Von Dr. phil. Clemens Heni, 12. Oktober 2021
Wir erleben seit März 2020 die größte Demokratiekrise seit 1945 und das weltweit. Dutzende Millionen Menschen sind im Globalen Süden an den Folgen der präzedenzlosen Lockdown- und Panikpolitik Europas, Amerikas und der ganzen Welt gestorben, verhungert, bekamen eine wirklich wichtige Impfung als Kind in Afrika oder Asien zu spät oder sind aus anderen Gründen, sogenannten „Kollateralschäden“ dieser Coronapolitik der herrschenden westlichen Elite, gestorben und elendig zugrundegegangen.
Es ist traurig, wenn ein Mensch an Erschöpfung, Hunger oder an Corona stirbt. Doch Letzteres ist so unvermeidbar wie die Influenza oder andere Krankheiten. Erschöpfung nach 19 Monaten Lockdown (wir leben im Lockdown, es gibt kein normales Leben, nur in Schweden, Dänemark, Texas, Florida, in Holland (kein Maskenwahn) …), und Hunger sind aber vermeidbar. Doch die Coronapolitik Deutschlands und fast aller Länder auf dieser Erde hat zu vielen Millionen Toten im Globalen Süden geführt. Die sind nur und ausschließlich wegen ausbleibenden Aufträgen, abgebrochenen Lieferketten, wegbleibenden Tourist*innen, zu späten Masernschutzimpfungen, Eingesperrtsein Zuhause und durch Genitalverstümmelung wie in Kenia zu Tode gekommen.
Das sind die von der Politik produzierten Toten, über die niemand spricht. Und das sind alles vermeidbare Tote. Covid-Tote sind nicht vermeidbar und auch nicht viele. Ja, es wurden auch viele Tausende alte Menschen von der Politik Merkels oder Cuomos in New York in den Tod getrieben, isoliert oder als Infizierte in Altenheime zurückgeschickt. Es gab ganz gezielt keinen Schutz für die Alten – sondern sie wurden isoliert und vereinsamten. Zehntausende Demenzkranke starben allein in England und Wales im Frühjahr 2020, weil sie wahnsinnig wurden, als wochenlang kein Verwandter oder Freund mehr zu Besuch kam. Das sind die Toten von Boris Johnson. In Deutschland ist es nicht viel anders gelaufen.
Corona ist ein Virus, das offenkundig, alle Zahlen beweisen es, gezielt sehr alte und sehr kranke Menschen, immunschwache angreifen kann. Eine von der Weltgesundheitsorganisation und der internationalen Wissenschaft herausgearbeitete Infektionssterblichkeit von aktuell ca. 0,14 bis 0,23 Prozent ist keine Katastrophe. Die Grippe in Deutschland hatte z.B. 1969/70 bekanntlich eine Infektionssterblichkeit von 0,29 Prozent.
Da die Grippe von 1969/70 und auch Corona offenkundig keine Pest, keine Cholera und keine Tuberkulose ist, hat auch ein Großschwätzer wie Jürgen Habermas die Grippe 1970 als auch Corona locker überstanden. Er ist jetzt 92 und kommt endlich ganz zu sich selbst. Das zeigt ein Artikel von ihm in den blättern für deutsche und internationale Politik vom September 2021.
Darauf weist der Feuilletonchef der Tageszeitung Die Welt, Andreas Rosenfelder, jetzt hin.
Da ich Personen aus dem Herausgeberkreis der blätter für deutsche und internationale Politik kenne und dort auch 2008 mit einem Artikel publiziert wurde, hab ich leider sogar einen direkten Bezug zu dieser Publikation.
Ich hatte mich im Februar 2020 mit der Beziehung der blätter für deutsche und internationale Politik zum Antisemitismus kritisch beschäftigt.
Was schreibt Habermas in der September 2021 Ausgabe der blätter? Schon die ersten Sätze seines Artikels zeigen, dass er nicht weiß, worüber er schreibt:
Seit Beginn der Corona-Pandemie stellt sich demokratisch verfassten Nationalstaaten – als den in erster Linie handlungsfähigen Akteuren – unter rechtsphilosophischen Gesichtspunkten vor allem eine Frage: Welche Pflichten erlegen die Grundsätze einer liberalen Verfassung der Regierung in einer solchen Situation auf und welche Handlungsspielräume haben sie dabei gegenüber ihren Bürgern?
