Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Sigmar Gabriel

Clemens Heni – Eine Alternative zu Deutschland. Essays

Clemens Heni

Eine Alternative zu Deutschland. Essays

 

Berlin: Edition Critic, 2017

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Studien zum Rechtsextremismus und zur Neuen Rechten, Band 2

ISBN 978-3-946193-17-3 | Softcover | 14,8x21cm | 262 Seiten | Personenregister | 15€

Bestellbar in jeder Buchhandlung oder versandkostenfrei direkt beim Verlag:

info[at]editioncritic.de

 

Dieses Buch ist eine intellektuelle Zeitreise von Juli 2006 bis September 2017.

Es zeigt auf, wie es vom »Sommermärchen« 2006 über die Rede vom »Inneren

Reichsparteitag«, Pegida, den Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit), die

Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten bis hin zum Aufstieg der AfD kommen

konnte. Betont wird die Verantwortung der Medien und des Fernsehens für

diesen Aufstieg. Die demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag müssen

sich das erste Mal in der Geschichte mit neonazistischen Positionen im Parlament

befassen – doch sind sie darauf vorbereitet?

 

»Wer nach einer Vergewisserung sucht, wo Deutschland heute steht, wird sie in diesem Buch finden. Mit scharfem Verstand und mit angespitzter Feder zeichnet Clemens Heni funkelnde Momentaufnahmen der letzten elf Jahre. Heraus kommt, wie bestürzend sich die zivile Achse des zuvor offenen Selbstverständnisses nach rechts verschoben hat. Wer die Hoffnung auf eine bessere Zukunft teilt, muss die Gegenwart schonungslos kritisch beleuchten. Daraus mag ›eine Alternative zu Deutschland‹ entstehen.«

Gert Weisskirchen, 1976–2009 Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB), 1999–2009 außenpolitischer Sprecher SPD Bundestagsfraktion, 2006–2008 persönlicher Beauftragter des OSZE Vorsitzenden im Kampf gegen  Antisemitismus, Prof. (em.).

»Clemens Heni erkennt in der aktuellen politischen Kultur dieses Landes noch immer die Spuren des Judenhasses und des von Deutschen begangenen und zu verantwortenden Mordes an den europäischen Juden. Ohne mit Heni in allen Fällen übereinzustimmen, führen seine Beiträge doch ins Herz der aktuellen Debatte über Deutschland und regen zu fruchtbarem Widerspruch an.«

Prof. Dr. Micha Brumlik, 2000–2013 Professor für »Theorien der Bildung und Erziehung « am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Goethe Universität Frankfurt am Main, 2000–2005 Direktor des Fritz Bauer Instituts, Forschungs- und Dokumentationszentrum zur Geschichte des Holocaust an der Goethe Universität.

»Wo nationalistische Töne sich erheben, ein Schlussstrich unter die deutschen Verbrechen des vergangenen Jahrhunderts gefordert und Judenhass zu einer scheinheiligen Kritik an Israel sublimiert wird, holt Clemens Heni zum grossen Rundumschlag aus: gegen Zyniker, Großaffirmatoren, Antihumanisten und Holocaustverharmloser im Deutschland der Gegenwart. Selbst wenn man ihm nicht immer folgen mag, schreibt er doch mit viel Scharfsinn und Sachkenntnis. Fazit: Unbedingt lesenswert und gerade vor dem Hintergrund der Bundestagswahl von brennender Aktualität.«

Dr. phil. Michael Kreutz, Politologe und Orientalist

»Clemens Heni ist ein Ein-Mann-Korrektiv zum andauernden deutschen Geschichts-Roll-Back, wach, intelligent, unerlässlich in Zeiten der schwächelnden Demokratie.«

Georg Diez, Spiegel-Online-Kolumnist, Buchautor, 2016/17 Nieman Fellow der Harvard Universität, USA

Clemens Heni Eine Alternative zu Deutschland 2017 Inhalt Einleitung (PDF):

Einleitung  7

Das nationale Apriori: Wie aus der BRD endgültig Deutschland wurde  12

Ein deutsches Graduiertenförderungswerk, 2002:  ein Küchlein mit Folgen  13

Ein weiteres deutsches Graduiertenförderungswerk, Juni 2006:
Ich bin deutsch und was bist du?  14

Walk of Ideas, Berlin 2006  15

„Die Nazis wurden doch sportlich, 1936“ – Neu-deutsche Wissenschaft als Rehabilitierungsübung für den Nationalsozialismus  16

Weitere Beispiele ‚linker‘ Wissenschaftler und deren  Verharmlosung der deutschen Verbrechen  21

Das Opfer bringen und singen: „Blüh im Glanze“  „deutsches Vaterland“ –
von Diem zu Klinsmann  22

Keine „Reue“ zeigen: Gegen „amerikanischen Messianismus“ –  Matusseks nassforsche Invektiven oder wie funktioniert  sekundärer Antisemitismus?  25

Joachim Fests Kampf: Über Historismus und Antisemitismus  26

Ästhetizistische Parallelwelten: K.H. Bohrer möchte wieder ein stolzes Deutschland …   29

Deutsche Lust: Zusammen, was zusammengehört: Nation und Sozialismus – „Volkslust“… 32

Kritik an Broders Rechtsruck 2007  35

Martin Mosebach: Gegenaufklärung als sekundärer Antisemitismus  39

„Rheinischer” Revisionismus? Journalisten verlegen Beginn des Zweiten Weltkriegs auf 1935  41

Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“  45

Karl Rössel, der Mufti, und die Aporien des Antiimperialismus  45

Merkwürdiger Komparatismus: Harald Welzer  50

Antisemitismus trivialisieren? Fragen an den Facebookexperten Götz Aly  52

Das ZDF oder wenn Deutsche zu sehr lieben: „Innerer Reichsparteitag“  56

Das grüne Ressentiment: Die Grünen, Paul Bonatz, die „Adolf-Hitler-Kampfbahn“, Stuttgart 21    59

Stuttgart ist keine „Vorstadt von Jerusalem“… Paul Bonatz, der NS und Die Grünen (K21)  61

Erinnern, um zu vergessen: Alfred Grosser  66

„Ausgerechnet Billy Wilder“ – Christian Wulff, die „deutsche Kultur“ und der Holocaust 68

Flanierend die Verbrechen des Nationalsozialismus goutieren  69

Antisemitismus und die Prager Deklaration  75

Banalisierung des Bösen: Hannah-Arendt-Preis für die Trivialisierung des Holocaust 2013  78

Die „Bloodlandisierung“ der Linken am Beispiel Helmut Dahmer  83

Özgida – eine antirassistische Antwort auf Pegida  86

32 Thesen: Pegida zeigt den Extremismus der deutschen Mitte  90

2014: Ein Land gefangen zwischen Islamismus und dem Extremismus der Mitte  95

Exkurs: War Deutschland Teil des Abendlandes?  96

Auschwitz, 27. Januar 1945  98

Eike Geisel und die Erinnerung an den Holocaust 103

Die „Klimaverschärfung“ – AfD und Pegida machen das Land peu à peu unbewohnbar  108

Das Ende des Ludwig-Börne-Preises – Der „post-humanistische Denkraum“ Peter Sloterdijks  116

AfD für „Alphabetisierte“: Peter Sloterdijk am Sinai auf einem „deutschen Weg“  127

Die ganz normalen Deutschen des 13. März 2016  133

Gegen das Brexit-Volk des 23. Juni 138

Deutsche Männer mit Schnappatmung – Zur Kampagne gegen die
Amadeu Antonio Stiftung  142

Von der SED zur AfD? Für die Neue Rechte war die DDR schon
1981 besonders „deutsch“  145

16 Jahre NSU, 15 Jahre 9/11: Deutschland zwischen braunem und grünem Faschismus  150

Schaut auf diese Stadt: Nazis, die AfD und der Mob in Berlin vor dem Einzug ins Parlament 152

Auschwitz und andere Gemeinheiten. Carolin Emcke bekommt den Friedenspreis  159

Ein Präsident für die antiwestliche Internationale  167

Die neue Querfront – Mit Hegels „List der Vernunft“ für Trump … 175

Stalingrad, „monströser Zivilisationsbruch“ –

Die Wiedergutwerdung der Deutschen in Aleppo  184

Der Trumpismus, die Fratze des Philoisraelismus und die Chance
des säkularen Zionismus  188

Amerikas 1933 und die „identitäre Demokratie“ (=Faschismus)  192

Locker bleiben. Es ist lediglich der mächtigste Mann der Welt, der
den Faschismus intoniert 194

Erlösendes Gedenken, Norbert Lammert, die „wechselvolle“ deutsche Geschichte  200

Freiheit für Deniz Yücel – Jetzt sofort! Power durch die Mauer, bis sie bricht! 204

G20-Proteste: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ (Brecht)  206

Koscherstempel für faschistische Autoren: Die Berliner Buchhandlung „Topics“  209

Holocaustopfer, schwarzrotgold: Gerhard Richter im Bundestag  214

„Ist doch für einen guten Zweck“: Mafia-Methoden im politischen Diskurs  214

TV-Duell: AfD-Propaganda-Show führender TV-Journalist*innen in
ARD, ZDF, RTL und Sat1  217

Endnoten  223

Personenregister  256

Lesprobe:

Einleitung

Für „Otto Normalvergaser“ wie die Politiker*innen und Wähler*innen der Alternative für Deutschland (AfD) „ist die Welt von gestern noch in Ordnung gewesen“.[1] Das zeigt sich an der Parteivorsitzenden Frauke Petry, die das Wort „völkisch“ wieder verwendet, an dem ehemaligen (1973–2013) CDU-Mitglied und AfD-Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl 2017, Alexander Gauland, der „stolz“ ist auf die deutschen Soldaten im „Ersten und Zweiten Weltkrieg“ und an Björn Höcke, für den das Holocaustmahnmal ein „Mahnmal der Schande ist“. Die Welt am Sonntag berichtete am 9. September 2017 über einen E-Mail-Wechsel der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel von 2013, worin es über Mitglieder der Regierung Angela Merkel heißt:

„Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollen.“[2]

Das Ergebnis der Bundestagswahl vom 24. September 2017 führt das erste Mal dazu, dass Neonazis im Deutschen Bundestag sitzen werden. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sprach im Vorfeld von der Gefahr, dass „echte Nazis“ im Parlament vertreten sein werden.[3] Der 24. September 2017 war der schlimmste Tag für die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik. Die 12,6% Stimmen für die AfD zeigen die Fratze des Volkes. Die Millionen AfD-Wähler*innen wissen, wie völkisch, rassistisch, nationalistisch, agitatorisch und antisemitisch diese Partei ist und haben sie gerade deshalb gewählt.

Dieses Land braucht eine Alternative zu Deutschland. Es war noch vor fünf Jahren undenkbar, dass eine Partei in den Bundestag einziehen wird, die „Deutschland erwache“ twittert,[4] so wie damals die Nazis mit diesem Spruch agitierten. Eine Partei, die Politiker hat, die so reden wie Goebbels und die Erinnerung an den Holocaust nicht nur abwehren, sondern im Kokettieren mit dem damaligen Propagandaminister die Shoah gar nicht so klammheimlich affir­mieren. Eine Partei, die deutschen Staatsbürgerinnen die Staatsbürgerschaft abspricht und diese in „Anatolien entsorgen“ will. Schließlich eine Partei, die Mitglieder hat, welche die gefährlichste aller antisemitischen Verschwörungsmythen, die Protokolle der Weisen von Zion, unterstützen.[5] Der Mob schreit „Volksverräter“, „Lügenpresse“ oder „Merkel muss weg“, wie es auf Wahlkampfveranstaltungen der AfD passierte, und möchte die Kanzlerin wegputschen und die Demokratie zerstören. Solche Neo-Nazisprüche und -Ideologie gibt es schon seit Jahrzehnten – aber niemals im Deutschen Bundestag als Teil der Ideologie einer ganzen Partei. Dazu kommen eine ungeheuerliche Agitation gegen die Demokratie und Gewaltfantasien, die rechte Aktivisten von Pegida und Politiker*innen der AfD und deren Anhängerschaft in den sozialen Medien äußern.[6] Wie Bundesjustizminister Heiko Maas knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl schreibt, ist die AfD „in Teilen verfassungswidrig.“[7] Doch die Alternative für Deutschland (AfD) entstand nicht in einem Vakuum, sondern ist Ausdruck eines lang andauernden Prozesses der Renationalisierung dieses Landes wie auch Europas und des Westens. Rassismus, Separatismus und die Hinwendung zum „Eigenen“ sind schockierender Aus­druck sowohl des Brexit im Juni 2016, dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU, wie der Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten im November 2016.

Die deutsche Renationalisierung kann hier nicht in allen Einzelheiten untersucht werden. Die jüngste Form der Renationalisierung war ein Epochenbruch: 2006. Eine Kernthese dieses Bandes lautet: Ohne das „Sommermärchen“ von 2006 und den schwarzrotgoldenen Taumel, ohne die „inneren Reichsparteitage“ und gegenintellektuelle Stimmungsmache für mehr Nation und weniger Reflektion, mehr Stolz auf die deutsche Geschichte und weniger Gesellschaftskritik, wäre es nicht zu Pegida und zur Katastrophe der völkischen AfD gekommen. Die AfD hat am Wahlabend die deutsche Nationalhymne gesungen,[8] es ist die gleiche Hymne, die schon zu Nazizeiten gesungen wurde.

Es sind krasse Zeiten. Wir können mittlerweile wählen, ob wir den braunen, nazistischen, oder lieber den grünen, islamistischen Faschismus bevorzugen. Zwischen diesen beiden Polen ist der Westen derzeit gefangen. Der jihadistische Terrorismus, der Islamismus, das Ressentiment auf die westliche Welt, der Antiamerikanismus, der Antisemitismus und der Israelhass des 11. September 2001 veränderten die Welt. Seit jenem Tag wachen wir jeden Morgen auf, und wissen nicht, ob wieder ein jihadistischer Anschlag passierte, ob auf Bali, im Irak, in Syrien, Afghanistan, den USA, Frankreich, Dänemark, Berlin, Tel Aviv, Jerusalem, Brüssel, Toulouse, London, Manchester, Madrid, Djerba, Barcelona, Nizza und unzähligen weiteren Orten. Seit über 16 Jahren geht das so und es ist kein Ende in Sicht. Weltweite massive Sicherheitsvorschriften an Flughäfen, das unwillkürliche Aufmerksamwerden auf isoliert herumstehende Koffer, Taschen oder Rucksäcke an Bahnhöfen, Flughäfen und sonst im öffentlichen Raum waren vor 9/11 nicht denkbar. Unser Blick auf die Realität hat sich verändert. Dazu kommt in der Bundesrepublik ein noch viel heftigerer, massenwirksamerer und seit dem 24. September 2017 auch bundespolitisch mit enormen Konsequenzen und einem Machtzuwachs nie geahnten Ausmaßes ausgestatteter nationalistischer, rechtsextremer und neonazistischer Aufbruch.

Das Volk ist nicht „abgehängt“ oder „perspektivlos“, nein, das Volk ist durchaus böse, rassistisch, antisemitisch, dumpf, brutal und abstoßend. Das zeigt sich nicht nur an Tomaten- wie Verbalattacken auf Angela Merkel bei Wahlkampfauftritten während des Bundestagswahlkampfes 2017 oder bei den Pegida Demonstrationen seit Oktober 2014, sondern zum Beispiel auch im Sommer 2017, als in einem ganz normalen westdeutschen Dorf bekannt wurde, dass dort seit 83 Jahren eine „Hitlerglocke“ im Kirchturm hängt und der Pfarrer (aus musikalischen Gründen, klar) wie der Bürgermeister total „stolz“ sind auf ihre Glocke mit der Inschrift „Alles fuer’s Vaterland. Adolf Hitler“ und darunter befindet sich ein dickes Hakenkreuz. Das hat seit 1945 keinen Menschen in diesem ganz normalen deutschen Dorf in Rheinland-Pfalz (Herxheim am Berg) gestört.

