Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Ulrich Tukur

StaatsTheater: der linke Angriff von Peter Laudenbach auf kritische Mainstream-Schauspieler:innen

Von Dr. phil. Clemens Heni, 22. Juni 2023

 

Der Berliner Theaterkritiker der Süddeutschen Zeitung, Tourismuskritiker und Buchautor Peter Laudenbach („Die elfte Plage. Wie Berlin-Touristen die Stadt zum Erlebnispark machen“, Edition Tiamat 2013) hat jüngst im Wagenbach Verlag ein kleines Buch publiziert: „VolksTheater. Der rechte Angriff auf die Kunstfreiheit“. Ulrich Seidler hat für die Berliner Zeitung im April 2023 das wichtige und gegen die AfD und deren „Kulturkampf“ gerichtete Buch positiv besprochen. Aber hat er womöglich etwas übersehen in dem Buch?

Foto: privat

Laudenbach hat für die Süddeutsche Zeitung seit Jahren Angriffe von Rechten auf Theater, Lesungen, Galerien und alle möglichen aus Sicht von Nazis oder Neuen Rechten als ‚links‘ oder nicht deutsch-genug kategorisierten Einrichtungen dokumentiert.

Screenshot, https://www.sueddeutsche.de/kultur/von-sz-autoren-peter-laudenbach-ueber-rechte-kunsthasser-1.5776180

In dem Buch gibt es am Ende eine ausgewählte Liste solcher Übergriffe, zum Beispiel demonstrierten Neonazis im Oktober 2021 in Zwickau mit Transparenten vor einer Vernissage des Kunstvereins „Freunde aktueller Kunst“, 2019 schon brüllten Neonazis dort, dass dies eine „deutsche Galerie“ sei und kein Platz für „Ausländerinnen“, was die Rechten dann auch ändern würden, wenn sie an die Macht kämen. Die ausgewählte Chronik schockierender Angriffe von Rechtsextremen auf die Kulturszene reicht von November 2016 bis Oktober 2021. Sprengstoffanschläge, das Anzünden einer Scheune im mecklenburgischen Jamel oder Anträge der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zur Kürzung der Zuschüsse für das Deutsche Theater Berlin werden in dem Buch aufgeführt. Es ist sehr wichtig, sich gegen die AfD zu positionieren, daher habe ich 2017 mein Buch „Eine Alternative zu Deutschland“ exakt zu dem Zeitpunkt publiziert, als die AfD erstmals in den Deutschen Bundestag einzog.

Mit Hunderten weiteren Linken, Kritiker*innen und Antifas habe ich damals unweit vom Alexanderplatz an der Ecke Otto-Braun-Straße / Karl-Marx-Alle gegen die AfD, die dort in einer Location ihren Einzug in den Bundestag feierte, demonstriert.

Meine Doktorarbeit an der Universität Innsbruck in Österreich hatte ich 2006 zur Gefahr der „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ geschrieben, just zum Zeitpunkt der Abgabe im Juli ereignete sich das nationalistische „Sommermärchen“ während der Fußball-WM der Männer in Deutschland. Die ARD-Sportschau kontaktierte mich daher jüngst, zitiert mich in einem Beitrag ein Jahr vor der Euro 2024 und schreibt:

‚Nationalismus und Fußball toxische Mischung‘

Dr. Clemens Heni war einer derjenigen, die sich an dem schwarz-rot-goldenen Overkill mit kleinen Flaggen an Autospiegeln, gedruckten Flaggen auf Chipstüten und Backwaren, geschminkten Flaggen im Gesicht und großen Stoffflaggen schon damals störten. Heni ist Politikwissenschaftler. Er forscht mit Schwerpunkten über Antisemitismus und die Neue Rechte.

‚Das war damals kein gesunder Patriotismus, wie immer behauptet wird. Der ist in Deutschland auch schwer denkbar, weil er immer mit einer Abwertung des Gedenkens an den Holocaust einhergeht‘, so Heni.

