Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Hannah Arendt

Corona ist so harmlos wie „schwere Influenzawellen“ sagt das Robert Koch-Institut (RKI). Grüne planen Ende des Lockdowns und Fortführung der totalitären Biopolitik

Von Dr. phil. Clemens Heni, 01. März 2021

Angela Merkel möchte an ihrer totalitären Lockdown-Politik festhalten.

Sie hat mehrfach gesagt, dass sie am Wahnsinn der „Inzidenz“-Werte festhält und dass es erst unter einem Wert von 35 „Infektionen“ (die fast alle keine sind) pro 100.000 EW „Lockerungen“ geben könnte.

Das sagt eine medizinische und sozialwissenschaftliche Analphabetin.

Merkel hat vor allem auch noch betont, dass sie erst Ruhe geben wird, „wenn jeder Mensch geimpft“ ist.

Dass sich niemals alle Menschen, noch nicht mal in Berlin, im Regierungsviertel, geschweige denn in Baden-Württemberg, Bayern oder Hessen, ja in keinem Bundesland und in keinem Land der Welt jemals alle gegen ein so harmloses Virus wie Corona impfen werden, das ignoriert diese irrationalste Bundeskanzlerin aller Zeiten ganz gezielt.

Damit stellt sie sich gegen die Demokratie, gegen die Rechtsstaatlichkeit und zumal gegen die Resolution 2361 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 2021.

Doch die „Opposition“ ist nicht weniger antidemokratisch. Nehmen wir Habeck von den Grünen, der jetzt fordert, auch Kindergärten und Schulen zweimal die Woche mit Schnelltests zu versorgen. Das ist schon deshalb Wahnsinn, weil Kinder überhaupt gar nicht von Corona betroffen sind. Schweden hatte seit März 2020 alle Kindergärten und Grundschulen offen und nicht ein einziges Kind ist an Corona gestorben und nur eine Handvoll wurde kurzfristig krank. Das sind viel weniger Fälle als bei einer schweren Grippe. Und diese medizinischen Erkenntnisse schlagen auch Habeck und die Grünen in den Wind, sie sind kein bisschen weniger irrational oder totalitär wie Merkel, Spahn, Scholz und Söder.

Dass zu keinem Zeitpunkt das Gesundheitssystem überlastet war, wird schon gar nicht erwähnt. Es ist lächerlich, wie wenige Menschen wegen Corona in Krankenhäusern liegen. Es ist in jedem einzelnen Fall tragisch – aber nicht weniger tragisch als die Dutzenden Millionen Menschen, die psychisch zerstört sind und deren Lebenserwartung um mindestens 17 Millionen Lebensjahre geschmälert wurde – während Corona nur ca. 300.000 Lebensjahre gekostet hat, so die internationale Forschung vom RKI bzw. von einem Forscherteam der Universität Bern.

Habeck und ein Janosch Dahmen, MdB der Grünen, fordern eine totalitäre Totalüberwachung der ganzen Gesellschaft, vollkommen lückenlos, was der KP Chinas und allen anderen biopolitischen Staatsfetischisten Tränen der Rührung in die Augen treiben wird. Der Spiegel ist völlig aus dem Häuschen – gegen den Lockdown und doch totalitär bleiben, das geht, Dank Habeck und den Grünen:

  • Alle Kindergärten und Schulen seien mit Schnelltests auszustatten. Nicht nur das: »Ziel muss aber sein, dass sich absehbar für die Dauer der Pandemie alle Bürger*innen mindestens zwei Mal in der Woche testen können«, heißt es im Papier. Die Tests sollen laut Habeck und Dahmen kostengünstig sein und für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, kostenlos sein.
  • Sie fordern, die Corona-Warn-App entweder mit Kontaktverfolgungsmöglichkeiten auszustatten oder sie durch die App »Luca« zu ersetzen, die laut ihrer Website »schnelle und lückenlose Kontaktnachverfolgung im Austausch mit den Gesundheitsämtern« verspricht.

Weiter heißt es im deutschesten der deutschen Nachrichtenmagazine:

Besonders interessant ist der vorletzte Punkt, den Habeck und Dahmen notiert haben. Darin fordern sie ein einheitliches System, über das Negativtests künftig nachgewiesen werden sollen, und verbinden das mit einer konkreten Öffnungsperspektive. »Wer ein negatives Testergebnis nachweisen kann, kann bestimmte Tätigkeiten wieder aufnehmen, Veranstaltungen, Besuche, Eintritt kann wieder möglich sein«, schreiben sie.

Über den Corona-Impfpass wollen sie im »Zusammenspiel mit der Ausweitung von Tests« diskutieren, denn damit sei eine »faire Lösung für den Einsatz eines digitalen Impfnachweises« möglich. Die Idee von Habeck und Dahmen: »Digitale Nachweise eines aktuellen Negativtests, der Nachweis von aktueller Immunität durch überstandene Krankheit (aktueller Antikörpertiter) und Impfungen sind dann gleichzustellen.« Damit würde den Autoren zufolge eine »rechtliche Ungleichbehandlung von Geimpften und Nichtgeimpften vermieden«. So sollten »Freiheiten so schnell und so umfassend, wie es geht, wieder ermöglicht« werden.

Totalitäre Überwachung heißt jetzt „Freiheit“ ermöglichen.

Während zumindest Teile des Robert Koch-Instituts seriös arbeiten und konstatieren, dass Corona nicht schlimmer ist als „schwere Influenzawellen“ („Die Analyse der Übersterblichkeit legt aber nahe, dass die COVID-19-Pandemie am Ende des Jahres 2020 etwa das Niveau schwerer Influenzawellen erreicht hat„), aufgrund derer es noch niemals Lockdowns, Ausgangssperren, das Zerstören von Existenzen im globalen Maßstab, das Einsperren von Menschen und das Schließen von allen Cafés, Restaurants, Theatern, Bibliotheken, allen Fitnessstudios, allen Einzelhandelsgeschäften bis auf die Supermärkte gab, setzen die Grünen in einer nicht weniger totalitären Grundhaltug wie die CDU/CSU/SPD/FDP/Linke nicht mehr nur auf Lockdowns, sondern auf die viel gründlichere Totalüberwachung.

Wer Kinder im Kindergarten oder der Grundschule und allen anderen Schulen mit solchen Test terrorisiert, ist so ein Mensch ein Kinderfreund oder eher eine Person, die vorsätzlich Körperverletzung betreibt? Wer kann die psychischen Schäden, die Millionen Kindern, Teenagern, Jugendlichen und allen Erwachsenen durch die Politik von Merkel, Habeck, Laschet, Söder, Kretschmann & Co. entstehen, abschätzen? Sie sind unermesslich.

Und das alles wegen einer Art Grippevirus, wie selbst das RKI jetzt endlich im Februar 2021 zugibt. Aber Merkel und Habeck hören nicht mal auf das RKI, sondern sind gefangen im totalitären Kokon des Gruppendenkens.

Sie spielen auf der Klaviatur des Paternalismus, wie kein Mensch in diesem Land seit 1949. Ja, sie machen alle Menschen zu Mittätern im totalitären System, wie man sehr wohl mit Hannah Arendt sagen kann („Anleitung zum smarten Totalitarismus„).

Der Lockdown wird also enden. Was nicht enden wird, ist der Wahnsinn der Totalüberwachung, die Kindes- und Erwachsenenmisshandlung, die Nötigung, die vorsätzliche Körperverletzung via Schnell- und Massentests – Tests auf ein so harmloses Virus, dass fast nur sehr alte und sehr kranke Menschen sterben und jene wenigen, die gar nicht krank waren und nur wegen Corona starben, die gibt es immer, bei jeder Grippewelle. Das ist und bleibt unvermeidbar, traurig, aber so ist das Leben, es kann jeden von uns erwischen.

Aber die vorsätzlich organisierten Tode durch die Lockdownpolitik, die schon jetzt mindestens 2,5 Millionen Tote gefordert haben, wie schwedische ForscherInnen herausbekommen haben, die sind auf alle Zeiten unverzeihlich. Das sind aber vor allem Frauen und Kinder im Globalen Süden – und wer von der herrschenden Elite kümmert sich um diese Menschen? Wen juckt es im Kanzleramt oder im Bundestag, ob 2,5 Millionen Menschen alleine wegen der Coronapolitik verhungern, zwangsverheiratet und verstümmelt werden, weil die Schulen in Afrika zwangsgeschlossen wurden? Wen kümmert das, wenn es um das Leben der 89-jährigen Omi geht, das Merkel wiederum gezielt nicht geschützt hat durch die panische, obsessive und irrationale Lockdownpolitik?

Der Regionaldirektor der WHO für Europa, Hans Henri Kluge, sieht das Ende der Pandemie kommen.

Logischerweise sollte das dann das Ende aller Maßnahmen bedeuten. Doch das will Merkel nicht, ihr Lebensziel ist die Impfung aller Menschen, das hat sie ja selbst gesagt, das ist keine Ideologie von Verschwörungswahnwichteln (die es ja in der Tat massenhaft gibt, von denen, die 9/11 und den Jihad leugnen, über jene, die hinter jeder linken NGO den Juden George Soros sehen und die Einwanderung mit „weißem Genozid“ übersetzen und ihr völkisch-nationalistisches Gedankengebäude bloßlegen).

Merkel fantasiert, dass „Die Pandemie erst beendet ist, wenn alle Menschen auf der Welt geimpft sind“.

Aus diesem Satz spricht der ganze irrationale Wahnsinn und vor allem die Weltbeglückungsideologie der Kanzlerin. Sie will nicht loslassen, sie will nie mehr eine Rückkehr zur Demokratie, weil dieses Ziel des Impfens aller Menschen ohne Gewalt niemals erreicht werden wird. Niemals. Allein von „allen Menschen“ zu reden, ist bereits totalitär, da es immer Ausnahmen gibt. Es gibt immer Menschen und wenn es nur drei oder vier wären auf der ganzen Welt (es sind allein in Deutschland ca. 34 Prozent, die sich nicht impfen lassen wollen, so die Bertelsmann-Stiftung), die sich nicht impfen lassen wollen, dann dürfte nirgendwo auf der Welt auch nur eine einzige Maßnahme herrschen, die es nicht gegen ein Grippevirus wie Corona geimpften Menschen verböte, dies oder jenes zu tun, wie ein Besuch in einem Restaurant, Theater, Café, einer Bibliothek, einem Flugzeug etc. pp.

Merkel hat demnach den Grundsatz der Gleichheit der Menschen nie verstanden.

Sie erwähnt auch gar nicht, dass in Afrika so gut wie kein Mensch an Corona erkrankt ist oder starb, weil es eine europäische und somit auch amerikanische Grippewelle ist, nichts anderes, die Todeszahlen belegen das ja eindrücklich. Es ist eine Pandemie der Alten, keine Pandemie der ganzen Welt, das war es zu keinem Zeitpunkt. Es war eine „schwere Influenzawelle“, wie sie Europa und Amerika schon öfters gesehen haben.

Es war 2020 möglich, einfach so in Restaurants zu essen. Jetzt will die Politik dies auf unabsehbare Zeit verhindern und nur noch Wahnsinnigen und Panischen Grundrechte geben.

Um das ganz deutlich zu sagen: Wer alt ist oder krank, soll sich impfen lassen, das ist eine persönliche Entscheidung. Doch 83 Millionen Menschen zu zwingen, sich entweder impfen zu lassen oder tagtäglich beim Gang ins Restaurant testen zu lassen, das ist Ausdruck des a-sozialen, totalitären Hygienestaates und hat mit Gesundheit und Prävention nichts zu tun.

Ja mehr noch: Wer ‚vorerkrankt‘ ist und deshalb alle 83 Millionen eingesperrt oder kontrolliert wissen will, zeigt nur wie wenig Demokratieverständnis er oder sie hat. Wer Panik hat, soll sich meinetwegen selbst einsperren.

Aber zu fordern, wie es seit März 2020 passiert, dass nicht die ganz kleine Gruppe von Gefährdeten (Durchschnittsalter der „Corona-„-Toten ist 82-84 Jahre in Deutschland) geschützt werden soll, sondern alle auf brutalste Weise beherrscht, kontrolliert und eingesperrt gehören, das zeigt, wie a-sozial und undemokratisch grade auch die Linken und Minderheiten in diesem Land sind.

Der Lockdown wird also enden. Die totalitären biopolitischen Herrschaftsmethoden werden durch Habeck und die Grünen fortbestehen und bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und dann umgesetzt, ja durchgepeitscht werden. Das ist der pandemic turn, das Ende der Demokratie, wie ich es schon im März und April 2020 analysierte. So wie der Gelegenheitsphilosoph Günther Anders hätte ich auch lieber Unrecht mit meinen Prognosen.

 

Haaretz embraces Trump, Arendt and the one-state solution

Von Dr. phil. Clemens heni, 17. Februar 2017

Times of Israel (Blogs)

In an article in Haaretz, February 16, 2017, Chemi Shalev invokes Hannah Arendt and her bestselling study “Origins of Totalitarianism.” Arendt introduced the highly problematic concept of “totalitarianism” in 1951, an extremely unhelpful concept, today dedicated to equate left and right, Nazis and Communists. Shalev shares her equation of right and left:

„To create the ‚artificially fabricated insanity‘ on which they depend, the Nazis produced hatred of Jews, and the Communists enemies of the people, creating common ground for isolated individuals and giving them a new, unifying ’self-definition.’”

As all know in Israel, Arendt was among the worst commentators on the Eichmann trial. In Germany, this is among the reasons, people like her so much, by the way.

Most importantly for us today is Arendt’s obsessive anti-Zionism as early as in the mid-1940s. Her article “Zionism reconsidered” from 1945 was a blast to the political Zionist movement, just months after the Shoah ended.

Among the worst things, a scholar can do, is comparing her to Critical Theory, Horkheimer, Adorno, Marcuse etc. (I never understood why my colleague Lars Rensmann, also a political scientist, embraces the analogy or relationship of Arendt and Critical Theory, although we know that both detested each other, Critical Theory Arendt and Arendt Critical Theory, for many reasons. However, it is highly fashionable topic in academia, to be sure, regardless if it is relevant or not.)

Critical Theory was Marxist and pro-Israel, despite the difficulties Horkheimer had with the Jewish STATE.

Arendt, though, was against political Zionism, she favored a “binational” solution. Like Trump!

Trump just said two days ago at the press conference with Netanyahu in the White House, he is fine with a ” two-state solution OR a one-state solution.”

Shockingly, Haaretz’s Chemi Shalev is in favor of Arendt as a forerunner of Trump in that respect — while using Arendt as a critic of Trump’s mob-elite relationship:

Trump’s most ludicrous moment of the evening, of course, came when he uttered his “one state, two state, whatever” formula, which sounded like a ham-handed effort to fulfill a request from the Prime Minister’s Office not to complicate Netanyahu’s life with his coalition back home. One can understand Trump, for whom words are not cardinal and who can simply deny he ever said them or accuse the media of distorting them, even though they were broadcast on live TV. The rest of the world however, has no choice but to take Trump’s statements seriously, irresponsible as they were because he is, unbelievable as it remains, the president of the United States.

The irony is that talk of a one-state solution can also take one back to Arendt, whose early Zionism developed into ambivalence in her later years. Arendt supported a Jewish “homeland” in Palestine and was a great admirer of the social and cultural achievements of the pre-State Yishuv, which she saw as redesigning the modern Jew. But she also supported a one-state solution, as it is defined today, that is a binational Jewish-Arab state along the lines advocated by philosopher Martin Buber and Hebrew University president Judah Magnes, and who knows, because he really doesn’t care, Donald Trump as well.

Arendt would have been fine with that! Just re-read her “Zionism reconsidered” from 1945. Kurt Blumenfeld was furious about it, like his friend Gershom Scholem. Scholem once was a binational Zionist from the Brith Shalom group in the 1920s and early 1930s, but around 1936 Scholem had become a political Zionist, fighting on the rooftops of Jerusalem with a rifle in his hands, against the Arabs and Muslims who rejected Jews to have their own state.

Arendt never understood that shift of Scholem from cultural Zionism and binationalism to political Zionism.

On January 16, 1946, Scholem visited Kurt Blumenfeld at his home in Jerusalem. He gave him a copy of the Menorah Journal from fall 1945, with Arendt’s “Zionism Reconsidered” in it. Blumenfeld, one must know, was born in 1884 and more than 20 years older than Arendt (born 1906) and what we would call today a “cool” and vibrant person in Weimar Republic’s 1920s Zionist and Jewish circles. It was Blumenfeld, who motivated Arendt to deal with antisemitism and with Zionism in the first place, and he made Arendt familiar with cigars etc. Philosopher Hans Jonas wanted Arendt to join him for a talk Blumenfeld gave in Heidelberg in 1926, and at that event, Arendt met Blumenfeld for the first time.

The following day, January 17, 1946, Blumenfeld wrote a letter to his old friend Felix Rosenblüth, who became Israel’s first Minister of Justice (he gave himself a Hebrew name, of course, Pinhas Rosen). Blumenfeld was shocked about the tone of Arendt. Her “journalist superficiality” was not news to him, but still remarkable. Her anti-Zionism combined with her arrogance and disrespectful tone towards Zionists, battling for a Jewish state, was too much for Blumenfeld.[i] He broke with Arendt (but become affiliated with her again, just to get in trouble with her after Arendt’s publication on the Eichmann trial).

I dealt with Arendt and her political father, Kurt Blumenfeld, and the way Blumenfeld criticized her in 1946 in my book about “Critical Theory and Israel” (in German), as well as the pro-Israel stance of Critical Theorists Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Leo Löwenthal. Erich Fromm, though, also an early member of the Horkheimer circle of Critical Theorists in the 1930s, became an ardent anti-Zionist.

It is a truly bad idea to invoke Arendt and to promote Trump’s indifference towards Israel as a Jewish state – and his flirt, with a binational, non-Jewish state, the one-state solution. It is shocking that an American President publicly mentions the option of a “one-state solution.” That is anti-Zionism, whether from the left, who embraces the end of the Jewish state, or the right, who wants a one-state with no rights for the new Palestinian citizens.

The extreme right and the extreme left with join Chemi Shalev in his obsession with Arendt (Judith Butler is a long-time fan of Arendt, as is her friend Seyla Benhabib, I deal with that in my study on Critical Theory and Israel).

The one-state solution is anti-Zionist. As shown, even close allies of Arendt like her political father Kurt Blumenfeld, were shocked about her tone and anti-Zionist ideology in 1945/46.

Trump is a huge threat to Jews in America and to Israel. He made a soft-core denial of the Shoah on January 27, 2017, he rejects questions about rising antisemitic attacks on synagogues in America, he employs neo-Nazi allies such as Steve Bannon, and he invoked conspiracy myths every single day, and repeats lies, lies, lies.

To embrace Trumps one-state flirt and to compare him to Arendt is not an “irony,” as Haaretz’ Chemi Shalev believes. It is anti-Zionist ideology.

What we need is criticism of racism in Israel, of the religious fanatics, the settler movement, and the possibility of an annexation of the Westbank. That would result in the end of the Zionist dream and the Jewish state.

Israel is a Jewish and democratic state. Trump will never learn that lesson, Arendt never tried to really learn it.

