Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Edeka

Scholz für Maskenverbot außerhalb von OP-Räumen?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 12. Juli 2022

Zwei vermutlich als Männer oder männlich zu bezeichnende Wesen an der Kasse im Zero-Covid-Fascho Supermarkt (EDEKA), der einzige Supermarkt, der mir bekannt ist, der am Eingang eine digitale grüne bzw. rote Schranke hat und anzeigt, wieviele Wesen (früher: Menschen oder Bürger*innen oder Individuen) bereits drin sind und wie viele noch hineinpassen, ohne sofort zu sterben. EDEKA als Vorreiter des digitalen Blockwarts – deutsche Traditionen.

Nun, ich bin fast gestorben, weil ich diese zwei womöglich männlichen Wesen sah. Sie waren so 24 Jahre alt – oder 39, so Typen, die immer alt aussehen, kurze bis keine Haare, kein Gramm nirgends, klein, innerlich gebückt, kein Gesichtsausdruck, eh klar, und so weiter, ein ästhetisches deutsches Elend – und sie dachten, sie seien die Coolsten und Cleversten überhaupt.

Draußen 28 Grad im Schatten, weit über 40 in der Sonne, der Supermarkt etwas kühler. War es nicht Humphrey Bogart, der stilsicher sagte:

Ein Mann in kurzen Hosen ist kein Mann.

Doch diese Wesen, die ich heute sah, waren noch viel schlimmer. Zu ihren peinlichen Beinen kommt noch ein entstelltes Gesicht hinzu, also die Reste dessen, was wir früher – manche erinnern sich vielleicht – als Gesicht bezeichnet haben. Beide hatten jeweils zwei FFP2-Masken auf, beide sicher viermal gespritzt.

Die standen also an der Kasse rechts von mir. Direkt vor mir eine junge Frau im Rollstuhl mit ihrem offenbar Sozialarbeiter oder so, der ihr beim Einkaufen etwas half. Beide ganz realistisch und sinnvoll ohne Maske und Abstand. Der Sozialarbeiter war wirklich nicht schlecht, er war die Ruhe in Person und hat die junge Frau ihr Geld auspacken lassen, was lediglich die bemerkenswert einfach oder typisch gestrickte, womöglich behindertenfeindliche und die Imperative des neoliberalen Kapitalismus dermaßen internalisiert habende Verkäufern nervte – es dauerte ca. zwei Minuten, so what? Es war keine große Schlange hinter uns und selbst wenn?

Wirklich schlimm waren diese beiden ZeroCovid-Faschos, diese womöglich männlichen, aber Genaueres weiß man nicht, „Wesen“. Man sieht seit einigen Tagen nicht mehr nur ein Prozent Hirnlose und Maskierte in den Läden, sondern mitunter zehn Prozent, wobei nach meiner Schätzung nahezu 100 Prozent von denen drei- bis vierfach gespritzt ist.

Was heißt das? Nicht einer dieser wirklich Panik verseuchten, Gehirnamputierten glaubt an die Spritze (früher „Impfung“). Nicht einer. Sie glauben auch weiterhin, wie religiös Fanatische es eben tun, dass wir es mit einem sehr gefährlichen Virus zu tun hätten, was ja empirisch eine Falschaussage ist. Wer je glaubte oder weiter glaubt, dass Corona eine tödliche Seuche sei, hat nicht alle Tassen im Schrank. Ist so.

Corona ist so harmlos oder gefährlich wie die Grippe. Das sagt jeder seriös arbeitende Epidemiologe.

Das sagt sogar der Bruder des Kanzlers!

 

Jens Scholz (63), Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und Bruder von Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD), hat die Corona-Politik der Bundesregierung scharf kritisiert.(…) Er fordert: „Wir sollten mit Corona umgehen wie mit der Grippe: Wer krank ist, bleibt zu Hause. Dafür brauchen wir weder Schnelltests noch Quarantänevorschriften.“

Also: Für ein Maskenverbot außerhalb von OP-Räumen! Sollen sich diese Wahnsinnigen doch zu Hause ihre Maske aufziehen und sich gegenseitig darunter dümmlich angrinsen, aber uns, den denkenden Teil der Bevölkerung, in Ruhe lassen. Danke!

„Mit Nazis reden und mit Nazis Sport treiben“

Von Dr. phil. Clemens Heni, 18. Oktober 2017

Die Salonfähigkeit der Neuen Rechten zerbröselt die Demokratie und zementiert die Alltäglichkeit rechtsextremer Gewalt. Das Feuilleton klatscht, die Leitung der Frankfurter Buchmesse, die größte ihrer Art weltweit, lädt Neonazis ein und wundert sich, dass auch Neonazis kamen. Ein Blick in einen aktuellen Bestseller zeigt, warum das so ist. In dem Buch „Mit Rechten reden“ stellen die Autoren Per Leo, Daniel-Pascal Zorn und Max Steinbeis ihre „25 goldenen Regeln, die sich nach unserer Auffassung durch das Reden mit Rechten für das Leben gewinnen lassen“ auf, darunter: „5. Der andere könnte Recht haben“, „9. Achte Deinen Gegner“, „10. Ein Streit ohne Lachen ist kein guter Streit“, „18. Treibe Sport mit Nazis“ und „22. Bevor du jammerst, mach‘ Musik“.

So etwas wird heutzutage nicht nur gedruckt, sondern sogar ein Bestseller, weil alle geradezu geil darauf sind, zu erfahren, wie es sich anfühlt mit Menschen zu reden, die für den Mord an über 184 Schwarzen, People of Colour, Muslimen, Linken, Punkern, Obdachlosen, Behinderten, Nicht-Deutsch-genug-Aussehenden und anderen mit verantwortlich sind und die wieder stolz sind auf die deutschen Soldaten in zwei Weltkriegen.

