Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Maaßen

Wie rechtsextrem ist die englische Anti-Lockdown-Szene?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 1. Juli 2021

Es war seit März 2020 klar, dass die Linke nicht erkannt hat, was eine Gefahr ist, wo der Unterschied zwischen Fall- und Infektionssterblichkeit liegt und dass nie dagewesene Maßnahmen wie Lockdowns eine unermessliche Anzahl von Opfern, vor allem im Globalen Süden, den armen Ländern, fordern würden.

Dieses Versagen ist historisch und übertrifft noch um ein Vielfaches das erbärmliche Kooperieren mit dem Stalinismus und Post-Stalinismus der UdSSR, das Agitieren für China und den Maoismus oder andere autoritäre Regime und Bewegungen seit 1945, da diesmal auch viele neue Linke, die schon immer antistalinistisch und antimaoistisch waren, federführend mit dabei sind (Konkret, Titanic, jungle world, weiteste Teile des Journalismus, der NGOs und der akademischen Elite etc.).

Dieses komplette Versagen, das Aussetzen jeglichen kritischen journalistischen und politischen Verstandes machte es den Rechten sehr leicht, die Bühne der Coronapolitik-Kritik zu übernehmen. Viele aus dieser Szene mögen früher nicht politisch gewesen sein, doch nicht-politisch sein heißt politisch-sein: wer schweigt, affirmiert. Dazu kommen nicht wenige schon vor März 2020 bekannte linke wie rechte verschwörungsmythische sowie Querfront-, neu-rechte und rechtsextreme Agitator*innen, die von fast allen Plattformen der Coronapolitik-Kritik-Szene mehr oder weniger lautstark verlinkt, promotet oder gefeiert werden.

Zwei der bekanntesten Plattformen der Coronapolitik-Kritik in England und Deutschland stehen dafür exemplarisch: Lockdownsceptics und Achgut (Achse des Guten). Viele Fakten werden dort richtig erwähnt, die Coronamassenpanik kritisiert, aber der Grundtenor ist affirmativ, kapitalistisch, familienorientiert, patriarchal und zumal anti-marxistisch. Das zeigt sich exemplarisch bei Lockdownsceptics. Heute verlinkt die Seite zum Beispiel nicht nur Texte von oder über linke Wissenschaftler (und Regierungsberater) wie Professor Robert Dingwall (der sich aktuell sehr rational und scharf gegen das Impfen von Kindern gegen Corona und für eine natürliche Immunität ausspricht),

sondern auch von neuen Rechten beziehungsweise alten Konservativen:

Es geht in dem Artikel „London’s Freedom Fighters“ von Niall McCrae um Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Demonstrant*innen, die allein letzten Samstag in London gegen die Lockdownpolitik von Boris Johnson demonstrierten. Am Ende habe die Demo eine Art „Woodstock“-Festival-Charakter mit live Musik gehabt. Solche kulturellen Muster, sich an ehemals linke Events wie Woodstock anzulehnen und rechts umzudeuten, sind von der Identitären Bewegung und insgesamt den Neuen Rechten seit vielen Jahren bekannt (bekanntester Protagonist war Henning Eichberg (1942-2017)).

Es ging in London auf der Großdemo (ähnlich den Querdenken-Demos hierzulande) für das sofortige Aufheben aller Lockdownmaßnahmen, gegen den Impfzwang (wie direkt oder indirekt immer) sowie gegen die unerträgliche Heuchelei des Establishments wie von Matt Hancock (bei uns ganz ähnlich Jens Spahn). Hancock hatte es Menschen verboten (wie bei uns), in Krankenhäuser Sterbende zu begleiten (Infektionsgefahr!), ja gar Angehörige zu Festlichkeiten zu treffen, aber selbst traf er eine Angestellte ziemlich abstandslos und küsste sie. Das wurde von einer Kamera im Büro aufgenommen und Hancock trat zurück, das wurde live auf der Demo bekannt gegeben. Großer Jubel, klar.

Doch der Autor, Niall McCrae ist ein neu-rechter Agitator.

Er ist nicht unbekannt in England. 2019 berichtete eine Seite über seine Attacke auf den Anti-Brexit und Pro-Europäische Union Aktivisten Femi Oluwole, den er als „fucking traitor“ diffamierte und mit einer britischen Fahne angriff:

Auch das von mir schon zitierte und kritisierte TalkRadio hat Femi Oluwole wegen seiner Kritik am nationalistischen Brexit-Kurs im Visier und beleidigt bzw. versucht, ihn lächerlich zu machen, da er ein „zu kleines T-Shirt“ während eines Gesprächs mit dem Radiosender angehabt hätte, wie Mike Graham seinem Ressentiment freien Lauf ließ.

Es ist eine ganz typische Taktik der Neuen Rechten, z.B. in Listen von Links oder in der Literatur sehr krasse rassistische, sexistische, antisemitische, nationalistische etc. Texte mit problemlosen oder kritischen Texten zu vermischen, wie hier in der Linkliste von Lockdownsceptics, wo sowohl Dingwall, der Anti-Brexit Linke, mit einem harcore Rechten und Brexit-Nationalisten wie McCrae verlinkt wird.

Wenn man die Seite „The European Conservative“ sich ansieht, hat McCrae vor seinem Artikel zu den Londoner „Freiheitskämpfern“ vom 30. Juni 2021 zuletzt am 16. September 2019 einen Artikel publiziert. Und dieser Text zeigt, für was für eine Ideologie McCrae steht. Es geht ihm um den Kampf gegen den „kulturellen Marxismus„, ein antisemitisches Wort, das als dog whistle wirkt, auch in Deutschland:

Literally, cultural Marxism arose from the shift from the economic determinism of Karl Marx to the postmodern New Left project. As policies to eradicate faith, folklore, and family loyalty floundered in communist states, Marxists realised that nothing changes unless the underlying culture is changed. Guidance for this reorientation came from the ‘critical theory’ of the Frankfurt School, many of whose theorists— including Max Horkheimer, Theodor Adorno, and Herbert Marcuse — were Jews who fled Nazi persecution in the 1930s. But their work was Marxist (and anti-religious).

Der Ton ist ganz typisch für konservative, reaktionäre wie neu-rechte Ideologie: Juden und Marxisten seien gegen die Familie, gegen Folklore und den (christlichen) Glauben. Ganz typisch ist die perfide Betonung, dass die Juden Horkheimer, Adorno und Marcuse zwar vor den Nazis fliehen mussten, ABER dass ihr Werk „marxistisch“ und „anti-religiös“ gewesen sei. Sprich: Eigentlich hatten die Nazis doch Recht. Denn was anderes war die nationalsozialistische Ideologie als die Hetze gegen „den“ Juden, der „zersetzend“ sei, und zwar die deutsche Familienidylle oder Folklore „zersetzend“?

Natürlich ist McCrae kein Nazi, er meint es gut, ist gegen den Lockdown, für den Brexit und nur nebenbei auch gegen Juden wie George Soros, der als Multimilliardär ein besonders hinterhältiger „Marxist“ (!) sei:

Mega-financier George Soros and his Open Society organisation flout national sovereignty to prepare the way for a post-democratic global government. Arguably the world’s leading cultural (but certainly not classic) Marxist, Soros made vast wealth by betting against the pound when the UK was forced out of the European Exchange Rate Mechanism in 1992, and billions more in the Far East financial crisis of 1997.

Dass die Agitation gegen eine „Weltregierung“ oder codiert gegen das ‚Finanzkapital‘ genuin antisemitisch grundiert ist, speziell seit den 1920er Jahren in Deutschland, das kommt hier nicht vor. Soros ist eine dog whistle nicht nur für ungarische Nationalisten und Antisemiten, die ihren Rassismus mit dem antijüdischen Ressentiment koppeln.

Ich habe im Februar 2020 über deutsche Vertreter im Mainstream geschrieben, die auch vor dem „kulturellen Marxismus“ warnen („Die geistigen Brüder des Neonazis in Hanau: AfD, Merkelhasser, Don Alphonsos Agitation gegen „Kulturmarxismus“).

McCraes Co-Autor ist David Kurten von der extrem rechten UKIP Party, die nicht nur turbokapitalistisch, Pro-Brexit, sondern auch im Umfeld von antisemitischen Verschwörungswahnwichteln aktiv ist. Die Beziehung von UKIP und dem Verschwörungsmythen verbreitenden Alex Jones aus den USA hat der Labour Politiker John Mann – der  vor Jahren die Kritik von Prof. Dovid Katz und mir an der Holocaust verharmlosenden „Double Genocide“- und Rot=Braun-Ideologie der Prager Deklaration (Erstunterzeichner Joachim Gauck) in einem Workshop auf einer der größten Konferenzen gegen Antisemitismus, dem Global Forum for Combating Antisemitism in Jerusalem, unterstützte – 2018 scharf attackiert:

Jewish organisations have accused Ukip of embracing antisemitic conspiracy theories through the party’s links to a far-right US website that regularly attacks George Soros and has argued that the Pittsburgh synagogue attack could have been instigated by the US government.

The Board of Deputies of British Jews and the Community Security Trust (CST) has called on Ukip to dissociate itself from Infowars [and Alex Jones, CH] after it brought in one of the website’s editors as a member and used him to promote the party to younger people.

John Mann, the Labour MP who chairs the all-party parliamentary group against antisemitism, said Infowars was a “vile and dangerous” organisation.

McCrae betont in seiner regelrechten Hassrede gegen Marxismus, die Kritische Theorie und den „kulturellen Marxismus“ (früher hieß das „Judeo-Bolschewismus“), dass Antonio Gramsci mehr Einfluss in England und Großbritannien hätte als die Frankfurter Schule bzw. die Kritische Theorie. Aber beide seien eben gegen den Status Quo gerichtet und bekämpfenswert.

Wie z.B. Achgut promotet auch McCrae den patriarchalen Superstar Jordan Peterson. Achgut promotet Hans-Georg Maaßen, der das antisemitische Wort vom „Globalismus“ verwendet und gegen „Globalisten und Sozialisten“ Stimmung macht. Ich habe am 12. Mai 2021 darüber geschrieben.

Es ist natürlich lustig, sich mit England zu freuen, wenn sie die Deutschen im Fußball schlagen – und nicht alle Engländer sind UKIP-Rechte, das ist eine kleine, aber üble Minderheit. Aber in der Lockdownsceptics-Szene flutscht so ein Autor wie McCrae eben einfach so durch oder ist elementarer Teil davon, das ist unklar.

Wer jedoch Volksmusik, Anti-Feminismus, Familienidylle und Kapitalismus mag, hat viel mehr Gemeinsamkeiten mit den Lockdown-Fanatiker*innen, als ihm oder ihr lieb sein mag.

Wer vom Antisemitismus der Feinde des „kulturellen Marxismus“ nicht reden möchte, soll vom Totalitarismus der Coronapolitik schweigen.

 

 

Jenseits der Agitation im Tagesspiegel: Antisemitismus als einigendes Band? #allesdichtmachen, die CDU (Maaßen) und die „Schwarmintelligenz“ der BASIS

Von Dr. phil. Clemens Heni, 12. Mai 2021

Kritik der Coronapolitik

Die Kritik an der Coronapolitik sollte höchste Priorität in einer Demokratie haben. Dass nicht die Kritik, sondern die Affirmation der „Maßnahmen“ seit März 2020 vorherrscht, ist besorgniserregend. Zu keinem Zeitpunkt wurde überlegt, ob die Maßnahmen nicht vielleicht schlimmer sein könnten als die Wirkung des Virus SARS-CoV-2 und die von ihm auslösbare Krankheit Covid-19. Es wurde zu keinem Zeitpunkt von der Bundesregierung bzw. den Landesregierungen wirklich wissenschaftlich und transparent abgewogen, ob Schulschließungen überhaupt Sinn machen, ob Kinder und Jugendliche überhaupt gefährdet sein können und ob es nicht in der Verantwortlichkeit der Eltern und Großeltern liegt, wer sich mit wem wie trifft. So wie das bislang üblich war, wenn ein 5-jähriges Kind eine schwere Grippe und 40 Grad Fieber hatte, ging es kaum zur bettlägrigen Oma ins Altersheim. Wenn diese allerdings im Sterben lag, und es die letzte Chance war, sie lebend zu sehen, vielleicht doch.

Solche menschlichen Vorgänge gibt es seit März 2020 nicht mehr. Eine ganze Generation von Toten, mehr als eine Jahresanzahl von Toten, weit über eine Million Menschen, die seit Mitte März 2020 gestorben sind, konnten großteils nicht würdevoll sterben – jedenfalls solange sie im Krankenhaus oder Altersheim starben – und nicht einer von ihnen wurde würdevoll beerdigt, ohne Masken, ohne Abstand und mit so vielen Trauernden wie möglich, vom verbotenen Leichenschmaus ganz zu schweigen. Das sind nie wieder gut zu machende Verbrechen an der Würde des Menschen, die hier passiert sind und passieren. Eine demokratische Gesellschaft hätte Vorschläge gemacht und Menschen Tipps gegeben, aber sie nicht daran gehindert, selbstverantwortlich mit oder ohne Maske zu einer Beerdigung, ins Krankenhaus oder in den Supermarkt und in die Innenstadt zu gehen.

Es sind völlig irrationale Maßnahmen, da kein Mensch zeigen kann – wissenschaftlich zeigen – dass man sich im Freien mit einem respiratorischen Virus anstecken kann, die Sinnlosigkeit von Masken im Freien bestätigt jeder seriöse Aerosolforscher. Die Wahrscheinlichkeit, dass gesunde Menschen andere anstecken, weil sie vorgeblich asymptomatisch sind, ist wissenschaftlich höchst umstritten und eine zentrale Studie aus Wuhan, die 10 Millionen Menschen umfasst, spricht dagegen. Wer nicht krank ist, also nicht ausreichend Viruslast hat, damit sich Symptome entwickeln, ist nicht ansteckend.

Ja, mehr noch: Früher gingen die Ärztinnen und Ärzte sowie alle Besucher*innen in Krankenhäusern ohne Maske auch zu schwer Kranken. Nur und wirklich nur bei (offener) Tuberkulose wurden FFP2-Masken getragen, das bestätigt jede Hygienebeauftrage in jedem Krankenhaus. Die millionenfach ausgesprochene Quarantäne für Menschen, die gar nicht krank und somit auch nicht ansteckend sind, ist an Irrationalität und Perfidie nicht zu überbieten. Millionen Menschen sind deshalb nicht zum Arzt gegangen, weil die Gefahr bestand, dass ihr Herzleiden oder die Krebsvorsorgeuntersuchung darin gipfelt, dass ein positiver PCR-Test herauskommt, der falsch-positiv ist, weil nicht mal der Ct-Wert unter 25 liegt (meist über 30, bestätigt fast jedes Labor), und somit die Quarantäne droht.

Es droht einem quasi Gefängnis (zu Hause, was auf gewisse Weise schlimmer ist als das richtige Gefängnis, da man nicht mal Hofgang hat!) für 10-14 Tage – grundlos, während doch, wir leben in einem Rechtsstaat, Gefangene wissen, warum sie einsitzen. Dieses Quarantäne-Gefängnis droht mittlerweile beim Einkaufen in einem Jeans-Laden oder beim Besuch eines Kinos, ja bei Reisen ins Ausland, eine Urlaubsreise von 11 Tagen endet vorzeitig mit 14-tägiger Quarantäne am Flughafen ohne eine Sekunde Urlaub. Kein Mensch hätte sich so einen Wahnsinn vor März 2020 ausdenken können. Kein dystopischer Roman hätte das gekonnt, wenn es ihn doch gibt, bitte ich um Hinweise, danke.