[i] The letter from Kurt Blumenfeld to Felix Rosenblüth from January 17, 1946, reads like follows: „Gestern abend war Gerhard Scholem bei mir mit der Herbstnummer des Menorah Journal. Bei dieser Gelegenheit lernte ich Hannahs Artikel ‚Zionism Recon­sid­er­ed‘ kennen. Da ich leicht dazu neige, in meiner Kritik über das Ziel zu schießen, wartete ich Scholems Meinung ab. Sie war noch schärfer und gering­schätziger. (…) Ich be­daure meinen Brief an Hannah.[i] Nicht etwa, weil dieser Artikel ein unerträgliches Misch­masch einer in diesen Dingen Halbgebildeten ist, sondern weil sich dort Charakter­züge enthüllen, die mich schon einmal veranlaßt haben, meine Beziehungen zu Hannah abzubrechen. Dieses Mal kommt alles noch deutlicher und unschöner zum Ausdruck. Daß sie uns Sektierer nennt, ist mir unwichtig. Die Ignoranz in zionist­ischen Dingen (wobei ich nicht nur an die Bemerkung über ‚General Zionists‘ denke, die einem ernsten Forscher nicht passieren dürfen), überrascht mich auch nicht, da ich Hannahs journalistische Oberflächlichkeit und Voreiligkeit zur Genüge kenne. Furchtbar ist die Minderwertigkeit, die sich in ihren menschlichen Bewertungen manifestiert. Ein völlig unbeteiligter, herzloser Mensch, der über eine Chuzpe verfügt, zu der er nicht das geringste Recht hat, schreibt hier über unter schwersten Bedingungen sich entwickelndes Leben, über das sie sich durch Hörensagen verschnörkelte Begriffe gebildet hat. (…) Der Artikel im Menorah Journal enthüllt für mich sehr stark eine psychopathische Seite in Hannahs Wesen. Es ist ein bis zum Aberwitz übersteigertes Ressentiment zu fühlen; die sonderbare, mit Heftigkeit geführte Kontroverse, ob Judenhaß dauern oder verschwinden wird, ist dafür besonders bezeichnend. Für Hannahs menschliche Situation, nicht nur für ihre politische, ist es notwendig, das Verschwinden des Antisemitismus zu prognostizieren. Im zionistischen Bewußtsein Palästinas spielt übrigens der Judenhaß im Galuth keine entscheidende Rolle. (…) Ich würde sogar Hannahs Antizionismus noch mit Gelassenheit hinnehmen, wenn ich über die Gehässigkeit und Gemeinheit der Darstellung hinwegkommen könnte. Ich kann es nicht.“ (Kurt Blumenfeld (1976): Im Kampf um den Zionismus. Briefe aus fünf Jahrzehnten. Herausgegeben von Miriam Sambursky und Jochanan Ginat, Stutt­gart: Deutsche Verlags-Anstalt, 197–98).

©ClemensHeni

The Obsession to fight the Jewish state – The binational option, from Martin Buber and Hannah Arendt to Micha Brumlik and Judith Butler

The Times of Israel, September 3, 2013

On September 9 and 10, 2013, the Center for Research on Antisemitism (ZfA) at Berlin’s Technical University, together with the huge German Foundation on “Remembrance, Responsibility, and Future”, which spends up to seven million Euros a year for events (and spent over 70 million Euros since its inception in the year 2000), the group “Berlin-Kreuzberg Initiative against Antisemitism (Kiga)” and several other organizations as well as a German ministry of the Federal Government, will held a conference in Nuremberg on the Middle East conflict and its perception among immigrants in Germany.

The ZfA and its former head Wolfgang Benz have been criticized in recent years for promoting research on “Islamophobia” instead of Muslim antisemitism. In addition, Benz has been questioned about his silence about the Nazi legacy of his PhD advisor Karl Bosl, who awarded Benz a doctorate in 1968. In 1964, Bosl had compared the Holocaust to the expulsion of Germans from the East, and during Nazi Germany Bosl was on the payroll of the SS, an active historian in Nazi circles, and a member of the Nazi party NSDAP. Wolfgang Benz even collaborated with hardcore Islamist activists from the German online project Muslim Market and gave those pro-Iranian antisemites a very friendly interview in November 2010. Muslim Market is among those groups that organize the pro-Iran, pro-Hezballah and anti-Israel al-Quds rallies every year at the end of the Muslim month of Ramadan. On their homepage Muslim Market promotes the boycott of Israel with a scratched-out Star of David. Is this an appropriate place for the best known German scholar on antisemitism to be interviewed?

Then, in 2012, the new Center head since summer 2011, historian Stefanie Schüler-Springorum, appointed Edward Said follower and anti-Zionist Islamic studies scholar Achim Rohde. I analyzed the problematic tropes of Rohde’s scholarly approach and he left (or had to leave) the ZfA in 2013. Schüler-Springorum, though, is far from being an expert on research on antisemitism, let alone Israel, the Middle East, or the history of anti-Zionism. She has not published a single book on antisemitism so far, which is remarkable for the head of the leading European institute for research on that topic.

A speaker at the event in Nuremberg will be Islamic studies scholar and journalist Alexandra Senfft. In November 2012 she interviewed Wolfgang Benz and welcomed his new book on “How fear of Muslims threatens our democracies” – a strange topic for a scholar on antisemitism who is silent on jihadism and Islamist Jew-hatred. Senfft even mentioned that Benz frequently is interviewed by Muslims and Muslim journals in Germany but she had no problem and did not mention Benz’ interview with the hardcore Islamist and antisemitic Muslim Market. Senfft argues against critics of antisemitism like Holocaust survivor Ralph Giordano and journalist Henryk M. Broder because they are critics of “Islam,” in fact they are critics of Islamist antisemitism in particular and Islamism in general.

One of the best known speakers at the September 9 event, invited by Schüler-Springorum and her allies, is Professor Micha Brumlik, a pedagogue by profession. Brumlik has been known in recent decades as a critic of some forms of antisemitism in Germany. But he is even better known today for his kosher stamps for antisemitic agitators like Judith Butler who received the very prestigious Adorno-Prize of the city of Frankfurt in 2012. Butler calls Israel an apartheid state, she supports the anti-Jewish Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) movement and she is in favor of German-Jewish philosophers Hannah Arendt (1906–1975) and Martin Buber (1878–1965). Both Arendt and Buber agitated against a Jewish state of Israel and favored a binational Israel.

In the July issue of the leading left-wing German monthly, Konkret, Brumlik promoted a “Plan B.” In his article he argued against Israel as a Jewish state and followed Buber’s plans for a binational Israel. Konkret and Brumlik went so far as to say that Jews may not have a principled right of return to Zion – rather humanitarian and economic aspects should regulate immigration to Israel/Palestine.

Brumlik and Konkret are not stupid, they are not pro-Hamas or pro-Hezballah, they are rather critics of Islamist antisemitism and the Iranian threat. Konkret is even known as one of the very few self-declared pro-Israel journals in Germany. If it is pro-Israel to plead for a binational state – then you can imagine the anti-Zionist climate in Germany.

A few days after Brumlik’s piece was published by Konkret, I wrote a critique of this anti-Israel article. I said that this approach for a binational Israel, coming from a well-known Jewish professor and a self-declared pro-Israel monthly, is perhaps more dangerous than anti-Israel hatred coming from all kinds of hardcore right-wing or left-wing circles. I said that Brumlik and Konkret are perhaps more dangerous thanks to their distinguished style, their clear and calm strategy for this “Plan B” aiming at a binational Israel and rejecting Jews’ principled right of return.

Konkret became rather angry about my critique and attacked my person in a nasty and completely unprofessional way in the following editorial. Such attacks against pro-Israel scholars are normal when it comes to typical extreme right-wing or left-wing hate mongers, but Konkret always pretended to be pro-Israel. But well, Martin Buber was pro-Israel, too. He was a Zionist and this is the problem we are facing: what is Zionism?

This is a strategic question, going beyond the actual debates and conflicts.

There is the political Zionism of Theodor Herzl (1860–1904) and his followers. Herzl was not religious but desperate for a Jewish state. Others, like Achad Ha’am (1856–1927) preferred a cultural Zionism, urging Jews to become more Jewish in an inner, philosophical or religious and cultural way. This awakening of being Jewish was also a main element of Martin Buber’s approach in the early 20th century. Buber was a strong Zionist but did not want a Jewish state at all. Like Arendt, who was much younger than him and less religious, he was in favor of a homeland for Jews, but not a Jewish state. Sounds strange to today’s ears? This convoluted logic is behind today’s proposals for a binational state. And this is what we have to struggle with, in the next years and decades.

Influential German historian Dan Diner from Leipzig and Tel Aviv Universities argued for a binational Israel in his super PhD (habilitation) in 1980, too. I am not sure if this is still his point of view, but I fear it is. Historian Siegbert Wolf, known for books on Buber or anarchist and friend of Buber, Gustav Landauer (who was killed by sadistic, antisemitic, nationalistic and anti-socialist pre-Nazi German soldiers in 1919), argued for a binational Israel as well and referred to Diner. Like Diner, Konkret or Brumlik, Wolf is not stupid at all. He is aware of the Nazi collaboration of the leading Arab and Muslim politician at the time, Grand Mufti of Jerusalem Amin al-Husseini, and refers to pro-Israel and anti-Islamist critics of the Mufti like political scientist Matthias Küntzel, and historians Klaus-Michael Mallmann and Martin Cüppers. Despite these facts, Wolf supports antisemitic and so called post-Orientalist superstar Edward Said (1935–2003) and his plea for a binational Israel. Wolf’s pro-Buber article was published by the official German Martin-Buber-Society in 2011.

Butler likes the idea of a binational Israel, and therefore she refers to Arendt and Buber. For Butler, though, in her anti-Israel book from 2012, “Parting Ways. Jewishness and the Critique of Zionism,” Buber was still a problem, because he was in favor of Jewish “settler colonialism” and Jewish immigration to Palestine (prior to 1948). In fact, Buber wanted limited immigration even after the Shoah. In 1947, together with the co-founder and later President of Hebrew University, Judah Magnes (1877–1948), he wrote a pamphlet “Arab-Jewish Unity,” a “Testimony before the Anglo-American Inquiry Commission for the Ihud (Union) Association.” In it, they argued against a Jewish state of Israel and wanted a limited immigration of 100,000 Jews a year, in order to not disturb the Arabs.

In 1958, Martin Buber wrote that the “philosophy of violence” of the “national socialist evil” kept on “having an effect” “in a part of our people,” the Jewish people. This (antisemitic) comparison of Jews to Nazis was remembered, quoted and not at all criticized in 1961 in an afterword to a big study by Hans Cohn on Buber, written by the Brit Shalom member (1925–1933), co-founder of the Leo Baeck Institute and first editor of its Yearbook (1956–1978), Israeli journalist Robert Weltsch (1891–1982). Cohn’s book with Weltsch’s afterword appeared in a second printing in 1979, published by the Leo Baeck Institute New York, with a foreword by German historian Julius H. Schoeps, today head of the 1992 founded Moses Mendelssohn Center for European-Jewish Studies (MMZ) in Potsdam.

As historians and co-editors of the “New Essays on Zionism” in 2006, David Hazony, Yoram Hazony, and Michael B. Oren, observed, there is a need to justify Zionism in our times after the Cold War, an era that for Israel was relatively harmless, predictable, and largely free of today’s jihadist threat. Thanks to “European ideology,” they wrote, the “future of mankind” is seen “in the dissolution of state sovereignty.” Therefore Zionism, political Zionism and not spiritual or cultural Zionism, to be sure, needs philosophical, historical, political and religious justification.

We have to confront European and German ideology of Immanuel Kant and the end of the nation-state in the late 18th century. Kant is still very influential in philosophy and politics alike, take Yale’s Seyla Benhabib as an example. In 2012 she was awarded a prize in Germany, despite her outspoken anti-Zionist articles in recent years and her friendship with Judith Butler. Even pro-Israel young scholars embrace Benhabib and are unwilling or unable to decode the dangerous ideology of Kant, and his followers in the anti-nation-state tent.

Israel is a Jewish state and has to be a Jewish state and has to be accepted as a Jewish state. Israel as a Jewish state with unlimited immigration could have saved hundreds of thousand Jews, if not millions. Jews have by far the longest and most intense relationship to Zion and the territory of Israel. Jerusalem is of minor importance to Islam, just take the Quran as an example. Finally, no one in the humanities and social sciences is questioning the Muslim character of almost all Arab states, or of Iran.

Martin Buber and Hannah Arendt, perhaps today the two most influential Jewish anti-Israel-as-a-Jewish-state celebrities in the humanities and social sciences from the 20th century, did a bad job. They attacked and defamed the very idea of Israel as a Jewish state in the 1940s, take the time frame from 1942 until 1948, when the Holocaust happened and the Biltmore conference in May 1942 in New York City argued in favor of a Jewish state of Israel.

The question is not only if someone is pro-Israel, but also what kind of Israel. What do people refer to when they are in favor of Israel – a cultural Zionist or spiritual Judaistic Israel with no Jewish majority, a binational Israel? Or, a political Zionist Israel, the Jewish state of Israel?

It is a scandal that proponents of a binational Israel and authors who attack critics of antisemitism and Muslim antisemitism are invited to that conference to be held in Nuremberg, September 9, 2013.

Finally, even among self-declared friends of Israel there is a huge gap of knowledge about the history of Zionism and Israel as a Jewish state. There is much work to be done for serious scholarship.

Von Weimar nach Berlin – Antisemitismus vor Auschwitz und im Jahr 2012

Von Susanne Wein und Clemens Heni

 

Das Jahr 2012 ist so dicht an antisemitischen Ereignissen, dass ein vorgezogener Jahresrückblick lohnt. Das Jahr zeigt wie flexibel, vielfältig, codiert und offen sich Antisemitismus äußern kann. Drei Forschungsfelder seien hier knapp vorgestellt, um schließlich ein besonders markantes und schockierendes Beispiel von 2012 mit einem Fall aus dem Jahr 1925 zu vergleichen.

1)     Holocaustverharmlosung.

Im Januar wurde in Leipzig bekannt gegeben, dass der amerikanische Historiker Timothy Snyder den Leipziger Buchpreis 2012 erhalten wird.

Snyder hat 2010 das Buch Bloodlands publiziert, worin er leugnet, dass der Holocaust ein spezifisches Verbrechen war, ohne Vergleich in der Geschichte. Vielmehr konstruiert der „Genozid“-Forscher, der dem sog. spatial-turn folgt (eine Modeerscheinung der Kulturwissenschaft, die den Raum als zentrale Größe postuliert), einen Raum in Osteuropa zwischen dem Baltikum und der Ukraine, den er Bloodlands nennt und in dem zwischen 1932 (!) und 1945 ca. 14 Millionen Menschen starben bzw. ermordet wurden. Hitler und Stalin sind für ihn gleich schlimme historische Figuren. Snyder bemüht die veraltete Great Man Theory und hat keinen Blick für die sehr ausdifferenzierte Forschung zum Nationalsozialismus und zum Holocaust.

Vielmehr kooperiert er mit dem litauischen Staat und unterstützt eine dortige, weltweit in Misskredit geratene historische Kommission, die die Verbrechen von Hitler und Stalin wiederum gleichsetzt. Dramatisch ist, dass selbst die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und ihr wissenschaftliches Personal in Person der neuen Chefhistorikerin Dina Porat  mit dieser Kommission in Litauen kooperiert, was zu scharfen Protesten von Holocaustüberlebenden führte.

Kurz gesagt: Timothy Snyder ist ein geistiger Enkel Ernst Noltes, er möchte die Deutschen entschulden und die Präzedenzlosigkeit von Auschwitz verwischen oder leugnen. Historiker wie Omer Bartov (Brown University), Dan Michman (Yad Vashem) oder Jürgen Zarusky (Institut für Zeitgeschichte, München) haben Snyder dezidiert kritisiert. Der Jiddisch-Forscher Dovid Katz dokumentiert und analysiert seit Jahren den Antisemitismus in Osteuropa, insbesondere in Litauen, auch er hat sich intensiv mit Snyders Bloodlands befasst und zeigt, warum extrem rechte Kreise in Osteuropa Snyder feiern.

Die Wahl von Joachim Gauck zum Bundespräsidenten im März 2012 verstärkt die Holocaustverharmlosung, da Gauck die „Prager Deklaration“ vom Juni 2008 unterzeichnet hat, die – ganz im Sinne von Snyder – rot und braun gleichsetzt und die Verbrechen des Holocaust trivialisiert. Die Unterzeichner wollen als gesamteuropäischen Gedenktag den 23. August (der Tag des Ribbentrop-Molotow Paktes von 1939) etablieren und schmälern damit implizit die Bedeutung des Holocaustgedenktages am 27. Januar, wenn sie diesen Gedenktag nicht sogar ganz abschaffen wollen. Gauck sprach zudem 2006 davon, dass jene, die die Einzigartigkeit des Holocaust betonen, nur einen Religionsersatz suchen würden. Auch Neonazis, Holocaustleugner, manche christliche Aktivisten, Forscher oder auch Autoren der tageszeitung (taz) frönen einer solchen Sprache und reden von der „Holocaust-Religion“ oder einer „Pilgerfahrt“, wenn es um Auschwitz geht. Ohne den Dammbruch durch Martin Walsers Paulskirchenrede von Oktober 1998 wäre das alles nicht so ohne Weiteres im Mainstream der deutschen Gesellschaft denk- und sagbar.

2)     Antizionismus.

Der zweite Aspekt des Antisemitismus ist der seit der zweiten Intifada im September 2000 und nach dem islamistisch motivierten Massenmord vom 9/11 weltweit bei den wenigen Kritikern im Zentrum der Aufmerksamkeit stehende antizionistische Antisemitismus bzw. die Israelfeindschaft.

Am 4. April 2012 publizierte der Literaturnobelpreisträger Günter Grass in der größten deutschen Tageszeitung (nach der Boulevardzeitung BILD), der Süddeutschen Zeitung aus München, ein Gedicht mit dem Titel „Was gesagt werden muss“. Darin schreibt der deutsche Denker:

„Warum sage ich jetzt erst, gealtert und mit letzter Tinte: Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden?“

Nicht der Iran droht Israel mit Vernichtung, die Juden („Atommacht Israel“) seien die Gefahr. Diese Leugnung der Wirklichkeit, die Derealisierung, Schuldprojektion und die Schuldumkehr sind ein typisches Muster des neuen oder Post-Holocaust Antisemitismus. Israel gefährde den Weltfrieden und nicht der „Maulheld“ Ahmadinejad, wie er vom deutschen Dichter verniedlichend genannt wird; dabei haben die Verharmlosung der iranischen Gefahr bzw. das klammheimliche Liebäugeln mit dem vulgären, iranischen, islamistischen aber natürlich auch dem arabischen Antisemitismus Konjunktur. Die Diffamierung Israels ist auch unter deutschen Wissenschaftlern, Journalisten, Politikern, NGO-Aktivisten und der Bevölkerung gern gesehen. Die ARD jedenfalls war von Grass so begeistert, dass der Tagesthemen-Anchorman Tom Buhrow ein Exklusivinterview mit dem Schriftsteller führte und tags darauf Grass das Gedicht in der ARD vortragen durfte.

Das wird ergänzt durch die Verleihung des Adorno-Preises der Stadt Frankfurt am Main am 11. September 2012 an die amerikanische Literaturwissenschaftlerin und Philosophin Judith Butler von der University of California in Berkeley. Butler ist als antiisraelische Agitatorin weltweit berüchtigt, wenn sogar der Präsident der Harvard University im Jahr 2002, Lawrence Summers, unter anderem sie meinte als er den Hass auf Israel und die Boykottaufrufe gegen den jüdischen Staat thematisierte. Butler steht für einen Antizionismus, der sich in der Tradition von Martin Buber und Hannah Arendt verortet und die Gründung eines explizit jüdischen Staates (der zudem so tolerant ist und 20% Araber und Muslime und andere zu seiner Bevölkerung zählt) ablehnt. Mit fast vollständig homogenen islamischen Staaten wie Saudi-Arabien, Iran oder Jordanien und ihren antidemokratischen, homophoben und misogynen politischen Kulturen hat Butler selbstredend kein Problem. Die Wochenzeitung Die Zeit publizierte gar einen Text der BDS-Unterstützerin Butler und unterstützt somit den Aufruf zum Boykott Israels. Früher wäre das fast nur in der jungen Welt oder der Jungen Freiheit propagiert worden, doch längst sind solche antisemitischen Positionen Mainstream.

Eine Vertraute und Freundin von Butler, die Politikwissenschaftlerin Seyla Benhabib (Yale University) wurde 2012 in Deutschland ebenfalls geehrt. Sie erhielt am 8. Mai den Dr. Leopold Lucas-Preis der Universität Tübingen für ihren Einsatz für Hospitalität und „universelle Menschenrechte“ – auch dieser Preis ist mit 50.000€ dotiert, was ja von der schwäbischen Alma Mater freundlich ist, wenn man bedenkt, wie schlecht bekanntlich die Yale University ihre Professoren bezahlt. Benhabibs Vorbilder sind Immanuel Kant („Der Ewige Frieden“ von 1795) und Hannah Arendt. Die problematischen Aspekte dieser Art von Kosmopolitanismus oder vielmehr die anti-israelische Dimension bei Arendt,  kehren bei Benhabib verstärkt wieder. 2010 diffamierte sie Israel  indem sie es mit der südafrikanischen Apartheid und mit den „1930er Jahren in Europa“ (sie erwähnt den Slogan „Eine Nation, Ein Land, Ein Staat“ und spielt offensichtlich auf Nazi-Deutschland an) verglich – während selbstverständlich auch sie den Jihadismus z.B. der Gaza Flottille ignorierte und ihn bis heute ausblendet. Dies sind die eigentlichen Gründe für die Ehrungen und den Beifall aus Deutschland für Personen wie Butler und Benhabib. Kritik an Arendt, Kant und der europäischen Ideologie (wie sie auch Jürgen Habermas vertritt) eines Post-Nationalstaats-Zeitalter, wie sie von dem israelischen Philosophen Yoram Hazony bekannt ist, wird in Deutschland entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder abgewehrt.  Aufgegriffen und promotet wird sie höchstens von problematischen, nicht pro-israelischen, vielmehr deutsch-nationalen, rechten und konservativen Kreisen wie der Zeitschrift Merkur (dessen Autor Siegfried Kohlhammer den Islam mit seinen Dhimmi-Regelwerken für Nicht-Muslime schlimmer findet als den Nationalsozialismus und die Nürnberger Gesetze, und der zudem gegen Israel argumentiert).

3)     Antijudaismus.

Diese älteste Form des Antisemitismus spielt auch im nachchristlichen Zeitalter eine zunehmende Rolle. 2012 tritt ein in seiner Vehemenz seit 1945 ungeahnter und ohne Vergleich dastehender Angriff auf Juden und das Judentum auf: Hetze gegen die Beschneidung und religiöse Rituale. Alles, was Juden im Post-Holocaust Deutschland dachten, als selbstverständlich annehmen zu können, steht jetzt in Frage: Juden als Juden werden hinterfragt. Wie im Holocaust sollen männliche Juden die Hosen runter lassen, damit die arischen Deutschen nachschauen, ob er ein Jude ist oder nicht; sie durchleuchten Juden auf ihre Gesundheit, sexuellen Praktiken und Fähigkeiten und finden diese Art von Zurschau-Stellung von Juden notwendig und emanzipatorisch. Heute wird diese antijüdische Propaganda nicht unter dem Schild der SS oder der Wehrmacht durchgeführt, nein: heute geht es um „Kinderrechte“ und die angebliche Freiheit, nur als nicht-beschnittener Mann im Erwachsenenalter über die Religionszugehörigkeit entscheiden zu können.

Am 7. Mai 2012 befand das Kölner Landgericht in einem die politische Kultur in Deutschland für immer verändernden Urteil die Beschneidung von Jungen als gegen „dem Interesse des Kindes“ stehend und somit als nicht vertretbar. Die Beschneidung von jüdischen Jungen am achten Tag bzw. die Beschneidung von muslimischen Jungen im Alter zwischen 0 und 10 Jahren, sei somit nicht legal. Ein deutsches Gericht urteilt über das Judentum, das die Beschneidung vor über 4000 Jahren einführte. Der Volksgerichtshof des Nationalsozialismus hätte seine Freude gehabt an diesem 7. Mai 2012. 600 Ärzte und Juristen, angesehene normale Deutsche, agitierten sodann unter Federführung des Mediziners Matthias Franz von der Universität Düsseldorf am 21. Juli 2012 in einem Offenen Brief in der Zeitung für Deutschland (Frankfurter Allgemeine Zeitung, FAZ) gegen die Beschneidung und forderten politische und rechtliche Konsequenzen aus dem Kölner Urteil. Selbst pro-israelische Aktivisten zeigen nun ein ganz anderes Gesicht und machen sich über das Judentum lustig. Offenbar hatten diese Leute schon immer ein Israel ohne Judentum im Sinn. Die Zeitschrift Bahamas

aus Berlin folgte dem Ruf aus Köln, der FAZ und dem Zeitgeist und sprach sich gegen eine Kundgebung für Religionsfreiheit/für die Beschneidung aus und forderte ihre 23 oder 34 Anhänger auf, dieser ohnehin kleinen Manifestation vorwiegend deutscher Jüdinnen und Juden am 9. September 2012 in Berlin fern zu bleiben, da sie „den kulturellen und religiösen Traditionen von Kollektiven grundsätzlich misstraut“. Autoren dieses Sektenblattes wie Thomas Maul und Justus Wertmüller bezeichnen die Beschneidung als „archaisch“ und diffamieren dadurch mit Verve das Judentum. Derweil kringeln sich die Neonazis, die NPD und autonome Nationalisten, da doch der deutsche Mainstream das Geschäft des Antisemitismus (bis auf die Verwüstungen jüdischer Friedhöfe und von Gedenktafeln, bis heute eine typisch neonazistische Form des Antisemitismus) übernommen hat. Die Wochenzeitung jungle world 

mit ihrem Autor Thomas von der Osten-Sacken machte gegen die Beschneidung mobil und stellte Bezüge zur kriminellen Klitorisverstümmelung bei Mädchen, der Female genital mutilation (FGM), her. Sein Kollege Tilman Tarach war auf Facebook nicht weniger obsessiv dabei,

die Beschneidung und somit das Judentum zu schmähen. Eine Internetseite, Politically Incorrect (PI), die aus dem Umfeld von Parteien wie Die Freiheit, der Bürgerbewegung Pax Europa (BPE), der Pro-Bewegung und anderen Gruppierungen der extremen Rechten oder des Rechtspopulismus kommt, droht Juden:

„Wenn sich aber jüdische Verbände und Organisationen beispielsweise so an die uralte Vorschrift der Beschneidung klammern, zeigen sie damit, dass sie sich in diesem Punkt nicht vom Islam unterscheiden. So etwas können wir nach meiner festen Überzeugung in unserem Land nicht zulassen.“

Die Giordano Bruno Stiftung (GBS) mit ihrem Vorbeter Michael Schmidt-Salomon (übrigens sitzt Hamed Abdel-Samad im wissenschaftlichen Beirat der GBS),

die Deutsche Kinderhilfe, Evolutionäre Humanisten Berlin Brandenburg e.V., der Zentralrat der Ex-Muslime, die Freidenkervereinigung der Schweiz, der pflegeelternverband.de und einige andere Organisationen und Gruppen agitieren besonders aggressiv gegen Juden (und Muslime) und starten im Herbst 2012 die perfide Anzeigenkampagne

„Mein Körper gehört mir“. Zu sehen ist das Bild eines Jungen, der sich völlig verängstigt in den Schritt fasst und darunter steht: „Zwangsbeschneidung ist Unrecht – auch bei Jungen.“ Damit wird nicht nur die kriminelle und zumal islamistische Praxis der Klitorisverstümmelung mit der harmlosen Beschneidung von Jungen gleichgesetzt, vielmehr wird in Stürmer-Manier gesagt: vor allem das Judentum basiert auf Unrecht! Hieß es 1879 bei Heinrich von Treitschke „Die Juden sind unser Unglück“, was zu einem der Propagandasprüche des Nationalsozialismus avancierte, so wird im Jahr 2012 von Atheisten, Positivisten und anderen Aktivisten (die sich teils anmaßend Humanisten nennen) die Beschneidung als das Unglück für Kinder dargestellt oder Juden (und Muslime) gar als Kinderschänder diffamiert. Das liest sich wie eine post-christliche Version der Blutbeschuldigung, der antisemitischen Blood Libel.

Der Professor für Religionsgeschichte und Literatur des Judentums an der Universität Basel, Alfred Bodenheimer, ist zutiefst schockiert über den Anti-Beschneidungsdiskurs und hat im Sommer 2012 ein kleines Büchlein dazu verfasst: „Haut-Ab! Die Juden in der Besschneidungsdebatte“ (Göttingen: Wallstein). Darin analysiert er:

„Aus christlich-theologischer Sicht war die Kreuzigung ein sehr ähnliches Vergehen wie das Beschneiden der Kinder aus der heutigen säkularen: Denn die Taufe als unmittelbare Partizipation des einzelnen Gläubigen an der Kreuzigung Christi (und der damit verbundenen Sündenvergebung) machte letztlich jeden Getauften zum partiell von den Juden Gekreuzigten ­– und damit jenes Ereignisses, in dem gerade Paulus die Beschneidung aufgehoben hatte. Der säkulare Ausgrenzungsdiskurs folgt dem christlichen auf dem Fuße, er ist kultur- und mentalitätsgeschichtlich so leicht abrufbar, dass insbesondere den dezidierten Säkularisten die Ohren sausen dürften, wären sie sich der Sensoren gewahr, die ihren Furor geweckt haben. Der säkularistische Anspruch, Gleichheit in allen Belangen zur Ausgangslage eines frei auslebbaren Individualismus zu machen, trägt mehr vom Paulinischen Universalismus in sich (dessen Gegenbild die auf defensiver Differenz bestehenden Juden waren), als dem Gros seiner Vertreter klar ist.“ (ebd., 58f.)

Die Internetseite HaOlam mit ihrem Vertreter Jörg Fischer-Aharon, die sich jahrelang als pro-israelisch gab, hat den Anti-Beschneidungsvorkämpfer Schmidt-Salomon exklusiv interviewt und macht damit Werbung für obige Anzeigenkampagne.

Manche Organisationen, die häufig mit HaOlam bzw. deren Umfeld und vielen anderen aus der nie näher definierten „pro-Israel-Szene“ kooperierten, werden ins Grübeln kommen.

Sei es Ressentiment auf Religion oder kosmopolitisch inspirierte Universalität, jedenfalls wird mit bestem Gewissen jedwede Partikularität – wie die des jüdischen Staates Israel und des Judentums, inklusive seiner religiösen Traditionen, die auch von nicht-gläubigen Juden mit überwältigender Mehrheit praktiziert werden – abgelehnt.

Es ist unerträglich, mit welcher Arroganz, Obszönität und Dreistigkeit ausgerechnet deutsche Areligiöse,  Christen, selbsternannte Israelfreunde und „Antifas“ sich de facto zu den islamistischen und neonazistischen Judenfeinden gesellen und völlig geschichtsvergessen das Nachdenken einstellen.

Kaum jemand hat heute in Deutschland noch Beißhemmungen wenn es um Juden geht.

Dieser hier skizzenhaft aufgezeigte neu-alte Antisemitismus zeigt sich in dramatischer Form in vier antisemitischen Vorfällen in wenigen Wochen bzw. Tagen allein in Berlin:

  • Am 28. August 2012 wurde in Berlin-Friedenau am helllichten Tag der Rabbiner Daniel Alter von mehreren vermutlich arabischen Jugendlichen und Antisemiten krankenhausreif geschlagen. Er trug eine Kippa und wurde gefragt, ob er Jude sei. Das „Ja“ führte zu einem Jochbeinbruch und Todesdrohungen gegen seine 6-jährige Tochter. Die Täter sind bis heute nicht ermittelt.
  • Am 3. September wurde gegen 10 Uhr vormittags eine Gruppe von jüdischen Schülerinnen vor der Carl-Schuhmann-Sporthalle in der Schlossstraße in Berlin-Charlottenburg von vier ca. 15-16-jährigen Mädchen muslimischer Herkunft (eine der Antisemitinnen trug ein Kopftuch) diffamiert und u.a. als „Judentussen“ beleidigt.
  • Am höchsten jüdischen Feiertag, Yom Kippur, am Mittwoch, den 26. September 2012, rief Esther Dobrin aus Berlin gegen 11 Uhr ein Taxi, um mit ihrer 11-jährigen Tochter und zwei weiteren Personen zur Synagoge in die Pestalozzistraße zu fahren. Der Taxifahrer verhielt sich reflexhaft feindselig, als der genaue Bestimmungsort als „Synagoge“ benannt wurde; er warf die vier Fahrgäste sozusagen aus dem Wagen.
  • Wenig später, gegen 18 Uhr an diesem 26. September, wurden drei andere Juden in Berlin verbal attackiert. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, kam gerade mit seinen beiden Töchtern im Alter von 6 und 10 Jahren von der Synagoge, ebenfalls in Charlottenburg, unweit des Kurfürstendamms, als er offenbar wegen eines klar ersichtlichen jüdischen Gebetsbuches beleidigt wurde. Im Laufe eines aggressiven Wortgefechts hat Kramer nicht nur die Polizei zu Hilfe gerufen, vielmehr auch auf seine Waffe gezeigt, die er seit acht Jahren zum Selbstschutz und als ausgebildeter Sicherheitsbeauftragter bei sich trägt. Die Polizei hat nun zwei Anzeigen zu bearbeiten, Kramer zeigte die Beleidigungen des Antisemiten an, während derselbe Kamer wegen Bedrohung anzeigte, wozu er, nach unbestätigten Informationen,  von der Berliner Polizei durchaus ermutigt worden war.

Kramer kennt die Zusammenhänge des GraSSierenden Antisemitismus in Deutschland und weiß, dass sich die geistigen Zustände und Debatten in gewalttätigen Straßenantisemitismus entladen können – darum ist er bewaffnet. Welche zwei komplett disparaten Lebensrealitäten – eine jüdische und eine nicht-jüdische – werden von nichtjüdischen Deutschen tagtäglich stillschweigend hingenommen? Wie fühlt es sich an, ständig in den Einrichtungen der eigenen Religion/Gruppe, Kindergarten, Schule, Synagoge etc. unter Polizeischutz stehen zu müssen?

1925, einige Jahre vor NS-Deutschland, im demokratischen Rechtsstaat der Weimarer Republik passierte in Stuttgart Folgendes:

„An einem Sonntag im November 1925 las der Kaufmann Ludwig Uhlmann in der Gastwirtschaft Mögle Zeitung und trank ein Bier. In provozierender Absicht beleidigte ihn der am Nachbartisch sitzende Franz Fröhle mit spöttischen Bemerkungen und ließ mehrfach die Bezeichnung ‚Jude Uhlmann‘ fallen. Dieser reagierte nicht. Daraufhin sagte Fröhle: ‚Was will der Judenstinker hier, der Jude soll heimgehen‘, was Uhlmann sich verbat. Als die Pöbeleien anhielten, zog Uhlmann eine Pistole, mit der Bemerkung, dass Fröhle damit Bekanntschaft machen könne, falls er nicht aufhöre. Schließlich setzten der Wirt und die Polizei den Beleidiger vor die Tür. Die Staatsanwaltschaft beantragte nicht nur einen Strafbefehl gegen Fröhle wegen Beleidigung in Höhe von 50 RM Geldstrafe, sondern auch einen gegen Uhlmann wegen Bedrohung und abgelaufenen Waffenscheins. Bei der Hauptverhandlung des Amtsgerichts wurde er zwar von der Anklage der Bedrohung freigesprochen, aber wegen der Bagatelle des abgelaufenen Waffenscheins von wenigen Monaten zu einer Geldstrafe von 30 RM verurteilt.“ (Martin Ulmer (2011): Antisemitismus in Stuttgart 1871–1933. Studien zum öffentlichen Diskurs und Alltag, Berlin: Metropol, S. 350)

 

Dieses Schlaglicht zeigt die Normalität antisemitischer Beleidigungen, die in der deutschen politischen Kultur bereits damals, wie sich an unzähligen Beispielen aufzeigen lässt, tief verankert und sedimentiert war.

Heute nun, im Jahr 2012, über 67 Jahre nach dem Holocaust und Auschwitz – welch ein Unterschied ums Ganze! –, müssen sich Juden wieder bewaffnen. Sie sind fast täglich Angriffen, Beleidigungen und Hetzkampagnen ausgesetzt und es kann sich eine Szene abspielen, die der in einer Stuttgarter Kneipe von 1925 gruselig ähnelt.

 

Auf der einen Seite haben wir diese Vorfälle aus dem Jahr 2012 und insbesondere die „Beschneidungsdebatte“ mit all ihren antisemitischen Internet-Kommentaren -und Forenbeiträgen, die einen an Max Liebermanns Ausspruch zum 30. Januar 1933 denken lassen. Auf der anderen sucht man vergebens die arrivierten Antisemitismusforscherinnen und -forscher, die sich der skizzierten Forschungsfelder annehmen. Werner Bergmann schrieb 2011 in einer Festschrift für einen Kollegen:

„Im historischen Vergleich mit der Zeit vor 1945, aber auch in den letzten 60 Jahren in Deutschland […] war Antisemitismus gesamtgesellschaftlich wohl selten so sehr an den Rand gedrängt wie heute.“

Antisemitismus ist in Deutschland nicht erst, aber insbesondere im Jahr 2012 gesamtgesellschaftlich so weit verbreitet wie vielleicht noch nie seit 1945.

 

 

Susanne Wein ist Historikerin und promovierte im September 2012 an der Freien Universität Berlin  mit einer Arbeit über „Antisemitismus in der politischen Kultur der Weimarer Republik. Eine Untersuchung anhand der Debatten im Reichstag“.

Clemens Heni ist Politikwissenschaftler und promovierte im August 2006 an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck mit einer Arbeit über die „Salonfähigkeit der Neuen Rechten. ‚Nationale Identität‘, Antisemitismus und Antiamerikanismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland 1970 – 2005: Henning Eichberg als Exempel“.

Laudatio für Judith Butler wird von einer antiamerikanischen Verharmloserin des Nationalsozialismus und des Holocaust gehalten: Eva Geulen

Von Dr. Clemens Heni

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

Am 11. September 2012 wird der Adorno-Preis der Stadt Frankfurt verliehen. An diesem Tag im Jahr 1903 wurde Theodor W. Adorno geboren. Was liegt nun näher, für ganz normale Deutsche, als an diesem Tag, dem 11. Jahrestag des islamistisch motivierten Massenmordes von 9/11, eine antiamerikanische, den Holocaust und den Nationalsozialismus verharmlosende Frau die Laudatio auf die Israelhasserin Judith Butler, die sich als zärtliche Freundin von Seyla Benhabib, Martin Buber und Hannah Arendt vorstellt und Israel im Sinne eines (deutsch-jüdischen) „kulturellen Zionismus“ zerstört wissen möchte, halten zu lassen?

Eva Geulen heißt die Laudatorin

 

und in meinem Buch Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11 schrieb ich über sie. 

 

Sie hat ein Büchlein zur Einführung in das Denken des italienischen Philosophen Giorgio Agamben geschrieben. Darin wendet sie sich wie der modische Vorzeigeverniedlicher des Nationalsozialismus im Suhrkamp-Verlag gegen „biopolitische Interventionen im Alltag“ und findet es total angemessen mit der „Auschwitz-Insinuation“ herum zu fuchteln. Daher schrieb ich also im August 2011:

2004 wurde deutlich, wie Antiamerikanismus, eine Verharmlosung des Antisemitismus sowie die Rede vom ubiquitären ‚Lager‘ bei Agamben jeglichen Realitätsbezug vermissen lassen. Denn ein Buch der Literaturwissenschaftlerin Eva Geulen[i] zur Einführung in das Denken Agambens stellt sich unverhohlen hinter diesen modischen, antimodernen und antisemitischen Vordenker. Es ist eine typische Antwort heutiger Gegenintellektueller auf den Islamismus und den 11. September. Ein Gegenintellektueller ist in der Tradition der Mandarine zu sehen, also der früheren chinesischen Berater des Kaisers. Gegenintellektuelle wenden sich gegen Herrschaftskritik und Gesellschaftsanalyse im aufklärerischen Sinn, eher stehen sie für Gegenaufklärung und Restauration.[ii] Viele Wissenschaftler und von der Öffentlichkeit als „Intellektuelle“ wahrgenommene Personen sind eher Gegenintellektuelle, so kritisch sie sich auch gerieren mögen. Ein antiwestliches Ressentiment ist häufig grundlegend, so etwa die Diffamierung der USA als eine Art ‚Nazi-Land‘ bei Agamben; seine Verteidigerin Eva Geulen kokettiert damit:

„Viel Ärger und viel Lob hat sich Agamben eingehandelt, als er unter skandalträchtigem Verweis auf die Tätowierung von KZ-Häftlingen im Frühjahr 2004 eine Gastprofessur an der New York University nicht antrat, weil er sich exemplarisch und öffentlich der von den USA nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 von allen Einreisenden verlangten Abnahme eines DNA-Fingerabdrucks verweigerte (wer im Besitz einer green card ist, hat ihn längst hinterlegt). (…) Ihm einen direkten Vergleich zwischen der Immigrationszone des New Yorker Kennedy-Flughafens und einem Konzentrationslager zu unterstellen ist offensichtlich verfehlt. Schockiert könnte man sich aber darüber zeigen, dass wir uns an biopolitische Interventionen im Alltag offenbar schon so sehr gewöhnt haben, dass es der Auschwitz-Insinuation bedarf, um die Lethargie zu unterbrechen. Was in solchen Räumen geschieht, ist nicht mehr rechtlich abgesichert, sondern hängt ‚von der Zivilität und dem ethischen Sinn der Polizei‘ ab, die vorübergehend in solchen Räumen als Souverän agiert.“[iii]

Es ist antisemitisch, eine Kontinuität von den Lagern und den KZs hin zu vergleichsweise harmlosen DNA-Fingerabdrücken im 21. Jahrhundert zu imaginieren. Letztere sind zudem als Reaktion auf den von Islamisten verübten Massenmord im World Trade Centereingeführt worden. Die Forschung redet jedoch lieber von „Bio-Politik“ statt von antimodernem Islamismus.

Wurde das Gedenken an Theodor W. Adorno jemals so sehr in den Dreck gezogen wie am 11. September 2012 in Frankfurt am Main in der Paulskirche? Das deutsche Establishment, nicht nur Axel Honneth und Micha Brumlik, wird klatschen und innerlich johlen und frohlocken ob soviel Antisemitismus, Hass auf Amerika und Israel, Banalisierung von Auschwitz und Abscheu vor Theodor W. Adorno.


[i] Geulen ist Professorin am Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft, Abteilung für Neuere deutsche Literaturwissenschaft der Universität Bonn, http://www.zfkw.uni-bonn.de/zentrumsrat/mitglieder/profile/geulen.html (21.02.2011).

[ii] Zum Begriff des Gegenintellektuellen vgl. Heni 2007, 87–89.

[iii] Eva Geulen (2005): Giorgio Agamben zur Einführung, Hamburg: Junius, 101. Auch an anderer Stelle verharmlost die Autorin selbst den Nationalsozialismus, wenn sie in Anlehnung an Agamben die „Schutzhaft im Nationalsozialismus“ mit der Situation „der Gefangenenlager in Guantanamo Bay“ gleichsetzt und jeweils als „Ausnahmezustand“ bezeichnet (vgl. ebd., 96f.); Letzteres ist eine Begrifflichkeit des Nazijuristen Carl Schmitt, einer Referenzquelle Agambens.

 

Viel Effekt: Antizionistische Veranstaltungen

Original auf hagalil, 27.02.2005

Für Wolfgang Dreßen, Professor für Politikwissenschaft an der Fachhochschule Düsseldorf, sind alle Vorschläge, Filme und Ideen, die den Selbstschutz von Israelis vor antisemitischen Gewalttätern und Massenmördern unterminieren, offenbar herzlich willkommen. Am 26./27. Februar 2004 lädt Dreßen nach Düsseldorf um über anti-israelische Propaganda zu reden.

Neben bekannten Antizionisten wie Ludwig Watzal, der von einem „palästinensischen Versailles“ spricht, kommen u.a. auch Israelis, die freilich selbst für eine antizionistische Politik stehen, neben Watzal Dr. Halima Alaiyan, Michaela Reisin, Moshe Zimmermann und Anis Hamadeh. Wolfgang Dreßen ist kein Unbekannter: Bereits in den 1980er Jahren publizierte er einen der einflussreichsten Rechtsextremisten der Neuen Rechten in der BRD, Henning Eichberg. Seine Liebe zum „nationalen Sozialismus“, der die „SA“ dazu befähigt hätte, sich „nicht in die staatliche Ordnung einbinden“ zu lassen, läßt es merkwürdig erscheinen, dass Dreßen eine Arbeitsstelle zur Analyse des Neonazismus leitet.

2002 wurde Wolfgang Dreßen vom Nordrhein-westfälischen Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport zurückgepfiffen als er beim Ausstellungsprojekt ex-Oriente die pro-iranischen Islamisten von muslim-markt als Ideengeber verlinkt hatte. Auch heute ist auf Dreßens offizieller Homepage der FH Düsseldorf ein Link zu einer offensichtlich islamistischen Site zu sehen auf der die Fatwa gegen Salman Rushdie verteidigt wird, wenngleich die Betreiber – wohl aus legalistischen Gründen – die Ermordung Rushdies in eine ewige Verdammnis umwandeln wollen. Diese Verlinkungspraxis Dreßens korrespondiert aufs Trefflichste mit seiner heutigen Veranstaltung in Düsseldorf. Damals verlinkte er eine Seite, die zum „Israel-Boykott“ aufrief, heute passiert das gleiche, nur nicht aus dem Munde von Islamisten sondern (auch) von antizionistischen Israelis.

Gleich drei Filme von Eyal Sivan, einem israelischen Filmemacher, werden am heutigen Samstag und morgen Abend gezeigt: SKLAVEN DER ERINNERUNG, DER SPEZIALIST und ROUTE 181. ROUTE 181 drehte Sivan zusammen mit dem Palästinenser Michel Khleifi. Während ‚Sklaven der Erinnerung‘ von jungen Israelis berichtet, die in einem Monat verschiedene israelische Gedenktage durchleben wobei Sivan den Antisemitismus gleichsam als quantité négligéable betrachtet und den Kampf Israels gegen Antisemitismus als böse Einbildung und ‚nationalen Mythos‘ angreift, ist Sivans Strategie in DER SPEZIALIST noch hinterhältiger: gleichsam als unspezifische Konstante moderner Industriegesellschaften, die auf abstrakter Arbeit und Bürokratie basierten, wird der Massenmörder Adolf Eichmann in seinem Prozess in Jerusalem dargestellt.

Eichmann ist darin ein bürokratisches (lächerliches) Monster – keineswegs ein deutsches Spezifikum – wie es heute auch welche geben könne. Dies gestaltet Sivan so, daß Eichmann am Ende wie ein Mann hinter einem Schreibtisch wirkt, der auch Israels Politik gegen die Palästinenser kennzeichnen könne, während der israelische Hauptankläger, Gideon Hausner, in sowohl liderlichen als auch widerlichen Einstellungen wie ein Spiegelbild des Nazi-Eichmann erscheint. Diese Projektionsleistung, Juden vom Opfer zum Täter zu phantasieren, ist nicht nur in Deutschland nach dem Ende des Nationalsozialismus beliebt. Weltweit ist der Antisemitismus in der post-Holocaust Zeit dadurch gekennzeichnet, dass er sich stark auf Israel als Staat der Juden konzentriert, mithin der Antizionismus als der Antisemitismus der Demokraten erscheint. Der französische Philosoph Vladimir Jankélévitch sagte schon 1971:

„Wie werden sie sich von ihrem latenten Schuldgefühl befreien? Der ‚Antizionismus‘ ist in dieser Hinsicht ein ungesuchter Glücksfall, denn er gibt uns die Erlaubnis und sogar das Recht, ja selbst die Pflicht, im Namen der Demokratie Antisemit zu sein! Der Antizionismus ist der gerechtfertigte, schließlich jedermann verständlich gemachte Antisemitismus. Er ist die Erlaubnis, demokratischerweise Antisemit zu sein. Und wenn die Juden selbst Nazis wären? Das wäre wunderbar. Es wäre nicht länger nötig, sie zu bedauern; sie hätten ihr Los verdient. So entlasten sich unsere Zeitgenossen von ihrer Sorge.“

Daß es nicht primär Antisemitismus gewesen sein soll, der Eichmann zum Judenmord trieb, vertritt in der Nachfolge Hannah Arendts auch der berühmte linke Historiker Hans Mommsen, der später auch Goldhagens Analysen zum „eliminatorischen Antisemitismus“ ablehnte. Die seriöse und kritische Forschung ist sich jedoch spätestens seit Hans Safrians Buch „Eichmann und seine Gehilfen“ darüber bewußt, daß Antisemitismus das zentrale Motiv für Eichmann darstellte, Juden zu suchen, zu finden und ermorden zu lassen.

„Unter Vernachlässigung der einfachsten Regeln der Quellenkritik wird zitiert, kolportiert, konstruiert. Man geht über ‚die Manipulation der Erinnerung‘ in den Aussagen Höß‘ oder Eichmanns hinweg. Sie haben, ‚als sie vor ihren Richtern standen (…), sich eine bequeme Vergangenheit konstruiert und schließlich selbst daran geglaubt‘(Primo Levi, Die Untergegangenen und die Geretteten): Wie Höß und die anderen nach 1945 angeklagten NS-Verbrechen stilisierte sich Eichmann zum absolut gehorsamen Befehlsempfänger, der persönlich nichts gegen Juden hatte, und schmückte diese grundsätzliche Linie mit Versatzstücken der Realität aus.“

Nun ist neben dem ohnehin äußert problematischen und den deutschen Vernichtungsantisemitismus Eichmanns komplett negierenden Plot des Films zudem bekannt geworden, dass Sivan in DER SPEZIALIST bewusst und gezielt filmisches Originalmaterial gefälscht hat. Sivan hat das 350stündige Roh-Filmmaterial der Prozeßdokumentation so geschnitten, daß Zeugenaussagen im Filmergebnis gefälscht sind. Z.B. erscheint ein Zeuge auf eine bestimmte Frage schweigend, wohingegen der Zeuge an besagter Stelle in den Originaldokumenten durchaus sofort antwortete. Auch an weiteren Stellen wurde gefälscht, wie jetzt durch den ehemaligen Direktor des Spielberg Film Archives in Jerusalem, Steward Tryster bekannt wurde. Die ‚kulturzeit‘-Sendung von 3sat am 22.02.2005 thematisierte die Kritik Trysters zwar, ärgert sich jedoch mit ihrem Interviewpartner um so mehr als sie die Intention Sivans, Israel anzugreifen, ja tatkräftig unterstützt. Jankélévitch hat diesen Reflex schon vor Jahrzehnten reflektiert und analysiert, wie das obige Zitat zeigt.

Am deutlichsten wurde kürzlich der Antizionismus und die Affirmation des suicide killing durch 3sat in dem Interview von Gert Scobel und dem Regisseur von PARADISE NOW, Hany Abu-Assad vom 16. Februar 2005. So wie Abu-Assad dort unter Lachen erzählen durfte, dass die Vorbereitungen auf ein Selbstmordattentat noch „viel lustiger sind“ als im Film dargestellt, so steht dieser Bejahung des suicide bombing der Kampf gegen den israelischen Schutzzaun durch Sivans Film ROUTE 181 zur Seite. Die Kultursendung von 3sat, die die Lügen und Fälschungen von Sivan aufdeckte, möchte trotz der aufgedeckten Manipulationen am Film DER SPEZIALIST festhalten, habe er doch – wie es in einem Interview mit den deutschen Regisseur Andreas Veiel heißt – die „gigantische Inszenierung“, die der Eichmann-Prozess dargestellt, aufgezeigt und somit die „Legenden, die den Staat“ Israel zusammen hielten, destruiert. Dass Juden als Juden vom deutschen Eichmann aufgesucht, deportiert und ermordet wurden, kommt nicht vor. Dass Israelis als Juden 1948 und 1967 und später „ins Meer getrieben werden sollten“ von ihren arabischen Nachbarn, leugnet diese Position. Israel brauche „Mythen“, wie Sivan sagt, um sich zu legitimieren. Dass Israel zum ersten Mal in der langen Geschichte des Antijudaismus und Antisemitismus seit 1948 für alle Juden Schutz vor Antisemitismus bedeutet, militärische Selbstverteidigung, wird einfach negiert.

Am Samstag, 26.02.2005 wird in Düsseldorf von den Veranstaltern „Kulturelle Entwicklung“ und „museum kunst palast“ unter der Leitung von Wolfgang Dreßen nach der Vorführung von ROUTE 181 unter der Moderation von Michel Khleifi zwischen ihm und Sivan diskutiert. Khleifi, der palästinensischer Regisseur des Films, passt gut zu dem Duo: Kleifi hat mehrere Filme gedreht, in denen es um die Situation der Palästinenser geht und anti-israelische Töne das Hauptmerkmal zu sein scheinen. So kritisierte z. B. die französische Tageszeitung Le Figaro den Film „Hochzeit in Galiläa“ von Khleifi unmissverständlich als „Aufruf zum Haß“.

Nicht nur zum Hass auf Israel sondern auch zur Verharmlosung von Auschwitz wird in dem Film ROUTE 181 von Khleifi und Sivan aufgerufen. Auschwitz sei darin kein Zivilisationsbruch gewesen, wie die Filmkritikerin Anne Heilmann analysiert:
„Die Kritik bezog sich vor allem auf die Anlehnungen von Route 181 an den Film Shoah von Claude Lanzmann, eine neunstündige Dokumentation über die Judenvernichtung während des Nationalsozialismus, die aus Interviews mit den Überlebenden der Vernichtungslager und ihren deutschen Henkern besteht. Eine der zentralsten und zugleich schrecklichsten Interviewsituationen in Shoah ist das Gespräch mit Abraham Bomba in seinem Friseursalon in Israel. Er musste den Häftlingen in Auschwitz, unter denen sich auch seine eigene Familie befand, die Haare scheren, bevor sie in die Gaskammern getrieben wurden.

Die Szenenanordnung in Route 181 ist auffallend ähnlich. Hier berichtet ein palästinensischer Friseur, während er Michel Khleifi die Haare schneidet, von einem Massaker an Palästinensern in Lod während des Unabhängigkeitskriegs von 1948. Er berichtet von Vergewaltigungen, von einem »Ghetto« genannten Ortsteil, in dem die palästinensische Bevölkerung versammelt wurde, und davon, wie die israelischen Soldaten von ihm verlangten, die Leichen zu verbrennen. Die Szene endet mit einer Einstellung der Eisenbahnschienen in Lod und greift damit ein Motiv auf, dass nicht nur in Shoah für die Deportationen der europäischen Jüdinnen und Juden in die Konzentrationslager steht. „Das Plagiat ganzer Sequenzen aus Shoah von Claude Lanzmann illustriert eine perverse und systematische Praxis, deren Logik die einer Umkehr der Opfer in Henker ist“, schreiben die Kritiker des Films in ihrem Protestbrief.“

In Wahrheit hat der israelische Schutzzaun vielen Menschen das Leben gerettet, die Anzahl der Anschläge sank beachtlich.

„Die Zahl der Terroranschläge auf israelische Ziele ist 2003 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent zurückgegangen. Dabei gab es 50 Prozent weniger Todesopfer als 2002. Das geht aus einem am 8. Januar 2004 vorgestellten Bericht des israelischen Sicherheitsapparates hervor. Eine Ursache für diesen Rückgang ist nach Ansicht der Sicherheitskräfte der Bau des Sicherheitszaunes.
Arabische Terroristen haben im Jahr 2003 insgesamt 3.858 Attentate auf israelische Ziele verübt. Dabei wurden 213 Menschen getötet, darunter 50 Angehörige der Sicherheitskräfte und 163 Zivilisten. Im Jahr 2002 hatten 5.301 Anschläge insgesamt 451 Todesopfer gefordert. Die Zahl der Terrorwarnungen blieb hingegen konstant. Durchschnittlich gingen bei den Sicherheitskräften pro Tag 40 Informationen über mögliche Anschläge ein.“

Auch die Antisemiten erkennen den Zaun als Hinderungsgrund für ihre Mordanschläge:

„Ein Grund für den Rückgang der Anschläge ist nach Ansicht der israelischen Sicherheitskräfte der Bau des Sicherheitszaunes. Dieser zwingt palästinensische Terrorgruppen, ihre Taktik zu ändern. Ein hochrangiger Führer des Dschihad al-Islami sagte in einem Verhör, die Organisationen müssten völlig neue Wege finden, falls die Sperranlage fertiggestellt werde.“

Dreßens jahrelange, obsessive Kritik an Israel, seine Vorliebe für „nationalen Sozialismus“ und den Islam gleichermaßen prädestinieren ihn dazu „neue Wege“ in seinem speziellen Dialog suchen zu helfen. Solche „Neuen Wege“, wie sie der Dschihad al-Islami sucht? Vorträge, Filmvorführungen, internet-links, Ausstellungen und Diskussionen von und mit Antizionisten sind solche Wege. Ohne Blut aber mit viel Effekt. Wie PARADISE NOW.

Anmerkungen:
(1) http://www.palaestinaonline.de/watzal2.htm
(2) Betrifft: „Aktion 3“. Deutsche verwerten jüdische Nachbarn. Dokumente zur Arisierung. Ausgewählt und kommentiert von Wolfgang Dreßen, Berlin (Aufbau-Verlag), S. 19.
(3) http://www.juedische.at/TCgi/TCgi.cgi?target=home&Param_
Kat=3&Param_RB=14&Param_Red=1732
(4) http://www.amana-online.de/pp/aa/mazrui_rushdie.shtml. Darauf heißt es: „Wenn es wirklich notwendig ist, so wäre die spirituelle Strafe einer Verfluchung angebrachter als die physische Strafe des Todes. Besser noch, überlasse Salman Rushdie dem Himmel! Ja, verbiete die Haßliteratur, wenn es sein muß, aber liebe den Autor als einen Mitmenschen“. Amana-online wird von Dreßen verlinkt, siehe: http://www.arbeitsstelle-neonazismus.de/frameset.htm.
(5) Vladimir Jankélévitch (2004): Das Verzeihen. Essays zur Moral und Kulturphilosophie, Frankfurt/Main (suhrkamp), S 245.
(6) Hans Safrian (1995): Eichmann und seine Gehilfen, Frankfurt/Main (Fischer), S. 15.
(7) http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/76204/ In kulturzeit wurde die Szene aus DER SPEZIALIST, die zeigt, wie der Bürokrat und eiskalte Schreibtischtäter Eichmann sich im israelischen Oberstaatsanwalt Hausner widerspiegelt, hofiert.
(8) http://www.iz3w.org/iz3w/Ausgaben/277/LP_s38.html
(9) http://www.israelaktuell.de/de/news_show.php?col=130&select=Texte&show=177
(10) Ebd.

hagalil.com 27-02-2005

 

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