Diese beiden Großthemen, Jihad und der stolzdeutsche Aufbruch, das „nationale Apriori“ der Deutschen, bestimmen in weiten Teilen die politische Kultur, möchte man meinen. Wer aber am 3. September 2017 das einzige TV-Duell der beiden Kanzlerkandidat*innen zur Bundestagswahl am 24. September auf den vier größten Fernsehkanälen ARD, ZDF, RTL und Sat1 gesehen hat, traute seinen Augen und Ohren nicht mehr. Da wurde weit über die Hälfte der Sendezeit nur gegen Nicht-Deutsche gleichsam agitiert, die Fragen hörten sich an, als wären alle vier Fragenden direkt von der AfD bestellt gewesen. Die Gefahr des Rechtsextremismus wurde verleugnet. Die Medien haben eine Hauptverantwortung für den Aufstieg der AfD. Der Journalist Georg Diez resümiert am Vormittag des 24. September 2017:

Die Erfolge der AfD haben auch die Plasbergs dieser Welt mitzuverantworten. Denn die öffentlich-rechtlichen Talker haben den reaktionären Kräften schon früh und dann immer wieder eine Bühne geboten.“[9]

Die AfD hat es in zwei Jahren, seit Beginn der „Flüchtlingskrise“ Anfang September 2015, geschafft, dieses Thema als das zentrale Thema des ganzen Landes durchzusetzen, auch wenn im Spätsommer 2017 kaum noch Flüchtlinge nach Deutschland und Europa durchkommen, da die Abschottung jetzt schon in Afrika beginnt. Die Renationalisierung, die in dieser Aggressivität nie dagewesene nationalistische Rede, wurde von der AfD in den Mainstream gebracht und die Medien nahmen das geradezu dankbar und begierig auf. Aufgrund dieses In-die-Zange-Nehmen der westlichen Welt durch den braunen und grünen Faschismus verschwinden andere Themen oft. Der Klimawandel, der von US-Präsident Donald Trump und seinen deutschen Fans geleugnet wird, aber auch viel weiter gefasste Themen wie Entschleunigung, Ökologie und das Mensch-Natur-Verhältnis, vom Atomausstieg über Braunkohleabbau, Windkraft oder Solarenergie hin zum Dieselskandal, der nur die Wahrheit auf den stinkenden Punkt bringt, dass der Kapitalismus nicht zum Vergnügen da ist, sondern zur Profiterzielung. Themen wie das Grundeinkommen, ungebremste Mietsteigerungen in Großstädten und Ballungsräumen, prekäre Arbeitsverhältnisse für die gut und sehr gut Ausgebildeten, Minijobs und Mehrfachjobs für alle und sicherlich die neoliberale Deregulierung vieler Ge­sell­schaftsstrukturen wie die Internalisierung der Imperative des Kapi­ta­lis­mus: Das wären alles sehr wichtige Themen, die aber seit 9/11 und dann seit 2006 sowie später weltpolitisch durch die Wahl Trumps wie den Aufstieg der AfD massiv überlagert werden durch diese beiden Großthemen brauner versus grüner Faschismus.

Dazu kommt: Die Entpolitisierung ist prägend für weite Teile dessen, was früher einmal als „bürgerliche Mitte“ wie auch „die Linke“ (jenseits der Partei) bezeichnet wurde. Unabhängig von bezahlten Jobs in NGOs gibt es nur noch sehr wenige politisch aktive Menschen, die grundsätzliche Fragen an die Gesellschaft stellen und nicht nur Einpunktbewegungen anhängen. Jene, die sich in den letzten Jahren massiv politisiert haben, sind die Völkischen oder „besorgten Bürger“. Der Antisemitismus wird äußerst selten zu einem zentralen Thema der Kritik gemacht. Daher versuchen die Essays in diesem Band ganz unterschiedliche Aspekte des heutigen Antisemitismus zu thematisieren und sie am Beispiel von teils zentralen Akteuren oder Ereignissen im politischen, wissenschaftlichen wie kulturellen Feld zu analysieren. Wenn zum Beispiel ‚linke‘ Aktivisten oder Künstler aktiv werden, sieht das heute so aus: Auf der documenta14 in Kassel sollte es im Sommer 2017 eine Aktion geben mit dem Titel „Auschwitz on the Beach“. Dabei sollten Salzwasser mit Zyklon B und Flüchtlinge mit Juden verglichen und gleichgesetzt, sowie darüber hinaus die europäischen Gesellschaften und Israel als neue „Gauleiter“ zu den Nazis von heute gemacht werden.[10] Diese Abwehr der Er­inn­er­ung an die präzedenzlosen Verbrechen der Shoah geschieht mit dem best­en linken Gewissen, was sich darin zeigte, dass der Event zwar aufgrund von Protesten abgesagt wurde, aber ohne eine inhaltliche Distanzierung der documenta-Leitung von diesem doppelten Antisemitismus. Es handelte sich um einen Antisemitismus, der die Erinnerung an den Holocaust für politische Zwecke instrumentalisiert und zudem noch antizionistisch agitiert. Dann gibt es mittlerweile ‚Linke‘, selbst Kritiker solcher Events auf der documenta, welche die Agitation gegen den Islam als fortschrittlich empfinden und den Rechtsextremismus der AfD schlicht verdrängen. Das ist auch bei vielen Trump-Anhängern so, die sich zuvor als liberal oder links tarnten.

Wie der Spiegel Online Kolumnist Georg Diez wenige Wochen vor der Wahl schrieb, kann man sehen, wie seit Jahrzehnten in Deutschland

„der Diskurs mehr und mehr nach rechts verschoben wurde, von Martin Walsers Paulskirchenrede über Thilo Sarrazin bis zu den Untergangsfantasien von Botho Strauß. In der Sprache von Peter Handke könnte man sagen, es waren Zurüstungen für die Unmenschlichkeit.“[11]

Die Essays in diesem Band spannen einen Bogen vom „Sommermärchen“ 2006 über den „Inneren Reichsparteitag“ (2010) hin zu Pegida (2014), den Brexit, die Wahl Trumps (2016) und den Aufstieg der AfD zur ersten Partei mit Neonaziideologie im Deutschen Bundestag (2017). Während es Hunderte ehemaliger NSDAPler im Bundestag und anderen Parlamenten seit 1949 gab,[12] werden ab September 2017 erstmals neue Nazis im Bundestag sitzen. Die Essays[13] in diesem Band umfassen eine Zeitspanne von Juli 2006 bis September 2017 und können als eine Art intellektuelles Tagebuch betrachtet werden. Mögen sie zur Kritik und Reflektion, zum Nachdenken über eine Alternative zu Deutschland anregen.

[1] Eike Geisel (1998): Triumph des guten Willens. Gute Nazis und selbsternannte Opfer. Die Nationalisierung der Erinnerung, Berlin: Edition Tiamat, 69.

[2] Sven-Felix Kellerhoff/Martin Lutz/Uwe Müller (2017): „Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermächte“, Die Welt, 09.09.2017, https://www.welt.
de/politik/deutschland/article168480470/Diese-Schweine-sind-nichts-anderes-als-Marionetten-der-Siegermaechte.html (18.09.2017); „Die WELT AM SONNTAG hält an ihrer Berichterstattung über die Mail in vollem Umfang fest. Der Redaktion liegt eine eidesstattliche Versicherung des E-Mail-Empfängers vor. Um Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit auszuräumen, könnte Weidel ihrerseits bei Gericht eine eidesstattliche Versicherung einreichen, in der steht, was zuvor schon der Anwalt behauptet hatte: Dass sie den Text nicht verfasst hat. Doch dies hat sie bisher nicht getan. Die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt wird nach dem Strafgesetzbuch mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe geahndet“, Martin Lutz/Uwe Müller (2017): AfD-Spitzenkandidatin Weidel spricht nicht mehr von Fälschung, Die Welt, 15.09.2017, https://www.welt.de/politik/deutschland/article168695526/AfD-Spitzenkandidatin-Weidel-spricht-nicht-mehr-von-Faelschung.html?wtrid=socialmedia.
email.sharebutton (18.09.2017); „AfD-Spitzenkandidatin Weidel plötzlich kleinlaut. Ein Bericht über eine Wut-Mail hat die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel erzürnt. Sie sprach von einer Fälschung. Doch davon ist jetzt keine Rede mehr“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.09.2017, http://www.faz.net/aktuell/politik/wut-mail-afd-spitzenkandidatin-weidel-ploetzlich-kleinlaut-15202774.html (18.09.2017).

[3] http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundestagswahl/alle-schlagzeilen/gabriel-attackiert-afd-echte-nazis-am-rednerpult/20315768.html (16.09.2017).

[4] http://www.jc-courage.de/wp-content/uploads/2017/02/Die_AfD_in_Koeln.pdf (16.09.2017), 11; http://www.rp-online.de/nrw/panorama/koelner-hauptmann-und-afd-politiker-soll-ns-parole-getwittert-haben-aid-1.6807113 (15.09.2017): „Die Linken-Politiker werfen [Hendrik] Rottmann vor, am 29. Januar auf Twitter eine Meldung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz, mit den Worten ‚Deutschland erwache‘ kommentiert zu haben – eine Parole, die im Dritten Reich von der Nazi-Organisation SA benutzt wurde. Ein Screenshot des Tweets liegt unserer Redaktion vor – der Twitter-Account, von dem der umstrittene Spruch abgesetzt worden sein soll, existiert nicht mehr.“

[5] So Wolfgang Gedeon aus Baden-Württemberg, siehe dazu meine Analyse: Germany’s Hot New Party Thinks America Is ‘Run by Zionists’, Tablet Magazine, 1. August 2016, http://www.tabletmag.com/jewish-news-and-politics/209243/germanys-hot-new-party (24.09.2017).

[6] „Alle Tünche, die Pegida am Anfang noch trug, war in den sozialen Netzwerken schnell hinfällig. In der scheinbaren Anonymität des WorldWideWeb oder in geschlossenen Facebook-Gruppen, in denen man sich unter sich glaubte, nahmen Mitglieder des Pegida-Orgateams kein Blatt mehr vor den Mund. Verfolgte man Bachmanns inzwischen gelöschten Twitter-Account, der auch in die Zeit vor Pegida zurückreicht, so stieß man auf vulgären Rassismus und Homophobie. Beispielsweise twitterte er am 6. September 2013 über die Grünen: ‚Gehören standrechtlich erschossen diese Öko-Terroristen! … allen voran Claudia Fatima Roth!‘“ (Lucius Teidelbaum (2016): Pegida. Die neue deutschnationale Welle auf der Straße, Münster: Unrast, 31); Die Hannoversche Allgemeine berichtet am 10. September 2017: „Von der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel soll eine E-Mail mit rassistischen Bemerkungen und Demokratie-verachtenden Thesen aufgetaucht sein. Die AfD bestreitet allerdings in Weidels Namen, dass sie die Autorin ist. Die ‚Welt am Sonntag‘ berichtet jedoch, ihr liege eine eidesstattliche Versicherung des Mail-Empfängers, eines früheren Bekannten Weidels, vor. Der Zeitung zufolge heißt es in der E-Mail vom 24. Februar 2013 in Originalschreibweise: ‚Der Grund, warum wir von kulturfremden Voelkern wie Arabern, Sinti und Roma etc ueberschwemmt werden, ist die systematische Zerstoerung der buergerlichen Gesellschaft als moegliches Gegengewicht von Verfassungsfeinden, von denen wir regiert werden.‘ Zudem werde in dem Schreiben die Bundesregierung von Angela Merkel (CDU) verunglimpft: ‚Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollen‘, zitiert das Blatt weiter“, http://www.haz.de/
Nachrichten/Politik/Deutschland-Welt/Diese-Schweine-sind-nichts-anderes-als-Marionetten (11.09.2017). Der Ex-AfDler Holger Arppe aus Mecklenburg-Vorpommern hat Pro-Nazi und zur Gewalt aufrufende Nachrichten verschickt und war jahrelang eng verbunden mit führenden AfDlern. Sein Austritt aus der Partei ist rein taktisch. Der NDR berichtet über ihn: „Arppes Chatverläufe dokumentieren auch, wie nah die AfD in Mecklenburg-Vorpommern offenbar an die rechtsextreme ‚Identitäre Bewegung‘ (IB) herangerückt ist – obwohl es einen Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundespartei gibt. Über Monate hinweg chattete Arppe ausweislich der Protokolle mit Daniel F., einem der führenden Köpfe der IB. F. war früher bei der NPD engagiert. Im Juli 2015 schrieb Arppe: ‚Diesen Revoluzzergeist brauchen wir! Der [Daniel F.] ist ein absolutes Muss für unsere Partei. Seine Vergangenheit interessiert mich einen Scheißdreck.‘ Die Dokumente zeigen auch, dass Arppe die IB darum bittet, als Ordner für eine Demonstration zur Verfügung zu stehen. ‚Daniel, könnten von Euch welche als Ordner fungieren bei unserer Demo am Samstag? Wir brauchen noch ein paar ordentliche Nazis als Freiwillige‘, schrieb Arppe demnach im Oktober 2015. Der IB-Mann sichert daraufhin drei Helfer aus seinen Reihen zu“, https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Rassistische-Chats-Fraktionsvize-verlaesst-AfD,afd1204.html (11.09.2017). Das Handelsblatt vom 9. September 2017 ergänzt diese Analyse des rechtsextremen Netzwerkes, in das Arppe eingebunden ist: „Arppe war, wie andere umstrittene AfD-Politiker auch, schon früher wegen seiner deutschnationalen Gesinnung aufgefallen. Er übte mit Wissen der Bundespartei offen den Schulterschluss mit der ‚Identitären Bewegung‘, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und pflegte Kontakte zum Chefredakteur des rechten Monatsmagazins ‚Compact‘, Jürgen Elsässer. Bei einer entsprechenden Veranstaltung im vergangenen Jahr war das AfD-Bundesvorstandsmitglied André Poggenburg mit dabei. Arppe nahm auch schon am sogenannten ‚Kyffhäuser-Treffen‘ in Thüringen teil. Veranstalter ist die rechtsnationale AfD-Gruppierung ‚Der Flügel‘ der AfD-Fraktionschefs Björn Höcke (Thüringen) und Poggenburg (Sachsen-Anhalt). Am vergangenen Wochenende kamen nach Polizeiangaben 550 bis 600 Teilnehmer zu der Kundgebung am Kyffhäuserdenkmal. Unter ihnen waren neben AfD-Chef Jörg Meuthen auch Vize-Parteichef Gauland und Pegida-Chef Lutz Bachmann“, http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/
bundestagswahl/alle-schlagzeilen/der-fall-arppe-und-die-folgen-staatsrechtler-bringt-afd-beobachtung-ins-spiel/20302334.html (11.09.2017).

[7] http://www.fr.de/politik/meinung/gastbeitraege/heiko-maas-afd-ist-in-teilen-verfassungswidrig-a-1348338?GEPC=s5 (11.09.2017).

[8] https://twitter.com/maria_fiedler/status/911984268355805185 (24.09.2017).

[9] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/afd-im-bundestag-wie-der-rechtsruck-herbei-geredet-wurde-a-1169404.html (24.09.2017).

[10] https://jungle.world/blog/von-tunis-nach-teheran/2017/08/auschwitz-am-strand-die-documenta-ueber-den-einsatz-von-zyklon (18.08.2017).

[11] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/rechtsruck-in-deutschland-die-geistig-moralische-wende-zum-schlechten-a-1166689.html (11.09.2017).

[12] Eine inoffizielle Liste ehemaliger Nazis, die nach 1945 politisch aktiv waren (wie z.B. als Abgeordnete im Bundestag) findet sich hier: https://de.wikipedia.
org/wiki/Liste_ehemaliger_NSDAP-Mitglieder,_die_nach_Mai_1945_politisch_t%C3%
A4tig_waren (21.09.2017).

[13] Bis auf die Einleitung und den Text „Ist doch für einen guten Zweck…“ sind alle Texte dieses Bandes online auf verschiedenen Portalen erschienen und wurden für diese Publikation überarbeitet. Die Datumsangaben am Ende von URLs zeigen das Datum des letzten Abrufs der Seite an.

Die Welt schaut auf diese Stadt: Nazis, die AfD und das „Pack“ in Berlin stehen wieder vor dem Einzug ins Parlament

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

Wer AfD wählt hat offenkundig kein Problem mit Rassismus, Deutschnationalismus und Antisemitismus.

Jede Wählerin und jeder Wähler bekommt seit über zwei Jahren mit, wie nazistisch, rassistisch, antisemitisch, völkisch und deutschnational die AfD ist.

Alle wissen das, da es noch nie eine so massenmediale Verbreitung der Hetze einer nicht mal im Bundestag vertretenen Partei wie der AfD gab, von Günther Jauch über Anne Will und Fank Plasberg hin zu Sandra Maischberger etc. pp.