Die durch das Virus Sars-CoV-2 ausgelöste Pandemie ist, wie der Name bereits besagt, ein Naturgeschehen, das sich global ausgebreitet hat, also Leben und Gesundheit von Angehörigen der species homo sapiens überall auf dem Erdball bedroht. Unter biologischen Gesichtspunkten lässt sich die Bekämpfung der Pandemie als eine (freilich mit ungleichen Waffen geführte) Kriegführung von Species gegen Species verstehen.
Wie der irrationale französische Präsident Macron sieht auch der deutsche Großaffirmator des herrschenden Systems ein Virus als einen Kombattanten an. Wir seien also im „Krieg“, ja es gebe eine „Kriegführung von Species gegen Species“. Da schüttelt jeder Biologe und auch jede/r Sozial -und Geisteswissenschaftler*in nur den Kopf: Ein Virus möchte sich verbreiten, was es nur kann, wenn es Wirte gibt. Wollte Corona alle Menschen töten, hätte es keinen Wirt mehr bzw. nur die Tiere, aber das Leben der Menschen ist für ein Virus wie Corona viel spannender. Nun sind nicht alle Menschen gleichermaßen gesund und immunstark. Habermas möchte keine Gefangenen machen – da bekomme ich das Gruseln, nicht nur angesichts der deutschen Geschichte…
Habermas hat die gesamte empirische und analytische Forschung zu Demokratie, Menschenwürde, Grundrechten und Epidemiologie seit März 2020 verschlafen. Er wägt nicht zwischen Kosten und Nutzen ab, sondern spielt den autoritären Macker, der er offenbar schon immer war, denn kaum einer wird mit 92 Jahren plötzlich autoritäre Charakterzüge entwickelt haben, die schlummerten nur in ihm. Jürgen Habermas ein totalitärer Schläfer, der jetzt erwacht ist?
Wie medizinisch und epidemiologisch ungebildet Habermas ist, zeigt sich hier:
Bis zum Zeitpunkt der – letztlich nur durch Impfung erreichbaren – „Herdenimmunität“ erstrecken sich die strategischen Optionen in diesem Kampf über einen breiten Spielraum.
Herdenimmunität bildet sich immer durch natürliche Immunität und ggf. durch eine Impfung gemeinsam aus. Es gibt viele Studien, die zeigen, dass ehemals infizierte Personen eine viel höhere Immunität haben als geimpfte. Zudem sich, auch das weiß er nicht, mit den aktuellen Coronaimpfstoffen weder eine „klinische Immunität“ (also Schutz einer geimpften Person vor dem Ausbruch der Krankheit) noch eine „sterile Immunität“ (keine Weitergabe des Virus) entwickeln kann. Geimpfte können mit der gleichen Viruslast das Virus übertragen – schon das macht die 3G oder 2G Regeln absurd, ja beliebig. Wer gegen Masern geimpft ist, bekommt keine Masern. Wer gegen Corona geimpft ist, kann sehr wohl Corona bekommen und das nicht selten, nur halt seltener tödlich. Aber das hat mit Immunität nichts zu tun.
Habermas hat die wissenschaftliche Forschung konsequent ignoriert, er weiß nicht, dass wir es mit einer Infektionssterblichkeit (IFR) von 0,14 bis 0,23 Prozent zu tun haben, was die ca. 4 Prozent FALLsterblichkeit, von denen anfangs auch die WHO oder das RKI ausgingen, ganz enorm relativiert und die Fakten auf den Boden der Tatsachen zurückholt.
