Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Saddam Hussein

100 Jahre Balfour-Deklaration und ihre Feinde – der Marc Jongen der Palästinenser: Rashid Khalidi

Von Dr. Clemens Heni, 3. November 2017

Ein Gegenintellektueller ist eine Person, die sich gerade nicht die Mühe der Analyse und Kritik von Mythen, Traditionen, alten wie bestehenden Herrschaftsstrukturen macht. Der Soziologe Siegfried Kracauer (1899–1966) definierte sehr präzise, was „Intellekt“ ist: „Nichts anderes ist der Intellekt als das Instrument der Zerstörung aller mythischen Bestände in und um uns.“

Bis heute sind somit die Intellektuellen die Erzfeinde der AfD, von Nazis, weiten Teilen des Mainstreams, und nicht wenigen Linken. Jene, die als „rechte Intellektuelle“ bezeichnet werden, sind in Wahrheit Gegenintellektuelle, sie möchten ja gerade nicht die „mythischen Bestände“ wie die Wartburg-, Luther- wie Burschenschaftstraditionen zerstören, sondern reaktivieren. Sie sind reaktionäre Gegenintellektuelle.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem palästinensischen Agitator Rashid Khalidi aus New York City. Auch er ist ein als Intellektueller vorgestellter Gegenintellektueller. Er hält die „Edward Said“ Professur „of Modern Arab Studies“ and der Columbia University. Vor wenigen Wochen sprach er dort in der ihm typischen Diktion über die „Opfer“ der Balfour-Deklaration, die am 2. November 1917 Lord Rothschild in London übergeben wurde.

Der Deutschlandfunk, der sicher nicht Staatsfunk genannt werden möchte (das hörte sich nach Ideologie und DDR an), berichtet völlig euphorisch über Khalidi und zitiert dessen Ideologie exzessiv. Demnach sei die Balfour-Deklaration ein koloniales Projekt der Briten gewesen und der Deutschlandfunk in Person von Ruth Kinet resümiert in antiisraelischer Diktion: „Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist lösbar: Israelis und Palästinenser könnten mit einander ins Gespräch kommen. Sie könnten lernen, die Geschichte des anderen nicht länger zu leugnen – lernen, das Erbe des anderen anzuerkennen und zu respektieren. Sie müssten Abschied nehmen von dem Geist, den die Balfour-Erklärung atmet und der mit dem Schicksal anderer auf größtmöglichen eigenen Gewinn spekuliert.“

Das ist natürlich kitschig gesagt und die Autorin widerlegt ihren Willen zur Verständigung in ihrem eigenen Artikel, indem sie sich auf einen der übelsten und berüchtigtsten Agitatoren gegen Israel überhaupt bezieht, Rashid Khalidi.

Kinet hat 2003 an der Freien Universität Berlin mit einer kleinen Studie über Kolonialpolitik in Kongo promoviert. Die wissenschaftliche Analyse von Antisemitismus und Antizionismus scheint nicht zu ihrem Schwerpunkt zu gehören. Denn wie kommt sie darauf, den Hörer*innen den Hardcore-Israelfeind Rashid Khalidi, der 2017 in einem so unwissenschaftlichen wie aggressiv antiisraelischen Buch[1] mit dem BDS-Gründer Omar Barghouti als Autor auftaucht, als seriösen Gewährsmann zu präsentieren? Khalidi erwähnt doch nie, wer für den Nahostkonflikt primär verantwortlich zeichnet: jene Araber, die später Palästinenser genannt werden, die sich 1937 (Peel-Commission) und 1947 und bis heute weigern, einen jüdischen Staat im Nahen Osten zu akzeptieren und auch keinen arabischen Staat, wie er ihnen 1937, 1947 und später angeboten wurde, zu akzeptieren.

Wie kommt Kinet darauf, Khalidi so positiv einzuführen? Khalidi war immerhin Sprecher in Beirut der damals (in den 1970er und 1980er Jahren) als Terrororganisation eingestuften PLO. Sein Vorbild, nach dem sein Lehrstuhl an der Columbia University benannt ist, Edward Said, war ein antizionistischer Antisemit, wie die Forschung gezeigt hat. Der Staatsfunk, wenn wir ihn mal so nennen wollen, sekundiert damit nur die Bundesregierung, die in Berlin eine pompöse Barenboim-Said-Akademie bauen ließ, wie Thomas Weidauer und ich kritisieren:

„Schon 1969 bezeichnete Edward Said (1935–2003) die Araber als ‚die neuen Juden‘. 1979 setzte er Israel mit dem südafrikanischen Apartheidstaat gleich. In seinem bekanntesten Buch Orientalismus von 1978, denunzierte er Israel als das letzte orientalistische, also imperialistische, westliche und rassistische Land. 1987 sagte Said in einem Interview, die Juden hätten die Lehren aus ihrem eigenen Leiden unter Nazi-Deutschland nicht gezogen. Für ihn verhalten sich die Juden/Israeli gegenüber den Palästinensern heute so, wie die Nazis sich gegenüber den Juden verhalten haben. Diese Ideologie wird nun offenbar sehenden Auges von der deutschen Bundesregierung mit 20 Millionen Euro Baukosten plus Teilen der laufenden Kosten nach Eröffnung der Akademie unterstützt. Deutschland, Deutschland, du tüchtiges Land.“

Juden gingen schon 1947 Kompromisse ein, aber die Araber verweigerten sich. Darüber spricht Khalidi nicht. Und da sind wir beim Thema Antisemitismus, islamistisch[2] wie arabisch-sozialistisch-nationalistisch[3].

Kinet führt Khalidi für die Hörer*innen als angeblich seriöse Quelle der Columbia Universität ein. So wie kürzlich das Bard College in New York den AfDler Marc Jongen zu einer Hannah-Arendt-Tagung einlud, wohl wissend wie rechtsextrem Jongen agitiert und für was die AfD steht. Es gab Proteste gegen diese Einladung, aber da waren dann so obskure und selbst höchst problematische Figuren wie Judith Butler mit dabei. Butler ist ja bekanntlich eine führende antizionistische Jüdin, quasi eine Art Kumpel von Khalidi, beide delegitimieren den jüdischen Staat, mal aus jüdischer, mal aus arabischer Perspektive.

Die Deutschlandfunk-Autorin zitiert auch Mahmoud Abbas, der fordert, England solle sich für die Balfour-Deklaration entschuldigen. Für eine solche „Entschuldigung“ führt Kinet noch weitere angeblich seriöse Stimmen an. Doch vielmehr sollte sich Abbas mal entschuldigen dafür, dass in den palästinensischen Autonomiegebieten Massenmördern wie Saddam Hussein (der im März 1988 bis zu 5000 Kurden mit deutschem Giftgas in der irakischen Stadt Halabdscha ermorden ließ) mit Denkmälern gedacht wird, wie vor kurzem in der Stadt Kalkilia geschehen.

Die Balfour-Deklaration ist ein historisches Dokument, das die ungeheure Bedeutung von Diplomatie zeigt und das auch beurkundet, wie international Israel schon Jahrzehnte vor Staatsgründung anerkannt war. Die einzigen, die Juden das Recht in ihrem alten Land zu leben bestreiten – egal wie groß dieses Land nun ist –, sind die Palästinenser, die damals noch gar nicht so hießen, sondern Araber genannt wurden.

Wie der israelisch-amerikanische Historiker Martin Kramer im Juni 2017 in einem langen Beitrag im Mosaic Magazine en detail zeigt, war die Balfour-Deklaration ein diplomatisches Meisterstück, das primär dem zionistischen Politiker Chaim Weizmann und dem zionistischen Diplomaten und Historiker Nahum Sokolov zu verdanken ist. Sokolov schaffte es im Vorfeld, sowohl Frankreich, den Vatikan und Italien zu pro-zionistischen Stellungnahmen, wenn auch unverbindlichen, zu bewegen.

Auch Amerikas Woodrow Wilson ließ sich durch Louis D. Brandeis, einem Kollegen von Sokolov in USA, von der politischen Selbstbestimmung der Juden, auf die sie ein Recht haben, überzeugen.

Der französische Außenminister Cambon ging sogar so weit, vom historischen Recht der Juden auf Rückkehr („Renaissance of the Jewish nationality“) (!) in ihr Land zu sprechen, wie Kramer betont. Kramer unterstreicht, wie wichtig es den Zionisten war, öffentlich zu argumentieren und gerade keine Geheimabsprachen zu treffen. Es war der Beginn der öffentlichen Diplomatie. Kramer bringt das in Beziehung zu jüdischer „Hasbarah“ (Erklärung). Entgegen den Arabern hatten die Juden öffentliche Diplomatie praktiziert, was ein Erklärungsfaktor sein mag, warum die Araber weniger Erfolg hatten. Im Geheimen hatten auch arabischer Diplomaten Zugeständnisse bekommen, aber es nicht geschafft, da dran zu bleiben und öffentliche Diplomatie zu betreiben.

Von all diesen diplomatischen Errungenschaften der Juden und Zionisten ist im Deutschlandfunk wenig Positives zu hören, es wird nur kurz angerissen und die zentrale diplomatische Rolle Sokolovs gerade nicht dargestellt. Dafür wird Rashid Khalidi ausführlich zitiert und behauptet, England beziehungsweise Großbritannien habe ausschließlich koloniale Politik betrieben[4] – dass gerade die Balfour Deklaration auf der Zustimmung auch Frankreichs, Italiens, des Vatikans, den USA und Japans wie Chinas basierte,[5] und diese internationale Zustimmung gerade Frankreichs, der USA, Italiens und des Vatikans zentral war für die britische Zustimmung, davon erfahren die Hörer*innen nichts.