Wir müssen weg von der „Konsensdemokratie“, die noch mit jedem Nazi ernsthaft redet und ihn „zurückholen“ möchte – es geht um klare Grenzen, z.B. Rassisten oder Antisemiten gerade nicht medial zu promoten und nicht in TV-Talkshows einzuladen. Das ist eine Message und Kritik des Spiegel Kolumnisten Georg Diez. Weniger die AfD promoten, denn sie ignorieren oder kritisieren. Ich würde sagen: über die AfD reden, nicht mit ihr. Das ist antifaschistische Grundausbildung.

Antifa (nicht Carl Schmitt) statt Habermas. Kritik statt Konsens.

In der AfD sprechen Agitatoren wie Goebbels, spielen mit einem Schießbefehl auf Flüchtlinge an der Grenze, promoten die antisemitischen Protokolle der Weisen von Zion, diffamieren das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und sind gegen Abtreibung, alle zusammen hetzen gegen Angela Merkel und wollen am liebsten eine demokratisch gewählte Kanzlerin wegputschen oder gewaltsam entfernen.

Galgen für Gabriel und Merkel auf Pegida-Demo in Dresden – Pegida ist ein ungeistiger wie praktischer Verbündeter der AfD und Pegidisten sprachen schon auf AfD-Veranstaltungen, die AfD ist gegen Moscheebauten wie in Erfurt.

Auf einer AfD-Demo wird gegen die USA agitiert und antiamerikanische Verschwörungsmythen werden promotet. Das vom extremen Rechten Jürgen Elsässer geführte Compact-Magazin fantasiert hierbei davon, das ganze Land sei von NSA und USA  besetzt – so Poster auf der großen bundesweiten AfD-Demo am 7.11.2015 in Berlin:

AfD-Demo, 7. November 2015, Berlin; Foto: Sören Kohlhuber

AfD-Demo, 7. November 2015, Berlin; Foto: Sören Kohlhuber

 

In Berlin fordert ein AfD-Mann alle Flüchtlinge in „Lager“ zu stecken, in unbewohnten Gebieten.

Jene „Klimaverschärfung“, von der die Journalistin der Stuttgarter Zeitung Katja Bauer im November 2015 sprach, ist in einem Maße eingetreten, dass es wohl nur sehr wenige AnalystInnen zu ahnen vermochten.

JEDE Wählerin und JEDER Wähler der Alternative für Deutschland (AfD), von den Funktionären nicht zu schweigen, agieren de facto antisemitisch und rechtsextrem. Es zählt die gesamte Partei und die steht – vorneweg Petry, Gauland, Meuthen, Höcke – für Antisemitismus, Rassismus, Deutschnationalismus und Kokettieren mit dem Nationalsozialismus wie der Trivialisierung und Verhöhnung der Opfer von Auschwitz, wenn Holocaustopfer mit heutigen Flüchtlingen in Zügen analogisiert werden, wie es der Berliner AfD-Vize Hugh Bronson tut.

Ein bekannte Neo-Nazi-Taktik ist heutzutage, die ungeheuerlichsten Sachen zu sagen, die entsprechende Reaktionen zu bekommen, zumindest von dem Teil der Bevölkerung, der nicht antisemitisch, rassistisch und deutschnational oder eiskalt abgeklärt ist, und dann scheibchenweise Nazi-Ideologeme oder andere problematische Topoi wieder zurückzunehmen, was in jedem einzelnen Fall unglaubwürdig ist und die WählerInnen das Augenzwinkern jeder Rücknahme natürlich sehen.

Andere wie die CSU nehmen de facto bestimmte Teile der AfD-Ideologie auf und verschärfen sie sogar noch, wie Claus Kleber im ZDF am Beispiel Horst Seehofer verdeutlichte.

Jeder Wähler und jede Wählerin in Berlin, der oder die AfD wählt, verdient Verachtung und politische und soziale Isolation. Diese Menschen gehören nicht zu einer demokratischen Gesellschaft. Sie gehören bekämpft. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Nehmen wir als letztes ein besonders krasses und abstossendes Beispiel (als ob es da eine Hierarchie des Ekels geben könnte bei der AfD):

Der Berater der Vorsitzenden der AfD, Frauke Petry, Michael Klonovsky, schreibt am 11.09.2016 auf seinem Blog:

„eine Frau ohne Kinder ist eine traurige, zuweilen sogar tragische Figur. Sie hat den eigentlichen Zweck ihres Daseins verfehlt.“ –

Angesichts dieser Frauenverachtung, die zu den „Lebensschützern“, die am 17. September 2016 in Berlin wieder aufmarschieren,  passt, gilt:

Kein Platz für die AfD, andere Mutterkreuz-Nazis, Frauenverachter und christliche FanatikerInnen in Berlin und nirgendwo sonst.

Die Ideologie der AfD ist ganz offen völkisch.

Es ist moralisch noch viel schlimmer nach 1945 das Wort völkisch zu benutzen denn z.B. 1897, damals bereitete es den Judenmord vor, ohne zu ahnen, ob und wie er passieren wird – nach 1945 ist es eine Zustimmung zu Auschwitz. Ein Wörtchen, das für die Affirmation des deutschen Verbrechens der Vernichtung des europäischen Judentums steht. Natürlich augenzwinkernd, AfD-Taktik.

Doch nicht wenige Journalisten und Historiker (gerade solche, die gegen die AfD sind) scheinen nicht zu verstehen, dass die Neue Rechte nach 1945 agiert und diese Bejahung der deutschen Verbrechen im Wieder-Verwenden eines Adjektivs wie „völkisch“ drin steckt und gerade kein Zurück ins Kaiserreich oder der Weimarer Zeit meint.

Wer heute von völkisch redet wie Petry zwinkert den AnhängerInnen zu: „Auschwitz, not sooo bad“ … Sie weiß ob der Perfidie ihrer Strategie, ohne den Holocaust zu leugnen oder offensiv zu bejahen.

Zur völkischen Ideologie der AfD gehört das Nazi-Mutterkreuz wie die neonazistische Identitäre Bewegung zur ideologischen wie organisatorischen Grundausstattung.

Gerade die Linkspartei versteht jedoch häufig gar nicht den völkischen und nazistischen Charakter der AfD, sondern kapriziert sich oft auf die „soziale Frage“, den „neoliberalen Charakter der AfD“ oder äfft die AfD nach, wie die „heilige Johanna der deutschen Nationalbewegung“, Sahra Wagenknecht. Falsch. Es geht nicht um die „soziale Frage“ bei der AfD. Es geht um Deutschland, Rassismus, Hetze gegen alle Nicht-Deutschen bzw. Deutsche mit der aus Rassistenperspektive „falschen“ Hautfarbe wie Boateng, es geht um Nationalismus, Antisemitismus und das Kokettieren mit dem Holocaust und dem SS-Staat.

Das ist der Kern der Salonfähigkeit der Neuen Rechten und nicht „Abstiegsängste“, geringe Renten oder Arbeitslosigkeit und wie die Ausreden für völkische WählerInnen alle heißen.

Wählt morgen demokratisch und lasst euch vom AfD-Kuschelkurs und der Trivialisierung der Nazi-Gefahr der AfD einer Margarete Stokowski auf SpiegelOnline (SPON) oder eines Gerhard Appenzeller im Tagesspiegel nicht aus dem antifaschistischen und demokratischen Konzept bringen.

Stokowski hatte auf SpiegelOnline ernsthaft geschrieben, dass gerade die deutsche Geschichte doch gezeigt habe, Antifaschismus sei manchmal erfolgreich und manchmal halt nicht. Keine Panik also:

Deutschland ist ein Land, das eine außerordentlich gründlich dokumentierte historische Vorlage hat, auf die man jetzt zurückgreifen könnte, um sich zu informieren, wie rechtes Denken sich verbreitet, wie Widerstand dagegen aussehen kann, warum er manchmal scheitert und manchmal erfolgreich ist.

„Manchmal“ ist der „Widerstand“ halt „gescheitert“. Manchmal!

Auschwitz, Sobibor, Bergen-Belsen, Oranienburg, Majdanek sind halt passiert, Pech. Das seien lediglich Zeichen, dass „manchmal“ der Widerstand nicht erfolgreich war. „Manchmal“, Leute, also bitte nicht aufregen oder das Präzedenzlose, nie Dagewesene der Shoah thematisieren. Die ist nur ein Beispiel, wo es halt schief ging mit dem Widerstand.

Ist halt passiert. Dieses flapsig-lässig-geschwätzige Hinweggehen über das präzedenzlose Verbrechen der Shoah durch Margarete Stokowski ist typisch für viele heutige AutorInnen. Was es z.B. für Nachkommen von Holocaustopfern oder für Holocaustüberlebende und deren Nachfahren bedeutet, wenn eine Partei wie die AfD in Parlamente einzieht, ist ihr mit solchem Gerede offenkundig völlig schnuppe.

Und Gerd Appenzeller vom Tagesspiegel, ein erfahrener Journalist, der während des Zweiten Weltkrieges 1943 in Berlin geboren wurde, attackiert gar den Berliner Regierenden Bürgermeister Michael Müller für dessen „Alarmismus“, weil dieser auch AfD-WählerInnen scharf angeht, da die Wahl der AfD als Nazi-Revival weltweit Schlagzeilen machen würde.

Ja, würde es, lieber Tagesspiegel, und dank dem Tagesspiegel wird die AfD auch weiter trivialisiert und lieber die SPD diffamiert in ihrer scharfen Attacke auf die AfD und – das ist so wichtig – dem Fokus auf die WählerInnen der AfD, ganz normale Deutsche.

Bei aller so scharfen Kritik an Sigmar Gabriel, der aus der SPD das gemacht hat, was sie heute ist (inklusive des Kungelns mit dem islamistisch-antisemitischen Regime in Teheran), sein Wort vom deutschen „Pack“ (nicht nur in Heidenau und Sachsen) geht in die Geschichtsbücher ein, weil es die Wahrheit ist. Auch sein Mittelfinger für die Nazis der Identitären Bewegung kam aus tiefstem Herzen und das ist gut so.

Und ganz zu Recht hat Gabriel in seinem Statement in Heidenau deutlich gemacht, dass Nazis auch im Sportverein, auf der Arbeit, im Kirchenchor oder beim Rockfestival, auf der Autobahnraststätte, beim „Odin-sei-bei-mir“-Rufen im Schwarzwald, beim Paintball-Spielen in der Lüneburger Heide, beim Einkaufen, im Fußball-Stadion nicht nur in Dortmund oder Dresden, dem Boxring oder beim Rumlungern und Warten auf das nächste „du Opfer“ oder „du Jude“ (wobei sie diese Ressentiments mit nicht wenigen muslimischen Jugendlichen teilen!) isoliert, attackiert und kritisiert gehören.

Wer nicht erkennt, in welcher gesamtwestlichen, zumal gesamteuropäischen Situation wir uns befinden, wo Rechtsextreme (darunter all jene zärtlich als „besorgte Bürger“, „Rechtspopulisten“, „Protestwähler“ etc. Kategorisierten) Wahlerfolge feiern und die politische Kultur massiv nach rechts verschieben, wie in Ungarn, Österreich, Schweden, Holland, Frankreich, England (und Trump in USA) – die oder der hat nicht kapiert, was diese Zeit auch hierzulande geschlagen hat.

Es geht um die Verteidigung der Demokratie, nicht mehr und nicht weniger, egal welche demokratische Partei man wählt – wobei die CSU eine Art zweite AfD in Bayern ist und es ist wiederum der nach extrem rechts abdriftende Berliner Tagesspiegel, der für eine erzkonservative oder „stramm konservative Politik“ plädiert bzw. sie lobt:

Ist es echt so schlimm? Gehen wir mal kurz die zentralen Forderungen der CSU durch: Flüchtlingsobergrenze von 200.000 Menschen, Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, Burka-Verbot, Vorrang für Zuwanderer „aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis“. Sind das verbotene Forderungen, ist es rechtsradikal, gefährden solche Ansichten den sozialen Frieden? Natürlich nicht. Es ist stramm konservative Politik.

Sicher ist ein Burkaverbot höchst angesagt. Die Würde der Frau ist unantastbar.

Aber alles andere ist Rassismus, namentlich der „Vorrang für Zuwanderer aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis“ wie auch eine „Obergrenze“ für Flüchtlinge (!).

Wenn Michael Müller in der taz schreibt:

Die Tage der politischen Leichtigkeit sind vorbei, wir erleben eine Zeit, die mehr Ernsthaftigkeit von allen erfordert.

dann hat er die Zeichen der Zeit klar erkannt. Sicher ist das auch Teil des Wahlkampfes und das heißt nicht, dass man die SPD super-duper-toll finden muss, alleine schon das Ausgrenzen eines anti-islamistischen SPDlers wie Erol Özkaraca ist problematisch und sollte kritisiert werden:

Im Sommer 2015 hatte sich Özkaraca mit seinem Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh, wie er Muslim, überworfen. Es ging um die Frage, wie nah Islam und Staat sich kommen dürfen. Özkaraca interpretiert seinen Glauben liberal, er besteht auf einer strikten Trennung zwischen Religion und Staat. Saleh trat dagegen ein für einen Staatsvertrag mit Berlins muslimischen Verbänden, wie in Hamburg und in Bremen. Und er zeigte sich offen für eine Änderung des Berliner Neutralitätsgesetzes, das Lehrern sichtbare religiöse Symbole verbietet, also auch Frauen ein Kopftuch.

Vor dem Bürofenster Özkaracas ist eine ganze Batterie von seinen Wahlplakaten aufgestellt, versehen mit dem Konterfei des Kandidaten sowie politischen Slogans, die angesichts der allgemeinen Einfallslosigkeit der sonstigen gedruckten politischen Aussagen teils frech, teils provokant erscheinen. „Der Rechtsstaat gilt überall. Sogar in Neukölln“ steht dort zu lesen, oder „Religion ist Privatsache. Extremismus nicht“.

Die SPD hat sich als Partei ganz klar als Anti-AfD-Partei gezeigt.

Es gibt auch in Berlin viel zu viele Menschen, die die AfD wählen werden. Es geht darum, den Prozentsatz der AfD so gering wie möglich zu halten und die Neue Rechte auch im Parlament zu bekämpfen, mit allen Mitteln. Das ist Realpolitik.

Auch bisherige oder häufige NichwählerInnen, AnarchistInnen (solange sie nicht eh libertäre Nazis sind), Antideutsche und SkeptikerInnen sollten diesmal wählen gehen, demokratisch.

Die AfD ist nicht nur eine etwas erfolgreichere NPD. Die AfD steht für eine neue deutsche Volksgemeinschaft und für das Mainstreamen von Rassismus, Deutschnationalismus und Antisemitismus. Davon konnte die NPD niemals auch nur träumen.

Leute: Es sind krasse Zeiten und krasse Zeiten verlangen krasse Handlungen. Und sei es, die AfD parlamentarisch zu bekämpfen und wählen zu gehen.

 

 

 

Der Tiefpunkt der parlamentarischen Demokratie: der Auftritt von Wolf Biermann im Deutschen Bundestag am 7. November 2014

 

Das knapp zehnminütige Video, das Wolf Biermann bei seinem Auftritt im Bundestag zeigt, ist Anschauungsmaterial für zukünftige Generationen, wie man eine Demokratie von innen heraus zerstören möchte. Kritik an der DDR, 25 Jahre nach dem Mauerfall und 24 Jahre nach dem Ende der DDR, ist möglich und wird allüberall obsessiv gepredigt. Wolf Biermann sieht sich als „Drachentöter“ – und das im Deutschen Bundestag. Was ist ein Drachentöter? Wikipedia schreibt dazu:

 

Ein Drachentöter ist eine fast ausschließlich männliche Heldengestalt, der es gelingt, einen mythischen Drachen zu besiegen; sie steht für großen Mut und die Überwindung des Bösen. Drachentöter finden sich in Mythen, Sagen, Legenden und Märchen vieler Kulturen, außerdem in moderneren Genres wie Fantasy und Rollenspiel.

 

Das zeigt, dass der patriarchale, egomanische, antidemokratische und obsessiv antikommunistische Gitarrist und Prediger Wolf Biermann den Deutschen Bundestag als eine Art Rollenspiel oder Fantasy betrachtet und nicht als einen Ort, wo gewählte Volksvertreter (!) debattieren, wo Gesetze beschlossen werden oder auch mal würdevoll erinnert wird. Der Gitarrenspieler inszenierte sich als mutig, dabei hat er doch nur die geradezu krankhaften antilinken Ressentiments des Mainstreams in diesem Land bedient – und alle klatschen.

 

Er benutzte seinen mega peinlichen und vor allem politisch höchst gefährlichen Auftritt dafür, seinen verhassten Linken eine reinzuhauen. Er bezeichnete die gesamte Fraktion von Die Linke als „den elenden Rest“ der DDR.

 

Eine Vertreterin dieses „elenden Rests“ ist Petra Pau. Sie setzt sich seit Jahren gegen Antisemitismus und Israelhass ein. Sie ist eine der ganz wenigen Stimmen im Deutschen Bundestag, die sich gegen Judenhass im 21. Jahrhundert überhaupt wendet und der man ihr Engagement auch abnehmen kann. Das trifft eigentlich nur noch auf Volker Beck von den Grünen zu und womöglich ein paar weitere Parlamentarier/innen zu. Die beiden waren es auch, die mit Reinhold Robbe, Präsident der DIG, mit einer Erklärung am 7. November 2014 sich gegen eine antisemitische Veranstaltung mit Max Blumenthal, der dafür berüchtigt ist, Israel mit Nazi-Deutschland zu vergleichen, in der Volksbühne in Berlin wenden.

 

Es ist ein Skandal, dass Wolf Biermann heute unbescholten diese Rede halten durfte, und fast alle bürgerlichen Medien sind überschwänglich dabei, ihn zu preisen und loben. Keine Patriarchatskritik, nirgends. Dabei kann man sich kaum mehr blamieren als Biermann es heute getan hat, er, das Würstchen mit Gitarre, getrieben vom Hass und von Verbitterung noch 25 Jahre nach Ende der DDR, sieht sich als „Drachentöter“. Das kann er seinen Urenkeln im Märchenwald erzählen, aber nicht im Bundestag, den er heute auf groteske Weise entwertet hat als seriöse und zentrale Einrichtung einer Demokratie.

 

Im Bundestag werden keine Märchen erzählt und keine Drachen getötet, das ist infantil.

 

Wie viele autoritären Regime benutzte Biermann die „Kunst“, um politisch zu hetzen, den Feind zu lokalisieren und zu diffamieren, ja ihn töten zu wollen, und das im Parlament, dem Bundestag – „Drachentöter“. Lyrischer Mordaufruf und der Bundestagspräsident sitzt hilflos darüber und versuchte zwar, den Hetzer zu stoppen, doch schaffte es nicht, da er dazu nicht die Persönlichkeit hat, die ein Parlamentspräsident aber haben sollte.

 

Er ließ auch zu, dass Biermann die DDR mit der heutigen Bundesrepublik verglich, als Lammert sich eine Rede des Gitarristen verbeten wollte, doch damit nur Hohn und Spott von Biermann erhielt und den Applaus der CDU/CSU und SPD/Grünen.

 

Der 7.11.2014 wird in die Geschichtsbücher eingehen als der Tag, an dem im Bundestag Politik und antidemokratische Agitation verwechselt wurden und die Kanzlerin und der Vizekanzler den Egomanen und von Hass getriebenen nach seinem Auftritt auch noch zärtlich die Schulter klopften bzw. ihn herzlich umarmten.

 

Das sagt nichts über den extremen Israelhass Vieler in der Linkspartei aus, aber doch soviel, dass es keineswegs eine homogene Gruppe „die Linkspartei“ gibt. Doch diese homogene Gruppe hat Biermann heute konstruiert und bekam Beifall von der großen Mehrheit der anwesenden MdBs und der deutschen Mainstream-Presse, die gar nicht merkten oder es goutierten, dass hier die Demokratie in den Dreck gezogen wurde.

 

Kritik an der DDR ist eine Sache. Persönliche Rachefeldzüge verkleidet als „Kunst“ und das auch noch im Parlament – das ist antidemokratische Agitation in Reinform.

 

Es gibt enorm viel Antisemitismus in der Linkspartei. Auch sonst gäbe es viel an dieser Partei zu kritisieren. Darum geht es hier gar nicht.

 

Es geht darum – verfassungsrechtlich, demokratietheoretisch und politikwissenschaftlich, die politisch Kultur analysierend gesprochen – dass Wolf Biermann ein gewähltes Parlament als solches nicht akzeptiert, wenn er die Gastrolle als Musiker missbraucht um politisch zu hetzen.

 

Das nächste Mal beschimpft ein thailändischer Flötist im Bundestag eventuell alle CDUler als anti-asiatische Rassisten oder ein islamistischer Cellist (dürfen Islamisten Cello spielen?) alle Christen und Juden im Parlament als Nachfahren von Affen und Schweinen (was übrigens eigentlich antiislamistisch ist, da damit die Evolutionslehre bejaht wird, was Kreationisten ablehnen).

 

Das ist nicht weit entfernt vom „elenden Rest“ des SED-Regimes, vom dem Biermann faselte.

Antisemitismus im neuen Europa. Das Fanal von Toulouse im Kontext

 

Am 19. März 2012 ermordete in Toulouse ein islamistischer Franzose algerischer Herkunft vier Juden. Am selben 19. März hielt die Außenbeauftragte der Europäischen Union, die Britin Catherine Ashton, eine Rede vor der UNRWA. Darin setzte Ashton die antisemitischen Morde in Toulouse, die aufgrund des sehr gezielten Aufsuchens einer jüdischen Schule offensichtlich waren, mit der Situation im Gazastreifen gleich. Das ist eine antisemitische Reaktionsweise: es werden vier Juden ermordet und eine typische europäische Politikerin spricht sofort von Israelis (also Juden) als Täter bezüglich der Situation im Gazastreifen, wo Israel zudem gar nicht herrscht, aber der Ableger der Muslimbrüder, die antisemitische Bande Hamas, der Islamische Jihad und weitere Gruppen Raketenterror gegenüber Israel betreiben. Der aus der CDU ausgeschlossene Martin Hohmann (ein Bewunderer Joachim Gaucks schon im Jahr 2003), der im Konjunktiv von den Juden als von einem „Tätervolk“ fabulierte, lässt schön grüßen. Ashton projiziert Schuld und täuscht Trauer ob der ermordeten Juden noch nicht einmal vor. Schamloser Antizionismus ist längst zur Lingua Franca Europas geworden. Das brüllende Schweigen der deutschen Elite, von Merkel über Habermas, Westerwelle und weitesten Teilen der Menschrechtes- und politischen NGO-Szene, tut ein Übriges.

Alle schweigen? Keineswegs: Der Mord an den vier Juden in Toulouse lässt den ehemaligen Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) an der Technischen Universität Berlin, Wolfgang Benz, völlig kalt. In einem Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt sagte er:

 „Ich fürchte, dass kaltblütige Taten wie die von Oslo und Toulouse normale Gewalt in einer Massengesellschaft ist. (…) Ich sehe keine Zunahme des Antisemitismus. Es ist traurig genug, dass es Menschen gibt, die Juden feindlich gegenüber stehen. Doch ich warne auch vor dramatisierenden Schlagzeilen bei Veröffentlichungen dieser Studien.“

Der Tod an Juden gereicht dem Vorzeigdeutschen zur Warnung (!) vor Antisemitismus zu warnen. Im gleichen Gespräch unterstützt Benz den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, einer, der auch nicht schweigt und ebenso gezielt, die Tastatur als Waffe benutzend, am 14. März morgens auf seiner Facebook-Seite im Internet den Eintrag postete:

 „Ich war gerade in Hebron. Das ist für Palästinenser ein rechtsfreier Raum. Das ist ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt.“

Das war kein Ausrutscher und nicht zufällig. Gabriel möchte den Hass auf Israeli anstacheln und Benz kommentiert im Hamburger Abendblatt:

„Ich kann bei Gabriels Äußerungen keinen Antisemitismus feststellen. Es ist doch nicht frei erfunden, dass Israel sich als ein Staat definiert mit einem bestimmten Staatsvolk. Und es ist auch nicht frei erfunden, dass Nichtjuden einige zusätzliche Kontrollen durch israelische Behörden über sich ergehen lassen müssen. Wenn das Gabriel an einen Staat erinnert, in dem Bürger mit zweierlei Recht behandelt werden, dann kann ich das nachvollziehen.“

In einem Aufruf der DIG in Stuttgart zu einer Kundgebung gegen Antisemitismus und für Israel heißt es:

„Moslems haben in Israel mehr Rechte als in Deutschland. Arabisch ist eine offizielle Sprache in Israel. Warum leben die mehr als eine Million arabischer Israelis lieber in Israel als in arabischen Staaten oder unter der Herrschaft der Hamas in Gaza? Warum drängen sie Israel zu Gesprächen mit der antisemitischen Terrororganisation Hamas? Wäre es nicht angebrachter, die Anerkennung des jüdischen Staates durch die Palästinenser zu verlangen?“

Der Historiker Wolfgang Benz hingegen kann es also „nachvollziehen“ wenn Israel als Apartheidstaat bezeichnet wird. Damit fördert Benz Antisemitismus. Schon längst ist er keine seriöse Quelle mehr, so er es je war – doch was kümmert das ebenso kümmerliche deutsche Medien oder Forscherkolleginnen und -kollegen? Am 1. November 2010 gab Benz der islamistischen und antisemitischen Internetseite Muslim-Markt, die seit Jahren für ihre pro-iranische und zum Boykott Israels aufrufende Propaganda berüchtigt ist, ein herzliches Interview. Das macht weder dem Hamburger Abendblatt noch seinen Kollegen der TU Berlin oder sonstwo etwas aus, generations- und geschlechterübergreifend.

Dem Abendblatt sagte Benz:

 „Ich sehe nur bei fünf Prozent der Deutschen klare judenfeindliche Einstellungen, das sind die Ewiggestrigen mit ihren Stammtischparolen.“

Das ist an Absurdität und Unwissenschaftlichkeit nicht zu übertreffen. Nur ein paar Hinweise statistischer Natur seien hier gegeben: Nach einer repräsentativen Umfrage der AntiDefamationLeague (ADL) in zehn europäischen Ländern im Januar 2012, die im März 2012 veröffentlicht wurde, sagen z.B. 43% der Deutschen, Juden würden zu viel an den Holocaust erinnern. Für 14% sind Juden für den Tod Jesu verantwortlich, die Zustimmung zu wenigstens drei (von der ADL ausgewählten) antisemitischen Stereotypen ist in Deutschland von 2009 bis 2012 von 20% auf 21% gestiegen. 52% der Deutschen glauben im Jahr 2012, Juden seien dem Staat Israel gegenüber loyaler als gegenüber Deutschland. 34% der Deutschen sagen, dass sie Juden in Deutschland durchaus danach beurteilen, wie sich Israel politisch verhält, 2009 hatten 25% diese antisemitische Sichtweise. Wer sich an die antisemitischen Massendemonstrationen in Deutschland die letzen Jahre erinnert, insbesondere im Januar 2009, aber auch an die einstimmige antiisraelische Bundestagsresolution von Juli 2010, und wer regelmässig und kritisch die deutschen Medien verfolgt, erkennt die Massivität antisemitischer Ressentiments bis weit in die Mitte der Gesellschaft. Dazu kommen noch viele antisemitische Straftaten, häufig von Neonazis begangen, wobei z.B. das massenhafte Brüllen antisemitischer Parolen auf Demonstrationen (vor allem auf Deutsch, Arabisch und Türkisch) nicht in solche Statistiken Eingang findet!

Es sind noch zwei weitere antisemitische Ereignisse in den letzten Tagen, die von großer Bedeutung sind und einen Trend anzeigen: am 16. März marschierten in der lettischen Hauptstadt Riga zum wiederholten Male ehemalige SS-Männer und ihre jungen Neonazi-Fans auf, führende Politiker unterstützten den Marsch. Der Protest war gering, gleichwohl unüberhörbar, unter anderem Dovid Katz, Sprachwissenschaftler und Jiddisch-Forscher, und der Historiker Efraim Zuroff, Leiter des Jerusalemer Büros des Simon Wiesenthal Centers, waren vor Ort und berichteten. Die am 3. Juni 2008 in der tschechischen Hauptstadt von einigen bekannten Politikern und Aktivisten unterzeichnete Prager Deklaration ist ganz im Sinne der SS-Männer, da sie den ‚Kommunismus‘ als genauso schlimm verurteilt wie den Nationalsozialismus (vgl. dazu ausführlicher das Buch Ein Super-GAUck). Da rennen die Aktivisten in einem Land wie Lettland offene Türen ein, ist doch regelrechter Hass auf die Sowjetunion und eine tiefe Bewunderung für den Nationalsozialismus und die Deutschen seit der neuerlichen Unabhängigkeit des Landes Anfang der 1990er Jahre alltäglich, wie nicht nur diese SS-Aufmärsche auf brutale Weise zeigen. Auch in Litauen wird Nazi-Deutschland verehrt. In keinem Land wurden in der Shoah prozentual mehr Juden ermordet als in Litauen, über 95%. Im Jahr 2008 wurden Ermittlungen gegen jüdische Partisaninnen und Partisanen eingeleitet, weil sie sich mit Hilfe der Roten Armee gegen die deutschen Mörder und ihre litauischen Gehilfen bewaffnet wehrten.

Die Prager Deklaration war auch im Vorfeld von den baltischen Ländern mit vorbereitet worden, ein ehemaliger litauischer Präsident, Landsbergis, ist unter den (wenigen, also: ausgewählten) Erstunterzeichnern. Ein weiterer Erstunterzeichner wurde am 18. März 2012 zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt: Joachim Gauck. Gauck sieht im Holocaust keinen Zivilisationsbruch und keine Einzigartigkeit mit weltweiter Bedeutung. Getrieben vom Furor des Pfarrers und Antikommunisten, setzt Gauck die Shoah und den ‚Kommunismus‘ gleich. Bereits 1998 war er Autor im unwissenschaftlichen und rein agitatorischen Band „Das Schwarzbuch des Kommunismus“.

Gauck sagte in einer Rede vor der Robert Bosch Stiftung 2006, dass jene, die im Holocaust das Einzigartige erkennen und betonen, das nur tun würden, um als Gottlose in einer säkularen Welt an etwas glauben zu können. Der Holocaust als Religionsersatz, das möchte der neue Bundespräsident sagen. Damit sekundiert er nicht nur der Neuen Rechten und dem Neonazismus, die das Betonen des Spezifischen und Unvergleichlichen der deutschen Verbrechen im Holocaust schon immer als einen Fetisch betrachteten, den auszutreiben deutsch-nationale Propaganda sich unmittelbar nach 1945 anschickte. Er sekundiert auch der linken Antizionistin Iris Hefets oder dem Bestsellerautor Martin Walser. Die Times of Israel kritisiert die Wahl Gaucks zum Bundespräsidenten. In Deutschland jedoch feixen Neue Rechte und der Mainstream von Richard Herzinger (Die Welt), Josef Joffe (Die Zeit), dem Tagesspiegel (Malte Lehming), Achgut (Lengsfeld, Broder), dem Focus bis hin zur Jungen Freiheit über den Pfarrer, Antikommunisten und Holocaustverharmloser im Schloss Bellevue. Selbst die Kritiker des antizionistischen Antisemitismus, zu dem einige der soeben Zitierten zählen, sind völlig unfähig alle Formen des Antisemitismus zu analysieren und zu attackieren. Vielmehr stellen sie der (in ihrer Sicht unnötigen und blöden) Erinnerung an den Holocaust die Israelsolidarität gegenüber. Viel dümmer und auch perfider kann man kaum agieren, und gerade Benjamin Netanyahu hat die Absurdität dieses Vorgehens (bei Broder heißt es „Vergesst Auschwitz!“, sein neues Buch) auf einer Rede in USA vor wenigen Wochen bloßgelegt, als er an das Versagen des Westens und Amerikas bezüglich der Bombardierung von Auschwitz hinwies und betonte, dass die Juden heutzutage einen eigenen starken Staat haben, der sich zu wehren weiß. Gerade die Erinnerung an den Antisemitismus auch im Westen ist wichtig um dem heutigen Judenhass entsprechend und angemessen zu begegnen. Noch merkwürdiger wird der Aufruf Broders, Auschwitz zu vergessen, wenn man bedenkt, dass nach einer repräsentativen Umfrage 21% der 18–30jährigen das Wort Auschwitz gar nicht kennen, von den obsessiven Abwehrern eines Erinnern an Auschwitz, von Ernst Nolte über Martin Walser hin zu Matthias Matussek oder auch Oliver Bierhoff ganz zu schweigen.