Schon die Historikerin Christiane Eisenberg hat vor fast 20 Jahren die Nazifizierung des Sports 1936 in ihrer Habilitationsschrift entgegen den Analysen der kritischen Sport- und Politikwissenschaft euphorisch dargestellt und wurde Professorin. Für sie waren Liegestühle, Blumenbeete und ein Kino für die Sportler der Olympiade 1936 in Berlin so berauschend und modern wie 1932 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles.

Mit Nazis Sport treiben zeigt nicht nur die moralische Verkommenheit des ganzen Landes, es zeigt vor allem, womit man heute Geld verdienen kann.

Umso beschämender, wenn selbst Kritiker der Nazis nicht auf der Höhe der Zeit sind. So sagt der Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, Timo Reinfrank, im Gespräch mit der taz Folgendes:

„Wir müssen die Situation noch einmal analysieren, das wollen wir auch gern mit der Buchmesse zusammen tun. Man muss für die Zukunft gucken, dass die Nazis ihre Inszenierung nicht noch einmal so durchziehen können. Ich weiß, dass es rechtlich schwierig ist, die Verlage ganz auszuschließen, auch gerade aufgrund der Erfahrung aus dem Nationalsozialismus im Umgang mit jüdischen Verlagen und Autoren. Aber rückblickend fand ich es schwierig, dass sie einfach einer unter vielen Verlagen waren und dass sie sich einen Platz im Programm einfach mieten konnten. Die Buchmesse hat durchaus versucht, damit umzugehen, und es gab auch gute Ansätze. Ich fand es bemerkenswert, dass die Buchmesse selbst eine Demonstration gegen Rassismus durchgeführt hat.“

Es war ohnehin bereits ein Fehler, dass die AAS wie auch andere Anti-Nazi-Gruppen auf diese Buchmesse gegangen sind und ja von vornherein für die Messeleitung als Alibi dienten, dass auch Neonazis eingeladen werden. Doch dieses Zitat ist ungeheuerlich. Reinfrank und die taz insinuieren, man müsse sich die Judenpolitik der Nazis und den nationalsozialistischen Antisemitismus vor Augen halten, wenn man heute Neo-Nazi-Verlage ausschließen möchte von einer Buchmesse.

Erstens ist das juristisch gar nicht belegt, was der AAS-Frontmann hier sagt: welches Gesetz soll es geben, das einem Verlag auf einer privaten (!) Veranstaltung, die Buchmesse ist eine privatkapitalistische Firma, die „Frankfurter Buchmesse GmbH“, das Recht gibt, aufzutauchen? Seit wann kann eine Buchmesse nicht entscheiden, welcher antidemokratische, zur Gewalt aufrufende Verlag nicht teilnehmen darf?

Edeka und Thalia verkaufen das rechtsextreme und verschwörungsmythische Compact-Magazin nicht mehr und das ist auch gut so und Teil einer demokratischen, wehrhaften politischen Kultur. Deshalb jaulten die extremen Rechten 2015 über diese Entscheidungen von Thalia und EDEKA.

Und selbst wenn es ein solches Gesetz gäbe: wie unmoralisch und unethisch muss man sein, um nicht offensiv zu fordern:

„ganz egal welche Grundlage es geben soll, Neo-Nazi-Verlage, die symbolisch für die über 184 seit 1989/1990 von Rechtsextremen Ermordeten und für die Bejahung des Nationalsozialismus und der deutschen Verbrecher und Verbrechen der Wehrmacht stehen, haben hier nichts zu suchen!“

Nein, dazu ringt sich die AAS nicht durch, dafür macht sie einen der größten PR-Fehler überhaupt: sie bietet den Nazis die Opferrolle an. Die hatten die Rechtsextremen schon längst angenommen, mit einem Flugblatt des Antaios Verlags vom 14. Oktober 2017, letzten Samstag, als sie die Kritik am Auftreten von Neonazis auf der Buchmesse zum Anlass nahmen, sich selbst als die Opfer wie die Juden ab 1933 zu präsentieren:

„Es ist das erste Mal seit 1933, daß im Lande der Bücherverbrennungen unliebsame Verlage und unerwünschte Bücher in einer öffentlichen Buchmesse wieder Opfer offener Gewaltakte werden.“ (Flugblatt, offenbar verteilt auf der Buchmesse am 14.10.2017)

Mit Nazis redet man nicht und man treibt auch keinen Sport mit Nazis.

Nazis gehören bekämpft und das mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wie einem Ausschluss von einer Buchmesse. Damit soll gar nicht gesagt werden, dass sonst keine problematischen Verlage auf solchen Riesenevents auftauchten, auch antisemitische, ganz sicher. Aber diese Verlage sind zumindest keine körperliche Gefahr für Anwesende, während die diesjährige Präsenz von Junger Freiheit, Tumult, Antaios etc. dazu führte, dass ein Verleger mit einem Faustschlag verletzt wurde und über Tage hinweg für Linke oder dafür Gehaltene eine extreme Bedrohungssituation herrschte.

Wie tief sedimentiert mittlerweile das Gerede über „mit Rechten reden“ ist, zeigt also auf besonders absurde Weise das Interview mit dem AAS-Geschäftsführer in der taz. Evtl. würde ihm ein Geschichtsstudium helfen, zu verstehen, dass man den Ausschluss von Nazis hier und heute niemals auch nur im Ansatz mit dem Nazi-Antisemitismus nach 1933 vergleichen kann.

©ClemensHeni

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner