Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Madagaskar

Vor zwei Jahren sollte eine Impfpflicht gegen Corona beschlossen werden – die Demokratie am Abgrund des Irrationalismus

Von Dr. phil. Clemens Heni, 7. April 2024

Heute vor zwei Jahren wurde im Deutschen Bundestag über die Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 beziehungsweise „Corona“ abgestimmt. Von den 736 Mitgliedern im Deutschen Bundestag stimmten 296 mit Ja und 378 mit Nein. Nahezu die kompletten Fraktionen der Regierungsparteien SPD und Grüne stimmten dafür, nur die FDP scherte aus, von ihren 92 Mitgliedern im Parlament stimmten nur 5 für den Antrag.

Die gewollte und nur durch parteipolitisches Geplänkel der CDU/CSU-Fraktion verhinderte Impfpflicht stellte den negativen Höhepunkt einer bis dahin mehr als zwei Jahre währenden irrationalen, nicht evidenzbasierten, unwissenschaftlichen und antidemokratischen bis totalitären Coronapolitik dar.

Erinnern wir uns: Das Virus SARS-CoV-2 kann eine gefährliche Krankheit auslösen, Corona, die in schlimmeren Fällen mit Atemnot einhergehen und bei vorerkrankten und vor allem alten Menschen auch tödlich verlaufen kann. Die Infektionssterblichkeit jedoch ist alles andere als erschreckend oder neuartig oder gar dramatisch, sie bewegt sich von Anfang an, seit März 2020, zwischen 0,10 und 0,37 Prozent.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) publizierte im Oktober 2020 ein Bulletin eines der weltweit führenden Epidemiologen, Prof. John P A Ioannidis. In dieser wissenschaftlichen Grundlagenarbeit wird die Infektionssterblichkeit von SARS-CoV-2 mit durchschnittlich 0,23 Prozent beziffert.

Die Grippe oder Influenza hatte in der Grippewelle 1968/70 in der alten BRD und der DDR eine Infektionssterblichkeit (IFR, Infection Fatality Rate) von 0,29 Prozent, so das Robert Koch-Institut (RKI). Es gab 1968/70 sicher ganz andere Probleme und Krisen als diese Grippewelle, Stichwort Notstandsgesetze, Vietnam-Krieg, die 68er-Bewegung. Keine Masken, keine Lockdowns, keine Impfpflicht, nichts.

Das RKI, das ja der Taktgeber der unsagbar irrationalen und unwissenschaftlichen, antidemokratischen Coronapolitik war, verglich im Februar 2021 Corona oder die von dem Virus SARS-CoV-2 ausgehende Krankheit mit einer „schweren Grippewelle“. Das schreiben Mitarbeiter*innen des RKI in einem Artikel im Ärzteblatt am 3. Februar 2021:

Die Analyse der Übersterblichkeit legt aber nahe, dass die COVID-19-Pandemie am Ende des Jahres 2020 etwa das Niveau schwerer Influenzawellen erreicht hat.

Das war jedoch ein fachwissenschaftlicher Aufsatz, der sich in keinster Weise in der Panik getriebenen Rede des RKI-Chefs Lothar Wieler, dem Tierarzt, widerspiegelte. Doch man sollte festhalten, dass es zumindest auch seriöse Forscher*innen am RKI gibt.

Dass Masken gar nichts bringen zeigen unendlich viele Beispiele. Nehmen wir Schweden, wo es zu keinem Zeitpunkt eine Maskenpflicht gab. Und Schweden hatte in den Jahren 2020 und 2021 eine viel geringere Übersterblichkeit als Deutschland, das wahnsinnige Maskenland, auch das hat die WHO erforscht.

Wenn wir zum Beispiel die von den Medien geliebte Virologin Melanie Brinkmann nehmen und schauen, was sie noch 2023 einer Zeitung sagte, merkt man wie wenig Fachwissen da vorhanden ist und wie unglaublich arrogant und wirklich dummdreist da bis heute geredet wird:

„War es andererseits richtig, Patienten in den Kliniken sterben zu lassen, ohne dass sie sich von ihren Verwandten verabschieden konnten?

Brinkmann: Die Wahl zwischen Pest und Cholera. Es war dramatisch, wie viele Menschen an Corona gestorben sind, als wir noch keine Impfstoffe hatten, und wie viele auch alleine in dieser Zeit sterben mussten. Hätten wir die Virusverbreitung nicht eingedämmt, wären aber noch viel mehr Menschen gestorben“

Wie oben zitiert, sagte das RKI über die Sterbefälle im Herbst und Winter 2020/21, dass die Todeszahlen denen einer „schweren Grippewelle“ ähneln würden, nichts Besonderes also. Tödlich für manche, aber für die Gesamtgesellschaft nichts Außergewöhnliches, mit dem Unterschied vielleicht, dass eine Grippe alle Altersgruppen betreffen kann, Corona fast nur Menschen über 70 mit Vorerkrankungen, das zeigen alle verfügbaren Zahlen.

Es war überhaupt nicht dramatisch, wie viele Menschen an Corona gestorben sind, wenn selbst ein zentraler Player, ja das Racket der Panikindustrie schlechthin wie das Robert Koch-Institut zugeben musste, Anfang Februar 2021, dass Corona einer schweren Grippe gleicht. Punkt.

