Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Polizei

Danke Nena, Danke Kassel – Über eine 1983er Jahre Ikone, Demokratie, gute Nachrichten des RKI, Gates und die Polizei-Liebe bei der Tagesschau

Von Dr. phil. Clemens Heni, 27. März 2021

Nena, die 1983er Jahre Pop-Legende („99 Luftballons“),

hat sich vor wenigen Tagen mit nur zwei Worten als eine der ganz wenigen in Sachen Corona kritischen, selbst denkenden und mutigen Berühmtheiten der Rock-Pop-Musik-Szene geoutet, als sie nach den Demos in Kassel vom letzten Samstag, den 20. März 2021, auf Instagram postete:

Danke Kassel.

Es gibt eine sehr differenzierte, positive Würdigung dieses Statements in der WELT vom 26. März 2021 von Andreas Rosenfelder. Er schreibt:

In Deutschland hat sich ein neues Ritual herausgebildet. Immer dann, wenn irgendwo eine Demonstration gegen die Corona-Politik stattfindet, teilen Journalisten und Politiker in den sozialen Netzwerken Videoschnipsel, auf denen tanzende, trommelnde oder in Gruppen durcheinanderlaufende Menschen zu sehen sind – versehen mit Kommentaren es Abscheus und des Entsetzens. Der Abscheu zielt meistens darauf, dass es überhaupt noch Unbelehrbare gibt, die gegen jene Maßnahmen protestieren, an die sich doch alle anderen halten – zumindest offiziell. Das Entsetzen hingegen entzündet sich daran, dass die Demonstranten keine Masken tragen – oder, wie es gerne im unpersönlichen Stil eines Polizeiberichts heißt, Abstände nicht eingehalten werden. ‚Aerosolparty‘ – so nennt man das dann voller Ekel, wenn auch auf dünner Faktenbasis, denn die  Erkenntnisse der Aerosolforscher deuten auf ein sehr geringes
Ansteckungsrisiko im Freien hin.

Rosenfelder geht sehr wohl kritisch auf die „Querdenken-Bewegung“ ein, auf esoterische Tropen bei Nena, auf ihren Bezug zum verschwörungsideologischen Xavier Naidoo und einige andere abstossende Referenzen – aber das hat alles überhaupt nichts mit der herausragenden, demokratischen und kritischen Positionierung von Nena für die Demonstration in Kassel zu tun.

Der WELT-Feuilleton-Ressort-Leiter schreibt:

Die medialen und politischen Kommentare zu Kassel allerdings drehten die Perspektive um – und erweckten den Eindruck, die Demonstranten hätten einen Anschlag auf die Demokratie verübt. ‚Es entsetzt mich‘, so formulierte es Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) in einem sehr unangenehmen Sound, ‚dass Infektionsschutz, demokratische Ausübung der Versammlungsfreiheit und auch menschlicher Anstand in großen Teilen schlicht nicht vorhanden waren.‘

Andreas Rosenfelder resümiert treffend:

Diese pauschale Verächtlichmachung von Demonstrationen gehört sich in einem Rechtsstaat nicht. Die Öffentlichkeit ist nämlich kein Exerzierplatz für hygienepolitische Manöver, sondern die manchmal etwas wilde Bühne der Demokratie. Es ist grundsätzlich eher gut als schlecht, wenn sie in Anspruch genommen wird. Nenas ‚Danke Kassel‘ ist eine kleine Erinnerung an diesen Umstand. Dafür könnte man ihr – selbst wenn man die Ziele der Demonstranten nicht teilt und ihr Verhalten missbilligt – ein kleines bisschen dankbar sein. (Herv. CH)

Doch genau jene „hygienepolitische[n] Manöver“ vermisst die Tagesschau, so wirkt deren Berichterstattung. Für tagesschau.de schreibt der „Faktenfinder“ Andrej Reisin – den ich, rückblickend: leider, 2012 in einem Sammelband zur Kritik an Joachim Gauck publizierte –

Folgendes:

Für den Journalisten Olaf Sundermeyer, der seit langem von den Demonstrationen berichtet und in Kassel für den RBB vor Ort war, handelt es sich dagegen ’schlicht um eine absolute Fehleinschätzung der Polizei in Nordhessen‘. Es sei ‚das Wesen dieser Proteste, dass sie den Staat vorführen, die Polizei lächerlich machen‘ wollten. Für Beobachter der Szene sei anhand der Mobilisierung ‚glasklar‘ gewesen, dass in Kassel die größte Veranstaltung des Wochenendes geplant gewesen sei. ‚Man hat einfach versäumt, aus den Erfahrungen des letzten Jahres an anderen Orten zu lernen.‘

Man merkt richtig, wie Reisin und seine Kumpels oder Gesprächspartner innerlich kochen, weil es die Demokraten geschafft hatten, die Polizei in der Tat „lächerlich“ zu machen – daher ja die nicht zwingend ‚klammheimliche‘ Freude von Liberalen, Linken und Demokraten, dass diese Demonstrationen von 20.000 Menschen in Kassel trotz Verbot stattfanden, und zwar ohne Abstand, ohne Maskenwahn und mit Freude, Liebe und Lachen.

Hätte Reisin sich mal intensiver mit der Szene der Maßnahmen-Kritiker*innen befasst, hätte er gemerkt, dass dort sehr viele konservative und sonstige Freund*innen der Polizei auftreten. Auf vielen Kundgebungen wird das Verhalten der Polizei gewürdigt und nur selten kritisiert. Polizist*innen werden als potentielle Verbündete gesehen – etwas, was es auf linken Demos nie geben würde.

Doch Freude, Liebe und Lachen und eine rationale Einschätzung der Gefahrenlage durch Corona ist bei der Tagesschau offenkundig seit März 2020 verpönt. Kritiker*innen werden diffamiert und denunziert. So gut wie kein Anti-Coronamaßnahmen-Kritiker „leugnet“ das Coronavirus. Das ist schlichtweg eine der größten Lügen der Panikindustrie. Es gibt Neo-Nazis und andere Spinner, die das Virus leugnen – aber auf den Anti-Maßnahmen-Demos wird fast immer betont, dass es das Virus offenkundig gibt, es um den Schutz der Schutzbedürftigen hätte gehen müssen, von Anfang an, aber die „Maßnahmen“ jeder Verhältnismäßigkeit und einer Demokratie spotten. Darum geht es!