Über 99 Prozent aller Toten „an“ oder „mit“ Corona sind über 50 Jahre alt und fast alle vorerkrankt. Wobei wir über die Vorerkrankungen noch viel mehr wissen könnten, wenn die Zahlen vorliegen würden und wenn es Obduktionen im großen Maßstab zu den Covid-Toten gäbe. Denn ganz sicher waren nicht alle Toten, die als C-Tote zählen, an Covid gestorben, viele hatten nur bis zu 28 Tage vor dem Tod einen positiven PCR-Test, der wiederum gar nicht für die Diagnose einer Krankheit entwickelt wurde. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch an Covid-19 stirbt, ist minimal. Während richtig schlimme Krankheiten wie Pocken eine Sterblichkeit von ca. 30 Prozent haben oder AIDS in der Anfangszeit zwischen 80 und 100 Prozent Sterblichkeit, so ist eine Sterblichkeit von 0,14 Prozent wie bei Corona sehr gering. Jede schwere Grippewelle hat eine ähnliche Sterblichkeit, ja 1969/70 war sie sogar deutlich höher.
Die unterschiedliche Infektionssterblichkeit kann man hier sehen:
Beim Median der IFR gibt es je nach Altersgruppen grosse Unterschiede, wie bei der Sterblichkeit üblich:
-
- 0-19: 0,0027 %
- 20-29: 0,014 %
- 30-39: 0,031 %
- 40-49: 0,082 %
- 50-59: 0,27 %
- 60-69: 0,59 %
Doch von alledem hat Habermas nicht den Hauch einer Ahnung, wenn er fabuliert:
In diesem Zusammenhang kann ich auf ein neues und für die nächste Zukunft ernstlich beunruhigendes Phänomen an dieser Stelle nicht genauer eingehen – ich meine die politisch aggressive und verschwörungstheoretisch begründete Verleugnung der pandemiebedingten Infektions- und Sterberisiken. Wegen ihres rechtsradikalen Kerns sind die scheinliberal begründeten Proteste der Corona-Leugner gegen die vermeintlich konspirativen Maßnahmen einer angeblich autoritären Regierung nicht nur ein Symptom für verdrängte Ängste, sondern Anzeichen für das wachsende Potential eines ganz neuen, in libertären Formen auftretenden Extremismus der Mitte, der uns noch länger beschäftigen wird
Jürgen Habermas stellt die ganze Debatte über Demokratie, Menschen- und Grundrechte auf den Kopf und möchte in geradezu Carl Schmittscher Manier dem Staat alle Rechte für den Ausnahmezustand geben, ja es sei eine Pflicht, dass der Staat so rigoros durchgreift, wie nur möglich, ohne mit der Wimper zu zucken und ohne auch nur eine Millisekunde an Demokratie- und Menschenrechte, Verhältnismäßigkeit oder die vom World Food Programme der Vereinten Nationen wegen der Coronapolitik befürchteten bis zu 270 Millionen Hungernden und Dutzende Millionen Hungertote auch nur in den Fokus zu rücken:
Das Ziel, die Rate der auf Corona zurückzuführenden „Übersterblichkeit“ der Bevölkerung so niedrig wie möglich zu halten, deckt sich ja keineswegs mit dem Ziel zu verhindern, dass die Zahl der schwer erkrankten und behandlungsbedürftigen Corona-Patienten die Grenze der vorhandenen Betten und Beatmungsgeräte überschreitet. Das aber bedeutet faktisch eine Verschiebung der Zielbestimmung, mit der die eigentlich entscheidende Frage aus der politischen Öffentlichkeit verdrängt worden ist: ob denn ein demokratischer Verfassungsstaat bei der Verfolgung des Ziels der Pandemiebekämpfung überhaupt das Recht hat, Politiken zu wählen, mit denen er die vermeidbare Steigerung von Infektionszahlen und damit der wahrscheinlichen Anzahl von Sterbefällen stillschweigend in Kauf nimmt.
Der anti-adornitische Zermalmer der Kritischen Theorie, die fortan, seit den 1970er Jahren „Frankfurter Schule“ heißt, droht uns:
Wenn sich die Erforderlichkeit einer staatlichen Präventivmaßnahme auf das weitgesteckte Ziel bezieht, die Infektionszahlen zu minimieren, sind nicht nur strengere Verhaltensvorschriften und Auflagen gerechtfertigt als bei dem weniger anspruchsvollen Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Vielmehr drängt sich beim Vergleich dieser Ziele auch jene Grundsatzfrage auf, die tatsächlich im Hintergrund geblieben ist: ob die Verfassung eines demokratischen Rechtsstaats die Regierung im Hinblick auf das Minimierungsziel dazu verpflichtet, die Zahl der an Corona Verstorbenen so niedrig wie möglich zu halten.