Wir wissen von Schweden, dass nicht ein Schüler und nicht eine Schülerin an Corona starb, nicht eine/r. Dabei waren die Schulen immer geöffnet, nur die Klassen der Oberstufe (bzw. ab dem Alter von 15) waren zeitweise nicht in der Schule. Wer also behauptet, es müsse eine Maskenpflicht geben in allen Schulen und ab einer bestimmten, völlig willkürlich zustande gekommenen „Inzidenz“ geschlossen werden, sagt absichtlich nicht die Wahrheit, weil wir wissen, dass nichts Schlimmes passiert, wenn die Schulen offen sind. Ein Blick nach Florida würde das auch bestätigen. Aber die Deutschen haben sich seit März 2020 in ihrem autoritären Kokon der Unwissenschaftlichkeit verbarrikadiert und bewachen die Außengrenzen mit scharfen Waffen.

Insgesamt sind in Schweden deutlich weniger Menschen gestorben als in England, Frankreich, Italien, Spanien oder Belgien. Schon das ist ein klarer Hinweis oder gar Beweis, dass Lockdowns und Maskenpflicht nichts bringen. Doch die Folgeschäden werden in diesen Lockdownländern unfassbar hoch sein. Die psychische Traumatisierung, jedes andere Kind und jeden anderen Menschen als potentiellen Todesbringer zu sehen, wie wir in Deutschland es seit März 2020 eingetrichtert bekommen, gibt es in dieser Form in Schweden nicht. Das werden wissenschaftliche Studien in den nächsten Jahren sicher noch detailliert herausarbeiten. Die kulturellen Schäden sind unabschätzbar – die Politik hat der Kultur, der einzigen genuin menschlichen Handlungsweise, weil auch Tiere fressen, saufen und sich reproduzieren, aber keine Bücher schreiben, keine Filme machen, keine Musik komponieren, kein Theater spielen und keine Geschichte haben, gezeigt, ja unmissverständlich klar gemacht, dass sie vollkommen sinnlos und unnötig ist. Kunst und Kultur sind „nicht systemrelevant“ und 40 Menschen in einem kleinen REWE-City sind weniger durch Covid bedroht als zwei Menschen in einer Galerie mit 5 Meter Deckenhöhe und 200 Quadratmetern Fläche.

Es sind aktuell ca. 30 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft und es sterben mehr als viermal weniger Menschen als noch im Januar (ca. 220 zu 900) am Tag – aber die Maßnahmen sind aktuell so brutal, unverhältnismäßig und antidemokratisch wie nie zuvor („Bundesnotbremse“). Wer wirklich wissen möchte, wozu es Ausgangssperren gibt, schaue sich die so nie gekannte mörderische Gewalt und das Anzünden von Synagogen in der Stadt Lod unweit von Tel Aviv in Israel durch arabische Israelis an. [Update, 13.05.21: Am Abend des 12. Mai kam es zu anti-arabischem Rassismus von Seiten extremistischer jüdischer Israelis, die in Bat Yam „arabisches Eigentum“ demolierten und einen Autofahrer aus seinem Auto zerrten und schwer verletzten, in Haifa schrie ein Mob „Tod den Arabern“, Premierminister Netanyahu sagte zu den pogromartigen Ausschreitungen in Bat Yam, dass sie „nicht zu tolerieren sind“ und überlegt, das Militär in einige Städte zu senden.]

DA braucht es eine Ausgangssperre, gegen den Jihad und den antisemitischen Terror! Aber nie im Leben bei einem Virus wie Corona.

Die ökonomischen Schäden sind unabsehbar – ein Schuldenberg ungeahnten Ausmaßes, der natürlich die staatliche Handlungsfähigkeit auf Jahrzehnte einschränken wird, Steuererhöhungen sind die logische Folge.

#allesdichtmachen

Das Schlimmste ist vielleicht die Tatsache, dass es von Anfang an Kritik gab, aber namentlich Merkel und so gut wie alle Mainstreammedien diese Kritik wegwischten. Sie wollten gar nicht diskutieren, ob man so ein Virus auch anders bekämpfen kann als durch Lockdowns. Ja, Seehofer und die Bundesregierung haben sogar absichtlich ein „Panikpapier“ bestellt im März 2020, das eine „Schockwirkung“ hervorrufen sollte: Kinder sollten sich als potentielle Mörder ihrer Eltern und Großeltern sehen. Ein solches antidemokratisches, unmenschliches Verhalten ist präzedenzlos für eine Demokratie. Spätestens da hätte es einen Aufschrei in der Presse geben müssen. Aber es gab Applaus und die Panik wurde und wird bis heute ganz hoch gehängt. Dabei ging die WHO zu Beginn von einer Sterblichkeit zwischen 3 und 4 Prozent aus, in Wahrheit beträgt sie ca. 0,23 Prozent, wie die WHO sich selbst im Oktober 2020 korrigiert („Infection fatality rate of COVID-19 inferred from seroprevalence data„), oder sogar nur 0,15 Prozent, wie der gleiche Forscher, den auch die überparteiliche und zuvor von allen gehypte Organisation, die Weltgesundheistsorganisation WHO in einem Bulletin publiziert hatte – Prof. John Ioannidis – jetzt schreibt („Reconciling estimates of global spread and infection fatality rates of COVID‐19: An overview of systematic evaluations„).

Es gab von Anfang an Kritik an der Coronapolitik. Allerdings nur auf Blogs und ganz selten in Zeitungen. Da die Deutschen aber stark obrigkeitshörig sind und gerne auf Autoritäten hören, braucht es bekannte Gesichter und Stimmen.

Also dauert es über ein Jahr, bis etwas Schwung in die Debatte kommt: Am 22. April 2021 starten die Homepage und der Hashtag #allesdichtmachen. Über 50 Schauspieler*innen, einige der prominentesten Tatort-Stars darunter (Jan Josef Liefers, Felix Klare, Ulrike Folkerts), zudem prominente jüngere Serien-Stars wie Volker Bruch oder Nina Gummich und Dutzende weitere. Die Hyperaffirmation der „Maßnahmen“ durchzieht alle Kurzclips.

Was kaum jemand erwähnt, ist folgende politische Positionierung der Kampagne #allesdichtmachen von Anfang an: Ganz unten auf der Homepage kann man klar und deutlich lesen

Übrigens: #FCKNZS

Am 6. Mai 2021 beschäftigt sich ein Artikel in der Tageszeitung Die Welt von Mladen Gladic kritisch mit der Kampagne des Berliner Tagesspiegels gegen #allesdichtmachen. Gladic stellt dar, wie unprofessionell der Tagesspiegel vorging, häufig mussten Formulierungen wieder zurückgenommen werden, so zum Beispiel das Adjektiv „antidemokratisch“ bei der näheren Bezeichnung der Aktivitäten des Arztes und Publizisten Paul Brandenburg von der Initiative 1-19, die sich aufs Grundgesetz bezieht. Wer sehen möchte, wie wissenschaftlich und journalistisch fragwürdig der Tagesspiegel arbeitet, schaue sich eine Diskussion über die Kampagne dieser Berliner Tageszeitung an, auf der Brandenburg neben der stellvertretenden Chefredakteurin Sauerbrey und dem Redakteur Huber sowie zwei weiteren Autoren, die nur zugeschaltet wurden, diskutiert.