Die Tagesschau könnte, wäre sie tatsächlich an Fakten interessiert, zum Beispiel erwähnen, dass das RKI – das verschweigt dessen Leiter Wieler ganz gezielt, wie es scheint – mit seinen Zahlen zeigt, dass die Zahl der hospitalisierten alten und sehr alten Menschen seit Anfang Januar 2021 bis Ende März 2021 sehr stark zurückgegangen ist.

So ist vor allem die Zahl der Menschen über 80, die wegen Covid-19 (oder nur einem positiven Test auf SARS-CoV-2 !) hospitalisiert wurden, von 5002 Ende Dezember 2020 in der Woche 51/20 auf nur noch 2352 Anfang Februar (Woche 5/21) gefallen. Aktuell, in der in Frage stehenden Demo-Woche von Kassel (Woche 11/21 vom 15.-21. März) waren es nur noch 836 Menschen über 80! Das sind doch ganz herausragende Neuigkeiten. DAS wäre berichtenswert. Das sind Fakten, die aber kaum jemand finden möchte.

DAS wäre also eine Nachricht für die Tagesschau:

Kaum noch alte Menschen wegen Corona hospitalisiert. Von Ende Dezember bis Mitte März sank die Zahl der Über-80-jährigen, die mit einem positiven Test auf das Virus SARS-CoV-2 hospitalisiert wurden, von 5002 auf nur noch 836 Menschen pro Woche.“

Doch bringt die Tagesschau diese Neuigkeit? Oder das Heute-Journal? Welcher seriöse Richter der Welt würde angesichts solcher Zahlen Lockdowns, Maskenpflicht und das Zerstören jeglicher sozialen Beziehungen, den wirtschaftlichen Ruin unzähliger Einzelhänder*innen, das soziale, kulturelle und psychische Ende von über 1,2 Millionen Kulturschaffenden hinnehmen? Doch haben wir noch seriöse Richter*innen, von wirklich ganz wenigen Ausnahmen abgesehen?

Oder wiederum ein Blick auf die Gesamtbelegung der Intensivstationen in Krankenhäusern in Deutschland. Die Belegung ist seit Mai 2020 bis Ende März 2021 exakt gleich geblieben, mit ganz kleinen Schwankungen, zwischen 19.000 und 21.000. Es gab zu keinem Zeitpunkt auch nur irgendeine signifikante Erhöhung der Patient*innen auf ICUs – DAS soll die größte medizinische (!) Krise seit 100 Jahren sein? Welcher rationale Mensch glaubt das? Antwort: Fast alle glauben das, weil sie irrational gemacht wurden (oder schon latent waren), weil die Tagesschau und alle anderen Mainstreammedien die Wahrheit oder die Realität nicht angemessen berichten (auch hier gilt: es gibt Ausnahmen, die die Regel bestätigen).

Was nun wirklich eine Krise ist, ist der Rückgang der freien Betten auf ICUs – von 10.224 am 2. Juli 2020 auf 3284 am 26. März 2021. Dabei lagen am 2.7.20 sogar MEHR Patient*innen auf Intensivstationen als heutzutage: 20.780 (2.7.20) zu 20.724 (26.3.21). DAS ist erklärungsbedürftig und könnte die unseriöse Arbeitsweise fast aller Krankenhausgesellschaften indizieren. Müssten nicht heute viele Tausend Betten mehr ausgelastet sein als im Sommer wie am 2. Juli 2020? Warum fabulieren die Politiker Ende Märze, die „schwerste Zeit der Epidemie“ läge vor uns – wenn doch am 26.3. weniger Patient*innen auf Intensivstationen liegen wie am 2.7.?

Wie ist es möglich, dass insgesamt exakt gleich viele Patient*innen auf ICUs lagen und liegen, aber am 2.7.20 nur 325 mit einem positiven Test auf SARS-CoV-2, am 26.3.21 hingegen 3323? Wie soll das gehen? Warum bleibt die Gesamtzahl aller Patient*innen immer gleich? Warum sind weiterhin mehr als 3000 Betten frei? DAS soll ein Notstand sein, der das Aussetzen fast aller Grundrechte rechtfertigt?

Da die Krankheit Covid-19 für Menschen über 80 am allergefährlichsten werden kann und bislang das durchschnittliche Todesalter zwischen 82 und 84 Jahren lag (also über der durchschnittlichen Lebenserwartung von 81 Jahren in der BRD, was schon zeigt, was für eine für die Allgemeinheit relativ harmlose Erkrankung Covid-19 ist), wird sich die Sterblichkeit ganz extrem reduzieren und die Zahl der Todesfälle noch mehr abnehmen, nachdem es ja schon 2020 so gut wie keine Übersterblichkeit gab.

Ob dieser enorme Rückgang der Hospitalisierungen der Über-80-jährigen an der Impfung (egal ob mit Arsen– Astra-Zenica oder Pfizer/BioNTech) liegt, die ja so ungewöhnlich heftige Nebenwirkungen gerade auch bei jüngeren Impflingen haben kann (oder zu einem möglichen massiven Anstieg der Todeszahlen nach der ersten Dosis Pfizer/BioNTech in Israel im Winter führten?), wissen wir nicht. Von den Langzeitfolgen wissen wir auch nichts.

Nie vergessen sollten wir die wirklich totalitäre Impfideologie von Kanzlerin Angela Merkel. Folgende Äußerung vom Februar 2021 ist eine Kampfansage an die freie Entscheidung von Menschen, sich impfen zu lassen – Merkel möchte sie offenbar zwingen:

Fr, 19.2.2021 19:00 Uhr: „Die Pandemie ist erst besiegt, wenn alle Menschen auf der Welt geimpft sind“, erklärte Bundeskanzlerin Merkel nach der Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs der G7.

