Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Kategorie: Allgemein Seite 8 von 77

Preisfrage: Warum darf Deutschland der Ukraine Waffen liefern, China Russland aber nicht?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 06. März 2023

Wer die Antwort auf die Frage im Titel dieses Artikels kennt, könnte eine Kandidatin (m/w/d) für den nächsten Friedensnobelpreis werden.

Frieden schaffen ohne Waffen ist ja das Motto der Stunde. Möchte man meinen. Doch weit gefehlt!

Denn der Glatzkopf aus Berlin meint Waffen für die Ukraine würden Frieden schaffen. Waffen für Russland von China jedoch wären ein Fall für den Weltkrieg. Das sei verboten.

Frage: Darf man Waffen nur an Länder liefern, die Plätze, Fußballstadien, Briefmarken, Straßen und so weiter nach Antisemiten und Tätern im Holocaust benennen?

Wieso durften die NATO, die USA und der Westen von 2014 bis Ende 2021 Waffen im Wert von vielen Milliarden Dollar und Euro an die Ukraine schicken, China darf aber bis heute nicht einmal eine einzige Patrone an Russland schicken?

Was ist die Antwort?

Mit Prof. Hajo Funke, Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und dem Zionisten Naftali Bennett für eine Friedenslösung in der Ukraine

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Der Professor für Politikwissenschaft an der FU Berlin Hajo Funke, bei dem ich vor 20 Jahren einmal Doktorand war, bevor ich nach Österreich ging, hat in einem sehr interessanten Gespräch mit der Deutschen Welle klar gemacht, warum das „Manifest für Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht so enorm bedeutsam ist. Funke ist sehr besorgt über die Situation in der Ukraine. Er möchte, dass das Blutvergießen endet. Am Ende, egal ob nach einem langen Blutvergießen oder früher, stehen in jedem Fall Verhandlungen. Er wendet sich gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands, so wie es das Manifest für Frieden, das ich auch unterschrieben habe, ebenso tut.

Es ist aber, so Funke, seit John F. Kennedy und der Kuba-Krise klar, dass eine Atommacht nicht besiegt werden KANN. Eine Demütigung würde einen Atomschlag provozieren. Das wollen offenbar Scholz, vor allem aber Baerbock, Victoria Nuland und Boris Johnson. Wer von der NATO nicht reden will, soll vom Ukraine-Konflikt schweigen. Ironischerweise, auch darauf weist Funke hin, ist das Pentagon skeptischer als Biden… weil Experten halt doch wissen, dass dieser Krieg von der Ukraine nicht gewonnen werden kann und das auch kein Ziel sein kann.

Screenshot, https://www.youtube.com/watch?v=l_mHnunVUeg

Freundinnen und Freunde der Ukraine wollen eine Eskalation nicht.

Also: Es muss sofort um Verhandlungen um eine Friedenslösung gehen.

Screenshot, https://www.youtube.com/watch?v=l_mHnunVUeg

Wie Funke sagt: Lasst unter UN-Aufsicht die vier Oblaste und die Krim in Volksabstimmungen entscheiden, ob sie zur Ukraine oder zu Russland gehören wollen – oder die kommunistische Weltrevolution anstreben, würde ich hinzufügen.

Stoppt den Kriegdiskurs in Deutschland!

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen.

Über 600.000 Menschen haben in wenigen Tagen die Resolution „Manifest für Frieden“ unterschrieben.

Screenshot, https://aufstand-fuer-frieden.de/

Die Resolution „Manifest für Frieden“ macht Furore wie kein anderer Vorgang seit dem Ende des Corona-Regimes. Die Medien und die Politik haben Panik – vor dem Frieden!!

Screenshot, https://www.change.org/p/manifest-f%C3%BCr-frieden

Wenn im Ukraine-Konflikt jemand „rechtsoffen“ ist, dann der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland Melnyk. Er hat in München Blumen am Grab eines Antisemiten und Nazi-Kollaborateurs wie Stepan Bandera abgelegt und sich geweigert, sich vom Antisemitismus von Bandera zu distanzieren. Viel „rechtsoffener“ für Nazi-Kollaborateure kann man kaum sein. Melnyk wurde für seinen Liebe zum Antisemiten Bandera von Selensyki zum stellvertretenden Außenminister der Ukraine in Kiew befördert und keineswegs abgestraft, nur weil er nicht mehr Botschafter in Deutschland ist. Seine Hetze sprudelt weiter ungehindert aus ihm.

Darauf weist Sahra Wagenknecht heute in ihrem Video hin:

Screenshot, https://www.youtube.com/watch?v=16QS-8YnSZg

Das betrifft auch eine Vielzahl von Bürgermeister*innen in der Ukraine, die Straßen und Plätze nach Antisemiten und weiteren Nazi-Kollaborateuren benennen und in den letzten Jahren benannten:

In meinem neuen Buch, das in wenigen Wochen erscheinen wird, heißt es:

Die jüdische Zeitung Forward hat eine umfangreiche Forschung des Journalisten Lev Golinkin[1] publiziert,[2] indem er das Gedenken an Antisemiten, Nazikollaborateure und Judenmörder weltweit dokumentiert. Die Ukraine hat ein besonders langes Kapitel. So heißt es über Stetsko:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/

„Ternopil — A bust of the genocidal Yaroslav Stetsko (1912–1986), who led Ukraine’s 1941 Nazi-collaborationist government which welcomed the Germans and declared allegiance to Hitler. A rabid antisemite, Stetsko had written[3] ‚I insist on the extermination of the Jews and the need to adapt German methods of exter­mi­nat­ing Jews in Ukraine.‘ Five days prior to the Nazi invasion, Stetsko assured[4] OUN-B leader Stepan Bandera: ‚We will organize a Ukrainian militia that will help us to remove the Jews.‘“

Stetsko schrieb: „Ich beharre auf der Vernichtung der Juden und wir müssen die deutschen Methoden der Ausrottung der Juden in der Ukraine übernehmen“.

Jeder einzelne Mensch in Deutschland, der Ukraine, den USA oder England etc. pp, der oder die sich unerbittlich hinter die Ukraine stellt, Panzer und am besten Kampfjets und Atomwaffen schicken möchte, stellt sich hinter diesen Antisemiten Stetsko, der zur „Vernichtung der Juden“ aufrief im Zweiten Weltkrieg.

Jeder und jede einzelne unkritische Pro-Ukrainer (m/w/d) stellt sich hinter ein Land, das unzählige solche Denkmäler hat für Antisemiten und Verbrecher wie Stetsko. Und es gibt viele solcher Denkmäler, wie der jüdische Forward dokumentiert.

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/

Nach vielen dieser Massenmörder sind heute in der Ukraine Straßen und Plätze benannt, nicht nur nach Stepan Bandera, dem bekanntesten Nazi-Kollaborateur und Antisemiten, sondern auch nach Roman Shukhevych, ukrainischer Nationalist und Massenmörder bei der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA), Roman Rudiy, Mitglied der SS-Division Galizien, Yaroslav Stetsko, Kopf der ukrainischen Regierung, die mit der Wehrmacht und den Nazis zu­samm­en­ar­beit­ete. Im März 2021 wurde ein Fußballstadion in der Stadt Ternopil nach Roman Shukhevych benannt, was zu einem Protest des Simon Wiesenthal Centers bei der FIFA[5] und zu einem Aussetzen der städtepartnerschaftlichen Kooperation mit der polnischen Stadt Zamość führte.[6]

Die Ukraine ist ein vollkommen verkommenes Land, was die Nicht-Erinnerung des Holocaust betrifft. Das rechtfertigt natürlich keinen völkrerrechtswidrigen Angriffskrieg, so wenig die Tatsache, dass Saddam Hussein ein Antisemit und Israelfeind war, den massenmörderichen Irak-Krieg der Amerikaner und ihrer Freunde rechtfertigte (2003).

Wer die Ukraine unterstützen möchte und nicht die Zerstörung weiterer Teile des Landes in Kauf nehmen will, der oder die muss sich für Friedensverhandlungen einsetzen. Wer die Ukraine zurück in den Kreis der zivilisierten Ländern führen möchte, setzt sich erstens für einen sofortigen Waffenstillstand ein und nach einer Friedenslösung für einen Abbau all dieser Denkmäler, die nach Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benannt sind. Auch Straßen und Plätze, die nach Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren und Holocausttätern benannt sind, müssen umbenannt werden. Dabei sollten internationale Komitees der Ukraine helfen. Das stärkt eine Demokratie – Waffen, Privatisierung und Oligarchen zerstören sie.

Hilfe bei der Nicht-Benennung von Straßen und Plätzen nach alten Nazis, Antisemiten oder Wehrmachtssoldaten hätte auch Deutschland nach 1945 dringend nötig gehabt – und hat es bis heute nötig!!!

Es ist geradezu ironisch, dass sich die überhaupt nicht als Freundin des Zionismus oder Israels bekannte Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Sahra Wagenknecht im hebräischen Originalton auf Bennett bezieht, der am fünften Februar 2023 in einem langen Podcast mit einem israelischen Journalisten Tacheles redete. Bennett erläuterte darin wie hinlänglich bekannt – auch der zentrale online Fernsehsender Küppersbusch TV hat darüber berichtet -, dass Selenskyi und Putin sich auf einen Kompromiss geeinigt hatten:

Screenshot, https://www.youtube.com/watch?v=3G7lSnFDL1U

KEINE NATO-Mitgliedschaft der Ukraine.

RÜCKZUG Russlands auf die Linien vor dem 24. Februar 2022.

Das war den Kriegstreibern Boris Johnson und Joe Biden zu viel des Friedens. Sie wollten und wollen weiterhin KRIEG.

Sie wollten und wollen offenbar, dass die Russen nicht mal die Chance erhalten, Denkmäler, die nach Holocausttätern, Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benannt sind, zu schleifen.

Und wenn jetzt ausgerechnet Wagenknecht völlig affirmativ einen zionistischen Politiker wie Bennett zitiert, dann ist es höchste Zeit, mit ihr gemeinsam für den Frieden, für eine Verhandlungslösung, wie sie Bennett schon vor einem Jahr versuchte, zu demonstrieren.

Funke erwartet im Deutsche Welle Interview womöglich bis zu 50.000 Demonstrant*innen morgen ab 14 Uhr in Berlin am Brandenburger Tor.

Wenn jemand „rechtsoffen“ ist, dann die deutsche Bundesregierung und die Mainstream-Medien, die seit über einem Jahr ukrainischen Antisemiten Platz bieten.

Wenn jemand „rechtsoffen“ ist, dann der Teil der ukrainischen Bevölkerung, der Straßen, Plätze und Fußballstadien nach Holocausttätern, Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benennt.

Eigentlich wäre die AfD prädestiniert, sich mit diesen Ukrainer*innen zu verbinden, schließlich liebt auch die AfD deutsche Traditionen.

Die Demonstration für ein Manifest für den Frieden stemmt sich gegen die deutsche Tradition des unerbittlichen Krieges.

Doch Baerbock, die deutsche Bundesregierung oder die Redaktion von Markus Lanz stehen in dieser Tradition:

„Krieg als inneres Erlebnis (Leitung: Ernst Jünger).

Der Zwang zur Friedfertigkeit hat wesentliche Erfahrungsbereiche verkümmern lassen. Noch unsere Väter wußten, daß in der Vergangenheit immer wieder ganze Völker sich zu gemeinsamen, existenziellen Erfahrungen im Grenzbereich begegneten. Diese ursprünglichen Erlebnisse drohen uns heute verloren zu gehen. Mit dem großen Wissenden Ernst Jünger wollen wir uns diese Welt wieder zugänglich machen und lernen, Gemeinheit und Niedertracht wieder lustvoll praktizieren zu dürfen. Bekannte und unbekannte Gefühle und Erregungen tauchen auf und lassen uns spüren, wie spannend es sein kann, seine Mitmenschen in Angst und Schrecken zu versetzen.“[7]

Nie wieder Deutschland heißt nie wieder Krieg!

Nie wieder Deutschland heißt Verhandeln statt Aufrüsten!

Nie wieder Deutschland heißt Bennett statt Baerbock!

 

[1] https://forward.com/authors/lev-golinkin/.

[2] Lev Golinkin (2021): Nazi collaborator monuments in Ukraine. Many new streets and monuments have been erected since a new government took over in 2014, 27. Januar 2021, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/.

[3] Karel C. Berkhoff/Marco Carynnyk (1999): The Organization of Ukrainian Nationalists and Its Attitude toward Germans and Jews. Iaroslav Stetsko’s 1941 Zhyttiepys, in: Harvard Ukrainian Studies, Dez. 1999, Vol. 23, Nr. 3–4, S. 149–184.

[4] Grzegorz Rossoliński-Liebe (2011): The „Ukrainian National Revolution“ of 1941: Discourse and Practice of a Fascist Movement, in: Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History, Vol. 12, Nr. 1 (Winter 2011), S. 83–114.

[5] Roman Tymotsko (2021): Local governments name stadiums after Bandera and Shukhevych, provoking protest from Israel and Poland, The Ukrainian Weekly, 19. März 2021, https://www.ukrweekly.com/uwwp/local-governments-name-stadiums-after-bandera-and-shukhevych-provoking-protest-from-israel-and-poland/.

[6] „Beteiligung am Holocaust: Stadion nach Nazi-Unterstützer benannt – FIFA eingeschaltet“, 18. März 2021, https://www.mopo.de/sport/beteiligung-am-holocaust-stadion-nach-nazi-unterstuetzer-benannt-fifa-eingeschaltet-38192286/.

[7] Initiative Sozialistisches Forum (Hg.) (1984): Diktatur der Freundlichkeit. Über Bhagwan, die kommende Psychokratie und Lieferanteneingänge zum wohltätigen Wahnsinn, Freiburg: Ça-Ira-Verlag, S. 216. In späteren Jahren schreibt sich der Verlag ça ira.

 

Wer Kampfflugzeuge in die Ukraine schicken will, ist ein Antisemit, möchte Pro-Holocaustdenkmäler schützen und den Dritten Weltkrieg

Von Dr. phil. Clemens Heni, 09. Februar 2023

Der Titel dieses Beitrags sagt alles. Hier der Hintergrund.

 

Diffamierung der Kritik der Coronapolitik, Angriff auf den Obersten Gerichtshof: Zwei Amerikanische Juden und die extreme Rechte in Israel

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Verleger, Edition Critic

 

Im September 2020 wollte der damalige Minister für Öffentliche Sicherheit im Kabinett V von Benjamin Netanyahu, Amir Ohana, sich von einem juristischen Experten Rat geben lassen, wie man die Demonstrationen gegen die antidemokratische, medizinisch irrationale und gesundheitsgefährdende Coronapolitik der israelischen Regierung eindämmen könnte. Doch der damalige Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hatte das schon zuvor ausgeschlossen, Israel sei eine Demokratie und Demonstrationen müssten erlaubt bleiben, egal ob ein Virus herumhüpft oder nicht.

Im Dezember 2022 wurde Amir Ohana der erste offen bekennende schwule Parlamentspräsident in Israel. Doch er hat ein problematisches Verhältnis zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit und er hat den weiblichen Körper in frauenverachtender Manier als bloßes menschliches Reagenzglas benutzt und mit seinem Partner zwei Kinder aus Leihmutterschaft herstellen lassen.

Jedenfalls hatte Ohana im September 2020 einen Experten mitgebracht, der auf dem Flur wartete, er wollte ihn an der Sitzung des „Corona“-Kabinetts teilnehmen lassen als juristischer Berater. Doch Mandelblit verweigerte das. So blieb der Experte draußen auf dem Flur stehen und ging nach Hause. Wer ist dieser Experte? Es handelt sich um den Juristen Aviad Bakshi. Darauf weist ein Text des Journalisten Nettanel Slyomovics vom 11. März 2021 in Haaretz hin.

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2021-03-11/ty-article-magazine/.highlight/the-u-s-billionaires-secretly-funding-the-right-wing-effort-to-reshape-israel/0000017f-e90c-da9b-a1ff-ed6f5dd30000 (05.02.2023)

Bakshi erlangt seit Januar 2023 massive öffentliche Aufmerksamkeit im Zuge der Massenproteste gegen die geplante Justizreform in Israel. Dabei sind auch gestern wieder am fünften Wochenende nacheinander 60.000 Demonstrant*innen in Tel Aviv auf die Straße gegangen – in einem Land mit neun Millionen Einwohner*innen, das entspräche einer Mega-Demo in Deutschland mit 540.000 Leuten in Berlin oder Hamburg. Es waren sogar schon 100.000 Demonstrant*innen in Tel Aviv in Zuge dieser monatelangen Massenproteste auf der Straße, dazu auch in anderen Städten wie in Haifa oder Jerusalem.

Ein Kernpunkt dabei ist die geplante Klausel, die es dem Parlament erlaubt, Urteile des Obersten Gerichtshofs zu überstimmen. Das wäre das Ende der Gewaltenteilung. Es gäbe keine Instanz, die Menschen- und Grundrechte mehr schützen könnte. Israel hat keine Verfassung und nur eine Kammer, die Knesset, keinen Bundesrat oder Senat/Repräsentantenhaus und Regierung wie in den USA. Seit vielen Jahren ist der extremen Rechten der Oberste Gerichtshof ein Dorn im Auge.

Der Gesetzesentwurf wurde jedoch nicht vom Justizminister Yariv Levin verfasst, sondern von einer Nichtregierungsorganisation (NGO) mit dem Namen Kohelet Policy Forum. Aviad Bakshi ist der Verfasser dieses Plans, das Oberste Gericht seiner Unabhängigkeit zu berauben.

Das für mich auch persönlich Schockierende ist nun Folgendes: Ich habe Aviad Bakshi, mit dem ich nie Kontakt hatte, in dem Band „Der israelische Nationalstaat“, herausgegeben von Fania Oz-Salzberger und Yedidia Z. Stern, im Jahr 2017 mit einem Kollegen übersetzt und im Verlag Edition Critic publiziert. In den biographischen Angaben zu den Autor*innen erwähnte ich sogar:

Aviad Bakshi ist Direktor der Rechtsabteilung am Kohelet Politik Forum sowie Dozent am Ono Academic College und an der Bar-Ilan Universität. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Einwanderungsrecht, Sprachenrechte, kulturelle und nationale Rechte sowie Gewaltenteilung.

Vor dem Hintergrund, dass Bakshi jetzt mit dem Kohelet Politik Forum die Gewaltenteilung de facto aushebeln möchte, bekommt das einen dramatischen Drive. Ich hatte in meiner Editorischen Vorbemerkung zu dem Band meine Kritik an der Neuen Rechten betont, aber selbst vollkommen übersehen, dass mit Bakshi ein solcher neu-rechter Agitator mit dabei ist. Ich schrieb im Januar 2017:

Die vorliegende Übersetzung des von Fania Oz-Salzberger und Yedidia Z. Stern edierten Bandes Der israelische Nationalstaat ist eine vehemente, differenzierte, wissenschaftliche Grundlegung des Zionismus und des jüdischen und demokratischen Staates Israel. Die sechzehn Autorinnen und Autoren sind alle Israelis und bieten einem deutschsprachigen Publikum Originaleinblicke in derzeitige Debatten in Israel und über Israel. Im Unterschied zu vielen Pub­li­kat­ionen in deutscher Sprache zu Israel ist dieser Band wirklich an dem interessiert, was in Israel passiert, wie sich der Zionismus entwickelt hat, welche Gegenkräfte es gab und gibt, und wie die Zukunft des jüdischen Staates aussehen könnte. Namentlich der philosophische Beitrag von Shira Wolosky in Kapitel 4 über Levinas und Habermas, das philosophische Hauptstück dieses Buch­es, könnte eine breite Debatte über Universalismus und Partikularismus anstoßen. Wolosky stellt Emmanuel Levinas‘ Verteidigung des Partikularismus in den Kontext seiner frühzeitigen Kritik an Heidegger (einem sein­er Lehrer), dem deutschen Nationalsozialismus, Hitlers sowie – das ist das Frappierende – am Universalismus.

Damit spannt Levinas einen Bogen von Plato über Heidegger hin zu Habermas, die jeweils viel näher zum nazistischen Willen des Einebnens und Auslöschens von Differenz stünden, als das antifaschistische Selbsteinschätzungen – wie bei Habermas – vermuten ließen. Selbst viele sich eher als pro-israelisch betrachtenden Philosoph*innen, Forscher*innen oder Aktivist*innen haben sich hierzulande kaum mit den Schattenseiten gerade des Universalismus beschäftigt.

Das hat insofern allerdings in der Tat einen Grund, als Antikosmopolitismus und Antiuniversalismus Urständ feiern und der Rechtsextremismus und die Neue Rechte in ganz Europa und den USA eine sehr große Gefahr darstellen, was wiederum auch nicht unerhebliche Teile der „Israelsolidarität“ betrifft, die diese Gefahr nicht nur nicht sieht, sondern zuweilen ein aktiver Teil dieser rechten Szene (geworden) ist. Wahrlich dialektisch zu denken hieße wohl, den Partikularismus und dezidierten – mit Levinas argumentierenden, antifaschistischen und zionistischen – Antiuniversalismus des jüdischen Staates zu erkennen und zu verteidigen, aber gleichzeitig die anti­universalistische, anti­kosmopolitische, reaktionäre, nationalistische Rech­te und Linke wie den Mainstream in Deutschland und weiten Teilen Euro­pas, Amerikas und Russlands zu attackieren, und das massiv.

Mit einem US-Präsidenten Trump als „Freund“ – manche „Marxisten“ sehen in ihm gar Hegels „List der Vernunft“, manche Juden und gewisse Israelis (wie der israelische Innenminister Arye Dery) die Ankunft des „Messias“ und eine große amerikanisch-jüdische NGO (das Simon Wiesenthal Center, repräsentiert durch seinen Gründer und Vorsitzenden Rabbi Marvin Hier) betete für Trump auf dessen Inauguration – und der beschriebenen Gefahr der Einstaatenlösung braucht Israel seriöse, liberale, linke und demokratische Stimmen. Für die israelische Soziologin Eva Illouz, die sich an Sigmund Freuds Analyse des Unheimlichen anlehnt, indiziert die positive Reaktion auf Trump ein „Erdbeben“ in der „jüdischen Welt“.[1] Hatten Juden bislang gegen Antisemitismus und für Menschenrechte gekämpft, so stehen sie nun, so Illouz, angesichts von Trump in nicht geringen Teilen Seite an Seite mit antisemitischen Positionen und einer Unzahl weiterer auch für die Demokratie und die Menschenrechte (für alle Bewohner*innen) in Israel gefährlichen Gruppen, Personen und Tendenzen.

Das Kohelet Policy Forum wurde 2012 vom Mathematiker und Computerexperten Moshe Koppel gegründet. Koppel ist Professor für Computerwissenschaften an der Bar-Ilan Universität. Koppel stammt aus New York City und machte 1980 Aliyah und ging nach Israel.

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2021-03-11/ty-article-magazine/.highlight/the-u-s-billionaires-secretly-funding-the-right-wing-effort-to-reshape-israel/0000017f-e90c-da9b-a1ff-ed6f5dd30000 (05.02.2023)

Zu den Hauptsponsoren des Kohelet Policy Forums gehören die beiden Multimilliardäre Jeff Yass und Arthur Dantchik. 1987 haben sie mit vier Studienfreunden vom Binghampton College in upstate New York die Firma Susquehanna International Group gegründet. Sie spielten Karten, vor allem Poker, und merken in Las Vegas, dass man damit auch an der Wall Street Geld, richtig viel Geld machen kann.

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2021-03-11/ty-article-magazine/.highlight/the-u-s-billionaires-secretly-funding-the-right-wing-effort-to-reshape-israel/0000017f-e90c-da9b-a1ff-ed6f5dd30000 (05.02.2023)

Das Vermögen Susquehanna International Group wird von Forbes auf ca. 80 Milliarden US-$ geschätzt wird, die Anlagen, die sie verwalten, hatten 2018 einen Wert von 1,5 Billionen US-$. Der Börsencrash vom Oktober 1987 war wundervoll für die Firma, sie prosperierten und hatten 1988 bereits ein Vermögen von 30 Millionen US-Dollar. Entgegen Trump haben Yass und Dantchik keine Profilsucht, sie agieren im Hintergrund. Yass wird am 5. Februar 2023 auf Platz 38 der reichsten Menschen geführt, mit einem Vermögen von 38 Milliarden US-Dollar.

Zuletzt kamen Yass und Dantchik in die Schlagzeilen, unter anderem wegen ihrer Unterstützung von rechtslibertären Politikern in den USA, wie Haaretz berichtet:

Susquehanna International Group was based in Bala Cynwyd, an affluent suburb of Philadelphia. The choice to locate far from Wall Street exemplified their powerful desire for secrecy. “Stealthy and mysterious” is how Philadelphia magazine described the firm. Indeed, very little has been written about the pair of partners, who make a point of avoiding the limelight. As it happens, however, during the past two months, they found themselves in the headlines. Twice. In one case it was in a flattering business connection, relating to the immense profit they made from a small investment a decade earlier. The millions they gave a Chinese entrepreneur to invent the TikTok app are now worth $15 billion.

Neither Yass nor Dantchik are household names in Israel, or in the U.S., for that matter – and not by chance. The two billionaires are strictly low-profile, even though they are among the biggest donors to the Republican Party, notably its Trumpian wing.

The second occasion was less favorable. It occurred in the wake of the attempted coup at the Capitol on January 6. The riots sparked criticism of Donald Trump’s loyalists in Congress, particularly Senators Ted Cruz and Josh Hawley. Afterward, the criticism was extended to Trumpist donors, especially Yass, who is ranked sixth on the list compiled by Opensecrets.org of the major donors to all Republican candidates in 2020. Four years earlier he was the biggest donor to the libertarian candidate for president of the United States, Gary Johnson – Trump wasn’t enough of a libertarian for him.

Diese amerikanisch-jüdischen und israelischen Kreise sind politisch extrem rechts. Sie haben wie das Kohelet Policy Forum das umstrittene Nationalstaatsgesetz in Israel von 2018 mit formuliert, sind verbunden mit dem Tikvah Fund aus den USA, der wiederum im rechten und antisemitischen ungarischen Präsidenten Victor Orbán einen großen Anhänger hat, wie ein Treffen mit dem Vertreter des Tikvah Funds aus Israel mit Orbán zeigt, worauf Dr. Debra Shushan auf JStreet hinweist:

Screenshot, https://twitter.com/PM_ViktorOrban/status/1616091547371438080 (05.022023)

Shushan geht auf die Pro-Siedlungs Politik des Kohelet Forums und seiner Verbündeten wie dem Shilot Forum ein, das entgegen dem ursprünglichen Zionismus von 1948 und dem Völkerrecht beweisen möchte, dass Siedlungen auf palästinensischem Gebiet wie dem Westjordanland legal und legitim seien.

Screenshot, https://jstreet.org/shushan-street-meet-the-israeli-organization-behind-the-legislation-to-subvert-israeli-democracy-and-the-american-billionaires-that-fund-it/ (05.02.2023)

Darüber hinaus basiert das Kohelet Forum auf der Extremform des neoliberalen Kapitalismus. Staatliche Eingriffe, abgesehen von Behinderungen von Demonstrationen zum Beispiel!, sind Tabu, selbst systemimmanente Zuckerstückchen wie wohlfahrtsstaatliche Regulierungen werden abgelehnt. Der „freie“ Mark soll bestimmen, also survival of the fittest. Friss den Kapitalismus oder stirb.

Da werden sich die Gründerinnen und Gründer des jüdischen und demokratischen Staates von 1948, die häufig Sozialisten waren, im Grabe umdrehen.

Ein Text in Haaretz von Anshel Pfeffer vom 3. Februar 2023 sieht die dramatische Bedeutung von Yass und Dantchik und meint, dass die beiden als einflussreichste Juden Amerikas in die Geschichte eingehen könnten, wenn diese Reform des Justizsystems, das einer Zerstörung der Gewaltenteilung gleichkommt, durchgeht.

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2023-02-03/ty-article/.premium/can-u-s-liberal-jews-change-israeli-politics-right-wing-jews-know-the-answer/00000186-124b-d559-adee-527b79000000 (05.02.2023)

Dabei hat Pfeffer die lange Vorarbeit der Neuen Rechten im Blick:

The plans of the Netanyahu government to drastically weaken the Supreme Court and effectively obliterate judicial oversight were authored by the Kohelet Policy Forum. This conservative think tank was founded by the American-born Moshe Koppel and heavily funded by American-Jewish libertarian billionaires Jeff Yass and Arthur Dantchik.

Kohelet didn’t invent the campaign against the Israeli legal system. Right-wing and religious politicians have been railing against the courts for decades. But it was Kohelet’s ruthlessly effective lobbying, the detailed blueprints for the court’s evisceration that they prepared and the placing of their people in strategic locations in Israel’s political structure that laid the groundwork for the lightning assault on Israeli democracy we have been seeing since the new government came to power five weeks ago.

Die immer noch konservative Jerusalem Post hat sich gegen die Kritik am Kohelet Forum verwahrt und dem Senior Fellow beim Kohelet Policy Forum David Weinberg Platz für seine Apologie gegeben, ohne einen einzigen Kritikpunkt an der extrem rechten und turbokapitalistischen, den Zionismus beschädigenden Pro-Siedler, Anti-Gewaltenteilung-Ideologie von Kohelet zu entkräften.

In einem Video zeigt Kohelet sein Unverständnis einer unabhängigen Gerichtsbarkeit. Beispielhaft regen sich die Macher*innen darüber auf, dass der Oberste Gerichtshof gegen Off-Shore Anlagen zur Gasgewinnung, gegen Ausnahmeregelungen der ultraorthodoxen Gemeinschaft vom Militärdienst, zuungunsten des freien Marktes oder allgemeiner gegen religiösen Extremismus geurteilt habe.

Schließlich habe ich in dem Buch „Der israelische Nationalstaat“ auch einen Beitrag von Gadi Taub publiziert, Taub ist ebenso (mittlerweile) ein extrem rechter Akteur.

Screenshot, https://www.972mag.com/new-right-jerusalem-conservative-conference/ (05.02.2023)

Das Magazin 972 berichtet:

I wrote several stories for Haaretz Magazine back when Golden was its editor; he was always kind to me, as was Taub when we ran into each other at a cafe after I wrote a piece attacking him. Nowadays, their paranoid style makes me uneasy. The two belong to a small yet influential group of high-profile “former leftists,” which includes Haaretz’s literary editor, Benny Ziffer, who has become an avid Netanyahu supporter, author Irit Linur, who hosts a popular talk radio show on IDF Radio (and is also a speaker at the conference), and the libertarian attorney Ari Shamay. (…)

Taken together, they introduce a certain sense of hipness, something strictly Tel Avivian, which separates the new right and the old one. And like their American counterparts, the use of irony and the shattering of liberal taboos are their main rhetorical tools. When Taub hosted Linur on his podcast, she opened by telling their audience she is speaking from her kitchen, “because this is where women belong,” a half-serious slight at the way so-called “woke” Israeli liberals see Linur. Taub, for his part, described how much he enjoyed the backlash to one of his tweets, which stated “You can’t solve the Palestinian problem because the Palestinians are the problem.”

But now, speaking before hundreds at the conference, Taub casts aside the irony and speaks directly: “The struggle now is not over the future of Judea and Samaria [the Israeli term for the occupied West Bank], but rather between nationalism and a global, post-national liberal elite that wants us governed by international treaties,” Taub tells the audience. “Being a conservative is being nationalist.”

In der rechten, kostenlosen, aber am meisten gelesenen Boulevard-Tageszeitung Israel Hayom wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, was die Neue Rechte so extrem nervt – die Gleichheit der Menschen und damit Minderheitenrechte:

The defenders of the court ignore this 800-pound gorilla in the room: In the name of a passionate defense of minority rights, the court has abrogated its responsibility to the will of the majority.

Das liest sich wie ein Pamphlet der AfD oder von Trump.

Das ist der Hintergrund, vor dem die ach-so-pro-israelische Szene in Deutschland und den USA beleuchtet werden muss.

Es ist mir persönlich äußerst unangenehm, Leute wie Bakshi und Taub vor gerade mal sechs Jahren in diesem Sammelband von Oz-Salzberger und Stern übersetzt und publiziert zu haben, auch wenn ich mich schon 2017 klar und scharf gegen alle Rechten in Israel, den USA und gegen Netanyahu gewandt habe.

Screenshot, https://www.jpost.com/opinion/an-army-of-nine-million-644213 (05.02.2023)

Wer sich hinter die Konservativen, Neuen Rechten, Religiösen und Rechtsextremen stellt, stellt sich gegen den Zionismus, der ein vielfältiges und demokratisches Israel meinte, von Anbeginn. Wer das nicht will, ist kein Zionist, sondern ein ethnischer Rassist und Nationalist.

Seit 1948 galt es, gleiche Rechte für alle Menschen im Staat Israel zu gewährleisten. So hatte ich auch den Duktus von Fania Oz-Salzberger und Yedidia Z. Stern interpretiert. Stern jedoch hatte während der Coronapandemie sein autoritäres Gesicht gezeigt und die Israelis dazu aufgefordert, Bürger*innen, die sich nicht an die Maßnahmen halten würden, öffentlich an den Pranger zu stellen und zu beschämen. In einem publizistischen Tobsuchtsanfall lallte Stern in der Jerusalem Post – anders kann man das nicht bezeichnen – von einer „Armee von neun Millionen, um Corona zu bekämpfen“. Ich habe das in der Times of Israel (Blogs) scharf kritisiert.

Screenshot, https://blogs.timesofisrael.com/hope-is-in-the-air-the-israeli-common-sense-model-for-corona-in-context/ (05.02.2023)

Ironischerweise kann er sich da mit Aviad Bakshi ideologisch treffen, der ja wie eingangs zitiert, auch Wege suchte, um demokratischen Protest gegen die irrationale und wissenschaftsfreie Coronapolitik von Netanyahu im Herbst 2020 zu unterbinden. Jetzt spricht sich Stern vorsichtig gegen die Justizreform aus, aber sein Wutausbruch 2020 gegen die demokratische Kritik an der Coronapolitik mag viel eher eine Nähe zu Bakshi indizieren, als ihm lieb ist. Stern ist mittlerweile Präsident des Jewish People Policy Institute, heute, am Sonntag, den 5. Februar 2023 startet das Jewish People’s Institute eine Kampagne für einen Kompriss, für Dialog und gegen einen – tatsächlich sehen sie diese Gefahr! – „Bürgerkrieg“ („The Jewish People Policy Institute (JPPI) will launch a large campaign on Sunday calling for Israel’s leaders to reach a compromise on the government’s planned judicial reform under the slogan „No to coercion and violence, yes to dialogue,“ the Jerusalem Post learned on Thursday“).

Screenshot, https://www.jpost.com/israel-news/article-730429 (05.02.2023)

Eine zionistische Politik unterstützt die evidenzbasierte Medizin, wendet sich gegen die aggressive und antidemokratische Coronapolitik der Jahre 2020 und 2021, gegen das Verkaufen der Gesundheitsdaten der ganzen geimpften Bevölkerung an Pfizer/BioNTech und gegen die geplante Zerstörung der Gewaltenteilung in Israel.

Doch die Neue Rechte hat mit dem Kohelet Policy Forum ein enorm einflussreiches Instrument, um die Politik in Israel mitzubestimmen. Finanziert von extrem rechten Amerikanern, die de facto somit dem Zionismus schaden wie wenige amerikanische Juden in den letzten Jahrzehnten.

Ben-Gvir war jahrzehntelang ein Anhänger des jüdischen Rechtsterroristen und Rassisten Meir Kahane. Ben-Gvir ist wie Smotrich oder Moaz religiös-reaktionär, homophob und aggressiv.

Screemsjpt. https://www.bbc.com/news/world-middle-east-63780509 (05.02.2023)

Ben-Gvir möchte mit Besuchen auf dem Tempelberg provozieren, egal wie absurd es ist, dass Muslime durchdrehen, wenn dort ein Nicht-Muslim betet. Religion macht Menschen sehr schnell fanatisch, nicht nur Muslime, auch wenn suicide bombing eine besonders krasse und mörderische islamistische Spezialität ist.

Smotrich hat gar kein Problem damit, als Faschist bezeichnet zu werden, da es seinen rechtsextremen Wählern egal sei, sie teilen seine Position.

Screenshot, https://www.timesofisrael.com/smotrich-my-voters-dont-care-im-a-homophobic-fascist-but-my-word-is-my-word/ (05.02.2023)

Wie Meirav Arlosoroff in Haaretz zeigt, ist ein Papier des Kohelet Forums absurd, das beweisen möchte, dass Israel eine völlige Ausnahme ist im Kreise der entwickelten kapitalistischen OECD-Länder, was die Auswahl der höchsten Richter betrifft. Doch de facto, so Arlosoroff, werden in 24 von 36 untersuchten Ländern die höchsten Richterposten sehr wohl von der Judikative selbst vorgeschlagen, auch wenn im Entscheidungsprozess in 31 von 36 Ländern die Parlamente beteiligt sind, nur in Israel nicht. Wobei man sich darüber klar sein muss, dass gerade das Involviertsein der Parlamente eine extreme Abhängigkeit der Richter*innen bedeuten kann. Wer würde ernsthaft die völlige Unabhängigkeit von Merkel und der CDU von Seiten des aktuellen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe und ehemaligen Buddies von Merkel in der CDU-Bundestagsfraktion angesichts der katastrophalen Rechtsprechung zur Coronapolitik behaupten?

Screenshot, https://www.haaretz.com/israel-news/2023-01-22/ty-article/.premium/israels-most-influential-right-wing-think-tank-puts-agenda-over-data/00000185-d8d1-d3a8-a3cf-dff15c3f0000 (05.02.2023)

Ein sehr wichtiger Aspekt ist, dass Israel keine Verfassung hat – auch wenn sie, wie angedeutet, in Deutschland („Grundgesetz“) in Zeiten der größten Verfassungskrise seit 1949 auch nicht wirklich was bedeutete. Doch in der Argumentation gegen das Kohelet Papier von Vertretern des Israel Democracy Institutes, das früher wegweisend war, bis Kohelet die rechte politische Kultur in Israel pushte und heute maßgeblich die Politik beeinflusst, wenn nicht mitentscheidet, heißt es, so Arlosoroff:

Prof. Amichai Cohen, Dr. Guy Luria and Dr. Nadiv Mordechai from the Israeli Democracy Institute devoted an entire analysis of the Kohelet Forum’s study. They ask how it is possible to conduct an international comparison of the judicial selection process, and focus only on the question of whether the public’s elected representatives do the selecting, while ignoring the contexts surrounding the comparison. Thus, for example, the fact that the absolute majority of OECD countries have a constitution and a declaration of human rights which the elected officials have almost no ability to harm.

Letztlich fordern die Publizisten Yossi Klein Halevi, Matti Friedman und Daniel Goris in einem offenen Brief die Freundinnen und Freunde Israels in der jüdischen Community in den USA auf, sich lautstark gegen die geplante Justizreform in Israel zu wenden. Sie betonen, dass sie auch weiterhin mit aller Kraft Israel gegen Verleumdungen und Hetze in Schutz nehmen werden, womit sie sicherlich unter anderem die BDS-Bewegung meinen. Doch hier und heute sind sie vor allem in großer Sorge um Israel:

Screenshot, https://www.timesofisrael.com/an-open-letter-to-israels-friends-in-north-america/ (05.02.2023)

Today, though, protecting Israel also means defending it from a political leadership that is undermining our society’s cohesion and its democratic ethos, the foundations of the Israeli success story.

Man sieht allerdings auch hier einen offenbar in Israel inflationär einsetzbaren Begriff von Krieg, dabei ist Israel ja an tatsächlichen militärischen Kriegen nicht gerade arm. Doch es ist klar, was sie meinen:

We and our families, along with many tens of thousands of other Israelis, are in the streets every week demanding the government end its war against our democratic values and institutions. We need your voice to help us preserve Israel as a state both Jewish and democratic.

Wer also Israel verteidigen will, muss die aktuelle Regierung mit aller Kraft bekämpfen. Wer schweigt, stimmt zu.

Dabei ist Israel nur ein Puzzleteil im weltweiten neu-rechten Angriff auf Vielfalt, Kapitalismuskritik, Nationalismuskritik, Antifaschismus, auf Demokratie, Feminismus, soziale Gerechtigkeit, Gesellschaftskritik allgemein, LGBTQ+ und vieles mehr. Die Mischung aus neoliberalem Hedgefonds-Kapitalismus, Biopolitik wie zu Coronazeiten und in Zukunft im digitalen Überwachungskapitalismus, Autoritarismus und die Liebe zu autokratischem Herrschen, der Kampf gegen Gewaltenteilung ist weltweit ein riesiges Problem, Israel ist dabei nicht alleine.

Wer den Zionismus und Israel liebt, kämpft gegen die Besatzung des Westjordanlandes und gegen die Rassisten in der aktuellen israelischen Regierung wie ihre Wählerschaft. Das tun die Hunderttausenden, die seit Wochen auf die Straße gehen. Viele linke Zionistinnen und Zionisten, aber auch konservative sind darunter.

Wer den Zionismus und Israel liebt, kämpft gegen Netanyahu und seine rechtsextreme Regierung, die größte Gefahr, der sich Israel von innen heraus seit 1948 gegenübersieht.

 

 

[1] Eva Illouz, „An Earthquake in the Jewish World“, Haaretz, 01. Januar 2017.

27. Januar 2023: Mit Leopard 2 Panzern Denkmäler in der Ukraine schützen, die nach Holocausttätern benannt sind

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Heute ist der 27. Januar, der Tag, an dem die Rote Armee 1945 die wenigen Überlebenden des KZ und Vernichtungslagers Auschwitz befreite. Alle Medien tun betroffen und bringen irgendwas mit Juden, KZs, Vergeben, Versöhung, Tränen und Blumen.

Doch wie wird mit deutscher Hilfe in anderen Ländern an die Shoah gedacht?

Folgende Beispiele sind Teil einer umfassenden investigativen Recherche des Journalisten Lev Golinkin, die er am 27. Januar 2021 im jüdischen Forward publizierte.

In der westukrainischen Stadt L’viv wurde 2007 ein Monument zum Gedenken an Stepan Bandera eingeweiht, dem antisemitischen Nazi-Kollaborateur und Anführer der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B). Man kann ein Bild der Einweihungszeremonie hier sehen, rechts ist ein Denkmal für Bandera in der Stadt Ivano-Frankivsk abgebildet:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

In der Stadt Zhovkva gab es 1941 auf einem Tor die Aufschrift „Heil Hitler“ und „Glory to Bandera“ (auf ukrainisch):

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Golinkin führt eine riesige Zahl von Orten auf, die eine Straße, einen Platz oder Monument haben, die nach Bandera benannt sind:

Im Oktober 2022 hat die Redaktion des Forward die Benennung einer Straße nach Stepan Bandera in den Städten Dnipro und Tatariv hinzugefügt. Es gehört also zur ukrainischen Kriegspolitik, auch heute Straßen nach Nazi-Kollaborateuren zu benennen.

Jaroslav Stetsko schrieb am 9. Juli 1941 in einem Lebenslauf:

Ich unterstütze daher die Vernichtung der Juden und die Zweckmäßigkeit, deutsche Methoden der Judenvernichtung in die Ukraine zu bringen, unter Ausschluss ihrer Assimilation und dergleichen.

[I therefore support the destruction of the Jews and the expedience of bringing German methods of exterminating Jewry to Ukraine, barring their assimilation and the like.]

Darauf weist ein wissenschaftlicher Artikel in den Harvard Ukrainian Studies im Jahr 1999 hin.

Screenshot, https://www.academia.edu/2469365/The_Organization_of_Ukrainian_Nationalists_and_Its_Attitude_toward_Germans_and_Jews?auto=download (27.01.2023)

 

Screenshot, https://www.academia.edu/2469365/The_Organization_of_Ukrainian_Nationalists_and_Its_Attitude_toward_Germans_and_Jews?auto=download

Es gibt unter anderem in den Städten Stryi und Velykyi Hlybochok in der Ukraine Statuen zu Ehren Stetskos.

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Es ist kein Zufall, dass die USA so obsessiv und fanatisch die Ukraine unterstützen, der Antikommunismus ist in den USA eine Art Staatsreligion. Hier sieht man den damaligen US-Vizepräsidenten George W. H. Bush (1924-2018) mit Jaroslav Stetsko im Jahr 1983:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Dmytro Paliiv (1896–1944), SS-Hauptsturmführer der 14. Waffen-Grenadier Division (1. SS Division Galizien). Ein Kritiker und ehemaliger Soldat der Roten Armee, der sich gegen die Benennung einer Straße nach dem SS-Mann Paliiv in Kalush unweit von Lviv aussprach, bekam 2017 Morddrohungen.

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.02.2023)

Die OUN-M, benannt nach Andryi Melnyk, feierte in einer ihrer Postillen das größte Massaker im Holocaust, den Mord an 33.000 Juden in Babi Yar am 29. und 30. September 1941 in der Nähe von Kiew. In Volya Yakubova gibt es ein Monument für Melnyk:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

Am 1. August 1941 begrüßte der Bürgermeister von L’viv den Generalgouverneur Hans Frank, einen ganz typischen deutschen Juristen aus Karlsruhe, der frühzeitig NSDAP-Mitglied wurde und 1946 für seine Verbrechen gehängt wurde. Yuri Polyanskiy lebte bis 1986 und wird bis heute in der Ukraine verehrt wie mit solchen Plaketten, unten rechts zu sehen:

Screenshot, https://forward.com/news/462916/nazi-collaborator-monuments-in-ukraine/ (27.01.2023)

 

Lev Golinkin und der jüdische Forward bringen noch Dutzende weitere Beispiele, wie heute Holocausttäter in der Ukraine gefeiert und geehrt werden.

Das ist das Land, dem Deutschland jetzt 14 Kampfpanzer Leopard 2 schenken wird.

Deutschland ist wieder im „Krieg gegen Russland“, wie es die Außenministerin diese Woche auf Englisch sagte.

Ganz offenkundig möchte Deutschland dafür sorgen, dass diese unzähligen Straßen, Monumente, Plaketten und so weiter, die nach SS-Männern, antisemitisch-ukrainischen Ideologen und Massenmördern benannt sind, geschützt werden.

Natürlich ist in Kiew die Enttäuschung groß, dass es wieder keine Atombomben aus Deutschland gibt, wie Friedrich Küppersbusch völlig zurecht moniert:

Wieder keine Atombombe für die Ukraine aus Deutschland. Der Grund: Seit fast 80 Jahren zögern und zaudern deutsche Reichskanzler.

Screenshot, https://youtu.be/nZIyHaK1HOo (27.01.2023)

Deutschland kämpft mit allen Mitteln dafür, dass die Ukraine so bleibt, wie sie ist und weiter Straßen, Denkmäler oder Plätze nach Antisemiten, Nationalisten und Holocausttätern benennen kann, wie im Herbst 2022 in Dnipro.

Das ist Deutschland am 27. Januar 2023.

 

Nachruf auf Karl Pfeifer (1928-2023)

Von Clemens Heni, Verleger, Edition Critic

 

Mit Karl Pfeifer verlieren wir einen wundervollen Menschen, Kämpfer für die Gründung des Staates Israel, pointierten Journalisten, witzigen Zeitgenossen und politisch weitsichtigen Gesellschaftskritiker. Am 6. Jänner 2023 schlief der am 22. August 1928 in Baden bei Wien geborene Karl Pfeifer friedlich ein.

Ich kannte Karl fast 25 Jahre und wir hatten viele faszinierende Treffen, vornehmlich in Berlin, aber auch unweit von Dresden und natürlich in Wien. Es war eine große Ehre, dass ich zwei Bücher von ihm in der Edition Critic publizieren durfte: die Neuauflage von „Einmal Palästina und zurück“ (2015) und „Immer wieder Ungarn“ (2016).

Karl Pfeifer konnte als Teenager im Januar 1943 aus Budapest nach Haifa fliehen. Sein 15 Jahre älterer Bruder Erwin trug einmal in Prag auf einem Kongress die Tasche des legendären rechtszionistischen Intellektuellen und Aktivisten Ze’ev Jabotinsky, der bis heute als einer der einflussreichsten Vordenker des jüdischen Staates Israel gilt.

In seinen Erinnerungen an die Kindheit schreibt Karl Pfeifer über den samstäglichen Synagogenbesuch, wo sie eine „Beth Haknesset“ wurde, ein „Haus der Begegnung“, es gab an Festtagen Süßigkeiten für die Kinder und die Erwachsenen diskutierten, es war eine fröhliche Stimmung, die ihn prägte, ohne dass sein Elternhaus sonderlich religiös gewesen wäre, wobei ihm der zionistische Säkularismus auch in späteren Jahren wichtig war. In der Schule wurde er von den katholischen Mitschülern angepöbelt.

1938, nach dem „Anschluss“, attackierten zwei Hitlerjungen den jungen Karl und sagten „Saujud, sag Heil Hitler“ und wollten ihm die Gurgel zudrücken, er sagte es nicht und eine adlige Frau schrie zum Fenster heraus, dass die Nazijungen verschwinden sollten, was sie auch taten.

In „Einmal Palästina und zurück“ schrieb Karl Pfeifer:

Ende Mai oder Anfang Juni 1938 – die Kirschen waren schon reif – stieg ich auf den Kirschbaum. Plötzlich war der Himmel von Wolken bedeckt, man konnte Donner aus der Ferne hören, ein Gewitter stand bevor und ich haderte mit Gott, ja stritt seine Existenz ab und forderte ihn heraus. ‚Wenn es Dich gibt, dann sende einen Blitz, der mich treffen soll‘. Doch es geschah nichts. Meine Mutter rief mich zum Mittagessen. Ich brüstete mich, etwas im Garten entdeckt zu haben. Mein Vater fragte mich lächelnd, was ich denn entdeckt hätte, und naiv wie ich war, antwortete ich: ‚Es gibt keinen Gott‘. Er gab mir eine schallende Ohrfeige und wieder sprachen meine Eltern unter sich ungarisch.
Ich träumte davon, zu meinem Bruder Erwin zu gelangen, der damals Hilfspolizist war. Er hatte mir zum neunten Geburtstag eine Karte mit den Worten ‚Sei immer stolz ein Jude zu sein‘ geschickt.

In Budapest schloss sich der junge Karl der linkszionistischen Gruppe Schomer Hazair an, nach seiner Rettung ins Exil in Haifa kämpfte er ab 1946 im Palmach und ab 1948 in der israelischen Armee für den neuen jüdischen Staat Israel.

Seine Erzählungen dazu sind ungeheuer abenteuerlich, politisch von enormer Bedeutung, aber Karl schaffte es immer wieder, die dramatischsten Ereignisse mit einer ironischen Note zu versehen, bei aller Ernsthaftigkeit der Situationen.

Über Umwege kam er zurück nach Österreich, Ende der 1970er Jahre wurde er mit 50+ Journalist und Redakteur des Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Dabei spielte seine Beziehung zu Ungarn eine große Rolle.

Seine Texte speziell gegen Antisemitismus sind von herausragender journalistischer Sorgfalt und Schärfe und haben viele rechte, aber auch linke oder islamistische Antisemiten zur Weißglut gebracht.

Er sagte auf Vorträgen, dass er deshalb so fit sei, weil die morgendliche Lektüre der Presse (gerade in Österreich) ihn häufig schon so aufregte, dass sein Blutdruck den Körper angeregt über den Tag begleite. In den letzten Jahren befasste sich Karl viel mit Frankreich, dem Islamismus und der Situation für die dortigen Juden.

Karl Pfeifer reiste viel und gerne, auf einer dieser Reisen lernte er seine Frau Dagmar kennen, sein „größtes Glück“, wie er immer betonte. Bei vielen Vortragsreisen war Dagmar an Karls Seite, auch beim Entstehen seiner Bücher war sie ihm eine große Unterstützung und Inspiration. Es war auch für mich eine große Freude mit den beiden Veranstaltungen zu erleben, Bücher zu planen und zu publizieren und einzukehren.

Ein Höhepunkt (jedenfalls für den Verlag Edition Critic) war die Buchvorstellung von „Immer wieder Ungarn“ im österreichischen Parlamentsgebäude im Herbst 2016.

Karl Pfeifer hat auch Preise bekommen für seine laustarke Kritik am Antisemitismus. Dabei sah er entgegen vielen Kolleginnen und Kollegen die Gefahr eben nicht nur von rechts kommend, sondern in den letzten gut 20 Jahren auch vom Islamismus und den Linken. Als ich letztes Jahr mit Karl telefonierte, erzählte er mir von ganz typischen Tendenzen in der österreichischen Szene der Holocaustforscher und Antisemitismusexperten (m/w/d), wo bekannte Personen, die er wie auch ich früher durchaus schätzten wegen ihrer Arbeit zum Beispiel gegen die FPÖ oder die Erinnerungsverweigerung bezüglich der Shoah, die in den letzten paar Jahren anfingen, mehr oder weniger offen die antisemitische BDS-Bewegung zu verharmlosen, tolerieren oder unterstützen.

Gleichzeitig wird Karls Stimme fehlen, wenn es um die Kritik an dramatischen Entwicklungen wie der aktuellen israelischen Regierungspolitik geht, die sich anschickt, die Gewaltenteilung aufzuheben und deren rechtsextreme und religiös-fanatische Kreise die Demokratie de facto abschaffen wollen.

Oft bezog Karl gerade die Position, die sein Gegenüber jetzt nicht erwartete, er war ein eigenständiger Kopf und niemals ‚Partei‘ im Sinne von ‚Partei‘, er war parteiisch, für Israel, gegen Antisemitismus, gegen Nazis und Holocaustleugnung und -verharmlosung, aber er war nie in einer Partei.

Ob wir uns im Café in Schöneberg, privat unweit von Dresden oder in einem Restaurant in Wien trafen, Karl hatte der jeweiligen kleinen Gruppe von Freundinnen und Freunden immer was zu erzählen, Anekdoten, Lustiges, immer gemischt mit seiner trocken-scharfen Analyse der Welt und des Antisemitismus.

Auf der Buchvorstellung im Nationalrat in Wien sagte der Politiker und Freund von Karl Pfeifer Karl Öllinger, dass es faszinierend sei, wie viele Jahrzehnte Karl Pfeifer widerständig und kritisch geblieben ist, nicht zuletzt angesichts der übelsten antisemitischen Attacken, die er als Kind und Jugendlicher, aber auch nach der Shoah bis in die heutige Zeit wie von ungarischen Publizisten zu ertragen hatte. Woher kam die Kraft und die Schärfe, die das Werk von Karl Pfeifer ausmachen?

Karl Pfeifer entkam knapp dem Holocaust. Er kämpfte im Krieg gegen die Araber für den Staat Israel, trug bis zu 100kg schwere Zementsäcke am Hafen von Haifa, verschenkte seine warme Jacke an einen Kumpel, der in Israel blieb, was Karl nicht wollte, da er eben nicht in die „Partei“ eintreten wollte und somit weniger Chancen hatte auf dem Arbeitsmarkt, um dann nach der Ankunft in Venedig die kalte Zugfahrt über die Alpen nach Zürich zu spüren. Er arbeitete dann in St. Moritz und anderen Stationen in (Luxus-)Hotels, kam eine Woche in Frankreich ins Gefängnis wegen illegalem Grenzübertritt, ging dann doch zurück nach Österreich und hat die Erinnerung in seinen Texten und Erzählungen bewahrt.

Karl Pfeifer war speziell für die Generation der jüngeren, pro-israelischen Antideutschen seit Ende der 1990er Jahre zu einem Vorbild geworden. Er stand dafür, wie kritischer Journalismus, scharf und doch immer wieder auch witzig, funktionieren kann.

Es ist ein großes Glück, Karl Pfeifer erlebt zu haben.

Wer Israel liebt, bekämpft die aktuelle Regierung mit allen Mitteln!!!

14. Januar 2023, von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Israel steht auf gegen die rechtsextreme und religiös fanatische aktuelle Regierung unter Benjamin Netanyahu. Heute Abend findet eine riesige Kundgebung auf dem Habima Square gegen die geplante Justizreform und die Regierung statt. Laut Times of Israel nehmen daran aktuell 80.000 Menschen teil.

Sehr viele Israelfahnen sind zu sehen – die Aktivist*innen kämpfen für Israel und gegen die unerträgliche, turbo aggressive, reaktionäre, patriarchale und rechtsextreme Regierung unter – wieder einmal – Benjamin Netanyahu. Diesmal könnte es sein letztes Spiel sein, denn die USA werden diesen Wahnwitz vermutlich nicht unkommentiert lassen. Und auf die Unterstützung Amerikas ist Israel im Kampf gegen den Iran angewiesen.

Diese „Justizreform“ wird nicht als Reform, sondern als Ende der Demokratie betrachtet. Geplant ist vom Justizminister Levin, der an dieser Regelung seit 20 Jahren arbeitete, dass Urteile des Obersten Gerichtshofs von der Knesset überstimmt werden können – und das mit einfacher Mehrheit von 61 Stimmen der 120 Sitze. Neue Richter*innen sollen von der Knesset aus politischen und nicht professionellen Gründen ernannt werden, was uns allerdings an die USA oder an Karlsruhe erinnert…

Dazu kommen eine Vielzahl von anderen Vorhaben, die den Religiösen noch mehr Privilegien zuspräche und den zionistischen Charakter des Landes in Frage stellt. Zionismus heißt gleiche Rechte für alle in einem demokratischen und jüdischen Staat. Und das will Netanyahu beenden.

Der Journalist Yossi Klein Halevi ist in tiefer Sorge um sein Land, in das er vor 40 Jahren einwanderte. Dabei muss man die rechtsextreme Tendenz in Israel als weltweiten Backlash sehen, die Frauen- und LGBTQ+-Rechte werden auch in den USA in Frage gestellt, Stichwort Abtreibung oder Agitation gegen Transmenschen, ich habe berichtet, dass auch in der internationalen Szene der Antisemitismusforscher (m/w/d), worunter auch deutsche und österreichische Vertreter*innen fallen, auf einer Konferenz in London im September 2022 transphobe Ideologie Thema eines Vortrags war. Die Referentin hat zudem in Journalen publiziert, die das Blockieren der American Nazi Party auf Twitter als schlimm betrachtet.

Wer sich als Freund Israels sieht, hat jetzt die Pflicht, sich gegen die aktuelle Regierung zu positionieren. Wer schweigt, stimmt zu und lässt Netanyahu den Zionismus zerstören und gefährdet die Existenz des Staates Israel, oder genauer gesagt: die Demokratie Israel. Sollte u.a. diese Justizzerstörungs-Reform durchgehen, dann wäre Israel keine Demokratie mehr. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Unabhängigkeit von Bundesrichtern auch in Deutschland wie in der Corona-Krise nicht erkennbar war.

Yossi Klein Halevi, den ich persönlich kenne, da er seinerzeit an unserem Institut in YALE sprach (Yale Initiative for the Interdisciplinary Study of Antisemitism), ist einer der eloquentesten und schärfsten Essayisten Israels. Er vergleicht die antisemitische Attacke auf Israel und die Juden in Entebbe 1976 – wo linke deutsche Terroristen der Revolutionären Zellen beteiligt waren und bei der heroischen Rettungsaktion der Bruder von Benjamin Netanyahu, Yonathan Netanyahu getötet wurde – mit Bibis Angriff auf Israel:

Those who love Israel, who know a third destruction of Jewish sovereignty would be a decisive blow from which we as a people may not recover, are unconditionally committed to playing out this story. In honor and dishonor, whether Israel makes us proud or ashamed. When heroic commandos rescue hostages at Entebbe, and when a cowardly prime minister holds the state hostage to his own needs and ambitions.

Der Elefant im Konferenzzimmer: Die Früchte der Lockdown-Politik: massive Übersterblichkeit im Jahr 2022

Von Dr. phil. Clemens Heni, 29. November 2022

 

Der englische Mediziner und Sozialwissenschaftler Dr. John Campbell beschäftigt sich faktenbasiert mit der Corona-Pandemie. Er schaut sich häufig die offiziellen Zahlen der Infizierten, Hospitalisierten und Toten an und hat lange Zeit vor den Folgen der Lockdownpolitik gewarnt. Dabei hatten England und das Vereinigte Königreich im Juli 2021 ihren Freiheitstag, an dem fast alle Maßnahmen, namentlich die Maskenpflicht auch in Zügen und Bussen endete. Doch 2020 hatte England genauso brutale Lockdownmaßnahmen wie Deutschland, Frankreich, Israel oder die USA. Im Herbst 2022 tritt nun ganz exakt das ein, was die Kritiker*innen seit März 2020 befürchteten: die Zahl der Toten, die nicht wegen einem für doch fast alle relativ harmlosen Virus sterben wird durch die Zahl der Toten übertroffen, die aufgrund der Maßnahmen starben. Sie starben, weil Zehntausende Operationen, Vorsorgeuntersuchungen oder normale Besuche beim Arzt ausfielen. Sie fielen aus, weil die Krankenhäuser ohne jede Not präventiv Operationen absagten, weil sie in einer nie dagewesenen zynischen Art und Weise sagten, dass lieber einige Betten frei bleiben und deshalb Menschen früher sterben, weil ihr Leiden nicht frühzeitig behandelt wurde, als dass womöglich wegen einer Infektionswelle die Betten knapp werden könnten. Besser jemand stirbt an einem Herzinfarkt, da die Herzbehandlung monatelang ausfiel, als an Corona.

So zynisch und menschenfeindlich dachten nahezu alle Ärztinnen und Ärzte, die Politik, die Medien. Kritiker*innen, vorneweg seit Oktober 2020 die Zehntausenden Fachwissenschaftler*innen im Bereich Epidemiologie, Infektionskunde, Virologie, Medizin und Hunderttausende weitere Unterstützer*innen der Great Barrington Erklärung um die Spitzenforscher*innen Martin Kulldorff aus Harvard, Jay Bhattacharya aus Stanford und Sunetra Gupta aus Oxford, wurde beschimpft und diffamiert. Auch der amerikanisch-jüdische Chemienobelpreisträger Michael Levitt war mit dabei, doch als antisemitisch wurden nicht die Lockdownfanatiker und Diffamierer der Great Barrington Erklärung bezeichnet, sondern gerade die Kritiker*innen der Lockdownpolitik.

Doch auf diese frühen Warner, die die noch frühere Warnung, ob wir nicht durch unsere Reaktion auf das Virus ein „Fiasko“ planen, von Prof. John Ioannidis, ebenfalls aus Stanford, ergänzten, wurde also nicht nur nicht gehört, sie wurden diffamiert, wie selten herausragende Forscher*innen denunziert und diffamiert wurden. Hätte man auf sie gehört, hätten Zehntausende, Hunderttausende, ja wenn wir die Hungertoten im Globalen Süden betrachten: Millionen Menschenleben gerettet werden können.

Am 23. März 2020 gab es in England und dem UK wie in Deutschland den medizinisch nicht evidenzbasierten Lockdown. Die Reproduktionszahl, der „R-Wert“ war in Deutschland schon Tage zuvor unter eins gefallen. Was Campbell nun so stutzig macht ist das Schweigen der Medien zu der großen Zahl von Toten in England, die nicht „mit“ oder „an“ Covid-19 starben, sondern aus anderen Gründen. Herzerkrankungen oder Todesfälle von an sich völlig gesunden Menschen, die plötzlich im Alter von 49, 57 oder 35 an einem Herzinfarkt sterben, nahmen in England im Jahr 2022 enorm zu.

So gab es von Januar bis Oktober in England und Wales 18.394 Tote an oder doch nur mit Covid-19 – aber allein vom Mai bis Oktober 2022 23.195 mehr Tote mit anderen Todesursachen, was eine enorme Übersterblichkeit darstellt. In Deutschland gab es im Oktober 2022 19 Prozent Übersterblichkeit über dem Mittelwert der vier Jahre zuvor, das sind über 14.000 Tote.[1] Das Statistische Bundesamt hat dafür noch keine Erklärung, nur ein kleinerer Teil entfällt davon auf Tote an oder mit Covid-19.

In der Kalenderwoche 19 vom 09.–15. Mai 2022 betrug die Übersterblichkeit in Deutschland 1774 Tote, wovon aber nur 605 „an“ oder „mit“ Covid-19 gestorben waren. Der große Rest der Übersterblichkeit starb aus anderen Gründen und das setzte sich das ganze Jahr über fort. In der KW 36 vom 05.-11.09.2022 betrug die Übersterblichkeit 2042, wovon nur 328 „an“ oder doch nur „mit“ Covid-29 starben. Eine Vermutung ist, dass in England, Wales und dem UK viel weniger Menschen die 2020 geplanten Operationen oder andere Behandlungen in Anspruch nehmen konnten, weil sie vom panischen Gesundheitssystem abgesagt wurden – präventiv, falls viele Covid-Patient*innen kommen sollten, was nicht passierte, weder dort noch hier. Der Telegraph schreibt:

„Amitava Banerjee, the professor of clinical data science and honorary consultant cardiologist at the Institute of Health Informatics, University College London, recently completed work showing how admissions for heart problems declined steeply during the pandemic.

In 2020, there were 31,064 fewer hospital admissions for heart patients, 14,506 fewer emergency admissions and 16,560 fewer elective procedures compared to 2016-2019 in England, Scotland and Wales.

Elective admissions were still down in 2021, with 10,996 fewer operations but, alarmingly, emergency admissions for heart problems had increased by 25,878.”

Professor Banerjee befürchtet, dass diese Zehntausenden Toten die Kollateralschäden der Coronapolitik sind. Er hält es für eine katastrophale Politik, dass nicht auf die mittel- und langfristigen Schäden einer solchen Nicht-Behandlung von Patient*innen – weil es ‚wertvollere‘ Patient*innen gebe, Covid-Pats. – geachtet wurde:

„We should never ever have had a pandemic preparedness team that did not consider the indirect and long-term effects. Traditionally, it has been virologists and infection specialists, but with a pandemic of this scale across so many countries, that is not fit.”

Banerjee sieht keinerlei Erkenntnis bei dem nationalen Gesundheitssystem NHS (National Health Service), sie würden das massive Problem der Nicht-Covid-Übersterblichkeit einfach verschweigen oder herunterspielen. Exakt das gleiche passiert ja in Deutschland.  Es gab in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt in der KW 41 vom 10. bis  16. Oktober 2022  eine Übersterblichkeit von 3921 Toten, wovon 2932 nichts mit Covid zu tun haben und der Rest ja auch  häufig nur „mit“ Covid-19 starb und nicht  „an“, was ohne Obduktion und qualifizierte Analyse der Totenscheine nicht bekannt werden wird. Was die Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe betrifft, muss man sich Folgendes vor Augen führen. Über 84 Prozent der Weltbevölkerung ist gegen Masern geimpft.[2]

Seit  1968 gab es nur 6445 offizielle Berichte von Nebenwirkungen der Masernimpfung. Diese Zahlen hält die Weltgesundheitsorganisation WHO vor.[3]

Bei den Covid-19-Impfstoffen, die es erst seit Ende 2020 gibt, sind bereits jetzt vier Millionen siebenhundertdreiundvierzigtausend und einhundertsiebenundachtzig offiziell gemeldete Nebenwirkungen registriert (4.743.187). Dabei sind nur 68 Prozent der Weltbevölkerung gegen Covid-19 geimpft, also deutlich weniger als gegen Masern. Die katastrophalen Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe sind schlicht unermesslich. Bei einem richtigen und wirksamen Impfstoff wie gegen Masern gab es in über 54 Jahren knapp 6500 Nebenwirkungen weltweit und bei den Covid-19-Impfstoffen über 4,7 Millionen.

Und das ist nur die eine Hälfte der Gesundheitskatastrophe in der wir stecken. Die andere Hälfte sind die noch größeren Schäden durch die Coronapolitik insgesamt, also die nicht behandelten Herzprobleme, die nicht behandelte Fettsucht, der zu spät erkannte Krebs und ganz vorne mit dabei die verinnerlichte Panik bei Hunderten Millionen Menschen weltweit, die das Immunsystem extrem schwächten, die permanente Angst vor einem Virus, das doch nur für einen sehr kleinen Teil der Gesellschaft überhaupt gefährlich werden kann. Ein Großteil der Nebenwirkungen der Corona-Impfung tritt bei Frauen im besten Alter zwischen 18 und 64 Jahren auf.

Es sind gerade Menschen in einem Alter, in dem überhaupt keine große Gefahr von SARS-Cov-2 besteht, die sich haben in die Impfung drängen lassen oder selbst ernsthaft glaubten, dass die Impfung was Gutes sei. Genau in dieser  Altersgruppe der 18- bis 64-jährigen treten mit riesigem Abstand die meisten dieser Nebenwirkungen auf.  Ob die Kochbuch-YouTuberin  Julie Powell an den Nebenwirkungen ihrer Booster-Impfung starb, ist nicht bekannt, die Medien fantasieren lieber wie der Spiegel, dass  sie womöglich an den Folgen einer Covid-19 Erkrankung starb. Dabei war sie zweimal geimpft und einmal geboostert, was sie offenbar auf den sozialen Medien postete, wo sie auch ihrer Abscheu vor Nicht-Geimpften feien Lauf ließ.

Im Juli 2022 berichtete sie von lauter roten Punkten auf ihrem Arm, was keine bekannte Nebenwirkung einer Covid-Erkrankung ist.[4] Der Spiegel berichtet, Powell habe im September 2022 von einer Covid-Erkrankung auf Twitter berichtet,[5] was der Spiegel nicht schreibt ist, dass sie am 24.12.2021 ihren ersten Booster bekam, was sie auch auf Twitter bekannt gab. Herzinfarkt ist absolut kein typischer Todesgrund für eine Atemwegserkrankung wie Covid-19 für eine nicht vorerkrankte 49-jährige Frau. Eine israelische Studie konnte zeigen, dass zum Beispiel Myokarditis so gut wie gar nicht als Problem einer Covid-19 Erkrankung bei Nicht-Geimpften auftaucht.[6]

Die Geschichte von Julie Powell ist schwer nachvollziehbar. In jedem Fall war sie dreimal gegen Covid-19 geimpft. Entweder sie starb trotzdem an Corona, was zeigt, wie sinnlos die Impfung für eine 49-jährige Person ist, oder sie starb wegen der Impfung, was die Impfung noch dramatisch gefährlicher macht. Doch John Campbell, der das Beispiel von Julie Powell aufgreift, weist völlig richtigerweise darauf hin, dass es doch bemerkenswert ist, wie hoch die Zahlen der Übersterblichkeit in England sind und das insbesondere bei Erkrankungen des Herzens. Das ist ein Indiz, kein Beweis. Aber warum schweigt der Mainstream über diese Übersterblichkeit, die in England sogar – ganz anders als in Deutschland – mit Daten unterfüttert ist, man kann dort sehen, was der Todesgrund war und dass alle Altersgruppen betroffen sind?[7]

Im Gegensatz zum britischen Telegraph oder den Videos von John Campbell wirft die Tagesschau im November 2022 noch nicht einmal die Frage auf, ob die massive Übersterblichkeit in 2022, wie im Oktober, gerade mit den mittelfristigen Folgen der Lockdownpolitik oder den Folgen der Impfung zu tun haben könnte.[8]

Es ist geradezu ein Tanz um den Elefanten, der mitten im Konferenzzimmer steht, aber die Tagesschau sieht ihn nicht, was ja nicht wirklich verwundert.

Der Telegraph sieht den Elefanten und der heißt Lockdown- und Coronapolitik, Kollateralschäden, die Expert*innen von Anfang an, seit März 2020 befürchteten. Die Daten aus England sind zudem um Welten besser als die aus Deutschland, dort kann man sehen, welche todesursächlichen Krankheiten eine Übersterblichkeit bewirken in 2022 oder in 2021. Und das sind nicht primär die Grippe, sondern vor allem Herzerkrankungen, die bekanntlich auch mit der Impfung zusammenhängen können, vor allem aber mit zu spät behandelten Krankheitszuständen. Die Menschen wurden doch 2020 und 2021 geradezu dazu aufgefordert, nicht ins Krankenhaus oder zur Vorsorge zu gehen. Es ging nur um Covid und dieser irrationale Wahn rächt sich jetzt.

Zudem ist der Vergleichsmaßstab viel besser, da in England bzw. UK die fünf Jahre vor der Pandemie, also 2015 bis 2019 als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, die deutschen Zahlen nehmen als Vergleichsmaßstab für 2022 die Jahre 2018 bis 2021, was nicht überzeugt, weil da ja bereits die Pandemie-Übersterblichkeitszahlen inkludiert sind. Und fast nur auf Atemwegserkrankungen und die Grippe abzuheben, wie es die von der Tagesschau und ihrem „Faktenfinder“ ausgewählten Experten tun, wird eben durch die sehr genaue Darstellung der Todesursachen aus England widerlegt, wenn wir davon ausgehen, dass die Todesursachen in Deutschland nicht gänzlich von denen von der Insel abweichen. Lediglich als bloße Spekulation wird von der Tagesschau die Möglichkeit der Folgen der als „stressige Pandemie-Zeit“ verniedlichend bezeichneten totalitären Coronapolitik angeführt. Dass die Impfung ein Teil des Problems sein könnte, wird nahezu ausgeschlossen. Auch das ist grotesk, wenn man sich die zitierten über 4,7 Millionen offiziell gemeldeten Nebenwirkungen der Covid-19 Impfstoffe seit Dezember 2020 vergegenwärtigt. Aber an der Evidenz war die deutsche Coronapolitik und Coronaberichterstattung zu keinem Zeitpunkt interessiert.

 

[1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/11/PD22_480_126.html?nn
=209016.

[2] https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/-/masern-todesfaelle/276632.

[3] https://www.vigiaccess.org/.

[4] https://thecovidblog.com/2022/11/04/julie-powell-49-year-old-new-york-food-writer-calls-the-non-vaccinated-lunatics-and-assholes-dies-10-months-after-mrna-booster-shot/. Das scheint mir ein konservatives Blog zu sein, das nicht immer nachvollziehbar argumentiert, z.B. keinen Unterschied der Kritik an der Gentherapie (so die Firma Bayer) oder einer Masernimpfung macht und von pro-vaxxern daherredet. Ob die dortigen Screenshots von Julie Powells Twitter Account stimmen, konnte ich nicht verifizieren, sehe aber keinen Anhaltspunkt, dass sie Fake sein sollten.

[5] https://www.spiegel.de/panorama/leute/julie-powell-us-foodbloggerin-im-alter-von-49-jahren-gestorben-a-94466e01-036e-48a6-b275-f066e954fea5. „Powell starb laut den Berichten an den Folgen eines Herzinfarkts. Im September hatte sie auf Twitter von Nachwirkungen einer Covid-19-Erkrankung berichtet. Sie beklagte unter anderem Kopfschmerzen, Fieber und Müdigkeit. Ein Zusammenhang mit ihrem Tod ist allerdings nicht bekannt.“ Dass sie dreimal geimpft war gegen Covid-19, das steht hier absichtlich nicht.

[6] Ortal Tuvali/Sagi Tshori/Estela Derazne (2022): The Incidence of Myocarditis and Pericarditis in Post COVID-19 Unvaccinated Patients—A Large Population-Based Study, Journal of Clinical Medicine 11, no. 8: 2219. https://doi.org/10.3390/jcm11082219.

[7] https://app.powerbi.com/view?r=eyJrIjoiYmUwNmFhMjYtNGZhYS00NDk2LWFlMTAtOTg0OGNhNmFiNGM0IiwidCI6ImVlNGUxNDk5LTRhMzUtNGIyZS1hZDQ3LTVmM2NmOWRlODY2NiIsImMiOjh9.

[8] Pascal Siggelkow/Alexander Steininger (2022):  Warum ist die Übersterblichkeit so hoch? 2022 sind im Verhältnis zu den Vorjahren bisher ungewöhnlich viele Menschen gestorben. Besonders der Oktober war ein Ausreißer. Allein durch Corona lässt sich das laut Experten nicht erklären, 28. November 2022, https://www.tagesschau.de/faktenfinder/uebersterblichkeit-deutschland-101.html.

Universitäten sind gegen jede Form von Diskriminierung! Daher Impf-Apartheid an der TU Graz

Von Dr. phil. Clemens Heni (Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, 2006), 02. November 2022

 

Es ist sehr wichtig und aktuell, neben der kapitalistischen Zurichtung, dem ungehinderten Florieren von postkolonialem oder muslimischem, linkem sowie deutsch-nationalem und sonstigem Antisemitismus, patriarchale Strukturen gerade in der Wissenschaft aufzubrechen, da bis heute weit weniger Frauen Professuren haben als Männer. 1999 gab es weniger als 10 Prozent Professorinnen, bis 2021 hat sich der Anteil auf 27 Prozent erhöht. Das ist immer noch sehr wenig. Dabei sind Frauen nicht klüger als Männer, sie können genauso irrational, antidemokratisch und dem ZeroCovid-Wahn frönend sein wie Männer und alle anderen Geschlechter.

Gleichwohl werden völlig zu Recht an vielen Universitäten Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt, wobei ohnehin klar ist, dass dies nicht das einzige Kriterium ist, Beziehungen und eine dem woken Mainstream passende politische Einstellung sind ebenso entscheidend. Bewerben Sie sich mal als Politikwissenschaftler auf eine Professur in Osteuropa-Studien, wenn bekannt ist, dass Sie gegen nach Holocausttätern und Antisemiten in der Ukraine benannte Straßen, Plätze oder Fußballstadien sind, ja sich sogar gegen die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine und für eine diplomatische Lösung des Krieges Russlands gegen die Ukraine aussprechen. Aber es kommt noch viel offenkundiger, es geht jetzt um eine Form der institutioneller Ausgrenzung mit allerbestem Gewissen in Österreich oder Deutschland:

Nehmen wir einen medizinisch ungebildeten, typisch ‚unpolitischen‘, angepassten, kleinbürgerlichen Familienvater und kürzlich promovierten Nachwuchswissenschaftler in Architektur. Er bewirbt sich auf die gleiche Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter (m/w/d) wie eine medizinisch informierte, dem verarmten Landadel entstammende, demokratisch gebildete, kinderfreie, selbst denkende, nicht apportierende und ebenfalls mit „summa cum laude“ promovierte Frau, die Nachwuchswissenschaftlerin in Architektur ist. Es mangelt massiv an Frauen im Bereich Architektur. Die Technische Universität Graz hat wie viele Universitäten folgende Regelung:[1]

„Erhöhung des Frauenanteils

Die Technische Universität Graz strebt eine Erhöhung des Frauenanteiles, insbesondere in Leitungsfunktionen und beim wissenschaftlichen Personal an und lädt deshalb qualifizierte Frauen ausdrücklich zur Bewerbung ein. Im Falle von Unterrepräsentation werden Frauen bei gleicher Qualifikation vorrangig aufgenommen.“

Hört sich toll an. Sicher werden die FPÖ oder die AfD und Orbán-Anhänger*innen jetzt losbrüllen, das sei „Gender-Wahnsinn“, Männerrechtler werden zum kollektiven Komasaufen oder einem Seminar und einer Lesung mit dem Männerforscher Jordan B. Peterson einladen, um den Schock und die Diskriminierung zu verarbeiten, so wie ‚echte Männer‘ so etwas verarbeiten. Sicher, die Beherrschung der englischen Sprache, neben der deutschen, und das in „Wort und Schrift“ kommt als „allgemeine Voraussetzung“, wenn man an der TU Graz arbeiten möchte, noch hinzu. Die TU Graz ist insgesamt fortschrittlich und gegen Diskriminierung:

„Die Technische Universität Graz bemüht sich aktiv um Vielfalt und Chancengleichheit. Bei der Personalauswahl dürfen Personen aufgrund des Geschlechts, der ethischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung nicht benachteiligt werden (Antidiskriminierung).
Menschen mit Behinderung und entsprechender Qualifikation werden ausdrücklich zur Bewerbung eingeladen.“

Das mit der „ethischen“ Zugehörigkeit ist sicher ein Freud’scher Vertipper, da die TU Graz gerade nicht ethisch ist – es sollte hier zudem „ethnisch“ heißen. Wie ganz Österreich (oder Deutschland) ist also die TU Graz auf der Höhe der Zeit. Weder das „Geschlecht“, die „ethnische Zugehörigkeit“, „Weltanschauung“, „Religion“ oder „sexuelle Orientierung“ dürfen ein Grund sein, diskriminiert zu werden. Behinderte werden bei gleicher Qualifikation „ausdrücklich zur Bewerbung eingeladen“.

Nehmen wir an, der frisch promovierte Architekturforscher ist paradoxerweise sowohl ein Anhänger von Brutalismus als auch Rekonstruktionsarchitektur (Altstadt Frankfurt am Main, Humboldtforum Berlin etc.), die junge promovierte Architekturforscherin eher vom Bauhaus fasziniert und eine ausgesprochene Kritikerin der Rekonstruktionsarchitektur. Fachlich, was die Architekturgeschichte, das Zeichnen, Entwerfen und Planen betrifft, sind beide gleichermaßen herausragend qualifiziert.

Nun ist also unsere junge, weltoffene, kinderfreie Architekturforscherin umfassender gebildet als ihr eher herkömmlich fachidiotischer Kollege, der außer seiner Karriere, einem festen Job, einem kleinen Haus, einem feschen Auto mit toller Stereoanlage, Treffen mit seinen „Kumpels“, einer Frau mit zwei bis vier Kindern (in dieser Reihenfolge) kein weiteres Ziel im Leben hat. Wer also wird den Job bekommen? Die Antwort ist ganz klar: der junge Mann. Warum?  Wegen den Kindern? Oder dem Brutalismus? Hat die TU Graz nicht extra auf ihrer Homepage geschrieben:

„Die Technische Universität Graz strebt eine Erhöhung des Frauenanteiles, insbesondere in Leitungsfunktionen und beim wissenschaftlichen Personal an und lädt deshalb qualifizierte Frauen ausdrücklich zur Bewerbung ein. Im Falle von Unterrepräsentation werden Frauen bei gleicher Qualifikation vorrangig aufgenommen“?

Aktuell gibt es nur vier Professorinnen an der Fakultät für Architektur der TU Graz, aber 11 männliche Kollegen.[2] Frauen sind dort also unterrepräsentiert. Und eine Post-Doc-Stelle könnte den Weg weisen für eine spätere Professur. Doch unsere junge, gebildete , kritische und selbst denkende promovierte Architekturforscherin hat keinerlei Chance. Warum? Das liegt am pandemic turn und den völlig neuen Bedingungen, um an der TU Graz angestellt zu werden:

„COVID-19 Impfung

Als Universität ist uns der Schutz der Gesundheit unserer Studierenden und Mitarbeitenden sehr wichtig. Aus diesem Grund wird Bewerberinnen und Bewerbern mit Nachweis einer vollständigen COVID-19 Schutzimpfung bei gleicher fachlicher Eignung der Vorzug gegeben.“

Das glauben Sie nicht, dass das da steht, oder? Es ist unglaublich. Es ist ein Screenshot der Seite der TU Graz vom 2. November 2022.

An der TU Graz herrscht bei Neueinstellungen die Impf-Apartheid.  Ob dieser skandalöse und die Menschenwürde beschädigende Vorgang ein Einzelfall ist? Gibt es solche Regelungen auch an anderen Universitäten oder sonstigen Einrichtungen jenseits des medizinischen Bereichs, wo in Deutschland immer noch die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt?  Die TU Graz katapultiert sich Jahrzehnte zurück, am Beispiel bei der Diskriminierung von Aidskranken wurde erreicht, dass schon die Frage nach einer HIV-Infektion illegal ist:

„Grundsätzlich gilt: Bei Bewerbungsgesprächen und Einstellungsuntersuchungen muss der Bewerber den Arbeitgeber nicht über seine HIV-Infektion informieren. Der Arbeitgeber darf auch nicht danach fragen. Stellt er die Frage trotzdem, darf der Arbeitnehmer sogar lügen.“[3]

Auch in Florida ist es jeglichem Geschäft unter Strafe untersagt, den Impfstatus abzufragen.[4]

Ob das Präsidium, Direktorium, die Dekanate und Personalabteilungen, die Professorinnen (w/m/d), Lehrbeauftragten und alle anderen Beschäftigten an der TU Graz ihre eigene Heuchelei gar nicht merken? Wie kann eine Universität, die sich angeblich gegen alle möglichen Diskriminierungen wendet, eine so skandalöse Meta-Diskriminierung einführen, die Impf-Apartheid, die ja alle anderen Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder „Weltanschauung“ toppt? Die Impf-Apartheit an der TU Graz muss gekippt werden, wie überall. Jetzt sind Jurist*innen gefragt und ein öffentlicher Aufschrei, der den Fanatiker*innen in Graz klar macht, dass man Menschen nicht nach Impfstatus selektiert, da man Menschen überhaupt nicht selektiert.

Die  ‚Impfungen‘ gegen SARS-CoV-2 sind eine „Gentherapie“, so der Nachfolger von Nazi-IG-Farben, die Firma Bayer, auf dem World Health Summit am 24. Oktober 2021 in Berlin. Die Impfungen bringen keine sterile Immunität. Jeder Geimpfte kann exakt so lange und intensiv ansteckend sein wie ein nicht Geimpfter. All diese Erkenntnisse der Forschung haben die Irrationalisten und Antidemokraten (m/w/d) in Graz nicht mitbekommen. Und selbst wenn es eine richtige Impfung wäre mit steriler Immunität – und die klinische Immunität bei den Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 zeigt sich daran, dass sie schwere Verläufe und den Tod gerade nicht immer verhindern, fast alle Toten sind gar mehrfach geimpft –, wäre es eine Impf-Apartheid, ein biopolitischer Angriff nicht gekannten Ausmaßes. Dass manche Behinderte gar nicht geimpft werden können, wird als mögliche Ausnahme noch nicht mal erwähnt, auch wenn das die totalitäre Impf-Apartheid an der TU Graz nur kosmetisch schönfärben würde.

Knapp drei Jahre nach Beginn der Pandemie möchten jetzt also führende Institutionen die irrationale Coronapolitik verstetigen, ja institutionalisieren. Allein in Deutschland sind über 10 Millionen Menschen nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft, aus welchen Gründen immer. Ein nicht gerade kleiner Teil davon ist akademisch ausgebildet, da insbesondere die Coronapolitik-Protestbewegung eine mittelständische Bewegung ist, auch viel Ärztinnen und Ärzte sowie geistes- und sozialwissenschaftlich ausgebildete Wissenschaftler*innen sind dort aktiv. All die hätten keinerlei Chance, sich an der TU Graz bewerben. Das betrifft mich auch selbst, immerhin war ich vor dem pandemic turn selbst an der Fakultät für Architektur und Landschaft der Universität Hannover als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt.

Wir leben im pandemic turn, der alle anderen ‚turns‘ läppisch aussehen lässt, den linguistic turn, den cultural turn, den spatial turn und Dutzende weitere Modeerscheinungen und ‚turns‘ in der akademischen Welt. Über 50 Jahre nach 1968 und dem Aufbruch zu einer demokratischeren Universität, mit weniger  Nazis und weniger autoritären Charakteren, ist die Situation heute dramatischer als zuvor. Heute wird man wie an der TU Graz als selbst denkender und nicht gegen eine Krankheit, die für Menschen unter 70 Jahren so ungefährlich ist, wie der Weg zur Arbeit, wie die Weltgesundheitsorganisation epidemiologisch herausgearbeitet hat, ausgeschlossen und kriegt keinen Job. Diese Anmaßung von epidemiologischen und demokratischen Analphabeten (w/m/d) ist beispiellos für die Zeit seit 1945. Vermutlich ist allein der Anblick von Menschen, die eine solche Impf-Apartheid ausgeheckt, diskutiert  und beschlossen haben, für Menschen unter 70 Jahren weit lebensgefährlicher als das Virus SARS-CoV-2.

 

 

[1] https://www.tugraz.at/tu-graz/karriere/ausgeschriebene-jobs/ausgeschriebene-wissenschaftliche-stellen-ausser-professuren.

[2] https://www.tugraz.at/fakultaeten/architektur/fakultaet/personen/professorinnen (Stand 02. November 2022).

[3] https://www.aidshilfe.de/arbeitsrecht#tab-4.

[4] https://www.flgov.com/wp-content/uploads/2021/04/EO-21-81.pdf.

„Homosexuelle sind abweichend“ – wie ähnlich sind sich die Ukraine und Russland in LGBTQ+-Fragen?

Von Dr. phil. Clemens Heni, 17. Oktober 2022

Wer hat Folgendes wohl gesagt?

‘LGBT people are deviant,’ he said on 19 June. ‘I sympathise with them, but I am against propaganda’.

Und von wem stammt folgender Gesetzesvorschlag von Oktober 2022?

In July, a group of deputies (…) submitted (…) a bill to introduce a complete ban on information that promotes non-traditional relations and rejects family values. The bill would amend the Law on Mass Media. The proposal also would deny film licenses for any cinematography that contain propaganda of the denial of family values and non-traditional sexual relations.

Nun, beide homophoben, transphoben und traditionell familienzentrierten hetzerischen Äußerungen stammen von post-sowjetischen Staaten. Das erste Zitat ist von Oleksiy Arestovych, einem der bekanntesten und einflussreichsten offiziellen Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyi.

Das zweite Zitat ist von der russischen Nachrichtenagentur TASS, die ein Gesetz vorstellt, das noch dieses Jahr in der Duma in Moskau verabschiedet werden soll und jedwede politische, publizistische oder künstlerische etc. Äußerung, die sich gegen traditionelle Familienwerte, wie die spießige Klein- mit einem, oder die Großfamilie mit sieben Kindern wendet, oder die sich für nicht-heterosexuelle, also nicht traditionelle Beziehungsformen ausspricht, unter Strafe stellt. Wer für ein kinderfreies Leben wirbt, das uns Typen wie Selenskyi oder Putin erspart hätte, kommt in den Knast!

Als Verleger kann ich nur meine Solidarität mit allen Verlagen in Russland und der Ukraine zum Ausdruck bringen, die sich gegen die konventionellen Beziehungsmuster aussprechen und eine Vielfalt leben, die es in Demokratien schon gibt, aber auch dort sind sie bedroht, wenn wir nach Italien schauen, wo eine rechtsextreme Regierungschefin neben einem Parlamentspräsidenten, der ein Fan des Faschisten Mussolini ist, Teil der aktuellen politischen Klasse und Elite in Italien sind. In Ungarn sieht es ähnlich aus, aber auch bei den evangelikalen Wählern von Donald Trump und seinem Gefolge, der AfD und den nicht-rationalen, rechten Teilen der Coronapolitik kritischen Szene.

Auch Filme sollen jetzt in Russland zensiert werden, wenn sie homosexuelle oder gegen traditionelle Familienwerte gerichtete Szenen haben, auch die Literatur betrifft das. Oh weh, Thomas Mann, Dostojewski oder Oskar Wilde.

Die Seite Queer kontextualisiert die dramatische Situation:

Ein Sprecher des Menschenrechtsrates beim russischen Präsidenten betonte, das Gesetz würde nicht in die Redefreiheit eingreifen. „Lasst sie in der Nacht Sex haben“, das sei schon lange erlaubt. Man müsse sich aber wehren „gegen Ideologie, eine Waffe“. Der Oligarch Konstantin Malofejew, der als Finanzier von anti-queeren Bewegungen in Europa gilt, sagte in der Debatte: „Sodomie ist der Kern amerikanischen Einflusses“. Von der „Sünde Sodoms“ sprach auch ein Vertreter der wissenschaftlichen Akademie Tschetscheniens.

Der Chefredakteur der Zeitung „MK“ meinte, LGBT seien „klug und schlau“, man müsse den „LGBT-Zerstörern der Moral“ große Schranken setzen. Die vorliegenden Entwürfe, wie oben skizziert, gingen manchen nicht weit genug, so wurde etwa in der Debatte ein Verbot des Begriffes LGBT gefordert.

Was heißt das? Der äußerst autoritäre, illiberale Ton und das Handeln in Russland werden immer heftiger. Restriktionen sollen in Gesetz gegossen werden. Das hängt auch mit der erhöhten Gewaltförmigkeit in Zeiten des Krieges zusammen.

Und dieser Krieg wiederum, der könnte schon seit April 2022 zu Ende sein, Russland hätte damals unter türkischer Vermittlung alle seit dem 24. Februar 2022 eroberten Gebiete verlassen, wenn die Ukraine und die NATO Zusagen gemacht hätten, dass die Ukraine niemals Mitglied der NATO wird. Da hätte Selenskyi sogar zugestimmt.

Doch vor allem Boris Johnson aus England und weite Teile des US-Establishments wie auch Baerbock (die ja Russland „ruinieren“ will) wollten das unter keinen Umständen, weil der Westen für den Frieden noch nicht reif sei. Man muss sich das vorstellen: eine jahrelange Kampagne der NATO, der USA, der EU und auch Englands (Großbritanniens bzw. des UK) für eine Ukraine in der NATO, für eine aggressiv anti-russische Ukraine sollte und soll endlich fruchten, und kurz vor dem Ziel wäre die Ukraine eingeknickt bzw. hätte das unterschrieben, was am Ende aller Voraussicht ohnehin Resultat sein wird, weil die Welt aus mehr als den fanatischen 30 NATO-Staaten besteht, gerade auch die Vereinten Nationen sind mehr als die NATO: die Ukraine wird niemals in die NATO kommen, weil das die Gefahr eines Atomkrieges unermesslich steigern würde.

2010 gab es einen Bericht des dänischen Instituts für Menschenrechte COWI über die weit verbreitete Homophobie in der Ukraine. Identisches kann man über Russland sagen.

Sarkastisch ausgedrückt: könnten sich die Russen und Ukrainer nicht sofort auf einen Waffenstilland einigen, die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ein für alle Mal sein lassen und sich auf die gemeinsamen, zutiefst reaktionären Familienwerte und ihre gemeinsame reaktionäre, primitive, zwangsheterosexuelle Sexualität besinnen?

Was für eine Welt!

 

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