Und dann kamen die Impfstoffe, die wie ein Wundermittel wirken sollten. Das war bereits im Dezember 2020 in den USA. Doch nur jene wirklich wissenschaftlich arbeitenden Forscher*innen wussten von Anfang an, dass die Impfstoffe überhaupt nicht daraufhin getestet wurden, ob sie eine klinische oder sterile Immunität bieten können.

1 Definition: Als klinische Immunität bezeichnet man eine Form der Immunität, bei der ein Schutz vor dem Ausbruch bzw. den Symptomen der Krankheit besteht. Klinische Immunität wird durch Impfungen erzielt.

2 Hintergrund: Bei der klinischen Immunität kann eine Person vom betreffenden Krankheitserreger infiziert werden, das Immunsystem hält den Erreger jedoch soweit in Schach, das die Krankheit nicht manifest wird. Der Infizierte kann den Erreger – im Gegensatz zur sterilen Immunität – jedoch weitergeben.

Es gibt Millionen von geimpften Personen, die an Corona erkrankten, vorneweg Klabauterbach, wie wir alle wissen.

Die Corona-Impfung hat überhaupt keine Rolle gespielt bei der Verhinderung der Übertragung des Virus, jede und jeder einzelne Geimpfte konnte das Virus genauso lange und intensiv an andere übertragen wie in ein nicht gegen SARS-CoV-2 geimpfter Mensch. Das zeigte schon frühzeitig im Sommer 2021 (die im November 2021 publiziert wurde) eine höchst offizielle Studie aus den USA, die in einem Gefängnis durchgeführt worden war.

Der Präsident des australischen Verbands der Mediziner Omar Korshid sagte schon im März 2021 im Fernsehen, dass die Impfung die Übertragung des Virus nicht verhindere. Man konnte es also wissen. Aber niemand in der politischen, wissenschaftlichen und medialen Elite oder bei NGOs und der breiten Masse der Bevölkerung wollte es wissen.

So agitierte der Journalist Jan Feddersen, der sich auch gegen Antisemitismus engagiert wie in einem Gespräch mit den beiden Antisemitismusforschern Lars Rensmann und Ingo Elbe, im November 2021 gegen den denkenden Teil der Bevölkerung, der nicht gentherapiert war:

Besser als eine Impfpflicht wäre der Verzicht auf Augenzwinkerei bei der 2G-Regel. Dass nötigenfalls Passagiere eines ICE aus dem Zug geworfen werden, wenn sie sich nicht als 2G ausgewiesen haben; in Bussen, U- und S-Bahnen können die impfungeschützten Co­ro­na­schleu­de­r*in­nen dann auch nicht mehr fahren. Wer sich in Züge und Abteile hineinmogelt, muss mit hohen Geldstrafen rechnen. Wer das kontrollieren soll?

Ist doch klar: Polizei, Ordnungsämter – und auch die beschäftigungsarmen Leute der Bundeswehr. Es herrscht Notstand, also dürfen sie das. Das Larifari des Any­thing goes muss ein Ende haben.

Man sieht da, was für ein autoritärer Charakter zum Vorschein kommen kann, wenn es einen „Notstand“ gibt. Feddersen hat überhaupt keine Ahnung davon, dass es sich nicht um eine Impfung im herkömmlichen Sinn handelt. Er will gar nicht wissen, ob Geimpfte weniger ansteckend sind oder nicht. Er setzt das einfach, bar jeder wissenschaftlichen Kenntnis.

Feddersen hätte auch mich persönlich aus dem ICE geworfen, dabei habe ich logisch seit März 2020 keinen Fuß in einen deutschen Zug gesetzt, da allein schon die Maskenpflicht für einen denkenden Menschen, der sah, wie sie in Holland ohne Maskenpflicht auch nicht wie die Fliegen starben, sondern putzmunter waren, eine irrationale Zumutung darstellte. Daher blieben nur das Fahrrad und das Auto, klar.

Solche Persönchen wie Feddersen haben Ihnen und mir das Leben speziell im Herbst und Winter 2021/22 zur Hölle gemacht, wenn wir nicht gerade in Schweden uns erholen konnten von den deutschen wahnsinnigen und totalitären Zuständen.

Es gibt kein Vergessen und kein Vergeben. Denn es wurde vorsätzlich brutal, irrational und unwissenschaftlich gehandelt, gerade von Ärztinnen und Ärzten, die mit zu den schlimmsten gehörten von den Zeugen Coronas. Die Journalistin Sabine Rennefanz kann nicht verzeihen:

Während ich die Diskussion verfolgte, kam alles hoch. Meine Mutter, das Besuchsverbot. Ich suchte das letzte Bild heraus und schaute es an. Meine Mutter war eine offene, redselige Person gewesen, eine Kümmerin. Zwei Tanten und einen Onkel hatte sie zu Hause gepflegt, sie hatte ihnen die Hand in den letzten Stunden gehalten. Es war bitter, dass ihr eigenes Leben so anders enden musste.

Auch ich kann nicht verzeihen. Meinen Freund und wunderbaren, kritischen und sensiblen Autor der Edition Critic Wolfgang Brosche durfte ich von November 2021 bis zu seinem tragischen und vermeidbaren Tod im April 2022 nicht mehr besuchen, entweder herrschte totales Besuchsverbot oder die totalitäre oder coronafaschistische 2G-Regel.

Die Verantwortlichen in jenem Krankenhaus in Bielefeld haben die Forschung zur „Impfung“, die eine Gentherapie ist, die weder eine sterile noch eine klinische Immunität gibt, ignoriert. Sie haben sie vorsätzlich ignoriert. Solche Menschen machen nicht nur mir Angst, sondern viele Millionen Menschen haben vor solchen Zero-Covid-Faschos Angst.

Und diese Angst ist berechtigt, weil sie wissenschaftlich, empirisch verifiziert ist. Es war ein irrationales und willkürliches Verhalten von Krankenhäusern und Alten- wie Pflegeheimen. Viele Tausend Menschen sind elendig alleine gestorben und dafür sind die jeweiligen Leiterinnen und Leiter von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen jeweils persönlich verantwortlich, auch wenn solche Leute sicher so etwas wie ein Gewissen nicht besitzen.

Und diese Ignoranz führte zum Tod vieler Menschen. Sozialer Kontakt ist für Schwerkranke äußerst wichtig. Dabei war Wolfgang Brosche noch nicht einmal tödlich erkrankt, am Schluss waren es gleich mehrere Krankenhauskeime, die zu seinem viel zu frühen Tod mit 64 Jahren führten, die er bei dem ungeheuer besseren Krankenhaussystem in Holland womöglich nicht bekommen hätte.

Wer sich ein klein wenig mit Medizin auskennt, weiß, dass Keime in deutschen Krankenhäusern ein riesiges Problem sind, was aber nicht am System Krankenhaus per se liegt, sondern am besonders schlechten und unhygienischen deutschen Krankenhaussystem, was seit vielen Jahren bekannt ist. Die Mischung aus deutscher Inkompetenz und neoliberalem Kapitalismus sind schlicht tödlich, auch das ist keine neue Erkenntnis:

 

Dieses problematische deutsche Krankenhaus- und Medizinsystem könnte und müsste man selbstredend – und somit die Kritik auf andere typische industriegesellschaftliche Medizin- und Krankenhaussysteme ausweiten – mit Ivan Illich ganz grundsätzlich in Frage stellen.

Doch hier soll es um die gerade noch so verhinderte Impfpflicht vom 7. April 2022 gehen.

Der Ruf zur Impfpflicht brachte eine geradezu einzigartige Form der deutschen Volksgemeinschaft zustande. Der Altbundespräsident und Autor im Holocaust verharmlosenden „Schwarzbuch des Kommunismus“ und Unterzeichner der antisemitischen Prager Deklaration von 2008 Joachim Gauck war beim Hetzen ganz vorne mit dabei („Bekloppte“ seien die Kritiker*innen und Ungeimpften), wie Agenda2010-ich-bin-der-deutsche-Weg Gerhard Schröder („Man solle ‚einen demokratischen Staat unterstützen, der eine Impfpflicht durchsetzt, der die Mehrheit gegen eine lautstarke Minderheit schützt‚ “), der heutige CDU-Vorsitzende Friedrich Merz („Kein Ungeimpfter mehr im Büro, kein ungeimpfter Fußballspieler mehr auf dem Rasen, kein ungeimpfter Abgeordneter mehr im Bundestag, kein ungeimpfter Student mehr im Hörsaal“), die linke Monatszeitung Konkret („Der wichtigste Grund: Ein generelles Misstrauen älterer Chinesen gegenüber Impfungen. Geholfen hätte gegen diese Impfskepsis wohl nur die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht„) oder die linke Wochenzeitung jungle world  („Es wird Zeit für die Impfpflicht „) und natürlich der Deutschlandfunk („Ein solches Impfregister aufzubauen, braucht sorgfältige Planung und Zeit. Um die Corona-Impfpflicht durchzusetzen, käme es sicher zu spät. Aber der nächste neue Impfstoff kommt bestimmt.“), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) („Stimmen Sie deswegen für einen Antrag, der die Herdenimmunität in Deutschland hochhält, damit wir das Virus besiegen können“) und die stalinistische Antifa („Wir impfen euch alle„).

Es geht jetzt darum, genau aufzuarbeiten, was von wem wie verbrochen wurde. Ja verbrochen, denn es sind Verbrechen passiert an der Demokratie und an Millionen einzelnen Menschen. Manche präsentieren sich als gesprächsoffen, ohne ihre eigene Agitation auch nur zu bereuen:

Die RKI-Files zeigen, wie unprofessionell dort gearbeitet wurde und wie ohne empirische Basis gleich zu Beginn die Situation absichtlich falsch dargestellt wurde. Doch ohne die ARD-Tagesschau, den Deutschlandfunk und die linken Volksverhetzer oder die CDUCSUSPDGRÜNEFDP wäre es nicht möglich gewesen, alle machten mit und jene, die nicht mitmachten, hatten nicht immer rationale Gründe oder Motive.

Allein schon die Idee einer Impfpflicht ist antidemokratisch, bei einem Impfstoff, der weder eine sterile noch eine klinische Immunität bewirkt, ist sie purer totalitärer Wahnsinn und Ausdruck offener Gewaltandrohung.

 

Antisemiten, Anti-Antisemiten, Rassisten, Antirassisten, Pro-Waffen-für-die-Ukraine, Contra-Waffen-für-die-Ukraine, Linke, Rechte und die breite Mitte, alle waren zu Zeugen Coronas mutiert, wirklich nahezu alle. Es wird Doktorarbeiten oder Habilitationsschriften geben, die zeigen, welche Zeitung, welches Radio und welche Zeitschrift 2020 und 2021 bis 2022 nicht zu den Zeugen Coronas gehörte. Und diese Doktorarbeiten oder Habilitationsschriften werden sehr dünn ausfallen, weil es zu wenig empirisches Material gibt jener Medien, die während dieser Mega-Krise noch selbst denken konnten und wollten.

 

Die schwarze Pädagogik der Bundesregierung und ihrer Helfershelfer, Trittbrettfahrer und Schreibtischtäter von März 2020 fortfolgende – Stichwort „Panikpapier“ – zeigte bereits die Lust an der Panikmache und am totalitären Durchregieren und Fertigmachen des denkenden Teils der Bevölkerung.

Das waren immerhin letztlich weit über 10 Millionen Menschen, die sich nicht haben impfen lassen, plus jene, die trotz Impfung noch denken konnten, auch wenn das sehr wenige waren, unter anderem jene, die im Winter 2021/22 mit auf die Montagsdemonstrationen gingen, wo wöchentlich über Monate hinweg wirklich jede Woche bis zu 300.000 Menschen gegen die Impf-Apartheid demonstrierten. Das war mithin die vermutlich größte soziale Bewegung in der gesamten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Kaum jemand von denen leugnete das Virus an sich, aber kritisierte vehement die Anmaßung Menschen nach Impfstatus regelrecht zu selektieren. Einer Impfung, die wie gezeigt, keinerlei Auswirkung hatte auf die Verbreitung, ja, die Geimpften haben vermutlich viel mehr zur Verbreitung beigetragen, weil sie ja dachten, sie könnten das Virus nicht weiterverbreiten.

Wie dünn also die Schicht ist, die die Demokratie schützt, zeigte die Debatte um die Impfpflicht wie die gesamte Diskussion der Corona-Zeit.

Die Irrationalsten und Unwissenschaftlichsten saßen an den Schalthebeln der Politik, der Medien und der Polizei wie der Justiz. Die Demokratinnen und Demokraten, die sich evidenzbasiert informiert hatten, wurden auf eine Weise diffamiert, wie noch nie in der Bundesrepublik eine so große Gruppe von Menschen diffamiert und wahlweise als aus dem Volkskörper zu eliminierender „Blinddarm“ (Sarah Bosetti, preisgekrönte ‚Kabarettistin‘) geframt oder damit kokettiert wurde, alle Nicht-Geimpften nach Madagaskar zu deportieren, was halt nicht ginge (so der Soziologe Heinz Bude), andere meinten unter Applaus, man solle doch umgehend die Ungeimpften, Kritiker*innen und Demonstrant*innen „prügeln“ (so die Schauspielerin Heidelinde Weis im „Kölner Treff“, live im TV) oder in „Beugehaft“ nehmen (Tübinger OB Boris Palmer).

Und dann werden wir alsbald sehen, dass selbst unter jenen, die gegen manche Maßnahmen oder eine Impfpflicht waren, auch solche sind, die zum Beispiel einen reaktionären Antifeminismus vertreten und den Paragrafen 218 beibehalten wollen. WTF.

Das alles ist eben: Deutschland, das Land der unbegrenzten Zumutbarkeiten.

P.S.: Wer Interesse an einer Analyse all der genannten und noch viel mehr Beispiele hat, der oder dem sei meine Studie „Pandemic Turn“ empfohlen, das umfassende Buch zur gesamten Corona-Krise. Mitte Mai 2020 publizierte ich mit Gerald Grüneklee und Peter Nowak eines der allerersten Bücher überhaupt zu Corona, Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik.

StaatsTheater: der linke Angriff von Peter Laudenbach auf kritische Mainstream-Schauspieler:innen

Von Dr. phil. Clemens Heni, 22. Juni 2023

 

Der Berliner Theaterkritiker der Süddeutschen Zeitung, Tourismuskritiker und Buchautor Peter Laudenbach („Die elfte Plage. Wie Berlin-Touristen die Stadt zum Erlebnispark machen“, Edition Tiamat 2013) hat jüngst im Wagenbach Verlag ein kleines Buch publiziert: „VolksTheater. Der rechte Angriff auf die Kunstfreiheit“. Ulrich Seidler hat für die Berliner Zeitung im April 2023 das wichtige und gegen die AfD und deren „Kulturkampf“ gerichtete Buch positiv besprochen. Aber hat er womöglich etwas übersehen in dem Buch?

Foto: privat

Laudenbach hat für die Süddeutsche Zeitung seit Jahren Angriffe von Rechten auf Theater, Lesungen, Galerien und alle möglichen aus Sicht von Nazis oder Neuen Rechten als ‚links‘ oder nicht deutsch-genug kategorisierten Einrichtungen dokumentiert.

Screenshot, https://www.sueddeutsche.de/kultur/von-sz-autoren-peter-laudenbach-ueber-rechte-kunsthasser-1.5776180

In dem Buch gibt es am Ende eine ausgewählte Liste solcher Übergriffe, zum Beispiel demonstrierten Neonazis im Oktober 2021 in Zwickau mit Transparenten vor einer Vernissage des Kunstvereins „Freunde aktueller Kunst“, 2019 schon brüllten Neonazis dort, dass dies eine „deutsche Galerie“ sei und kein Platz für „Ausländerinnen“, was die Rechten dann auch ändern würden, wenn sie an die Macht kämen. Die ausgewählte Chronik schockierender Angriffe von Rechtsextremen auf die Kulturszene reicht von November 2016 bis Oktober 2021. Sprengstoffanschläge, das Anzünden einer Scheune im mecklenburgischen Jamel oder Anträge der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zur Kürzung der Zuschüsse für das Deutsche Theater Berlin werden in dem Buch aufgeführt. Es ist sehr wichtig, sich gegen die AfD zu positionieren, daher habe ich 2017 mein Buch „Eine Alternative zu Deutschland“ exakt zu dem Zeitpunkt publiziert, als die AfD erstmals in den Deutschen Bundestag einzog.

Mit Hunderten weiteren Linken, Kritiker*innen und Antifas habe ich damals unweit vom Alexanderplatz an der Ecke Otto-Braun-Straße / Karl-Marx-Alle gegen die AfD, die dort in einer Location ihren Einzug in den Bundestag feierte, demonstriert.

Meine Doktorarbeit an der Universität Innsbruck in Österreich hatte ich 2006 zur Gefahr der „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ geschrieben, just zum Zeitpunkt der Abgabe im Juli ereignete sich das nationalistische „Sommermärchen“ während der Fußball-WM der Männer in Deutschland. Die ARD-Sportschau kontaktierte mich daher jüngst, zitiert mich in einem Beitrag ein Jahr vor der Euro 2024 und schreibt:

‚Nationalismus und Fußball toxische Mischung‘

Dr. Clemens Heni war einer derjenigen, die sich an dem schwarz-rot-goldenen Overkill mit kleinen Flaggen an Autospiegeln, gedruckten Flaggen auf Chipstüten und Backwaren, geschminkten Flaggen im Gesicht und großen Stoffflaggen schon damals störten. Heni ist Politikwissenschaftler. Er forscht mit Schwerpunkten über Antisemitismus und die Neue Rechte.

‚Das war damals kein gesunder Patriotismus, wie immer behauptet wird. Der ist in Deutschland auch schwer denkbar, weil er immer mit einer Abwertung des Gedenkens an den Holocaust einhergeht‘, so Heni.

Screenshot, https://www.sportschau.de/fussball/uefa-euro-2024/euro-2024-sommermaerchen-wm-2006-100.html, Text von Marcus Bark, Ein Jahr vor der EM 2024 Gelingt ein zweites „Sommermärchen“? Stand: 15.06.2023 10:09 Uhr

Peter Laudenbachs jahrelanges Dokumentieren und Analysieren der rechten, neu-rechten oder rechtsextremen Angriffe auf die Kulturszene sind von daher von großer Bedeutung.

Und dennoch bleibt ein sehr bitterer Beigeschmack bei der Lektüre des Buches „VolksTheater“. Warum? Es liegt an folgender Passage auf den Seiten 92 und 93. Eingebettet in eine notwendige und richtige Kritik am AfD-Kulturpolitiker Marc Jongen und an rechten Schriftstellern wie Botho Strauß und Uwe Tellkamp sowie dem rechtsextremen Netzwerker Götz Kubitschek schreibt Laudenbach nämlich Folgendes:

Die oben erwähnten, vielleicht etwas übergriffigen Versuche, Künstler:innen als Demokratiebotschafter:innen in Anspruch zu nehmen, übersehen, dass kleine und große Künstlerpersönlichkeiten nicht aufgrund von Berufswahl und Talent automatisch vor politischer Unzurechnungsfähigkeit oder irrlichternden Einstellungen gefeit sind. In jüngerer Zeit demonstrierten beispielsweise Schauspieler:innen, die sich zu Propagandist:innen der Coronaleugner:innen machten, oder ein Teilnehmer der documenta 2022, der den Bundeskanzler als ‚faschistisches Schwein‘ beschimpfte, lautstark ihre selbstbewusste Verwirrung.

Ich habe das absichtlich komplett zitiert, damit nicht wieder jemand behaupten kann, da sei etwas „aus dem Zusammenhang“ gerissen. Mit diesem Zitat meint Peter Laudenbach offenkundig, dass Schauspieler*innen der Aktion #allesdichtmachen von April 2021 wie Nina Gummich, die jüngst sehr schön in einem ARD-Zweiteiler die Feministin Alice Schwarzer der frühen 1970er Jahre spielte oder die Tatort-Schauspieler Ulrich Tukur, Felix Klare, Jan-Josef Liefers oder Cem Ali Gültekin und Dutzende weitere keine „Demokratiebotschafter:innen“ mehr seien, sondern eben „Propagandist:innen der Coronaleugner:innen“.

Laudenbach ist raffiniert oder eben perfide und feige, er sagt nicht, welche Schauspieler*innen er genau meint. Aber ganz sicher werden seine Leser*innen exakt wissen, wen er meint, da es nur eine sehr bedeutende Aktion von Mainstream-Schauspieler*innen gab, die die ganze Republik bewegte: #allesdichtmachen von Ende April 2021.

Der Schauspieler Cem Ali Gültekin war mit einem Beitrag bei #allesdichtmachen dabei:

Meint Peter Laudenbach also auch Cem Ali Gültekin, der sich wie andere „zu Propagandist:innen der Coronaleugner:innen“ gemacht hätte?

Wie gesagt: Laudenbach ist raffiniert oder perfide genug und nennt keine Namen. Er kann nur diese Kampagne #allesdichtmachen meinen, das wissen alle seine Leser*innen von VolksTheater und das weiß der Wagenbach Verlag, und sie klatschen sich dabei auf die Schenkel und johlen: ‚Jetzt hat er es ihnen aber gegeben, sie in direkten Kontext von der AfD, Rechtsextremen und Kulturfeinden zu stellen. Gimme five!‘

Wenn das die ARD wüsste, was für angebliche Demokratiefeinde sie so beschäftigt:

Screenshot, https://www.daserste.de/unterhaltung/film/nord-bei-nordwest/nord-bei-nordwest-ho-ho-ho-gueltekin-100.html

Oder ich nehme Nina Gummich, die Peter Laudenbach ebenso meinen dürfte mit seiner Aussage:

In jüngerer Zeit demonstrierten beispielsweise Schauspieler:innen, die sich zu Propagandist:innen der Coronaleugner:innen machten, lautstark ihre selbstbewusste Verwirrung.

Auch Nina Gummich war bei #allesdichtmachen mit dabei:

Screenshot, https://www.emma.de/artikel/being-alice-339825

Screenshot, https://www.daserste.de/unterhaltung/film/filmmittwoch-im-ersten/sendung/alice-folge-1-100.html

Oder Ulrich Tukur:

Er fordert in seinem #allesdichtmachen Beitrag die Bundesregierung auf, wirklich „alle Handelsplätze“ zu schließen, nicht nur „Theater“ und „Knopfläden“, denn „sind wir erst am Leibe und nicht nur an der Seele verhungert und allesamt mausetot, entziehen wir auch dem Virus, samt seiner hinterhältigen Mutanten-Bagage, die Lebensgrundlage“.

Das war und ist ganz große Kunst. Eine Kunst, von der die Peter Laudenbachs dieser Welt nur träumen können.

Screenshot, https://www.daserste.de/unterhaltung/krimi/tatort/kommissare/ulrich-tukur-100.html

Nochmal das entscheidende Zitat aus dem Buch VolksTheater von Peter Laudenbach, Wagenbach Verlag 2023:

Die oben erwähnten, vielleicht etwas übergriffigen Versuche, Künstler:innen als Demokratiebotschafter:innen in Anspruch zu nehmen, übersehen, dass kleine und große Künstlerpersönlichkeiten nicht aufgrund von Berufswahl und Talent automatisch vor politischer Unzurechnunsfähigkeit oder irrlichternden Einstellungen gefeit sind. In jüngerer Zeit demonstrierten beispielsweise Schauspieler:innen, die sich zu Propagandist:innen der Coronaleugner:innen machten, oder ein Teilnehmer der documenta 2022, der den Bundeskanzler als ‚faschistisches Schwein‘ beschimpfte, lautstark ihre selbstbewusste Verwirrung. (S. 92-93)

Und das hätte das Lektorat des Wagenbach Verlags niemals überstehen dürfen – doch vermutlich ist das exakt deren Ideologie.

„Eine eigene Meinung zu haben, ist momentan wirklich krass unsolidarisch“ sagte Nina Gummich in ihrem Beitrag für #allesdichtmachen.

Und genau solche Dissident*innen und Kritiker*innen meint Peter Laudenbach ganz offenkundig, wenn er die Schauspieler*innen diffamiert, die Kritik an der unsagbar irrationalen, demokratiefeindlichen, nicht evidenzbasierten und totalitären Coronapolitik von Angela Merkel und Olaf Scholz und der an Hetze gegen Kritiker*innen überschäumenden politischen Unkultur in diesem Land von März 2020 bis wenigstens Frühjahr 2023 äußerten, wenn wir den Maskenwahn im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie Krankenhäusern und Arztpraxen, der erst im Februar 2023 beziehungsweise Anfang April 2023 fiel, mit einrechnen.

Es gibt überhaupt nur sehr wenige Spinner, die tatsächlich das Virus SARS-CoV-2 leugnen. Doch somit  werden damit ganz normale bürgerliche Mainstream-Schauspieler*innen der von der AfD so abgrundtief verhassten ARD mit Rechtsextremen auf eine Stufe gestellt. Mir ist nicht eine einzige Schauspielerin und kein einziger Schauspieler dieser ganz offenkundig von Peter Laudenbach gemeinten Kampagne #allesdichtmachen bekannt, die oder der das Virus leugneten. Das ist infam und ein faktenfreies Denunzieren. Aber es flutscht durch, ja es ist Honig für die Anhänger der ZeroCovid-Ideologie – noch im Frühjahr 2023. Und Laudenbach meint ja mit seinem undifferenzierten Statement alle Schauspielerinnen und Schauspieler, die sich kritisch mit der Coronapolitik beschäftigt haben, was er wie der Mainstream der irrationalen Coronapolitik-Anhänger (m/w/d) unter „Coronaleugner:innen“ dümmlich rubriziert.

Weder Gültekin, Gummich oder Tukur leugnen SARS-CoV-2, das ist völlig faktenfreies Gerede, das zu insinuieren. Wie gesagt: Laudenbach nennt keine Namen, dafür ist er zu feige oder perfide. Aber er meint eben sehr wohl die hier aufgeführten und zitierten Gültekin, Gummich und Tukur und all die anderen von #allesdichtmachen – das ist sozusagen ein Indizienprozess gegen Peter Laudenbach und wir, die Kritiker*innen der irrationalen und demokratiefeindlichen Coronapolitik, werden diesen Prozess gewinnen, wenn auch nicht vor einem deutschen Gericht, da deren Nicht-Unabhängigkeit in der Coronakrise hinlänglich deutlich wurde, bis hin nach Karlsruhe.

Heute gibt es veganes Fast-Food und irrationale, unwissenschaftliche, faktenfreie Richter*innen, früher hieß es noch:

Was Besseres gibt’s auf Erden nicht, als Frieden und ein gut Gericht.

Von den befürchteten bis zu 270 Millionen extra Hungernden im globalen Süden, die es wegen der Lockdown- und Coronapolitik gerade von Ländern wie Deutschland geben könnte, so das World Food Programme der Vereinten Nationen schon im Jahr 2020, kein Wort bei Laudenbach. Er schweigt zu der Fantasie eines führenden deutschen Soziologen, der für die Bundesregierung am berüchtigten „Panikpapier“ im März 2020 mitgeschrieben hat und später meinte, alle Ungeimpften doch nach „Madagaskar“ zu deportieren, was aber halt nicht gehen würde. Oder was sagt er denn zu den Hunderttausenden traumatisierten alten Menschen in Pflege- und Altersheimen, die monatelang in ihre Zimmer eingesperrt wurden 2020 oder später und dieses Trauma bis heute nicht überwunden haben, so sie sich nicht zuvor umbrachten oder an Erschöpfung  starben?

Was für Menschen waren diese Pflegekräfte, die alle immer so beklatschten, die das mitmachten, die Isolation von alten oder behinderten Menschen? Na? Die keine Ahnung hatten und haben von der sehr geringen Infektionssterblichkeit (Infection Fatality Rate, IFR) von Covid-19, nämlich schon 2020 nur ca. 0,23 Prozent, während die Grippe 1969/70 laut Robert Koch-Institut (RKI) in der alten BRD eine IFR von 0,29 hatte?

Wer hat damit kokettiert, über 10 Millionen Menschen – „Ungeimpfte“ – nach „Madagaskar“ zu deportieren? Die AfD? Oder doch eher der Lieblingssoziologe der Deutschen Bundesregierung Heinz Bude?

Warum schweigt Laudenbach ebenso zu den Vernichtungsfantasien einer preisgekrönten Kabarettistin, die am liebsten alle Kritiker:innen der Coronapolitik wie einen „Blinddarm“ aus dem (Volks) Körper schneiden wollte? Oder warum kein Wort zu all den Theatern und Kultureinrichtungen, ja KZ-Gedenkstätten, die die Impf-Apartheid exekutierten (2G)?

Die Weltgesundheitsorganisation berichtete 2022 davon, dass in den Jahren 2020 und 2021 Schweden eine weniger als halb so hohe Übersterblichkeit hatte als das Lockdown- und Maskenland Deutschland (oder Italien, Großbritannien).

Das kann man alles in dem Band 8 der Reihe „Studien zum Antisemitismus“ des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), in dem Buch „Pandemic Turn. Antisemitismusforschung und Corona“ nachlesen.

Wenn man denn an Fakten und kritischen Analysen Interesse hat und nicht lieber faktenfrei Menschen denunziert und diffamiert, wie es ja seit 2020 zum Volkssport geworden ist, neben dem die Diffamierungen und die Hetze durch die AfD und ihre rechten Schläger ’nur‘ eine blutige Fußnote sind, was die Masse an Denunziationen und die Anzahl der Täterinnen und Täter sowie die Anzahl der Opfer betrifft.

All diese Leerstellen sowie die Diffamierung dieser herausragenden, kritischen Schauspieler:innen machen das Buch „VolksTheater“ unterm Strich zu einem höchst problematischen Beitrag. Wer zur totalitären Coronapolitik und einer so nie dagewesenen denunziatorischen und aggressiven politischen Kultur in der Bundesrepublik Deutschland seit März 2020 schweigt, ja sie implizit glühend feiert und die wenigen Coronapolitik kritischen Schauspieler:innen auch noch perfide diffamiert, macht sich vollkommen unglaubwürdig als Anwalt der Demokratie gegen die evidente und große Gefahr von rechts und der AfD.

Es muss gegen das völkische VolksTheater der AfD und der Neuen Rechten gehen, ganz richtig. Aber ebenso muss es gegen das StaatsTheater der unwissenschaftlichen, irrationalen und aggressiven, ausgrenzenden, Diversität und Vielfalt in Fragen der Coronapolitik gerade nicht aushaltenden Coronapolitik-Fans gehen.

Man kann nicht völlig zurecht die Transphobie, die Homophobie, den Rassismus, die Anti-Flüchtlings-Agitation der AfD, das Leugnen des Klimawandels, den Sexismus von Rammstein und Lindemann, den Turbo-Kapitalismus des Neoliberalismus oder den Deutsch-Nationalismus und den schwarz-rot-goldenen „Overkill“ und manchmal sogar den Antisemitismus kritisieren, ohne gleichzeitig die irrationale und brutale Coronapolitik der Jahre 2020 bis 2023 wie auch die fortdauernde irrationale und diplomatiefeindliche, die NATO nicht nur von ihrer Mitverantwortung am Ukraine-Krieg exkulpierende, sondern sie wie in Wunstorf und der militaristischen Mega-Übung „Defender 23“ feiernde Ukraine-Politik zu kritisieren.

Kritik an Jongen und Kubitschek, Orbán, Trump oder Meloni, Kritik an SPD-Oberstudienräten oder -Schuldirektoren, die an Spieltagen der deutschen Fußballnationalmannschaft auf dem Schulgelände die deutsche Fahne hissen – wie auch Kritik an Merkel, Scholz, Baerbock, Habeck, Lindner, Lauterbach und Laudenbach: darum sollte sich eine linke Gesellschaftskritik, eine Kritische Theorie auf der Höhe der Zeit widmen.

Schließlich noch ein Lektüretipp für Peter Laudenbach und seine Fans: das Stück „Kritik“ von Adorno, einer seiner letzten Texte, erschienen in der ZEIT am 27. Juni 1969 und wiederabgedruckt z.B. in den Gesammelten Schriften Band 10/2, darin heißt es:

Man vergißt leicht in Deutschland, daß Kritik, als zentrales Motiv des Geistes, nirgends in der Welt gar zu beliebt ist. Aber man hat Grund, bei Kritikfeindschaft zumal im politischen Bereich auch an spezifisch Deutsches zu denken. Die volle bürgerliche Befreiung ist in Deutschland nicht gelungen oder erst in einer Phase, an der ihre Voraussetzung, der Liberalismus des zerstreuten Unternehmertums, ausgehöhlt war. (…) Wollte man eine Anatomie der deutschen Kritikfeindschaft entwerfen, so fände man sie fraglos mit der Rancune gegen den Intellektuellen verbunden. (…) Offensichtlich werden Menschen, die mit bestehenden Zuständen institutionell verflochten sind, im allgemeinen zögern, an diesen Zuständen Kritik zu üben.

Screenshot, https://www.zeit.de/1969/26/kritik

Die Menschen lieben den deutschen Staat und tun alles, um zum Beispiel ein „StaatsTheater“ zu werden, feiern „Identitäten“, weil man(n) ja sonst nichts hat im Leben. Es gibt das Schöne auch im „falschen Leben“ (Adorno), aber sicher nicht im völkischen VolksTheater, aber ebenso wenig im affirmativen Corona- oder Ukrainepolitik affinen StaatsTheater.

Weit entfernt davon, Genuss, das Schöne oder auch einen schmackhaften Kuchen zu perhorreszieren, schreibt Adorno gegen die „Lebkuchenworte“ und das beliebte Wort von der „konstruktiven Kritik“:

Wesentlich deutsch, obwohl wiederum nicht so durchaus, wie leicht der annimmt, der nicht Analoges in anderen Ländern zu beobachten Gelegenheit hatte, ist ein antikritisches Schema, das aus der Philosophie, eben jener, die den Raisonneur anschwärzte, ins Gewäsch herabsank: die Anrufung des Positiven. Stets wieder findet man dem Wort Kritik, wenn es denn durchaus toleriert werden soll, oder wenn man gar selber kritisch agiert, das Wort konstruktiv beigestellt. Unterstellt wird, daß nur der Kritik üben könne, der etwas Besseres anstelle des Kritisierten vorzuschlagen habe; in der Ästhetik hat Lessing vor zweihundert Jahren darüber gespottet. Durch die Auflage des Positiven wird Kritik von vornherein gezähmt und um ihre Vehemenz gebracht. Bei Gottfried Keller gibt es eine Stelle, an der er die Forderung nach dem Aufbauenden ein Lebkuchenwort nennt. Viel sei schon gewonnen, so etwa argumentiert er, wenn dort, wo ein schlechtes Gewordenes Licht und Luft versperre, der Muff weggeräumt würde.

 

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