Der Zwang liegt darin – und alle Ministerpräsidenten folgen ihr dabei -, dass es ohne Impfung kein normales Leben mehr geben wird. Doch nie im Leben werden sich alle impfen lassen, das weiß Merkel. Sie möchte damit den Lockdown auf alle Zeiten, viele Jahre nach ihrem Ausscheiden aus der Politik (BRD) im September 2021 fortführen lassen, auf die eine oder andere Weise. Es ist totalitär, alle Menschen impfen zu wollen – ja, noch viel totalitärer: Sie will die GANZE Welt impfen lassen. Und damit sekundiert sie Bill und Melinda Gates, die ja überhaupt keine Demokraten sind und keinerlei demokratischer Kontrolle unterliegen. Sie dürften – wäre die Welt demokratisch – überhaupt nichts zu sagen haben. Es sind Kapitalisten, die die Welt nach ihren zweckrationalen Methoden strukturieren wollen.

Aus diesem Satz von Merkel spricht ein solcher größenwahnsinniger, die Menschheit beglückender, weil biopolitisch kontrollierender Wahnsinn, dass er einem Angst macht wie kein zweiter Satz dieser Kanzlerin in ihrer viel zu langen Amtszeit (in den USA kann kein Präsident länger als 8 Jahre regieren und das ist auch gut so).

Es zeigt sich auch, wie unfassbar uninformiert Merkel über das Wort Immunität ist. Menschen, die Corona überstanden haben (also fast alle, die je mit SARS-CoV-2 in Berührung kamen), haben eine natürliche Immunität via Antikörper, die die T-Zellen Immunität, die 81 Prozent von uns haben (Uni Tübingen) ergänzt. Zu sagen, nur eine Impfung könne ein so harmloses Virus wie Corona besiegen ist irrational, unwissenschaftlich und extrem gefährlich. „Besiegen“ müssen und können wir einen Grippeerreger wie Corona überhaupt nicht. Das ist unrealistisch, nicht erstrebenswert und äußerst dumm – oder aber perfide, weil die taktisch und strategisch raffinierte Kanzlerin weiß, dass sie mit diesem totalitären Satz die Corona-Krise für nicht beendbar hält. Es wird nie aufhören – das ist der feuchte Traum von Klabauterbach, Drosten, Merkel und der linken ZeroCovid-Fraktion, die nicht links, sondern ebenso totalitär ist.

Es ist auch die Ideologie von Bill Gates. Die Politologin Barbara Unmüßig vom Vorstand der Heinrich Böll Stiftung hat 2017 eine relativ scharfe Kritik an der Bill & Melinda Gates Stiftung (BMGS) publiziert („Wohlwollende Alleinherrscher“). Darin greift sie die kapitalistische Agenda von Gates, die Abhängigkeit der WHO von der BMGS und die Ausbeutung zumal afrikanischer Länder durch landwirtschaftliche Projekte an. Unmüßig schreibt zudem gegen Gates und die BMGS:

Zudem kommt bei diesem Ansatz die Bekämpfung der Krankheiten selber zu kurz. Eine Impfung macht einen Menschen nicht gesund. Auch Hunger, Durst, Armut und soziale Ungleichheit tragen dazu bei, dass Menschen krank werden.

2021 scheint sie das alles vergessen zu haben und lamentiert über das langsame Impftempo weltweit und die ökonomische Ungleichheit, die dazu führe, dass der Globale Süden so gut wie keinen Corona-Impfstoff bekommen würde. Doch brauchen Afrika und Asien einen Impfstoff gegen eine „Pandemie der Alten“ (Prof. Matthias Schrappe)? Was sagt denn Unmüßig über die extreme Zunahme von Hunger und Tod im Globalen Süden wegen der Lockdownpolitik der Grünen, von CDU/CSU, SPD, FDP, Freien Wählern, ja weltweit?

In Deutschland starben bislang ca. 900 von 1 Mio Menschen an Corona, in den USA 1600, man sieht, dass fast nur europäische und amerikanische Länder überhaupt von der „Pandemie“ betroffen sind.

Es gibt ganz wenige afrikanische Länder, die eine relevante Anzahl an Toten haben, aber das sind jene Länder mit starken Bezügen zu Europa. Die allermeisten afrikanischen und asiatischen Länder haben so gut wie kein Problem mit Corona, hier ausgewählte Zahlen (Tote pro 1 Mio EW):
Namibia 193, Ägypten 113, Gambia 65, Senegal 60, Sudan 45, Kongo 24, Ghana 23, Kamerun 22, Mali 18, Togo 13 und im mit Abstand größten afrikanischen Land Nigeria gab es bislang sage und schreibe 10 Tote auf eine Million Einwohner (nochmal: in Deutschland sind es 900 und das ist auch keine Krise und überhaupt keine relevante Übersterblichkeit).

In Asien sieht es noch harmloser aus: Indonesien 145, Malediven 121, Philippinen 118, Indien 116, Japan 71, Bangladesch 53, Malaysia 38, Südkorea 33, Hongkong 27, Sri Lanka 26, Singapur 5, China 3, Thailand 1, Vietnam 0,4, Taiwan 0,4, Kambodscha 0,3.

Soviel dazu, dass eine weltweite Impfung völlig unnötig ist bei einem respiratorischen Virus, das mit einer schweren Grippe vergleichbar ist und fast nur alte und vor allem sehr alte und sehr kranke Menschen betrifft (für die Langsamblicker*innen: Es gibt immer Ausnahmen, das ist der Witz an der Ausnahme, dass sie die Regel bestätigt). Für die biopolitische Herrschaft über die ganze Welt (ohne dass man hier fantasieren muss, dass Menschen gechipt werden durch die Impfung etc.) ist dieser Auftrag, den Merkel sich und den Herrschenden gibt, extrem wichtig: Erst wenn alle Menschen sich gegen ein soooo harmloses Virus haben impfen lassen, sei diese Pandemie, die gerade keine weltweite Krise ist (die Krise besteht im Lockdown!, nicht in der Gefahr durch das Virus), zu Ende. Kein Bundeskanzler vor Merkel hat je eine so brutale Drohung ausgesprochen.

