und ach-so-wahnsinnig-witzig-ironische Judenphobie von Typen wie Jan Böhmermann berichtet und Oliver Polak zitiert, das ist deshalb von Relevanz, weil sich Böhmermann ja als Saubermann präsentiert, doch Antisemitismus gibt es in Deutschland eben auf unterschiedlichsten Pfaden, es gibt ihn von links, rechts, von Muslimen, von Christen oder von der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM): Die INSM hat eine Hasskampagne gegen die Kanzlerkandidatin der Grünen Annalena Baerbock gestartet, die an antijüdischem Ressentiment schwer zu überbieten ist:

Unter der Schlagzeile „Warum wir keine Staatsreligion brauchen„, sieht man Baerbock im dunkelgrünen Bademantel, wie sie zwei Gesetzestafeln hält, also wie eine weibliche Moses-Figur.

Wie anders als antisemitisch soll man das lesen? „Deutschland braucht kein über sie herrschendes Judentum“ wäre die ehrlichere Schlagzeile der INSM gewesen, denn sie macht ja eindeutig den Zusammenhang von „Staatsreligion“, Moses und den Gesetzestafeln aus.

Das ist deshalb fast komisch, wäre es nicht so katastrophal antijüdisch, weil wir doch schon eine Staatsreligion haben, ja mittlerweile sogar zwei: Erstens den Kapitalismus und zweitens die Coronareligion.

Es ist eine neue Eskalationsstufe im antisemitischen Repertoire, die Gesetzestafeln von Moses, also einen Kernpunkt des Judentums und der hebräischen Bibel, als den Feind der Deutschen zu präsentieren.

Darüber hinaus ist der Begriff „soziale Marktwirtschaft“ ohnehin, wem sage ich es, eine contradictio in adjecto, ein Widerspruch in sich: Entweder ich bin sozial, oder ich bin für die Marktwirtschaft.

Wer sind die „Botschafter“ der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“?

Prof. Dr. Hans-Wolfgang Arndt 
Vorsitzender des Rektorats der Universität Mannheim

Prof. Dr. h. c. Roland Berger
Internationaler Unternehmensberater

Prof. Dr. Christoph Burmann
Inhaber des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement und Marketing (LiM) der Universität Bremen

Prof. Dr. Juergen B. Donges
Em. Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln

Dominique Döttling
Geschäftsführende Gesellschafterin Döttling & Partner Beratungsgesellschaft mbH, Mainz

Florian Gerster
Staatsminister a. D., Unternehmensberater

Prof. Dr. Otmar Issing
Präsident des Center for Financial Studies und ehemaliger Chefvolkswirt und Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB)

Martin Kannegiesser
Vorsitzender des Beirates der INSM 2000 bis 2014, Ehrenpräsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Geschäftsführer Herbert Kannegiesser GmbH

Oswald Metzger
Publizist und Politikberater

Dr. Arend Oetker
Unternehmer, Vizepräsident des BDI

Dr. Walther Otremba
Ehemaliger Staatssekretär in verschiedenen Bundesministerien, unter anderem im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué
Minister a.D., Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen
Direktor des Instituts für Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Arndt F. Rautenberg
Gründer und Managing Partner der Rautenberg & Company GmbH, Düsseldorf / Frankfurt / London

Prof. Randolf Rodenstock
Geschäftsführender Gesellschafter der Optische Werke G. Rodenstock GmbH & Co. KG

Prof. Dr. Dagmar Schipanski
Rektorin des Studienkollegs zu Berlin

Dr. Kristina Schröder
Bundesfamilienministerin a.D.

Prof. Dr. h. c. mult. Nikolaus Schweickart
Vorsitzender der ALTANA Kulturstiftung

Erwin Staudt
Ehem. Vorsitzender der Geschäftsführung IBM Deutschland GmbH

Prof. Dr. Thomas Straubhaar
Professor am Lehrstuhl für Internationale Wirtschaftsbeziehungen, Universität Hamburg

Dr. Jürgen Stark
Ehemaliger Chefvolkswirt und Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB)

Der Politologe Michael Koß von der Universität in Lüneburg hat den Antisemitismus dieser abstossenden Kampagne gegen Baerbock von der INSM in der Zeit attackiert

[Update 14.06: Diese Kritik war jedoch nur ein minikleines Alibi für die Tatsache, wie ich erst jetzt sehe, dass die Zeit diese antisemitische Kampagne gemeinsam mit der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mitmacht und diese Anzeige der INSM, ja diese „Schmutzkampagne“ für viel Geld druckte – entgegen dem Spiegel oder t-online, wie t-online selbst berichtet]:

In seinem jüngst erschienenen Überblickswerk zum Antisemitismus in Deutschland definiert Peter Longerich Antisemitismus als Feindschaft gegen ein vorgestelltes Kollektiv. Antisemitisch sei, „Personen, die als Juden wahrgenommen werden, aufgrund dieser Zurechnung zum jüdischen Kollektiv negative Eigenschaften [zu] unterstellen“. Genau das passiert in der Moses-Anzeige der INSM, deren Subtext lautet: Die jüdisch-messianische Annalena Baerbock stellt unseren Lebensstil infrage.

Das Infame an diesem antisemitisch konnotierten Vorwurf ist, dass Baerbock und den Grünen damit die Zugehörigkeit zur politischen Gemeinschaft bestritten wird. Man hat sich nämlich ausweislich der Logik der Anzeige nicht nur getäuscht, wenn man höhere Weisheiten unters Volk bringen zu können glaubt, man gehört eigentlich gar nicht zu diesem Volk. Hier wird ein klarer Gegensatz konstruiert zwischen denen, die messianisch erreichbar sind, und denen, für die dies nicht gilt: „Die“ und „wir“. Man kennt das aus Zeiten, die man längst vergangen wähnte.

Der Antisemitismus der INSM ist zentraler und immer abrufbarer Teil der politischen Kultur in diesem Land.

Von daher musste ich so bitter auflachen, als einer der Co-Organisatoren der Kampagne #allesdichtmachen, Dietrich Brüggemann, der so dümmlich, aggressiv und bar jeder journalistischen Sorgfaltspflicht oder Expertise im Tagesspiegel diffamiert worden war und dem jetzt nach vielen Wochen dieses peinliche Blatt Raum bot für eine Replik, angesichts der Zustände im Corona-Hygienestaat und der Diffamierung von Kritiker*innen vor wenigen Tagen schrieb:

Und insgesamt: Was war mit meinem Land passiert?

Nun, wäre Brüggemann schon vor März 2020 ein radikaler Gesellschaftskritiker gewesen, würde er sich doch nicht so mit diesem Land identifizieren und überrascht sein. Das macht es unterm Strich für Kritiker dieses Landes, seiner politischen Kultur, seiner Geschichte, Philosophie und Kultur wie mich einfacher mit dem Coronastaat: Ich war schon vor März 2020 ein scharfer Kritiker der deutschen Zustände, es kam eben nur ein weiteres Puzzleteil hinzu, wobei ich die nie-dagewesene antidemokratische Aktion der Ausrufung eines zu keinem Zeitpunkt existierenden Zustandes – einer sog. „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ – nicht ansatzweise herunterspielen möchte.

Ich war nur nie ein Fan Deutschlands, es war wundervoll, als Südkorea gegen die Deutschen bei der letzten WM das Vorrundenaus endgültig besiegelte. Ende 1989 hatten wir die Kampagne „Widervereinigung“, also eine Wiedervereinigung ohne „e“, die die Zeitschrift Konkret damals startete. Das war schon damals meine Welt, „nie wieder Deutschland“.

Die Kampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) ist antisemitisch, sie ist antifeministisch und möchte gerade eine Frau abschießen und diese Kampagne zeigt die ganze zutiefst deutsch-kapitalistische Ideologie.

Kaum jemand außer Ulrich Tukur und Jan Josef Liefers hat diese heuchlerische Ideologie, die Menschen ums Leben bringt und sich als die „Gutmenschen“ vorstellt, besser in Worte gefasst als Mathias Richling:

Mathias Richling

Satiriker und Kabarettist

Am Anfang der Corona-Zeit wollte man wegen Überlastung der Gesundheits-Systeme nicht entscheiden müssen, wen man überleben lässt und wen nicht. Heute warnen Schäuble und Welthungerhilfe wegen unterbrochener Lieferketten für Bauern aufgrund der Maßnahmen vor Millionen von Hungertoten. Lässt man also Millionen verhungern, damit Zehntausende nicht an Corona sterben? Das ist hoher politischer Sarkasmus. Der ergänzt wird, wenn beliebige Politiker anmerken, man wolle nicht, dass Menschen sterben. An Corona. Man entscheidet also doch. Denn an allem anderen dürfen sie verenden.

Abschließend möchte ich meinen Text vom 22. Oktober 2016 wiedergeben, der die Holocaust verharmlosende und den Antisemitismus universalisierende Ideologie der grünen Vorbeterin Carolin Emcke analysiert und kritisiert, denn Emcke hatte auf dem Parteitag der Grünen jetzt gesagt:

„Es wird sicher wieder von Elite gesprochen werden“, meinte die vielfach ausgezeichnete 53-Jährige [die zum Parteitag der Grünen per Video zugeschalten war, Habeck und Baerbock lauschten andächtig, CH]:

„Und vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen und die Virologinnen sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscherinnen.“

Hier meine Antwort an Emcke von Oktober 2016:

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

Die Publizistin Carolin Emcke schreibt in ihrem Buch „Gegen den Hass“, das 2016 auf den kulturindustriellen Markt geworfen wurde (Frankfurt a.M.: S. Fischer):

„Das Thema des Zugangs zu Toiletten für Transpersonen ist jüngst vor allem in den USA kontrovers diskutiert worden.“ (S. 158)

Es ist ein Buch über Hass hier und dort, und für Emcke führt die Diskriminierung von „Transpersonen“ ohne Umschweife zu allen möglichen Formen von „Hass“.

Nehmen wir Auschwitz als Beispiel, denn mehr als ein Beispiel ist es kaum. Immerhin nimmt sie EinwanderInnen in die Pflicht, sich auch mit den nicht so tollen Kapiteln eines Landes zu befassen (S. 203) – aber bitte einfühlend, sie hat schließlich Michel Foucault, Judith Butler und Axel Honneth gelesen (siehe Anmerkungen, S. 220–240), die immer wieder herbeizitiert werden. Emcke postuliert:

„Für das Erinnern an Auschwitz gibt es keine Halbwertszeit“. (S. 203)

Puuh, das ging nochmal gut. Der Holocaust war offenbar doch kein chemisches Experiment. Weiter schreibt die Preisträgerin:

„Es wird deswegen nötig sein, mit modernen didaktischen Methoden diese Geschichte als etwas zu erzählen, das sich mit neugieriger Einfühlung selbst aneignen lässt. Die vielen wunderbaren Beispiele aus den Programmen von Museen und Kultureinrichtungen zeigen längst, dass es möglich ist, auch Jüngere anzustiften, sich so kreativ wie ernsthaft mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.“ (S. 203)

„Wunderbare Beispiele aus den Programmen von Museen und Kultureinrichtungen“, die es ohne deutsche Vorarbeit gar nicht geben könnte, hätte an dieser Stelle der Publizist Eike Geisel festgehalten.

Bislang war es ja so gut wie unmöglich für junge Menschen, sich mit dem SS-Staat zu befassen, aber, endlich, dank „moderner didaktischer Methoden“ klappt das jetzt. Vor allem nicht so staubtrocken und nüchtern (wie z.B. ein Buch lesen), sondern mit „neugieriger Einfühlung“. „Frau Emcke, wie fühlt sich das an, einen Tag nackt im Schnee zu stehen und nicht umzufallen, im KZ?“ „Bekamen die danach wenigstens einen heißen Kakao?“ Sowas könnte man als Rollenspiel durchspielen, aber sicherlich einfühlend, nicht grob und unsensibel.

Oder: „Anstiften, hey, das klingt obercool“, denken sich ein paar Teenager, „lasst uns mal schauen, was wir Spannendes oder Schockierendes entdecken, bei den Juden geht immer was Krasses ab, eh“.

Oder sich „einfühlen“ in Anne Frank, der Klassiker schlechthin. „Sich einfach nicht alles gefallen lassen!“ „Tagebuch schreiben!“

Dass Anne Frank in Bergen-Belsen qualvoll starb und alles nur kein „Vorbild“ ist, geschenkt. Diese „Amerikanisierung“ des Holocaust (so der Kritiker Alvin Rosenfeld in „The End of the Holocaust“) ist längst eingermanisiert.

Ideologisierte AnhängerInnen der antisemitischen BDS-Kampagne drucken Anne Franks Bild als Ikone mit einem Palästinensertuch um den Hals und kämpfen so ausgestattet gegen „den“ Juden im Namen „der“ Juden gegen Rassismus und Israel und fügen Juden, Holocaustüberlebenden und ihren Nachfahren damit absichtlich Schmerzen zu, von der Verhöhnung Anne Franks und der Opfer der Shoah nicht zu schweigen.

Doch selbst und gerade die tollen neumodischen Konzepte, die Emcke vorschweben, sind das Problem. Die „Familiarisierung“, wie es die kritische Pädagogik nennt, promotet ein Einfühlen in die Geschichte Nazideutschlands und gerade der Holocaustopfer, suggeriert, „wir“ könnten so tun, als ob wir wüssten, was Auschwitz war und wie es sich „anfühlte“[1] und tut den Opfern somit ein zweites Mal Gewalt an. Die meisten der sich gutfühlenden Erinnerer merken das gar nicht.

Aber unterm Strich, und darauf kommt es ja an, ist Emcke glücklich und fröhlich:

„Mich beglücken die verschiedenen Rituale und Feste, Praktiken und Gewohnheiten. Ob Menschen sich in Spielmannszügen oder bei den ‚Wagner-Festspielen‘ in Bayreuth, ob sie sich im Stadion von FC Union Berlin oder bei ‚Pansy Presents…‘ im ‚Südblock‘ in Kreuzberg vergnügen, ob sie an die unbefleckte Empfängnis glauben oder an die Teilung des Roten Meeres, ob sie Kippa tragen oder eine Lederhose oder Drag – die gelebte und respektierte Vielfalt der Anderen schützt nicht nur deren Individualität, sondern auch meine eigene.“ (S. 195)

„Meine eigene“ – das passt, denn das Buch wirkt wie ein narzisstisches Bekenntnis. Sie sieht sich selbst als gleich doppeltes Opfer:

„Als Homosexuelle und als Publizistin gehöre ich gleich zu zweien der in diesem Kontext besonders verhassten gesellschaftlichen Gruppierungen.“ (S. 71)

So richtig und wichtig Ihre Kritik an Pegida oder AfD, an Homophobie, Rassismus und völkischem Nationalismus, an Antiintellektualismus, an Reinheit und Einheit ist, so völlig analyselos, eklektisch, additiv ist ihre Aufzählung der „Opfer“-Gruppen, was im ganzen Buch so rüberkommt, als ob sie es nur wegen sich selbst geschrieben habe.