Nur wenn diese Verpflichtung nicht besteht, gewinnt die Regierung mit der Inkaufnahme einer vorhersehbaren Zahl grundsätzlich vermeidbarer Todesfälle auch einen gewissen Spielraum für die Berücksichtigung anderer konkurrierender Rechtsansprüche. Denn die alternativen Zielbestimmungen stellen auch die Weichen für die gerichtliche Kontrolle staatlich verordneter Einschränkungen.
Allein das Wörtchen „vermeidbarer“ zeigt den Wahnsinn an. Als ob es vermeidbar wäre, ein respiratorisches Virus, das so gut wie alle Menschen am Leben lässt und nur minimal beschäftigt, zu ‚eliminieren‘. Mit solchen Sätzen wird Habermas zum Vorbeter der weltweiten ZeroCovid-Bewegung.
Habermas wird zum antidemokratischen Vordenker, der jede Kritik als „libertär“ – was für ihn mit „extremistisch“ identisch ist – denunziert:
Die Parteigänger einer libertären Öffnungspolitik stützen sich in der öffentlichen Diskussion auf die akademischen Stimmen, die einen während der Pandemie grundsätzlich zu beachtenden Vorrang des staatlichen Gesundheitsschutzes bestreiten.
Was Habermas nicht kapiereren möchte – und das liegt nicht an seinem Alter, sondern an seinem ideologischen Fanatismus – ist die Tatsache, dass Menschen sich sehr wohl selbst schützen würden, wenn es denn eine Gefahr gäbe, die alle gleichermaßen betrifft. Doch es gibt keine Gefahr, die alle, die ganze Menschheit gar, wie der Wahnwitz des Starnberger autoritären Charakters von sich gibt, bedroht. In Nigeria, dem größten Land Afrikas und einem der größten Staaten der Erde, gibt es 10 Todesfälle pro eine Million Einwohner, die an oder mit Corona starben. In Deutschland sind es ca. 1200 und das hat in Deutschland zu so gut wie keiner Übersterblichkeit geführt in 2020. Habermas hat einfach die empirische, epidemiologische Realität völlig aus den Augen verloren, ja sich nie mit den harten Zahlen beschäftigt. Man erkennt vielmehr seine Vorliebe für autoritäres Handeln, was zeigt, wohin sein Projekt der „deliberativen Demokratie“ führt und offenbar führen sollte. Von Medikamenten gegen Covid-19 hat Habermas auch noch nie etwas gehört, aber das geht ja den meisten ignoranten und unwissenschaftlichen Deutschen so.
Habermas hat von Medizin keinerlei Ahnung, was dieser Aufsatz in den blättern zeigt, aber er hat auch von Menschenwürde und Grundrechten nicht einmal rudimentär eine Vorstellung:
Denn normativ betrachtet, ergibt sich ein solcher Vorrang erst unter der Voraussetzung, dass es mit der Verfassung eines demokratischen Rechtsstaats unvereinbar ist, angesichts pandemischer Herausforderungen eine vermeidbare Steigerung von „naturwüchsigen“ Infektions- und Todesraten in Kauf zu nehmen.
Frankfurt am Main hatte 2020 quasi keine Übersterblichkeit, ganz Deutschland hatte keine. Das wird noch deutlicher, wenn man – auch das kennt Habermas überhaupt nicht – die Sterbezahlen altersangepasst darstellt. Denn die Bevölkerung wird immer älter, er ist ein typisches Beispiel dafür. Doch prozentual sind 2020 sogar weniger Menschen über 80 gestorben, als die Jahre davor:
Während 2006 – Sie erinnern sich, mega hardcore krasser Lockdown, weil so viele alte Menschen starben – 10,75 Prozent der über 80-jährigen starben, ist deren Prozentsatz im Pandemie-Jahr 2020 auf 10,15 Prozent gesunken. Auch 2018 bei der Influenza gab es mit 10,42 Prozent der über 80-jährigen mehr Tote in dieser Altersgruppe als 2020. Von alledem weiß Habermas nichts, denn nach seiner Logik hätte die Gesellschaft 2006 bis 2019 bereits im Total-Lockdown sein müssen, da in vielen dieser Jahre prozentual mehr Alte über 80 starben als im Jahr 2020.