Also warum Barbara Unmüßig ihre Kritik an Bill Gates und der Bill & Melinda Gates Stiftung von 2017 gerade 2020 und 2021 offenbar nicht wieder hervorzieht und untermauert, da doch Gates – wie Merkel – auf brutale Weise angekündigt hat, dass er die ganze Welt impfen wolle, das ist schleierhaft oder doch eher bezeichnend (Böll-Stiftung).

Ob also der sehr erfreuliche Rückgang der Hospitalisierungen der Über-80-jährigen an der Impfung, am Wetter oder daran liegt, dass einige alte Menschen wieder Besuch bekommen (wenn auch weiterhin perfide reduziert) oder weniger Ansprachen, Podcasts und Tweets von Merkel, Söder, Klabauterbach, Drosten, Wieler und Müller konsumieren und somit auf unterschiedliche Weise ihr Immunsystem stärken, oder ob es viel bessere frühzeitige Behandlungsmethoden gibt – das wissen wir nicht und können es nicht wissen, woran der enorme Rückgang in kurzer Zeit genau liegt. Womöglich ist es eine Mischung aus verschiedenen Faktoren.

Es ist jedenfalls eine sehr gute Nachricht, dass kaum noch sehr alte Menschen über 80 schwer an Covid-19 erkranken und ins Krankenhaus müssen. Auch von den 60-79-jährigen erkranken aktuell viel weniger Menschen an Covid-19 (obwohl die gar nicht in der Impfpriorisierung ganz vorne mit dabei sind). Doch warum kommt diese Nachricht nicht in den Nachrichten?

Und all jene, die jetzt fantasieren, dass junge Menschen ganz enorm stark betrofffen wären und sich die Anzahl der jüngeren Covid-19 Patient*innen erhöhen würde, muss ich enttäuschen. Die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) (Stand 23.03.2021) – und entgegen der Panikindustrie basieren ‚wir‘ Kritiker*innen unsere Analysen ja auf den offiziellen Zahlen – geben es nicht her (Stand 21. März 2021, also einen Tag nach der Kassel-Demo).

Auch in der Altersgruppe der 60-79-jährigen ist die Zahl der Hospitalisierten also von 4293 (51/20) über 2212 (5/21) auf nur noch 1114 (11/21) gefallen. Bei der ach-so-extrem-stark betroffenen Gruppe aus dem Herzen der Gesellschaft, den 35-59-jährigen sank die Zahl der Hospitalisierungen von 2138 (51/20) über 1068 (5/21) auf jetzt nur noch 762 (11/21). Die Zahlen der Hospitalisierungen von Kindern war und ist vernachlässigenswert und hat sich seit Woche 51/20 bis Woche 11/21 auch reduziert (von 83 auf 53 bei den 5-14-jährigen, von 78 auf 62 bei den 0-4-jährigen, wobei weiterhin gilt, dass eine Influenza für Kinder ohnehin deutlich gefährlicher sein kann, wie jeder seriöse Arzt und jede seriöse Ärztin bestätigen wird). Bei den 15- bis 34-jährigen hat sich die Zahl ebenso reduziert (krasse Mutanten!), und zwar von 691 (51/20) über 336 (5/21) auf 306 (11/21).

Und noch mehr, auch das kann man als Neu-Epidemiologe lernen, wenn man denn möchte: Der Prozentsatz derjenigen, die positiv auf dieses Virus (SARS-Cov-2) getestet wurden und hospitalisiert werden, sinkt auch seit Wochen. Von 10 % (51/20) über 12 % (5/21) auf nur noch 5 % in Woche 11/2021 – bei deutlich erhöhten positiven Tests: Von 174.941 „Fällen“ in Woche 51/20 über 64.661 in 5/21 hin zu wieder mehr „Fällen“ in Woche 11/21: 91.523 – ABER dieser vorgeblich starke Neuanstieg der „Fälle“ spiegelte sich nicht in den Hospitalisierungen wider. Letztere sanken von 12.293 (51/20) über 6.049 (5/21) auf 3138 (11/21).

Es wäre eine sehr interessante empirische Forschung zu schauen, wie die Krankenhäuser Patient*innen deklarieren – ob bereits hospitalisierte plötzlich umdeklariert werden und ein Intensivfall wegen einem Herzinfarkt plötzlich ein Corona-Fall wird, oder ein Krebspatient im Endstadium und so weiter. Jedenfalls steigen die Zahlen der belegten Intensivbetten überhaupt nicht, nur die Anzahl der Covid-19-Fälle steigt leicht – doch das widerspricht der massiv reduzierten Anzahl der ingesamt (Normalstation und ICU) wegen Corona Hospitalisierten, von 12.293 in Woche 51/20 auf 3138 in der Woche vom 15. März (11(21).

Das heißt, immer weniger Menschen, die positiv getestet werden, werden schwer krank. Das wäre eine Neuigkeit auch für die Tagesschau. Und selbst der aktuelle leichte Anstieg der Patient*innen auf Intensivstationen zeigt, dass sich das Virus massiv abschwächt – trotz der von den Panikindustrie seit Monaten (!) hochgejubelten „Mutanten“.

Während es nämlich am Beginn der Herbst/Winter-Grippesaison nur 8 Tage dauerte – vom 6. bis 14. November 2020 -, bis sich die Zahl der Hospitalisierten von einem Niveau von ca. 2700 um 600 Patienten erhöhte, dauerte es aktuell doppelt so lange.

Sprich: Am 6.11.2020 lagen 2745 Patienten mit der Diagnose positiver Test auf SARS-CoV-2 auf der Intensivstation, am 14.11. waren es 3315. Also in 8 Tagen ca. 600 Patienten mehr.

Am 12. März 2021 lagen 2747 Menschen mit einem positiven Test auf SARS-CoV-2 auf der Intensivstation, am 26. März sind es 3323. Das sind ebenso ca. 600 Patienten mehr, aber es dauerte 14 Tage, also aktuell fast doppelt so lange wie noch im November. Und selbst im November war das nicht annähernd dramatisch und führte zu keinerlei Überlastung des Gesundheitssystems. Sind diese hardcore Mutanten so unsagbar gefährlich, dass es fast doppelt so lange dauert, bis Menschen daran schwer erkranken?

Das sind Fakten. Doch wofür interessiert sich der „Faktenfinder“ der Tagesschau? Dafür, ob die Polizei bei der nächsten Großdemo gegen die totalitäre Coronapolitik so richtig brutal durchgreift und auch die 76-jährigen Opas und Omas mit dem Knüppel behandelt oder wenigstens mit dem Wasserwerfer durch die Luft wirbelt (man konnte im Livestream aus Kassel sehen, wie z.B. ein Polizist einen offenbar gehbehinderten ca. 65+ Mann mehrfach brutal wegschubste, nur durch Zufall fiel der Mann nicht hin, der Mann hatte sogar einen Schirm, den er nicht als Waffe benutzte, was „Autonome“ durchaus getan hätten als Abwehrreflex oder Schutz).

Oder wie im Polizeistaat wirklich alle Zufahrtsstraßen hermetisch abriegeln, damit kein Mensch mehr die Chance hat, das Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch zu nehmen, wenn wieder ein halbgebildetes Gericht eine Demonstration verbietet (das Bundesverfassungsgericht aber die Demo genehmigt hätte, nur keine Zeit mehr war, dieses oberste Gericht anzurufen).

Die Politik, die Medien und weite Teile der Gesellschaft haben es seit März 2020 geschafft, Menschen in „systemrelevant“ und „nicht systemrelevant“ einzustufen. Die Kultur ist der aller irrelevanteste Bereich von allen. Fußballer dürfen auf der ganzen Welt herumreisen und stehen wie nichts anderes für das diktatorische Brot und Spiele (allerdings ohne Zuschauer im Stadion). Bekanntlich kommen sich Musiker*innen beim Singen oder Gitarre Spielen viel näher als Fußballer beim Kopfball oder Zweikampf – ist logisch, oder?

Die gesamte Kulturszene hat völlig versagt und keine Sekunde für die Demokratie, die Verhältnismäßigkeit und die Rationalität gekämpft. Die Popikone Nena hat sich geäußert, wie der Rockmusiker Guido de Gyrich („Wo seid ihr alle hin?„).

Nena hat wie selbstverständlich das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit gewürdigt und das Grundgesetz verteidigt. Das ertragen die Mainstreammedien und die Politik nicht.

DAS ist der pandemic turn. Das ist 2020/21 ff.

Danke Nena, danke Kassel.

 

Eine junge Studentin aus Brokdorf möchte nach Tübingen reisen – lässt Boris sie rein?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 09. März 2021

Ich habe schon 2009 über problematische Ideologeme („Boris Palmers antisemitische Ressentiments – Besuch ehemaliger Tübinger Juden im Jahr 2004“) berichtet („Boris Palmer und der Wohlfühl-Antisemitismus. Grüne, Felicia Langer und das Tübingen-Syndrom oder: Wir mögen Juden – aber nur, wenn sie gegen Israel sind“), die man bei Boris Palmer, dem Oberbürgermeister von Tübingen, analysieren konnte. Zuletzt hatte ich ihn aufgrund seiner tendenziell Lockdown kritischen Position positiv hervorgehoben (Corona decline: Great Barrington Declaration works – The case of the German University town of Tubingen!), ohne seine antiisraelische Ideologie, die sich seinerzeit auch im Promoten der antizionistischen Aktivistin und Tübinger Bundesverdienstkreuzträgerin Felicia Langer zeigte, zu verschweigen.

Die vorgeblich Coronapolitik kritische Position von Palmer war von Anfang an auf wackligen Füßen gebaut. Zwar waren Teile der Palmerschen Politik nicht uninteressant, wie kostenlose Taxis für alte Menschen oder bevorzugte Öffnungszeiten von Supermärkten für die ältere Bevölkerung. Das sind Elemente, wie wir sie aus der Great Barrington Erklärung kennen – gezielter Schutz der Alten und Gefährdeten („focused protection“) und normales Leben für alle anderen.

Doch aufgrund seines bekannten autoritären Auftretens gegenüber kritischen Studenten („Oh je, der schon wieder“) war klar, dass es nicht lange dauern dürfte, bis Palmer tendenziell auf chinesischen, australischen oder österreichischen Corona-Kurs einschwenken würde. In Australien passierte es kürzlich, dass wegen nur eines einzigen (!) ‚Corona‘-Falls Millionenstädte wie die Metropole Perth komplett abgeriegelt wurden. Das ist demnach die Traum-Politik der totalitären ZeroCovid-Monster, wie wir sie auch hierzulande haben, von Antje Schrupp (Evangelische Frauen) über Georg Restle (ARD, Monitor) hin zur Spiegel-Kolumnistin Margarete Stokowski.

So ein Abriegeln selbst bei Tausenden Fällen wäre antidemokratisch und widerspricht dem Grundwissen der Public Health wie der Epidemiologie. Australien wird sich nie mehr der Welt öffnen können, da es logisch ist, dass durch Touristen aus allen anderen Gegenden der Welt logischerweise Menschen einreisen werden, die ein so harmloses Virus wie Corona oder Influenza mit sich tragen. Diese Lektion wird Australien noch lernen, auch wenn das Land für rationale Tourist*innen für unabsehbare Zeit gestorben ist, wie Neuseeland. Corona ist eine „schwere Influenzawelle“, sagt das Robert Koch-Institut (RKI).

Tübingen plant jetzt alle Menschen zu kontrollieren, die aus Stadt- oder Landkreisen, oder gar Ländern und Gegenden kommen, die eine „Inzidenz“ von mehr als 50 „Infektionen“ (die fast alle keine sind und nie waren) pro 100.000 EW in den letzten 7 Tagen haben.

Das betrifft aktuell einen Großteil aller Stadt- und Landkreise von Baden-Württemberg, unter anderem Stuttgart, Esslingen, Ludwigsburg oder das direkt an Tübingen angrenzende und größere Reutlingen. Menschen aus diesen Stadt- und Landkreisen werden kategorisch und zwar alle als Gefahr für die Volksgesundheit betrachtet und müssen einen tagesaktuellen negativen C-Schnelltest vorweisen. Während es seit März 2020 ohne Probleme möglich war, nach Tübingen zu reisen, ist das jetzt kaum noch jemand einfach so möglich. Jeder Mensch ist ein Verdachtsfall bzw. wird durch Boris Palmer zu einem solchen gemacht. Diese totalitäre Willkür ist jetzt in Mode. Alle folgen dem chinesischen Modell, also dem Totalitarismus des dortigen Einparteien-Staates unter der Führung der Kommunistischen Partei.

In Österreich planen sie jetzt, eine Gemeinde wie die Wiener Neustadt, südlich von Baden bei Wien, komplett abzuriegeln – weil offenkundig zu wenige Menschen in Österreich mit Corona im Krankenhaus liegen (nur 317 Intensivbetten sind mit Corona-Pat. belegt) und so eine Polizei- oder Militärstaatsmethode Leute doch einschüchtert und krank machen wird oder Gewalt aufkommen wird.

Palmer hat nicht gelernt, dass es gut ist, wenn sich die junge Bevölkerung – alle unter 60 Jahren – mit Corona ansteckt, da dies und nur dies eine Herdenimmunität aufbaut, unsere Körper schaffen das. Nur die enorm kleine Gruppe von sehr alten, sehr kranken oder sonst massiv vorerkrankten und vor allem immungeschwächten Personen ist theoretisch gefährdet. Corona ist eine Art schwere Grippe, nichts weiter – sagt das RKI.

Palmer hat seit März 2020 nicht verstanden, dass man ein respiratorisches Virus nicht stoppen kann. Er sucht den Schuldigen, ganz analog wie das die Regierungspolitik bundesweit seit März 2020 tut – wer sich nicht an die „Maßnahmen“ hält, weil sie oder er mehr Ahnung von Epidemiologie, Virologie, Public Health oder gar – Gott behüte – von Demokratie, Freiheit, Menschen- und Grundrechten hat, die oder der werden diffamiert, wie seit 1945 niemand in diesem Deutschland diffamiert und denunziert wurde.

Nehmen wir einen ganz typischen Fall: Eine 27-jährige Studentin der Universität Hamburg aus Brokdorf in Schleswig-Holstein (Landkreis Steinburg, Inzidenz 15,3), die ihre Tante in der Tübinger Südstadt besuchen möchte. Auf dem Weg dahin fährt die junge Frau entgegen der Sorge ihrer vollautonomen Eltern, Brokdorf-Kämpfer*innen der ersten Stunde, mit dem geerbten Maserati ihres Onkels bei ihrer lesbischen Freundin in Thüringen vorbei. Diese wohnt im Landkreis Greiz (Inzidenz 260,8), wirkt hardcore asymptomatisch, die beiden kommen sich in den drei Stunden Zwischenaufenthalt näher, auch wenn der eigentliche Besuch erst auf der Rückfahrt von der Tante aus Tübingen einige Tage später geplant ist.

Die 1006 km von Brokdorf via Greiz nach Tübingen sind mit dem Maserati durchaus an einem Tag zu schaffen. Daher ja auch der Zwischenstopp in der Ex-DDR. In Tübingen angekommen, wundert sich die Studentin über den verglichen mit Steinburg an der Elbe doch deutlich erhöhten Inzidenz-Wert von 27,1.

Es fällt ihr in Tübingen schon auf, dass viele Leute etwas schwer atmen, einige husten, wieder andere setzen sich öfters mal auf eine Bank auf der Platanenallee am Neckar und ruhen sich aus (vis-à-vis vom Hölderlinturm). Ihr fällt auf, wie winzig der Neckar ist, eher eine Art Bach – verglichen mit der Elbe bei Brokdorf. Ob das etwas mit der Inzidenz zu tun hat?

Wie wird nun die Tübinger Polizei mit ihr umgehen? Ihr eindeutig nicht-schwäbisches Idiom verrät sie sofort, die klare Aussprache, ihre blonden Haare, ihre große Statur und ihre schicke Hamburger Kleidung verraten sie obendrein.

Wer wird die junge Frau ansprechen, ob sie überhaupt aus einem Landkreis kommt, der eine Inzidenz unter 50 hat, damit die super Inzidenz von 27,1 von Tübingen nicht verwässert wird? Was, wenn sie erfährt, dass der Landkreis Steinburg eine viel niedrigere Inzidenz hat? Was wäre passiert, wenn ihre Freundin aus Greiz spontan Lust bekommen hätte, mitzufahren in die schwäbische Provinz, erstmals eine Reise in die alte BRD? Hat die Studentin beim distanzlosen Körperkontakt mit ihrer Geliebten einen Teil der 260er Inzidenz aus Greiz abbekommen? Woran könnte sie es merken?

Müsste sie dann mit ihrer womöglich teilweise krassen Nähe zu ihrer Freundin mit 260er Inzidenz an der Stadtgrenze von Tübingen aussteigen und im Landkreis Reutlingen verweilen? Würde das die Bundespolizei oder die Tübinger Polizei kontrollieren, oder die Bundeswehr, nachdem ja schon vor Jahrzehnten „die Franzosen“ das Musterländle verlassen hatten und die man sonst hätte fragen können (Macron ist weiter „im Krieg“ gegen das Coronavirus) ?

Oder hofft Palmer auf das traditionelle Denunzieren von Abweichlern und Verdächtigen im Ländle? Neigschmeckte werden in Tübingen sofort enttarnt. Dabei würde ein echter Tübinger ja sogar den Dialekt einer Heilbronnerin sofort erkennen, der dortige Singsang ist unverkennbar und hat bereits einen Hauch Badisches oder gar Hohenlohisches an sich. Wenn erst jemand aus Mannheim den Weg von der Neckarmündung zurück zum Oberlauf des Neckars bei Tübingen machen sollte, ist alles verloren, da muss man gar nicht erst fragen, woher der Mann kommt, oder auf das Nummernschild des Autos schauen – Badenser haben in Tübingen eh nichts zu suchen und am Rhein ist die Inzidenz immer höher als im vorbildlichen Universitätsstädtle. Darauf können Sie Gift nehmen.