Im Grunde analogisiert sie permanent und obsessiv Antisemitismus mit Homophobie, Rassismus und allerlei Diskriminierungen oder auch Hass. Sie verkennt den genozidalen Charakter des Antisemitismus und hat keinen Begriff davon. Keine andere Gruppe wird in aller Welt beschuldigt, an dieser oder jener Verschwörung beteiligt zu sein.

Die „Protokolle der Weisen von Zion“ inspirierten Deutsche und Hitler dazu, den Juden zu bekämpfen. Christen agitieren bis heute in nicht wenigen Kreisen, Juden hätten Jesus auf dem Gewissen. Arabische Antisemiten wie islamistische fantasieren, Israel und die Juden würden Wasser oder Bonbons vergiften und überhaupt hätten die Juden die Medien, das Kapital und die Regierungen in der Hand.

Ressentiments und Verschwörungsmythen, die nicht wenige Araber und alle Islamisten mit vielen FanatikerInnen in Deutschland bis weit in die Mitte der Gesellschaft teilen. Man denke nur an 9/11 und die diesbezüglichen Verschwörungsmythen, eine Kopplung aus Antiamerikanismus und Antisemitismus.

Juden stünden hinter dem Kapitalismus, dem Kommunismus, den Medien, der Moderne, der großstädtischen ausschweifenden Sexualität usw. usf.: keines dieser klassischen Topoi des Antisemitismus trifft auf Frauen, Homosexuelle, Flüchtlinge, Schwarze oder neue Nachbarn zu.

Die „lethal Obsession“ (Robert S. Wistrich) des Antisemitismus oder der „longest hatred“ (Robert S. Wistrich) zeigen einen obsessiven Hass, ein irrationales Ressentiment und gerade kein x-beliebiges Vorurteil oder eine x-beliebige „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ an. Der Antisemitismus kann sich in unendlich viele Facetten kleiden, wie die Geschichte seit der Antike gezeigt hat.

Aber auch die Abwehr der Erinnerung an die Shoah ist sehr spezifisch antisemitisch konnotiert und gerade nicht Ausdruck einer x-beliebigen „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“. Für die nationale Identität in Deutschland ist ein Trivialisieren der Shoah essentiell, wie das geschieht, ist variabel. Gleichsetzende „Vergleiche“ von Nationalsozialismus und Stalinismus oder Sozialismus (Rot=Braun)  sind derzeit beliebt („Schwarzbuch des Kommunismus“, „Prager Deklaration“), postkoloniale Ideologie ist ebenfalls en vogue („Von Windhuk nach Auschwitz“) und natürlich die Pegida-Agitation mit ihren Anleihen bei Goebbels und NSDAP-Propaganda, wie sie nicht zuletzt am 3. Oktober, dem „Tag der deutschen Einheit“ zu erleben war.

Sehr beliebt sind zudem die penetranten Vergleiche von Israel und den Nazis oder der Apartheid, typische Muster der Schuldabwehr und Schuldprojektion. Sodann nicht zu vergessen die Hinweise, welche perfiden britischen oder amerikanischen Bomber diese Brücke oder jenes Haus in Dresden, Hamburg oder Wien „zerstört“ haben und welche tapferen Deutschen oder Österreicher in einem neuen Kraftakt des „wir“ sie nach dem 8. Mai 1945 wieder aufbauten (oder sie als Mahnung gegen Krieg an und für sich stehen ließen, wie in Berlin die „Gedächtniskirche“).

Oder man denke an elaboriertere Theoreme wie jenes der bösen Moderne, die ein „Lager“ und das KZ nur die vollendete bürgerliche Gesellschaft sei, das seit Jahren Teil antisemitischer Trivialisierung der Shoah ist, hier vorgetragen vom italienischen Modephilosophen Giorgio Agamben.[2] All das kommt in „Gegen den Hass“ selbstredend nicht vor, weil das Decodieren subtilen Hasses oder antisemitischer Ressentiments Emckes Geschäft nicht ist.

Das angedeutete Spezifische des Antisemitismus kommt bei der Autorin nicht vor. Für sie sind die unterschiedlichsten Gruppen gleichermaßen, ohne kategorialen Unterschied, Opfer, sie wendet sich gegen Hass auf

die Juden, die Frauen, die Ungläubigen, die Schwarzen, die Lesben, die Geflüchteten, die Muslime oder auch die USA, die Politiker, der Westen, die Polizisten, die Medien, die Intellektuellen.“

Es ist diese Aufzählung, die das genozidale Ressentiment gegen die Juden – womit sie die vernichtungsantisemitische Pointe gegen den Juden treffsicher verpasst – mit Hass gegen die Frauen gleichsetzt; als ob ein Genozid an Frauen stattgefunden habe oder in Planung sei; ganz abgesehen davon, dass natürlich auch deutsche Frauen, oder auch ungarische, österreichische, litauische Antisemitinnen waren und auf andere Weise heute wieder oder noch sind. Wer Sexismus analysieren und bekämpfen möchte, kommt mit solchen undifferenzierten Analogien nicht weiter.

Mehr noch: Wenn Emcke schon ziemlich umfassend alle ihr in den Kopf kommenden Großgruppen, denen Hass begegnet, aufzählt, fehlen, das nur am Rande, einige Gruppen, neben Behinderten, Obdachlosen, frisch Um- oder Zugezogenen vor allem auch Hartz4-Empfänger oder Arme, Opfer des Kapitalismus.

Das mit den ‚frisch Um- oder Zugezogenen‘ („Etabliertenvorrechte“) ist nicht ironisch gemeint, nein, die sind ernsthaft Teil der sogenannten „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ (GMF) und meinen auch ganz normale Deutsche, die – umziehen. Deshalb hätte auch der Erfinder des Wortungetüms „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, Wilhelm Heitmeyer, den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten müssen und nicht Carolin Emcke, das wäre ehrlicher gewesen.

Denn Emcke plappert nur nach, was Heitmeyer seit über 10 Jahren schon formuliert, und ein Kapitel in ihrem Buch heißt denn auch „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“. Um Nachfragen vorzubeugen: nein, auch der Verfasser dieses Textes ist nicht für „Menschenfeindlichkeit“, „gruppenbezogene“, wobei es gerade mit Blick auf den Deutschen schwer ist, jene nicht zu verspüren.

Auschwitz und die Shoah kommen in „Gegen den Hass“ im Kontext x-beliebiger „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ vor. Ein weiteres Beispiel ist der rassistische Mob gegen Flüchtlinge in Sachsen in Clausnitz, ein anderes Rassismus in USA. Hass auf alle möglichen Gruppen, eben auch Juden. Emcke schreibt explizit, nachdem sie „Antisemitismus“ erwähnte, „[n]och immer gibt es gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (S. 69), also war die Shoah auch eine.

In ihrer publizierten Dissertation spricht Emcke wie der des Deutschen nicht mächtige gewöhnliche Feuilletonredakteur von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, wo es doch „gegen die Menschheit“ heißen muss. Gegen die Menschlichkeit verstößt auch der ganz normale Kapitalismus der Deutschen Bank, oder jeder x-beliebige Vorstand einer Aktiengesellschaft, der Menschen als Ware betrachtet, wie es der Kapitalismus, das ökonomische a priori verlangt.

Der Holocaust hat damit gar nichts zu tun und ist ein Zivilisationsbruch gewesen, der nicht nur gegen die „Menschlichkeit“ gerichtet war, sondern gegen die Juden und die Menschheit.

Geradezu obsessiv verquickt Emcke Juden und Homosexuelle (also sich selbst), sie scheint Opfer sein zu wollen wie die Juden:

– „Es gab diesen diskreten, aber eindeutigen Vorwurf, nun sei doch seitens der Juden oder der Homosexuellen oder der Frauen auch mal etwas stille Zufriedenheit angebracht, schließlich würde ihnen so viel gestattet.“ (S. 13)

Man könnte meinen, Frauen seien Opfer einer Shoah geworden und würden nun so ressentimentgeladen attackiert werden wie Juden.

Weiter geht’s in Emckes Analogieamoklauf, dem friedfertigen, unblutigen und einfühlenden:

– „… das Geraune von einer ‚schwulen Lobby‘ oder jener Sorte Israel-Kritik, die mit einem ‚man wird ja wohl mal sagen dürfen‘ anhebt“ (S. 76)

– „…humorlos zu sein (gegenüber Feministinnen oder auch lesbischen Frauen gehört das zum Standardrepertoire), von der eigenen qualvollen Geschichte ‚profitieren‘ zu wollen (gegenüber Jüdinnen und Juden)“ (S. 102)

So als ob eines der antisemitischen Topoi nach dem Holocaust, die „Holocaustindustrie“, auch nur im Ansatz damit zu vergleichen sei, dass angeblich sehr häufig Feministinnen oder Lesben als humorlos bezeichnet würden. Was für ein additives, ohne jede Struktur mit Wörter herum fuchtelndes Gerede das ist.

Dann bringt sie besonders „surreale Beispiele“:

-„ …wenn an öffentlichen Schulen nur jüdische Feiertage gelten würden, wenn nur homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürften …“ (S. 114)

Für Emcke ist Antisemitismus, auch der sekundäre, um den es hier geht (auch wenn sie das Wort nicht kennen sollte), nicht mehr als eine „abwertende Etikette“ und „strukturelle Missachtung“ (S. 102).

Diese völlige analytische Hilflosigkeit, die weder sozialpsychologische noch politisch-kulturelle oder ideologiekritische Analysemuster kennt, kommt gut an, weil sie „uns“ alle (solange „wir“ zu einer „diskriminierten“ Gruppe gehören) zu einem „wir“ der Opfer zusammen schmiedet, das ist der Tenor hierbei, der das ganze Buch  durchzieht.

Sodann folgt eine Analogie von Morden an Transgenderpersonen mit antisemitischen und rassistischen Morden (S. 156f.), und schließlich setzt Emcke am Beispiel des sog. Islamischen Staats dessen „Hass“ gegen Frauen, Juden und Homosexuelle auf eine Stufe (S. 169).

Jede Differenz wird hier geleugnet. Niemand strebt danach einen Staat der Homosexuellen zu zerstören, niemand agitiert weltweit gegen die Protokolle der Weisen der Transgenderpersonen. Die schrecklichen Diskriminierungen und der homophobe oder transphobe Hass sind schlimm und müssen bekämpft werden. Aber nicht indem man wie Heitmeyer oder Emcke das mit dem Konzept der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ macht, indem der einzige weltweite, genozidale Hass, der Antisemitismus (und Antizionismus) völlig als solcher derealisiert wird.

Probleme über die Benutzung von Toiletten von Transgenderpersonen müssen in der Gesellschaft diskutiert und gelöst werden. Aber das auch nur in einem Atemzug mit dem genozidalen Hass auf „den ewigen“ Juden zu vergleichen ist das Ende jeder Analyse.

Es gibt widerliche Hetze gegen Schwule und Lesben oder „Transen“, nicht nur online, auch und gerade offline. Aber das homophobe Geschwätz von einer „schwulen Lobby“ ist eben lächerlich und konsequenzlos verglichen mit der auf die Auslöschung von Millionen Juden gerichteten Hetze gegen die „Israellobby“ oder die „jüdische Lobby“. Wer das nicht kapiert, hat wirklich gar nichts kapiert von der Gefahr, die vom Antisemitismus ausgeht.

Mehr noch: auch das Gendern Emckes von Jüdinnen und Juden in der Shoah ist an Absurdität und Perfidität nicht zu überbieten. Hierzu hat die Autorin Esther Dischereit schon vor über 20 Jahren geschrieben:

„Ende der achtziger Jahre schließlich – noch vor Ausbruch der Pogrom’feierlichkeiten‘ – ich meine die explosionsartig ins öffentliche Bewußtsein drängende Etablierung einer Erinnerungs’kultur‘ – war ich zu Gast bei einer kleinen radikal feministischen Gruppe, die sich vorgenommen hatte, etwas von Frauen zu erfahren, die während des Nationalsozialismus im Widerstand aktiv waren. Die Frauen wollten sich auch mit dem KZ Ravensbrück beschäftigen. Im Verlauf des Gesprächs wurde als Motiv formuliert: Die Jüdinnen seien es, mit denen sie sich befassen wollten, denn daß sie als Frauen so behandelt worden seien, sei das, was sie empörte. Ich weiß noch, daß ich wegen der feministischen Trauerbedürfnisse aufstand und wegging. Mir gelang keine Begründung, weil ich stammelte und mir die Luft wegblieb. Mit war das ganze Ansinnen der Gruppe diskreditiert. Sollte die Asche in männlich und weiblich geteilt werden? (…) Das, was mich so sprachlos machte, war wohl die Rigidität und Erbarmungslosigkeit, mit der mir der Begriff vom Mensch-Sein ersetzt schien durch Frau-Sein. Gegenüber den Lebenden in der patriarchalen Gesellschaft hätte mich solche Übertreibung nicht weiter aufgeregt, vielleicht hätte ich sie für eine Zeitlang als notwendig angesehen. Gegenüber den Toten war sie für mich von einer Grausamkeit, die ich nicht fassen konnte. (…) Der Jude war getötet worden als Jude – als non-human, als Nicht-Mensch –, es spielte vor der Geschichte keine Rolle mehr, ob er nach gender per se ein Patriarch gewesen oder nicht.“ (Esther Dischereit (1995): Übungen, jüdisch zu sein, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 168–170.)

***

Schließlich passt der Friedenspreis zu Carolin Emcke wie zu Martin Walser. Auch Emcke strebt nach einem starken „wir“ (S. 218), sie schreit danach dazugehören, ob nun als Teil einer Opfergruppe in einer Reihe mit Juden oder nicht, Hauptsache „wir“, natürlich kein fixes „wir“, ein offenes, lustiges, glückliches, nicht festgelegtes. Und wer in Buchläden geht, derzeit, sieht den Schrei nach einem „wir“ all überall, nicht nur bei Nazis und Pegidisten, grade auch bei den vorgeblich nicht so Völkischen.

