Wissenschaft und Publizistik als Kritik

Schlagwort: Richard Wagner

Antisemitismus: Selenskyi verharmlost in Holland den Holocaust

Von Dr. phil. Clemens Heni, 05. Mai 2023

Er tut es immer wieder. Der ukrainische Präsident hat zum wiederholten Male den Holocaust verharmlost und die jüdischen Opfer der Shoah mit ganz normalen Kriegstoten analogisiert. Am gestrigen Donnerstag sprach er in Den Haag am Gedenktag für die niederländischen Opfer der Shoah, des Zweiten Weltkriegs und der Soldaten und Soldatinnen, die seither bei „Missionen“ ums Leben kamen. Dabei ertönen immer um 8 Uhr am Abend die Sirenen und das Land gedenkt zwei Minuten. Dass dieses Gedenken in den Niederlanden in der Tat problematisch ist, da es die holländischen Soldaten und Soldatinnen, die seit 1945 ums Leben kamen, inkludiert, steht auf einem anderen Blatt. Im Kern geht es aber um die niederländischen Opfer des Nationalsozialismus, wobei eine offene Frage ist, wie stark im heutigen Holland die Kollaboration mit den Nazis, Holland hatte eine der höchsten Raten an SS-Freiwilligen, Thema ist.

Selenskyi sagte:

“When today, as always on the fourth of May, at eight o’clock in the evening, you will honor the memory of all those whose lives were taken away by wars – World War II and others – please also remember Ukrainians – men and women, adults and children, who would have been alive now but for this aggression. The war we didn’t want, the one we have to make the last. We’ll do it,” Zelensky said in a speech at the Dutch parliament.

In seiner Rede im Parlament betonte also Selenskyi, dass sie in Holland neben den Opfer des Nationalsozialismus auch die ukrainischen Opfer des aktuellen Krieges Russlands in der Ukraine gedenken sollten. Diese Form des sekundären, erinnerungsabwehrenden Antisemitismus, ist typisch für den ukrainischen Präsidenten. Er möchte seine antisemitische Ukraine, die Straßen, Plätze, Briefmarken oder Fußballstadien nach Judenmördern, Antisemiten und Nazi-Kollaborateuren benennt, als Opfer darstellen wie es die Juden oder Holland im Zweiten Weltkrieg waren. So funktioniert der Antisemitismus nach 1945.

Neben dem islamistischen Iran ist aktuell kaum ein Land so antisemitisch wie die Ukraine, nur anders gepolt. Während der Iran Israel vernichten will, trivialisiert Selensyki den Holocaust, der vom Iran geleugnet wird. Selenskyi und die Ukraine haben viele Fans, auch unter Antisemitismusforscher*innen, die den islamistischen Iran ablehnen.

Wer sich jedoch heute Vormittag die Schlagzeilen anschaut, sieht auf Tagesschau.de, ZDF heute, n-tv und allen möglichen anderen Portalen keinerlei Hinweis auf den Antisemitismus von Selenskyi:

 

Seriöse Medien hingegen wie die Times of Israel (TOI) berichten heute bereits in der Überschrift und der Unterüberschrift ziemlich konsterniert von der Holocaustverharmlosung Selensykis:

Die Tagesschau bringt eine ausführlichen Bericht des gestrigen Besuchs von Selenskyi und schreibt:

Angesichts der russischen Invasion forderte Selenskyj eine „groß angelegte“ juristische Aufarbeitung. Als Vorbild eines Tribunals nannte er die Nürnberger Prozesse gegen die deutschen Nationalsozialisten nach dem Zweiten Weltkrieg. „Ein dauerhafter Frieden ist nur möglich, wenn wir die Aggressoren auch zur Verantwortung ziehen“, so der ukrainische Präsident.

Den Antisemitismus in dieser Analogisierung der Nürnberger Prozesse, der Shoah und dem Krieg in der Ukraine, erkennt die Tagesschau nicht nur nicht, sondern sie reproduziert ihn mit dieser kritiklosen, völlig affirmativen Darstellung.

Wäre die Tagesschau ein seriöses Medium, würde sie schreiben:

„Ukrainischer Präsident verharmlost den Holocaust gleich doppelt: er trivialisiert die Nürnberger Prozesse gegen die Deutschen und er setzt die Opfer des Holocaust in Holland auf eine Stufe mit den Kriegsopfern des Ukrainekriegs, der kein Vernichtungskrieg ist“

Doch natürlich ist die Tagesschau Äonen entfernt von einer solchen realitätsgetreuen Berichterstattung.

Dabei könnte sie ja auch betonen, dass beide Seiten – die Ukraine wie Russland – antisemitisch sind, der russische Außenminister Lawrow hatte Hitler „jüdisches Blut“ angedichtet, der auch von Ex-Kanzlerin Merkel und weiten Teilen des deutschen Kulturestablishments geliebte Komponist und Antisemit Richard Wagner ist Namensgeber für die brutale paramilitärische, private Wagner-Gruppe, die auf der Seite Russlands in der Ukraine kämpft.

Ganz anders als die Tagesschau hingegen die Times of Israel, die einen ehemaligen Vorsitzenden des ‚Zentralrats‘ der Juden in den Niederlanden zitiert, der diese Analogie von holländischen Holoaust- und Kriegsopfern und der heutigen Ukraine unerträglich findet:

Ronny Naftaniel, a former chair of the Central Jewish Board of the Netherlands, reacted to the visit on Twitter, writing that whereas Zelensky “is welcome in the Netherlands also on May 4” and is “fighting for the freedom of his country, the war in Ukraine should not be confused with the memorial day. Leave the wreath laying and the 2 minutes of silence out of it.”

Die Times of Israel zitiert auch Stimmen aus Holland wie von Linken und anderen, die den Antisemitismus goutieren und kein Problem damit haben, geschichtsblind sind. Doch der entscheidende Unterschied zu deutschen Medien wie der Tagesschau liegt darin, dass die Times of Israel betont, warum die Ukraine eine antisemitische Gedenkpolitik betreibt:

But some of the critics noted the fact that in modern-day Ukraine, including under Zelensky, streets and monuments are being named for Nazi collaborators, whom many Ukrainians view as patriots because they fought the Red Army.

“It’s a straightforward provocation to host on May 4 the Ukrainian president under whose leadership Stepan Bandera was promoted to a national hero,” economist Gerrit Zeilemaker wrote on Twitter, in reference to the leader of a rebel militia that fought alongside Nazi soldiers.

During World War II, Bandera led the Ukrainian Insurgent Army, whose men killed thousands of Jews and Poles, including women and children, while fighting alongside Nazi Germany against the Red Army and communists. Bandera’s supporters claim that they sided with the Nazis against the Soviet army in the belief that Adolf Hitler would grant independence to Ukraine.

Dazu kommt: schon vor einem Jahr bei seiner Rede an die Knesset via Video hatte Selenskyi antisemitisch agitiert. Er verglich bekanntlich den Beginn des Kriegs Russlands am 24. Februar 2022 mit der Gründung der NSDAP am 24.2.1920. Damit setzte er den Antisemitismus Hitlers und der NSDAP mit Putin und dem Krieg in der Ukraine auf eine Stufe. Und exakt so funktioniert heute Antisemitismus. Selenskyi ist ein typischer sekundärer, erinnerungsabwehrender Antisemit. Er feiert Nazi-Kollaborateure in der Ukraine, hat einen stellvertretenden Außenminister Melnyk, der den Judenhasser und Nazi-Kollaborateur Bandera mit Blumen auf dessen Grab in München würdigte.

Selenskyi verharmlost den Holocaust auf widerwärtige Weise, indem er von der Kollaboration seiner Ukraine schweigt, aber Putin mit Hitler analogisiert und damit einen antiliberalen Autokraten mit dem mörderischten Antisemiten der Weltgeschichte gleichsetzt.

Als Selenskyi in seiner Rede an die Knesset im März 2022 die NSDAP und Hitler mit Putin und dem Ukraine-Krieg gleichsetzte, wurde ihm vom Knessetabgeordneten Yuval Steinitz (Likud) vorgeworfen, dass dies „an Holocaustleugnung grenze“.

Ongoing research on German and global anti-Semitism important

Ongoing research on German and global anti-Semitism important, November 29, 2010, SanDiegoJewishWorld.

BERLIN –Antisemitism is the “longest hatred“ (Robert Wistrich) and still a lethal threat to Jews and the Jewish state of Israel. After the Holocaust anti-Semitism changed its face, now portraying itself under the guise of anti-Zionism. When I started to analyze Nazi Germany as a young student at the University of Tübingen in south-west Germany in the early 1990s not many scholars in Germany focused on anti-Semitism as the power behind the Shoah.

Rather the industrial aspect of producing dead corpses in the gas chambers was analyzed, mostly ignoring both the victims (Jews) and the perpetrators and organizers (Germans). This changed, though, in the German debate in 1996 when American political scientist Daniel Goldhagen published his dissertation about “Hitler’s willing executioners.” Goldhagen stresses the fact that it was not by accident that Jews had become the victims of German “eliminationist anti-Semitism.”

For me this was a starting point in studying anti-Semitism myself. Since then I worked on several examples of anti-Semitism in history and the contemporary world.

One example are German Catholics and their anti-Semitism, anti-Liberalism, and anti-Humanism as shown in the Catholic “Bund Neudeutschland” (“Association New Germany”), which was very active in the 1920s, the early 1930s and then during National Socialism. I also studied nature conservation and its history in Germany, particularly its anti-Semitic ideology. German nature conservationists intended during Nazi Germany to “purify” both “landscape” and the “population,” read: isolate the Jews, denying them German citizenship. This was already in 1933/34.

I studied the ideology of Joseph Goebbels, the leading propagandist of Nazi Germany. He wrote one of the nastiest anti-Semitic booklets as early as 1926 during the Weimar Republic, his infamous “Nazi-Sozi,” comparing Jews with “fleas.”

In my PhD dissertation about right-wing extremism and the “New Right” in Germany from 1970-2005 I also included chapters about left-wing anti-Semitism. For example, several founding members of the party of the Greens (“Die Grünen”) in 1979 were former Nazis.

Another example is an interview by a leading nationalist and right-wing extremist, Andreas Molau, who spoke with pro-Hezbollah, Islamist and anti-Israel Muslim-Markt. Muslim-Markt, though, is a pro-Iranian and leading Islamist page in the internet, made by German-Turkish Shi’ites. They are propagating an Israel boycott, they say “Zionists out of Jerusalem,” “Zionists are racists,” “Israel children killer,” and the like. Molau also contributed to the Iranian Holocaust denial cartoon contest in 2006, according to the site www.irancartoon.com

Worse: on November 1, 2010, the leading German scholar on anti-Semitism, Prof. Dr. Wolfgang Benz, head of the Berlin Center for Research on Antisemitism (ZfA) spoke with the very same Islamist Muslim-Markt. He gave an exclusive interview to those anti-Semites, not even mentioning the anti-Semitic propaganda everyone can find on the homepage of Muslim-Markt.

One other troubling example of today’s scholarship in Germany: Tamar Amar-Dahl wrote her PhD about Israeli president Shimon Peres at the University of Munich. She is portraying Peres as an enemy of peace with the Palestinians. Her aim is to portray any kind of Zionism as racist. Amar-Dahl is known as an anti-Semitic Jew, supporting anti-Israeli events like the “Palestinian weeks” in Munich this year. Amar-Dahl returned her Israeli passport (!) in summer 2006. Interestingly, the successor to Prof. Benz as head of the Berlin Center for Research on Antisemitism in April 2011, Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum, head of the Hamburg “Institute for the history of German Jews”, has invited anti-Zionist Amar-Dahl to present her study in Hamburg on December 8, 2010.

German scholar Prof. Wilhelm Kempf is another example. He is a “peace” researcher at the University of Constance. At a conference in Dublin, Ireland, of the Association of Political Psychologists in 2009 he said that support for suicide bombing in Israel is “not necessarily anti-Semitic.”

Particularly in Germany we have a trend to commemorate the dead Jews of the Holocaust while being against the living Jews and Israel.

I tried in my research on German history, European history, and anti-Semitism to face all kinds of anti-Semitism. Research on anti-Semitism in the 1840/1850s (e.g. Karl Marx, Richard Wagner, among others) is an important field, alongside with the study of Islamic anti-Semitism for example.

Anti-Semitism is a lethal ideology, consisting of conspiracy theories like the Protocols of the Elders of Zion, a Russian forgery of the early 20th century and now a bestseller in the Muslim world, blood libels, or the resentment against modernity itself.

An anti-Semitic trope was the claim that Jews invented underground trains like in New York City or London at the end of the 19th century to “undermine” those societies. This sounds ridiculous, though anti-Semitism has an enormous impact on societies.

Today anti-Semitism is framed as anti-Zionism. Many scholars, like Californian feminist Judith Butler, whom I had to study as a student of cultural studies decades ago because she is mainstream, say that Israel is bad for the Jews, backing her colleague, historian Tony Judt.

Finally, a personal story may shed some light on this: the last time I saw my grand-aunt (who died a few years ago) was on September 11, 2001. She was visiting my family, coming from the US where she resided since the mid 1950s. We watched the horrible news live on TV that afternoon (European time). After the collapse of both World Trade Center’s my grand-aunt said immediately: “The Jews are behind this”! Wow. What does this indicate?

First of all, she grew up as a young adult during Nazi Germany and obviously internalized anti-Semitism. On the other hand, also shockingly, maybe she never discussed anti-Semitism with friends, colleagues and neighbors during decades when she lived in the US. I wrote about anti-Semitism in the US, too, and know about the persistence of that ideology even in America.

This story shows the following: we need to discuss the dangerous ideology of anti-Semitism publicly, with colleagues, neighbors, friends, strangers etc. When I met a friend of my landlord in New Haven last year, the landlord – a US citizen from Columbia as was her friend who visited her – and I found out that he did not know what anti-Semitism means. He never heard about it.

We have to teach German and European history, the Shoah and anti-Semitism.

In order to fight anti-Zionism and Israel hatred we have to be aware of history, too. Scholars have the responsibility to teach history accurately.

These are the reasons I would be happy to teach in the United States of America.

 

 

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