Ironischerweise trifft sich nun Palmer mit der hardcore aggressiven, irrationalen und auf das Testen, Impfen und Aussperren der Nicht-Geimpften basierenden israelischen Coronapolitik von Benjamin Netanyahu, einem Kumpel von Basti Kurz aus Wien, dem harten Mann Österreichs. Vielleicht wird aus Palmer dann doch noch ein Israelfreund, wenn auch kein zionistischer, sondern ein coronagläubiger…

 

Der Autor war von 1991 bis 1996 Student an der Universität Tübingen (Philosophie, Geschichte, Empirische Kulturwissenschaft (EKW), Politikwissenschaft), zeitweise hatte er ein Zimmer im Studentenwohnheim, direkt gegenüber dem Arbeitszimmer des Ex-SS-Mannes Theodor Eschenburg, Professor für Politikwissenschaft. 1996 anlässlich der Goldhagen-Debatte meinte eine Kommilitonin, ob nicht für einen „Antideutschen“ die „rote Uni Bremen“ besser passen würde, und so kam es 😉

Zugleich war der Autor beim Antifaschismuskomitee Tübingen/Reutlingen und in anderen antirassistischen und Pro-Flüchtlingsgruppen aktiv.

 

Was Linke nicht kapieren werden: Nie zeigte sich der Kern der Neuen Rechten so brutal wie am 9. Oktober 2019 – Der antisemitische Anschlag auf die Synagoge und die Juden in Halle

Von Dr. phil. Clemens Heni, 11. Oktober 2019

Der vermutlich schlimmste Anschlag in Deutschland auf Juden seit 1945 in Halle in Sachsen-Anhalt am 9. Oktober 2019 an der dortigen Synagoge zeigt mit unfassbarer Brutalität, deutscher Kälte und minutiös geplantem Vernichtungsdrang den Kern der Neuen Rechten und des Neonazismus: den Antisemitismus.

Von Holocaustleugnung, die der Täter via Livestream seiner Nazi-Fanbasis auf Englisch präsentierte, über Verschwörungsmythen hin zum perfide geplanten Datum, dem höchsten jüdischen Feiertag Yom Kippur, zeigt sich der in diesem Land immer abrufbare Drang zur Tötung von Juden.

Es geht Nazis darum Juden zu töten, alle anderen Opfer sind „nur“ Konsequenz des Judenhasses. Ohne Juden gäbe es keine Migration, keine Holocausterinnerung, keinen Feminismus, keine Klimadiskussion etc. pp.

Innenminister Horst Seehofer ist ein enger Kumpel von Victor Orbán, der exakt diesen Antisemitismus promotet – ein Jude wie George Soros sei für NGOs verantwortlich, die Migranten nach Europa schleusten, damit die „nationale Identität“ Ungarns (oder Bayerns) destabilisiert würde. Natürlich ist jetzt Seehofer sehr betroffen. Hat nix mit nix zu tun.

Dazu kommt wie immer in Deutschland das staatliche Versagen oder Mittun. Seit Jahren fordert die jüdische Gemeinde in Halle Polizeischutz, auch diesmal, explizit an Yom Kippur. Es geschah nichts und man darf eine antijüdische Grundhaltung im Polizeipräsidium sehr wohl annehmen, denn die Kosten für die Abstellung von wenigstens zwei bewaffneten Beamten auch nur an diesem speziellen, wichtigsten jüdischen Tag im Jahr, sind lächerlich.

Die Hilflosigkeit der „TV-Experten“ zeigte sich zum Beispiel auf n-tv, wo mancher Experte fast schon hoffte, dass der Nazi „wahllos“ um sich geschossen habe, es also doch nicht gezielt gegen Juden gegangen sei. Diese Entwirklichung des Antisemitismus kennen wir seit langer Zeit.

Es ist purer Zufall und unglaubliches Glück, dass jene Türe der Synagoge den Schüssen und Molotowcocktails des Nazitäters standhielt, sonst hätte es vermutlich das schrecklichste antisemitische Massaker in Deutschland seit dem Ende des Nationalsozialismus gegeben. Es ist kein Zufall, dass angesichts des Trumpismus das schlimmste antisemitische Massaker in den USA passierte, in Pittsburgh in einer Synagoge. Hierzulande sind die Neuen Rechten große Fans von Trump.

Halle hängt direkt mit der Alternative für Deutschland und deren zur Gewalt und zu Antisemitismus aufhetzender Rhetorik zusammen, von Gaulands „Vogelschiss“, den der Holocaust bedeute, über Goebbels-Höckes Geschrei nach Widerstand hin zu den Gewaltfantasien in den anti-sozialen Netzwerken der Anhänger*innen der AfD, der Identitären Bewegung und anderer Nazis.

Der Angriff auf die Juden in Halle zeigt ganz deutlich: das Ziel der neuen Nazis ist das gleiche wie das ihrer Großväter, die Juden. Wenn sie die jedoch aus zufälligen Gründen oder technischen Problemen nicht als Opfer vor den Gewehrlauf bekommen, dann werden andere Opfergruppen gewählt, Muslime, Migranten, Linke, Feministinnen.

Wir haben es mit Staatsversagen zu tun, mit dem absichtlichen Nicht-Gewähren von Polizeischutz für die Synagoge in Halle an der Saale. Im Heucheln ist Deutschland schon seit langem Weltmeister. In Berlin oder München und Hamburg werden jüdische Einrichtungen doch primär deshalb massiv geschützt, weil es eine PR-Maßnahme ist, es wäre „für das Ausland“ ein erschreckendes Zeichen, wenn wieder Synagogen brennen würden. Wäre es die letzten Jahre tatsächlich um den Schutz aller jüdischen Einrichtungen in diesem Land gegangen, wäre der Anschlag in Halle nicht passiert. Ja, wäre die Polizei wenigstens SOFORT nach dem Notfall-Anruf des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Halle losgerast, wäre wenigstens der Mord in dem Döner-Restaurant verhindert worden.