Folgender Satz ist in seiner totalitären Konsequenz katastrophal:
Dementsprechend greift der Staat im Falle des „finalen Rettungsschusses“ als der neutrale Hüter des Rechts in einen lebensgefährlichen Streit zwischen einzelnen Personen ein, während er heute in der Rolle eines politischen Akteurs bei der Verfolgung kollektiver Ziele die Verantwortung für mögliche Nebenfolgen des eigenen Handelns trägt; in dieser Rolle hat er die Pflicht, nach Möglichkeit alles zu vermeiden, was das Leben von Bürgern aufs Spiel setzt.
Damit möchte Habermas wie der Tugendterror der Französischen Revolution, wo er offenbar herkommt, zwischen Gut und Böse unterscheiden und nur er weiß, was gut und was böse ist. Ob er mit seinem Gehstock am Starnberger See oder dem Öffnen eines Wohnzimmerfensters Fledermäuse aufgeschreckt hat, die dann ihren Artgenoss*innen in ganz Bayern das erzählten, die aus Protest eine Reise nach China machten und dort sowohl die Märkte unsicher machten, als auch mit perfiden Flugtricks Fenster im berüchtigten Wuhan-Labor beschädigten, so dass bei deren Reparatur die perfiden SARS-CoV-2-Viren entweichen konnten, davon will er nichts wissen. Denn so könnte es ja gewesen sein, mittlerweile ist zumindest die These eines Laborunfalls als seriös auch in den USA in den Ring geworfen worden. Das ist aber gar nicht entscheidend, woher das Virus kommt. Entscheidend ist die antidemokratische Theorie von Habermas und den blättern.
„Alles zu vermeiden, was das Leben von Bürgern aufs Spiel setzt“ hieße alle Autobahnen sofort zu schließen, da dort hundertprozentig jeden Tag Menschen sterben. Das hieße, von heute auf morgen den Tabakkonsum nicht etwa zu besteuern – wie es der Staat tut -, sondern ihn zu verbieten. Sonst könnte man meinen, der Staat profitiert via Tabaksteuer oder via Erdöl- und Gassteuer, Alkoholsteuer, ja via Mehrwertsteuer vom Verkauf der unglaublichsten Dinge, wie Zucker, Waffen, Panzerfäusten und Gummibärchen. Will Habermas ernsthaft behaupten, dass all dies nicht tödlich ist, namentlich die Waffen- und Zuckerindustrie? Woher kommt die Fettleibigkeit? Von zu vielem Sport? Woher kommen die Toten in den Krisengebieten dieser Welt? Sie werden in Oberndorf am Neckar produziert, Heckler & Koch.
Der Journalist und Leiter des Feuilletons bei der Tageszeitung Die Welt, Andreas Rosenfelder, hat Habermas am 11.10.2021 (Welt+) kritisiert:
Jürgen Habermas, einst ein Meisterdenker der liberalen Öffentlichkeit, malt in seinem Elfenbeinturm einen Staat an die Wand, der sogar die Fantasien der teuflischsten Corona-Leugner verblassen lässt. Sein biopolitischer Leviathan kann zum Zweck der Infektionskontrolle jedwede Freiheit einschränken, immer und überall, ohne Bedingung und ohne Maß. Wer darin nicht den Schattenriss der Diktatur erkennt, der ist wohl nicht mehr zu retten.
Es gibt in der Tat nicht wenige Rechte, Nazis, Verschwörungstrottel (auch ‚Linke‘), die gegen die Coronapolitik aktiv sind. Aber selbst die alle zusammengenommen stellen nicht annähernd eine solche Gefahr für die Demokratie dar, wie dieser Text von Jürgen Habermas in den blättern für deutsche und internationale Politik.