Fehlende Eloquenz und mangelhaftes Faktenwissen kann man zumindest Brandenburg nicht vorwerfen. Was jedoch der Welt-Text von Gladic, bei aller notwendigen Kritik an der Agitation des Tagesspiegels verpasst, ist eine klare Distanz zur extremen Rechten. Denn mit Rechten spricht man tatsächlich als Demokrat nicht – und nur weil die ARD, das ZDF und der Mainstream seit 2013 die AfD in ihre Studios und TV-Talkshows eingeladen und in den großen Tageszeitungen zu Wort kommen ließ, wurde die extrem rechte und mit Rassismus, Holocaustverharmlosung und Stolz auf Deutschland operierende Partei so groß wie sie jetzt ist und seit 2017 sitzt sie auch wegen der Schützenhilfe der großen Medien im Bundestag. Gladic jedoch schreibt zum ach-so-offenen-und-libertären Gunnar Kaiser, einem bekannten Coronapolitik-Kritiker:

Eigentlich ist Gunnar Kaiser Studienrat, doch seit Jahren betreibt er auch „TV Kaiser“ auf YouTube. Seit Beginn der Pandemie fällt seine scharfe Opposition zu den Corona-Maßnahmen auf. Dabei überschreitet Kaiser rote Linien, fragte einmal auf Facebook, ob diejenigen Älteren, deren Überleben durch die Solidarität der Jüngeren gesichert würde, die gewonnenen Jahre überhaupt verdient hätten. Das zitiert der „Tagesspiegel“ ebenfalls. Aber auch, dass Kaiser ein Video mit dem österreichischen Identitären Martin Sellner gemacht habe, ist Thema: „Berührungsängste mit der extremen Rechten gibt es offensichtlich nicht“, schlussfolgert man, erwähnt allerdings nicht, dass es sich bei dem Streitgespräch um ein zwar freundliches, aber keineswegs einvernehmliches handelte (man kann es auf YouTube ansehen). Dass sich Kaiser mit Sellner gezeigt hat, nicht wie er ihm begegnet ist, wird skandalisiert. Diese Skandalisierung soll darauf vorbereiten, was im Weiteren über den Kaiser-Gast Brandenburg und Mitglieder von „1bis19“ zu lesen sein wird. Das Prinzip heißt Kontaktschuld und wiederholt den Kurzschluss des Innenministers Geisel: Wer sich mit Rechten zeigt, ist sehr wahrscheinlich selbst Extremist.

Nun: Es ist ein relevanter Unterschied, ob man – wenn man etwas naiv ist und sich vorab nicht erkundigt hat, wer zur Demo aufruft etc. – mit 10.000 oder 50.000 Menschen auf einer Demonstration läuft, wo an anderer Stelle – nicht direkt neben einem und klar ersichtlich – Nazis mitlaufen, eine kleine Minderheit, die eklig und gefährlich ist, oder ob man zu zweit in einer Interviewsituation sich befindet, selbst gewählt, und einen führenden rechtsextremen Aktivisten interviewt. Das gibt der extremen Rechten ein Forum, sie wird salonfähig und als seriöser Teil der Debatte betrachtet. Rechtsextremismus und Faschismus sind aber keine Meinungen, sondern Verbrechen und nicht diskutierbar. So wenig wie man mit iranischen Offiziellen über den Holocaust oder Israel diskutieren sollte, wenn man ein Demokrat ist.

Ich habe mehrere Jahre an einer Doktorarbeit geschrieben, die sich mit einem der wichtigsten Vordenker der Neuen Rechten befasst, Henning Eichberg. Ich hab mich logischerweise kein einziges Mal mit ihm getroffen, da diesen Fehler einige andere Wissenschaftler gemacht hatten und wenig über die neu-rechte Ideologie erforschen wollten, sondern über den Menschen berichteten, ihn als salonfähig darstellten. Daher der Titel meines Buches: „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ (Marburg: Tectum Verlag, 2007).

Wir wissen ob des verbalen und körperlichen Gewaltpotentials des Umfelds von Sellner, der Identitären Bewegung und dem Antaios Verlag, wie auf der Frankfurter Buchmesse 2017 erlebt werden konnte. Also trifft man sich nicht mit Typen wie Sellner, Kubitschek oder Höcke – das sollte unter Demokraten, man muss kein Antifa sein, Konsens sein. Dass es das nicht, ist, zeigen ARD, ZDF, die WELT und viele andere Medien seit Jahren.

Es gibt beim Thema Antisemitismus die unterschiedlichsten Koalitionen. Heute: der CDU-Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen, ehemals Chef des Bundesverfassungschutzes und die Partei Die Basis. Der eine verwendet antisemitische Codewörter oder dog whistles wie „Globalismus“ oder „Globalist“, die andere Gruppierung hat offenbar mitunter auch ein entspanntes Verhältnis zu antisemitischen Verschwörungsbewegungen wie QAnon bzw. Protagonisten der Partei treten in Filmprojekten auf, wo QAnon-Vertreter*innen auch vorkommen und manche besonders prominenten Parteivertreter insinuieren, dass es größere Verbrechen als Auschwitz gegeben habe bzw. aktuell gibt.

Maaßen und das Wort „Globalismus“: Antisemitische dog whistle

Maaßen hat die rassistische Pogromstimmung nach dem Tod eines Deutsch-Kubaners in Chemnitz Ende August 2018 verharmlost und das Wort „Hetzjagd“ für die belegte Hetzjagd („Hase, du bleibst hier“ sagte eine Frau zu ihrem Freund, der bei einem losstürmenden Mob offenbar mitmachen wollte) gegenüber als nicht-deutsch Kategorisierten abgelehnt. Das führte nach langem Abwiegeln von Seiten Horst Seehofers schließlich zu Maaßens Entlassung („Versetzung in den einstweiligen Ruhestand“) als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Maaßen hat immer wieder gegen „Globalisten“ und häufig auch  „Sozialisten“ agitiert. Z.B. im Januar 2021 auf Twitter:

In einem Beitrag für die Zeitschrift Telos aus den USA – die seit Jahrzehnten ihre anfangs linke Ausrichtung nach 1968 aufgab und zum Carl Schmitt Promoter in den USA avancierte und sich im Jenseits von links und rechts wähnt – schrieb Maaßen mit dem Achgut-Autor Johannes Eisleben im September 2020:

We must fear that, at the end of this development, we will find ourselves living in societies that are exactly the opposite of what our ancestors and we ourselves have fought for: undemocratic and totalitarian supranational systems. The socialist and globalist movements appear to be united in striving to do just that.

Diese völlig realitätsverzerrende Position sieht eine sozialistische Bewegung, die mit den bösen „Globalisten“ die Welt beherrschen will. Welche sozialistische Bewegung? Was fantasieren die beiden da?

Es gibt seit Jahrzehnten das Wort „Globalist“ und häufig haben nationalistische Kapitalistenkreise das Wort verwendet, um internationalistische Strukturen oder transnationale Netzwerke – wie die UN, große Konzerne oder auch NGOs unterschiedlicher Couleur etc. – zu attackieren. Doch seit einigen Jahren wurde das Wort „Globalist“ eindeutig zu einem Code-Wort für „Jude“. Das zeigt z.B. der Wortgebrauch von Neonazis wie David Duke aus Amerika. Im November 2016 schrieb der Autor Tylor Bridges, ein Biograph Dukes:

To catch Duke’s latest thinking, I listened to his radio show on Tuesday. I heard him express excitement about appearing at Dillard as well as lay out his long-standing conspiracy theories. I noted that since it’s an election season, he generally avoided mentioning Jews.

“America has been under control of globalist bankers and the global media,” he told listeners. “Unless we start to erode that criminal power … we don’t have any future.” Duke asked his supporters to contribute to his Senate campaign. He noted that one donor gave him $14.88. He didn’t note the significance. But I already knew that the number 88 has special resonance among neo-Nazis because the letter H is the eighth number in the alphabet and 88 represents “Heil Hitler.”

Mark Potok, a senior fellow at the Southern Poverty Law Center who has tracked Duke for years, told me that 14 refers to a 14-word slogan coined by a martyred white supremacist: “We must secure the existence of our people and a future for White children.”

Die israelische linke Tageszeitung Haaretz schrieb im Juli 2017 über Duke und die Worte „Globalism“ beziehungsweise „Globalist“:

The Southern Poverty Law Center notes that some of the videos on Duke’s YouTube channel include “How We Can Defeat Zio Globalism,” “The War on Christmas – New HD Version” and “Wicked Witch Osama and Wizard Obama.”

A 2013 video on the YouTube channel, highlighted by the Southern Poverty Law Center, is titled “CNN Goldman Sachs and the Zio Matrix.” Duke warns: “People are learning that globalist Zionist supremacism is the greatest single danger to the entire planet, to all human expressions of life and culture and heritage on the planet, to all nations and peoples who want to be free and independent.”

Die Publizistin und Politikerin der Grünen Marina Weisband dokumentiert auf Twitter, wie AfD-Politikerinnen wie die Bundestagsabgeordnete Joana Cotar, mit dem Wort „Globalist“ gegen als links vorgestellte Grüne wie Annalena Baerbock agitieren:

Der Achgut-Autor Dushan Wegner schreibt auf seinem eigenen Blog im Juni 2020 in der gleichen Diktion von „Globalisten“ und schafft es auch seinen regelrechten Hass auf die Antifa so zuzuspitzen, dass er Massenmörder wie die Islamisten des Islamischen Staats (IS) mit der Antifa analogisiert. Dabei bezieht er sich auf die Vereinten Nationen, die sich gegen den US-Generalstaatsanwalt wendeten, der die Antifa als „Terrororganisation“ disqualifizierte:

Die UN verteidigt die Antifa. Linke, anti-demokratische Gewalt, funktional den Globalisten sehr nützlich, wird als freie Meinungsäußerung verkauft, nicht nur von der UN – von denselben Leuten, die via Migrationspakt die Demokratie aushöhlen lassen.

Nun gibt es genug an der aktuellen Antifa zu kritisieren, ihre teilweise Beteiligung an antisemitischen BDS-Aufzügen wie am 1. Mai 2021 wieder in Berlin, ihre Randale in den USA, ihr Mackertum, das seit Jahrzehnten innerhalb der autonomen Szene diskutiert und kritisiert wird (nicht zuletzt deshalb gab und gibt es Frauen-Antifa-Gruppen, Fantifa). Aber darum geht es hier nicht, der Autor, der seit Jahren auf Achgut schreibt, verwendet gezielt das rechtsextreme Code-Wort von den „Globalisten“. Da lacht Donald Trump, der ja den Juden Gary Cohn 2018  aus seiner Regierung entlassen hat und die Begründung Trumps stammt direkt aus dem Arsenal des Antisemitismus:

This is Gary Cohn’s last meeting in the Cabinet, Trump said Thursday at the meeting. “He’s been terrific. He may be a globalist, but I still like him. He is seriously a globalist. There’s no question. In his own way, but you know what, he’s a nationalist. He loves our country.”

Damit unterstreicht Trump, dass auch ein Jude wie Cohn „unser Land liebt“, denn das ist ja der perfide und zutiefst antisemitische Vorwurf seit vielen Jahrzehnten, dass Juden nicht loyal seien zu ihrem jeweiligen Land und immer nur Israel und dem Judentum verbunden.

Nürnberg Prozesse, Nürnberger Kodex, Querdenken und Die Basis

In meinem Working Paper „Antisemitismus im Zeitalter von Corona“ schreibe ich am 31. Januar 2021, ich zitiere einen längeren Abschnitt, da er bis heute von einiger Relevanz ist:

Es wurde von Rednern auf der großen Bühne von Querdenken 711 am Großen Stern (Siegessäule) am 29. August der Austritt aus der NATO und der EU gefordert. Parallel dazu versuchten Hunderte Neonazis das Reichstagsgebäude zu stürmen, sie wurden von drei Polizisten abgedrängt. Der extrem rechte religiöse Agitator und Verschwörungsideologe Samuel Eckert, der den islamistischen Charakter des 11. September 2001 leugnet und geheime Mächte am Werke sieht, ist federführend bei der Querdenken-Bewegung mit dabei.[99] [Eckert wendet sich gegen George W. Bush, der nach 9/11 Verschwörungsmythen ablehnte und bezieht sich affirmativ auf die Verschwörungsideologen Daniele Ganser und Gerhard Wisnewski, „Samuel Eckert über 9/11, Corona, Wahrheit und Standhaftigkeit, Kurzversion von Reinhard Franz“, 20.08.2020, https://www.youtube.com/watch?v=yjZc_wYzRY8.]

Eckert und Schiffmann machten September 2020 eine „Bus-Tour“. Dabei wollten sie Flugblätter gegen die Coronapolitik verteilen und mit den Menschen auf der Straße ins Gespräch kommen, wie Schiffmann ankündigte.[100] [„Dr. Bodo Schiffmann und Samuel Eckert gehen für 2 -3 Wochen auf Tour – hier der Tourbus“, 17.09.2020, https://www.youtube.com/watch?v=hQA1dYKKLxM.]

In einem YouTube-Chat von Eckert mit Jürgen Elsässer vom Compact-Magazin und einem weiteren Verschwörungsideologen wie Oliver Janich nach den Demonstrationen vom 29.08.2020 wird deutlich,[101] [„BERLIN AFTERMATH – Live mit Jürgen Elsässer und Oliver Janich“, 31.08.2020, https://www.youtube.com/watch?v=9UAF84nwct8&app=desktop.]

dass sich hier eine rechtsextreme Bewegung ganz offen bildet. Janich hatte 2017 zur Wahl der AfD aufgerufen.

Elsässer feiert die „Reichsfahne“ des Nationalsozialismus, analogisiert sie wie im Trance mit der „Regenbogenfahne“ und attestiert ihr „Kultstatus“. Es würden jetzt „Hippies“ und andere die Reichsfahne tragen, die das früher nie getan hätten. Die Reichsfahne ist die offizielle Fahne des Nationalsozialismus, der verbrecherischsten Regimes, das es je auf Erden gab. Dass dieses Regime via dieser Fahne von dem engen Kreis um Querdenken-Gründer Michael Ballweg offen gefeiert wird und mit Eckert ein enger Kumpel oder Freund von Ballweg wie vom HNO-Arzt Bodo Schiffmann maßgeblich beteiligt ist, ist Grund zur Besorgnis. Die Stuttgarter Nachrichten berichten:

Dabei kommen immer wieder interessante Details zu Tage. Zum Beispiel heben Elsässer und Janich lobend hervor, dass sich Michael Ballweg öffentlich kritisch zum Zwei-Plus-Vier-Vertrag, mit dem die deutsche Wiedervereinigung außenpolitisch ermöglicht wurde, und der Souveränität Deutschlands äußert. ‚Das heißt, im Grunde hat auch Michael Ballweg so eine Stimmung befördert, was auch nicht schlecht ist, wenn man das Thema Souveränität endlich auf den Tisch packt‘, sagt Jürgen Elsässer. Im gleichen Atemzug stellt er erfreut fest, dass sich im Rahmen der Querdenken-Demonstrationen eine Art ‚Reichspopbewegung‘ herausbildet mit der Reichsflagge als Symbol für ein neues Lebensgefühl.[102] [Hannes Opel (2020): Im Stream mit Rechtsaußen. Wie nah sich Querdenker und Rechtsextreme sind, 02. September 2020, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.im-stream-mit-rechtsaussen-wie-nah-sich-querdenker-und-rechtsextreme-sind.0c8053c0-ba9c-4111-b8f8-ddc1ece47f9c.html.]

Die Stuttgarter Nachrichten ordnen das Gespräch der drei extrem rechten Aktivisten so ein:

Das gut eineinhalbstündige Interview wirft viele Fragen auf. Die allerdrängendste ist sicherlich: Wen meinen die drei Gesprächspartner, wenn sie ‚Wir‘ sagen? Für den Zuschauer muss es so erscheinen, als ob sie sich als Teil einer Bewegung verstehen und über gemeinsame zukünftige Aktionen diskutieren. Kommentieren wollten diese Frage gegenüber unserer Zeitung weder Michael Ballweg noch Samuel Eckert. Michael Ballweg verwies einzig darauf, dass das Gespräch nicht abgestimmt gewesen und von Samuel Eckert in Eigenregie geplant und durchgeführt worden sei. Ebenfalls unkommentiert ließen sie die Frage, warum eine Initiative wie Querdenken 711, die laut ihres Manifests das Grundgesetz verteidigen will, ihre Strategie mit Menschen abstimmt, die dieses Grundgesetz in Frage stellen.

Die Selbstverständlichkeit, mit der Neonazis mit ihren schwarz-weiß-roten Reichsflaggen, den Reichskriegsflaggen oder den antisemitischen Q-Symbol der QAnon-Bewegung und mit riesigen US-Flaggen den ganzen Tag über mit den bürgerlichen Demonstrant*innen mitlaufen konnten, ist schockierend. Auch der Agitator und Mit-Diskutant von Samuel Eckert Jürgen Elsässer und sein rechtsextremes und antisemitisch-verschwörungsmythisches Compact Magazin[103] [Paul Starzmann (2016): Wie das „Compact“-Magazin antisemitische Klischees bedient, 09.09.2016, https://www.vorwaerts.de/artikel/compact-magazin-antisemitische-klischees-bedient; Kevin Culina/Jonas Fedders (2016): Im Feindbild vereint. Zur Relevanz des Antisemitismus in der Querfront-Zeitschrift Compact, Münster: edition assemblage.]

waren mit Q-Symbol auf einem kleinen Fähnchen auf der Demo mit dabei.

Soweit der längere Abschnitt aus dem Working Paper von Januar 2021.

Samuel Eckert wiederum ist ein Kumpel von Markus Haintz, einem Anwalt, der jetzt für die Partei Die Basis antritt, beiden tauchen laut Ankündigung des Filmes „Planet Lockdown“ zusammen mit Bodo Schiffmann im Film auf bzw. wurden als ‚Experten‘ zur Vorbereitung für den Film interviewt. Die sicher durchaus heterogenen Vertreter*innen der Partei Die Basis wie Haintz, Köhnlein, Wodarg mögen Teil der „Schwarmintelligenz“ sein, doch dann gehören dazu eben auch recht direkte Verknüpfungen von Haintz via Samuel Eckert zu Jürgen Elsässer und der extrem rechten Polit-Szenerie. Die „Schwarmintelligenz“ der Basis wird gleich noch größer, wie wir am Beispiel des geplanten Filmes „Planet Lockdown“ sehen werden.

Der „Coach“ Uwe Alschner ist ebenfalls ein Corona-Maßnahmen-Kritiker. Er bezieht sich in einem Text vom 4. Mai 2021 unter anderem auf die amerikanische Publizistin Catherine Austin Fitts und hat einen Beitrag von ihr übersetzt, den er unter folgender Überschrift publiziert hat:

Was in Nürnberg vor Gericht stand, verblasst vor dem, was heute geschieht.

In diesem Artikel heißt es bezüglich der Corona-Impfung:

Wenn man sich die Todesfälle und die Nebenwirkungen ansieht und das Versagen, eine echte Zustimmung nach Vorheriger Aufklärung zu gewährleisten, dann reden wir hier über die größten Verstöße gegen den Nürnberger Kodex in der Geschichte. Heute. Wer auch immer am Ende des Zweiten Weltkriegs vor Gericht gestellt wurde, kann dem, was jetzt passiert, nicht das Wasser reichen…(Herv. CH)

Das ist eine unerträgliche Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus.

Catherine Austin Fitts taucht wie einige deutsche Protagonisten der Coronapolitik-Kritik-Szene in einem angekündigten Film mit dem Namen „Planet Lockdown“ auf, darunter sind Reiner Füllmich, Markus Haintz/Samuel Eckert/Bodo Schiffmann, Claus Köhnlein, Sucharit Bhakdi, Knut Wittkowski (der in den USA lebt) und Wolfgang Wodarg. Offenbar gibt es den Film noch nicht, aber lange Interviews mit den Informationsgeber*innen oder Protagonist*innen des Films sind bereits online verfügbar. Somit wissen die jeweiligen Protagonist*innen auch, wer sonst in dem Film oder als Stichwortgeber*in für den Film auftaucht und herangezogen wird.

Über Köhnlein schrieb die FAZ schon im Jahr 2010:

Dass sie damit offenbar einen Nerv der Zeit treffen, beweisen erfolgreiche Bücher wie „Virus-Wahn“ von dem Journalisten Torsten Engelbrecht und dem Arzt Claus Köhnlein. „Vogelgrippe (H5N1), Sars, BSE, Hepatitis C, Aids: Wie die Medizin-Industrie ständig Seuchen erfindet und auf Kosten der Allgemeinheit Milliarden-Profite macht“ lautet der Untertitel des Werks, das Ängste schüren will bei denjenigen, die ohnehin schon an der Schulmedizin zweifeln. Die Autoren kommen „wissenschaftlich“ daher, unterschlagen aber aktuelle Daten, zitieren und übersetzen aus dem Englischen fehlerhaft, verschweigen neue Studien und Untersuchungen.

Stattdessen greifen sie Verschwörungstheorien auf, die seit Jahrzehnten kursieren, und wiederholen sie gebetsmühlenartig: Aids sei gar keine sexuell übertragbare Krankheit, sondern werde durch die „Sex-Droge Poppers“ verursacht. Und die Spanische Grippe 1918/1919 sei nicht etwa auf ein Influenzavirus zurückzuführen, sondern sei durch „Übermedikamentalisierung und massive Impfkampagnen“ hervorgerufen worden. Dass es zur damaligen Zeit keinen Grippeimpfstoff gab, ignorieren die Impfgegner einfach.

Fitts scheint ernsthaft an eine Weltverschwörung zu glauben, ihr Fokus liegt dabei auf der „Finanzindustrie“ – ein ganz tradionelles antijüdisches Ideologem. Die für Verschwörungsmythen offene Seite Rubikon hat im Januar 2021 ein Interview von ihr teilweise übersetzt („Redaktionelle Anmerkung: Dieses Interview erschien zuerst unter dem Titel „Planet Lockdown“. Es wurde von Ullrich Mies im ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und gekürzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert. Dieser Text erschien zuerst in Demokratischer Widerstand Nr. 35″), wo es heißt („Planet Lockdown. Die Zentren der Macht wollen die Menschheit mit den Mitteln des Transhumanismus in eine neue Phase technikgestützter Sklaverei führen“):

Fitts bietet in diesem Interview eine umfassende Sicht auf den weltweiten Lockdown-Terror. Vor allem weist sie darauf hin, dass die Corona-„Pandemie“ inszeniert wurde, um das Finanzsystem neu zu strukturieren. (…)

Es gibt noch andere Theorien, warum Menschen die komplette Kontrolle haben wollen: In Anbetracht der Schwierigkeit, eine immer größer werdende Bevölkerung zu ernähren und zu managen, wenn jetzt eine Biotechnologie Mr. Global (Fitts Spitzname für das Komitee, das die Welt regiert, Anm. d. Übersetzers) erlaubt, 150 Jahre zu leben, kann man das nicht geheim halten. Warum also nicht die Bevölkerung reduzieren, Roboter integrieren, Robotik für alles verwenden? Dann kann man sehr wohlhabend und luxuriös leben, ohne all die Management-Kopfschmerzen. (Herv. CH)

Ebenso problematisch in dem geplanten Film „Planet Lockdown“ ist das Auftreten bzw. Heranziehen von Carrie Madej als Teil des Filmprojekts, mit ihr gibt es auch ein Interview. Sie ist in den USA für das Verbreiten von antisemitischen Verschwörungsmythen der QAnon-Bewegung berüchtigt („The QAnon Doctor Pushing Wild Conspiracies About the COVID Vaccine. Dr. Carrie Madej spoke at the Capitol riots Wednesday and called the COVID vaccine a „witches‘ brew.“).

Am 3. September 2020 postete sie folgenden Tweet und bezieht sich auf „Pizzagate“:

Die Haupterzählung bezieht sich auf eine Pizzeria, wo die böse Elite, angeführt von Hillary Clinton, Kinder misshandle. Pädophilie ist ein bekanntes Skandal-Thema von vielen extremen Rechten weltweit, die meistens Linke, Liberale, Grüne, die Elite oder geheime Mächte verantwortlich machen. Von geheimen Mächten zu Juden ist es nur ein Schritt, die ungeheuerliche Macht der Verbindung von Antisemitismus und Verschwörungsmythen ist ungebrochen. Solche Verschwörungen sind die Erben der Protokolle der Weisen von Zion von Anfang des 20. Jahrhunderts.

Vom Pizzagate von 2016 zur QAnon-Bewegung seit 2017 ist es somit nur ein Schritt. Der Guardian berichtet:

“QAnon” is a baseless internet conspiracy theory whose followers believe that a cabal of Satan-worshipping Democrats, Hollywood celebrities and billionaires runs the world while engaging in pedophilia, human trafficking and the harvesting of a supposedly life-extending chemical from the blood of abused children. QAnon followers believe that Donald Trump is waging a secret battle against this cabal and its “deep state” collaborators to expose the malefactors and send them all to Guantánamo Bay.

There are many, many threads of the QAnon narrative, all as far-fetched and evidence-free as the rest, including subplots that focus on John F Kennedy Jr being alive (he isn’t), the Rothschild family controlling all the banks (they don’t) and children being sold through the website of the furniture retailer Wayfair (they aren’t). Hillary Clinton, Barack Obama, George Soros, Bill Gates, Tom Hanks, Oprah Winfrey, Chrissy Teigen and Pope Francis are just some of the people whom QAnon followers have cast as villains in their alternative reality.

In einer Anfrage an die Bundesregierung zu QAnon-Bewegung heißt es in einer ersten Antwort im November 2020:

Vorbemerkung der Bundesregierung: Bei „QAnon“ bzw. „Q“ handelt es sich um eine Verschwörungstheorie, die in den USA entstanden ist und dort anscheinend über eine breite Anhängerschaft verfügt. Der Urheber der „QAnon“-Theorie veröffentlichte erstmalig im Oktober 2017 auf dem Image-board „4chan“ vermeintlich exklusive Informationen, wonach Donald Trump einen internen Krieg gegen den „Deep State“, also verborgene Eliten in hohen und höchsten Regierungsämtern und gesellschaftlichen Positionen, führe. Die Bezeichnung „Q“ stammt aus der Anlehnung an die „Q Clearance“, die höchste Freigabestufe für geheime Informationen des US-Energieministeriums, die der anonyme Urheber der Postings angeblich besitzt. „Anon“ ist wiederum die Abkürzung für Anonymous. Beim Autor handele es sich, so die öffentlich verbreitete Darstellung, um einen hochrangigen Regierungsbeamten oder einen Kreis solcher, der darüber informieren möchte, dass Donald Trump vom US-amerikanischen Militär auserkoren sei, um einen von Geheimdiensten geführten internationalen Pädophilenring zu zerschlagen.

Zwar weise das Compact Magazin von Jürgen Elsässer offenen Antisemitismus im Zuge der QAnon-Verschwörungsideologie zurück, doch andererseits promotet die Zeitschrift das Q von QAnon:

Auffällig ist darüber hinaus, dass sich die „Compact-Magazin GmbH“ bemüht, das der „QAnon“-Verschwörungstheorie als Erkennungszeichen dienende Emblem „Q“ zum Symbol der „Querdenken“-Bewegung umzufunktionieren. Dementsprechend prangte „Q“ bereits auf dem Cover einer Ausgabe des „Compact Magazins“ (Nr. 09/2020), in der über die „Querdenken“-Bewegung und die von ihr initiierten und zu großen Teilen geprägten Demonstrationen gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen berichtet wurde. Über ihren Webshop bietet die „Compact-Magazin GmbH“ zudem entsprechende „Q“-Buttons an.

Weiter antwortet die Bundesregierung:

Die „QAnon“-Verschwörungstheorie findet auch in Teilen der rechtsextremistischen Szene und im Milieu der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ Resonanz. Anknüpfungspunkte für rechtsextremistische Ideologeme bietet die zuweilen mit der „QAnon“-Verschwörungstheorie verbundene Behauptung, die handelnden Eliten des „Deep State“ seien „Linke“, jüdischen Glaubens oder von Juden gesteuert.
Das Milieu der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ zeigt eine große Affinität zu Verschwörungstheorien. Inhalte der „QAnon“-Verschwörungstheorie werden insofern auch durch „Reichsbürger und Selbstverwalter“ rezipiert und verbreitet. Zuletzt fiel in verschiedenen Zusammenhängen auf, dass bekannte „Reichsbürger und Selbstverwalter“ das Motto „WWG1WGA“ („Where we go one, we go all“) für sich nutzen, das mit „QAnon“ assoziiert wird.

Ein weiterer sehr auffallender Aspekt in der Coronamaßnahmen-Kritiker*innen-Szene ist das Herumfuchteln mit „Nürnberg“, den Nürnberger Prozessen (also den Hauptkriegsverbrecherprozessen und den Ärzteprozessen) sowie dem damit zusammenhängenden Nürnberger Kodex. 2007 berichtete das Ärzteblatt über sehr bedenkliche Aufweichungen des Kodex:

Der Nürnberger Kodex wirkt bis heute nach. Vor allem die ethischen Erklärungen des Weltärztebundes nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch noch die Bioethikkonvention des Europarats aus dem Jahr 1999 haben sich damit auseinandergesetzt. Beschränken wir uns auf den Weltärztebund. Das Genfer Ärztegelöbnis von 1948, der Internationale Kodex medizinischer Ethik von 1949 und schließlich die Deklaration von Helsinki aus dem Jahr 1964 stimmen in der Intention mit dem Nürnberger Kodex weitgehend überein. Dessen beherrschende Grundsätze sind: Maßgeblich für die medizinische Forschung ist der Nutzen für den Patienten. Jeder Patient/Proband muss vom beteiligten Arzt umfassend aufgeklärt werden. Es darf keine unnötige oder gar willkürliche Forschung am Menschen geben.
Auffallend sind nicht nur die Gemeinsamkeiten, sondern auch die Abweichungen, die sich im Laufe der Zeit eingeschlichen haben. Denn die Grundsätze von Nürnberg erwiesen sich für manchen Forscher offenbar als zu streng und für manche Forschungsabsicht als hinderlich. Und so hat sich vor allem die Deklaration von Helsinki erheblich gewandelt, ja in der aktuellen Version von 2004 ist die Ursprungsfassung von 1964 kaum noch zu erkennen.

Schon das zeigt, dass Corona in dieser Hinsicht nicht gänzlich neu ist, obwohl die enorm kurze Zeit für die Entwicklung des Impfstoffes sicher große Fragezeichen aufwirft. Aber die Pharmaindustrie und andere Kreisen sind seit Jahrzehnten dabei, den Nürnberger Kodex aufzuweichen. Daher resümierte auch das Ärzteblatt:

Mag sein, dass in Deutschland solche Fragen kritischer gesehen werden als anderswo, wie unlängst der Generalsekretär des Weltärztebundes, Otmar Kloiber, meinte: „Das hängt natürlich auch mit unserer Geschichte, der medizinischen Forschung während der Nazizeit zusammen.“ Eben. Deshalb kam es ja zu dem Nürnberger Kodex.

In den Nürnberger Ärzteprozessen ging es um den Massenmord an Behinderten, um Menschenversuche und medizinische Experimente in Konzentrationslagern.

Selbst der schärfste Kritiker einer Corona-Impfung darf niemals KZs und Menschenversuche, geplanten Mord an Behinderten in der T4-Aktion mit heutiger Impfpolitik vergleichen. Das verharmlost nicht nur die Verbrechen der Deutschen, das negiert die Einzigartigkeit auch dieser industriell betriebenen medizinischen Verbrechen. Zudem war ein Großteil der beteiligten Ärzte auch insgesamt an den Verbrechen der Deutschen im SS-Staat beteiligt, insbesondere am Holocaust.

Die Verbrechen gegen die Menschheit, für die Auschwitz und die Shoah stehen, werden von einem anderen führenden Protagonisten der Coronapolitik-Kritiker-Szene in ihrer Einzigartigkeit offen in Frage gestellt.

Auch hierzu habe ich bereits im Januar 2021 in meinem bereits zitierten Working Paper geschrieben. Die folgenden Abschnitte sind mindestens so aktuell wie im Januar 2021:

Es gibt seit Sommer 2020 einen sogenannten Corona-Untersuchungsausschuss einer Gruppe von vier Rechtsanwält*innen um die Berlinerin Viviane Fischer.[110] [https://corona-ausschuss.de/.]

Der bekannteste Vertreter der Gruppe ist der Anwalt Dr. Reiner Füllmich, der sowohl in den USA als auch in Deutschland arbeitet. Der unabhängige Corona-Untersuchungsausschuss hat dutzende Sitzungstage durchgeführt, wo stundenlang Zeug*innen gehört wurden und die unterschiedlichsten Aspekte der Corona-Krise kritisch beleuchtet wurden. Eine Analyse dieser Sitzungen wäre eine eigene Studie wert, da dort viele unbekannte Fakten auf den (virtuellen) Tisch gelegt wurden und viele medizinische und andere Expert*innen Gehör fanden, die im Mainstream nicht zu Wort kommen.

Das ganze kulminierte dann in einer Klage gegen den PCR-Test von Christian Drosten, die Füllmich in den USA einreichen will. Schon zuvor, in einem Video, hochgeladen am 1. Oktober 2020 auf dem Kanal von Reiner Füllmich („106.000 Abonnenten“) mit dem Titel „Money Talks V – Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ (746.206 Zugriffe, Stand 20.01.2021) sagt Reiner Füllmich:

„Und ich erkläre Ihnen auch, warum sich dieser Skandal zum wohl größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit entwickelt hat. Ein Straftatbestand, welcher erstmals im Zusammenhang der Nürnberger Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher des Dritten Reiches definiert wurde und heute im Völkerstrafgesetzbuch Paragraf 7 geregelt ist.“

Das ist eine antisemitische Leugnung der Einzigartigkeit der Shoah. Das perfide Wörtchen „wohl“ suggeriert, dass sich der Sprecher nicht ganz sicher ist, ober der Holocaust, etwas anderes oder doch die Coronapolitik das „größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ ist. Der Holocaust ist demnach nicht definitiv das größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wenn die Corona-Politik im weitesten Sinne, um die geht es hier, als „wohl größtes Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ präsentiert wird.

Das sind nur ein paar wenige, aber doch bezeichnende Einblicke in führende Protagonisten der neuen Partei Die Basis. Abschließend noch ein Basis-Vertreter, David Claudio Siber. Wiederum zitiere ich aus meinem Working Paper:

Einer der Redner auf der Bühne am Großen Stern in Berlin war der bis dato Grünen-Lokalpolitiker David Claudio Siber aus Flensburg.[95]  [https://david-claudio-siber.de/#home.]

Was er jedoch einige Wochen später auf einer anderen Kundgebung sagte, zeigt, was für ein anti-linkes, anti-kommunist­isches und anti-antifaschistisches Unverständnis von Begriffen in diesem Milieu vorherrscht:

Ein aktuelles Beispiel ist der Begriff ‚Antifaschismus‘. Viele Menschen wissen nicht, dass dieses Narrativ überhaupt nichts mit Anti / Faschismus zu tun hat. Es bedeutet nicht, dass man gegen Faschismus ist, denn darum geht es gar nicht dabei. Antifaschismus ist eigentlich in Wahrheit eine Erfindung von Josef Stalin und war einzig und allein dazu da, die Deutungsmacht über Meinungen und Handlungen des Gegenübers zu erzwingen.[96] [„Rede von David Claudio Siber in Konstanz“, 04.10.2020, http://dschneble.tssd.de/blog/?p=8938#
more-8938
.]

Es sei also vor 1933, als der antifaschistische Kampf gegen die Nazis und die SA-Mörder auf den Straßen der Weimarer Republik versuchte, die Machtübergabe an die NSDAP zu stoppen, gar nicht um Faschismus gegangen, sondern um eine „Deutungsmacht“? Das ist so ahistorisch[97] [Dirk Gerhard (1976): Antifaschisten. Proletarischer Widerstand 1933–1945, Berlin: Wagenbach.]

und ohne jede wissenschaftliche Fundierung, dass man sich die Augen reibt. Die Kritik an den Maskenanhänger*innen der Antifa ist das eine, eine so unwissenschaftliche Nicht-Definition von Faschismus und Antifaschismus von Siber jedoch vollkommen desolat und indiskutabel.

Resüme

Die Wörter „Globalist“ oder „globalistisch“ sind antisemitisch konnotiert. Sie insinuieren eine kleine Gruppe von Herrschenden, die zudem meist mit der finanzkapitalistische Sphäre verbunden werden, dem internationalen Handel. Der Weg zur Nazi-Ideologie von „raffendem“ versus „schaffendem“ Kapital – also eine kapitalistisch-antisemitische Ideologie, ist nicht sehr weit. Bei Rechten seit jeher sehr beliebt ist auch die Verknüpfung von Marxismus und Juden, Codewörter sind heute „Kulturmarxismus“ oder die Verknüpfung von „Bolschewismus“ mit anderen Worten, es muss nicht der zu eindeutige Begriff der „jüdisch-bolschewistischen“ Revolution sein, auch Abwandlungen genügen, um von den Adressaten verstanden zu werden.

Die Coronapolitik der Bundesregierung und der Landesregierungen ist nicht evidenzbasiert, sie ist in weiten Teilen verfassungswidrig (das wird sich noch zeigen, juristisch), autoritär, willkürlich und vor allem extrem gefährlich für die Gesundheit der Menschen. Hieß es Anfangs noch, das Gesundheitssystem dürfe nicht überlastet werden – was schon im März 2020 eine Lüge war, Spahn weiß das, weil das System die Jahre zuvor in Grippezeiten schon oft am Limit war -, dann ging es um das Wohl der Omas und Opas. Doch die Alten wurden zumal in den Altersheimen weggesperrt und viele wurden erst durch die Isolation krank, nicht durch Corona. Und selbst jene, die Corona bekamen, waren durch die Isolation und keinen Besuch so geschwächt, dass das Virus es noch leichter hatte. Corona kann also gefährlich werden, es ist ein gefährliches Virus – allerdings nur für sehr bestimmte Gruppen, sehr alte und vorerkrankte Menschen.

  1. Kritik an der Coronapolitik-Kritik ist not-wendig.
  2. Das Klatschen fast aller Politiker*innen und der Medien zu juristisch, politisch, sozial, ökonomisch und medizinisch höchst problematischen „Maßnahmen“ ist einer der größten Skandale in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
  3. Die Herrschaft der Exekutive ist ein nie dagewesener Zustand in einer Demokratie.
  4. Selbst das Robert Koch-Institut hat Corona mit „schweren Influenzawellen“ verglichen, die Infektionssterblichkeit (IFR) von 0,15 bis 0,23 Prozent untersteicht dies – lag doch laut RKI die IFR 1969/70 bei der Hongkong-Grippe in Deutschland bei 0,29 Prozent.
  5. Es gibt eine Reihe von führenden Coronapolitik-Kritiker*innen, die selbst verschwörungswahnwichtelmäßig denken oder Verschwörungsmythen teilen und promoten.
  6. Viele dieser bekannteren Verschwörungsideologen leugnen die islamistische Täterschaft von 9/11, fabulieren sowohl beim 11. September als auch bei Corona vom „deep state“.
  7. Wer sich impfen lassen will, soll das tun – es darf aber niemals eine Pflicht werden!
  8. Wer eine Maske tragen will, solange die Pandemie offiziell nicht beendet ist, kann das tun und somit seine oder ihre Panikversessenheit dokumentieren – aber es hätte niemals Pflicht sein dürfen, gesunde Menschen zu zwingen, eine nicht sich selbst noch andere schützende Maske zu verwenden, zumal im Freien, aber auch in Innenräumen. Wer nicht mindestens 15 Minuten ohne Maske mit einer Person vis-à-vis redet UND selbst krank ist, kann sie nicht anstecken, so der Forschungsstand.
  9. Es hätte niemals ein nicht für die Diagnose einer Krankheit entwickelter Test wie der PCR-Test angewandt werden dürfen und mit diesen wissenschaftlich höchst problematischen Zahlen die größte Massenpanik seit 1945 hervorzurufen und brutale Maßnahmen wie Schließungen fast des gesamten öffentlichen Lebens und Quarantäne mit teils brutaler Polizeigewalt durchzusetzen.
  10. Es braucht eine demokratische, linke Kritik der Coronapolitik. Weite Teile der aktuellen Coronapolitik-Kritiker*innen sind dafür nicht zu haben.

 

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