Wie die Publizistin Veronika Kracher festhält, ist es absolut unfassbar, dass dieser Nazi, den die Bild-Zeitung natürlich auf die Titelseite brachte und auch (zumal private) TV-Stationen den Mörder minutenlang in Großaufnahme zeigten, fünf Minuten in voller Kampfuniform und mit Waffen vor der Synagoge stand. Das nennt man Staatsversagen. Eine Polizeistreife braucht eine Minute, um an einem solchen Ort in der INNENSTADT einer Großstadt zu sein.

Auch ein roter Notfallbutton ist den Juden verwehrt worden, dabei ist das ein technisches Kinderspiel, alte Leute haben so einen Button etc. pp.

Und dann gibt es das Versagen der Linken bei der Analyse des Antisemitismus. Im Juni 2018 gab es eine Kampagne mit dem Titel „Solidarität statt Heimat“. Es geht gegen Rassismus, Nazis und die Neue Rechte. Das ist sehr richtig. Aber zu Gaulands „Stolz auf deutsche Soldaten in zwei Weltkriegen“, also sekundärem Antisemitismus, kein Wort. Nichte eines. Das Nomen Antisemitismus oder das Adjektiv antisemitisch sucht man vergebens in diesem Manifest „Solidarität statt Heimat“.

Auch vom islamistischen Antisemitismus natürlich kein Wort. Auch jetzt wird kaum jemals erwähnt, dass letzten Freitag, 04. Oktober 2019, ein Syrer in Berlin vor der großen Synagoge in der Oranienburger Straße mit einem Messer bewaffnet, „Fuck Israel“ und „Allahu Akbar“ schreiend, Polizist*innen bedrohte, die dort 24/7 die Synagoge bewachen und den Angreifer mit Pfefferspray unschädlich machten. Ein Richter ließ ihn wieder frei, bis er nach mehreren Tagen dann doch festgenommen wurde.

Die Erklärung „Solidarität statt Hass“ wurde von der Elite in den Sozial- und Geisteswissenschaften unterzeichnet, all jenen, die sich als die „Guten“ vorstellen. Doch sind sie es? Von der mit antisemitischen Invektiven in ihrer Doktorarbeit promovierten Naika Foroutan und dem jüdischen Koscherstempelverteiler für die antisemitische Boykottbewegung BDS Micha Brumlik hin zu dem „Experten“ für Rechtsextremismus Matthias Quent sind fast 17.000 Unterschriften unter diesem erbärmlichen Dokument „Solidarität statt Heimat“ zu finden. Mit keinem Wort wird der Antisemitismus der Neuen Rechten, der AfD oder der Identitären Bewegung auch nur en passant erwähnt. Dabei ist der Antisemitismus der Kern der Neuen Rechten und aller Nazis seit jeher.

Das ergänzt somit den neu-rechten Einsatz von Publizisten wie Henryk M. Broder, der mit AfD-nahen Kolleginnen wie Vera Lengsfeld seit Jahren für ein hetzerisches Klima in diesem Land steht und namentlich Migration, den Islam, den Feminismus und Angela Merkel attackiert. Es gibt auch Journalisten wie Eldad Beck, der sich vor wenigen Tagen in der Propagandapostille Israel Hayom fürchterlich aufregte, dass Angela Merkel den Herzl Award des World Jewish Congress erhalten wird.

Dabei hat Angela Merkel mehr für jüdisches Leben in Deutschland geleistet als die meisten Politiker*innen oder die erwähnten Publizisten.

Angela Merkel hat verhindert, dass dieses Land völlig in den Faschismus kippt und der Antisemitismus noch stärker wird. Dass das immer noch viel zu wenig war, völlig richtig. Aber wenn sie nicht mehr Kanzlerin sein wird, dann behüte uns – wer vor dem neuen Faschismus? Gott („Gott ist tot“)? Die Engländer („fuck Brexit“)? Die US Army („fuck Trump“)? Macron? Die Linke?

Juden würden hinter allem Übel stecken. Das ist der Kern des 20. Jahrhunderts, des Nationalsozialismus und der Shoah. Bis heute hat sich der Antisemitismus, der „längste Hass“ seit der Antike (Robert S. Wistrich), gehalten, in unzähligen Varianten.

Antijüdische Hetzparolen wie „Die Juden sind unser Unglück“ (Heinrich von Treitschke, 1879), „Israel ist unser Unglück“ (2019, Partei „Die Rechte“), die „Protokolle der Weisen von Zion“ von 1905 und allen unerdenklichen Verschwörungsmythen, die Juden gleichzeitig hinter dem Kapitalismus und dem Kommunismus sehen, hinter patriarchaler Naturzerstörung und antipatriarchalem antinatalistischem Feminismus, zeigen die unfassbare „Vielfalt“ des Antisemitismus, seine Wandelbarkeit und zur Vernichtung schreiende Dimension. Es ist eine „mörderische Obsession“, wie das Meisterwerk des bedeutendsten Antisemitismusforschers unserer Zeit von 2010 heißt (Robert S. Wistrich, 1945–2015).

Der Anschlag in Halle zeigt den Antisemitismus in ungeschminkter Version, ganz offen und brutal. Nur durch Glück gab es kein Massaker in der Synagoge, die Polizei hätte es geschehen lassen – und zwar absichtlich, das ist der Skandal, der alles über die (ost-)deutschen Zustände sagt. Jetzt wird es Polizeischutz geben, weil jetzt nicht mal mehr das Polizeipräsidium in Halle behaupten kann, die Synagoge in Halle sein nicht akut gefährdet und jüdisches Leben sicher.

Die Lehre aus Halle lautet:

1) Der Kern der Neuen Rechten und des alten und neuen Nazismus ist der Antisemitismus.

2) Auf den deutschen Staat können sich Juden nicht verlassen.

3) Die TV-Anstalten werden weiterhin die neuen Nazis in die Studios einladen und den Neonazismus schön reden.

4) Die Linken werden so tun, als ob sie das alles hätten kommen sehen, dabei war es gerade die Linke, die den Antisemitismus als Phänomen sui generis verleugnet und exemplarisch zeigt, dass sie noch nicht mal den Judenhass der Nazis und Neuen Rechten sieht oder ernst nimmt.

 

 

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