Das Simon Wiesenthal Center und sein Autor Harold Brackman hingegen berichten in einem aktuellen Bericht über wachsenden Antisemitismus in Europa nicht nur von der oben zitierten ADL-Studie, auch viele antisemitische Beispiele (und zwar aus beiden großen Bereichen: ‚alter‘ und ‚neuer‘ Antisemitismus, Abwehr der Erinnerung an den Holocaust und antizionistischer Antisemitismus rot-grüner, islamistischer und rechter Provenienz, die alle seit langem in den Mainstream ausstrahlen) aus ganz Europa, von Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland, Belgien, Holland, Österreich, Ungarn, Dänemark, Griechenland, Kosovo, Schweiz, Polen, Litauen, Russland bis hin zum antisemitischen Spitzenreiter in Schweden und bis nach Finnland und Norwegen und Großbritannien werden dargestellt.

 

Auf unterschiedlichen Ebenen zeigt sich in diesen wenigen Tagen im März in Europa und der Tendenz der letzten Jahre, wie Antisemitismus funktioniert und wie alltäglich er ist. Die jihadistischen Morde in Frankreich an vier Juden (und drei französischen Soldaten), die Terrororganisation al-Qaida bekannte sich dazu, ist jedoch ein Fanal. Juden werden eingeschüchtert, bedroht und nun auch ermordet, mitten in Europa, mitten am Tag, knapp 67 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust.

Insbesondere die Forschung und die Medien versagen am laufenden Band. Warum interviewt das Hamburger Abendblatt so pensionierte wie passionierte Israelfeinde wie Wolfgang Benz? Warum interviewt die Tagesschau einen israelfeindlichen und der Wahrheit abgeneigten Mann wie Michael Lüders, der offenbar noch nicht mal Persisch spricht, aber wissen möchte, dass eine Rede von Ahmadinejad am 26. Oktober 2005 angeblich falsch übersetzt worden sei, obwohl die seriöse Forschung in Deutschland (Wahied Wahdat-Hagh[i]) und weltweit (New York Times[ii], Jerusalem Center for Public Affairs) längst bewiesen hat, dass Ahmadinejad zur Vernichtung Israels aufgerufen hat?

Warum schließlich interviewt das ZDF mit seinem Anchorman Claus Kleber den Islamfaschisten und Holocaustleugner Mahmoud Ahmadinejad, von dem nichts Neues zu erfahren ist, außer Propaganda? An den Händen Ahmadinejads klebt das Blut des Niederschlagens der Proteste im Sommer 2009 – z.B. der Mord an der Studentin Neda –, und vieler politischer Morde, an Homosexuellen und anderen seither; dies und sein fanatischer und auf Vernichtung der Juden zielender Antisemitismus und das iranische Atomprogramm machen es für seriöse Menschen undenkbar diesem Mann eine Plattform zu bieten und ihm die Hand zu schütteln.

Es ist Frühjahr in Europa, der antisemitische Hass beginnt wieder zu blühen, vielfarbig und übel riechend und wird noch mehr Früchte tragen.



[i] Im Antisemitismusbericht der Bundesregierung heißt es: „Für diese den Islam politisierenden Gruppen und Staaten ist Antisemitismus ein untrennbarer Bestandteil ihrer Ideologie. Mit teils professioneller Propaganda prägen sie entsprechende antisemitische Stereotype und versuchen, diese Auffassungen auch unter nichtextremistisch gesinnten Muslimen zu verankern. Nicht zuletzt reklamieren sie eine Meinungsführerschaft für „die Muslime“ und behaupten, dass ihre Auffassungen „dem Islam“ und der Mehrheit „der Muslime“ entsprächen. Dies gilt nicht erst seit der Forderung des – zweifellos einem islamistischen Staatswesen vorstehenden – iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, dass Israel aus den „Annalen der Geschichte getilgt werden“ müsse. [FN: Für diese den Islam politisierenden Gruppen und Staaten ist Antisemitismus ein untrennbarer Bestandteil ihrer Ideologie. Mit teils professioneller Propaganda prägen sie entsprechende antisemitische Stereotype und versuchen, diese Auffassungen auch unter nichtextremistisch gesinnten Muslimen zu verankern. Nicht zuletzt reklamieren sie eine Meinungsführerschaft für „die Muslime“ und behaupten, dass ihre Auffassungen „dem Islam“ und der Mehrheit „der Muslime“ entsprächen. Dies gilt nicht erst seit der Forderung des – zweifellos einem islamistischen Staatswesen vorstehenden – iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, dass Israel aus den „Annalen der Geschichte getilgt werden“ müsse.; (FN: Ahmadinedschad zitierte hier Ayatollah Khomeini, Bundeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.), Die umstrittene Rede Ahmadinedschads vom 26. Oktober 2005 in Teheran, Übersetzung des Sprachendiensts des Deutschen Bundestags, http://www.bpb.de/themen/MK6BD2,0,0,Die_umstrittene_Rede_Ahmadinedschads.html [eingesehen am 14. Juli 2010].)“

[ii] Mahmud Ahmadinejad (2005): Rede auf der Konferenz „Eine Welt ohne Zionismus“ am 26. Oktober 2005 in Teheran im Innenministerium, zitiert nach der Übersetzung von Nazila Fathi, New York Times, 30.10.2005, http://www.nytimes.com/2005/10/30/weekinreview/30iran.html?pagewanted=1&_r=1 (16.09.2010), Übersetzung d.V. In der englischen Übersetzung: „Our dear Imam said that the occupying regime must be wiped off the map and this was a very wise statement. We cannot compromise over the issue of Palestine.“

Sozialdemokratischer Antisemitismus: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte im Jahr 2007

Zuerst publiziert auf www.hagalil.com am 10.09.2007

 

Kritik am Antisemitismus ist nicht beliebt. Klar, bis 1945, unter den Nazis, da gab es irgendwie Judenfeindschaft. Dagegen sind fast alle. Aber seitdem? Sind die Juden jetzt nicht wirklich mächtig, haben einen Staat und eine große Armee? Wurde nicht aus den Opfern ein ‚Täter‘, so böse das klingen mag? Sind nicht gerade ‚wir Deutschen‘ aufgefordert dem Einhalt zu gebieten und diesmal auf der richtigen Seiten zu stehen, jener der ‚Opfer‘, also der Palästinenser bzw. der Araber und Muslime? Ist nicht eine gleichsam „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ am Werke, die sowohl ökonomisch schlechter gestellte Leute, als auch Obdachlose, Frauen, Homosexuelle, Muslime („Islamophobie“) oder auch Juden gleichermaßen diskriminiere? Wieso wollen die Juden immer eine ‚Extrawurst‘ sein und weigern sich mit den genannten vergleichsweise harmlosen ‚Diskriminierungsfacetten‘ in einen großen Topf geworfen zu werden? Wieso reagieren viele Publizisten oder Wissenschaftler so allergisch, zumal im neuen Deutschland, wenn es um das Spezifische am Antisemitismus geht?

Im folgenden wird eine antisemitische Rezension in einer der bekannten sozialdemokratischen Theoriezeitschriften untersucht und jenes abgewehrte Buch neu gelesen und besprochen. Ich hatte eine Professorin für Soziologie an einer bundesdeutschen Universität angefragt, ob sie meine Dissertation[i] rezensieren wolle. Da in meiner Studie der Antizionismus wie auch der Antiamerikanismus nicht nur nach 9/11 kritisiert werden[ii], könnte sich mit einer Rezipientin eine interessante Diskussion ergeben, hoffte ich. Die Professorin[iii], Expertin in Sachen ‚Rassismus‘, ‚Nationalismus‘ etc., welche mir schrieb, dass sie „beeindruckt“ von der „Fülle des Materials und der Analysen“ meiner Studie sei, wollte eigentlich in dem sozialdemokratischen Hausblatt Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte die Rezension unterbringen.

Die jedoch sei skeptisch, da vor kurzem eine dort publizierte Rezension für Wirbel gesorgt habe und der Chefredakteur bzw. die Redaktion besonders alarmiert seien. Die Rezension könne sie jedoch auch für eine andere Zeitschrift schreiben. Um diese (mögliche) Besprechung geht es mir jedoch gar nicht. Das ist lediglich der Aufhänger für etwas ganz anderes. Denn was für ‚Wirbel‘ in der NG/FH ist gemeint? Was für eine Rezension? Die Soziologin schrieb mir folgendes:

„Zum Konflikt in der NG/FH folgendes: in H 6-2007 hatte der Journalist Rudolf Walther eine recht israelkritische Rezension zu einem Sammelband geschrieben. Daraufhin kam großer Protest von Arno Lustiger (…).“

Was mag „recht israelkritisch“ heißen? Es handelt sich um den Band Neu-alter Judenhass. Antisemitismus, arabisch-israelischer Konflikt und europäische Politik.[iv] Die Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte ist die einzige renommierte sozialdemokratische Theoriezeitschrift. Sie wird im Namen der Friedrich-Ebert-Stiftung von der SPD-Politikerin Anke Fuchs, dem Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), Klaus Harpprecht, dem langjährigen Professor für Geschichte in Bielefeld bzw. der FU Berlin und Präsidenten des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung Jürgen Kocka[v] sowie dem Chefredakteur Thomas Meyer, zugleich Professor für Politikwissenschaft an der Universität Dortmund, herausgegeben.

Ein Blick in den Redaktionsbeirat ist auch interessant. Dort sitzen neben Tissy Bruns, Frank Benseler, Iring Fetscher, dazu der jungdeutsche Protagonist eines Kampfes gegen den amerikanischen „Freiheits-Bolschewismus“[vi], Eckhard Fuhr, die Historikerin Susanne Miller, Sigmar Mosdorf, Wolfgang Thierse, Herfried Münkler (Professor für Politikwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität) und einige andere. Das zeigt den bemerkenswerten Einflussradius in Politik, Wissenschaft, Forschung, Publizistik, Partei (SPD) und Gesellschaft dieser monatlich erscheinenden Zeitschrift. Es ist also kein linkes Miniblatt, bei dem es sinn- und nutzlos wäre die Ressentiments monatlich, täglich oder wöchentlich alle einzeln zu sezieren. Doch eine solche mainstream-Zeitschrift verdiente es schon einmal exemplarisch untersucht zu werden. Rezensionen zumal haben einen durchaus exponierten Gehalt in NG/FH, da es pro Ausgabe nur wenige gibt.

Die hier in Frage stehende Rezension macht schon im Titel deutlich, worum es ihr geht: „Rhetorik des Verdachts. ‚Neu-alter Judenhass. Ein Sammelband von Klaus Faber u.a. macht es sich sehr einfach“.[vii] Der erste Satz wiederum versetzt den Rezensenten in den Stand eines Opfers der Verhältnisse:

„Wer sich mit dem Nahost-Konflikt beschäftigt, betritt nicht nur vermintes Gelände, sondern bewegt sich auch in einem ideologisch vergifteten Klima.“[viii]

Weder Titel der Buchkritik noch der erste Satz lassen ahnen, dass es sich hier um seriösen Journalismus handelt. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass Texte in einer Zeitschrift wie NG/FH gewiss nicht nur einmal kurz überflogen, vielmehr gründlich redigiert werden, wird es noch beachtlicher. Fast schon ironisch ist es, dass zumindest einer der Herausgeber des rezensierten Bandes, Klaus Faber, ein der Sozialdemokratie höchst aufgeschlossener Politiker ist, der auch selbst schon öfters in NG/FH geschrieben hat.

In geradezu zynischer Diktion stellt Rezensent Walther die Frage, ob es Zufall sei, dass die Berichterstattung über Israel so schlecht sei:

„Soll die ARD-Tagesschau über Heirats- und Schulfeste in Israel berichten, um das von einer rechtsradikalen, gelegentlich rassistischen Politik heruntergewirtschaftete Image des Landes aufzumöbeln oder über das, was tatsächlich und tagtäglich geschieht in den besetzten Gebieten?“[ix]

Demokratisch gewählte Politiker wie Ehud Olmert oder Zipi Livni werden als „rechtsradikal“ denunziert um Israel per se ein „heruntergewirtschaftetes Image“ anzuheften. Von der NPD oder den linksextremistischen Antizionisten vom Schlage der Nationalbolschewisten der jungen Welt ist man das gewöhnt. Doch in einer seriösen Zeitschrift einen völlig argumentationslosen Diffamierungsschwall gegen Israel lesen zu müssen, das ist einmal mehr bemerkenswert. Dass Walther den Politikwissenschaftler Lars Rensmann so wenig leiden kann wie den Journalisten Tobias Kaufmann oder den Wissenschaftler Yves Pallade, mag an seiner grundsätzlichen Weigerung liegen, Kritik am Antisemitismus nicht 1945 aufhören zu lassen. Fast schon komisch wird es, wenn Walther zentrale Begriffe der modernen Politik- und Sozialwissenschaft bzw. der Zeitgeschichte in puncto Antisemitismusforschung, als ‚Erfindung‘ abtut, ja so tut, als ob diese Begriffe völlig unbekannt seien:

„Keiner der Autoren gibt sich die Mühe, etwas präziser zu beschreiben, was ‚Neu-alter-Judenhass‘ oder hybrid-spekulative Konstrukte wie ‚Schuldabwehr-Antisemitismus‘, ‚medialer Sekundär-Antisemitismus‘ bedeuten.“[x]

Seit Adornos Studie Schuld und Abwehr aus dem Jahr 1955 haben sich einige Studien mit dem Schuldabwehr-Antisemitismus, dem sekundären Antisemitismus nach Auschwitz beschäftigt. Solche Analysen haben Sozialdemokraten und ihre Theorieorgane offensichtlich weiträumig gemieden. Ja, mehr noch: wie Schuldabwehr-Antisemitismus funktioniert, wie Amerikanern (‚Bush denkt so wie Hitler oder Bin Laden‘), Engländern (‚Bomben-Holocaust‘), Russen, Tschechen, Polen (‚Vertreibungs-Holocaust‘), Israelis und Juden (‚Holocaust an den Palästinensern‘, wie die linksradikale Zeitschrift iz3w schon 1982 schrieb) oder Franzosen (‚1789 und der Gleichheitswahn bzw. die Erfindung ‚der Menschheit‘ sind Schuld an Auschwitz‘) die deutsche Schuld an den präzedenzlosen Verbrechen pathisch projektiv zugeschrieben wurde und wird, das zeigt Rudolf Walther selbst exemplarisch.

Die Bedeutung Walthers für NG/FH wird dadurch untermauert, dass er einen weiteren Artikel in der gleichen Ausgabe von Juni 2007 schreiben kann, in dem es heißt:

„Ein Kapitel für sich sind jene 68er, die längst in die warmen Stuben des juste milieu und des gemütlichen Konformismus zurückgekehrt sind. Sie denunzieren jetzt Kritik an der israelischen Besatzungspolitik in Palästina als ‚Antisemitismus‘, sie verdammen Kritik an kapitalistischen Strukturen als Vorstufe zum Terrorismus, sie halten Muslime für potentielle Mörder, und sie sehen im Protest gegen völkerrechtswidrige Kriege den ‚Antiamerikanismus‘ am Werk. Diese Helden sind ihrem primitiven, an Carl Schmitt orientierten Freund-Feind-Schematismus treu geblieben, sie haben nur die Vorzeichen ausgetauscht – was sie früher kritisch sahen, affirmieren sie heute – umgekehrt umgekehrt.“[xi]

Der Realitätsverlust Walthers, der sich darin ausdrückt, dass er das existenziell bedrohte und zuletzt 2006 von der islamistischen Hezbollah angegriffene Israel wiederum pathisch-projektiv zum Aggressor stempelt und ein imaginäres Land herbeihalluziniert („Palästina“; es gibt bekanntlich völkerrechtlich solch ein Land nicht und er kokettiert damit auch mit dem beliebten antizionistischen Sprachspiel unter ‚Besatzung‘ die bloße Existenz Israels zu meinen und nicht nur die tatsächliche Besatzung im Westjordanland), ist offenkundig. Auch hier möchte er einen Nazi, Carl Schmitt, als Freund heutiger Antisemitismus- und Antiamerikanismuskritiker herbeireden. Dass Schmitt Pate heutiger Amerika- und Judenhasser ist, fällt unter den SPD-Tisch dieser Zeitschrift.

Die Geschichte geht weiter: jene Soziologin, die mein Buch rezensieren will, schrieb mir also, eine „recht israelkritische“ Rezension sei in den NG/FH erschienen und die Redaktion sei „vorsichtig“ geworden. Immerhin musste das Blatt in der folgenden Nummer, Juli 2007, eine längere, gleichwohl gekürzte und teils entkontextualisierte Kritik an der Walther-Buchkritik von Arno Lustiger abdrucken.[xii] Wie teilt mir die arrivierte Wissenschaftlerin diesen Sachverhalt mit?