Screenshot, https://www.sportschau.de/fussball/uefa-euro-2024/euro-2024-sommermaerchen-wm-2006-100.html, Text von Marcus Bark, Ein Jahr vor der EM 2024 Gelingt ein zweites „Sommermärchen“? Stand: 15.06.2023 10:09 Uhr

Peter Laudenbachs jahrelanges Dokumentieren und Analysieren der rechten, neu-rechten oder rechtsextremen Angriffe auf die Kulturszene sind von daher von großer Bedeutung.

Und dennoch bleibt ein sehr bitterer Beigeschmack bei der Lektüre des Buches „VolksTheater“. Warum? Es liegt an folgender Passage auf den Seiten 92 und 93. Eingebettet in eine notwendige und richtige Kritik am AfD-Kulturpolitiker Marc Jongen und an rechten Schriftstellern wie Botho Strauß und Uwe Tellkamp sowie dem rechtsextremen Netzwerker Götz Kubitschek schreibt Laudenbach nämlich Folgendes:

Die oben erwähnten, vielleicht etwas übergriffigen Versuche, Künstler:innen als Demokratiebotschafter:innen in Anspruch zu nehmen, übersehen, dass kleine und große Künstlerpersönlichkeiten nicht aufgrund von Berufswahl und Talent automatisch vor politischer Unzurechnungsfähigkeit oder irrlichternden Einstellungen gefeit sind. In jüngerer Zeit demonstrierten beispielsweise Schauspieler:innen, die sich zu Propagandist:innen der Coronaleugner:innen machten, oder ein Teilnehmer der documenta 2022, der den Bundeskanzler als ‚faschistisches Schwein‘ beschimpfte, lautstark ihre selbstbewusste Verwirrung.

Ich habe das absichtlich komplett zitiert, damit nicht wieder jemand behaupten kann, da sei etwas „aus dem Zusammenhang“ gerissen. Mit diesem Zitat meint Peter Laudenbach offenkundig, dass Schauspieler*innen der Aktion #allesdichtmachen von April 2021 wie Nina Gummich, die jüngst sehr schön in einem ARD-Zweiteiler die Feministin Alice Schwarzer der frühen 1970er Jahre spielte oder die Tatort-Schauspieler Ulrich Tukur, Felix Klare, Jan-Josef Liefers oder Cem Ali Gültekin und Dutzende weitere keine „Demokratiebotschafter:innen“ mehr seien, sondern eben „Propagandist:innen der Coronaleugner:innen“.

Laudenbach ist raffiniert oder eben perfide und feige, er sagt nicht, welche Schauspieler*innen er genau meint. Aber ganz sicher werden seine Leser*innen exakt wissen, wen er meint, da es nur eine sehr bedeutende Aktion von Mainstream-Schauspieler*innen gab, die die ganze Republik bewegte: #allesdichtmachen von Ende April 2021.

Der Schauspieler Cem Ali Gültekin war mit einem Beitrag bei #allesdichtmachen dabei:

Meint Peter Laudenbach also auch Cem Ali Gültekin, der sich wie andere „zu Propagandist:innen der Coronaleugner:innen“ gemacht hätte?

Wie gesagt: Laudenbach ist raffiniert oder perfide genug und nennt keine Namen. Er kann nur diese Kampagne #allesdichtmachen meinen, das wissen alle seine Leser*innen von VolksTheater und das weiß der Wagenbach Verlag, und sie klatschen sich dabei auf die Schenkel und johlen: ‚Jetzt hat er es ihnen aber gegeben, sie in direkten Kontext von der AfD, Rechtsextremen und Kulturfeinden zu stellen. Gimme five!‘

Wenn das die ARD wüsste, was für angebliche Demokratiefeinde sie so beschäftigt:

Screenshot, https://www.daserste.de/unterhaltung/film/nord-bei-nordwest/nord-bei-nordwest-ho-ho-ho-gueltekin-100.html

Oder ich nehme Nina Gummich, die Peter Laudenbach ebenso meinen dürfte mit seiner Aussage:

In jüngerer Zeit demonstrierten beispielsweise Schauspieler:innen, die sich zu Propagandist:innen der Coronaleugner:innen machten, lautstark ihre selbstbewusste Verwirrung.

Auch Nina Gummich war bei #allesdichtmachen mit dabei:

Screenshot, https://www.emma.de/artikel/being-alice-339825

Screenshot, https://www.daserste.de/unterhaltung/film/filmmittwoch-im-ersten/sendung/alice-folge-1-100.html

Oder Ulrich Tukur:

Er fordert in seinem #allesdichtmachen Beitrag die Bundesregierung auf, wirklich „alle Handelsplätze“ zu schließen, nicht nur „Theater“ und „Knopfläden“, denn „sind wir erst am Leibe und nicht nur an der Seele verhungert und allesamt mausetot, entziehen wir auch dem Virus, samt seiner hinterhältigen Mutanten-Bagage, die Lebensgrundlage“.

Das war und ist ganz große Kunst. Eine Kunst, von der die Peter Laudenbachs dieser Welt nur träumen können.

Screenshot, https://www.daserste.de/unterhaltung/krimi/tatort/kommissare/ulrich-tukur-100.html

Nochmal das entscheidende Zitat aus dem Buch VolksTheater von Peter Laudenbach, Wagenbach Verlag 2023:

Die oben erwähnten, vielleicht etwas übergriffigen Versuche, Künstler:innen als Demokratiebotschafter:innen in Anspruch zu nehmen, übersehen, dass kleine und große Künstlerpersönlichkeiten nicht aufgrund von Berufswahl und Talent automatisch vor politischer Unzurechnunsfähigkeit oder irrlichternden Einstellungen gefeit sind. In jüngerer Zeit demonstrierten beispielsweise Schauspieler:innen, die sich zu Propagandist:innen der Coronaleugner:innen machten, oder ein Teilnehmer der documenta 2022, der den Bundeskanzler als ‚faschistisches Schwein‘ beschimpfte, lautstark ihre selbstbewusste Verwirrung. (S. 92-93)

Und das hätte das Lektorat des Wagenbach Verlags niemals überstehen dürfen – doch vermutlich ist das exakt deren Ideologie.

„Eine eigene Meinung zu haben, ist momentan wirklich krass unsolidarisch“ sagte Nina Gummich in ihrem Beitrag für #allesdichtmachen.

Und genau solche Dissident*innen und Kritiker*innen meint Peter Laudenbach ganz offenkundig, wenn er die Schauspieler*innen diffamiert, die Kritik an der unsagbar irrationalen, demokratiefeindlichen, nicht evidenzbasierten und totalitären Coronapolitik von Angela Merkel und Olaf Scholz und der an Hetze gegen Kritiker*innen überschäumenden politischen Unkultur in diesem Land von März 2020 bis wenigstens Frühjahr 2023 äußerten, wenn wir den Maskenwahn im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie Krankenhäusern und Arztpraxen, der erst im Februar 2023 beziehungsweise Anfang April 2023 fiel, mit einrechnen.

Es gibt überhaupt nur sehr wenige Spinner, die tatsächlich das Virus SARS-CoV-2 leugnen. Doch somit  werden damit ganz normale bürgerliche Mainstream-Schauspieler*innen der von der AfD so abgrundtief verhassten ARD mit Rechtsextremen auf eine Stufe gestellt. Mir ist nicht eine einzige Schauspielerin und kein einziger Schauspieler dieser ganz offenkundig von Peter Laudenbach gemeinten Kampagne #allesdichtmachen bekannt, die oder der das Virus leugneten. Das ist infam und ein faktenfreies Denunzieren. Aber es flutscht durch, ja es ist Honig für die Anhänger der ZeroCovid-Ideologie – noch im Frühjahr 2023. Und Laudenbach meint ja mit seinem undifferenzierten Statement alle Schauspielerinnen und Schauspieler, die sich kritisch mit der Coronapolitik beschäftigt haben, was er wie der Mainstream der irrationalen Coronapolitik-Anhänger (m/w/d) unter „Coronaleugner:innen“ dümmlich rubriziert.

Weder Gültekin, Gummich oder Tukur leugnen SARS-CoV-2, das ist völlig faktenfreies Gerede, das zu insinuieren. Wie gesagt: Laudenbach nennt keine Namen, dafür ist er zu feige oder perfide. Aber er meint eben sehr wohl die hier aufgeführten und zitierten Gültekin, Gummich und Tukur und all die anderen von #allesdichtmachen – das ist sozusagen ein Indizienprozess gegen Peter Laudenbach und wir, die Kritiker*innen der irrationalen und demokratiefeindlichen Coronapolitik, werden diesen Prozess gewinnen, wenn auch nicht vor einem deutschen Gericht, da deren Nicht-Unabhängigkeit in der Coronakrise hinlänglich deutlich wurde, bis hin nach Karlsruhe.

Heute gibt es veganes Fast-Food und irrationale, unwissenschaftliche, faktenfreie Richter*innen, früher hieß es noch:

Was Besseres gibt’s auf Erden nicht, als Frieden und ein gut Gericht.

Von den befürchteten bis zu 270 Millionen extra Hungernden im globalen Süden, die es wegen der Lockdown- und Coronapolitik gerade von Ländern wie Deutschland geben könnte, so das World Food Programme der Vereinten Nationen schon im Jahr 2020, kein Wort bei Laudenbach. Er schweigt zu der Fantasie eines führenden deutschen Soziologen, der für die Bundesregierung am berüchtigten „Panikpapier“ im März 2020 mitgeschrieben hat und später meinte, alle Ungeimpften doch nach „Madagaskar“ zu deportieren, was aber halt nicht gehen würde. Oder was sagt er denn zu den Hunderttausenden traumatisierten alten Menschen in Pflege- und Altersheimen, die monatelang in ihre Zimmer eingesperrt wurden 2020 oder später und dieses Trauma bis heute nicht überwunden haben, so sie sich nicht zuvor umbrachten oder an Erschöpfung  starben?

Was für Menschen waren diese Pflegekräfte, die alle immer so beklatschten, die das mitmachten, die Isolation von alten oder behinderten Menschen? Na? Die keine Ahnung hatten und haben von der sehr geringen Infektionssterblichkeit (Infection Fatality Rate, IFR) von Covid-19, nämlich schon 2020 nur ca. 0,23 Prozent, während die Grippe 1969/70 laut Robert Koch-Institut (RKI) in der alten BRD eine IFR von 0,29 hatte?

Wer hat damit kokettiert, über 10 Millionen Menschen – „Ungeimpfte“ – nach „Madagaskar“ zu deportieren? Die AfD? Oder doch eher der Lieblingssoziologe der Deutschen Bundesregierung Heinz Bude?

Warum schweigt Laudenbach ebenso zu den Vernichtungsfantasien einer preisgekrönten Kabarettistin, die am liebsten alle Kritiker:innen der Coronapolitik wie einen „Blinddarm“ aus dem (Volks) Körper schneiden wollte? Oder warum kein Wort zu all den Theatern und Kultureinrichtungen, ja KZ-Gedenkstätten, die die Impf-Apartheid exekutierten (2G)?

Die Weltgesundheitsorganisation berichtete 2022 davon, dass in den Jahren 2020 und 2021 Schweden eine weniger als halb so hohe Übersterblichkeit hatte als das Lockdown- und Maskenland Deutschland (oder Italien, Großbritannien).

Das kann man alles in dem Band 8 der Reihe „Studien zum Antisemitismus“ des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), in dem Buch „Pandemic Turn. Antisemitismusforschung und Corona“ nachlesen.

Wenn man denn an Fakten und kritischen Analysen Interesse hat und nicht lieber faktenfrei Menschen denunziert und diffamiert, wie es ja seit 2020 zum Volkssport geworden ist, neben dem die Diffamierungen und die Hetze durch die AfD und ihre rechten Schläger ’nur‘ eine blutige Fußnote sind, was die Masse an Denunziationen und die Anzahl der Täterinnen und Täter sowie die Anzahl der Opfer betrifft.

All diese Leerstellen sowie die Diffamierung dieser herausragenden, kritischen Schauspieler:innen machen das Buch „VolksTheater“ unterm Strich zu einem höchst problematischen Beitrag. Wer zur totalitären Coronapolitik und einer so nie dagewesenen denunziatorischen und aggressiven politischen Kultur in der Bundesrepublik Deutschland seit März 2020 schweigt, ja sie implizit glühend feiert und die wenigen Coronapolitik kritischen Schauspieler:innen auch noch perfide diffamiert, macht sich vollkommen unglaubwürdig als Anwalt der Demokratie gegen die evidente und große Gefahr von rechts und der AfD.

Es muss gegen das völkische VolksTheater der AfD und der Neuen Rechten gehen, ganz richtig. Aber ebenso muss es gegen das StaatsTheater der unwissenschaftlichen, irrationalen und aggressiven, ausgrenzenden, Diversität und Vielfalt in Fragen der Coronapolitik gerade nicht aushaltenden Coronapolitik-Fans gehen.

Man kann nicht völlig zurecht die Transphobie, die Homophobie, den Rassismus, die Anti-Flüchtlings-Agitation der AfD, das Leugnen des Klimawandels, den Sexismus von Rammstein und Lindemann, den Turbo-Kapitalismus des Neoliberalismus oder den Deutsch-Nationalismus und den schwarz-rot-goldenen „Overkill“ und manchmal sogar den Antisemitismus kritisieren, ohne gleichzeitig die irrationale und brutale Coronapolitik der Jahre 2020 bis 2023 wie auch die fortdauernde irrationale und diplomatiefeindliche, die NATO nicht nur von ihrer Mitverantwortung am Ukraine-Krieg exkulpierende, sondern sie wie in Wunstorf und der militaristischen Mega-Übung „Defender 23“ feiernde Ukraine-Politik zu kritisieren.

Kritik an Jongen und Kubitschek, Orbán, Trump oder Meloni, Kritik an SPD-Oberstudienräten oder -Schuldirektoren, die an Spieltagen der deutschen Fußballnationalmannschaft auf dem Schulgelände die deutsche Fahne hissen – wie auch Kritik an Merkel, Scholz, Baerbock, Habeck, Lindner, Lauterbach und Laudenbach: darum sollte sich eine linke Gesellschaftskritik, eine Kritische Theorie auf der Höhe der Zeit widmen.

Schließlich noch ein Lektüretipp für Peter Laudenbach und seine Fans: das Stück „Kritik“ von Adorno, einer seiner letzten Texte, erschienen in der ZEIT am 27. Juni 1969 und wiederabgedruckt z.B. in den Gesammelten Schriften Band 10/2, darin heißt es:

Man vergißt leicht in Deutschland, daß Kritik, als zentrales Motiv des Geistes, nirgends in der Welt gar zu beliebt ist. Aber man hat Grund, bei Kritikfeindschaft zumal im politischen Bereich auch an spezifisch Deutsches zu denken. Die volle bürgerliche Befreiung ist in Deutschland nicht gelungen oder erst in einer Phase, an der ihre Voraussetzung, der Liberalismus des zerstreuten Unternehmertums, ausgehöhlt war. (…) Wollte man eine Anatomie der deutschen Kritikfeindschaft entwerfen, so fände man sie fraglos mit der Rancune gegen den Intellektuellen verbunden. (…) Offensichtlich werden Menschen, die mit bestehenden Zuständen institutionell verflochten sind, im allgemeinen zögern, an diesen Zuständen Kritik zu üben.

Screenshot, https://www.zeit.de/1969/26/kritik

Die Menschen lieben den deutschen Staat und tun alles, um zum Beispiel ein „StaatsTheater“ zu werden, feiern „Identitäten“, weil man(n) ja sonst nichts hat im Leben. Es gibt das Schöne auch im „falschen Leben“ (Adorno), aber sicher nicht im völkischen VolksTheater, aber ebenso wenig im affirmativen Corona- oder Ukrainepolitik affinen StaatsTheater.

Weit entfernt davon, Genuss, das Schöne oder auch einen schmackhaften Kuchen zu perhorreszieren, schreibt Adorno gegen die „Lebkuchenworte“ und das beliebte Wort von der „konstruktiven Kritik“:

Wesentlich deutsch, obwohl wiederum nicht so durchaus, wie leicht der annimmt, der nicht Analoges in anderen Ländern zu beobachten Gelegenheit hatte, ist ein antikritisches Schema, das aus der Philosophie, eben jener, die den Raisonneur anschwärzte, ins Gewäsch herabsank: die Anrufung des Positiven. Stets wieder findet man dem Wort Kritik, wenn es denn durchaus toleriert werden soll, oder wenn man gar selber kritisch agiert, das Wort konstruktiv beigestellt. Unterstellt wird, daß nur der Kritik üben könne, der etwas Besseres anstelle des Kritisierten vorzuschlagen habe; in der Ästhetik hat Lessing vor zweihundert Jahren darüber gespottet. Durch die Auflage des Positiven wird Kritik von vornherein gezähmt und um ihre Vehemenz gebracht. Bei Gottfried Keller gibt es eine Stelle, an der er die Forderung nach dem Aufbauenden ein Lebkuchenwort nennt. Viel sei schon gewonnen, so etwa argumentiert er, wenn dort, wo ein schlechtes Gewordenes Licht und Luft versperre, der Muff weggeräumt würde.

 

Das Problem heißt ZeroCovid und Georg Restle (ARD) ist Teil des Problems – Ulrich Tukur zeigt, wohin es führt…

Von Dr. phil. Clemens Heni, 27. April 2021

Der ARD-Journalist Georg Restle, ein Linker, was ja sympathisch ist oder sein könnte, der immer und überall die Gefahr von Nazis als erster erkennt (eine Gefahr, die groß ist, in der Tat, allerdings nicht größer als jene des ‚legalen Islamismus‘ und des terroristischen Jihad), ist etwas irritiert über die Forderungen von ARD-Kollegen, Jan Josef Liefers und Dutzenden anderen Schauspieler*innen keine weiteren Aufträge für den Tatort oder andere Engagements im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen zu geben.

Restle hat nur Angst, dass die Aktion von Jan Josef Liefers, Karoline Teska, Bernd Gnann (aus’m Ländle, danke), Nadine Dubois, Kea Könneker, Nina Proll, Nina Gummich, Jens Wawrczeck und Dutzenden weiteren brillanten, mutigen, klugen, witzigen, ironischen und radikal coolen Schauspieler*innen zu gut ankommt bei der Bevölkerung (ca. 11 Millionen Klicks haben die Videos schon bekommen, und fast nur Daumen-hoch Reaktionen). Als ob Nazis und Verschwörungswahnwichtel allein das Video von Felix Klare toll fänden, der sich über seinen Urgroßvater lustig macht, der die Kinder stramm stehen ließ, wenn er das Zimmer betrat – was Klare jetzt auch fordert, da wir mehr „Disziplin“ und „Hygiene“ brauchen:

Bleiben Sie gesund.

Unterstützen Sie die Coronamaßnahmen der Bundesregierung und erziehen Sie Ihre Kinder bitte zu Disziplin und Hygiene. Vielen Dank.

Was sagte Restle in einem Kommentar für die Tagesthemen, sozusagen als vorübergehendes Schlusswort für die gesamte ARD zur #allesdichtmachen Kampagne von anfangs 50 Schauspieler*innen?

Ja, einige der Videos von #allesdichtmachen sind ziemlich daneben, Ironie sollte man eben beherrschen, grade in solchen Zeiten.

Er bringt kein Beispiel von misslungener Ironie, was daran liegen könnte, dass er das Wort nicht wirklich kennt. Oder weil er selbst narzisstisch gekränkt ist von den meisten Videos, wie der Psychiater Raphael Bonelli einwerfen könnte, der sich gegen die wirkliche Hetze des Tagesspiegel-Mannes Sebastian Leber wendet, der #allesdichtmachen diffamiert.

Am Ende stehen Diffamatoren wie ein Autor des Bayerischen Rundfunks, Martin Zeyn, als Rechte da, wenn sie schreiben:

Die Regierung. Die Medien. Die Wissenschaft (Ausgenommen natürlich die Wissenschaftler, ja sogar Nobelpreisträger, die irgendwie kritisch sind). Kein Name, kein Beleg, keine Einordnung. In den 80 Sekunden dieses Videos fällt kein einziges Argument. Damit wird deutlich, wir befinden uns mitten in der Welt der Querdenker und Corona-Leugner.

Mit diesen Worten attackiert der BR Jan Josef Liefers auf besonders primitive und vulgäre Art und Weise.

So gut wie kein Mensch leugnet Corona und vor allem 100 Prozent der Schauspieler und Schauspielerinnen dieser genialen Aktion #allesdichtmachen leugnen weder das Virus SARS-CoV-2 noch die von ihm ausgehende Krankheit Covid-19 (und selbst wer es leugnet ist nicht im Ansatz mit Holocaustleugnern sprachlich in Beziehung zu setzen, sonst wäre ja Corona der Holocaust und das zeigt, wie Holocaust verharmlosend jeder – jeder und jede – denkt, der oder die das Wort „Corona-Leugner“ verwendet).

Wie so viele irrationale, medizinisch ungebildete und demokratiemäßig defizitär denkende und kreischend herumkrakeelende Journalisten dreht der Tagesspiegel-Autor Leber also durch und Bonelli hat ihn zerpflückt, wie es besser kaum geht (auch wenn die Antifa, die Leber mag, früher kein Problem war, da widerspreche ich als alter Antifa natürlich dem Bonelli, doch heute ist die Antifa ja eher pro-totalitär und Pro-ZeroCovid, also Teil des Problems, sie sehen die Toten nicht, die sie im Trikont und hierzulande produzieren und dieser Zynismus ist unentschuldbar auf alle Zeiten).

Restle wendet sich dann empört gegen autoritäre ARD-Kollegen und sagt „Geht’s noch?“, wenn diese fordern, Liefers & Co. mit Beschäftigungsverbot für die öffentlich-rechtlichen Anstalten zu belegen.

Gut gemeint – vor allem aber gut geheuchelt. Denn das Kernproblem für Georg Restle ist erstmal nur die „Ausgangssperre“, gegen die er sich wendet. Doch er selbst hat sie laut herbeigeschrien mit der von ihm unterstützten ZeroCovid-Kampagne.

Georg Restle hat nicht den Hauch von epidemiologischer oder Public Health Expertise. Er fordert aber als Erstunterzeichner seit dem 12. Januar 2021 zusammen mit 111.000 Unterstützer*innen eine ZeroCovid-Strategie. Er ist also dem Wahn befallen, ein respiratorisches Virus wie Influenza auszurotten. Das ist so was von nicht evidenz basiert, so was von medizinisch dumm und fanatisch, dass einem die Worte fehlen. Doch es ist exakt diese Strategie, die Merkel und Klabauterbach gefällt, natürlich ohne das so zu sagen. Doch ohne ZeroCovid gäbe es nicht den Endlos-Lockdown, indem sich das Land seit November 2020 befindet bzw. viele Branchen seit Mitte März 2020.

ZeroCovid fordert dazu auf, so gut wie das ganze Leben in Deutschland und Europa stillzustellen. Das macht Restle auch in seinem Tagesthemen-Kommentar deutlich:

…warum die Kultur komplett dicht gemacht wird, aber die Schlachthöfe offen bleiben.

Nur wirklich naive Menschen könnten nun denken, dass Restle auch die Kultur geöffnet sehen möchte, doch das exakte Gegenteil ist der Fall: Er will Schlachthöfe und alle Theater geschlossen sehen.

Es geht also im Kern um Georg Restle. Denn genau das, wofür Georg Restle steht, ZeroCovid, hat Ulrich Tukur im Blick wie kein anderer:

Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns
mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.

Angesichts des großen Todes der uns alle umsteht und den nicht einmal die fürsorgliche Politik engagierter deutscher Regierungsbeamter wegzuadministrieren im Stande sein wird,

scheint es mir vollkommen – vollkommen – irrelevant, ob eine Tankstelle als systemrelevant offen bleibt oder ein Wirtshaus als systemirrelevant geschlossen wird.

Und so fordere ich unsere erhabene Regierung auf, endlich fair und konsequent zu beenden, was bislang total vermasselt wurde.

Schließen Sie ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz. Nicht nur Theater, Cafés, Schulen, Fabriken, Buchhandlungen, Knopfläden, nein,

auch alle Lebensmittelläden, Wochenmärkte und vor allem all die Supermärkte. Sind wir erst am Leibe und nicht nur an der Seele verhungert, und allesamt mausetot,

entziehen wir auch dem Virus samt seiner hinterhältigen Mutanten-Baggage die Lebensgrundlage.

Und so kehrt endlich zurück, was unser Planet dringend benötigt:

Ruhe und Frieden. Und Gerechtigkeit.

Danke.

 

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