Und sie gehört auch zum Kreis derjenigen um Axel Honneth und das heutige Frankfurter Institut für Sozialforschung, die Adornos Namen in den Dreck ziehen und feierte 2012 ihre alte Freundin (siehe den „Dank“ in der publizierten Fassung der Dissertation von Emcke), die antisemitisch-antiisraelische Autorin Judith Butler, die tatsächlich Adorno-Preisträgerin wurde. Emcke nahm die amerikanische Agitatorin, die nicht nur die Hamas als soziale linke Bewegung betrachtet, sondern vor allem Israel als jüdischen Staat kategorisch ablehnt, gegen Kritik in Schutz.

Emcke zitiert in „Gegen den Hass“ unkritisch die antisemitische Autorin Jacqueline Rose, die dafür berüchtigt ist, an anderer Stelle die unfassbare Lüge geschrieben und gedruckt bekommen zu haben, nach der sich womöglich Hitler und Theodor Herzl während des gleichen Konzerts mit Wagner-Musik für ihre jeweiligen Bücher „Mein Kampf“ oder „Der Judenstaat“ inspirieren hätten lassen. Das hätte bekanntermaßen spätestens im Mai 1895 stattfinden müssen, da zu diesem Zeitpunkt Herzl sein Manuskript abschloss. Hitler war da sechs Jahre alt. Und er kam erst 1940 in des Erzfeindes Land, mit der Wehrmacht.

Doch für Emcke ist das keine Erwähnung wert, für sie ist Rose zitierbar, was nicht wundert, wenn sie auch ein Fan von Butler ist oder dem antiamerikanischen und mit antisemitischen Invektiven nur so um sich werfenden Holocaustverharmloser Giorgio Agamben.

Emcke zitiert Agambens Buch „Homo Sacer“, in dem der Autor die Festsetzung illegaler Einwanderer in Italien 1991 mit der Deportation von Juden aus Vichy-Frankreich oder heutigen Warteräumen für Flüchtlinge auf internationalen Flughäfen gleichsetzt. Agamben schreibt darin auch folgenden Satz, der einer Preisträgerin für den Frieden mit dem Deutschen Buchhandel offenbar runterflutscht wie Honig:

„Jedenfalls wissen die Juden in Auschwitz, und dies wirkt wie eine grausame Selbstironie, daß sie nicht als Juden sterben werden.“

In einem seiner Bremer Vorträge von 1949 redet der deutsche Denker Martin Heidegger von der „Fabrikation von Leichen“, was Agamben im von Emcke zitierten Band ebenso unkritisch wiedergibt, ohne dieses Wort zu analysieren oder den Kontext des Zitats kenntlich zu machen. Heidegger sagt:

„Ackerbau ist jetzt motorisierte Ernährungsindustrie, im Wesen das Selbe wie die Fabrikation von Leichen in Gaskammern und Vernichtungslagern, das Selbe wie die Blockade und Aushungerung von Ländern, das Selbe wie die Fabrikation von Wasserstoffbomben.“

Die Gleichsetzung der präzedenzlosen Vernichtung der europäischen Juden in Gaskammern mit modernem Ackerbau ist ein Antisemitismus neuen Typs, eine Banalisierung des Unfassbaren wie eine Opferstilisierung der deutschen Täternation.

Für Carolin Emcke gibt es offenbar keinen kategorialen Unterschied zwischen Gaskammern und dem „Hass“, Transgenderpersonen die Benutzung dieser oder jener Toilette schwer zu machen. Sie meint es sicher nur gut, beide „Beispiele“ (für das eine steht Auschwitz) kommen im selben Buch offenkundig als Beispiele für „Hass“ vor.

Carolin Emcke ist eine würdige Preisträgerin, sie ist gegen das Differenzieren und das kritische Denken, für das Geplapper und die Affirmation der Kulturindustriemaschine. So mag es der Betrieb, und alle werden klatschen. Glück wird sich ausbreiten in der Paulskirche, langsam, aber immer stärker.

Für die Publizistin sind St.-Pauli-Fans so bescheuert oder gefährlich, deppert oder skurril wie Jihadisten, die sich 72 Jungfrauen erhoffen, nur böse „liberale Rassisten“ sehen das nicht, weshalb ich schon vor sechs Jahren schrieb:

„Heute spricht die junge und bislang kaum aufgefallene Autorin Carolin Emcke in der ZEIT in einem kulturrelativistischen Amoklauf, der zwischen islamistischen suicide bombern und den Fußball-Fans von St. Pauli keinen nennenswerten Unterschied sehen möchte, von einem ‚liberalen Rassismus‘ der Islamkritiker.“[3]

Die Preisträgerin ist „beglückt“ von den Wagner-Festspielen wie von den Dragqueens, ihre postmodern kapitalistische Offenheit lässt alles gelten. Carolin Emcke ist wirklich „beglückt“, weil nur das, diese vorgebliche Vielfalt, ihr erlaube als Lesbe und Publizistin so zu sein, wie sie ist. Ihr Beglücktsein wird von der Paulskirche ausgehend sich im ganzen Land verbreiten. Und das ist doch das Wichtigste.

 

[1] Zur Kritik an dieser Einfühlung und „Familiarisierung“ siehe die unpublizierte Dissertation von Marion Bremsteller: „Didaktik der Verfremdung. Bertolt Brechts Theater und seine Bedeutung für die Pädagogik, gezeigt am Stück Die Dreigroschenoper“.

[2] Siehe zu Agamben Clemens Heni (2013): Antisemitism: A Specific Phenomenon. Holocaust trivialization – Islamism – Post-colonial and Cosmopolitan anti-Zionism, Berlin: Edition Critic, 375–378.

[3] „[D]er männliche Blick, der junge Mädchen unter den Schleier zwingt, erscheint den einen ebenso sexistisch wie anderen der, der sie sich in High Heels quetschen und rundum entblößen lässt; die Vorstellung der Eucharistie ist den einen so befremdlich wie den anderen der Glaube an 72 Jungfrauen im Paradies; die Wagner-Begeisterten in Bayreuth wirken auf die einen so befremdend wie auf andere die St.-Pauli-Fans am Millerntor“ (Carolin Emcke (2010): Liberaler Rassismus. Die Gegner des Islams tun so, als würden sie Aufklärung und Moderne verteidigen. In Wahrheit predigen sie den Fremdenhass, in: Die Zeit, 25.02.2010).

 

Vom NS-Thingspiel und dem Frankenburger Würfelspiel bis Corona: Das Elend der Berliner „Waldbühne“ („Dietrich-Eckart-Bühne“)

Von Dr. phil. Clemens Heni, 12. Juni 2021

Der Witz von Öffentlichkeit ist, dass man neue Menschen kennenlernt. Ansonsten kann man sich auch auf dem Sofa mit dem Partner vergnügen und die EM schauen (ohne Ton, kein Fußball interessierter Mensch erträgt oder überlebt ARD- oder ZDF-Moderatoren!). Es geht also um Öffentlichkeit, um das Prickelnde, das Aufregende, das Neue, das Unerwartete. Die Berliner Waldbühne jedoch reglementiert ihre Events im Sommer 2021 so ermaßen deutsch und irrational, dass man schon ein Zeuge Coronas sein muss, um dorthin zu gehen.

Von Singles und Menschen, die absichtlich alleine leben, weil sie keine Natalisten sind, keine Normalos, keine Angepassten, keine Affirmativen, keine AfD-4-Kinder-Mutterkreuz-Fans, also eher ruhige Menschen, die nachdenken und die kein Kindergeschrei mögen, dafür Heavy Metal oder Rock’n’Roll statt Wagners Erlösungsantisemitismus mit den Philharmonikern auf den Waldbühnen dieses Landes, also Menschen, die lieber Günther Anders, Ivan Illich oder über die Beziehung von Zionismus und Nietzsche lesen, schicke, geschminkte oder ungeschminkte Menschen mit nacktem Gesicht, die eher antideutsch sind als Wähler der Linkspartei und der Grünen, also Leute, die lieber in der Öffentlichkeit DEN Anderen treffen, kennenlernen, spüren, riechen oder wenigstens sehen und anlächeln wollen, ist eh keine Rede.

Wir wissen, dass Corona so gefährlich oder läppisch ist wie „schwere Influenzawellen“, so das Robert Koch-Institut, das ich hier entgegen der perfiden Intention des Textes des RKI zitiere (es geht um die angeblich verlorenen Lebensjahre der Corona-Toten). Die WHO hat betont, dass die Infektionssterblichkeit für Menschen unter 70 bei 0,05 Prozent liegt. Das wissen Sie alles – aber die Berliner Waldbühne weiß es nicht, sie will es so wenig wissen wie Angela Merkel oder Olaf Scholz, die jetzt in verfassungswidriger Manier das Grundgesetz um weitere drei Monate aussetzen – damit auf keinen Fall ein seriöser Bundstagswahlkampf stattfinden kann im August und September 2021. Es gibt mittlerweile mehrere Landkreise, die eine unwissenschaftliche, willkürliche und irrationale „Inzidenz“ von 0 haben – also Null Komma Null. Gäbe es in diesem Land noch seriöse Gerichte – auch das wissen Sie, dass dies nicht so ist -, dann würde jede – jede – Maßnahme als illegal erklärt, die in so einem Landkreis eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ erklärt. Das gilt auch für alle anderen Landkreise, selbst wenn die Inzidenz bei 2345 liegen würde – da zu keinem Zeitpunkt die Krankenhäuser – und nur um die geht es – überlastet waren, zu keinem Zeitpunkt extrem viele Menschen „an“ Corona starben. Ja, die Arztpraxen und Krankenhäuser waren 2020 weniger voll als sonst – und das bei einer Pandemie! Auch in Schweden, ohne Lockdown und Maskenwahn, sieht es nicht anders aus. Die internationale Forschung hat gezeigt, dass es keinen Unterschied machte, ob ein Land Lockdowns machte oder nicht – aber Long Lockdown und der pandemic turn haben unsere Demokratien zerstört.

Es gibt in Europa nur noch eine Demokratie: Schweden.

Ja, wie wir jetzt sogar von der ARD wissen, handelt es sich um einen Mega-Betrug der Krankenhausgesellschaften, die Intensivbetten abgerechnet haben, die gar nicht existieren. Darüber hinaus wurde so getan, als ob mehr Betten belegt seien, als dies der Fall war – weil es seit November 2020 Prämien gibt für besonders ausgelastete Krankenhäuser. Dieser perfide Wahnwitz wundert niemand, der weiß, wie Jens Spahn Politik macht. Aber immerhin ist jetzt auch die ARD mal ein paar Sekündchen irritiert, bevor sie dort wieder die Panik dort hin hängen, wo sie hingehört: „ganz, ganz oben“ (Jan Josef Liefers) – „verzweifelen Sie ruhig, aber zweifeln sie nicht.“ Die Waldbühne Berlin zweifelt nicht, sondern hat folgende irrationalen Maßnahmen implementiert für den fröhlichen Sommer in Berlin:

Ganz oben steht hier folgende totalitäre Regel, gut 15 Monate nach Erklärung der „Pandemie“, an der fast niemand stirbt, der nicht ohnehin gestorben wäre:

Es dürfen nur Ehe- oder Lebenspartner:innen oder Angehörige aus einem Haushalt nebeneinandersitzen. Alle Tickets werden platzgenau und entsprechend der Hygieneregeln verkauft.

Doch es geht noch weiter: Von den von der evidenzbasierten Wissenschaft bzw. Medizin vermuteten ca. 20 Millionen „Infizierten“ allein in der Bundesrepublik Deutschland (BRD), die überhaupt nichts oder so gut wie nichts davon merkten, ist keine Rede.

Dabei sind alle Menschen, die Corona hatten, aber nichts oder fast nichts merkten und in keiner Statistik (!) je auftauchen, ungemein immuner als jede geimpfte Person! Ja, die Impfung verhindert sogar, dass Menschen, die gesund sind, sich anstecken und somit natürlich immunisieren. Von den bekannten und teils schockierenden Nebenwirkungen (oder der Wirklosigkeit für die ganz Alten) zu schweigen, schon dieses Ignorieren der sehr großen Gruppe von Menschen, die Corona hatte, aber nie einen Test dazu machte – weil sie nicht krank waren -, das ist medizingeschichtlich einer der größten Skandale seit 1945 überhaupt. Jeder weiß, dass es diese ca. 20 Millionen Menschen in Deutschland gibt, das sind ca. fünf bis sechsmal so viele „Fälle“ wie offiziell angegeben. Durch repräsentative Kohortenstudien und Antikörperstudien, wie wir sie fast nur aus Gangelt bislang aus Deutschland kennen, wäre es möglich gewesen, seit März 2020 herauszufinden, wie ungemein groß die Gruppe derer ist, die Corona hatten, ohne es zu merken – die aber immun sind, vermutlich ein Leben lang. Die Impfung hält vielleicht ein Jahr!

Aber schließlich leben wir im Kapitalismus und Big Pharma bedankt sich bei Ursula von der Leyen, Jens Spahn, Merkel, Macron und wie sie alle heißen, die immer nur das Gute wollen und das Schlimmste fabrizieren.

Merken wir uns:

  • Wer gesunde Menschen testet, handelt entgegen jeder Public Health-Forschung
  • Wer jeden Menschen a priori als „Gefahr“ betrachtet, ist ein a-soziales Monster
  • Wer von einer „epidemischen Lagen von nationaler Tragweite“ spricht oder eine solche beschließt, ist ein unwissenschaftlicher, irationaler, gefährlicher Antidemokrat
  • Wer im Juni 2021 so tut, als wären wir im März 2020 und könnten nicht wissen, wie ungefährlich Corona ist, hat völlig den Verstand verloren oder hatte nie einen, ist also Teil der riesigen Gruppe der a) Hirnverbrannten oder b) Hirnlosen.