„Daraufhin [auf die Rezension von Walther in NG/FH] kam großer Protest von Arno Lustiger, einem schon recht betagten jüdischstämmigen Publizisten aus Frankfurt.“

Dazu kommt noch der Hinweis, Lustiger habe lediglich als „Strohmann“ gehandelt, da irgendein namentlich nicht genannter Mensch irgendwie böse sei auf die NG/FH, weil dessen Artikel mehrfach abgelehnt worden seien und jetzt Lustiger gleichsam lospoltere. Besonders abstrus ist natürlich die Verwendung von „jüdischstämmig“. Offenbar gehört die Soziologin zu jenen Deutschen, die immer noch oder schon wieder ein Problem damit haben einen Juden Juden zu nennen. Noch abstruser wird dies, als die Soziologin in meinem Buch die scharfe und häufige Kritik des Stammesdenkens der Neuen Rechten hätte lesen können.[xiii] Arno Lustiger wird als „recht betagt“ – was hat das mit der analytischen Kraft seiner Kritik zu tun? – , „jüdischstämmig“ und „Strohmann“ tituliert.

Bevor ich mich weiter dem kleinen e-mail-Wechsel mit der Soziologin widme, sei ein intensiverer Blick in diesen vom sozialdemokratischen Zentralorgan NG/FH inkrimierten Band geworfen.

Die Beiträger sind sehr vielfältig und für eine deutschsprachige Publikation zum Thema ‚Nahost-Konflikt‘ und Antisemitismus bemerkenswert. So schreibt darin der Nationale Direktor und Vorsitzender Der Anti-Defamation League (ADL) Abraham H. Foxman, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Dieter Graumann, Journalisten des Kölner Stadtanzeigers (Tobias Kaufmann), der taz (Philipp Gessler), Yedioth Achronoths (Eldad Beck), Rabbi Andrew Baker, Direktor der Abteilung für Internationale Jüdische Angelegenheiten beim American Jewish Committee (AJC), Staatssekretäre a.D. wie Klaus Faber oder der langjährige Diplomat Israels, Mordechay Lewy, Fernsehleute wie Georg M. Hafner und Esther Schapira vom Hessischen Rundfunk, der Nahost-Korrespondent Ulrich Sahm, der kürzlich von der Universität Göttingen im Fachbereich Politikwissenschaften hinausgeekelte, weltweit renommierte Politologe und Islamwissenschaftler Bassam Tibi, die Politikwissenschaftler Lars Rensmann, Yves Pallade, Matthias Küntzel und Wahied Wahdat-Hagh, der Bundestagsabgeordnete und außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Gert Weisskirchen oder auch aktive bzw. ehemalige FDP-PolitikerInnen wie der aktuelle Berliner Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Markus Löning bzw. Katrin Kemmler. Das sind noch nicht alle Beiträger, aber diese Aufzählung mag Beweis sein für das vielfältige, kontinent- , disziplinen- und generationenübergreifende Spektrum der Beteiligten an diesem Sammelband zu aktuellen Fragen des Antisemitismus.

Das lavierende und zumeist höchst anstrengende deskriptive Verharren in Äquidistanz, von unverhohlener Freude ob des neu entfachten Antisemitismus ganz zu schweigen, wie es viele Bücher zum Thema ausmacht, wird von den 30 Artikeln und 31 AutorInnen zumeist gekonnt durchbrochen. Dabei sind die Beiträge ziemlich unterschiedlich in Länge und Stil, essayistisch, wissenschaftlich oder journalistisch. Aufgeteilt ist der Band in drei große Abteilungen, „Deutsche Medien und der Nahostkonflikt“, „Islamischer Antisemitismus in Nahost und Europa“ und „Perspektiven“. Das Buch ist außen schön aufgemacht in den Farben Blau und Weiß, in Hardcover, innen mit recht angenehmem Satzspiegel, wenngleich ohne goldenen Schnitt, mit übersichtlichen Kopfzeilen mit jeweiligen Autorennamen und Aufsatztiteln. Für 24,90 € ist das Buch bei dieser Ausstattung vergleichsweise günstig. Interessant sind die ausführlichen biographischen Angaben zu den Autoren, sehr wichtig ist die Dokumentation im Anhang III der Hamas-Charta in englischer Übersetzung. Dort kann jede und jeder Interessierte die antijüdische Basis, wie sie in der Charta am 18. August 1988 von der Terrororganisation beschlossen wurde, nachlesen. Da das Buch vor der militärischen Übernahme der Macht im Gazastreifen durch die Hamas erschienen ist, ist der Weitblick der Herausgeber, dieses Dokument einer womöglich größeren interessierten Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen, auffallend.

Yves Pallade kritisiert den Antizionisten Ludwig Watzal, der immer noch ein Mitarbeiter der weit verbreiteten Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte ist. Watzal hatte bezüglich der Verhandlungen von Palästinensern und Israelis in Camp David im Jahr 2000 von einem „palästinensischen Versailles“ gesprochen. Dazu Pallade:

„Denn wenn die von Watzal als für die Palästinenser ungerecht wahrgenommenen Verhandlungen einem ‚Diktatfrieden‘ à la Versailles entsprechen, wie er auch von deutschen Nationalisten häufig als Ursache für den Aufstieg des Nationalsozialismus, den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und in letzter Konsequenz auch die Shoah angeführt wird, dann erscheint nicht nur das Ausbleiben eines Friedensschlusses im Nahen Osten, sondern auch die fortwährende antisemitische Hetze in der palästinensischen Öffentlichkeit und der Terrorismus als verständlich, zumal der Versailler ‚Schmachfrieden‘ selber gerne auf gegen Deutschland gerichtete jüdische Machenschaften zurückgeführt wird. Der Nationalsozialismus in all seinen Implikationen wird demgemäß zur logischen – gar zwingenden – Folge der harten Politik der Sieger des Ersten Weltkriegs gegenüber den Deutschen.“[xiv]

Treffend ist der Verweis auf den ubiquitären Vergleich von Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, welchen er mit Bezug auf Henryk Broders Hinweis abschmettert, dass diese beiden Idiome „’so viel miteinander gemeinsam haben wie Äpfel und Birnen'“.[xv] Kritisch ist ebenso der Beitrag von Rolf Behrens, der u.a. den Spiegel seziert und dessen langjährigen, konstanten und gern goutierten Antisemitismus dechiffriert. 1981 hat der Spiegel die Zerstörung eines irakischen Atomreaktors durch israelische Kampfjets grotesk umgedreht und das nicht als Aktion gegen einen geplanten zweiten Holocaust des bekanntermaßen judenfeindlichen Baath-Regimes in Bagdad, vielmehr als „‚Entwicklung, die in einem größeren Holocaust enden könnte: dem Atomtod durch Millionen…‘, interpretiert.“[xvi]

Lars Rensmann analysiert sogenannte „politisch-kulturelle Gelegenheitsstrukturen antisemitischer Ideologeme“[xvii], sieht Parallelen von rechts und links und entdeckt auch über die Grenzen hinweg eine europäische antijüdische Publizistik, wie er an Beispielen der Süddeutschen Zeitung, welche raunte, ob nicht „‚der Zionismus der wahre Feind der Juden'“ sei, Le Monde, El Pais, wo ein Cartoon den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon mit Hitler-Bart ‚kostümierte‘ oder die italienische La Republica, welche 2001 „auf ihrer Website die antisemitischen ‚Protokolle der Weisen von Zion‘, ohne jegliche historische Erklärung“ abdruckte, um gegen den War on Terror zu agitieren, untermauert.[xviii] Ulrich Sahm untersucht[xix] wie Agenturen, Journalisten und Zeitungen Berichte verfassen, Überschriften Sinn entleeren bzw. in Kontrast zum Text der Meldung setzen und ähnliches mehr.

Luzide zeigt er, dass häufig eine israelische Militäraktion vermeldet wird, ohne die Ursache zu benennen bzw. diese herunterspielend. Unterm Strich bleibt Israel der Angreifer, auch wenn es in Wirklichkeit nur auf einen Mordanschlag von palästinensischen Terroristen reagiert hat. Oft werden Palästinenser „getötet“ während Israelis als lediglich irgendwie „tot“ in der Presse erscheinen:

„Dann stellt sich die Frage, wieso manche Berichte so eigentümlich verstellt sind und wieso in der Überschrift fast durchgehend die Israelis aktiv töten, extrem selten aber die Palästinenser. Wenn Palästinenser töten, dann erscheint in der Überschrift im Passiv ‚Israelis wurden getötet‘, ohne zu erwähnen von wem. Und im Text findet man gelegentlich Formulierungen wie ‚mutmaßliche Extremisten‘ hätten geschossen oder eine Bombe gelegt. Das ‚mutmaßlich‘ bei ‚Extremisten‘ legt nahe, dass sich vielleicht auch ‚Gemäßigte‘ im Bus oder im Restaurant in die Luft sprengen könnten.“[xx]

Esther Schapira und Georg M Hafner ergänzen diese Medienkritik, wenn sie erwähnen, dass nach der gezielten Tötung des Massenmörders Scheich Jassin, der die Ermordung von mindesten 377 Israelis zu verantworten hat, deutsche Medien ihn verharmlosten, als Opfer stilisierten, das im Rollstuhl hilflos gesessen habe und der ach so nette Scheich lediglich „Hamas-Gründer“ (Der Spiegel) und kein Mörder gewesen sei.[xxi] Ein weiteres äußerst aufschlussreiches Beispiel liefert Katrin Kemmler in einer sprachwissenschaftlichen Analyse eines Ausspruchs Winston Leonard Spencer Churchills.[xxii] Er stellte sich in den1930er Jahren u.a. die Frage, was denn gegen die jüdische Einwanderung nach ‚Palästina‘ sprechen würde.

Vom Recht der Juden auf ein Land ganz abgesehen, was spräche gegen Einwanderung, wenn sie dieses karge, wüste Land fruchtbar machten, seien doch sogar die Araber Gewinner. Diese jedoch verweigerten sich aggressiv, wie ein Hund, der Esel und andere Tiere nicht an eine Futterkrippe herankommen ließe, obwohl er doch Heu gar nicht selbst essen würde! Das ist die Umschreibung eines in der englischen politischen Kultur bekannten Sprichwortes „the dog in the manger“ – „der-Hund-in-der-Krippe-Politik“. Kemmler zeigt wie dieses Wort eine lange Reise angetreten hat, verdreht wurde und heute z. B. in Büchern palästinensischer Frauen auftaucht, wo ein Oskar Lafontaine im Nachwort die Palästinenser in den Worten eben Churchills als ‚Hunde‘ vorstellt, die kein „unwiderrufliches Recht auf den Futtertrog“ hätten.[xxiii]

Bei Lafontaine und einer ganzen Kompanie von Sprachverdrehern, welche eine „Churchillphobia“ begründen und von Clive Ponting, ehemaliger Berater im britischen Verteidigungsministerium, über den Holocaust-Leugner David Irving bis hin zum jüdischen Antisemiten Norman Finkelstein und der indischen Antiamerikanerin und Antizionistin Arundhati Roy reicht, wird also eine Metapher zu einer rassistischen, menschenverachtenden Ideologie Churchills.[xxiv]

„In England setzte sich der ‚dog in a manger‘ besser durch und wurde zu einer bis heute verwendeten Metapher vor allem in der politischen Auseinandersetzung. Die ‚Hund-in-der-Krippe-Politik‘ wird bereits Anfang des 20. Jahrhunderts als Beispiel für grammatikalisch verkürztes, modernes Englisch aufgeführt. (…) Der spätere Literaturnobelpreisträger Churchill hatte sich also einer Tiermetapher bedient, die auf einer von Aesops Fabeln beruht. Für seine Worte eignet sich weder der Neidhammel noch der Spielverderber, denn er meinte mit diesem Vergleich, dass die palästinensischen Araber den Juden etwas verwehrten, von dem sie selbst keinen Vorteil hätten.“[xxv]

Kemmlers Analyse ist ein Meisterstück kritischer Sprachwissenschaft, ein Text der jedem Lektor und jeder Übersetzerin als Lektüre dringend empfohlen sei.

Ein ganz anderer Punkt kommt in dem Sammelband auch zur Sprache; kurz möchte ich deshalb auf eine Bemerkung von Klaus Faber eingehen, der en passant in seinem Beitrag; wo es um das „was tun“ gegen heutigen Antisemitismus geht, feststellt, dass in den Exil-Berichten der SPD ab 1933 Antisemitismus keine Rolle spielte, da er nur als „Begleiterscheinung von Kapitalismus“ wahrgenommen wurde.[xxvi] Wohl wahr.

Fabers Kurzschluss jedoch, die „deutschen Sozialdemokraten waren während der hitlerdeutschen Zeit in ihrer großen Mehrheit (…) wenigstens keine Antisemiten“[xxvii] ist schwer haltbar. 1.) Allein die Analyse des Polizeibataillons 101 durch Daniel Goldhagen zeigt, dass ganz normale, auch der in Hamburg traditionell starken Sozialdemokratie verpflichtete deutsche Polizisten am Holocaust aktiv mitgemacht haben.[xxviii] 2.) Bei der ‚Arisierung‘ waren bekanntlich alle Teile der nicht-jüdischen deutschen Gesellschaft wie im volksgemeinschaftlichen Rausch insgesamt aktiv dabei. Lediglich danach zu schauen, welche SPDler zur NSDAP übergetreten sind, ist wenig analytisch und stichhaltig. Zurückhaltung mit apodiktischen Einschätzungen bezüglich linken Antisemitismus’ im Nationalsozialismus – und nicht nur dort – ist ein Gebot der Stunde. Dabei ist 3.) wichtig die politisch-kulturellen Fäden der Weimarer Republik in puncto Antisemitismus und Linke zu verfolgen und auch hier nicht per se davon auszugehen, die Sozialdemokraten oder – noch schlimmer – die Kommunisten und alle anderen Linken seien nicht antijüdisch gewesen. Bisherige Forschungen in dieser Richtung beweisen eher das Gegenteil.[xxix]

Bei Konservativen, Rechten und auch Liberalen wird diese ‚Vorsicht‘ bzw. a-priori-Exkulpation ja zurecht auch nicht gelten gelassen. Sehr richtig hingegen ist Fabers Verweis auf das „Zusammenspiel von deutschem Schuldabwehr- und arabisch-islamischem Antisemitismus“.[xxx] Am Beispiel der Beziehungen der Europäischen Union und der Palästinensischen Autonomiebehörde veranschaulicht Ilka Schröder nachdrücklich, wie enorm die PA von der EU profitierte, und zwar gerade zur Zeit der zweiten Intifada seit Herbst 2000. Allein in der Zeit 2000 bis 2003 erhielt die PA mehr als 945 Millionen Euro, nationale Extrazahlungen noch nicht einberechnet.[xxxi] Schröder analysiert die Ideologie der Road Map und des mainstream-deutschen bzw. europäischen Blicks auf Nahost wie folgt:

„Die der ‚Road-Map‘ zu Grunde liegende Ideologie ist vollständig europäisch. Sie betrachtet den aggressiven Nationalismus und Antisemitismus auf palästinensischer Seite als Folge der Politik Israels und verbreitet die alberne Überzeugung, zum Frieden in Nahen Osten fehle nichts als ein bisschen guter Wille, ein bisschen Vertrauen und ein eigenen Staat Palästina.“[xxxii]

Dieser Text korreliert mit einem Aufsatz Matthias Küntzels, der jene ‚Road-Map‘ als deutsches Projekt analysiert.[xxxiii] Ex-Bundeskanzlers Gerhard Schröders Weigerung bei einem Gespräch mit Jassir Arafat am 1. November 2000 klipp und klar zu sagen, dass weitere Zahlungen an die PA mit einem Kampf gegen palästinensischen Terror und antisemitische Propaganda aus der PA, ihren Schulbüchern, Fernsehanstalten, Moscheen gekoppelt sind, war ein Zeichen, zu Beginn der zweiten Intifada: weiter bomben, hetzen und morden, die Deutschen honorieren das. Gerade Ex-Außenminister Joschka Fischer wird als lediglich rhetorisch gewandter untersucht denn seine Kollegen in Europa. Auch er unterstützte mit seiner Außenpolitik die militanten Palästinenser in Hamas, Hezbollah oder Islamischem Djihad, deren Namen z. B. in allen 54 Presseerklärungen, welche das Auswärtige Amt zwischen Januar 2001 und August 2003 zum Nahostkonflikt herausgab, selbstredend nicht auftauchten.[xxxiv]

„Während die USA den Waffenstillstand zur Vorbedingung jeder Friedenslösung machen (und die Zerschlagung des islamistischen Terrors zur Voraussetzung jedweder palästinensischer Staatlichkeit), sieht es die deutsche Politik gerade umgekehrt.“[xxxv]

Dem unreflektierten Nachplappern der neuen Lieblingsvokabel „Islamophobie“, welche ein Propagandainstrument des politischen Islam aus dem Iran ist und heute weltweit gerne eingesetzt wird, durch Cem Özdemir[xxxvi] stehen substantiellere und sinnvollere Analysen der beiden Wissenschaftler Mohammed Schams und Wahied Wahdat-Hagh gegenüber:

 „Wie groß der Konsens des muslimischen Antisemitismus ist, sollen folgende Beispiele zeigen: Mohsen Kadiwar, ein Reformislamist, der mit Menschenrechten argumentiert und selbst eine Zeitland im Gefängnis der Islamischen Republik Iran gesessen hat, weil er die ‚rote Linie‘ der Diktatur überschritten hatte, verteidigte islamische Selbstmordattentäter als Widerstandskämpfer, die Märtyreraktionen durchführten“.[xxxvii]

Der Holocaustüberlebende Abraham H. Foxman befasst sich mit islamischem Antisemitismus.

„Das Leben war für Juden unter islamischer Herrschaft nicht so grausam wie im christlichen Europa. Doch es war auch niemals so frei von Verfolgung, wie es dies in den USA oder in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg ist. Das historische Protokoll belegt, dass islamische Gesellschaften die Vorstellung von Juden als einer tolerierten Minderheit mit gewissen Rechten und Pflichten akzeptieren können. (Allerdings ist dieser Gedanke für manche Schulen islamischen Denkens, wie z. B. den Wahhabismus, schon zu viel des Guten.) Doch was nicht akzeptiert wird, ist der Gedanke, dass Juden die gleichen Rechte wie Muslime haben oder dass Juden ihre Souveränität in Form einer Nation legitim durchsetzen können.“[xxxviii]

Ähnlich stellt auch Yigal Carmon fest, dass der Islam womöglich toleranter als das christliche Mittelalter Europas gewesen sei, aber eben nur im Vergleich, nicht als positive Toleranz auf Augenhöhe. Es ist zu konstatieren, dass der Islam „auf der privilegierten Überlegenheit der wahren Gläubigen in dieser wie auch in der nächsten Welt“ beharrte.[xxxix] Drei Kernelemente sind für Foxman für den „modernen arabischen Antisemitismus“ auszumachen. Erstens die Propaganda der „großen Lüge“, welche die ungeheuerlichsten Unwahrheiten über Juden verbreitet. ‚Vorbild‘ für die Islamisten ist implizit oder auch explizit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels.

Der zweite Punkt korreliert damit und beinhaltet die Holocaust-Leugnung. Drittens ist schließlich das massenhafte Auftauchen der gefälschten ‚Protokolle der Weisen von Zion‘ im arabischen (und allgemein muslimischen) Raum zu nennen. Foxman verweist auf große 41-teilige Serien wie ‚Ritter ohne Pferd“, welche im ägyptischen, syrischen oder auch libanesischen Fernsehen 2002 ausgestrahlt wurden, die als Vorlage diese Lüge von der Weltverschwörung der Juden haben. Ähnlich hetzerisch sind Serien, die das „Blutritual“ darstellen, einem bekannten Topos auch europäischen Judenhasses.

„Gleichzeitig wird man mit einer schwierigen Wahrheit konfrontiert, wie der arabische Journalist Abdel Rahman al Rashed nach den Gräueltaten von Beslan im Jahr 2004 aufzeigt: ‚Es ist eine sichere Tatsache, dass nicht alle Muslime Terroristen sind, doch es ist genauso sicher und außergewöhnlich schmerzhaft, dass beinahe alle Terroristen Muslime sind.'“[xl]

Man muss der These, dass Judenfeindschaft fast ausnahmslos Import aus Europa bzw. dem Westen sei, wie sie Bassam Tibi[xli] in Anschluss an seinen Lehrer Bernard Lewis formuliert, keinesfalls zustimmen, um seine Analyse des islamistischen Ideologen Sayyid Qutb als sehr interessant zu erkennen. Qutbs Hetzschrift „‚Ma’rakatuna ma’a al-Yahud/Unser Kampf gegen die Juden'“ ist heute zu einem zentralen Anker islamischen Antisemitismus’ geworden. Zugleich verweist Tibi auf die geradezu tragische Ironie, dass es häufig jüdische Historiker waren, welche das sog. „Cordoba-Modell“ der Zeit um 1000 als Zeichen eines eher judenfreundlichen Islam, geprägt haben und gerade antizionistische Apologeten des politischen Islam wie Edward Said dieses Faktum schlicht unterschlagen.[xlii] Sehr wichtig ist das Résumé von Tibi:

„Die Herrscher des saudischen Hauses sind klüger als der neue iranische Staatspräsident Ahmadinedschad und unterlassen jede Aggressionsrhetorik; sie sprechen nicht aus, was Ahmadinedschad gewagt hat zu äußern, wenngleich sie über die Juden und Israel so denken wie er. Das ist nicht mehr der berüchtigte Import aus Europa, den Bernard Lewis anspricht, sondern der neue Antisemitismus, der leider zu einer in der Welt des Islam verbreiteten Ideologie geworden ist.“[xliii]

Eldad Beck geht in seinem knappen, aber umso anregenderen Beitrag einen Schritt weiter und exkulpiert nicht per se den Islam von Judenfeindschaft.[xliv] Drei Fragen stellt er sich. Erstens ob der Antisemitismus im islamischen Raum ein neues Phänomen sei. „Nein“, antwortet Beck, denn der „Prophet Mohammed hat den Juden in Arabien nie verziehen, dass sie nicht zum Islam übertreten wollten“.[xlv] Zweitens die Frage, ob „Juden von Muslimen wirklich nie verfolgt“ worden seien:

„Mohammed haben wir schon erwähnt, aber es gibt auch genug Fälle in der modernen Geschichte. Pogrome gab es zum Beispiel in Tetuan, Marokko im Jahre 1790, in Mashdad, Iran 1839, in Bagdad, Irak 1828 und danach auch dort den von den Nazis inspirierten Pogrom im Jahre 1941. Pogrome gab es auch in ‚Palästina‘ – in Hebron, in Safed, in Jerusalem – vor der Gründung Israels.“[xlvi]

Beck sieht eine direkte Beziehung von erstarkendem Antisemitismus und einem „Pro-Islamismus“ im heutigen Europa. Dem schliesst sich Mordechay Lewy[xlvii] an, dessen Verteidigung des Philosophen Jacques Derrida, der angeblich von links und rechts häufig missverstanden wurde, zwar nicht sehr überzeugt, jedoch die Kritik am europäischen Versagen vor allem nach 9/11 maßstabsetzend sein wird. So spricht Lewy vom „Zeitalter der postmodernen Unvernunft im Westen“ und geißelt die unfassbare Derealisierung der Massenmorde von New York und später in Djerba, Istanbul, Madrid und London. Er spricht von „westlicher Selbstverleugnung“[xlviii], dem feigen, aber auch strategischen Zurückweichen vor dem politischen Islam, der „Terrorismus“ wird demnach „vorzugsweise zerredet“[xlix]. Gekonnt rekurriert er auf die Debatte im Historismus seit Ende des 19. Jahrhunderts, wo „Verstehen“ mit „Verständnis“ interpretiert werden konnte. „Verstehen“ und „Verzeihen“ werden in diesem Kontext untersucht. Die naiven Toleranzideen à la ‚was ich verstehe, schätze ich auch und davon geht dann keine Gefahr aus‘ werden kritisiert:

„Eine entgegengesetzte Weisheit lässt Pierre Corneille (1606-1684) in seinem Bühnenstück ‚Cinna ou la clémence d’Auguste‘ durch Augustus sagen: ‚qui pardonne aisement invite a l’offense‘ (wer leicht verzeiht, lädt zum Angriff ein). Dieser Spruch stammt wohlgemerkt aus einer Epoche vor der Aufklärung. Heute würde er gewiss nicht als politisch korrekt gelten.“[l]

Lediglich Nietzsche hatte die Statur eines zivilisationskritischen Pessimismus, und verwahrte sich dagegen, alles zu tolerieren, bloß weil es herzensgut sei, sich nicht zu wehren, keinen Standpunkt zu haben. Kulturrelativismus nennt man letzteres, und der ist bei der Neuen Rechten so beliebt wie bei der Linken oder in der Mitte der Gesellschaft wie an der Humboldt-Universität Berlin, wo Bücher geschrieben werden, welche die Verschleierung der Frau im Islam mit dem angeblich ‚zwanghaften‘ Zeigen von Busen, Bauch und Po von westlichen, bikinitragenden Frauen gleichsetzen. Individuelle Freiheit sei auch mit Schleier möglich.

Solche Märchen aus 1001 Uni-Seminaren sind zumal in Deutschland beliebt. Lewy kritisiert das Fehlen einer Erkenntnis in Europa nach einem „Handlungsbedarf“, vielmehr werde durch ein islamophiles Gerede ein „Verständnisbedarf“ kreiert.[li] Weiterhin liegt ihm viel an einer säkularen, durchaus europäischen Perspektive, da ihm zumal christlich motivierte Politiken der USA mißfallen.[lii] Aber entscheidend ist, dass die USA im Gegensatz zu Europa nicht versagt haben im Kampf gegen den Antisemitismus und Terrorismus. Sie stellen sich der größten gegenwärtigen Gefahr mit enormer Anstrengung und unter großen Opfern.

„Auch politisches Kalkül der Europäer spricht dafür, so wenig wie möglich Partei zu ergreifen. Es nimmt also nicht wunder, dass in der Öffentlichkeit ein Hinweis, sich auf eine längere Konfrontation mit dem Islamismus einzurichten, noch immer als politisch unkorrekt gilt.“[liii]

Diese etwas ausführlichere Rezension sollte zumindest andeuten, welch Potential in diesem Sammelband zu ’neu-altem Judenhass‘ steckt. Vielfältige, teils sich widersprechende Thesen, spannende Inspirationen, wissenschaftliche Analysen und journalistische Kritik sind darin enthalten, um zu dechiffrieren wie sich historisch und gegenwärtig Antisemitismus zeigt, wie er produziert und generiert wird, von Übersetzern, Aktivisten, Wissenschaftlern, Publizisten, Politikern und anderen mehr.

Für Rudolf Walther hingegen ist die „hemdsärmelige Art und Weise, wie manche Autoren den ’neu-alten Judenhass‘ analysieren“[liv] unerträglich.

Er poltert undifferenziert und pauschal drauf los: „Alle Beiträge durchzieht eine bis ins Groteske reichende apologetische Grundierung.“[lv] Daran sieht man, dass dieser sozialdemokratischen Vorzeigezeitschrift an einer Auseinandersetzung mit Antisemitismus überhaupt nicht gelegen ist. Da Walther ja in der gleichen Nummer noch einen Beitrag schreiben darf und auch da aggressiv jedwede substantielle Kritik an Antiamerikanismus und Antisemitismus abwehrt, ja dieser Text gleichsam die Vorbereitung für die noch dreistere Rezension im hinteren Teil dieser Ausgabe von NG/FH ist, möchte die Redaktion unterstreichen, dass Walther damit eine wichtige Position dieser Zeitschrift auf den links-deutschen Punkt bringen soll.

Die Selbstverständlichkeit mit der die NG/FH diese Rezension druckte, ist das bezeichnende. Das wird goutiert und gern gesehen und gerade nicht als Provokation herausposaunt, oder als Tabubruch gefeiert. Es ist sozialdemokratischer Alltag, der diesen Antisemitismus nährt. Antisemitismus? Nochmals Walther:

„Dieter Graumann räumt ein, dass ‚man sich gar nicht so leicht tut damit, … genaue Definitionen und präzise Kriterien dafür zu benennen‘. Das hindert ihn freilich nicht daran, den Zweihänder zu schwingen. Wie die (fiktive) Figur eines Nazi-Offiziers in einem grandiosen Film von François Truffaut Juden förmlich riecht, so wittert Graumann frei daher spekulierend rundum deutsche Kinder und Enkel, ‚getragen vom Wunsch, die Schuld der Väter und Großväter zu verkleinern‘ und ruft deshalb dazu auf, die Reihen fest zu schließen ‚im weltanschaulichen Krieg‘ gegen ‚Terrorismus und Islamismus‘.“[lvi]

Da sprudelt es nur so aus ihm heraus. Gerade und gezielt wird ein Jude, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, mit einem cineastischen Nazi verglichen. Während der Nazi Juden ‚riecht‘, so wittert demnach der Jude Graumann arme junge Deutsche heutiger Tage, die wieder stolz auf Deutschland sein wollen und die unermessliche Schuld ihrer Väter, Großmütter und Großväter nicht mehr hören wollen. Der ‚witternde Jude‘ – das ist ein sozialdemokratischer Antisemitismus der reinhaut, ein Schenkelklopfer in jeder ver.di- oder GEW-Mitglieder-Versammlung und diverser linker Redaktionskonferenzen.

SPD-Schuldprojektions-Antisemitismus kann man das auch nennen. Graumann wird analog zu dem Nazi in diesem Streifen angedichtet, er würde die heutigen ‚Juden‘ ‚wittern‘. Der Jude als Täter und die Deutschen als Opfer. So sieht die Choreographie heute aus, explizit hier in den NG/FH. Damit wird Graumann zu einem Tier erniedrigt, denn Menschen wittern nicht. Und arme junge Deutsche werden schwupsdiewups zu Juden, zu Opfern der heutigen Nazis – eines Juden! Rudolf Walther ist also ein Antisemit, wenn er so schreibt. Mehr noch: die Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte protegiert und propagiert so einen Antisemitismus.

Was hatte Graumann geschrieben? Er betont, dass der Islamismus mit Religion gar nichts zu tun habe, „ja der Islam muss im Grunde vor ihm geschützt werden“.[lvii] Interessant sind darüber hinaus seine Bemerkungen über den Konnex von Nahostkonflikt und Islamismus:

„Zu warnen ist allerdings auch vor Illusionen allenthalben. Eine der gängigen Illusionen etwa, insbesondere im naiven Europa, wo man sich die Welt oft so gerne schön denkt, ist jene, dass mit einer eventuellen Lösung des Nahost-Konflikts der gesamte Islamismus plötzlich verschwinden und sich gleichsam über Nacht und für immer in Luft auflösen würde.“[lviii]

Graumann geht auf die unfassbaren Dämonisierungen ein, welchen Israel ausgesetzt ist und zur „größten Gefahr für den Weltfrieden“ herbei fantasiert wird, während wirklich gefährliche Staaten wie der Iran, Libyen, Syrien, die ihr Potential an Mord und Totschlag seit Jahrzehnten unter Beweis stellen, und zwar innen- wie außenpolitisch, toleriert und hofiert werden. Ebenso interessant sind Graumanns Hinweise auf die deutsche Schuldprojektion:

„Und auch um eine Entschuldungsdebatte geht es, ganz speziell natürlich in Deutschland. Sie wird getragen vom Wunsch, die Schuld der Väter und Großväter zu verkleinern, indem die Kinder und Enkel der Opfer von damals zu den Tätern von heute gemacht werden. Daraus spricht die Fantasie – oder sogar die Wunschvorstellung – dass Israelis und Juden irgendwie doch auch wie die Nazis sein mögen. Das wäre eine bequeme moralische Entlastung für die Nachkommen der Täter und die Nachkommen jener in Europa, die die Täter seinerzeit gewähren ließen.“[lix]

Die NG/FH jedoch diffamiert Graumann und somit auch den Zentralrat der Juden in Deutschland als Nazis, die ihre Opfer, arme deutsche Kinder und Enkel, „wittert“ und ihnen Antisemitismus unterstellt.

Was wird der presserechtlich Verantwortliche für diesen Antisemitismus, der Chefredakteur und Mitherausgeber der Neuen Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Thomas Meyer, sich gedacht haben? Er ist Professor für Politikwissenschaft und hat sich mit politischer Kultur, Fundamentalismus und Nationalismus beschäftigt. Ob er auch Seminare zum Thema ‚wie kreiere ich als guter linker Deutscher Judenhass ohne ihn so nennen zu müssen‘ angeboten hat oder anbieten wird an der Universität Dortmund, ist nicht bekannt.