Wir Linken, Antifas oder libertären Demokraten haben neben den Neonazis, den Neuen Rechten, der AfD, den Islamisten, Antisemiten und Verschwörungswahnwichteln einen neuen Feind der Demokratie: die blätter für deutsche und internationale Politik. Es ist mir persönlich peinlich, dass ich mit solchen Leuten (wie auch mit der Redaktion von Konkret) früher, wenn auch nur ein- oder zweimal, Kontakt hatte. Einer der vier Redakteur*innen von den blättern ist Albrecht von Lucke. Er hatte einen nur leicht unterdrückten Tobsuchtsanfall, als im März 2021 der Professor für Philosophie an der LMU München, Hans-Martin Schönherr-Mann, sich kritisch mit der Coronapolitik beschäftigte. Den Angriff auf die Demokratie, die Verkehrung Kants, dass Pflicht nicht mehr auf Freiwilligkeit, sondern auf „Zwang“ beruht, hat Schönherr-Mann für diese Veranstaltung in Ulm – „Demokratie: Auslauf- oder Zukunftsmodell“ – sehr schön in Worte gefasst und seine massive Kritik am Corona-Regime im Mainstream zur Sprache gebracht:
1984 schrieb meine Philosophie-Dozentin an der Uni Tübingen der frühen 1990er Jahre Heidrun Hesse in ihrer Studie „Vernunft und Selbstbehauptung. Kritische Theorie als Kritik der neuzeitlichen Rationalität“ in Anlehnung an Max Horkheimer eine Kritik des „Physikalismus“, der nur eine „positivistische Wissenschaftstheorie“ sei:
Nur was sich aus dem farbenfrohen, vielschichtigen Spiel der Einzelheiten isolieren, auf Gesetze zurückführen und damit in sie auflösen läßt, findet Beachtung. Und weil zahllose verschiedenartige Einzelfälle sich den festgestellten Gesetzmäßigkeiten mehr oder weniger glatt zu- und unterordnen lassen, ist dieses Wissen so ungemein erfolgreich. Die Kehrseite dieser frappierenden Universalität freilich ist ihr geschichtsblinder Totalitarismus. Das Wissen von allgemeinen Naturgesetzen zehrt davon, daß es Unterschiede eliminiert oder zumindest nivelliert. (S. 71)
Heidrun Hesse hat 1985 in einem Text die totalitäre Option oder Dimension bei Habermas bereits angelegt gesehen, wenn sie schreibt:
Wenn etwa Jürgen Habermas die Moderne verbissen für ein ‚Projekt‘ ausgibt, das unbedingt verteidigt und schließlich vollendet werden müsse, so beabsichtigt er zugleich, sie von ihren ‚Verirrungen‘ und angeblichen Verstiegenheiten zu kurieren. Nicht nur die technisch verblendeten Modernisierungszwänge des kapitalistischen Systems erscheinen in dieser Sicht als gefährliche Exzesse, sondern gleichermaßen die tastenden, aber unwiderruflich vernunftkritischen Gegenbewegungen. Beide sollen exorziert werden, um die Moderne auf den vermeintlich einzig richtigen Weg zurückzubringen. (…)
Auf den versteckt-totalitären Charakter dieses Projekts kann uns jedoch gerade die ästhetische Revolte der Moderne aufmerksam machen, wenn wir ihre Widersprüche ernst nehmen und reflektierend zu durchdringen versuchen. Garantiert es nicht vielleicht einzig dem genormten Glück der Anpassung öffentliche Anerkennung, dem Lebenselexier jener blinzelnden letzten Menschen also, vor dem Nietzsche so graute, während widerspenstiger Subjektivität allenfalls ein eingezäuntes Reservat ohnmächtiger authentischer Künste zugewiesen wird?
(Heidrun Hesse (1985): Widersprüche der Moderne. Einwände gegen Habermas‘ Konzept kommunikativer Rationalität, in: Gerhard Gamm (Hg.): Angesichts objektiver Verblendung. Über die Paradoxien kritischer Theorie, Tübingen: Konkursbuchverlag, S. 252-281, hier S. 253f.)