Der Kern ist weiterhin, dass die Araber die Teilung des Landes 1937, 1947 und seither abgelehnt haben. Das rechtfertigt nicht falsche israelische Politiken, die gerade in Israel heftig umstritten sind, wie die Besatzung des Westjordanlandes. Das rechtfertigt auch keine Sekunde jüdischen Rassismus gegen Araber, den es in den letzten Jahren zunehmend gibt. Doch im Gegensatz zu den Palästinensern hat Israel eine sehr ausdifferenzierte Zivilgesellschaft. Aber ohne einen offensiven Kampf der Palästinenser selbst gegen muslimischen wie arabischen Antisemitismus wird es schwer, eine Zweistaatenlösung zu erreichen. Es muss um eine Anerkennung Israels als jüdischer Staat gehen, daran geht kein Weg vorbei.

Die Araber haben kein Problem in einem arabischen Land zu leben, auch wenn sie seit 1948 weder von Ägypten, noch Jordanien, dem Libanon oder einem anderen arabischen Land mit offenen Armen aufgenommen wurden. Vielmehr wird seit damals ein zynisches Spiel mit den palästinensischen Flüchtlingen und ihren Nachkommen gespielt und diese spielen häufig gerne mit. Juden hingegen hätten ohne eine jüdische Mehrheit im Staat Israel keine Chance im Nahen Osten zu überleben.

Das Problem mit der AfD wird von einigen Leuten sehr wohl erkannt, auch wenn jene pro-rechtsextremen Dauerschwätzer, die „Mit Rechten reden“ wollen, den Diskurs im Anne-Will-Land natürlich prägen. Es geht ja in Deutschland um Konsens, nicht um gut oder böse, sondern um das Umarmen von Nazis, die nach der Umarmung keine mehr seien. So also sei es auch mit den antisemitischen Israelhassern.

Man müsse nur auf sie zugehen und sie so ausführlich zitieren wie Ruth Kinet es tut, ohne zu sagen, wer Rashid Khalidi wirklich ist, und für was für eine antiisraelische Ideologie er steht. Er hat gar nicht die Absicht, Israel zu verbessern, lediglich die Besatzung zu kritisieren und Israel als jüdische Demokratie zu verteidigen. Nein, Khalidi will Israel als jüdischen Staat zerstören. Khalidi unterstützt 2017 die antisemitische BDS-Bewegung, auch dazu kein Wort vom Deutschlandfunk und seiner Autorin Ruth Kinet. Khalidi fordert das Rückkehrrecht für die 1948 vertriebenen Palästinenser, eines der zentralen Hindernisse für eine Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinensern. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel sich eindeutig gegen BDS ausspricht, scheint der DLF mit einem der weltweit einflussreichsten BDS-Protagonisten, Rashid Khalidi, kein Problem zu haben.

Der Deutschlandfunk pusht also nicht nur die Agenda der AfD, wie in einer Sendung am 1. November 2017, die der Journalist Peter Nowak zerpflückt, sondern hat auch kein Problem mit einem der führenden BDS-Aktivisten wie Khalidi.

Der Band von Edlinger von 2017, mit dem Beitrag von Deutschlandfunk-Referenz Rashid Khalidi, ist symptomatisch für den antisemitischen Antizionismus: gerade die linken Zionisten wie Peres werden diffamiert. Es geht also nicht um eine Kritik an der Besatzung, die Peres sehr wohl teilte, sondern um eine Frontalattacke auf den Zionismus und jüdisches Leben im eigenen Staat.

Die Balfour-Deklaration war ein Meilenstein in der Geschichte, eine wundervolle Erfolgsgeschichte zionistischer Politik, von öffentlicher Diplomatie und internationaler Anerkennung des jüdischen Rechts auf eine Rückkehr nach Zion. Die Balfour-Deklaration unterstützt jüdische Selbstbestimmung wie jüdische Souveränität. Die Balfour-Deklaration sei auch jenen linken Israelfreunden und vielen anderen ins Stammbuch geschrieben, weil sie wie kein zweites Dokument belegt, dass der Zionismus der Grund für den Staat Israel ist, und gerade nicht der Holocaust.

 

[1] Fritz Edlinger (2017): Palästina – 100 Jahre leere Versprechen. Geschichte eines Weltkonflikts, Wien: Promedia. Die Balfour Deklaration wird im Vorwort des Herausgebers Fritz Edlinger nicht nur abgelehnt, sondern auf den 4.11.1917 verlegt. Edlinger agitiert insbesondere gegen linke Zionisten und linke Israelis wie Shimon Peres und bezieht sich dabei auf eine Kollegin der Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, Stefanie Schüler-Springorum, die Ex-Israelin Tamar Amar-Dahl, die von Schüler-Springorum vor einigen Jahren eingeladen wurde, ihre Hetzschrift gegen Peres am Institut für die Geschichte der Deutschen Juden (!) vorzustellen.

[2] Von Hasan al-Banna, dessen euphorische Biographin Gudrun Krämer jüngst auf einer Konferenz des Jüdischen Museums Berlin auftrat, über den Mufti von Jerusalem zum Iran, Hamas und Hizbollah etc. pp. Krämer hat auch positiv über Scheich Yusuf al-Qaradawi aus Katar publiziert, einen der führenden sunnitischen Judenfeinde weltweit überhaupt.

[3] Von Nasser über die PLO bis hin zu Saddam Hussein etc.

[4] „Waren Zionisten und Araber Figuren auf dem imperialen Schachbrett der Briten? Rashid Khalidi kann diese These mit seinen Forschungen belegen:

„Ausschlaggebend für die Balfour-Erklärung war die Überzeugung der Briten, dass sie Palästina als Brückenkopf und strategischen Puffer im Osten Ägyptens brauchten. Zu dieser Erkenntnis waren sie schon vor dem Ersten Weltkrieg gekommen, zwischen 1906 und 1914. Als die osmanische Armee 1915 dann den Suez-Kanal erreichte, verschärfte sich die strategische Dringlichkeit der Absicherung Ägyptens im Osten noch. Und deshalb war die britische Regierung so überzeugt von der Idee ‚Wir müssen Palästina kontrollieren’. Das ist der eigentliche Antrieb hinter der Balfour-Erklärung. Ihr Zustandekommen hat gar nicht primär etwas mit den Zionisten zu tun. Der Weg aber, auf dem die Briten ihr strategisches Ziel erreichten, führte über die Unterstützung des Zionismus und hatte damit zu tun, dass die Briten die USA zum Eintritt in den Krieg bewegen wollten und dass manche von ihnen aus philosemitischen, andere aus antisemitischen Motiven das Entstehen einer nationalen Heimstatt für die Juden in Palästina sinnvoll fanden. Aber meiner Einschätzung nach waren das lediglich zweitrangige Überlegungen.“ Das ist für den Deutschlandfunk keine Ideologie, sondern ein „Beleg“, was nur wiederum andeutet, wie unprofessionell dort gearbeitet wird. Während in explizit „jüdischen“ Sendungen wie am 27.10.2017 pro-israelische Positionen (die wiederum sehr unprofessionell vermittelt wurden) geduldet werden, kommt der Deutschlandfunk am 2. November 2017 wieder ganz zu sich und agiert und agitiert gegen den Zionismus und zieht einen der übelsten Agitatoren gegen den jüdischen Staat Israel, Rashid Khalidi, als angeblich seriöse Quelle heran.

[5] Martin Kramer schreibt dazu: „The Zionists collected other endorsements, some outright, some with emendations. The most important came from Italy and Japan—the two states that, along with Britain and France, would participate in the San Remo conference and become permanent members of the Council of the League of Nations. In May 1918, the Italian government pledged to Sokolow to help ‘facilitate the establishment in Palestine of a Jewish national center (centro nazionale ebraico).’ In January 1919, Japan informed Weizmann that ‘the Japanese Government gladly take note of the Zionist aspirations to establish in Palestine a national home for the Jewish people and they look forward with a sympathetic interest to the realization of such desire.’ (Similar endorsements came from Siam and China, the other two then-independent states of East Asia.)”

©ClemensHeni

Getränke der Anti-Globals – Bionade in Heiligendamm und Muttermilch aus Kairo

Original auf Achgut, 02.06.2007

Ich erinnere mich noch ziemlich genau, dass zu mir und einem daneben stehenden Polizisten so ein fetter, bayerischer Passant in München im Sommer 1992 sagte: „An die nächste Wand stellen und abknallen.“ Ein weiterer Polizist in Kampfuniform sagte zu mir wenig später: „Eß mal ein paar Knödel, dann reden wir weiter“, als ich ob der völlig unverhältnismäßigen Polizeigewalt protestierte, verbal. Das war zur Zeit des Weltwirtschaftsgipfels in München 1992. Wenngleich ich meine anfängliche „Friedensbegeisterung“ von 1991 zu Zeiten des Golfkrieges abgelegt hatte, war ein Teilnehmen an den anti-WWG-Aktionen, unorganisiert und ohne ›Gruppenzusammenhang‹, selbstverständlich. Diese „Friedensbegeisterung“ hatte ich nach einer Veranstaltung mit Lea Fleischmann in Stuttgart Ende 1991 im damals legendären Theaterhaus Wangen abgelegt. Fleischmann hatte aus ihrem Buch „Gas“ gelesen und mir deutlich gemacht, wie unreflektiert, naiv, kaltherzig, einseitig, heuchlerisch, ahistorisch und antijüdisch diese deutsche, europäische und weltweite Hetze gegen den Krieg am Golf war. Juden waren in Israel wieder vom Gastod bedroht gewesen, mussten mit Gasmasken hantieren lernen und ›wir Linken‹ in Deutschland ignorierten das heftig und sahen in Saddam Hussein nicht die Gefahr welche er darstellte. Es gab zwar vereinzelt Stimmen für diesen Krieg, aber die hatte ich damals noch nicht zur Kenntnis genommen. Das war nur konsequent.

Wenngleich ich im Mai 1985 noch nicht politisch aktiv war, ist es doch bezeichnend, dass damals, beim Weltwirtschaftsgipfel, wie wild mobilisiert wurde und zeitgleich die antijüdische Erinnerungsabwehr durch Helmut Kohl, die Bundesregierung und den US-Präsidenten Ronald Reagan in Bitburg kaum eine Reaktion wert war. Antisemitismus war weder 1985 noch 1992 in irgendeiner Form substantiell Anlass als Linke dagegen zu demonstrieren und Kritik zu üben. 1988 beim IWF-Treffen in West-Berlin war es nicht anders, ja viel schlimmer noch: die Phalanx der Autonomen aus mit PLO-Tüchern vermummten Israelhassern war bemerkenswert. Ich hatte das Treffen in Berlin als Schüler zwar nur als isolierter Mitdemonstrant erlebt, ohne PLO-Tuch, aber schlimm genug. Kurz und knapp: wer vor 9/11 gegen die Treffen der Mächtigen demonstrierte zeigte fast immer Unverständnis für die wahren Gefahren der Welt (Antisemitismus unter Kohl, 1. Intifada der Palästinenser 1987, Husseins Vernichtungsdrohung gegen Israel 1991).

Wer jedoch noch nach dem 11. September 2001 gegen die G8 demonstriert zeigt noch viel mehr: es ist ein Zeichen für den Hass auf die westliche Zivilisation. Wer allerspätestens seit diesem Massenmord im WorldTradeCenter von New York nicht erkannt hat, dass der islamische Terrorismus, der heilige Krieg, der Djihad, mit seinem reaktionär-revoltierenden Ressentiment jede zivilisatorische Errungenschaft zerstören möchte und einen islamischen Gottesstaat nach dem anderen gern ausrufen würde, der oder die haben nix kapiert. Gar nichts. Ich erinnere mich auch noch an diese gut 1000 DemonstrantInnen in Bremen, die wenige Tage nach diesem Massenmord durch die Strassen dieser Hansestadt liefen und skandierten „USA – Völkermordzentrale“. Das war eines der unglaublichsten Erlebnisse meiner kurzen politischen Geschichte. Dies antizipierend hatte ich kleine Flugblätter gebastelt, auf denen sinngemäß stand „Friedenshetzer schützen die Islamisten“ oder „Hinter dem Ruf nach Frieden verschanzen sich die Mörder“. Diese einige hundert Flugzettelchen habe ich dann über dieser Demonstration abgeworfen.

2003 dann, bei einer Demonstrationen gegen das Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos, erklommen diese NoGlobals einen weiteren antijüdischen Höhepunkt, als sich Leute als Scharon oder Rumsfeld verkleideten, mit gelbem Stern, und um ein goldenes Kalb tanzten. Der Topos „Tanz um das goldene Kalb“ ist ein alter Bekannter antijüdischer Agitation, nicht nur in Deutschland, wo allerdings schon Anfang des 20. Jahrhunderts Steinkrüge mit diesem antisemitischen Bild produziert wurden, im Westerwald. Passend zu diesem Tanz in Davos formulierten 2003 der französische Philosoph Jacques Derrida und der deutsche Jürgen Habermas, warum sie die europäischen „Friedensdemonstrationen“ vom Februar 2003 als Gründungsmanifest eines geeinten Europa in explizitem Gegensatz zu den USA begreifen möchten. Philosophisch wurde damit Antiamerikanismus und Antisemitismus legitimiert, ja forciert.

Heute kehrt solch antiwestlich/pro-europäisch/poststrukturalistisch-diskursanalytisch/antizivili-satorische Agitation auf wahnsinnige Weise wieder, wenn globalisierungs›kritische‹ KünstlerInnen Plakate entwerfen auf denen ein Balken in Art eines Galgen zu sehen ist, dessen Schlingen die bekannten G8-Staaten mit ihren Nationalfarben symbolisieren. Darunter steht: »We want to civilize you«.1 Damit soll gesagt werden, dass gerade die Zivilisation die Menschen ermorde. Diese ›künstlerische‹ Agitation ist an Absurdität und Perfidie nicht zu überbieten, wenn man bedenkt, dass die größte Gefahr für den Weltfrieden von antizivilisatorischen Regimes wie dem Mullah-Faschismus im Iran ausgeht oder wenn man reflektiert, dass Folter, Verschleppung, Mord, Genitalverstümmelung und Völkermord in Ländern wie Sudan, Iran, China oder Jemen auf der Tagesordnung stehen. Alles keine Staaten, die man zivilisiert nennen könnte. Insbesondere der völkisch-ethnisch motivierte Massen- bzw. Völkermord in der sudanesischen Provinz Darfur wäre neben dem Islamfaschismus aus Teheran ein Beispiel sowohl für das Versagen der Weltgemeinschaft, der Vereinten Nationen und auch der sog. ›Linken‹, die eben gerade nicht solche antizivilisatorischen Regime kritisieren, vielmehr den Westen oder die Industriegesellschaft als solche in althergebrachter gegenaufklärerischer Diktion des Mordes anklagen.

Auch Rechtsextreme sind in genau dieser Weise antizivilisatorisch, weil in deren kulturrelativistischen Weltbild jede universalistische Form der Einmischung gleichsam böse sei. Menschenrechte gibt es für diese Leute nicht. Nur regional verschiedene Rechte. Das ist auch ein Topos der Friedens- und Konfliktforschung bzw. der Politikwissenschaft.2 Das antidemokratische, stalinistische Gebaren des „Sozialisten“ Chavez in Venezuela, einem Intimus und wirtschaftlichen Kooperationspartner des Holocaustleugners Ahmadinedjad, das der jungen Welt oder den PDS-Theoretikern Freudentränen beschert3, passt dazu. Es ist jedoch ein Zeichen, wie noch zu Beginn, ja gerade zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht diktatorische Regime (wie der Irak Saddam Husseins oder das Afghanistan der Taliban) angegriffen werden von solchen anti-Globals oder Gutmenschen, vielmehr die Befreier von solchen Regimen, zuallererst natürlich die USA und sodann Großbritannien, welche die beiden größten Schlingen repräsentieren auf diesem Plakat, das paradigmatisch stehe für die weltweite anti-G8-Bewegung auf dem Weg nach Heiligendamm.

Es ist ein Zeichen von Zivilisation, dass sich Frauen und Männer begegnen können, wie sie wollen. Nun tobt in Ägypten eine Debatte darum, ob es erlaubt werden kann, aus islamischer Sicht, dass eine Frau dann einen Mann unverschleiert und gar im selben Raum treffen darf, wenn sie ihn zuvor gestillt hat. Das ist kein Witz.4 Wenn eine islamische Frau einen islamischen Mann, sagen wir einen 47jährigen Typen aus Kairo, an die Brust nimmt, darf sie ihm fürderhin ohne Schleier oder andere Einschränkungen begegnen, er ist nach islamischem Recht ein Verwandter von ihr. Wer nun die nächsten Tage in Heiligendamm gegen die Zivilisation demonstriert – und diese Plakatreihe der „holy-damn-it.org“ sind offenbar symptomatischer Ausdruck weitester Teile der Antiglobalisierungsbewegung – demonstriert damit ganz klammheimlich und subkutan für Kulturrelativismus und solche Stillpraktiken. Da mögen überschätzte Medien wie Konkret oder die Jungle World noch so sehr zu den ›Protesten‹ gegen das G8-Treffen auf- und hinterherrufen „Keine Gewalt“ – der Ansatz dieser „Linken“ ist Gewalt a priori. Das müsste sich nach 9/11 auch in Redaktionsstuben in Hamburg oder Berlin-Kreuzberg herumgesprochen haben. Was anderes als Gewalt ist es, Djihadisten gewähren zu lassen und gegen die Befreier von ihnen wie die USA oder Großbritannien zu agitieren, heute?

Bildung, Armut und Klima sind die Themen, prima. Es ist bezeichnend, dass weder von den anti-G8-Hunderttausenden noch von Angela Merkel als Gastgeberin der Islamfaschismus und seine deutschen oder österreichischen Freunde5 wie der CSU-Mann Wiesheu, der offenbar eine großen, ökonomischen Coup gelandet hat und jetzt Transrapid-Züglein zwecks Pilgerfahrt quer durch Iran nach Maschhdad fahren lassen möchte6, oder der OMV, einer riesigen Mineralöl-AG aus Wien, auf der Tagesordnung stehen, und zwar ganz oben. Das wäre ein guter Grund, gegen das G8-Treffen zu mobilisieren. Andererseits: warum? Solche Wirtschaftsabkommen sind ja Zeichen von Wachstum, also absolut G-8-kompatibel.

Es ist furchterregend, dass 100 Jahre nach der Jugendbewegung mit ihren sehr häufig antimodernen, antisemitischen und national-sozialistischen Imperativen – Ludwig Klages‘ Mensch und Erde oder Der Geist als Widersacher der Seele lässt grüßen – nun „Linke“ gegen die Zivilisation agitieren und die Moderne als mordbringend darstellen. Sie könnten für eine bessere Welt demonstrieren. Selbstverständlich. Gegen den Djihad zuallererst. Das wäre schon viel. Doch sie tun das Gegenteil. Gegen die USA, Großbritannien und alle anderen G8-Staaten kämpfen sie, wovon keiner ein islamischer Gottesstaat ist. Eine Demonstrationen gegen den Iran wird es von solchen anti-G8-Kreisen nicht geben. Die Antiglobals leben in einer Parallelwelt, ähnlich der islamischen, kaufen und verkaufen Produkte aber fühlen sich ganz unkapitalistisch. Dazu passt das zweite hippe Getränke dieser Kreise: „Bionade. Das offizielle Getränke einer besseren Welt.„7 Bestimmt antikapitalistisch gebraut. Deutsche sind immer antikapitalistisch, wenn sie Waren produzieren. Ganz sicher. „Gegen Krieg und Imperialismus“, wie der schwarze Block hinzuruft.

Ich freue mich schon auf den Mc-Donalds-Drive-In in der Wrangelstrase in Berlin-Kreuzberg, da werde ich mit meinem Fahrrad hinfahren, etwas kaufen, eine Cola trinken, essen und schwups ist die Welt für mich wieder besser.

1 http://holy-damn-it.org (28.05.2007).

2 »Der erste ›Glaubenssatz‹ postmoderner Politikwissenschaft und Entwicklungstheorie, stamme sie nun von links oder rechts, lautet ja, Demokratie und Rule of Law seien nur in wohlhabenden Ländern implementierbar. Noch jeder Sozialdemokrat aus der Provinz weiß schließlich, dass erst das Fressen, dann die Moral komme. So überschlagen sich ganz antirassistische, sich um das Wohl der Dritten Welt besorgt gebende Menschen, in ihren Rechtfertigungen sog. Entwicklungsdiktaturen. Erst vor wenigen Tagen hatte ich etwa das zweifelhafte Vergnügen auf einer Konferenz an der Frankfurter Universität einem Vortrag von Prof. Dr. Harald Müller von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung lauschen zu dürfen. Müller bezeichnete die auf Aufklärung und bürgerliche Revolution fußenden Ideen und Ideale von Individualismus, Demokratie, Emanzipation und Säkularismus als ›westliche Kultur‹, der eben andere Kulturen gegenüber stünden. Als recht positives Beispiel einer genuinen Entwicklung lobte er dann Saddam Husseins Irak, wo immerhin Ökonomie und Gesundheitswesen gut ausgebildet seien. Die Idee, Menschen in anderen Ländern könnte es um so westliche Vorstellungen wie Freiheit, Rechtssicherheit und der Möglichkeit gehen, sich einer Regierung in freier Wahl zu entledigen, schien in diesem Weltbild vor allem abwegig. Immer wieder wurde von Armen gesprochen, deren ›Recht‹ vor allem eines auf Entwicklung sei. Ein Argument, dass ich schon so oft gehört habe und für eines der zynischsten aus dem Repertoire des europäischen Gutmenschentums halte.« http://www.wadinet.de/blog/?p=270

3 http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=7345

4 http://www.islaminstitut.de/Nachrichtenanzeige.4+M57738d69297.0.html

5 http://www.matthiaskuentzel.de/contents/berlin-teheran-eine-un-heimliche-allianz

6 http://de.wikipedia.org/wiki/Maschhad ; http://www.businessnews.com/politik/art620,491794.
html?fCMS=1a6c768a462445bb2eeb1626259cfdfa

7 http://www.welt.de/wirtschaft/article903228/Bionade_umgarnt_die_durstigen_Gipfel-Gegner.html?r=RSS

 

Paderborner Brandredner

Zuerst publiziert auf LizasWelt am 5. April 2007

Es war der 12. August letzten Jahres, als sich der Theologe Eugen Drewermann im ostwestfälischen Paderborn im Rahmen einer „Kundgebung gegen den Krieg im Nahen Osten“ einmal mehr als Starredner feiern ließ. Umgeben von verschleierten muslimischen Frauen zog er mit Verve gegen Israel und die USA zu Felde und ließ nichts aus, was er an antizivilisatorischen, antijüdischen und deutschnationalen Ressentiments in seinem Repertoire beherbergt. Der Ort seiner Ansprache war dabei passend gewählt, und das weniger deshalb, weil Drewermann in Paderborn studierte, arbeitete und heute als Lehrbeauftragter an der dortigen Universität tätig ist, sondern weil diese Stadt für solche Brandreden geradezu prädestiniert ist. In ihr steht beispielsweise das Hermann-Löns-Stadion, in dem der SC Paderborn 07 seine Zweitligaspiele austrägt. Namensgeber Löns hatte einen der meistverkauften völkischen Blut-und-Boden-Bauernromane des 20. Jahrhunderts verfasst; er war ein „Freund der Heide“, und die Nazis mochten ihn sehr. Kein Wunder:

„Ich bin Teutone hoch vier. Wir haben genug mit Humanistik, National-Altruismus und Internationalismus uns kaputt gemacht, so sehr, dass ich eine ganz gehörige Portion Chauvinismus sogar für unbedingt nötig halte. Natürlich passt das den Juden nicht.“

Der von Löns verteufelte Internationalismus ist auch für Dr. Eugen Drewermann, Jahrgang 1940 und eine Art männliche Antje Vollmer, das Feindbild:

„Der konsequent gehandhabte Pazifismus wäre ein sicherer Weg gewesen, den Faschismus zu verhindern. […] Mir scheint, dass Adolf Hitler uns erspart geblieben wäre, hätten die Nationen 1920 nicht einfach einem einzelnen Volk die Schuld an allem, was geschah, aufgebürdet, sondern den Beschluss gefasst, auf allen Seiten abzurüsten, und hätten sie dem deutschen 60-Millionen-Volk die Schande erspart, als einziges abrüsten zu müssen.“ (1)

Eine solche Schuldprojektion ist typisch für den sekundären Antisemitismus nach 1945. Nicht der Antisemitismus der Deutschen ist schuld an Auschwitz, nein: Versailles! Das ist das Märchen und die aggressive Propaganda, die nicht nur von ordinären Holocaustleugnern verbreitet wird, sondern auch von anderen Nationalisten, von Schriftstellern wie Martin Walser oder eben einem Theologen wie Drewermann.

Gegen Ende des Nationalsozialismus war dieser anscheinend Zeuge eines alliierten Luftangriffs auf seine Geburtsstadt Bergkamen. Der Knirps war ganz schockiert, dass all die arischen Erwachsenen, die sonst so glücklich waren, auf einmal Angst hatten, wie Uwe Birnstein und Klaus-Peter Lehmann in ihrem Buch „Phänomen Drewermann“ berichten:

„Auf tausenden Seiten zur menschlichen Grundbefindlichkeit hochstilisiert, wird Drewermanns Kriegserlebnis Jahrzehnte später zum Schlüsselbegriff für Millionen Gläubige. Die kindliche Verarbeitungsmethode dieses Schreckens wird er in vermeintlich erwachsener Form seinen Anhängern predigen: ‚Ich muss das sehr früh kompensiert haben mit der Hoffnung, dass es irgendwo doch eine Sicherheit gäbe. […] Ich hab sie gesucht, […] in meinem Kopfkissen, in meinem Teddybär.’“ (2)

So ist es kein Wunder, dass der Paderborner Gottesgelehrte später behauptete:

„Die träumende Imagination, nicht das begriffliche Denken bestimmt die Grunderfahrung des Religiösen.“ (3)

Begriffe sind im Unterschied zu Teddybären also nicht die Freunde des allseits beliebten Seelsorgers und Tiefenpsychologen. Er setzt sie als Ressentiment ein, nicht als Mittel zur Wahrheitsfindung. So kreierte er letztes Jahr zur Zeit des Libanon-Krieges eine neue Form der Holocaustrelativierung, die herkömmliche Negationisten vor Neid erblassen lassen dürfte:

„Streubomben einzusetzen bedeutet, eine ganze Fläche so groß wie einen Sportplatz, mit einer einzigen Bombe zu belegen, die die menschlichen Leiber bis zur Unkenntlichkeit zerfetzen. Brandbomben einzusetzen, wissen die Älteren hier aus Paderborn in der eigenen Erinnerung sich noch zu vergegenwärtigen, besteht darin, Menschenleiber in lebendige Fackeln zu verwandeln. Das ist im wörtlichen griechischen Sinn eine Ganzkörperverbrennung, ein Holocaustoma. Will Israel dieses grauenhafte Wort tatsächlich in seine Praxis übernommen wissen? Kann es im Sinne eines israelischen Selbstverständnisses liegen, diese Art von Praxis im Umgang mit Menschen zu legitimieren?“

Und damit nicht genug: Drewermann hat auch etwas in petto, das gut zum friedensbewegten Alarmismus wegen der angeblichen ökologischen Folgen dieses Krieges passt. Bereits vor sechzehn Jahren ergänzte er nämlich seinen Antisemitismus um ein traditionell antijudaistisches Element:

„Auch das Christentum, das politisch und kulturell das Erbe der Römer antrat und damit das ‚Abendland’ begründete, hat den Anthropozentrismus der römischen Grundeinstellung und die Fremdheit gegenüber der Natur keinesfalls gemildert, sondern eher noch aufgrund des jüdischen Ansatzes gesteigert. Die Religion Israels, von der das Christentum wesentlich geprägt ist, besaß zur Natur von vornherein ein außerordentlich heikles Verhältnis.“ (4)

Nun erhielt Drewermann zusammen mit dem Saddam-Freund und Volksbarden Konstantin Wecker – dem Datteln im Palast des seinerzeitigen irakischen Diktators doch näher standen als die Kritik am Judenhass des Ba’thismus oder die Abscheu vor dem Blut der hingemetzelten Kurden im Nordirak – den Erich-Fromm-Preis. Schlimm genug und Ausdruck der Liebe zur Regression allemal. Doch was hat das Internetportal haGalil geritten, auch noch für den Deutschen Drewermann zu werben, den die christlichen Schwaben im Mozartsaal der Liederhalle in Stuttgart bei der Preisverleihung feierten? Oder war die Publikation der Laudatio auf Wecker und Drewermann als Dokumentation des Schreckens gedacht? Gar ironisch gemeint? Wohl kaum.

 

Anmerkungen:
(1) Zitiert nach Uwe Birnstein/Klaus-Peter Lehmann (1994): Phänomen Drewermann. Politik und Religion einer Kultfigur, Frankfurt am Main: Eichborn, S. 91f.
(2) Birnstein/Lehmann 1994: 14
(3) Eugen Drewermann (1984): Tiefenpsychologie und Exegese. Band I. Die Wahrheit der Formen. Traum, Mythos, Märchen, Sage und Legende, Olten/Freiburg: Walter-Verlag, S. 16f.
(4) Eugen Drewermann (1991): Der tödliche Fortschritt. Von der Zerstörung der Erde und des Menschen im Erbe des Christentums, Freiburg/Basel/Wien: Herder, S. 71

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