Auch nach der ausführlichen und angemessenen Kritik Arno Lustigers hat er sich nicht dazu verpflichtet gesehen, selbst einige Worte zu dieser antijüdischen Rezension seines Kollegen Rudolf Walther zu sagen. Da Meyer im oben zitierten Band von 2006[lx], in welchem Kocka eher den Kampf gegen den Terror als diesen selbst zur größten Gefahr der Zukunft herbeiredet, unter anderem ein von ihm mitherausgegebenes Standardwerk, das Lexikon des Sozialismus von 1986, anführt, sei zumindest am Rande vermerkt, dass in diesem Lexikon der wichtigste Vordenker des modernen Rechtsextremismus in Deutschland, der Neuen Rechten, Henning Eichberg, einen Artikel über „Freidenker“ schreiben durfte, wo er u.a. paganistische Ideologie verbreitete.[lxi]

Die Soziologin antwortete mir mit überraschender Deutlichkeit, also ganz un-verschämt, auf meine Frage, ob diese Rezension von Rudolf Walther in NG/FH 6/07 als nicht antisemitisch bezeichnet werden könne, wie folgt:

„Außerdem scheint es mir wenig sinnvoll, per Email darüber zu debattieren, was unter antisemitisch zu verstehen ist und ob der Artikel des von Ihnen abschätzig ‚dieser‘ R.W. genannten Autors antisemitisch ist oder nicht. Ich verweise darauf, dass es inzwischen in den angelsächsischen Ländern eine Kritik an bestimmten Zügen der israelischen Politik gibt, vorgetragen von Autoren, die sich selbst als Juden bezeichnen, unabhängig davon, ob sie der jüdischen Religionsgemeinschaft angehören oder nicht. Dabei denke ich nicht nur an Norman G. Finkelstein, sondern auch an Tony Judt u.a., denen man schwerlich Antisemitismus unterstellen kann.“[lxii]

Wie bitte? Gerade Norman Finkelstein, der wie Neonazis von einer „Holocaust-Industrie“ spricht und auch Tony Judt könne man „schwerlich Antisemitismus unterstellen“? Das erinnert mich an das Heft der Satirezeitschrift Titanic von Juli 2002, wo Hitler auf das Cover kam mit dem Titel: „Schrecklicher Verdacht: War Hitler Antisemit?“ Nun aber zu Tony Judt, der in der Tat gern gelesen wird in Europa und einer der bekannten englischen (und in USA lehrenden) Historiker derzeit ist. Die aktuelle Debatte über Antisemitismus, Antizionismus und ’neuen Antisemitismus‘ hat jüngst eine neue Facette erhalten, als Alvin H. Rosenfeld in einem Text für das American Jewish Committee jüdischen Antisemitismus untersuchte.[lxiii] Eine Kritik an Judt ist Bestandteil seiner Analyse:

„Der Historiker Tony Judt beispielsweise veröffentlichte in den letzten drei Jahren eine Reihe von zunehmend verbitterten Artikeln in der Nation, in der New York Review of Books und in der Ha’aretz, in denen er Israel als arrogant, aggressiv, anachronistisch, infantil bis hin zur Dysfunktionalität, als unmoralisch und als eine primäre Quelle des heutigen Antisemitismus bezeichnete. ‚Israel heute ist schlecht für die Juden‘, so Judt, und es würde sowohl ihnen als auch allen anderen Menschen einen Dienst erweisen, wenn es aufhörte zu existieren. ‚Die Zeit ist gekommen, das Undenkbare zu denken‘, und das sei, laut Judt, ‚den jüdischen Staat durch einen einzigen, integrativen, binationalen Staat der Juden und Araber zu ersetzen.'“[lxiv]

Das ist ein antijüdischer Vorschlag, denn es würde bedeuten, dass Juden in so einem Staat alsbald die Minderheit wären und höchstens von der islamisch-arabischen Mehrheit toleriert würden, von Schlimmerem ganz zu schweigen. Es gibt eine ganze Reihe arabischer Staaten, die sich beharrlich seit 60 Jahren weigern das Flüchtlingsproblem der Palästinenser zu lösen. Das einzige Ziel ist Israel zu destabilisieren, eine bekannte Facette hierbei ist die Propaganda für einen binationalen Staat.

Die Initiativen Judts und anderer ‚Progressiver‘ oder ‚Liberaler‘ zu wirklich wichtigen Fragen wie dem Völkermord in Sudan (Darfur), dem suicide bombing von Hamas oder Islamischem Djihad, den Massenmorden im Irak durch al Quaida und den unterschiedlichsten islamistischen, antidemokratischen oder arabisch-nationalistischen Splittergruppen, dem Vernichtungswillen der Hezbollah gegenüber Israel, der Gefahr für den Weltfrieden durch das Atomprogramm des Iran, sind hingegen nicht bekannt. Judts Obsession gegen Israel ist – exemplarisch – bei einer Soziologin in Deutschland angekommen, die mir schreibt, Judt oder selbst Finkelstein sei „schwerlich Antisemitismus“ nachzuweisen.

Sich wohlfeil mit Rechtsextremismus zu befassen, wie es die SPD macht, ohne einen Blick auf die komplementäre Gefahr von links und der Mitte der Gesellschaft zu schauen, ist billig und weit verbreitet.

Wer Juden mit Nazis vergleicht und ihnen tierisches „Wittern“ ihrer Opfer unterschiebt, wie es die Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte getan hat im Juni 2007, sollte von Antisemitismus schweigen. Solchen Sozialdemokraten, ihren Beratern und Freunden sei geraten, einmal in sich zu gehen und dort eine ganze Zeit lang zu verweilen. Prof. Meyer würde ein „sabbatical year“ eventuell helfen.

Anmerkungen:
[i] Clemens Heni (2007): Salonfähigkeit der Neue Rechten. ‚Nationale Identität‘, Antisemitismus und Antiamerikanismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland 1970-2005: Henning Eichberg als Exempel, Marburg: Tectum.
[ii] „Der Antizionismus gilt als Teilgruppe des Antisemitismus. Die neu-rechte Liebe zum Islam, namentlich zu den Moslembrüdern, aber auch zu anderen Facetten des internationalen Islamismus, sind Zeichen einer zunehmenden Konvergenz“ (ebd.: 25). Zur Genese des Antiamerikanismus und der anti-römischen Ideologie vgl. insbesondere das Kapitel „Vom Kampf gegen ‚Rom‘ zum Hass auf die USA“, ebd.: 324-334.
[iii] Da der hier geschilderte Fall paradigmatisch für die Linke in Deutschland ist, werde ich ihren Namen nicht nennen, vielmehr geht es um eine offenbar typische Reaktion einer ‚kritischen‘ Akademikerin im Jahr 2007 in Europa.
[iv] Klaus Faber/Julius H. Schoeps/Sacha Stawski (Hg.) (2006): Neu-alter Judenhass. Antisemitismus, arabisch-israelischer Konflikt und europäische Politik, Berlin: Verlag für Berlin-Brandenburg (Eine Publikation des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam).
[v] Kocka ist ein typischer ‚Alteuropäer‘ und neudeutscher Vertreter des beliebten Antiamerikanismus in seinen vielfältigen Formen, wenn er den War on Terror als potentiell gefährlicher für ‚die Freiheit‘ einschätzt als den massenmörderischen Djihad des politischen Islam: „Times are changing. The totalitarian challenge that, in the final analysis, gave rise to the renewal and resuscitation of freedom is a matter of the last century, increasingly moving into the past. In Germany and most other parts of Europe, the so-called ‚war on terrorism‘ has not gained the importance that the fight against totalitarianism had in the twentieth century. Terrorism is morderous, it is unacceptable, and it is a transnational challenge. But sometimes one wonders whether the war on terrorism can become a bigger threat to freedom than terror itself. In any event, the relationship between terrorism, opppostion to terrorism, and freedom is very different from the relationship between totalitarianism, opposition to totalitarianism, and freedom“ (Jürgen Kocka (2006): The idee of freedom in German history, in: Thomas Meyer/Udo Vorholt (Hg.) (2006): Freiheit und kulturelle Differenzen, Bochum/Freiburg: projekt verlag (Dortmunder politisch-philosophische Diskurse, Band 3), S. 94-101, hier S. 101). Die Bedeutung gerade Deutschlands für eine Stärkung des Terrorismus, indem Geschäfte mit Staaten wie Iran gemacht werden und zwar in sehr großem Umfang und staatlich unterstützt mit Hermes-Bürgschaften oder Wirtschaftsprojekten wie dem Transrapid, den deutsche Firmen in Iran bauen sollen, wird mit solch einer grotesken Verkehrung der Gefahr für den Frieden und die Freiheit hinweggefegt. Realitätsgetreuer als Kocka bezüglich der Einschätzung des Terrorismus ist der amerikanische Historiker Jeffrey Herf, der den heiligen Krieg des Islamismus als neuen Totalitarismus erkennt. Wichtig ist der Hinweis, dass im Rahmen einer Analyse des ‚Totalitarismus‘ der politische Islam selbstverständlich im 21. Jahrhundert die größte Gefahr ist, derzeit, vgl. Jeffrey Herf (2004): Die neue totalitäre Herausforderung, in: Doron Rabinovici/Ulrich Speck/Natan Sznaider (Hg.) (2004): Neuer Antisemitismus? Eine globale Debatte, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 191-210. Entgegen den oft selbsternannten ‚Linken‘ wie Kocka oder Thomas Meyer, der Zeitschrift NG/FH insgesamt, schätzt Herf die mögliche Positionierung zweier der bedeutendsten Linken des 20. Jahrhunderts treffend ein, gerade am Punkt ‚Freiheit‘ und ‚Individuum‘: „Ich bin überzeugt, dass Theodor Adorno und Max Horkheimer, die zu den Kronjuwelen der Suhrkamp-Kultur gehören, gewusst hätten, welche Gesellschaften die Freiheit des Individuums verteidigen und welche Formen eines totalitären Kollektivismus etablieren, wer die wirklichen Gegner von Rassismus und Antisemitismus sind und welche Gesellschaften Massenmord vorbereiten. Sie würden gewiß heute gegen Antisemitismus und Antiamerikanismus protestieren“ (ebd.: 209).
[vi] Eckhard Fuhr (2005): Wo wir uns finden. Die Berliner Republik als Vaterland, Berlin: Berlin Verlag, S. 110.
[vii] Rudolf Walther (2007): „Rhetorik des Verdachts…“, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 54. Jahrgang (2007), Heft 6, S. 75-77. Die bibliographischen Angaben sind teilweise falsch, so schreibt Walther, das Buch sei 2007 erschienen und habe 430 Seiten. Es erschien jedoch in erster (und bislang einziger) Auflage 2006 und hat 424 Seiten.
[viii] Ebd.: 75.
[ix] Ebd.: 76.
[x] Ebd.
[xi] Rudolf Walther (2007a): Normalisierung nicht möglich. Vor vierzig Jahren: Der zweite Juni, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefe, 54. Jg. (2007), H. 6, S. 11-15, hier S. 15, Herv. im Original.
[xii] Arno Lustiger (2007): Leserbrief zu Rudolf Walthers Buchkritik in NG/FH 6/2007, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 54. Jg., Heft 7+8, S. 109-111.
[xiii] Vgl. nur Heni 2007: 75, 107, 196.
[xiv] Yves Pallade (2006): Medialer Sekundärantisemitismus, öffentliche Meinung und das Versagen gesellschaftlicher Eliten als bundesdeutscher Normalfall, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg) (2006), S. 49-66, hier S. 58.
[xv] Ebd.: 59.
[xvi] Rolf Behrens (2006): „Sie schießen, um zu töten.“ Die Berichterstattung über Israel bedroht das „besondere Verhältnis“, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 19-31, hier S. 21.
[xvii] Lars Rensmann (2006): Der Nahost-Konflik in der Perzeption des Rechts- und Linksextremismus, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 33-47, hier S. 46.
[xviii] Ebd.: 44f.
[xix] Ulrich Sahm (2006): Deutsche Medien und der Nahostkonflikt, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 127-137.
[xx] Ebd.: 129.
[xxi] Esther Schapira/Georg M Hafner (2006): Entlastungsantisemitismus in Deutschland, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 67-77, hier S. 73.
[xxii] Katrin Kemmler (2006): Die antiimperialistische Stille Post. Traue keinem Zitat, das Du nicht selbst interpretiert hast, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 139-153.
[xxiii] Ebd.: 139f.
[xxiv] Vgl. ebd.: 141-144.
[xxv] Ebd.: 141.
[xxvi] Klaus Faber (2006a): Was ist zu tun? Antisemitismus, Israel und die deutsche Politik, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 331-341, hier S. 332.
[xxvii] Ebd.
[xxviii] Vgl. Daniel Jonah Goldhagen (1996): Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust, Berlin: Siedler Verlag, S. 243-252.
[xxix] Vgl. Susanne Wein (2003): Bremer Arbeiterbewegung und Antisemitismus 1924 bis 1928. Von „…trotzdem es unter der Decke daran nicht gefehlt hat“ bis zu offenem Antisemitismus von links in der Bremer Arbeiterpresse, Bremen (unveröffentlichte Magistraarbeit, Fachbereich 8);
[xxx] Faber 2006a: 333.
[xxxi] Ilka Schröder (2006): Liaisons dangereuses. Die EU und ihre Destabilisierungspolitik gegen Israel, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 279-300, hier S. 280.
[xxxii] Ebd.: 294.
[xxxiii] Matthias Küntzel (2006): Joschka Fischer, die „Road Map“ und der Gaza-Abzugsplan, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 252-264.
[xxxiv] Ebd.: 252.
[xxxv] Ebd.: 264.
[xxxvi] Cem Özdemir (2006): Muslimische Migranten und Antisemitismus, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 219-223, hier S. 219.
[xxxvii] Mohammad Schams/Wahied Wahdat-Hagh (2006): Der khomeinistische Antisemitismus, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 211-217, hier S. 215.
[xxxviii] Abraham H. Foxman (2006): Muslimischer Antisemitismus zwischen Europa und dem Nahen Osten, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 171-177, hier S. 173.
[xxxix] Yigal Carmon (2006): Was ist arabischer Antisemitismus?, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 203-210, hier S. 204.
[xl] Foxman 2006: 177.
[xli] Bassam Tibi (2006): Die Mär des Islamismus von der jüdischen und kreuzzüglerischen Weltverschwörung gegen den Islam, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 179-202, hier S.
[xlii] Ebd.: 187. Zu einer grundsätzlichen Kritik am „Modell von Cordoba“ und der bisherigen Forschung dazu, wie den Schriften Bernard Lewis’ z. B., vgl. Hans-Peter Raddatz (2007): Allah und die Juden. Die islamische Renaissance des Antisemitismus, Berlin: wjs Verlag, S. 69-114. Zu einer kritischen, interessanten Rezension von Raddatz vgl. jetzt Hannes Stein, http://www.welt.de/…
[xliii] Tibi 2006: 202.
[xliv] Eldad Beck (2006): Islam und Antisemitismus, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 233-238.
[xlv] Ebd.: 235.
[xlvi] Ebd.: 237.
[xlvii] Mordechay Lewy (2006): „Denn wer einmal uns versteht, wird uns auch verzeihen.“ Kritik der Selbstverneinung im Zeitalter der postmodernen Unvernunft des Abendlandes, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 239-244.
[xlviii] Ebd.: 240.
[xlix] Ebd.: 243.
[l] Ebd.
[li] Ebd.
[lii] Ebd.: 244.
[liii] Ebd.: 242.
[liv] Walther 2007: 75.
[lv] Ebd.
[lvi] Ebd.: 77, Herv. im Original.
[lvii] Dieter Graumann (2006): Islamismus – das friedensresistente Monster, in: Faber/Schoeps/Stawski (Hg.) (2006), S. 319-324, hier S. 320.
[lviii] Ebd.: 319.
[lix] Ebd.: 323.
[lx] Vgl. Anm. 5.
[lxi] Vgl. Heni 2007: 348f., Anm. 1465.
[lxii] Diese, wie auch die anderen e-mails befinden sich im Besitz des Verfassers.
[lxiii] Alvin H. Rosenfeld (2007): „Fortschrittliches“ jüdisches Denken und der neue Antisemitismus, New York: American Jewish Committee, Dezember 2006, deutsche Fassung von März 2007.
[lxiv] Ebd.: 12.
hagalil.com 10-09-2007

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