Doch in der Berliner Waldbühne steckt noch mehr. Denn schon vor Corona, zu besten Berliner Zeiten, hätte ich die Waldbühne nie zu einem Konzert besucht. Warum? Dazu wieder einmal ein paar Auszüge aus meiner Dissertation von 2006 (Uni Innsbruck):

Zenit des ›kulturellen Things‹[1]: Möllers Würfelspiel (1936)

Die Kontinuität der extremen Weimarer Rechten in den NS hinein wird in dem Bezug Eichbergs auf Eberhard Wolfgang Möllers Thingspiel Das Frankenburger Würfelspiel noch deutlicher. Möller war schon vor seinem Eintritt in die NSDAP im Jahr 1932 SA-Mitglied geworden.[2]

Möllers Würfelspiel wurde am 2. August 1936, einen Tag nach der Eröffnung der Olympischen Sommer-Spiele in Berlin, auf der Dietrich-Eckart-Bühne als Thingspiel uraufgeführt. Das dem Stück zugrunde liegende historische Ereignis ist Teil der Gegenreformation im 17. Jahrhundert. Graf Herbersdorf, Gesandter Kaiser Ferdinands II., obliegt es, die Bauern in Oberösterreich zu rekatholisieren. 36 dieser Bauern sollen um ihr Leben würfeln, um die restliche Bevölkerung einzuschüchtern. Doch schließlich dreht sich alles gegen Graf Herbersdorf selbst; es fallen in diesem Bauernkrieg bis zu 7000 Bauern.[3] Möller bezieht die Klage der toten Bauern auf das nationalsozialistische Deutschland. Wie bei Euringer spielt die Klage über die Toten bzw. der noch Nicht-Toten eine große Rolle:

»Gebt uns die Todgeweihten wieder her, die uns auf unserm Weg vorangezogen! Wir sind nicht Kinder und nicht Bettler mehr, wir sind ein neues Volk, ein neues Heer, und wehe denen, welche uns betrogen. Wir sind ein Wille, und wir sind ein Schrei, und kein Versprechen kann uns mehr entzweien. Wir wollen uns von aller Schinderei von allem Joch und aller Tyrannei in Gottes Namen endlich selbst befreien«.[4]

Nicht nur 20 000 Zuschauer verfolgten die Aufführung, sondern auch 1200 Laiendarsteller und 27 Sprechrollen bestimmten »das Verhältnis von Individuum und Gesamtheit neu«.[5] Eichberg schwelgt:

»Auch wenn zu einer Aufführung in Erfurt 1937 fast 2000 Arbeiter und Mitglieder der Parteiformationen aufgeboten und eine ganze Stadt beschäftigt wurde, war die Grenze zwischen Akteuren und Publikum gleitend geworden.«[6]

Es handelt sich hier um seinen Habilitationsvortrag an der Universität Stuttgart vom 02. Juni 1976, der in der linken Szene-Zeitschrift Ästhetik&Kommunikation veröffentlicht[7] wurde, und Eichberg führt sich als der auf, der er sein möchte: als völkischer Beobachter.

Zu Möller, dessen Antisemitismus völlig offen zu Tage liegt[8], sagt er nicht mehr als in folgendem Zitat, Distanz oder gar Kritik entfallen im Schwärmen ob der ›Neubestimmung im Verhältnis von Individuum und Gesamtheit‹:

»Dieser Massenhaftigkeit standen auf dem Spielfeld nicht Individuen in ihrer Besonderheit gegenüber, sondern Typen, abstrakte Gestalten, häufig ohne Namen. Die Schauspieler des ›Frankenburger Würfelspiels‹ 1936 wurden sogar auf Kothurne[9] gestellt. Nicht individuelle Moral oder Psychologie wurde vorgeführt, sondern ein politisches Lehrstück. Nicht um persönliches Schicksal, Schuld und Sühne ging es, sondern um das Volk und um abstrakte Gegebenheiten, wie sie in ›dem Arbeitslosen‹, ›dem Bonzen‹ oder ›dem namenlosen Soldaten‹, in ›dem Richter‹ oder ›der Gestalt in schwarzer Rüstung‹ in Erscheinung traten.«[10]

Das Frankenburger Würfelspiel als »Weihe der Machtübernahme von 1933«[11] führt Möllers Sprache von vor ’33 fort, als er sie in den »Dienst der Massenmobilisierung durch Mobilisierung der Ressentiments der Masse gegen das ›System‹«[12] einspannte.

[1] Das ›kulturelle Thing‹, d. h. das Thingspiel, wurde womöglich auch aufgrund der Konkurrenz zum ›politischen Thing‹, den Nürnberger Reichsparteitagen bzw. insgesamt der Inszenierung des Staates als »›Volksdrama‹« (Goebbels), aufgegeben, vgl. Peter Reichel (1991)/1994: Der schöne Schein des Dritten Reichs. Faszination und Gewalt des Faschismus, Frankfurt a. M. (Fischer Taschenbuch Verlag), S. 339 f.

[2] Busch 1998: 148. »Zum ›Führergeburtstag‹ am 20.4.1934 schrieb Möller im Völkischen Beobachter: ›Wir sind in die S.A. gegangen, um als Soldaten die nationale Revolution durchzukämpfen, die wir an unseren Schreibtischen nicht hätten durchkämpfen können, und wir bleiben als Soldaten in unsern Stürmen, auch wenn wir schreiben‹« (ebd., Anm. 15).

[3] 25 Jahre nach seinen Thingspiellobeshymnen spricht Eichberg nebenbei und gezielt in der Diktion seiner rhetorischen Mimikry sein antiaufklärerisches Politikkonzept wieder an: »In seinem Buch ›Thing und Polis‹ versuchte der Maler Asger JORN eine politische Theorie aus dem Geiste des situationistischen Anarchismus heraus. Er setzte zwei Konfigurationen scharf gegeneinander, als historische Erfahrungen und zugleich als Ausgangspunkte zweier unterschiedlicher Auffassungen von Demokratie. Die Polis stand für das Modell der Bürgerpolitik; sie entstand historisch aus der Kombination von Burg bzw. Befestigung, stadtbürgerlicher Klassengesellschaft und Sklavenökonomie. Der Thing stand für die Selbstverwaltung ländlicher Sippen, für die Dorfdemokratie, und der Bauer wurde zum Joker zwischen urbaner Bourgeoisie und Proletariat« (Henning Eichberg (2001a): Bewegung in der Stadt – Bewegung im Labyrinth. Über fraktale Aspekte körperlicher Praxis, in: Jürgen Funke-Wiencke/Klaus Moegling (Hg.) (2001): Stadt und Bewegung. Knut Dietrich gewidmet zur Emeritierung, Immenhausen bei Kassel (Prolog-Verlag), S. 28–44, hier S. 34 f.).

[4] Eberhard Wolfgang Möller (1936)/1940: Das Frankenburger Würfelspiel. Volksausgabe, mit einem Nachwort und einer Bühnenskizze, Berlin (Theaterverlag Albert Langen/Georg Müller), S. 52.

[5] Eichberg 1976: 62 f.

[6] Ebd.: 62.

[7] Das Zeitschriftenprojekt Ästhetik und Kommunikation bot Eichberg gleich mehrmals die Gelegenheit zur Publikation seiner neu-rechten Gedanken, 1976, 1979 und 1994.

[8] »Whether in his dramatic works, poetry, or radio dramas, Möller always stressed the leitmotifs of heroism, anti-Semitism, and anticapitalism« (Jay W. Baird (1994): Hitler’s Muse: The Political Aesthetics of the Poet and Playwright Eberhard Wolfgang Möller, in: German Studies Review, Vol. XVII (1994), No. 2, pp. 269–285, hier p. 270). Als Beispiel für Möllers Antisemitismus vgl. Eberhard Wolfgang Möller (1934): Rothschild siegt bei Waterloo. Ein Schauspiel, Berlin (Theaterverlag Albert Langen Georg Müller), das seine Uraufführung am 5. Oktober 1934 in Aachen und Weimar hatte. »Eberhard Wolfgang Möllers ›Rothschild siegt bei Waterloo‹ liegt eine Anekdote zugrunde, nach der aus dem Blutopfer von Zehntausenden ein Börsenmanöver gigantischen Ausmaßes gemanagt wird. Es ist die bitterernste Satire des ewig raffenden Geistes schlechthin. Verdienen statt dienen, Risiko statt Einsatzbereitschaft, Geld als Endziel aller Macht sind seine Schlagworte«, Rhein.-Westf. Zeitung, Essen, Buchumschlag Möller 1934. Entgegen dem bereinigten Stück Frankenburger Würfelspiel, das ja der internationalen Öffentlichkeit zur Zeit der Olympiade 36 galt, ist hier also der Antisemitismus offenkundig. Im September 1939 fasste Möller während der Vorbereitung zu ›Jud Süß‹ sein nationalsozialistisches Weltbild zusammen: »Wir lassen die Geschichte sprechen. Und sie zeigt nicht, daß ›der Jude auch ein Mensch‹ ist, nein, sie stellt klar, daß der Jude ein ganz anderer Mensch ist als wir, und daß ihm die uns angeborene sittliche Kontrolle über sein Handeln fehlt. (…) Keinen bösen Dämon wollten wir darstellen, aber den Abgrund zwischen der jüdischen und der arischen Haltung wollten wir dartun«, zitiert nach Busch 1998: 157, Herv. im Original. Allerdings verweist Busch ohne Kommentar an mehreren Stellen auf Eichbergs NS-Thingspiel Band von 1977, vgl. Busch 1998: 149, Anm. 21; 163, Anm. 72; 184, Anm. 133. Ein solches Rekurrieren auf Eichberg noch im Jahre 1998 halte ich gerade in einer wissenschaftlichen Arbeit für symptomatisch für die Virulenz Eichbergs rhetorischer Mimikry. Ebenfalls kommentarlos wird Eichbergs Apologie Möllers nicht gesehen, wenn Sarkowicz/Mentzer in ihrem Standardwerk Eichberg in die sehr knappe Literaturliste aufnehmen, vgl. Hans Sarkowicz/Alf Mentzer (2000): Literatur in Nazi-Deutschland. Ein biografisches Lexikon, Hamburg/Wien (Europa-Verlag), S. 284 f.

[9] Kothurne sind in der Antike aufgekommene Bühnenschuhe.

[10] Eichberg 1976: 63.

[11] So die Darstellung bei Karl-Heinz Joachim Schoeps (1992)/2000: Literatur im Dritten Reich (1933–1945), 2., überarb. u. erg. Aufl., Berlin (Weidler Buchverlag), S. 160. Allerdings zitiert Schoeps Eichberg ebenfalls gleich mehrfach, um ihn gar als ernstzunehmenden Historiografen der Thingspielbewegung heranzuziehen, demnach sei es evident, dass das »›Thingspiel als politisch-kultisches Massentheater den wichtigsten Beitrag darstellte, den der Nationalsozialismus zur Kunstform des Theaters und der Literatur leistete‹« (Eichberg 1977: 5, zitiert bei Schoeps 1992: 162, zu weiteren Bezugnahmen auf Eichberg vgl. ebd.: 167 f.).

[12] Christina Jung-Hofmann (2002): Engagierte Literatur und rhetorischer Realismus. »Panamaskandal« und Weimarer Republik bei Wilhelm Herzog und Eberhard Wolfgang Möller, in: Stefan Neuhaus/Rolf Selbmann/Thorsten Unger (Hg.) (2002): Engagierte Literatur zwischen den Weltkriegen, Würzburg (Köngishausen & Neumann), S. 219–237, hier S. 236.

 

 

Hauptsache Aufmerksamkeit und Propaganda: Deutsche Mandarine? Eine Hure, eine Islamistin und eine Corona panikgeile Alt-Feministin

Von Dr. phil. Clemens Heni, 31. Mai 2021

Über Kübra Gümüsay muss man nicht viel sagen, sie sieht so aus wie jede Frau, die aus islamistischen oder sonstigen religiösen Wahn-Motiven heraus ihre Haare nicht zeigt, aber der Kern ist die für Antisemitismus offene Ideologie, die beim politischen Islam oder Islamismus fast immer noch dazu kommt, sozusagen der ideologische hardcore Doppelpack, so wie es Klabauterbach ohne Drosten nicht gibt, Merkel nicht ohne Braun oder Habermas nicht ohne Luhmann:

Ich schrieb am 10. März 2019 über die ach-so-jüdische Zeitschrift oder Postille „Jalta“ und das jüdische Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (ELES) im Zusammenhang mit der aggressiven, gewalttätigen BDS-Aktivistin Stavit Sinai:

So jedoch ist das alles Heuchelei und Geschwätz. Das mag zu Habermas passen, der zwar gegen Antisemitismus und die AfD ist, aber kein Problem hatte mit der jüdischen Anti-Israel-Hetzerin Judith Butler auf einem Podium zu sitzen in New York City (siehe dazu mein Buch “Kritische Theorie und Israel” von 2014).

Es geht um eine „strategische Identitätspolitik“, wie Tobias Herzberg unterstreicht. Es geht um die muslimischen Referenzen in dem Band, so etwa um Kübra Gümüsay, die nicht nur für obsessives Kopftuchtragen steht, sondern meint, es gebe keine Alternative zur AKP in der Türkei. Herzberg zitiert sie mit der Aufforderung, „Liebe zu organisieren“.

In Heft 4 von Jalta ist dann Gümüsay gar Autorin von Jalta, es wächst zusammen, was zusammengehört. Angesichts der Großdemo #unteilbar im Oktober 2018 schrieb die Jungle World über die Mitaufruferin Gümüsay:

„Es gibt unter den Erstunterzeichnern noch weitere Gruppen und Personen, die Verbindungen in antidemokratische, autoritäre, frauenfeindliche und antisemitische Milieus haben. Die Autorin Kübra Gümüşay, ebenfalls Erstunterzeichnerin, trat 2016 auf einer Veranstaltung der Organisation Milli Görüş auf. Bei Milli Görüş handelt es sich um eine türkisch-islamistische Organi­sation, der bereits gerichtlich Gegnerschaft zur bürgerlich-demokratischen Ordnung und ein antisemitischer ­Charakter bescheinigt wurden. 2013 bekundete Gümüşay auf Twitter Zustimmung zur autoritären und antidemokratischen türkischen Regierungspartei AKP: ‚Ich sehe zurzeit keine Alternative zur AKP in der Türkei.‘“

Das sind also die Autorinnen und Kooperationspartnerinnen der jüdischen Zeitschrift Jalta. Dabei ist der Antizionismus vieler jüdischen Autor*innen ja schon krass genug und Kern dieser Besprechung und Kritik.

Nun ist kaum jeder Mensch, der ein Buch publiziert, ein Intellektueller. Fast kaum ein Mensch, der ein Buch publiziert, ist ein Intellektueller, wenn wir darunter eine selbst denkende und zumal kritische Person fassen.

Denn was ist ein Intellektueller?

In meiner Disseration zur Kritik der „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ schrieb ich 2006:

Eichberg ein deutscher Mandarin? Kritik des Gegenintellektuellen

Deutsche Konservative und Nationalisten haben seit den 1970er Jahren versucht, die deutsche Geschichte zu rehabilitieren und sind dabei keineswegs von einer vormodernen Epoche ausgegangen, sondern haben protagonistisch den NS nicht verschwiegen, vielmehr Anschlussstellen gesucht und gefunden. Der Sozialphilosoph Hauke Brunkhorst hat sich dazu in einer Studie von 1987 geäußert.[1]

Mandarine, in Europa früher gebräuchliche Bezeichnung für die hohen chinesischen Beamten der Kaiserzeit, haben in Deutschland mit einem zutiefst antiintellektuellen Ressentiment von Mitte des 19. bis weit in das 20. Jahrhundert hinein die deutsche Wissenschafts-Szenerie bestimmt. Jedoch: »Mit der klassischen Rolle der Philosophen, Priester und Propheten, der Mandarine und Schamanen ist es vorbei.«[2] Sodann: »Der Mandarin steht über den Parteien: ›Wenn es nicht gelingt, die Sache der Nation wieder über die Sache der Partei zu stellen, so sind wir verloren.‹[Eduard Spranger, C. H.]«.[3]

Ein deutscher Mandarin hat all das nicht, was einen Intellektuellen auszeichnet:

»Zu Kompromissen mit vorgeblich tief sitzenden metaphysischen Bedürfnissen sollten die Intellektuellen sich nicht verführen lassen. ›Ohne Leitbild‹ (Adorno), ohne höhere Legitimation sollten sie auf dem ›uneingeschränkten Gebrauch ihres Intellekts‹ bestehen, und das heißt ja nichts anderes, als auf der Macht des Negativen und dem Recht zur negativen, destruktiven Kritik. Dieser Anspruch, ›der wider die angeborene und‹, wie Kracauer ausdrücklich hervorhebt, ›die erworbene Natur ist‹, kann den Intellektuellen nicht geschenkt werden: ›die Natur zum mindesten versuchsweise außer Kraft zu setzen, soweit es nur irgend geht. Nichts anderes ist der Intellekt als das Instrument der Zerstörung aller mythischen Bestände in und um uns.‹«[4]

Diese »Zerstörung aller mythischen Bestände« ist ein Movens meiner Studie. Eichberg ist sehr wohl ein Intellektueller, aber ein Gegenintellektueller. Er steht dezidiert in dieser gegenintellektuellen Ahnenreihe deutscher Mandarine. Am Beispiel der Soziologie zeigt nun Brunkhorst, woran deutsche Gegenintellektuelle seit den 1970er Jahren wieder zunehmend arbeiten:

»Das erklärte Ziel der Antisoziologen ist beispielsweise nicht die Abschaffung der Soziologie, sondern die Wiederherstellung der durch ›Amerikanisierung‹ (Tenbruck) unterbrochenen Kontinuitäten unserer eigenen, deutschen, geisteswissenschaftlichen Soziologie.«[5]

Scheuch/Klingemann, die für solche, ›deutsche‹ Soziologie in der Abwehr US-amerikanischer Untersuchungen über die Deutschen kurz nach 1945 paradigmatisch stehen, vertreten die Position, dass die ›Rechtsradikalen‹ in allen westlichen Gesellschaften sich nach einer romantischen, harmonischen Zeit vor dem Einbruch der Moderne zurücksehnen, genau nach der letzten als ›harmonisch‹ vorgestellten ›Epoche‹.

[1] Hauke Brunkhorst (1987): Der Intellektuelle im Land der Mandarine, Frankfurt a. M. (Suhrkamp; edition suhrkamp).

[2] Ebd.: 2.

[3] Ebd.: 77.

[4] Ebd.: 10.

[5] Ebd.: 134.

Der inflationäre Gebrauch des Adjektivs „intellektuell“ oder des Nomen „Intellektueller“ ist mehr als problematisch. Denn kaum ein Autor und kaum eine Autorin, Ausnahmen bestätigen die Regel, hat eine Destabilisierung und zumal intellektuelle Zerstörung von deutschen Mythen im Sinne.

In einer in ihrer Aufgeregtheit fast lustigen Verteidigung von Gümüsay schreibt eine offenbar bekannte Hure in der Berliner Zeitung (Hanna Lakomy, 24./25.04.2021) über ihre Kuschelfreundin, die ihr in einer Berliner Szene-Bar zum Geburtstag gratulierte, Kübra Gümüsay:

Und dass sie, eine der wichtigsten deutschen Intellektuellen, Autorin und Aktivistin für Menschenrechte, sich weigert, sich zu erniedrigen zu einer öffentlichen Distanzierung von Erdogan, wird nur als weiteres Indiz ihrer Schuld gewertet.

Es ist also eine Art Erniedrigung, sich vom Antisemiten, Islamisten und antidemokratischen Herrscher in der Türkei zu distanzieren. So würden das wohl auch meine Nachbarn hier sehen, die im Schlafzimmer eine große Türkeifahne hängen haben (!). Dass eine Hure mit einer verheirateten Muslimin kein Problem hat, hat eine Logik, ohne das hier auf diesen Einzelfall zu beziehen: Gerade Ehemänner sind doch nicht selten Besucher von Puffs. Es gibt andererseits aber auch Verfechter des Nordischen Modells, das Sexkauf unter Strafe stellt,  die dennoch eine große Gefahr für das rationale Denken und die Demokratie darstellen, denken wir an Klabauterbach.

Die Kritik der FAZ  an Gümüsay hat somit Recht, entgegen der plumpen Attacke aus der Berliner Zeitung:

Doch Gümüşay ist nicht unumstritten. Kritiker werfen ihr vor, eine Islamistin zu sein oder zumindest eine Nähe zum Islamismus zu pflegen. (…)

Wer berechtigte Kritik als Verschwörungstheorie, Hass und Hetze abtut, der verschiebt die Dinge und fährt übrigens auf derselben Diskursschiene wie viele legalistische islamistische Akteure. Die Sprache des antirassistischen Diskurses, die auch Gümüşay oft verwendet, tut der kritischen Debatte nicht unbedingt einen Gefallen, so treffend sie in anderen Fällen auch ist. Dass ein Mensch beides vereinen kann – in Deutschland Rassismus erfahren und antialevitischen sowie antikurdischen Rassismus reproduzieren –, blendet diese Sprache aus. Von Verstrickungen mit Organisationen, Parteien oder Regimen, wie der AKP oder Muslimbruderschaft ganz zu schweigen. Alles wird pädagogisiert. Etwas organisierte Liebe hier, etwas Weltverbesserung da. „Sobald man die Möglichkeit hat, in ein Mikrofon zu sprechen, hat man Verantwortung“, hat Gümüşay einmal gesagt. Wir sollten sie beim Wort nehmen.

Und dann gibt es noch Alice Schwarzer (78), die von Lakomy attackiert wird wegen ihrer Kritik am Kopftuch, die jetzt Impf-Propaganda macht, also auch die Öffentlichkeit sucht und das Corona-Regime unterstützt, wie sie es eben kann. Es tut mir regelrecht im Herzen weh, dass die Lakomys es wieder nicht schaffen werden, dass so richtige Nazis, die angeblich oder tatsächlich die FAZ-Kritik an Gümüsay abfeiern, zu finden, die mich feiern: solche Leute lesen mein Blog nicht und sie hassen antideutsche Antifas, die aus deren Sicht zu Recht auf der Abschussliste wie „Judas Watch“ stehen.

Schwarzer scheint sich keine Sekunde Gedanken gemacht zu haben, dass sich alte Menschen – wie sie es ist – doch ohnehin impfen lassen können bzw. fast alle haben das schon getan, wer Angst oder Panik hat oder tatsächlich sieht, dass eine Gefahr vorhanden ist, weil Menschen, viele, sehr viele Menschen erkranken und sterben, würde sich doch selbst schützen, so gut es geht. Doch es sterben eben fast nur Menschen, die auch ohne Corona gestorben wären und viele sind nicht „an“, sondern nur „mit“ Covid-19 gestorben. Wären viele gestorben, hätte es in 2020 eine massive Übersterblichkeit gegeben, die es laut Statistischem Bundesamt gerade nicht gab.

Der Alice Schwarzer in den Mund gelegte Spruch „Das Virus überwinden wir schneller als das Patriarchat“ ist medizinisch unglaublich dumm. Nach allem, was wir wissen können, wird Corona ein ganz normaler Teil jener Viren bleiben, die uns – wie Influenza – eben begleiten. Vor allem ist das Patriarchat viel gefährlicher, brutaler, mörderischer – und das seit Ewigkeiten – als so ein verglichen damit läppisches Virus!

Auch die FAZ macht Propaganda für die Impfkampagne (wie bei Betriebsärzten). Manche werden sich infizieren, einige erkranken, und sehr wenige sterben. ZeroCovid ist medizinisch Schwachsinn und politisch totalitär. Möchte das Schwarzer? Denkt sie auch, dass wir Influenza schneller „überwinden“ werden als das Patriarchat? Sie sehen, wie unreflektiert und peinlich die Ober-Emma hier daher redet und pure Propaganda macht. Mit solchen Werbekampagnen wird weder das Patriarchat geschwächt, noch eine für fast alle harmlose Krankheit eliminiert. Ja, mehr noch: Es kann sogar sein, dass durch die Impfung gegen ein respiratorisches Virus – das erstmal im Mund- und Hals-Rachen-Raum ankommt (!) und nicht etwa über das Blut wie bei einer Blutvergiftung – dieses Virus dort gar nicht abgewehrt werden kann. Wie soll eine Impfung, die im Blut zirkuliert, oberflächlich (!) andockende Viren abtöten? Das ist, nach meinen Information von Mediziner*innen, das Paradox gerade dieser Imfpung (neben anderen Paradoxien oder problematischen Aspekten). Eine solche Abwehr ist primär Aufgabe der T-Zellen im Rachenraum. Oder von Medikamenten: Daher ja auch die offenbar sensationell guten Erfolge von Asthma-Sprays gegen Corona. Es ist schlichtweg totalitär zu denken, ein solches Virus ausrotten zu können oder zu müssen.

Was nun aber jene Hure, jene konservativ-islamistische Muslimin und jene Alt-Feministin, mit so vielen Emma-mombies als Autorinnen und Abonnentinnen, eint, ist eine regelrechte Aufmerksamkeitsgeilheit. Die Autorin der Berliner Zeitung schreibt:

Wenn Menschen wie Kübra und ich auf unsere ungleiche Art doch beide die öffentliche Aufmerksamkeit suchen, dann nicht um der Aufmerksamkeit willen. Sondern weil wir ein Anliegen haben.

Ein bisschen Sexismus hier, ein bisschen Frauen als Ware behandeln dort und dann noch ein Schuss Erdogan-Islamismus als Sahnehäubchen obendrauf, das sind aber tolle, ehrenwerte „Anliegen“, aber hallo.

Heutzutage nun gibt es Verfechter*innen des Nordischen Modells Seite an Seite mit dem rechten Mainstream der CDU/CSU um Söder, Spahn und Altmaier für den Corona-Ausnahmezustand, LGBTQ-Aktivist*innen klatschen Söder und Müller Beifall, das ach-so-kommunistische Konkret-Magazin agitiert gegen linke Kritiker des Corona-Totalitarismus und kungelt mit den ZeroCovid-Totalitären, die ein relativ harmloses respiratorisches Virus zur Seuche herbei halluzinieren.

Long Lockdown ist die große Gefahr, Long Covid ist läppisch dagegen, weil es so wenige haben. Wer sprach je von Long Ambrosia? Wer sprach je von Long Industriekapitalismus, an dem unendlich mehr Menschen sterben als an Corona? Wer sprach je von Long Drosten Podcast, einer Sendung, die enorme Hörschäden verursacht und das Vertrauen in den seriösen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht minder untergraben hat wie jede – jede – einzelne Tagesschau-Sendung seit dem 1. März 2020?

Long Lockdown haben fast acht Milliarden Menschen weltweit und viele sind daran schon krepiert im Globalen Süden, aber auch im reichen Norden.

 

Offener Brief an Prof. Forgó und Prof. Ulrike Guérot – Ist es belanglos, ob die Infektionssterblichkeit bei 1:50 oder 1:3333 liegt?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 17. Mai 2021

Unten stehenden Brief hatte ich gestern privat an Herrn Forgó und an Frau Guérot geschickt, die sich auch beide gestern Abend bei mir rückmeldeten. Da ich die Antwort von Herrn Forgó wenig zielführend fand, denke ich, dass im sehr kleinen und bescheidenen Rahmen der Leser*innenschaft meines Blogs (verglichen mit den Zugriffszahlen auf das in Frage stehende Video) dieser Brief als Offener Brief eventuell anregend sein könnte, sich mal über das Verhältnis von Zahlen, Panik, Grundrechte und Demokratie Gedanken zu machen.

Es sollte um evidenzbasierte Medizin gehen und dazu gehört auch, Zahlen so gut es geht, rational zu verwenden und sich selbst und anderen bewusst zu machen, wie hoch oder gering de facto das Risiko ist, an Covid-19 zu erkranken oder gar schwer zu erkranken oder gar zu sterben.

Selbst wenn das Risiko groß wäre, steht weiterhin vollständig in Frage, ob Grundrechtsbeschränkungen in einer Demokratie zulässig sind, da sie nämlich die Opfer, die an diesen Beschränkungen zugrunde gehen, nicht nur ignoriert, sondern affirmiert. Diese Frage wurde von Merkel und der Politik nie gestellt und in der Gesellschaft nie wirklich diskutiert.

Philosophische, metaphysische und weitere politische Fragen hatte ich im Epilog zu dem von mir Mitte Oktober 2020 edierten Band „Gefährderansprache. Wie die Regierungs-Politik, eine nicht evidenzbasierte Virologie und Verschwörungswahnwichtel die demokratische Gesellschaft zerfleddern

so in Worte gefasst:

Epilog: Selbst Wenn

Selbst wenn Corona eine Pest wäre, haben die Regierungen weltweit falsch gehandelt. Wir hätten alle zu einem letzten Mahl zusammenkommen können, zu einem letzten rauschenden Fest, einem letzten Sich-Vorlesen, einem letzten Sketch, einer letzten Musik, einem Fußballspiel, einer Theateraufführung, einer Morgenröthe, einer Flädlesuppe oder einem Sieben-Gänge-Menü. Es wäre Pech gewesen und sehr traurig, wenn eine Zivilisations-Krankheit oder Naturkatastrophe uns alle befallen hätte und es keine Rettung gäbe wie bei der mittelalterlichen Pest. Aber gerade dann müsste sich das Mensch-Sein zeigen, das durch Kultur, Kunst und das Sich-Verausgaben, die Verschwendung, den Potlatch gekennzeichnet ist. Das würde reife, selbstbestimmte und souveräne Menschen bedingen. Die gibt es in der patriarchal-kapitalistischen Gesellschaft nicht. Die atomisierten Würstchen zappeln und zappen alleine vor den Multimedia-Geräten herum, schauen sich nochmal „Mutti“ oder den bayerischen „Kronprinzen“ an und denken, alles sei „alternativlos“ und krepierten elendig. Werden die Menschen je wieder lernen, was das Mensch-Sein ausmacht? Wussten sie es je?

Ob darüber hinaus schon bis Anfang 2021 2,5 Millionen Menschen im Globalen Süden an Hunger, Krankheiten, Erschöpfung etc. starben (wie eine schwedische Studie und ein schwedischer Film zu zeigen versuchen), aufgrund der Lockdownpolitik, das ist für fast alle Menschen hierzulande kein Thema, ich hatte das kürzlich wieder mal thematisiert.

Auch das ist ein Hintergrund für die Diskussion über Zahlen – denn wenn die Menschen hierzulande keine solche präzedenzlose Panik hätten – eine gezielt produzierte Angst durch die deutsche Bundesregierung, wie wir wissen -, dann sähe die Welt heute vermutlich anders aus. Corona ist eine Gefahr – aber keine größere Gefahr wie die Lockdownpolitik. Die Lockdownpolitik führt zu Arbeitslosigkeit, psychischen Problemen ungeahnten Ausmaßes und das wird jeweils zu vielen Toten führen, früher oder später, das trifft auch auf die Millionen verschobenen Operationen und Untersuchungen in Europa und der Welt zu.

Das ignoriert fast der gesamte Mainstream. Mittlerweile sind kaum noch alte Menschen gefährdet, da geimpft oder sonst immun – doch die „Maßnahmen“ sind so irrational und totalitär wie nie zuvor. Konnte man 2020 problemlos durch Europa reisen, wird das 2021 für den selbst denkenden und nicht geimpften Teil der Bevölkerung fast unmöglich. Konnte man 2020 im Sommer problemlos in ein Restaurant, wird das 2021 an Tests oder gar Impfung und dem Herzeigen an x-beliebige Blockwarte oder „Sicherheitsbeauftragte“ von dem Informationsgeheimnis der Bürger*innen unterliegenden medizinischen Unterlagen wie Genesung, Impfung, Krankheit gekoppelt. Konnte man 2020 in alle möglichen Läden gehen, ist auch das 2021 nicht mehr ohne Test, Impfung etc. möglich, sollten die Läden überhaupt wieder aufmachen. Die Gefahr war 2020 größer als heute, aber die „Maßnahmen“ sind 2021 noch viel irrationaler, autoritärer und wollen den endgültigen Übergang bzw. die toxische Verschmelzung von der Disziplinargesellschaft und Kontrollgesellschaft festzurren. Der digitale Kapitalismus wird uns 24/7 überwachen, quasi chinesische Zustände, getarnt als demokratische „Maßnahmen“ zum Wohle Aller.

Und das ist meines Erachtens primär ein Resultat der unglaublichen Panik, die ganz stark mit Zahlen gekoppelt ist. Daher dieser Offene Brief.

Dabei ist es für mich als Politologe eine Freude, dass mit Ulrike Guérot eine der bekanntesten Politologinnen Europas eine Kontraposition zum Lockdownfetischismus und gegen die Demokratie-Aussetzung einnimmt und sich vehement und eloquent für die Grundrechte, für den kritischen Diskurs und für die rationale Risikoeinschätzung einsetzt.

Dazu möchte ich auch auf ein weiteres längeres Interview von Elisabeth Scharang mit Ulrike Guérot vom 10. Mai 2021 hinweisen, das nicht zuletzt demokratietheoretisch und rechtswissenschaftlich bzw. rechtssoziologisch inhaltsvoll ist und einer gesonderten kritischen Würdigung harrt. 

 

Sehr geehrte Frau Guérot,

sehr geehrter Herr Forgó,

mit Interesse haben ich Ihre Diskussion

Ars Boni 148 – Einschätzungen zum Zustand Europas nach der Pandemie und mögliche Schlussfolgerungen

angeschaut.

Ich bin Politologe (Dr. phil., bei Prof. Anton Pelinka in Innsbruck, danach Post-Doc in Yale), Experte für die politische Kultur in Deutschland, zu Rechtsextremismus und Antisemitismus. Ich habe aber in den 1990er Jahren auch in Bremen bei Prof. Ivan Illich studiert, einem der bekanntesten Medizinforscher. Auch daher mein Bezug zur Public Health. Ich habe seit März 2020 über 100 Texte und bislang zwei Bücher zu Corona publiziert (Mai 2020 und Oktober 2020).

Insbesondere viele Einschätzungen von Frau Guérot in Ihrem sehr aufschlussreichen Gespräch teile ich und finde ihr Beharren auf den Grundrechten, der European Citizenship und zumal Ihre Betonung der  bisherigen Selbstverständlichkeit, dass man Grundrechte nicht an etwas gekoppelt hat und zumal nicht beweisen musste, gesund zu sein, elementar.

Einige Äußerungen am Rande, wie die Skepsis von Ulrike Guérot bezüglich der Existenz von Verschwörungsmythen zu Corona, die es sehr wohl gibt und die gefährlich sind, oder Ihre Erwähnung, dass jetzt erst die „Büchse der Pandora“ geöffnet würde, das geschah meines Erachtens mit Lockdown eins im März 2020, würde ich kritisch diskutieren, aber das führte mich jetzt von dem Anliegen in diesem Schreiben weg.

Bislang musste man in einem Rechtsstaat oder einer Demokratie einem Gegenüber nicht beweisen, ob man gesund ist, um in eine Sauna zu gehen, so völlig richtig Ulrike Guérot. Vielen Dank für diese Klarstellungen.

Was mich sodann wirklich nachhaltig irritierte, war eine Bemerkung von Ihnen, Herr Forgó: Sie sagten, als es um die Gefahr durch Covid-19 geht, dass einer von 50 daran sterben würde.

Wie meinen Sie das? Sie sagten wörtlich: „…ich eine 1:50 Chance habe, an Corona zu sterben und wenn ich über 80 bin, eine 1:2 Chance“ – https://www.youtube.com/watch?v=qQ7NatCkH3o (ab Min. 49:29).

Das ist, soweit ich sehe, empirisch falsch und zwar extrem falsch. Sie nehmen ja offenbar die ganze Gesellschaft als Basis an, und wenn ich mich wo aufhalte, wie in einer Sauna, hätte ich eine 1:50 Chance mich dort anzustecken und zu sterben.

Warum haben Sie das gesagt? Was sind Ihre Quellen?

Meinen Sie ernsthaft, dass von 50 Personen, die sich in einem Hallenbad oder einer Sauna aufhalten, einer an Corona stirbt? Das wäre mathematisch vollkommener Irrsinn. Denn auf die Gesamtbevölkerung gerechnet, starb bislang eine von 976 Personen „an“ oder „mit“ Covid-19 (85.000 Tote von 83 Mio EW in Deutschland). Das ist aber sehr grob, hat nichts mit der Infektionssterblichkeit (und nur um die wird es gehen) zu tun und wir werden diese Berechnung der Letalität noch deutlich verfeinern und relativieren müssen. Wir werden sehen, wie gering die Wahrscheinlichkeit für Sie als Mann Anfang 50 wirklich ist, an oder auch nur mit Corona zu sterben.

Ich denke also, Sie haben sich da mindestens unglücklich und sehr verwirrend ausgedrückt.

Mehr noch: 1:976 ist auf zwei Grippe-Saisons gerechnet, denn wissenschaftlich korrekt wäre es, eine Grippewelle wie z.B. 2017/18 von Herbst bis zum Frühjahr laufen zu lassen. Danach beginnt eine neue Saison.

Doch aus Gründen, die wir nicht kennen, wird bei Corona seit März 2020 bis heute einfach durchgezählt, was man bei keiner Grippe bislang machte. Aber das nur am Rande.

Nochmal: Ihre Behauptung, einer von 50 würde an Corona sterben – woher haben Sie diese Zahl?

Erstens: In der epidemiologischen Forschung wird zwischen Infektionssterblichkeit (IFR) und Fallsterblichkeit (CFR) unterschieden. Das Robert Koch-Institut (RKI) gibt nur die CFR an. Wir wissen aber von der einzigen relevanten Studie aus Deutschland – der legendären Gangelt-Heinsberg Studie von Streeck von April 2020 -, dass die IFR bei 0,37 Prozent liegt. Das hat das Team der Uni Bonn durch Antikörperuntersuchungen im Blut herausbekommen und gerade nicht aufgrund der offiziellen „Fälle“.

Sprich: Eine viel größere Gruppe als gedacht hatte Kontakt mit SARS-CoV-2. Daher die IFR von 0,37 Prozent. Dutzende Studien weltweit haben ähnlich niedrige IFRs empirisch gesichert erforscht. Das wären ca. 23 Millionen „Fälle“ in Deutschland. D.h. 1:270 berechnete Infektionssterblichkeit. Das ist aber völlig verzerrend, da die Gefahr für Kinder und Jugendliche so gut wie Null ist, für unter 60-jährige auch minimal, aber für alte und sehr alte und kranke Menschen exorbitant viel höher, aber auch für die Alten ist es nicht äußerst dramatisch, da wir im Jahr 2020 so gut wie keine Übersterblichkeit hatten in Deutschland (laut Statistischem Bundesamt, gutes Beispiel: Frankfurt am Main).

Die WHO ging dann im Oktober 2020 von einer IFR weltweit von 0,23 Prozent aus. Der von der WHO publizierte Prof. John Ioannidis von der Universität Stanford hat weitere Studien zur IFR weltweit untersucht und aktuell haben wir daher eine IFR von 0,15 Prozent.

Also Ihre Aussage, dass die Chance, an Corona zu sterben, bei 1:50 liege, sehr geehrter Herr Forgó, ist nicht nur dramatisch falsch, wenn wir sie auf die Gesamtbevölkerung beziehen – was Sie getan haben, da Sie nicht differenziert haben, welche Bevölkerungsgruppe Sie für diese 1:50 zugrunde legen -, nein, sie ist auch falsch, wenn wir die Zahlenbasis auf die offiziellen Zahlen des RKI beschränken.

In Deutschland starben selbst bei Zugrundlegung der falschen CFR  nur 20,1 Prozent der über 80-jährigen „an“ oder doch nur „mit“ Corona (57.542 von 285.066 „Fällen“), wobei die häufig massive Vorerkrankungen haben, wie fast alle Covid-19 Todesfälle (erinnern wir uns an die ersten 100 obduzierten Todesfälle in Hamburg – die ersten Obduktionen dieser Art weltweit, Prof. Püschel, wo nicht ein Toter dabei war, der nicht mehrere schwere Vorerkrankungen hatte).

Noch viel drastischer ist Ihre Fehleinschätzung bezüglich des Sauna-Besuchs, denn um den ging es ja Frau Guérot. Laut Statistik waren 2020 74 Prozent aller Saunabesucher*innen  jünger als 60 Jahre und nur 10 Prozent älter als 70 Jahre:

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/272546/umfrage/sauna-und-dampfbadgaenger-in-deutschland-nach-alter/ .

Und für junge Menschen unter 60 Jahren liegt selbst die viel zu hohe und unwissenschaftliche Fallsterblichkeit oder Case Fatality Rate (CFR) bei Corona in Deutschland bei nur 0,12 Prozent, also 1:800 (3456 Tote „an“ oder „mit“ Corona von 2.766.843 „Fällen“).

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1103904/umfrage/corona-infektionen-covid-19-in-deutschland-nach-altersgruppe/

Von den offiziellen Zahlen des RKI sind Mitte Mai 1.360.345 Fälle im Alter von 35 bis 59 Jahre (Zeitraum: 1. März 2020 bis 14. Mai 2021). Davon sind 2592 „an“ oder „mit“ Covid-19 gestorben, das sind 0,19 Prozent oder 1:520.

Schon bei diesen ganz offiziellen Zahlen des RKI liegen Sie mit 1:50 ganz daneben.

Die wissenschaftlich korrekte und das Infektionsgeschehen tatsächlich realistischer abbildende Infektionssterblichkeit (IFR) – nur um die geht es, nicht um die beliebige Anzahl der PCR-Tests, die positiv waren und die die Fallsterblichkeit errechnen lassen – liegt noch deutlich darunter, so die internationale epidemiologische Forschung, in die wir uns alle, seien wir Juristen oder Politolog*innen, etwas einarbeiten müssen, wenn wir substantiell was zu Zahlen und Corona sagen wollen. Ob ich das als Nicht-Mathematiker besser mache als Sie, Herr Forgó, weiß ich nicht, aber Ihre Panik-Zahl 1:50 ist meines Erachtens kategorial und ganz extrem falsch, wie ich zu erläutern versuche.

Wobei Zahlen nur ein Teil sind, der Kern – darauf weist Frau Guérot ja immer wieder hin, auch in Ihrem Gespräch, sind die Grundrechte und die Demokratie. Die sind nie verhandelbar bzw. hätten es nie sein dürfen, doch fast alle Grundrechte werden seit März 2020 ausgesetzt.

Selbst in einer echten Krise hätte man anders handeln müssen als Demokrat – und Corona war medizinisch zu keinem Zeitpunkt eine echte Krise, die Sterblichkeit liegt im Bereich einer schweren Grippe (gibt sogar das RKI zu), die Krankenhäuser waren nie überlastet (das gibt sogar Spahn zu), auch nicht in Schweden oder Florida, wo es keinen Lockdown und nie eine Maskenpflicht gab bzw. Florida hat die meisten krassen „Maßnahmen“ im September 2020 ausgesetzt und hat bis heute deutlich weniger Tote als viele hardcore Lockdown-Bundesstaaten wie New York oder New Jersey, und Schweden hat seit Monaten (umgerechnet auf die Bevölkerungsgrößte) bis zu vier Mal weniger Tote als Deutschland und insgesamt seit März 2020 deutlich weniger Tote als Spanien, UK, Italien, Frankreich, Belgien etc., alles Masken- und Lockdown-Länder. https://www.worldometers.info/coronavirus/ ; https://www.worldometers.info/coronavirus/country/us/ .

Doch die Grundrechte sind in Quarantäne, wie Heribert Prantl pointiert sagt. Das war ja auch der Tenor von Ulrike Guérot und das war sehr erhellend, auch wenn man merkt, dass Sie dem nicht über den Weg trauen und argumentativ wenig entgegensetzten, Herr Forgó. Dazu kommt, würde ich ergänzen, gesamtgesellschaftlich seit März 2020 eine präzedenzlose metaphysische Hilflosigkeit und geradezu peinliche Todespanik von erwachsenen Menschen, die empirisch zudem überhaupt nicht gefährdet sind (das konnte man schon im Februar 2020 wissen angesichts des Schiffes Princess Diamond).

Das Brutale ist nun, dass eine äußerst wortstarke und eiskalte, nicht evidenzbasierte, der zumal virologischen Eminenz geradezu hörigen Elite aus Regierung, Medien, Twitter-Usern und der Pharmaindustrie sowie gewisse Ärzteverbände es schaffen, eine tatsächlich volksgemeinschaftliche Situation zu schaffen, wo Minderheiten und Kritiker*innen nicht den Hauch einer Chance hatten und haben. Es gab und gibt nicht eine große oder kleine Tageszeitung, die sich von Anfang an oder überhaupt jemals kampagnenmäßig gegen Lockdowns, irrationalen Maskenwahn, die Testpflicht, Quarantäne von gesunden Menschen oder gar die Impfpflicht ausgesprochen hätte, von Fernsehstationen oder dem Rundfunk wollen wir erst gar nicht reden.

Daher war #allesdichtmachen ja so ein sensationeller Erfolg und wurde so wahnwitzig primitiv von so gut wie allen Medien (ironisch diesmal, dass der Springer-Konzern offener war für Kritik als alle anderen) attackiert.

Vor allem aber Ihre Panikzahl von 1:50 ist das Problem. Sprich: Selbst die ganz sicher viel zu hohen Zahlen des RKI besagen, dass von den 35-59-jährigen in Deutschland nur einer von 520 „an“ oder „mit“ Covid-19 starb, das sind 2592 Tote „an“ oder „mit“ Corona (Covid-19) von 1.360.345 „Infizierten“ oder „Fällen“. 1:520 und niemals 1:50.

Selbst der Mainstream spricht ja davon, „an“ oder „mit“ Corona gestorben, weil die Todesursache nicht klar ist, nur der positive PCR-Test liegt vor, der wiederum wissenschaftlich fragwürdig ist, solange der Ct-Wert über 27/28 liegt und keine klinische Diagnose zur Krankheit Covid-19 vorliegt.

Nehmen wir alle „Fälle“ von 0 bis 59 Jahren, so liegt die CFR noch niedriger und zwar bei 0,12 Prozent oder 1:840 (3456 Tote „an“ oder „mit“ Covid-19 von 2.740.039 „Fällen“).

Wenn wir also die Infektionssterblichkeit von Gangelt als Maßstab anlegen, also 0,37 Prozent

https://www.nature.com/articles/s41467-020-19509-y ,

dann würde das bedeuten, dass wir aktuell bei 85.000 Toten „an“ Covid-19 oder auch nur „mit“ einem positiven Test auf SARS-CoV-2, ca. 23 Millionen Corona-Fälle in Deutschland haben bzw. hatten und nicht nur die offiziellen ca. 3,6 Millionen „Fälle“ von März 2020 bis Mitte Mai 2021

https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/deutschland/ .

Bei der IFR der WHO von 0,23 Prozent wären es sogar knapp 37 Millionen in Deutschland, die mit Corona in Berührung kamen und fast alle merkten davon nichts, haben aber eine Antikörper-Immunität erworben bzw. ohnehin eine (so die Uni Tübingen) 80-prozentige T-Zellen Kreuzimmunität aufgrund früherer Berührungen mit Corona-Viren.

Wenn wir also davon ausgehen wie die Gangelt-Studie oder auch die Arbeitsgruppe um Prof. Matthias Schrappe, die WHO und Ioannidis es tun, dass viel mehr Menschen mit Corona in Kontakt kamen als offiziell angegeben, nehmen wir nur mal den Faktor 6, dann liegt die Infektionssterblichkeit bei Menschen im Alter von 35-59 Jahren bei 0,03 Prozent (2592 Tote „an“ oder „mit“ Corona von 8.162.070 „Infektionen“, das ist der 6-fache Wert der offiziellen 1.360.345 „Fälle“, die eine CFR von 0,19 bedeuten, also eine Person von 520 – auch das meilenweit entfernt von Ihrer Zahl 1:50).

Die Infektionssterblichkeit der Gruppe der 35-59-jährigen liegt demnach bei 3 von 10.000 oder 1:3333 – nicht bei 1:50, wie Sie sagten. Verstehen Sie, was ich meine? Ich kann mich mathematisch irren, dann bitte ich um Korrektur, wir machen alle mal Fehler, das ist nur menschlich (so ein Spruch kostet 5€ ins Sparschweinderl), völlig klar.

Wir haben in dieser Mega-Krise so unsagbare Sachen erlebt, so viel Ablehnung von evidenzbasierter Medizin, so viele falsche Zahlen und falsche Balken und Diagramme, so viel geplante Verhetzung des Volkes (Stichwort „Panikpapier“ von Horst Seehofer und dem BMI, das bei ‚Wissenschaftlern‘ wie dem RKI im März 2020 bestellt wurde) und so viel Nicht-Diskutieren über die unfassbaren Kollateralschäden und Kollateraltoten der Lockdownpolitik (die ein Vielfaches der Toten an Corona darstellen, vor allem im Globalen Süden), dass wir oft nicht mehr wissen, was wirklich menschlich ist, was totalitär, was irrational und was verfassungswidrig.

Nie seit 1945 war die Welt so irrational, so aus den Fugen wie heute. Und dabei ist der Normalzustand von 2019 schon schlimm genug gewesen, aber KEIN Vergleich mit dem was hier und weltweit seit März 2020 passiert. Und das liegt primär an kontextlosen Zahlen. Und meines Erachtens an solchen Zahlen, wie Sie sie in diesem Video verbreiten, Herr Forgó.

Also nochmal: Woher haben Sie diese Panikzahl, dass einer von 50 an Corona sterben würde, Herr Forgó? Was soll das für eine Zahl sein?

Um das mit offiziellen Zahlen des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) aus den USA zu ergänzen: Die Wahrscheinlichkeit, wegen Corona hospitalisiert zu werden,  liegt bei Menschen über 75 sage und schreibe 3200 Mal höher als für die Referenzgruppe der 5 bis 17-jährigen. Für über 85-jährige liegt die Gefahr durch Covid-19 um das 8700-fache höher als bei den 5-17-jährigen. Das ist auch deshalb so wichtig, weil es zeigt, wie sinnlos und perfide eine Impfung von Kindern und Jugendlichen ist. Sie schürt nur die Panik, obwohl so gut wie kein Kind an Corona starb (ich habe darüber geschrieben).

Die 50-64-jährigen haben eine 440 Mal höhere Wahrscheinlichkeit, wg. Covid ins Krankenhaus zu kommen, als die Referenzgruppe der jungen Menschen, so das CDC. Und selbst für die 50-64-jährigen ist die Wahrscheinlichkeit eben extrem gering.

https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/need-extra-precautions/older-adults.html

Laut WHO hatten wir schon im Oktober 2020 ca. 750 Millionen Fälle und nicht nur 36 Millionen, wie es offiziell hieß – aktuell haben wir nicht nur 163 Mio. „Fälle“, sondern vermutlich 2 Milliarden, was zeigt, wie relativ harmlos Corona ist. Daher verlangen ja die seriöser Forscher*innen wie von der Great Barrington Declaration, epidemiologische Stars der Szene sozusagen, einen Schutz der Alten und Vulnerablen und sie wenden sich gegen Lockdowns, Maskenwahn oder Impfpflicht (ohne die Impfung für jene, die sie wollen und für die gefährdeten Gruppen abzulehnen).

Zum Vergleich: die Hongkong Grippe 1969/70 hatte in Deutschland eine IFR von 0,29 Prozent, sagt das RKI. Laut WHO hat Corona eine IFR zwischen 0,15 und 0,23 Prozent. Wird man da nicht skeptisch bezüglich der angeblich nie dagewesenen Situation wegen Corona?

Kurze Rede, langer Sinn, sehr geehrter Herr Forgó:

Ihre Aussage, „…Ich eine 1:50 Chance habe, an Corona zu sterben“ ist meines Erachtens empirisch vollkommen falsch. Ich möchte Sie bitten, das auch öffentlich zu erläutern, wie Sie auf Ihre Zahl kommen und sich an der epidemiologischen Forschung und den offiziellen Zahlen von WHO und RKI zu orientieren, die beide diese panische Zahl, die Sie da verbreiten, nicht stützen, weder basierend auf der CFR noch der IFR.

Nochmal die WHO:

In people < 70 years, infection fatality rates ranged from 0.00% to 0.31% with crude and corrected medians of 0.05%. –

Das sagt die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, also stirbt eine von 2000 ‚infizierten‘ Personen, das sind 0,05 Prozent, unter 70 Jahren „an“ oder „mit“ Covid-19.

https://www.who.int/bulletin/online_first/BLT.20.265892.pdf.

1:2000 – Das ist eine ganz andere Zahl, empirisch belegt und wissenschaftlich bestätigt, als die von Ihnen in den Raum geworfene Panikzahl von 1:50.

Die Sterblichkeit von Corona für Menschen unter 60 – und um die geht es hier – liegt somit irgendwo zwischen bei der auch nicht wissenschaftlichen Zahl 1:520 CFR der Altersgruppe 35-59 Jahre (und schon das ist eine GANZ andere Zahl als Ihre 1:50), 1:976 auf die Gesamtbevölkerung gerechnet, 1:2000 basierend auf der IFR laut WHO für Menschen unter 70, und der realistischsten Zahl 1:3333 basierend auf der IFR der 35-59-jährigen von 0,03 Prozent (Ihre und unsere Altersgruppe und um Ihr Risiko, Herr Forgó, geht es ja in Ihrem Video), hochgerechnet von den „harten Fallzahlen“ der 35- bis 59-jährigen in Deutschland.

Das sind alles völlig andere Zahlen als die meines Erachtens nicht evidenzbasierte, nicht wissenschaftliche und willkürliche Panikzahl von Ihnen von 1:50.

Das ist die Neuigkeit des Tages: 1:3333 statt 1:50 – das ist die realistische Wahrscheinlichkeit als Mensch unter 60 Jahren „an“ oder „mit“ Covid-19 zu sterben.

Da dieser Zahl 1:50 auch von Ihnen, Frau Guérot, wenn ich recht zugehört habe, nicht widersprochen wurde (obwohl Sie sicher wissen, dass diese Zahl mit der Realität nichts zu tun hat), wollte ich das klarstellen, dass diese Zahl vollkommen unwissenschaftlich und empirisch nicht belegt ist bzw. unterstreichen, dass Sie, Herr Forgó nicht verdeutlichten, wie Sie zu dieser Zahl kommen.

Verstehen Sie, was ich meine, sehr geehrte Frau Guérot und sehr geehrter Herr Forgó?

Mit freundlichen Grüßen,

Clemens Heni

 

Jay Bhattacharya im Spectator: Wer jetzt keine Impfstoffe für die wirklich Gefährdeten und Alten in Indien liefert, sondern 24- oder 40-jährige Deutsche impft, handelt rassistisch

Von Dr. phil. Clemens Heni, 07. Mai 2021

Jay Bhattacharya, Professor für Medizin und Experte für Public Health von der Stanford University, einer der drei Erstunterzeichner der legendären Great Barrington Declaration von Oktober 2020,

fordert einen gezielten Schutz der Alten und Gefährdeten in Indien. Er schreibt im britischen Spectator, dass es schwer erträglich ist, wenn die nicht-gefährdete (weiße) Mittelschicht in England, den USA oder Deutschland jetzt auch die jungen Menschen unter 65 impft, anstatt den Impfstoff den Alten in Indien zu liefern.

Es muss auf alle Fälle darum gehen, den Lockdown in Indien zu verhindern, jedenfalls im Großteil des Landes. Indien machte jedoch bislang den gleichen Fehler wie andere Länder: Es gab keinen gezielten Schutz für die Alten und Vorerkrankten, wie es die Great Barrington Declaration fordert.

Bhattacharya, der sehr wohl grundsätzlich für Impfungen ist, spricht sich in einer Debatte auf der Seite Lockdownsceptics zudem vehement gegen Impfpässe aus. Das würde sogar die Impfbereitschaft enorm schmälern, weil es ja zeigen würde, dass die Menschen nicht überzeugt seien, dass die Impfung – wie gegen richtig gefährliche Krankheiten wie Polio – notwendig sei.

Man muss sich vergegenwärtigen, was für eine Infektionssterblichkeit eine wirklich äußerst gefährliche Krankheit wie Tuberkulose (TB) im Vergleich mit Corona hat: ca. 30 Prozent bei TB und 0,15 Prozent bei Corona!

Lassen Sie sich diese Zahlen mal durch den Kopf gehen:

In Indien hat sich insgesamt die Sterblichkeit aufgrund einer Tuberkuloseerkrankung von 62% im Jahr 2000 auf 31% im Jahr 2017 halbiert.

Und dann darüber nachdenken, dass ca. ein Viertel aller 10 Millionen Tuberkoluse-Fälle pro Jahr in Indien stattfinden.

In deutschen Krankenhäusern, so lautete ein Bericht, gab es bis 2019 mitunter ca. 10 FFP2-Masken im Lagerraum für den sehr seltenen Fall eines TB-Patienten. Ansonsten wurden keine FFP2-Masken getragen, schon gleich gar nicht in Zimmern mit Patient*innen, Behandlungsräumen, Stationszimmern, auf Fluren etc. – und im OP OP-Masken.

Bhattacharya schreibt:

The US is also turning its attention to vaccinating its younger population. Some colleges in America require students to show proof of Covid vaccination to enrol in school, even though they are not particularly vulnerable to the disease. On campus, students will quite rightly be encouraged to take their role as global citizens seriously, to care about developing-world poverty and the impact of climate change. But if Britain and America are sitting on millions of doses of vaccine that could save the lives of India’s elderly, what should we do? Share the vaccine? Or give it to those for whom it would make little or (in the case of those who have recovered from the disease) almost no difference? It is hard to find a moral justification for not doing more to help.

Indien hat häufig Smog-Probleme. Das Klima ist extrem und die industriegesellschaftliche Luftverschmutzung immens. Schon Ende März 2020 konnte man auf Telepolis lesen:

Wenn es Narendra Modi [indischer Premierminister, d.V.] wirklich um die Gesundheit seiner Bevölkerung geht, warum sind ihm dann bisher die 1, 2 Millionen Inder egal gewesen, die jedes Jahr an den Folgen von Luftverschmutzung gestorben sind? Auch die mindestens 200.000 Inder, die an den Folgen von verdrecktem Wasser dahin siechen?

Im November 2019 gab es bereits Berichte über „Sauerstoff-Bars“ für die reicheren Schichten in Indien wie in Neu-Delhi. 15 Minuten kosten ca. 3,30€, wie die BBC berichtete:

Prof. Bhattacharya betont in seinem Spectator-Artikel, dass Lockdowns in Indien für weite Teile der Gesellschaft undenkbar sind: Tagelöhner, die Armen, die Wanderarbeiterklasse. Er hat selbst Familie in Indien, einige erkrankten an Corona, andere litten und leiden unter Lockdown-Maßnahmen aller Art. Auch Indien hat es nicht geschafft, die besonders Gefährdeten zu schützen. Dafür sind in Indien die wenigen Impfstoffe für alle Menschen ab dem Alter von 18 Jahren verfügbar, was absurd ist. Das hat zur Folge, das aktuell ca. 60 Prozent aller Impfdosen an kaum existentiell bedrohte Menschen unter 60 gehen, ja noch unlogischer: Auch Genesene, die eine starke natürliche Immunität gegen Covid-19 haben, werden geimpft, das passiert auch hierzulande. Wenn wir uns vergegenwärtigen, was der Kollege von Bhattacharya aus Stanford, Prof. John Ioannidis, immer betont, dass ca. 10 Mal mehr Menschen Corona-Fälle sind, ohne es je gemerkt zu haben, also dass statt der offiziellen 156 Millionen ca. zwei Milliarden Corona hatten und somit immun sind (!), brauchen diese Menschen natürlich keine Impfung mehr. Das beträfe in Deutschland womöglich ca. 20 Millionen Menschen, die alle schon immun sind, aber aufgrund der offenkundig absichtlich vom RKI bislang nicht durchgeführten repräsentativen Antikörperstudien (analog zu der Gangelt-Heinsberg Studie von Streeck), wissen wir es nicht.

Bhattacharya kritisiert das Impfen von Nicht-Gefährdeten massiv:

So far, vaccines have been delivered to roughly 10 per cent of India’s population — which would have been more effective if jabs had been targeted at those most at risk. Instead, perhaps half these jabs have gone to those who have had the virus and will therefore have natural immunity. Worse, nearly 60 per cent of these vaccine doses have gone to people under 60, leaving a vast number of the older population vulnerable during the recent surge in cases. Rather than focus on those most at risk of dying, India has made the vaccine available to anyone over 18, which has diverted even more doses from the poor high-risk elderly to the more affluent low-risk young.

Das völlig irrationale und irre Projekt von Merkel und anderen Politiker*innen, wirklich alle Menschen auf der Welt zu impfen, erst dann könne die Pandemie zu Ende sein, zeigt sich auf perfide Weise in dieser Nicht-Priorisierung der Alten und Gefährdeten in Indien, so Bhattacharya.

Wie selten zuvor zeigt sich zudem die Unwissenschaftlichkeit der absoluten Zahlen. Viele denken, 3500 Toten an einem Tag in Indien, die „an“ oder „mit“ Covid-19 sterben, seien der blanke Horror. Es ist in jedem Einzelfall traurig – aber trauriger, als die Hunderttausenden Toten, die an verhinderbaren Durchfallerkrankungen oder Tuberkulose jedes Jahr in Indien sterben, seit vielen Jahren?

Bhattacharya greift auch Merkel frontal an:

India makes lots of vaccines. Yet Angela Merkel, the German Chancellor, has complained that India is not exporting enough of its supplies to Europe. Discussion should instead focus on how to save as many lives as possible — and how it is more important to vaccinate older, high-risk Indians than young Americans and Europeans with minimal mortality risk. Given that recovering from Covid offers 95 per cent protection against reinfection, those who have had the virus ought to be last in line for a vaccine.

Es ist genau diese mittelständische, weiße, sehr wohl egoistische und rassistische Anmaßung der Amerikaner und Europäer, erstmal die eigenen jungen Leute unter 60 zu impfen, als alle vorhandenen Impfstoffe den wirklich (!) Gefährdeten wie in Indien zu liefern. Das zeigt, dass das ganze Geschwätz von der einen Menschheit schon immer eine hohle Phrase war.

Es muss angesichts von Corona um den Schutz der Schutzbedürftigen gehen. 29-jährige IT-Programmierer aus Berlin, 44-jährige Bürokauffrauen oder gar 15-jährige Schüler*innen sind durch Corona nicht bedroht, das ist irrational. 67-jährige oder 80-jährige in Neu-Delhi oder anderen Großstädten und Gegenden in Indien, die ohnehin schlecht atmen können und ein schlechtes Gesundheitssystem haben, die brauchen Sauerstoff oder ne Impfung, so der Professor aus Stanford, der sich eben wirklich im Sinne der Public Health wissenschaftlich und politisch – als public intellectual – um die Gesundheit auf der Welt kümmert und nicht nur um die eigene Gesellschaft. Das ist Solidarität. Das ist die Anti-Lockdown-Position der Great Barrington Declaration. Dabei müssen wir immer auch im Auge behalten, dass es in Schweden 2020 ohne jeden Impfstoff, ohne jeden Lockdown und ohne Maskenwahn auch so gut wie keine Übersterblichkeit und deutlich weniger Tote als in Frankreich, UK oder den USA gab. Also liegt es nicht an den Impfstoffen per se.

Auch in Indien ist es so, dass die Arbeiterklasse unter Lockdowns und Ausgangssperren leidet, nicht die Mittel- und Oberschicht, die Analogie zu den USA oder Deutschland ist frappierend – die Arroganz und der Zynismus der Lockdown-Fans ist abstossend, angesichts solcher Analysen:

The irony is that those who benefit from lockdown do so only because there are others who aren’t going into lockdown and who continue to face the risk of infection. In our deeply interconnected societies, every minute aspect of our everyday lives — from food and water to electricity, phone and internet connections, sewage systems and waste management services, and medical supply chains — depends on the work of other people who, more often than not, are those in low-income occupations. We may cheer them from the safety of our homes on Thursdays or Sundays, but we lose no time in also shaming them for their ‘irresponsible behaviour’ for being out on the roads or in public spaces.

Das Aufgeben solcher internationalistischer Analysen von den Linken hierzulande, in UK, den USA, ja weltweit, indiziert eines der größten Versagen linker und linksradikaler Theorie und Praxis seit Jahrzehnten. Angesichts von ZeroCovid-Wahnsinningen, linken, dumpf-deutschen Regierungs- und Staatsfetischist*innen und egoistischen Zoom-Laptop-Würstchen dreht sich Hermann L. Gremliza im Grab herum. Er hätte gewusst, was Kritik an den deutschen Zuständen auch zu Corona-Zeiten und was internationale Solidarität bedeutet: Gegen den Lockdown in Indien und anderswo, gegen das Impfen der jungen Leute in Europa oder den USA, für den Schutz der Schutzbedürftigen.

Wer weiterhin fordert, alle Menschen zu impfen und sich gezielt weigert, nur die wirklich potentiell von Corona Bedrohten zu schützen bzw. ihnen den Schutz anzubieten (es wird IMMER auch 80+ oder 65+ oder vorerkrankte Menschen jeden Alters geben, die aus welchen Gründen auch immer, keine Impfung ertragen würden oder sie auf keinen Fall wollen und das ist auch immer deren Entscheidung, wer das nicht akzeptiert, ist ein totalitäres Monster und hat in einer Demokratie nichts zu suchen).

Nochmal die Zahlen, in Relation gesetzt – und nur darum geht es, um die Verhältnismäßigkeit und um die Relation: Wenn aktuell in Indien 3500 am Tag „an“ oder „mit“ Corona sterben, so ist das eben ein Teil der ca. 27.000 Toten am Tag. Ob das eine Übersterblichkeit bedeutet, ist überhaupt nicht sicher. Denn diese ca. 3500 Toten am Tag entsprechen aktuell (1,3 Milliarden Bevölkerung in Indien zu 83 Millionen in Deutschland, also hat Indien eine ca. 15 Mal größere Bevölkerung) den 225 Toten „an“ oder „mit“ Corona (Covid-19, der von SARS-CoV-2 auslösbaren Krankheit), die derzeit in Deutschland sterben. Und wenn schon die 650 C-Toten am Tag, die es in D-Land im Dezember 2020 gab, zu fast keiner Übersterblichkeit im Jahr 2020 führten, wie sollen dann die 250 Toten pro Tag aktuell zu irgendeiner Übersterblichkeit führen? Es sind Tote des normalen Sterbegeschehens, nur gibt es eben eine neue Todes- und Testart. Wie das in Indien ist, wird sich zeigen.

Jay Bhattacharya analysiert in seinem Spectator-Text

so luzide wie kaum ein anderer die aktuelle Situation in Indien:

I have been watching the pandemic unfold in India from Stanford University, where I’m a professor of medicine. But for me, it is not just an abstract problem in a faraway country. I was born in Kolkata and still have many family members in India. Some have contracted Covid, while others have suffered from the terrible effects of lockdown.

As soon as the pandemic started, India followed the familiar litany of Covid lockdown policy: masks, a test-and-trace system, school closures and border closures. India was one of the first emerging economies to announce a lockdown and adopted one of the world’s most stringent approaches.

Stay-at-home advice is easier to follow if you have a proper home. But in India’s’ slums, where millions of people live, quarantine is almost impossible — as is the concept of ‘working from home’ or home-schooling.

Then there are migrant labourers, ten million of whom were living in India’s cities before the pandemic. Lockdown meant many of them immediately lost their jobs, livelihoods and homes. Millions started on the long journey back to their villages on foot, not knowing whether they would ever make it home.

 

Leute, es wird immer krasser: Androgenetische Alopezie kann 2,5 Mal mehr Covid-Fälle bei Männern verursachen (das ist nicht lustig)

Von Dr. phil. Clemens Heni, 07. Mai 2021

Darauf hat die Gentherapie-Industrie sicher nur gewartet: Androgenetische Alopezie und Corona sind eine toxische Mischung. Es sind vor allem Männer über 50 betroffen.

Ich würde hinzufügen: Wenn dazu noch Vorlieben fürs Radfahren oder Bücherlesen kommen, ist das Schlamassel perfekt.

Wirklich KEIN Witz: Die Daily Mail aus England berichtet heute davon, dass die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, bei Männern mit Androgenetischer Alopezie („Haarausfall“) um den Faktor 2,5 höher liegt.

Warum ist das wichtig? Weil man damit die Panik gerade bei Glatzköpfen noch massiv erhöhen kann (daher die Querdenken-Demos der ganzen Nazis!!), da hilft auch keine Impfung so richtig, da bräuchte es eine Gentherapie. Damit wären wir beim Transhumanismus und der Neudefinition von Leben, die zum Beispiel der Publizist Markus Jansen schon 2015 kritisiert hat:

Die abstrus anmutende Hypothese, nach der Männer mit Haarausfall 2,5 Mal mehr prädestiniert seien, an Covid-19 schwer zu erkranken, wird seit gestern ernsthaft auf einer virtuellen Tagung diskutiert:

The full findings of the present study will be presented at the European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) Spring Symposium 2021, which is being held virtually this year from May 6–7.

Natürlich geht es auf dem Kongress des EADV auch um künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence, AI).

Und machen wir uns nichts vor, auch unter den Lockdown-Kritiker*innen befinden sich nicht wenige AI-Protagonisten. Wie hieß es 2019?

Facebook finanziert das geplante „Institute for Ethics in Artificial Intelligence“ der TU München mit insgesamt 6,5 Millionen Euro über fünf Jahre. (…) Mit dem Geld von Facebook soll die Arbeit des „Munich Center for Technology in Society“ (MCTS) an der TU ausgeweitet werden, das sich wissenschaftlich mit dem Zusammenspiel von Technologie und Gesellschaft auseinandersetzt. Das neue Institut soll Teil des MCTS werden, leiten wird es Christoph Lütge, Professor am Stiftungslehrstuhl für Wirtschaftsethik. Er ist unter anderem Mitglied der Ethikkommission der Bundesregierung zum Autonomen Fahren. „Unsere Themen liegen an den Schnittstellen zwischen Technologie und menschlichen Werten“, sagte Lütge.

2021 heißt es:

«Die Verlängerung des Lockdowns ist nicht vermittelbar»: Der Ethiker Christoph Lütge bleibt bei seiner Kritik an den Corona-Massnahmen.

Markus Söder warf Christoph Lütge aus dem Bayerischen Ethikrat. Dieser habe dem Ansehen des Gremiums geschadet. Im Interview spricht der Wirtschaftsethiker über das Risiko der eigenen Meinung und die Einseitigkeit der Politikberatung.

Es wäre wissenschaftlich und politisch schon interessant, die Bedeutung von künstlicher Intelligenz einerseits, der Gentechnik, dem Transhumanismus, den Gentherapien etc. andererseits zu erforschen.

In der Daily Mail steht zum Thema Corona und Haarausfall:

This research demonstrates the scientific value of dermatology by offering key insights into the role of genetics and its link to COVID disease,‘ said EADV board member and Medical University of Warsaw dermatologist Lidia Rudnicka.

‚It is an excellent example of some of the pioneering abstracts being showcased at The EADV Spring Symposium this year,‘ she added.

Wenn heute auf Kongressen ernsthaft über glatzköpfige Männer (damit sind keine Neonazis gemeint) debattiert wird, die ein höheres Risiko hätten, an einer Atemwegserkrankung (!) zu erkranken, und auf dem selben Kongress die AI (artifizielle Intelligenz) eine zentrale Bedeutung hat, dann werde ich skeptisch.

Man stelle sich erst vor, wie die Forschung beflügelt werden wird, wenn wir alle die „Neue-Normalität-Halsbänder“ anhaben, die alles messen: Blutdruck, Cholesterin, Dauer und Art des Gassi-Gehens (alleine, mit Hund, mit Ehemann/frau, wem man begegnet, was für Aufkleber an Laternenmasten man besonders aufmerksam liest), Herzfrequenz, Kalorienverbrauch, Kalorienzufuhr, Bewegung, Bewegungsmangel, Art der zu-sich-genommenen Nahrung (Trinken, Essen), Art der konsumierten Medien (Twitter, Facebook, Internet, Suchmaschinen, Suchbegriffe, Homepages, Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, graue Literatur, Flugblätter, private Briefe, Werbesendungen etc. pp.), Art der Gespräche mit sich selbst, mit Mitbewohner*innen, Nachbarn, der Postfrau und viele weitere Informationen.

Manche Tendenz, ach was: fast alles, was aktuell passiert, kann man nur ironisch ertragen, um wenigstens halbwegs bei Trost zu bleiben. Also: wer es nicht glaubt, lese die Daily Mail von heute:

Als alter langhaariger Antifa (früher waren sie viiiiiiiel länger, klaro)

Clemens Heni, Foto: privat

kann ich nur sagen: Hoch die Solidarität mit den tapferen, polierten Glatzen. Und als Tipp für Hartgesottene und Schauspieler: Einfach mal ne Perücke ausprobieren und damit Covid-19 austricksen. Das klappt bestimmt.

 

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