Und noch ein Tübinger Buch gegen Habermas hat das totalitäre Moment von Habermas schon 1986 erkannt, der Autor Gerd Kimmerle schreibt:
Anzumerken ist allerdings, daß auch die Theorie des kommunikativen Handelns das Verhältnis von Theorie und Praxis als Vormundschaftsverhältnis auslegt und sich deshalb Vorschriften zu erlassen gestattet, die veränderndes Handeln in die Grenzen der bürgerlichen Ideale und ihrer Antizipation richtiger Lebensformen einschließen wollen.
(Gerd Kimmerle (1986): Verwerfungen. Vergleichende Studien zu Adorno und Habermas, Tübingen: Konkursbuchverlag, S. 10, Herv. CH)
Diese „richtige Lebensform“ hat Jürgen Habermas jetzt im ZeroCovid-Wahn gefunden: alles, wirklich alles muss vom STAAT getan werden, damit keine „Infektion“ und kein Todesfall mit oder an Corona passiert. Wer sonst dabei stirbt, Millionen im Trikont zumal, ist völlig schnuppe, der alte weiße Mann aus Bayern weiß als einziger, was richtig und wahr ist. Das ist wie bei einem schwäbischen Kabarettisten (war es Uli Keuler?), der in einem Sketch über Vater und Sohn im Brustton der kommunikativen Vernunft posaunte:
„Ich hab dich immer zu Frieden und Gewaltfreiheit erzogen, aber wenn du nicht hören willst, dann schlag ich dir den Schädel ein!“ –
Das ist die Philosophie von Jürgen Habermas in Kurzform.
Habermas bringt die Vernunft zur Raison, also tötet sie ab. Gerd Kimmerle analysiert:
Folgt man diskursethischen Erklärungen, muß man annehmen, der allgemeine Wille erzeuge sich (aus sich) selbst. Ihnen zufolge entsteht er nämlich als gesetzmäßige Selbstbeurteilung des individuellen Willens innerhalb diskursiver Willensbildungsprozesse, deren teleonome Reproduktionsmechanismen dem Einzelnen formbildend vorausgesetzt sind.
Also stellt er eine zirkuläre Wechselbegründung von gesellschaftlichen und moralischen Notwendigkeiten dar, deren gemeinsame Intersubjektivitätsform im moralischen Bewußtsein ihren intrapsychischen Abdruck findet. Ihre Normen erheben, wie Habermas in der Nachfolge Kants darlegt, einen argumentationslogisch uneinlösbaren Universalitätsanspruch. Habermas bejaht die These, jede moralische Beurteilung sei durch moralische Grundsätze auf Unparteilichkeit verpflichtet.
Dennoch verstößt er gegen sie.
Seine vorgefaßte Meinung, nur diejenigen Normen seien verallgemeinerungsfähig, die gemeinsame Interessen verkörpern und insofern intersubjektive Anerkennung verdienen, enthält eine parteiliche Hinsicht: die Einheit von moralischer und selbsterhaltender Sinnlichkeit des Interesses, die gegenüber allen anderen Existenzmöglichkeiten ausgezeichnet, ja als einzig mögliche Spiegelung von erlebter Sinnlichkeit in zeitübergreifend objektivierender Erfahrung gerühmt wird. Im sinndeterminierenden Wechselverhältnis von Norm und Interesse wird Freiheit zur Vernunft gebracht. (Kimmerle 1986, S. 179f., Herv. CH)
Jetzt, im pandemic turn und zu Zeiten Coronas, exorziert Habermas die Demokratie und will ganz konkret, quasi als rechtsphilosophische Handlungsanleitung für die Politik und die gesamte Richterschaft, vorneweg für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, die „Freiheit zur Vernunft bringen“: sie auslöschen.
Jürgen Habermas kommt zu sich selbst und wird der Vorbeter der Zeugen Coronas.
Eine rationale Analyse der Coronakrise, von „Überwachen und Strafen“, der „Geburt der Klinik“ und der Medizinisierung der Welt wird eher Heidrun Hesse zitieren: